Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg

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Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
Bewertung des Hochwasserrisikos und
Bestimmung der Gebiete mit signifikantem
 Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg

    Vorläufige Risikobewertung gemäß Artikel 4 und 5
       der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie

            MINISTERIUM FÜR UMWELT, KLIMA UND ENERGIEWIRTSCHAFT
Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
Impressum:

Herausgeber                                    mit Beiträgen von
                                               Ralph-Dieter Görnert, Regierungspräsidium
Ministerium für Umwelt, Klima und              Karlsruhe
Energiewirtschaft Baden-Württemberg in         Matthias Groteklaes, Regierungspräsidium
Zusammenarbeit mit dem Innenministerium,       Freiburg
dem Ministerium für Verkehr und                Borislava Harnos, Regierungspräsidium
Infrastruktur, der Landesanstalt für Umwelt,   Stuttgart
Messungen und Naturschutz Baden-               Dr. Michael Hascher, Regierungspräsidium
Württemberg (LUBW) und den kommunalen          Stuttgart - Landesamt für Denkmalpflege
Landesverbänden.
                                               Lothar Heissel, Regierungspräsidium
                                               Tübingen
Bearbeitung
                                               Wolfgang Hennegriff, LUBW Landesanstalt
Jürgen Reich, Ministerium für Umwelt,          für Umwelt, Messungen und Naturschutz
Klima und Energiewirtschaft Baden-             Baden-Württemberg
Württemberg
                                               Gudrun Hinsenkamp, Regierungspräsidium
Kristin Schmidt, LUBW Landesanstalt für        Karlsruhe
Umwelt, Messungen und Naturschutz
                                               Dominik Kirste, Regierungspräsidium
Baden-Württemberg
                                               Tübingen
Markus Moser, Regierungspräsidium
                                               Jürgen Mair, Regierungspräsidium Freiburg
Stuttgart
                                               Jörg Schröder, Regierungspräsidium
Dr. Klaus Dapp, INFRASTRUKTUR &
                                               Karlsruhe
UMWELT, Prof. Böhm und Partner
Erich Mattes, Gesellschaft für Angewandte      Redaktion
Hydrologie und Kartographie mbH
                                               INFRASTRUKTUR & UMWELT, Prof. Böhm
                                               und Partner

                                               Gestaltung
                                               e.kurz+co, druck und medientechnik gmbh

                                               September 2011

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Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
Inhaltssverzeichnis

Inhalt                                           3.4 Abgrenzung von Gewässer-
                                               		    abschnitten mit potenziell
1   Ausgangslage                           1
                                               		    signifikanten Risiken auf Basis
2 Vorläufige Bewertung des                     		    raumstruktureller Kriterien       34
  Hochwasserrisikos (Artikel 4 HWRM-RL) 5        3.5 Überprüfung besonderer Risiken
  2.1 Elemente der vorläufigen                 		    für die Schutzgüter Umwelt und
		 Bewertung                             5     		 Kulturerbe                           36
  2.2 Bewertung von vergangenen                  3.6 Zusammenstellung der
		 Hochwassern                           6     		    Gewässerabschnitte mit potenziell
  2.3 Bewertung von zukünftigen                		    signifikanten Risiken in Baden-
		    potenziell signifikanten Hoch-           		 Württemberg                          37
		 wassern                               7
  2.4 Berücksichtigung der Faktoren nach
		    Artikel 4 Abs. 2d HWRM-RL bei der
		    Bewertung potenziell nachteiliger        Anhang		                                     39
		    Auswirkungen zukünftiger
		 Hochwasser                           10     Anhang 1:
  2.5 Relevante langfristige                   Berücksichtigung der unterschiedlichen
		 Entwicklungen                        11     Hochwasserarten im Rahmen der
		 2.5.1 Klimawandel                    11     vorläufigen Risikobewertung in Baden-
		    2.5.2 Demographischer Wandel      12     Württemberg		                                39
		    2.5.3 Wirtschaftliche Entwicklung 12     Überflutungen durch die Überforderung
  2.6 Zusammenstellung der                     von Abwassersystemen (entspricht
		    Gewässerabschnitte mit                   Textbaustein LAWA)                           39
		    Hochwasserereignissen in der
		    Vergangenheit mit signifikanten          Überflutung durch Oberflächenabfluss
		    Auswirkungen auf die Schutzgüter 13      (pluvial floods) (entspricht Textbaustein
		    2.6.1 Beschreibung historischer          LAWA)			                                     40
			 Hochwasserereignisse                13     Überflutung durch Versagen
		    2.6.2 Beschreibung von                   wasserwirtschaftlicher Anlagen (artificial
			         Hochwasserereignisse in der        Infrastructure) (entspricht Entwurf
			         jüngeren Vergangenheit nach        Textbaustein LAWA)                           42
			         Ausbau der Gewässer         16     Überflutung durch zu Tage tretendes
		    2.6.3 Kartographische Darstellung        Grundwasser		                                44
			         der Gewässerabschnitte mit
			         Hochwasserereignissen in           Anhang 2:
			         der Vergangenheit mit              Zusammenstellung der historischen
			         signifikanten Auswirkungen         Hochwasserereignisse                         47
			         auf die Schutzgüter         27
                                               Anhang 3:
  2.7 Weitere relevante oder leicht
		    abzuleitende Informationen, die          Auswertung der Regionalpläne in
		    in der vorläufigen Bewertung             Baden-Württemberg hinsichtlich der
		    verwendet wurden                  28     Dichte-Werte in den Zentren in den
                                               jeweiligen Raumkategorien                    49
3 Bestimmung der Risikogebiete
  (Artikel 5 HWRM-RL)                     30
  3.1 Definition von Gebieten mit
		     signifikantem Hochwasserrisiko
		 (Risikogebiete)                        30
  3.2 Vorgehen und Übersicht über die
		 Arbeitsschritte                        31
  3.3 Bestimmung des Gewässernetzes
		     als Basis für die Abgrenzung der
		 Risikogebiete                          33

                                                                                            3
Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
1   Ausgangslage

      Der folgende Text beschreibt die vorläufige   Die folgenden Abbildungen stellen die Aus­
      Risikobewertung gemäß Artikel 4 Hoch­         gangslage in Baden-Württemberg im Über­
      wasser­risikomanagementrichtlinie (HWRM-      blick dar. Sie zeigen die in Artikel 4 Abs. 2a
      RL) bzw. § 73 Abs.1 Wasserhaus­halts­gesetz   HWRM-RL geforderten Informationen über
      (WHG) und die Abgrenzung von Gebieten
      mit signifikantem Hochwasserrisiko            • die Abgrenzung der Flussgebiets­einheit
      (Risikogebiete) nach Artikel 5 HWRM-RL bzw.     mit den Grenzen der Einzugs­gebiete und
      § 73 Abs. 1 WHG in Baden-Württemberg.           Teilein­zugsgebiete,

                                                    • die Topographie und
      Folgende Grundlagen wurden bei der
      Erarbeitung berücksichtigt:                   • die Flächennutzung.

      • Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen      Weitergehende detailliertere Darstellungen
        Parlamentes und des Rates vom 23.           und Beschreibungen wurden im Rahmen der
        Oktober 2007 über die Bewertung und         Wasserrahmenrichtlinie erarbeitet und
        das Management von Hochwasserrisiken        stehen unter http://www.wrrl.baden-
        (Hochwasser­risikomanagementrichtlinie,     wurttemberg.de/ öffentlich zur Verfügung.
        HWRM-RL)

      • Berichtsformulare (reporting sheets) der
        EU-Arbeitsgruppe Hochwasser (WG-F) für
        die vorläufige Bewertung von
        Hochwasserrisiken, Endfassung vom 30.
        November 2009

      • Draft List of flood types and list of
        consequences der EU-Arbeitsgruppe
        Hochwasser (WG-F) – Version 2nd May
        2010

      • Vorgehensweise bei der vorläufigen
        Bewertung des Hochwasserrisikos nach
        EU-HWRM-RL, beschlossen auf der 137.
        LAWA-VV am 17./18. März 2009

      • Abstimmungsgespräche der
        Bundesländer Bayern, Baden-
        Württemberg, Hessen, Rhein­land-Pfalz
        und Nordrhein-Westfalen im Rahmen des
        Erfahrungsaustauschs Rhein-Donau

       4
Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
Bearbeitungs- und Teilbearbeitungsgebiete nach EG-Wasserrahmenrichtlinie
                          in Baden-Württemberg

Abbildung 1:   Flussgebietseinheiten, Einzugsgebiete und Teileinzugsgebiete in Baden-Württemberg
               entsprechend der Wasserrahmenrichtlinie (Stand März 2010)

                                                                                               5
Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
Topographie auf Basis des Digitalen Landschaftsmodells (ATKIS-DLM 1000)
                          in Baden-Württemberg

Abbildung 2: Topographie Baden-Württembergs auf Basis des Digitalen
		Landschafts­modells (ATKIS DLM-1000)

 6
Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
Landnutzung auf Basis von LANDSAT
                             in Baden-Württemberg

Abbildung 3:   Landnutzung Baden-Württembergs entsprechend der LANDSAT
               Daten (Stand 2010)

                                                                         7
Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg
2   Bewertung des Hochwasserrisikos

      2.1         Elemente der vorläufigen                 können. Die folgende Abbildung verdeutlicht
                  Bewertung                                die von der HWRM-RL vor­gesehene
                                                           Unterteilung bei der Beschrei­bung der
                                                           vergangenen Hochwasser­ereignisse. Im
      Entsprechend Artikel 4 Abs. 2 HWRM-RL
                                                           Rahmen der Bewertung nachteiliger Folgen
      bzw. § 73 Abs. 2 WHG enthält die vor­läufige
                                                           künftiger Hoch­wasser auf die Schutz­güter
      Bewertung die in der folgenden Abbildung
                                                           sollen nur die historischen Hochwasserer­
      dargestellten Elemente.
                                                           eignisse berücksichtigt werden, bei deren
      Die erforderlichen Karten nach Artikel 4 Abs.        erneu­tem Auf­treten zukünftig mit
      2a HWRM-RL sind im Kapitel Ausgangslage              signifikanten Auswirkungen zu rechnen ist.
      dargestellt.
      Weitere Darstellungen stehen unter
      http://www.wrrl.baden-wuerttemberg.de/ zur
      Verfügung.
      Die Beschreibung der vergangenen
      Hochwasser soll dabei alle Hochwasser
      erfassen, die in der Vergangenheit
      signifikante nachteilige Auswirkungen auf
      die Schutzgüter hatten bzw. zukünftig haben

        Karten der Flussgebietseinheit mit den Grenzen der Einzugs- und Teileinzugsgebiete, der
                    Topographie und der Flächennutzung (Art. 4 Abs. 2a HWRM-RL)

                Beschreibung historischer                           Beschreibung historischer
        Hochwasserereignisse mit signifikanten               Hochwasserereignisse ohne signifikante
           nachteiligen Auswirkungen auf die                    nachteilige Auswirkungen auf die
        Schutzgüter wenn die Wahrscheinlichkeit             Schutzgüter wenn die Wahrscheinlichkeit
            der Wiederkehr einschließlich der              signifikanter nachteiliger Auswirkungen bei
        signifikanten nachteiligen Auswirkungen            ähnlichen Ereignissen zukünftig gegeben ist
         gegeben ist (Art. 4, Abs. 2b HWRM-RL)                      (Art. 4, Abs. 2c HWRM-RL)

                Bewertung potenziell nachteiliger Folgen künftiger Hochwasser auf die Schutzgüter
                                           (Art. 4, Abs. 2d HWRM-RL)
            •     unter Berücksichtigung der Topographie, der Lage der Wasserläufe und deren
                  hydrologischen und geomorphologischen Merkmale einschließlich der natürlichen
                  Retentionsräume und vorhandener Hochwasserabwehrinfrastruktur, der Lage
                  bewohnter Gebiete und Gebiete wirtschaftlicher Tätigkeiten
            •     Unter Berücksichtigung langfristiger Entwicklungen wie dem Klimawandel oder der
                  Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung

      Abbildung 4:       Elemente der vorläufigen Risikobewertung nach Artikel 4 HWRM-RL

        8
Historische Hochwasserereignisse

       Mit signifikanten nachteiligen                           Ohne signifikante nachteilige
     Auswirkungen auf die Schutzgüter                         Auswirkungen auf die Schutzgüter

                                            zukünftig keine

                                            Auswirkungen
                                             signifikanten
       Wahrscheinlichkeit der                                       Wahrscheinlichkeit signifikanter
   Wiederkehr einschließlich der                                     nachteiliger Auswirkungen bei
     signifikanten nachteiligen                                     ähnlichen Ereignissen zukünftig
      Auswirkungen gegeben                                                      gegeben
    (Art. 4, Abs. 2b HWRM-RL)                                          (Art.4, Abs. 2c HWRM-RL)

     Bewertung potenziell nachteiliger Folgen künftiger Hochwasser auf die Schutzgüter
                                (Art. 4, Abs. 2d HWRM-RL)

Abbildung 5:   Auswahl der historischen Hochwasserereignisse für die Bewertung
               potenziell nachteiliger Folgen künftiger Hochwasser

2.2  Bewertung von vergangenen                        Die zu Grunde liegenden Informationen
Hochwassern                                           enthalten nur in Einzelfällen belastbare
                                                      quantifizier­bare Aussagen zu den nachtei­
Die Bewertung historischer                            ligen Folgen für die Schutzgüter. In der Regel
Hochwasserereignisse in Baden                         sind lediglich Informationen zu Sach- und
Württemberg beruht auf einer Auswertung               Personenschäden ermittelt. Die Zuordnung
vorhandener Aufzeichnungen über                       der Personen­schäden zu den Hochwasser­
Hochwasserereignisse der zuständigen                  ereignissen ist jedoch in den meisten Fällen
Behörden. Dies sind vor allem                         nicht nachvoll­ziehbar1. Informationen zu den
                                                      Schutzgütern Umwelt und Kultur sind regel­
• Verwaltungsberichte der Königlichen                 mäßig ebenso wie Aussagen zu Folge­schä­
  Ministerialabteilung für den Straßen und            den (z.B. durch austretende Chemikalien,
  Wasserbau Stuttgart,                                Ausfälle der Ver- und Entsor­gung oder
                                                      Produktionsausfälle) nicht auffindbar.
• Berichte der Landesanstalt für Umwelt
                                                      Angaben über die Ausdehnung und
  Baden-Württemberg (u.a. Handbuch der
                                                      Abflusswege liegen entweder nicht oder nur
  Hydro­logie Baden-Württemberg) sowie
                                                      überschlägig vor, beispielsweise durch die
  der Bundesanstalt für Gewässerkunde,
                                                      Benennung betroffener Siedlungen. Eine
• Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch,              Differenzierung in unterschiedliche
  Rheingebiet Teil I und Donaugebiet,                 Hochwasser­arten (z.B. Hochwasser durch
                                                      Oberflächengewässer, durch Hangwasser
• Aufzeichnungen von                                  oder aus Abwassersystemen) und daraus
  Hochwasserverbänden,                                resultierende nachteilige Folgen für die

• Zeitungsartikel und                                 1     So wurde in Berichten beispielsweise ein Todesfall
                                                      eines Kajakfahrers oder Todesfälle durch Herzinfarkte
• Internetberichte.                                   mit dem Hoch­wasserereignis dokumentiert, ohne dass
                                                      nachvollziehbar ist, inwieweit die jeweiligen Hochwas­
                                                      ser­ereignisse ursächlich für die Todesfälle waren.

                                                                                                            9
Schutzgüter ist nicht möglich (siehe auch       auszugehen, dass ähnliche Hochwasser­er­
Kapitel 2.3 und Anhang 1).                      eig­nisse in der Zukunft auch keine signifikan­
Bei der Auswahl der für die vorläufige          ten Auswirkungen haben werden. Deshalb
Risikobewertung zu berücksichtigenden           werden Artikel 4 Abs. 2b und Artikel 4 Abs.
Hochwasser­ereignisse wird davon ausge­         2c HWRM-RL gemeinsam betrachtet.
gangen, dass signifikante nachteilige Folgen    Ergebnis dieses Arbeitsschrittes ist eine
für die Schutzgüter immer dann zu erwarten      Zusammenstellung von Gewässer­
sind, wenn eine überregionale Betroffenheit     abschnitten, die von Hochwasser betroffen
auftritt. Dies bedeutet, dass mehrere kleine    waren, bei denen nachteilige Folgen
oder eine große regional bedeutsame Sied­       auftraten und bei denen auch zukünftig mit
lung von den Hochwasser­ereignissen betrof­     nachteiligen Folgen zu rechnen ist, ohne
fen waren. Die Betroffenheit ist in der Regel   deren Auswirkungen auf die Schutzgüter im
durch das Auftreten von Schäden dokumen­        Detail bewerten zu können.
tiert worden. Auf Grundlage verfügbarer
oder leicht abzuleitender Infor­mationen ist    2.3     Bewertung von zukünftigen
es nicht möglich, für die vorläufige Risiko­
                                                        potenziell signifikanten
bewertung weitergehende schutzgut­bezoge­
ne Kriterien (z.B. Anzahl von Todes­fällen,
                                                        Hochwassern
Schäden an Kulturgütern, Umweltaus­wir­
                                                Die Bewertung von zukünftigen potenziell
kungen oder Höhe wirtschaftlicher Schäden)
                                                signifikanten Hochwassern orientiert sich
als Signifikanzkriterien für die Auswahl der
                                                grund­sätzlich an
Hochwasserereignisse zu nutzen.
Durch die teilweise erheb­lichen                • den potenziellen signifikanten Gefahren
Ausbaumaßnahmen und die damit                     durch Hochwasser und
verbundenen Ver­änderungen des
Abflussgeschehens in den Einzugsgebieten        • den potenziellen signifikanten
von Rhein und Donau (siehe ausführlich            nachteiligen Folgen für die Schutzgüter.
Bestandsaufnahme WRRL) ist davon
auszugehen, dass historische Ereignisse aus     Die Erfahrungen aus den vergangenen
der Zeit vor dem Abschluss der                  Hochwassern zeigen, dass potenziell
Ausbaumaßnahmen in dieser Form nicht            signifikante Gefahren durch Hochwasser im
mehr auftreten. Eine Beurteilung, welche        Sinne der HWRM-RL in Baden-Württemberg
nachteiligen Auswirkungen zukünftig zu          generell dann zu erwarten sind, wenn
erwarten sind, ist deshalb auf Grundlage        Oberflächengewässer ein Einzugs­gebiet von
solcher historischer Ereignisse in der Regel    mehr als 50 km2 haben.
nicht möglich. Deshalb wurde der                Die folgenden Abbildungen zeigen die
Schwerpunkt der Zusammenstellung auf            Ergebnisse der Auswertung vergangener
Ereignisse nach dem Ausbau insbesondere         Hoch­wasser­ereignisse hinsichtlich der Größe
der großen Oberflächengewässer in Baden-        der Einzugsgebiete.
Württemberg gelegt.                             Es wird deutlich, dass signifikante nachtei­
Für alle Hochwasserereignisse mit               lige Folgen für die Schutzgüter durch Hoch­
signifikanten nachteiligen Folgen, die nach     wasser vor allem in Einzugsgebieten mit
den Ausbau­maßnahmen aufgetreten sind,          mehr als 150 km2 aufgetreten sind (68 Prozent).
ist davon auszugehen, dass ähnliche             Etwa 90 Prozent aller Gewässer mit nachtei­
Hochwasserereignisse in der Zukunft             ligen Folgen für die Schutzgüter in der Ver­
möglich sind und vergleichbare signifikante     gangenheit haben Einzugsgebiete von mehr
Folgen nach sich ziehen können. Bei             als 50 km2. Von den verbleibenden acht
Hochwasserereignissen, die nach dem             Gewässern unter 50 km2 haben vier ein
Ausbau keine signifikanten nachteiligen Aus­    Einzugsgebiet von mehr als 40 km2 bzw.
wirkungen verursacht haben, ist davon           sechs von mehr als 30 km2. Im Rahmen der

  10
Plausibilisierung der Risikogebiete wird im          Schäden. Diese Einzelereignisse werden
Einzelfall geprüft, ob auf Grund der spezifi­        aufgrund der lokalen Bedeutung im Sinne
schen Situation vor Ort an Gewässern unter           der HWRM-RL als nicht signifikant
50 km2 zukünftig mit einem potenziell signi­         betrachtet. Zur Bewältigung solcher
fikanten Hochwasserrisiko zu rechnen ist.            Ereignisse werden Maßnahmen durch die
Hochwasser durch Oberflächenabfluss2                 potenziell Betroffenen auf kommunaler
(pluvial floods) verursacht in Baden-                Ebene durchgeführt bzw. zukünftig im
Württemberg regelmäßig lokal begrenzte               Rahmen der Eigenvorsorge umgesetzt
                                                     werden müssen. Signifikante Schäden
                                                     entwickelt Hangwasser vor allem dann,
                                                     wenn es sich in Gewässern sammelt, durch

Abbildung 6:      Anzahl der Gewässer mit signifikanten nachteiligen Folgen für die Schutzgüter von
                  Hochwasser in der Auswahl der historischen Hochwasserereignisse für die Bewertung
                  potenziell nachteiliger Folgen künftiger Hochwasser

Anteil der Gewässer mit signifikanten nachteiligen Folgen durch Hochwasser
für die Schutzgüter in der Vergangenheit

 ""7:(Y=1 P& =T*7: (*L *] MM*L
die dann innerhalb kürzester Zeit sehr große      Implizit berücksichtigen die Kriterien der
Hochwasserwellen fließen und eine                 Regionalplanung auch die anderen Schutz­
relevante Hochwassergefahr darstellen.            güter. In den Zentren ist mit einem ver­
Diese Gefahren werden durch die                   gleichs­weise großen Arbeitsplatzangebot zu
Betrachtung von Oberflächengewässern in           rechnen und damit mit potenziell nach­
der Regel mit berücksichtigt.                     teiligen Folgen für das Schutzgut wirtschaft­
Hochwasser durch die Überforderung von            liche Tätigkeiten. Darüber hinaus ist die
Abwasseranlagen und das Versagen wasser­          Siedlungsdichte und die Zentrenfunktion der
wirt­schaftlicher Anlagen stellt im Sinne der     Kommunen auch ein Indiz für nachteilige
HWRM-RL kein signifikantes Risiko dar.            Folgen für die Umwelt, da sich in Baden-
                                                  Württemberg die meisten großen Industrie­
Überflutungen durch Grundwasser können
                                                  betriebe, die mit wassergefähr­den­den
in Baden-Württemberg in signifikantem Um­
                                                  Stoffen umgehen, in den Zentren an den
fang nur in den Auen bzw. ehemaligen Auen
                                                  großen Flüssen angesiedelt haben bzw. die
von Oberrhein und Donau auftreten. Hierbei
                                                  Bildung der Zentren unterstützt haben. Auch
handelt es sich in der Regel nicht um zu Tage
                                                  das Schutzgut kulturelles Erbe spiegelt sich
tretendes Grundwasser im eigent­lichen Sinn,
                                                  in der Zentrenstruktur wieder. Einerseits
sondern um Stauwasser aus Niederschlag,
                                                  verfügen die Zentren über Einrichtungen des
das auf Grund geringer Flur­abstände nicht
                                                  Schutzgutes wie Museen oder Archive und
versickert. Die entsprech­en­den Gebiete wer­
                                                  andererseits insbesondere in historisch
den über die Auswahl der Gewässerab­
                                                  gewachsenen Zentren über umfangreiche
schnit­te mit signifikanten Hoch­wasserge­
                                                  bauliche Zeugnisse des kulturellen Erbes.
fahren im Rahmen der vorläufigen Risiko­
bewertung mit erfasst und im Rah­men der          Als Spezialfälle werden bei der vorläufigen
Zusammenstellung der Gewässerabschnitte           Bewertung zukünftiger Hochwasser IVU-
nicht zusätzlich hervorgehoben. Eine Über­        Betriebe als besondere Risikoobjekte für das
sicht über die Gebiete mit potenziellen Über­     Schutzgut Umwelt und das UNESCO-
flutungen durch Grundwasser in Baden-             Kulturerbe als besondere Risikoobjekte für
Württemberg gibt Abbildung 11 im Anhang 1.        das Schutzgut Kultur berücksichtigt.
Potenziell signifikante Risiken für die Schutz­   Für alle Gewässerabschnitte mit Hoch­
güter der HWRM-RL sind regelmäßig im              wasserereignissen in der Vergangenheit mit
Zusammenhang mit Siedlungen zu erwarten.          signifi­kanten Auswirkungen auf die Schutz­
Im Rahmen der vorläufigen Risikobewertung         güter (siehe Kapitel 2.6) wird davon ausge­
werden deshalb die Siedlungen näher analy­        gangen, dass diese auch zukünftig relevant
siert, die an Gewässern mit mehr als 50 km2       für die Betrachtung und das Hoch­wasser­
Ein­zugsgebiet liegen. Als Kriterium für die      risikomanagement sein können.
Signifikanz wird dabei die Klassifizierung der
Sied­lungen im Rahmen der Regionalplanung         2.4    Berücksichtigung der Fakto­­-
herangezogen. Dieses berücksichtigt detail­
                                                         ren nach Artikel 4 Abs. 2d
liert die Funktion der jeweiligen Kommunen
für den umgebenden Raum und ist dadurch
                                                         HWRM-RL bei der Bewertung
ein relevantes und vorhandenes Kriterium                 potenziell nachteiliger
für eine Abschätzung der Siedlungsdichte. Es             Auswir­kungen zukünftiger
schließt darüber hinaus die Aus­stattung der             Hochwas­ser
Kommune mit öffentlicher Infrastruktur wie
Schulen oder Krankenhäusern und somit             Nach Artikel 4 Abs. 2d HWRM-RL soll ab­
potenzielle Risiken für diese Nutzungen mit       hängig von den besonderen Bedürfnissen
ein. Damit lassen sich die Kriterien für Aus­     der Mit­gliedstaaten erforderlichenfalls eine
sagen zum Schutzgut menschliche Gesund­           Bewertung der potenziellen nachteiligen
heit direkt ableiten.                             Folgen künftiger Hochwasser auf die
                                                  menschliche Gesundheit, die Umwelt, das

  12
Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten         der zu berücksich­tigenden Hochwasser­
unter möglichst umfassender Berück­sich­ti­        ereignisse für die vorläufige Bewertung
gung von Faktoren wie der Topografie, der          berücksichtigt. Durch die Schwerpunkt­
Lage von Wasserläufen und ihrer allgemei­          setzung auf Hochwasserereignisse nach
nen hydrologischen und geo­morphologi­             dem Ausbau der Gewässer ist zu erwar­
schen Merkmale, einschließlich der Über­           ten, dass bei zukünftigen Hoch­wasser­
schwemmungsgebiete als natürliche Reten­           ereignissen diese Faktoren einen ver­
tionsflächen, der Wirksamkeit der bestehen­        gleich­baren Einfluss auf das Hoch­wasser­
den vom Menschen geschaffenen Hochwas­             geschehen und damit verbundene nach­
ser­abwehrinfra­strukturen, der Lage bewohn­       teilige Folgen auf die Schutzgüter haben.
ter Gebiete, der Gebiete wirtschaftlicher Tä­      Eine weitere Betrachtung der Faktoren
tigkeit und lang­fristiger Entwicklungen, ein­     erfolgt für die vorläu­fige Bewertung nicht.
schließlich der Auswirkungen des Klima­
wandels auf das Auftreten von Hochwasser         • Hochwasserabwehrinfrastruktur
erarbeitet werden.                                 (technisch infrastrukturelle Hochwasser­
                                                   schutzmaß­nahmen): Die Hochwasserab­
Im Rahmen der vorläufigen Risikobewertung
                                                   wehrinfrastruktur wird dadurch berück­
in Baden-Württemberg ist eine differenzierte
                                                   sichtigt, dass bei der Auswahl der Hoch­
Ermittlung der nachteiligen Folgen künftiger
                                                   wasserereignisse für die vorläufige
Hochwasser auf die Schutzgüter nicht
                                                   Bewertung die Ereignisse als nicht signi­
möglich. Gleichwohl werden die in Artikel 4
                                                   ikant ausgeschieden werden, die keine
Abs. 2d HWRM-RL genannten Faktoren bei
                                                   signifikanten nachteiligen Folgen nach
der Zusam­menstellung von Gewässer­
                                                   sich gezogen haben. Für diese Ereignisse
abschnitten, die von Hochwasser betroffen
                                                   wird davon ausgegangen, dass sie auch
waren, bei denen nachteilige Folgen auftra­
                                                   zukünftig durch die vorhandenen Schutz­
ten und bei denen ähnliche Hochwasser­
                                                   einrichtungen keine signifikanten nach­
ereignisse in der Zukunft mit nachteiligen
                                                   teiligen Folgen her­vorrufen. Bei der
Folgen verbunden sind, berücksichtigt.
                                                   weitergehenden Betrachtung für zukünf­
Die folgenden Faktoren nach Artikel 4
                                                   tige Ereignisse wird die Hoch­wasserab­
Abs. 2d HWRM-RL werden in der darge­
                                                   wehrinfrastruktur nicht berücksichtigt.
stellten Form für die vorläufige Bewertung
                                                   Dies entspricht der Betrachtung eines
berücksichtigt:
                                                   Hochwassers mit geringer Wahrschein­
• Lage der Wasserläufe: Die Lage der Was­          lich­keit, bei dem solche Anlagen in der
  ser­läufe basiert auf dem Gewässer­netz          Regel keine bzw. nur eine eingeschränkte
  der Wasserrahmenrichtlinie und wird bei          Wirkung haben.
  der Auswahl der Gewässerabschnitte
                                                 • Lage bewohnter Gebiete und der Gebiete
  berücksich­tigt. Diese entsprechen dem
                                                   wirtschaftlicher Tätigkeiten: Die Lage der
  Zustand nach dem Ausbau der Ober­
                                                   Ge­biete wird bei der Auswahl historischer
  flächengewässer und damit dem Aus­
                                                   Hochwasser durch das Signifikanz­krite­
  wahl­kriterium für die bei der Risiko­bewer­
                                                   rium der überregionalen Betroffen­heit
  tung zu berück­sichtigenden Hochwasser­
                                                   von Siedlungen berücksichtigt. Eine
  ereignisse. Dadurch ist davon auszu­ge­
                                                   weiter­gehende Be­trachtung der Lage der
  hen, dass die aus­gewählten Hoch­wasser­
                                                   Gebiete innerhalb von Siedlungen erfolgt
  ereignisse der Vergangenheit auch zu­
                                                   nicht.
  künf­tig zu nachteiligen Folgen für die
  Schutzgüter führen können.                     • Faktoren der langfristigen Entwick­lung
                                                   nach Artikel 4 Abs. 2d HWRM-RL: Die
• Hydrologische und geomorphologische
                                                   Unter­suchung insbesondere des Klima­
  Merkmale sowie Überschwemmungs­
                                                   wandels, des demographischen Wandels
  gebiete als natürliche Retentionsflächen:
                                                   und der wirt­schaftlichen Entwicklung
  Diese Faktoren werden bei der Auswahl

                                                                                           13
haben gezeigt, dass diese Faktoren in                  Extremwertstatistik. Das HQextrem kann
   Baden-Württemberg keine Veränderung                    dabei einem 1000-jährlichen Hochwasser
   der vorläufigen Risikobewertung bzw. der               oder dem in der Vergangenheit größten
   Abgrenzung der Risiko­gebiete nach sich                beobachteten Ereignis gleichgesetzt werden.
   ziehen. Eine gesonderte Darstellung des                Die Auswirkungen der bereits statt­
   Einflusses der Faktoren er­folgt deshalb               gefundenen Klimaveränderung auf die
   nicht.                                                 Hochwasserentwicklung sind demnach
                                                          bereits in diesen Hochwasserkennwerten
• Die Berücksichtigung der Faktoren nach                  enthalten.
  Artikel 4 Abs. 2 d HWRM-RL für die
                                                          Um Aussagen über die zukünftige Klima­
  Bestimmung der Risikogebiete über die
                                                          veränderung zu gewinnen, wurden Modell­
  hier beschriebenen Anwendungen hinaus
                                                          ketten durch die Verknüpfung von globalen
  wird im Kapitel 3.2 er­läutert.
                                                          und regionalen Klimamodellen mit Wasser­
                                                          haus­­halts­modellen gebildet. Für die zukünf­
2.5      Relevante langfristige                           tigen Klimaprojektionen wurden die Entwick­
         Entwicklungen                                    lungsszenarien des Intergovernmental Panel
                                                          of Climate Change (IPCC) zugrunde gelegt.
Im Folgenden wird erläutert, welche Ein­                  Die vorläufige Bewertung des Hochwasser­
flüsse die langfristigen Entwicklungen auf                risikos auf Grundlage der Auswirkungen von
das Hoch­wasserrisiko haben und warum                     Klimaveränderungen wurde mit Hilfe von
diese im Rahmen der vorläufigen Risiko­                   Klimaprojektionen, welche vor allem die
bewertung nicht gesondert betrachtet                      nahe Zukunft (bis 2050) abbilden, durch­
werden müssen.                                            geführt. Eine Abschätzung der Auswirkungen
                                                          des Klima­wandels auf die Hochwasser­ent­
2.5.1 Klimawandel                                         wicklung über das Jahr 2050 hinaus wird
                                                          aufgrund der damit verbundenen Unsicher­
Die Auswirkungen des Klimawandels                         heiten der Klimaprojektionen zunehmend
wurden in Baden-Württemberg im                            schwieriger.
Wesentlichen auf der Grundlage von                        Mit Hilfe der Wasserhaushaltsmodelle
Untersuchungen zum Langzeitverhalten von                  wurden auf der Grundlage der Klimapro­jek­
Hochwasserabflüssen in der Vergangenheit                  tionen die zukünftig wahrscheinlichen
und von Simulationen von möglichen                        Hochwasserabflussverhältnisse simuliert.
zukünftigen Hochwasserereignissen, die mit                Für diese so generier­ten Zeitreihen zukünf­
Hilfe von Modellketten berechnet worden                   tiger Abflüsse wurden in Baden-
sind, durchgeführt3.                                      Württemberg die Hochwasserkenn­werte mit
Die Untersuchungen des Langzeitverhaltens                 Hilfe der Extremwertstatistik berechnet.
von Hochwasserabflüssen erstreckte sich auf               Durch den Vergleich der Hochwasser­
die Ermittlung eventuell vorhandener Trends               abflusskennwerte aus den Untersuchungen
in den aktuellen Zeitreihen von jährlichen                des Langzeitverhaltens (Ist-Zeit) und der
und monatlichen Höchstabflüssen sowie auf                 Zukunft konnte der Einfluss des zukünftigen
die Erhebung der Abflusskennwerte für die                 Klimawandels quantifiziert werden.
relevan­ten Hochwasserszenarien HQ10,                     Nach derzeitigem Wissenstand (siehe
HQ100 und HQextrem mit Hilfe der                          ausführlich unter www.kliwa.de) nehmen
                                                          Hochwasser­abflüsse mit geringer
3     siehe ausführlich in LAWA (2010): Strategiepapier
„Auswirkungen des Klimawandels auf die                    Auftretenswahrscheinlichkeit in großen
Wasserwirtschaft - Bestandsaufnahme und                   Einzugsgebieten nicht signifikant zu. Da
Handlungsempfehlungen; DWA-Themen (2010):
Klimawandel – Herausforderungen und Lösungsansätze
                                                          diese Hochwasserereignisse die Grundlage
für die deutsche Wasserwirtschaft und                     der vorläufigen Risiko­bewertung und der
Hennegriff et al. (2006): Klimawandel und Hochwasser      Abgrenzung der Risikogebiete bilden, sind
– Erkenntnisse und Anpassungsstrategien beim
Hochwasserschutz (Korrespondenz Abwasser 8/2006)          durch ihre Betrachtungen die Auswirkungen

  14
des Klimawandels bereits berücksichtigt. Es               jedoch keine Entwicklungen zu erkennen, die
ist weder zu erwarten, dass durch den                     beispielsweise durch regionale Wanderungs­
Klimawandel an zusätzlichen Gewässern mit                 bewegungen zu einer relevanten
signifikanten Hochwasserrisiken ge­rechnet                Veränderung der Bevölkerungszahl in
werden muss, noch ist davon auszugehen,                   Gebieten mit potenziell signifikantem
dass durch den Klimawandel das Risiko für                 Hochwasserrisiko führen könnten.
die betrachteten Extremereignisse zunimmt.                Insbesondere ist nicht mit der Aufgabe von
Bei der Bewertung des Hochwasserrisikos zu                Siedlungen in relevantem Umfang zu
den Auswirkungen des Klimawandels war zu                  rechnen.
berücksichtigen, dass die Klimaprojektionen               Neben diesem nicht relevanten Rückgang der
noch mit mehr oder weniger großen                         Anzahl potenziell von nachteiligen Folgen
Unsicher­heiten verbunden sind und einer                  betroffener Per­sonen ist durch den
ständigen Weiterentwicklung unterliegen.                  demographischen Wandel auch nicht mit
Ergeben sich bis zur Überprüfung der                      einer Veränderung des Hoch­
vorläufigen Risikobewertung neue                          wassergeschehens beispielsweise durch
Erkenntnisse, so werden die Aus­wirkungen                 neue Siedlungen in Retentionsräumen zu
des Klimawandels erneut überprüft werden.                 rechnen. In diesen Retentionsräumen ist eine
                                                          Siedlungstätigkeit durch rechtliche Vorgaben5
2.5.2. Demographischer Wandel                             weitge­hend ausgeschlossen.

Auf Grund der prognostizierten                            2.5.3. Wirtschaftliche Entwicklung
Wanderungsbewegungen4 in Deutschland,
nach denen Baden-Württemberg auch                         Auch ein eindeutiger Trend der
zukünftig ein Zuwanderungsland bleiben                    wirtschaftlichen Entwicklung, der eine
wird, fällt die Abnahme der Bevölkerung in                Veränderung der negativen Folgen für das
Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen                 Schutzgut wirtschaftliche Tätigkeiten nach
Bundesländern moderat aus. Eine Änderung                  sich ziehen würde, ist nicht zu erkennen.
der potenziell nachteiligen Folgen                        Andere langfristige Entwicklungen wie
insbesondere für die menschliche                          Landnutzungsänderungen durch die Land-
Gesundheit im Hoch­wasserfall durch den                   und Forstwirtschaft mit signifikantem
demographischen Wandel ist nicht zu                       Einfluss auf die Hochwasserentwicklung mit
erwarten. Als wahrscheinlichste Entwicklung               mittlerer oder geringer
der Bevölkerung bis zum Jahr 2060 wird                    Auftretenswahrscheinlichkeit in großen
angenommen, dass die Bevölkerung in                       Einzugsgebieten sind derzeit nicht abzuse­
Baden-Württemberg von ca. 10,75 Mio.                      hen. Im Rahmen der Simulationen von
Personen im Jahr 2008 auf ca. 10,6 Mio. im                Flächennutzungsszenarien mit Hilfe von
Jahr 2020, ca. 10 Mio. im Jahr 2040 und ca.               Wasser­haushaltsmodellen in Baden-
9,1 Mio. im Jahr 2060 stetig abnimmt. Dieser              Württemberg wurden keine signifikanten
Bevölkerungsrückgang ist verbunden mit                    Veränderungen des Hochwassergeschehens
einer deutlichen Veränderung der                          festgestellt.
Altersgliederung in der Bevölkerung, die sich
erheblich auf viele Gesellschaftsgebiete wie
das Schulwesen oder die sozialen Siche­
rungs­systeme auswirken wird. Es sind

4     siehe u. a. Brachat-Schwarz, Werner (2010): Neue
Bevölkerungsvorausrechnung für Baden-Württemberg
bis 2060 – Herausforderungen und Chancen einer
alternden Gesellschaft, Statistisches Monatsheft Baden-   5   Überschwemmungsgebiete mit
Württemberg 2/2010, http://www.statistik.baden-           Nutzungsrestriktionen im Sinne der § 76
wuerttemberg.de/Veroeffentl/Monatshefte/PDF/              Wasserhaushaltsgesetz und §§ 77ff Wassergesetz Baden-
Beitrag10_02_02.pdf                                       Württemberg

                                                                                                         15
2.6.     Zusammenstellung                     herabkommenden Wasser den Lauf
         der Gewässerabschnitte               versperrte und es auf das Umland ausufern
         mit Hochwasserereignissen in         ließ. Nagold und Enz führten ebenfalls
                                              Hochwasser. Verursacht durch das Tauwetter
         der Vergangenheit mit
                                              setzte in Heidelberg das Hochwasser am 27.
         signifikanten Auswirkungen           Februar 1784 ein und richtete trotz
         auf die Schutzgüter                  Evakuierung und anderer
                                              Sicherheitsmaßnahmen großen Schaden an.
In diesem Kapitel werden die wesentlichen     39 Häuser, ein Teil der Stadtmauer und
– dokumentierten - Hochwasserereignisse in    Mühlen sowie die Alte Brücke wurden
Baden-Württemberg kurz beschrieben. Bei       zertrümmert und weggespült. Auch im
der Beschreibung wird zwischen                weiteren Verlauf rissen Eismassen und
                                              Wasser etliche Häuser, Brücken und auch
• der Beschreibung historischer
                                              Menschen mit. Für Heidelberg war dies mit
  Hochwasser vor dem Ausbau der
                                              einer Höhe von 11,07 m (Pegel Eberbach) das
  Gewässer und
                                              größte Hochwasser aller Zeiten.
• der Beschreibung von                        Juli 1789: Neckar7
  Hochwasserereignissen der jüngsten          Am 30.Juli 1789 ereignete sich das von
  Vergangenheit nach dem Ausbau der           Besigheim über Lauffen, Wimpfen und
  Gewässer                                    Gundelsheim bis Eberbach als
unterschieden.                                zweithöchstes belegte und in Heidelberg als
Diesen Beschreibungen schließt sich eine      dritthöchstes bekannte Hoch­wasser (11,28 m,
Darstellung der Gewässerabschnitte mit        Pegel Eberbach), welches durch extrem
Hoch­wasserereignissen in der Vergangenheit   gewittrige Niederschläge aus­gelöst wurde.
mit signifikanten Auswirkungen auf die        Von Mannheim waren Teile der unteren Stadt
Schutzgüter an.                               überschwemmt (u.a. auch die Trinitatis-
                                              Kirche). Dieses Hochwasser war Auslöser für
                                              die Korrektur des Neckarlaufs.
2.6.1. Beschreibung historischer
                                              Mai 1817: Neckar8
       Hochwasserereignisse
                                              Durch starke Niederschläge verursacht, war
Im Folgenden sind die wichtigsten             das Hochwasser vom 28. Mai 1817 mit einem
überregionalen historischen                   Höchstwasserstand von 10,28 m (Pegel
Hochwasserereignisse in Baden-                Eberbach) einen Meter höher als das
Württemberg chronologisch aufgeführt. Für     Jahrhundert­hochwasser in Baden-
kleinere Gewässer liegen keine belastba­ren   Württemberg von 1993 (9,26 m, Pegel
historischen Hochwasserbeschreibungen         Eberbach). Das Hochwasser dauerte drei
vor.                                          Tage und hinterließ Schäden von 13.638
                                              Gulden. 1817 war ein „beispielloses
Februar 1784: Neckar6
                                              Mißjahr“ mit einer Hungersnot im Land.
Im Januar 1784 war der Neckar zum dritten     Dieses Neckarhochwasser ist von Esslingen
Mal in diesem Winter zugefroren. Nach dem     bis an die Mündung dokumentiert und
erneuten Auftauen verblieb das Treibeis       wurde ab Besigheim relativ schwächer, da
zwischen Heidelberg und Mannheim und          Enz, Kocher und Jagst weniger hohes
gefror zu einer Eiswand, welche dem           Wasser führten.

                                              7   Röckel, D. (1995): Der Neckar und seine
                                              Hochwasser am Beispiel von Eberbach.
6   Röckel, D. (1995): Der Neckar und seine   8   Röckel, D. (1995): Der Neckar und seine
Hochwasser am Beispiel von Eberbach.          Hochwasser am Beispiel von Eberbach.

  16
Oktober 1824: Neckar und Rhein9                           im gan­zen Untersuchungsraum
Das größte historisch belegte Hochwasser                  extreme Niederschlagssummen mit
vom 30. Oktober 1824 am Neckar ereignete                  sich brachte (z.B. Freudenstadt mit
sich durch Starkniederschläge in einem                    max. 194 mm/36 h)
ohnedies niederschlagsreichen Jahr. Im
                                                       • hohen Einträge durch
Schwarzwald und im Bereich des mittleren
                                                         Teileinzugsgebiete, v.a. aus dem
Neckars fiel die größte Menge an
                                                         Einzugsgebiet der Enz, Kocher, Jagst
Niederschlag.
                                                       Aufgrund der starken und lang
   Neckar
                                                       anhaltenden Niederschläge stiegen der
   Am Abend des 26.10.1824 gingen im                   Neckar und auch seine Zuflüsse extrem
   Neckareinzugsgebiet bei einer                       schnell an. Der Neckar und die Enz
   Anströmung aus Südwesten teilweise                  erreichten im Raum Stuttgart ihren
   schwere Gewitter nieder. Diese                      Höchststand in der Nacht zwischen dem
   Niederschläge hatten noch kein außer­               29.10.1824 um 22 Uhr und dem
   gewöhnliches Hochwasser zur Folge. Am               30.10.1824 um 3 Uhr. Die Nagold und
   27.10. regnete es vor allem noch im                 selbst auch kleinere Bäche wie beispiels­
   Bereich des oberen Neckartals                       weise der Nesenbach in Stuttgart oder
   (Oberndorf, Tübingen), während es im                der Sulzbach bei Oberndorf erreichten
   übrigen Ein­zugsgebiet vorwiegend                   extreme Wasserstände und verursachten
   trocken war. Am Abend des 28.10.                    großen Schaden. Mehrere Häuser und die
   zwischen 18 und 20 Uhr setzte im ganzen             Enzbrücke wurden weggeschwemmt. In
   Neckareinzugsgebiet ein bis zu 36                   Eberbach standen alle Häuser bis unter
   Stunden anhaltendes Stark­                          die Dächer komplett im Wasser. Bereits in
   niederschlagsereignis ein, welches das              Plochingen am oberen Neckar war das
   Hochwasser verursachte. Vielerorts hielt            Oktoberhochwasser von 1824 das höchste
   das Regenwetter mit Ausnahme kleinerer              Hochwasser aller Zeiten (Höchstwasser­
   Unterbrechungen bis zum 2. November                 stand 11,94 m, Pegel Eberbach) und setzte
   an.                                                 sich über Esslin­gen, Stuttgart, Aldingen,
   Ursache für diese Hochwasserkatastrophe             Besigheim, Lauffen, Wimpfen,
   war die Verknüpfung verschiedener Fak­              Gundelsheim, Eberbach, Neckarsteinach
   toren:                                              bis nach Ziegelhausen fort. Der reißende
                                                       Fluss forderte zahlreiche Menschenleben,
   • gesättigte Bodenwasserspeicher zu                 ertränkte massenhaft Vieh, verwüstetet
     Ereignisbeginn aufgrund eines                     Äcker, Wiesen, Obstgärten und Häuser.
     feuchten Sommers; durchschnittliche               Allein in Württemberg wurde der
     Niederschlagssummen für die Monate                Wasserschaden auf 2,5 Mio. Gulden
     Juni, Juli, August und September                  geschätzt.
     lagen deutlich über den Mit­telwerten
                                                       Die 1824 erreichten Scheitelhöhen des
     der Messperiode 1961 - 1990 (im Mittel
                                                       Neckars waren Anlass für eine Neu­
     um bis zu 350%).
                                                       festset­zung der Spiegellinien, nach denen
   • großräumiger langanhaltender                      die Höhenlage von Dämmen und Brücken
     Niederschlag Ende Oktober, was fast               sowie zahl­reiche wasserwirt­schaftliche
                                                       Maßnahmen bis hin zur Festlegung der
                                                       Durch­flussquer­schnitte bemessen
9    Röckel, D. (1995): Der Neckar und seine           wurden.
Hochwasser am Beispiel von Eberbach und
Gewässerdirektion Neckar (Hrsg.) (2005):
Rekonstruktion des Neckarhochwassers von 1824 in
Bürger et al.: Schlussbericht für das RIMAX-Vorhaben
Xfloods „Analyse historischer Hochwasser für ein
integratives Konzept zum vorbeugenden
Hochwasserschutz“, www.rimax-hochwasser.de.

                                                                                             17
Rhein                                                      Emmendingen, 330 cm), Dreisam, Rench
   Der Oberrhein stieg um 4 bis 5 m über                      (Pegel Oberkirch, 220 cm), Wutach,
   seine gewöhnliche Wasserfläche. Bei                        Schutter und Acher betroffen.
   Gerns­heim hat er etwa 7 m erreicht.                       Neckar
   Weiterhin waren die Zuflüsse Dreisam,                      Die Neckarhochwasserwelle (9,40 m,
   Elz, Kinzig, Murg und Alb betroffen.                       Pegel Eberbach) mündete drei Tage früher
Juni 1876: Rhein10                                            in den Rhein, bevor das Hochwasser des
Die größte bekannte Wasserführung des                         Oberrheins und des Mains in Mannheim
Rheins bei Basel betrug am 13. Juni 1876                      ankam.
5700 m³/s bei einem Pegelstand von nur                        Zahlreiche Ortschaften und Gehöfte
6,70 m.                                                       standen unter Wasser, jedoch waren
Dezember 1882 / Januar 1883:                                  Mensch und fast alles Vieh verschont
Rhein und Neckar11                                            geblieben. Bahnkörper und Brücken
                                                              wurden unter­brochen und zerstört. Viele
Nach viel Schnee im Schwarzwald und in der
                                                              Wohnungen der Rheinanwohner wurden
Schweiz hatte ein von den Alpen herein­
                                                              unbenutzbar. Einige Gewerbebetriebe
brechender Föhn, mit einem plötzlichen
                                                              nahmen durch Überschwemmungen und
Temperaturanstieg bis zu 12°C und massen­
                                                              Verkehrsunter­brechungen bei Bahn und
haftem warmen Regen zum schnellen Ab­
                                                              Schifffahrt großen Schaden.
schmelzen der Schneemassen geführt.
Gleich­zeitig folgten Niederschläge, die ihren             Donau
Höhepunkt am 26. und 27. Dezember 1882                     Das Hochwassergeschehen an der Donau ist
erreichten. Der meiste Niederschlag fiel im                erst seit den 1920iger Jahren durch systema­
Schweizer Jura, Alpenvorland und südlichen                 ti­sche Pegelbeobachtungen belegt. Die Hoch­
Schwarzwald. In drei Tagen (25. bis 27.                    wasser bis zur Einmündung der Iller bei Ulm
Dezember 1882) fielen beispielsweise in                    sind eindeutig vom Geschehen im Schwarz­
Altdorf/ Schweiz 102 mm, in Baden (Schweiz)                wald geprägt und haben ihren Schwerpunkt
148 mm und in Höchenschwand/Schwarz­                       außerhalb der Vegetationsperiode. Sie
wald 213 mm Niederschlag.                                  werden in der Regel von der Schneeschmel­
   Rhein                                                   ze und Regen im Schwarzwald ausgelöst.
   Kinzig (Pegel Schwaibach, 515 cm) und                   In Ortschroniken und Verwaltungsberichten12
   Murg (Pegel Rastatt, 520 cm) führten auf­               sind zahlreiche bemerkenswerte Hochwasser
   grund der Wassersättigung des Bodens                    dokumentiert: April 1539, Februar 1618, März
   durch die zahlreichen Niederschläge ein                 1684, April 1717, März 1760, Oktober 1778,
   bis dahin nicht beobachtetes hohes                      Januar 1799, Oktober 1824, Februar 1830,
   Hochwasser. Die Hochwasserwellen von                    Februar 1877, Oktober 1880, Dezember 1919.
   Aare und Hochrhein wurden ebenfalls                     Angaben zu Abflussmengen und
   noch durch die Gewässer des Schwarz­                    Beschreibungen des Hochwasserverlaufs
   waldes und der Vogesen erhöht. Durch                    liegen nicht in einfach nutzbarer Form vor.
   zahlreiche Deichbrüche wurde die Hoch­                  Die Ausbaumaßnahmen an der Donau in
   wasserwelle des Hochrheins in Richtung                  Baden-Württemberg sind im Vergleich zu den
   Oberrhein abgeschwächt. Weiterhin                       Ver­änderungen an Rhein, Neckar und Main
   waren die Zuflüsse Wiese, Elz (Pegel                    relativ gering. Die seit 1936 dokumentierten
                                                           Hoch­wasserereignisse können deshalb
                                                           prinzipiell in ihrer Intensität wieder auftreten.
10 Badischer Staatsanzeiger Nr. 49 (27.09.1929): Artikel
über das Hochwasser am Neckar 1784, Beilage der
                                                           Die an den Pegeln gemessenen Wasser­
Karlsruher Zeitung
11 Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie
im Großherzogthum Baden (1889): „Der Rheinstrom            12 siehe ausführlich Deutscher Verband für
und seine wichtigsten Nebenflüsse“ und Röckel, D.          Wasserwirtschaft und Kulturbau e.V. (DVWK) (1994):
(1995): Der Neckar und seine Hochwasser am Beispiel        Historische Wasserwirtschaft im Alpenraum und an der
von Eberbach.                                              Donau

  18
Vorläufige Risikobewertung und Abgrenzung von Risikogebieten

Januar 1799, Oktober 1824, Februar 1830, Februar 1877, Oktober 1880, Dezember 1919.
Angaben zu Abflussmengen und Beschreibungen des Hochwasserverlaufs liegen nicht in
einfach nutzbarer Form vor.
 Die Ausbaumaßnahmen an der Donau in Baden-Württemberg sind im Vergleich zu den Ver-
 änderungen an Rhein, Neckar und Main relativ gering. Die seit 1936 dokumentierten Hoch-
 wasserereignisse können deshalb prinzipiell in ihrer Intensität wieder auftreten. Die an den
 Pegeln gemessenen Wasserstände und daraus berechneten Abflüsse sind daher bei Modell-
 rechnungen
stände        nach wie
         und daraus     vor zu berücksichtigen.
                     berechneten     Abflüsse         wasserereignisse nach 1970, für die
sind daher bei Modell­rechnungen nach wie             belastbare Beschrei­bungen vorliegen, die
 In der folgenden Tabelle 1 sind die größten Hochwasserereignisse an der Donau in Baden-
vor  zu berücksichtigen.
 Württemberg seit 1936 zusammengestellt. Es wird      Hochwassersituation    an der Donau
                                                         deutlich, dass die Hochwasserereignisse
 nach
In  der1970, für die
        folgenden    belastbare
                   Tabelle  1 sindBeschreibungen
                                    die größten     vorliegen, die Hochwassersituationkönnen.
                                                      ausreichend   genau  beschreiben   an der Auf
 Donau ausreichend genau
Hochwasserereignisse     an der   Donau in können. Auf eine weitergehende aufwändige cRe-
                               beschreiben            eine weitergehende    aufwändige   Re­ herche
 cherche wurde deshalb
Baden-Württemberg      seitim  Rahmen
                             1936                     wurde
                                         der vorläufigen
                                   zusammen­                  deshalb im Rahmen
                                                          Risikobewertung           der vorläufigen
                                                                            verzichtet.
gestellt. Es wird deutlich,   dass  die Hoch­         Risikobewertung verzichtet.
 Tabelle 1:     Die größten Donauhochwasser seit 1936
                                                         Abflüsse Q [m³/s] am Pegel
                                  Kirchen-Hausen               Hundersingen                             Berg
 Januar 193613                       ausgefallen                    270                                 367
 Dezember 194713                     ausgefallen                    268                                 345
 Juni 1953                              274                         250                                 277
 Januar 195513                          251                         307                                 376
 Februar 1970 13                     ausgefallen                    303                                 351
 Februar 1980 14                        248                         376                                 412
 Februar 1990 15                      350-370                     470-480                               435
 Januar 1995 16                         300                         373                                 341
2.6.2 Beschreibung
Tabelle 1:          vonDonauhochwasser
           Die größten  Hochwasserereignisse
                                       seit 1936 in der jüngeren Vergangenheit
       nach Ausbau der Gewässer
2.6.2 Beschreibung von                       erfolgt hier im Rahmen des Integrier­ten
Die Übertragung von historischen Hochwasserereignissen  auf die heutige
                                             Rhein­programms            Zeit ist s.
                                                                 (IRP, Näheres   aufgrund
                                                                                    im Internet
       Hochwasserereignisse in der
grundlegender Veränderungen an den Gewässern   und  in den Vorländern,   insbesondere    den
       jüngeren   Vergangenheit nach         unter http://www.rp-freiburg.de/servlet/PB/
Auen, nicht möglich.
                                             menu/ 1188090/index.html).
       Ausbau der Gewässer
 Ab 1921 wurde der Neckar zur Großschifffahrtsstraße      von Plochingen
                                                    Gemeinsam              bis Mannheim
                                                                  mit der LUBW    und dendurch
                                                                                            Uni­
 Kanalisierung und den Bau von Staustufen ausgebaut.versitäten Freiburg und Stuttgart untersuchte
Die Übertragung von historischen Hoch­
 Der Oberrhein wurde ab 1685 verlegt und abgelenkt,      um Land für die landwirtschaftliche
                                                    das Regierungspräsidium     Stuttgart im
wasserereignissen auf die heutige Zeit ist
 Nutzung zu gewinnen. Die Oberrheinkorrektion (ab      1817 u.a.
                                                    Rahmen    des durch J. G. Tulla) führte
                                                                  INTERREG-Projektes        zum
                                                                                         SAFER
aufgrund grundlegender Verände­rungen an
 Ausbau des Oberrheins als Schifffahrtsweg und zur      Verkürzung
                                                    (2003-2008),    des Laufs
                                                                  inwieweit    um
                                                                             das    81 km.
                                                                                 Extrem­    Die
                                                                                          hoch­
den  GewässernKanalisierung
 anschließende   und in den Vorländern,
                                (1928-1977), die Eindeichung    sowie  der Bau
                                                    wasser vom    Oktober  1824der
                                                                                im Staustufen
                                                                                    Neckarein­
insbesondere
 zwischen Baselden Auen,
                 und       nicht (1950-1977)
                      Iffezheim  möglich.     führten  zu wesentlichen
                                                    zugsgebiet  auf die Veränderungen     der
                                                                        heuti­gen Verhältnisse
 Hochwasserabflüsse
Ab                     im Untersuchungsgebiet.
    1921 wurde der Neckar    zur Großschiff­      Zum   Ausgleich  sollen gemäß   der  deutsch-
                                                    übertragen werden kann. Ziel war die
 französischen
fahrtsstraße    Vereinbarung
              von Plochingen von    06.12.1982 Hochwasserrückhalteräume erstellt werden,
                               bis Mannheim         Nutzung der Informationen als Ab­grenzung
 davonKanalisierung
durch   13 in Baden-Württemberg.
                      und den Bau Dies
                                     von erfolgt hierdes
                                                      im Rahmen des Integrierten Rhein-
                                                         Extremhochwassers für das Neckarein­
Staustufen ausgebaut.                               zugsgebiet. Dabei wurde deutlich, dass
 12 siehe ausführlich Deutscher Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau e.V. (DVWK) (1994): Historische Wasserwirtschaft
Der  Oberrhein wurde ab 1685 verlegt und                         durch den Ausbau so erhebliche Verän­de­
    im Alpenraum und an der Donau
abgelenkt,     um    Land   für die   landwirt­  s chaft­        rungen eingetreten sind, dass eine Über­
 13 Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft München (Hrsg) (2009):   Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch,
liche  Nutzung
    Donaugebiet 2003zu  gewinnen.      Die Oberrhein­            tragung nicht möglich ist13.
korrektion    (abfür
 14 Landesanstalt   1817   u.a. durch
                      Umweltschutz       J. G. Tulla) (1985): Mai-Hochwasser
                                    Baden-Württemberg            Auf Grund der   1978 beschriebenen      fehlenden
                                                                                      am Rhein und Neckar, Februar-
führte zum Ausbau des Ober­rheins als
    Hochwasser  1980   an der Donau. In Handbuch   Hydrologie Baden-Württemberg
                                                                 Übertragbarkeit werden Hochwasser­ereig­
 15 Landesanstalt für Umweltschutz
Schifffahrtsweg       und zur Verkürzung         des (Hrsg.) (1990):
                                    Baden-Württemberg
                                                                 nisseHochwasser
                                                                         an Rhein, vom Februar 1990 – Kurzbericht
                                                                                       Neckar und Main vor 1970
 16 Bayerisches
Laufs   um 81 Landesamt
                 km. Die für an­Wasserwirtschaft
                                schließende München (Hrsg) (2009):      Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch,
    Donaugebiet 2003
                                                                 für  die weitere     Auswertung       insbesondere
Kanalisierung       (1928-1977), die Eindeichung                 hinsichtlich ihrer Auftretenswahr­schein­
sowie der Bau der Stau­stufen zwischen                           lichkeit nicht weiter betrachtet.              Seite 16
Basel und Iffezheim (1950-1977) führten zu
wesentlichen Veränderungen der Hoch­
wasserabflüsse im Untersuchungs­gebiet.
Zum Aus­gleich sollen gemäß der deutsch-                         13 Gewässerdirektion Neckar (Hrsg.) (2005):
                                                                 Rekonstruktion des Neckarhochwassers von 1824 in
franzö­sischen Vereinbarung von 06.12.1982                       Burger et al.: Schlussbericht für das RIMAX-Vorhaben
Hochwasserrückhalteräume erstellt werden,                        Xfloods „Analyse historischer Hochwasser für ein
                                                                 integratives Konzept zum vorbeugenden Hoch­
davon 13 in Baden-Württemberg. Dies                              wasserschutz“, www.rimax-hochwasser.de.

                                                                                                                        19
In den Lauf der Donau in Baden-Württem­            gemes­sen. Der Auslöser für das Hochwasser
berg wurde Anfang und Mitte des 19. Jahr­          vom 22. bis 24. Mai 1978 im Rhein- und
hun­derts mit der „Correction“ der ober­           Neckarein­zugsgebiet war, neben dem
schwä­bi­schen Donau zwischen Scheer und           ergiebigen Niederschlag, auch die hohe
Ulm eingegriffen, um neue landwirt­schaft­         Bodenfeuchte aufgrund großer Vorregen­
liche Flächen zu gewinnen und einen Schutz         summen zu Beginn des Ereignisses.
gegen die ständigen und unvorhersehbaren             Rhein:
Veränderungen des Flusslaufes zu schaffen.
                                                     Oberhalb Basel gab es weniger Nieder­
Dabei wurden Teilbe­reiche grundlegend
                                                     schlag und somit nur mittlere Hochwas­
umgestaltet (z.B. zwischen Binzwangen und
                                                     ser­ab­flüsse (Pegel Rheinfelden Q= 2.940
Riedlingen und von Öpfingen bis Ulm). Die
                                                     m³/s) im Rhein. Die Situation verschärfte
erstellten Deiche sollten vorwiegend die
                                                     sich im Oberrhein wesentlich durch die
Sommerhochwässer zurück­halten und die
                                                     Zuflüsse aus dem baden-württem­
angelegten landwirtschaftlichen Flächen
                                                     bergischen Einzugs­gebiet. Der Abfluss
schützen.
                                                     des Rheins steigerte sich bis Karlsruhe auf
Größere Hochwässer insbesondere zur                  Q= 4.200 m³/s (HQ10).
Schneeschmelze im Frühjahr führen regel­
                                                     Den größten Anteil an diesem Ereignis
mäßig zu größeren Ausuferungen. Die
                                                     brachten die Zuflüsse Elz, Dreisam, Murg
historischen Ortslagen waren überwiegend
                                                     und Kinzig aus dem Schwarzwald. Am
Hochwasser sicher angelegt. Erst in den
                                                     stärksten betroffen waren die kleinen
Nachkriegsjahren wurde teilweise auch die
                                                     Vorfluter im Bereich nördlich der Kinzig
Talaue besiedelt. Dadurch geben insbe­
                                                     bis einschließlich der Alb, wo die Abflüsse
sondere die Beschreibungen von Hoch­
                                                     HQ100 erreich­ten. Weitere Schwerpunkte
wassergeschehen nach 1970 die aktuelle
                                                     mit Abflüssen im Bereich von 20 bis 25
Situation wieder.
                                                     jährigen Ereig­nissen lagen an der
Im Folgenden sind die bedeutendsten über­            Schutter, der Bleiche und der Kander. Der
regionalen Hochwasser der letzten 40 Jahre           Schwerpunkt der Hochwasserschäden lag
chronologisch zusammengestellt. Nach den             in der Oberrheinebene. Hier wurden
heutigen Erkenntnissen können an den Ge­             Ortschaften, Verkehrs­wege und große
wässerabschnitten, an denen diese ver­               landwirtschaftlich genutzte Flächen
gangenen Hochwasser abgelaufen sind, nach            überflutet. In Karlsruhe kam es zu
wie vor Hochwasser in dieser oder ähnlicher          großflächigen Überschwemmungen,
Weise stattfinden, das Risiko für das                welche auch die Autobahn betrafen.
Auftreten von Hochwassern mit geringer und
                                                     Neckar:
mittlerer Wahrscheinlichkeit (HQ10 und HQ100)
ist jedoch durch die zahlreichen Hochwas­            Im Neckargebiet waren vor allem der
serschutzmaßnahmen deutlich gesunken.                Bereich des mittleren Neckars und seine
                                                     Nebenflüsse vom Hochwasser besonders
Mai 1978: Rhein und Neckar14
                                                     betroffen. Zwischen Kirchentellinsfurt und
Die Niederschläge, die im Mai 1978 inner­halb        Lauffen wurde ein Abfluss mit einer Jähr­
von 48 Stunden abregneten, übertrafen zum            lichkeit von 50 bis 100 Jahren über­
Teil das langjährige Mittel des Monats Mai           schritten (Pegel Plochingen Q= 1165 m³/s,
um 100%. Die größten Mengen (>150 mm)                Pegel Lauffen 1665 m³/s). Ebenso waren
wur­den im westlichen Schwarzwald, in der            die Ein­zugsgebiete der Lauter, Rems,
Oberrheinebene sowie am mittleren Neckar             Murr, Kocher, Jagst und Sulm betroffen.
                                                     Im Enz-Nagoldgebiet und an den Zuflüs­
                                                     sen von der Schwäbischen Alb (Aich,
14 Landesanstalt für Umweltschutz Baden-             Würm und Fils) wurde dieses Ereignis mit
Württemberg (1985): Mai-Hochwasser 1978 am Rhein     einer Jährlichkeit von 10 bis 20 Jahren
und Neckar in Handbuch Hydrologie Baden-
Württemberg.                                         eingestuft. Zum Beispiel wurde in

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