"Barcelona kann kommen!" - Kinderbetreuung in Europa Dokumentation zum Werkstattgespräch
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Inhalt Impressum: Die Veranstaltung 4 Herausgegeben von Die Barcelona-Ziele 6 NRW Regionalagentur MEO e.V. Am Waldthausenpark 2, 45127 Essen www.regionalagentur-meo.de Verlauf der Veranstaltung 9 in Kooperation mit der Vortrag zur Veranstaltung 10 Gleichstellungsstelle der Stadt Essen Rathaus, Porscheplatz, 45121 Essen gleichstellungsstelle@essen.de www.frauenportal.essen.de mit finanzieller Unterstützung Titelbild: Xavier Gallego Morel/Fotolia Fotos: Gudrun Brandenbusch Stand Mai 2014 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ 3
Die Ziele der europäischen Kommission (Barcelona- Ziele) zur Kinderbetreuung sind ein integraler Be- standteil der europäischen Wachstums- und Beschäf- tigungsstrategie. Mit der Veranstaltung „Barcelona kann kommen!“ – Kinderbetreuung in Europa sollten diese Ziele vor- gestellt und deren Stand der Umsetzung innerhalb Europas am Beispiel ausgewählter Mitgliedsstaaten erläutert werden. Grußwort: Frau Prof. Dr. Anja Seng, Rektoratsbeauftragte für Diversity Management an der FOM Essen „Barcelona Begrüßung und Vorstellung der Barcelona-Ziele: kann kommen!“ Jens Geier, MdEP, auch für das westliche Ruhrgebiet Kinderbetreuung in Europa Impuls: Ein Werkstattgespräch mit AkteurInnen aus dem Handlungsfeld Arbeits- Sophie Müller, markt- und Beschäftigungspolitik und Studierenden, die sich auf den Ein- Dipl. Soziologin, Deutsches Jugendinstitut e.V. (DJI), stieg in den (europäischen) Arbeitsmarkt vorbereiten. München, Internationales Zentrum Frühkindliche Bil- dung, Betreuung und Erziehung (ICEC) • Kinderbetreuungskulturen in Europa am 08. Mai 2014 von 17:00 - 19:00 Uhr • Diskussion • Imbiss mit Zeit und Raum für Gespräche Veranstaltungsort: FOM Hochschule für Oekonomie & Management gGmbH Die Moderation lag bei: Hochschulstudienzentrum Essen (SHZ I) · Raum 2.01a Christine Kostrzewa, Herkulesstr. 32 · 45127 Essen freie Journalistin, Essen 4 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ 5
Irland, wo sie 41 % des Nettohaushaltseinkommens Der Ausbau von Betreuungseinrichtungen für Kinder von Familien ausmachen, in denen beide Elternteile im Vorschulalter allein eröffnet Frauen und Männern arbeiten. Zudem müssen die Kosten für diese Einrich- noch nicht die Möglichkeit, frei darüber zu entschei- tungen in Verbindung mit den übrigen sozial- und den, wie sie Beruf und Familie vereinbaren wollen, steuerpolitischen Maßnahmen betrachtet werden, weil damit nicht den unterschiedlichen Problemen in die ebenfalls Einfluss auf das Familieneinkommen den verschiedenen Lebensphasen Rechnung getragen haben, denn selbst wenn Betreuungsplätze stark wird. Die Kommission muss daher handeln, subventioniert werden, lohnt sich Berufstätigkeit für die Eltern und insbesondere den zweiten Verdiener • indem sie einen Maßnahmenmix für die Vereinbar- kaum, wenn der Faktor Arbeit einer hohen Besteue- keit fördert, der flexible Formen der Arbeitsorganisa- rung unterliegt. tion, ein System für Urlaub aus familiären Gründen und die Bereitstellung von bezahlbaren und qualitativ Kriterien für die Eltern hochwertigen Betreuungseinrichtungen für Vorschul- Vor der Qualität, die von durchschnittlich 27 % der Eu- kinder, aber auch von Horteinrichtungen für Kinder ropäer als Problem genannt wird, rangieren die Kosten und Jugendliche sowie Betreuungsmöglichkeiten für (59 %), die Verfügbarkeit (58 %) und die Erreichbar- andere betreuungsbedürftige Personen umfasst; keit, d. h. Entfernung oder Öffnungszeiten (41 %). • indem sie die Mitgliedstaaten ermuntert, die Hemm- Im Betreuungsbereich arbeiten überwiegend nisse (auch solche steuerlicher Art) für die Berufstätig- Die Barcelona-Ziele weibliche Arbeitskräfte keit von Frauen abzubauen und Anreize für die Väter Männer machen nur 2 % bis 3 % der Beschäftigten zu schaffen, verstärkt familiäre Verpflichtungen zu Der Europäische Rat formulierte im März 2002 bei sei- Die Umsetzung dieser Ziele hängt unter anderem von aus. Eine Ausnahme bildet Dänemark mit 8 %. Die übernehmen, vor allem indem sie gleichberechtigt mit ner Zusammenkunft in Barcelona zwei Ziele, die als den Möglichkeiten ab, die Männer und Frauen haben, ExpertInnen sind übereinstimmend der Auffassung, den Frauen Urlaub aus familiären Gründen nehmen. Barcelona-Ziele bekannt wurden. Die Mitgliedstaaten Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang zu dass die Zahl der in diesem Bereich tätigen Männer sollten „Hemmnisse beseitigen, die Frauen von einer bringen. auf 10 % steigen müsste, um Geschlechtsklischees zu Die Kommission unterstützt im Rahmen ihrer Kompe- Beteiligung am Erwerbsleben abhalten“ und „bestrebt überwinden. tenzen die Umsetzung der Barcelona-Ziele und den sein, nach Maßgabe der Nachfrage nach Kinderbe- Kinder Ausbau erschwinglicher, leicht zugänglicher und hoch- treuungseinrichtungen und im Einklang mit den ein- Gleichzeitig stellt die angestrebte Kinderbetreuung Die direkte öffentliche Finanzierung der Einrich- wertiger Kleinkinderbetreuungseinrichtungen, um die zelstaatlichen Vorgaben für das Versorgungsangebot eine grundlegende Investition in tungen ermöglicht eine wirksamere Steuerung Hemmnisse zu beseitigen, die Eltern von einer Betei- bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen die Entwicklung der Kinder durch die Behörden, eine bessere Qualität auf natio- ligung am Erwerbsleben abhalten und um die Gleich- drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindes- die Bekämpfung des Schulabbruchs naler Ebene, eine effizientere Ausbildung der Erziehe- stellung von Frau und Mann zu fördern. tens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungs- den Abbau des Kreislaufs der Benachteiligung dar. rInnen und einen gerechteren Zugang, als dies mit der plätze zur Verfügung zu stellen“. Zahlung von Zuschüssen an die Eltern möglich ist. Gesellschaftliche Wertschätzung Diese Ziele sind Bestandteil der Europäischen Wachs- Für „ältere Kinder“ werden Kinderkrippen und andere Die Verwirklichung der Barcelona-Ziele tums- und Beschäftigungsstrategie. Sie sollen die formelle Betreuungsformen allgemein als positiv an- Mehr als zehn Jahre nach ihrer Annahme haben die Beschäftigungsrate junger Eltern erhöhen und zur gesehen, während sie für sehr kleine Kinder weniger meisten Mitgliedstaaten die Barcelona-Ziele noch Geschlechtergleichstellung beitragen. Auch die Europä- positiv eingeschätzt werden, und dies ungeachtet der nicht erreicht. Obendrein hat sich die Lage in meh- ische Kommission bestätigte in ihrem „Fahrplan für die Tatsache, dass die Vorteile qualitativ hochwertiger Be- reren Mitgliedstaaten sogar verschlechtert. Es muss Gleichstellung von Frauen und Männern (2006-10)“, treuungseinrichtungen für die Entwicklung der Kinder noch viel getan werden, um ein zufriedenstellendes dass sie die Erreichung der Barcelona-Ziele unterstütze. (und insbesondere der Kinder aus einem benachteilig- Versorgungsniveau vor allem für Kinder unter drei ten Umfeld) umfassend nachgewiesen worden sind. Jahren zu erreichen. Zudem stellen die Kosten für den In einem Bericht vom 3. Oktober 2008 kritisierte die Besuch der Betreuungseinrichtungen ebenso wie die Kommission den hohen Preis der Kindertagesbetreu- Die Kosten bleiben für viele Eltern ein Hemmnis Öffnungszeiten, die nicht immer mit den beruflichen ung und ihre fehlende Anpassung an die Bedürfnisse Die Regierungen der meisten Mitgliedstaaten fördern Anforderungen vereinbar sind, weiterhin ein Hemmnis von Eltern, die in Vollzeit arbeiteten oder atypische Ar- die formelle Betreuung (in Form von Direktzuschüssen, für die Eltern dar. Es muss auch künftig in eine quali- beitszeiten hatten. Die Kommission betonte zugleich, Elterngeld unter der Voraussetzung des Einkommens- tativ hochwertige, universelle und für alle zugängliche dass die Qualität der Betreuungseinrichtungen erhöht bezugs, Steuerermäßigungen, Gutscheinen für außer- FBBE (Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erzie- werden müsse. Hierzu gehöre auch eine verbesserte schulische Kinderbetreuung). Die von den Familien zu hung) investiert werden. Dafür sind in erster Linie die Ausbildung, höhere gesellschaftliche Wertschätzung tragenden Kosten sind jedoch weiterhin hoch, und Mitgliedstaaten zuständig, die von der Kommission in und besseres Entgelt für das Betreuungspersonal. dies insbesondere im Vereinigten Königreich und in vielen verschiedenen Bereichen unterstützt werden. 6 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ 7
Der Ablauf der Veranstaltung Frau Prof. Dr. Anja Seng, Rektoratsbeauftragte für Diversity Management an der FOM Hochschule, er- öffnete die Gesprächsrunde und begrüßte die Teil- nehmerInnen. Jens Geier, Mitglied des Europäischen Parlaments, stellte nicht nur die Barcelona-Ziele und ihre Kernele- mente vor, sondern erläuterte anschaulich, wie auf euro- päischer Ebene Einflussnahme passiert und was vor Ort dafür getan werden kann. Sophie Müller vom Deutschen Jugendinstitut e.V./ In- ternationales Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreu- ung und Erziehung, gab einen Einblick in den Stand der Umsetzung dieser Ziele in ausgewählten Mitglieds- staaten. Sie machte in ihrem Fachreferat deutlich, dass Europa unterschiedlichste Kinderbetreuungskulturen vereint, und die die Erwerbstätigkeit junger Eltern in je unterschiedlichem Maße unterstützen. In der sich anschließenden Diskussion unter der en- gagierten Moderation von Christine Kostrzewa wurde einmal mehr herausgearbeitet, dass eine gesicherte Kinderbetreuung wesentliche Voraussetzung für die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern mit Fa- milienaufgaben ist. Es gilt nach wie vor, Hemmnisse abzubauen, die einer Beschäftigung junger Eltern entgegenstehen, und Maßnahmen zu entwickeln, die zur Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt beitragen. Konkret bedeutet dies, dass Kinderbetreuung und da- mit verbundene Fragestellungen zielgerichtet unter dem Dach der Europäischen Wachstums- und Beschäf- tigungsstrategie kontinuierlich weiterentwickelt wer- den muss. Die TeilnehmerInnen an dieser Veranstaltung wollen in Zukunft weiter daran mitwirken und sich mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen einbringen. Das Werkstattgespräch war eine Kooperation der Gleichstellungsstelle der Stadt Essen sowie der NRW Regionalagentur MEO mit Unterstützung des Europa- büros der Stadt Essen und der FOM Hochschule. Die Veranstaltung wurde finanziell unterstützt von der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen. 8 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ 9
Folie 2 Folie 3 Folie 4 Folie 5 Der Vortrag zur Veranstaltung Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung lung kindlicher Kompetenzen beeinflusst. Allerdings (FBBE) ist ein Thema mit weitreichender Bedeutung. muss dabei beachtet werden, dass politische Maßnah- Sie bietet viele Chancen. men und institutionelle Regeln nicht ohne Weiteres Der internationale Vergleich kann dabei helfen, aus von einem Land auf ein anderes übertragbar sind, da gutfunktionierenden Beispielen voneinander zu lernen. sich die Länder im Zusammenspiel der Institutionen Stärken und Schwächen länderspezifischer Systeme unterscheiden, da Maßnahmen nicht gleichermaßen der frühkindlichen Bildung und Betreuung können politisch durchsetzbar sind und unterschiedliche Kul- dabei verdeutlicht werden; Zusammenhänge werden turen und Traditionen vorherrschen. hergestellt, so z.B. welche Auswirkungen höhere Be- Die Inanspruchnahme frühkindlicher Bildung und treuungsquoten auf die soziale Ungleichheit haben Betreuung unterscheidet sich in den Europäischen und wie die Ausbildung von Fachkräften die Entwick- Ländern stark. Folie 6 Folie 7 10 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ 11
Folie 8 Folie 9 Folie 14 Folie 15 Folie 10 Folie 11 Folie 16 Folie 17 Folie 12 Folie 13 Folie 18 Folie 19 12 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ Dokumentation „Barcelona kann kommen!“ 13
Folie 20 Folie 21 Folie 22 Folie 23 Literatur: ANDERS, Yvonne et al.: The influence of child, family, home factors and pre-school HALL, James ; SYLVA, Kathy ; MELHUISH, Edward ; SAMMONS, Pam ; SIRAJ- education on the identification of special educational needs at age 10. In: British BLATCHFORD, Iram ; TAGGART, Brenda: The role of pre-school quality in promo- Educational Research Journal 37 (2011) Nr. 3, S. 421-441 ting resilience in the cognitive development of young children. In: Oxford Review BIEDINGER, Nicole ; BECKER, Birgit ; ROHLING, Inge: Early Ethnic Educational of Education, 35. (2009) S. 331-352 Inequality: The Influence of Duration of Preschool Attendance and Social Compo- HECKMANN, James : Skill Formation and the Economics of Investing in Disadvan- sition. In: European Sociological Review 24 (2008) Nr. 2, S. 243-256 taged Children. In: Science 312 (2006) Nr. 5782, S. 1900-1902 BÜCHEL, Felix ; SPIES, Catharina: Kindertageseinrichtungen und Muttererwerbs- OBERHUMER, Pamela ; SCHREYER, Inge: Kita-Fachpersonal in Europa. Ausbildungen tätigkeit – Neue Ergebnisse zu einem bekannten Zusammenhang. In: Vierteljahrs- und Professionsprofile. Opladen/ Farmington Hills : Barbara Budrich, 2010. hefte zur Wirtschaftsforschung 71 (2002), S. 95–113 VANDELL, Deborah Lowe ; BELSKY, Jay ; BURCHINAL, Margaret ; VANDERGRIFT, BURGER, Kapsar: How does early childhood care and education affect cognitive Nathan ; STEINBERG, Laurence: Do Effects of Early Child Care Extend to Age 15 development? An international review of the effects of early interventions for Years? Results From the NICHD Study of Early Child Care and Youth Development, children from different social backgrounds. In: Early Childhood Research Quarterly In: Child Dev; 81(2011) Nr. 3, S. 737–756 (2010) Nr. 25, S. 140-165 VAN LANCKER, Wim: Putting the child-centred Investment strategy to the test: ESPING-ANDERSEN, Gøsta Children in the welfare state. A social investment ap- Evidence for the EU 27 In: European Journal of Social Security 15 (2013), Nr. 1, proach, DemoSoc Working Paper Number 2005–10 (2005), Barcelona: Universitat S. 4-27 Pompeu Fabra. VAN LANCKER, Wim ; GHYSELS, Joris: Great expectations, but how to achieve FAGNANI, Jeanne: Equal access to quality care: Lessons from France on provi- them? Explaining patterns of inequality in childcare use across 31 developed ding high quality and affordable early childhood education and care, In: L. Gbaro, countries. 2013. K. Stewart and J. Waldfogel, Equal Access to Childcare: Providing Quality Early Childhood Education and Care to Disadvantaged Families, London, New-York, The Policy Press, (2013), S. 77-99 14 Dokumentation „Barcelona kann kommen!“
Die Veranstaltung war eine Kooperation zwischen der Gleichstellungsstelle der Stadt Essen und der NRW Regionalagentur MEO e.V. mit Unterstützung durch das Europabüro der Stadt Essen und die FOM. Gleichstellungsstelle der Stadt Essen
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