Borderline Persönlichkeitsstörung - ZI Mannheim
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Diagnostische Leitlinien für Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10 Allgemeine Kriterien • Erfahrungs- und Verhaltensmuster weichen deutlich von kulturellen Normen ab in den Bereichen – Kognition – Affektivität – Impulskontrolle – Zwischenmenschliche Beziehungen • Verhalten erscheint unangepasst, unflexibel oder unzweckmäßig • Deutliches subjektives Leiden, persönlicher Leidensdruck und/oder nachteiliger Einfluss auf die soziale Umwelt • Beginn in Kindheit oder Jugend, Stabilität im Erwachsenenalter • Dauerhaft und nicht auf Krankheitsepisoden begrenzt
Unterteilung der Persönlichkeitsstörungen ICD-10 Cluster nach DSM-IV (F60.0) paranoid paranoid („exzentrisch“) Gruppe A (F60.1) schizoid schizoid (F21) Schizotype Störung schizotypisch (F60.2) dissozial antisozial („dramatisch“) Gruppe B (F60.3) emotional instabil Borderline (F60.30) impulsiver Typ (F60.31) Borderline Typ (F60.4) histrionisch histrionisch narzisstisch (F60.8) (F60.5) anankastisch zwanghaft („ängstlich“) Gruppe C (F60.6) ängstlich (vermeidend) vermeidend-selbstunsicher (F60.7) abhängig (asthenische) dependent (F60.8) sonstige spezifische PKS: narzisstisch, passiv-aggressiv
Merkmale der Persönlichkeitsstörungen DSM-IV Beschreibung/Symptome paranoid Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen, so dass deren Motive als böswillig ausgelegt werden schizoid Distanziertheit in sozialen Beziehungen und eine eingeschränkte Bandbreite des Gefühlsausdrucks schizotypisch Unbehagen und mangelnde Fähigkeit zu engen Beziehungen, Verzerrungen der Wahrnehmung oder des Denkens und eigentümliches Verhalten antisozial Missachtung und Verletzung der Rechte anderer Borderline Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie deutliche Impulsivität histrionisch Übermäßige Emotionalität und Streben nach Aufmerksamkeit narzisstisch Muster von Großartigkeit (in Phantasie oder Verhalten), Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie zwanghaft Starke Beschäftigung mit Ordnung, Perfektion und psychischer sowie zwischenmenschlicher Kontrolle auf Kosten von Flexibilität, Aufgeschlossenheit und Effizienz vermeidend- Soziale Gehemmtheit, Insuffizienzgefühl und Überempfindlichkeit gegenüber negativer selbstunsicher Bewertung dependent Überstarkes Bedürfnis, versorgt zu werden, das zu unterwürfigem und anklammernden Verhalten und Trennungsängsten führt
Exkurs: DSM 5 • Keine Änderung in der Klassifikation der PKS • Alternativmodell: „Hybridmodell“ einer kategorial-dimensionalen Klassifikation (DSM-Forschungskapitel III) wichtigste Merkmale: Keine Achse-II mehr Kodierung der Funktionsbeeinträchtigung (5-stufig) (1) Selbstfunktionsniveau (Strukturachse): Identität, Selbstgerichtetheit (2) Interpersonelles Funktionsniveau (Beziehungsachse): Empathie, Intimität 5 übergeordnete Persönlichkeitszüge (Trait Domains), 25 spezifische trait facets (1) Negative Emotionalität vs. emotionale Stabilität (2) Distanziertheit vs. Extraversion Kombination dieser Trait-Domains = PKS oder (3) Antagonismus vs. Verträglichkeit „Personality Disorder Trait-Specified“ (PD-TS), wenn Kriterien für eine spezifische PKS nicht erfüllt werden (4) Enthemmung vs. Zwanghaftigkeit (5) Psychotizismus vs. Klarheit Nur noch 6 PKS definiert: (1) Antisozial/psychopathisch, (2) vermeidend, (3) Borderline-Störung, (4) zwanghaft, (5) schizotyp, (6) narzisstisch
Diagnoseinstrumente • SKID-II (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV Achse II) - Fragebogen (als Screening) und Interview • IPDE (International Personality Disorder Examination) der WHO Bestimmte Anzahl von Kriterien muss erfüllt sein (z.B. Borderline 5/9) Es gibt eine oder mehrere Fragen pro Kriterium (z.B. Identitätsstörung bei Borderline) Schweregradbestimmung bei BPS • ZAN-SCALE (Zanarini, 2003) • BSL (Borderline-Symptom-Liste; Bohus et al., 2001, 2007)
Epidemiologie – PKS allgemein Lebenszeitprävalenz BPS 3-6%, Rest unbekannt Punktprävalenz 5-15% (10% Dtl) - Eher selten: paranoid, schizoid - Eher häufig: abhängig, histrionisch, Borderline Geschlechterverhältnis m=w (Ausnahme: antisoziale und zwanghafte PKS m > w) Erkrankungsalter Erste Symptome in Kindheit/Adoleszenz (Diagnose nicht sicher stellbar vor Beendigung der mittleren Adoleszenz) Komorbiditäten Depression, PTBS, Angststörungen, Essstörungen, Suchterkrankungen, PKS untereinander (ca. 25% haben mehr als eine PKS) Verlauf Insgesamt mit der Zeit rückläufig, Funktionseinbußen bleiben meist erheblich Suizidrisiko 2-6%
Ätiologie – PKS allgemein • Kombination aus heriditären, biologischen, psychologischen und sozialen Risikobedingungen − Erbliche Faktoren: bis zu 60% (Torgersen, 2000) − Psychologische Risikofaktoren: z.B. Eltern-Kind-Beziehung, Extrembelastung und Traumata… Cave: unspezifisch! • Diathese-Stress-Modell
Therapie – PKS allgemein Behandlungsgrundsätze • Klare Therapievereinbarungen • Tragfähige Beziehung (Vertrauen, Expertise, Zuversicht) • Verbesserung der Kompetenz zur Lösung komplexer psychosozialer Probleme • An vorhandene Ressourcen anknüpfen und diese ausweiten • Psychosoziales Umfeld kontinuierlich im Blickfeld behalten (aufrechterhaltende Faktoren) Behandlungseffektivität • Prä-Post-Effektstärken: d= 1.11 (Selbstrating) / d= 1.29 (Fremdrating) (Perry et al., 1995) • Ca. 50% erfüllen nach Behandlung nicht mehr die Kriterien einer PKS
Die Borderline Persönlichkeitsstörung Dissoziation Selbstverletzung Dysfunktionales zwischenmenschliches Emotionale Verhalten Dysregulation Dysregulation auf Verhaltensebene: Impulsivität und Aggression
BPS – Diagnostische Kriterien (1) Verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern − Hinterher telefonieren, Nachrichten hinterlassen − Büro/Wohnung nicht verlassen wollen, Anklammern − Betteln, Suiziddrohungen − Typische Aussage: „Ich tue alles was Du willst“ (2) Ein Muster von instabilen und intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch einen Wechsel zwischen extremer Idealisierung und Abwertung auszeichnet − Stürmische Beziehungen, von Streit geprägt − Plötzliche Beziehungsabbrüche (3) Identitätsstörung: eine ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder des Gefühls für sich selbst - Wechselhafte Ziele, Werte und moralische Vorstellungen - Gefühl keine Identität zu besitzen
BPS – Diagnostische Kriterien (4) Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen − Stabiles Muster − Z.B. Geld ausgeben, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Essanfälle (5) Wiederkehrende Suiziddrohungen, Suizidandeutungen oder -versuche oder selbstschädigendes Verhalten − Bewusste Handlung, die auf Schädigung des Körpers abzielt, z.B. Schneiden, Verbrennen, Kratzen, sich schlagen − Typische Aussage: „Wenn ich unter hoher Anspannung stehe, muss ich mich schneiden“ (6) Affektive Instabilität, die durch eine ausgeprägte Orientierung an der aktuellen Stimmung gekennzeichnet ist: z.B. starke episodische Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit oder Angst − „Achterbahnfahrt“ − Grund nicht immer ersichtlich − Typische Aussage: „Meine Stimmung schwankt von einer Minute zur anderen“
BPS – Diagnostische Kriterien (7) Chronisches Gefühl der Leere − Unangenehm − Z.T. gefolgt von dysfunktionalen Verhaltensweisen − Typische Aussage: „Ich fühle mich innerlich hohl“ (8) Unangemessene, starke Wut oder Schwierigkeiten, Wut oder Ärger zu kontrollieren (z.B. häufige Wutausbrüche) − Wut „ohne guten Grund“ − Laut werden, Gegenstände zerbrechen, andere Menschen schlagen (9) Vorübergehende, stressabhängige paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome − Z.B. Depersonalisation und Derealisation − Z.B. Gefühl andere hätten es auf einen abgesehen, können Gedanken lesen
BPS – Störung der Affektregulation Reduzierte Reizschwelle Erhöhtes Erregungsniveau Diffuse Langsamere Rückkehr aufs Ausgangsniveau Anspannungszustände Schwierigkeiten bei der Differenzierung von Emotionen
BPS – Epidemiologie Lebenszeitprävalenz Ca. 3% Punktprävalenz Ca. 1-2% (stark altersabhängig) Geschlechterverhältnis m=w (in klinischen Populationen 70% weiblich) Komorbiditäten Depression, PTBS, Angststörungen, Essstörungen, Suchterkrankungen, Schlafstörungen Suizidrisiko Ca. 7% Suizidversuche: 66% Behandlung • Häufigster Grund: Komorbiditäten • in psychiatrisch/psychotherapeutischer Behandlung: ca. 80% • Häufigkeit in Kliniken: ca. 15% • Häufigkeit in Praxen: ca. 20% • direkte Kosten: ca. 4 Milliarden Euro jährlich (25% der Kosten für psychische Störungen)
BPS – Verlauf • 30% geben an sich schon in Grundschulalter selbst verletzt zu haben • Maximierung dysfunktionalen Verhaltens und Erlebens Mitte 20 (Winograd et al., 2008) • Langzeitverlauf (Zanarini et al., 2015; Gunderson et al., 2011): − 70-85% remittieren − 15% Rückfälle − allerdings schlechte soziale Integration (GAF-Werte) • Risikofaktoren für Chronifizierung/schlechten Verlauf (Zanarinin et al., 2006; Gunderson et al., 2006): − Komorbider Alkohol- und Substanzmissbrauch − Sexueller Missbrauch in der Kindheit − Besonders schwer ausgeprägte Symptomatik
BPS – Ätiopathogenese • Starke genetische Komponente − ca. 46 % der Varianz genetisch erklärbar − Affektive Labilität, Impulsivität • Häufige Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter − sexueller Missbrauch bei ca. 70% − Körperliche Gewalt ca. 60% − Vernachlässigung ca. 40% • Häufig invalidierendes Umfeld Diathese-Stress-Modell
BPS – Therapie Psychotherapie • 4 störungsspezifische Behandlungskonzepte: (1) Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) nach Linehan bester Evidenznachweis, Nachhaltigkeit der Ergebnisse im Langzeitverlauf bestätigt - Erwerb von Verhaltenskontrolle und Verbesserung der Emotionsregulation - Verbesserung sozialer Fertigkeiten und Konsequenzen möglicher traumaassoziierter Erfahrungen (2) Mindfulness-based Therapy (MBT) nach Bateman & Fonagy - Verbesserung von Fertigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich (3) Schematherapie für BPS nach Young - Dysfunktionale automatisierte kognitive-emotionale Erlebensmuster („Schemata“) erkennen, hinterfragen, revidieren (4) Übertragungsfokussierte Therapie (TFP) nach Kernberg
BPS – Therapie Pharmakotherapie • „Off-Label“-Therapien • Nicht Behandlung der BPS per se Komorbiditäten und Kernsymptome • Beste Evidenz: − Atypische Neuroleptika (Reduktion von Angst, Wut, interpersoneller Sensitivtät) − Mood Stabilizer (Besserung von Impulsivität, Aggression, Ärger) − Eher inkonsistente Befunde: SSRIs (Besserung der affektiven Symptomatik, inkonsistente Befunde bezüglich Rückgang aggressiv-impulsiver Verhaltensweisen) • Keine Evidenz für Polypharmakologie • Verzicht auf Benzodiazepine • 50% Non-Responder
BPS – Therapie Therapieplan Adoleszentenzentrum
BPS – Therapie Therapieplan Team Allgemein Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Morgensport Morgensport Morgensport Morgensport Morgensport 7:30-8:00 7:30-8:00 7:30-8:00 7:30-8:00 7:30-8:00 Morgenrunde & Wochenziele Morgenrunde 8:15-8:30 Morgenrunde 8:15-8:30 Morgenrunde 8:15-8:30 Morgenrunde 8:15-8:30 8:15-8:30 Frühstück Frühstück Frühstück Frühstück Frühstück 8:30-9:00 8:30-9:00 8:30-9:00 8:30-9:00 8:30-9:00 Achtsamkeit Teamvisite Körpertherapie Medikamentenstellprogramm Achtsamkeit Medizinische 09:00 – 09:30 09:00-11:30 09:15 – 10:15 9:00-12:00 09:00 – 09:30 Sprechstunde 9:00-10:00 Skills- Das Leben Skills-Training Bezugsgruppen Training zurück Fortgeschrittene 11:00-11:30 Escrima Beginner erobern 10:00-11:30 11:00-11:30 09:30-11:00 10:00 – 12:00 Mittagessen 11:30-12:00 Mittagessen 11:30-12:00 Mittagessen 11:30-12:00 Mittagessen 11:30-12:00 Mittagessen 11:30-12:00 Einsteiger-Modul Einsteiger-Modul Stationsmeeting 12:10 – 13:00 12:15 – 13:15 12:30 – 13:00 Basisgruppe (ab 2.Therapiewoche) (ab 2.Therapiewoche) Entspannungsgruppe 13:00-14:00 13:15 – 13:45 Anti-Craving-Gruppe Selbstwertgruppe Gestaltungs- Kraftraum- Soziales-Kompetenz-Training 14:00-15:00 14:00 – 15:00 therapie Einführung 14:35 - 16:00 14:00 – 15:30 14:00 – 15:00 Wirbelsäulengruppe Gestaltungstherapie Wirbelsäulengruppe 15:00-15:45 15:00 - 16:30 15:00 - 15:45 Selbstverteidigungs- Gruppe 16:30 - 18:00 Abendessen 17:30-17:50 Abendessen 17:30-17:50 Abendessen 17:30-17:50 Abendessen 18:05-18:25 Abendessen 17:30-17:50 Abendrunde Tagebuchkarte Abendrunde Tagebuchkarte Abendrunde Tagebuchkarte Abendrunde Tagebuchkarte Abendrunde Tagebuchkarte 18:05-18:15 18:15 18:05-18:15 18:15 18:05-18:15 18:15 18:30-18:40 18:45 18:05-18:15 18:15
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