Beschlägt die Brille? Heute müsst ihr doch nicht etwa ein

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Beschlägt die Brille? Heute müsst ihr doch nicht etwa ein
Predigt zu 1. Mose 18,1-15 am 4. Advent 2020              dem Fest? Wärmt die Maske die rote Nase von draußen und
                                                                … beschlägt die Brille? Heute müsst ihr doch nicht etwa ein-
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
                                                                kaufen gehen??
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
                                                                Schade ist es ja schon, dass man da das Gesicht nur zu einem
Amen.
                                                                Bruchteil richtig sehen kann. Etwa, wenn ein scheues Lä-
                             I.
                                                                cheln sich zeigt – das dann nur die Augen verraten können.
Liebe Gemeinde!                                                 A propos: Lächelt doch mal alle! Ruhig mal ein wenig kräfti-
Nun nehmen Sie doch mal die Maske ab! – Nein, natürlich         ger – schöner Workout zum Wachwerden, oder?
nicht, nicht jetzt …
… aber sicherlich erinnern wir uns doch an Vic Dorn alias
Victor Dornberger, den aus diesem Loriot-Sketch? Nein?
Der sah so gruselig aus, dass man sein Gesicht für eine Hor-
rormaske hielt. Und der ihn interviewte (oder vorführte wie
in einem Zirkus), der befriedigte die Neugier der Zuschauer:
Nun nehmen Sie doch mal die Maske ab!
Da wurde bekanntlich nichts draus – Vic Dorn wollte und
                                                                                             II.
konnte seine Visage nicht häuten, und unsere Maske bleibt
auch schön drauf. Gibt ja genug, die meinen, ihre so verstan-   So ein Lächeln, gar ein richtiges Lachen, das lässt sich nicht
dene Freiheit dulde keinen Maulkorb …                           verbergen, liebe Leute. Nicht hinter der Maske, nicht hinter
Also Maske bitte nicht abnehmen! Wiewohl … es mich schon        dem Schleier. Oder hinter der Zeltwand …
reizen würde mal dahinter zu schauen. Wie guckt ihr eigent-     Sara, Abrahams Frau, die kann ein Lied davon singen. Und
lich aus heute morgen aus der Wäsche? So wenige Tage vor        das geht so:
Beschlägt die Brille? Heute müsst ihr doch nicht etwa ein
1
    Und der HERR erschien Abraham im Hain Mamre, während          einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür
er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war.    des Zeltes. 11Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und
2
    Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen      hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen
drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entge-     Weise. 12Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun,
gen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde 3und       da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch
sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so         mein Herr ist alt!
geh nicht an deinem Knecht vorüber. 4Man soll euch ein we-        13
                                                                       Da sprach der Herr zu Abraham: Warum lacht Sara und
nig Wasser bringen, eure Füße zu waschen, und lasst euch          spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin?
nieder unter dem Baum. 5Und ich will euch einen Bissen Brot       14
                                                                   Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will
bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiter-         ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen
ziehen. Denn darum seid ihr bei eurem Knecht vorüberge-           Sohn haben. 15Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht
kommen. Sie sprachen: Tu, wie du gesagt hast.                     gelacht –, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht
6
    Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: Eile und men-   so, du hast gelacht.
ge drei Maß feines Mehl, knete und backe Brote. 7Er aber lief
zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab’s
dem Knechte; der eilte und bereitete es zu. 8Und er trug
Butter und Milch auf und von dem Kalbe, das er zubereitet
hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter
dem Baum, und sie aßen.
9
    Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er
antwortete: Drinnen im Zelt. 10Da sprach er: Ich will wieder
zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau,
Beschlägt die Brille? Heute müsst ihr doch nicht etwa ein
III.                                sein). Übergehen auch, dass die christliche Auslegung mit
                                                                verzückten Augen die heilige Zahl Drei hier geschaut hat,
Liebe Gemeinde!
                                                                vorausblickend auf die heilige Dreieinigkeit, wo jede der drei
Du hast gelacht – Nein, hab ich nicht! Doch, natürlich hast
                                                                Personen Gott ergänzend und erschöpfend maskiert. Besser
du gelacht! Du kannst ruhig dazu stehen – ist es denn nicht
                                                                gefällt mir – nebenbei bemerkt – die jüdische Weisheit, die
lachhaft: Eine Hochbetagte soll noch ein Kind bekommen,
                                                                drei Herren stünden für die drei abrahamitischen Religionen
ein Kind, auf das sie so lange gewartet hat, bis sie des
                                                                …
Wartens überdrüssig wurde? Muss frau erst 90 Jahre alt wer-
                                                                Aber reden wir nicht so viel über die Herren, sondern mehr
den, um das zu erleben? Selbst für uns heute ist das eine
                                                                über die Frau im Hause. Gut vor den Blicken der Herren ver-
grenzwertige Vorstellung, wo wir doch medizinisch weiter
                                                                steckt. So gut, dass sie nicht sehen und nachfragen: Wo ist
sind und auch historisch-kritisch (und die Jahresangaben der
                                                                Sara, deine Frau? Ob sie sich für die Zubereitung des lecke-
Ur- und Erzelterngeschichte theologisch einzuordnen wis-
                                                                ren Essens bedanken wollen? Nein, die Herren haben Größe-
sen).
                                                                res im Sinne: Übers Jahr wird Sara einen Sohn haben, keine
Was hat diese Frau nicht alles schon erlebt – eben dass keine
                                                                Bange, wir kommen wieder …
Kinder kamen, keine eigenen. Dafür dann ein Seitenkind ge-
                                                                Zum Lachen, finden Sie nicht auch? Lachen wir ruhig mit
sprungen kam, aus dem Schoß der Magd. Auch wenn das
                                                                Sara! Oder … gehört sich das nicht?
damals nicht anrüchig war oder unmoralisch, schön war es
wohl nicht für Sara, die Frau. Für Hagar, die Magd, übrigens
                                                                                             IV.
kurze Zeit später auch nicht …
                                                                Wer Ohren hat zu hören, liebe Gemeinde, dem gehen auch
Doch nun kommt hoher Besuch, drei Herren. Wir übergehen
                                                                die Augen auf. Ob sich das nun gehört oder nicht. Wer Augen
mal, wie selbstverständlich Abraham seinen Gott einen lie-
                                                                hat, der blickt auch hinter die Zeltwand, hinter die Maske.
ben Mann sein lässt und zunächst die drei Herren gastlich
                                                                Die ganze Geschichte ist schon zum Schmunzeln, allein, wie
aufnimmt, sie bewirtet (oder bewirten lässt, um genau zu
Sara es für sich durchbuchstabiert: Nun ich alt bin, soll ich    im Übrigen auch das Lebenszeichen des angekündigten Kin-
noch der Liebe pflegen, und mein Herr ist auch alt! Obwohl       des: Isaak, Jitzechak auf Hebräisch, das ist verdeutscht: Er
– sag niemals nie, es kann ja auch im Alter noch sehr schön      hat gelacht … Aha: Er also auch …
sein … gerade im Lockdown … Aber wir schweifen ab, liebe         Es lohnt sich also sehr, genauer hinzusehen und hinzuhören,
Geschwister … Reiben wir uns lieber die Augen und stellen        hinter den Vorhang zu schauen, mit Lust und Phantasie.
unsere Ohren auf. Was nehmen wir wahr?
                                                                                              V.
Abraham und Sara durchleben die Seh- und Hörschule des
Glaubens. Ist Sara denn die einzige, die ungläubig lacht?        Auf die Geburt „unseres“ Kindes, liebe Gemeinde, müssen
Dann lesen wir mal einige Verse zuvor: Auch Abraham fällt        wir nicht so lange warten wie Sara. Ist deshalb unsere Hoff-
bei der Ankündigung der Geburt des Stammhalters wohl auf         nung begründeter als ihre? Wenn uns heute jemand sagt, bald
sein Angesicht, aber eben auch ins Lachen. Soll mir, mit hun-    ist es soweit, das große Fest, das in diesem Jahr ganz anders
dert Jahren ein Kind geboren werden, und soll Sara, neunzig      wird, und bald ist es vorbei, das große Fest und das bange
Jahre alt, gebären?                                              Blicken auf die Zahlen – würgen wir da nicht ein gequältes
Ob Abraham mit Sara darüber gesprochen hat? Ob er den            Lachen hervor?
Mut aufgebracht hat und all das, was noch dazu gehört?           Ich wünsche uns sehr, dass aus diesem Lachen ein Lächeln
Doch dann kommt ja hoher Besuch, wir hatten das schon.           wird, das wir füreinander übrighaben – gerne auch unter den
Abraham buchstabiert diesen Besuch mit seinen Augen              Masken.
durch, dass Gott sich sehen lässt in mannigfacher Gestalt. Sa-   Ich wünsche uns sehr, dass aus unser Trauer Freude wird –
ra bekommen die Herrschaften nicht zu Gesicht – außer in         die wir weitergeben wie das neugeborene Licht für diese
Gestalt ihrer bezaubernden Backmischung.                         Welt.
Saras Gesicht ist hinter der Maske. Doch durch diese Maske
von Sitte und Anstand dringt ihr Lachen – ihr Lebenszeichen,
Ich wünsche uns sehr, dass wir die Geduld dafür haben, bis
wir einmal unsere Masken abnehmen können und lernen, was
es heißt, gerettet und dafür dankbar zu sein.
Sage niemand, dass das Lachen Saras nicht dazugehört …
denn das Gelächter ist der Hoffnung letzte Waffe.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,
der bewahre unsere Herzen und Sinnen in der Freude unseres
Herrn. Amen.

     Tragt in die Welt nun ein Licht … das Licht von
                                                                  Einen gesegneten 4. Advent
 Bethlehem zum Mitnehmen und Weitergeben steht ab                  wünscht Ihnen und Euch

           Sonntagmittag, 20. Dezember 2020,                         Pfarrer Martin Hellweg
                                                               Schlehdornweg 28, 57076 Weidenau
        vor dem Pfarrhaus am Schlehdornweg!                   Tel.: 0271-25056847 und 0151-26841339
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