Das Corona-Virus und Multiple Sklerose - DMSG
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06.04.2020 Das Corona-Virus und Multiple Sklerose Dr. med. D. Pöhlau (1), Prof. Dr. med. J. Haas (2), Prof. Dr. med. R. Gold (3), Prof. Dr. med. H.-P. Hartung (4), 1) Stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) 2) Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) 3) Vorsitzender des Ärztlichen Beirates des Bundesverbandes der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) 4) Vorstandsmitglied im Ärztlichen Beirat des Bundesverbandes der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG)
2 06.04.2020 Das Corona-Virus (SARS-COV-2) Erstmals in Wuhan (China) bei Patienten mit Atemwegserkrankungen identifiziert RNA-Virus, Teil einer Virusfamilie, die Atemwegserkrankungen unterschiedlichen Ausmaßes verursachen können Vom Tier (Fledermäuse?) erstmalig auf Menschen übertragen Keine Grundimmunität in der Bevölkerung Das Virus ist ansteckend (ansteckender als Grippe) und verursacht schwerere Symptome als Grippe (laut Robert Koch-Institut - RKI) Derzeit: Ein Infizierter steckt ca. drei weitere Menschen an Inkubationszeit: drei bis 14 Tage (im Mittel fünf Tage) Ansteckend bereits bis 2,5 Tage vor Symptombeginn und bis ca. acht Tage nach Symptombeginn
3 06.04.2020 Wie kann ich mich anstecken? Tröpfcheninfektion (Sprechen, Husten, Niesen), auch Microtröpfchen in der Raumluft werden diskutiert Evtl. über kontaminierte Oberflächen Aufnahme über Schleimhäute (v.a. Mund, Auge, Nase) Keine Übertragung durch Lebensmittel, Trinkwasser, Importwaren…
4 06.04.2020 Wie kann ich eine Ansteckung anderer vermeiden? Das Coronavirus ist ein umhülltes Virus und kann relativ einfach unschädlich gemacht werden: durch 30 Sekunden langes Händewaschen mit Seife Ca. 2m – bleiben Sie zuhause, wenn möglich Ca. durch Desinfektionsmittel Durch 30-prozentigen Alkohol
5 06.04.2020 Infomaterialien (auch zur Weitergabe z.B. an Gruppen): Robert Koch-Institut (www.rki.de) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (bzga.de)
6 06.04.2020 Welche Symptome verursacht eine Infektion mit dem Corona-Virus? 6.000 Fälle des Robert Koch-Institutes (RKI): Husten: 55 % Fieber: 39 % Schnupfen 28 % Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen Klinikpatienten: >90% pathologischer Befund im Röntgenbild des Brustkorbes keine bedeutsamen Symptome für Covid-19: 19% Infektion, Virusverbreitung ohne Symptome: häufig, besonders bei Kindern Behandlung in Klinik notwendig: 11% Auch junge Menschen und Kinder können wenn auch selten schwer erkranken!
7 06.04.2020 Wie verläuft eine Corona-Erkrankung in Deutschland (Modell des Robert Koch-Institutes) 4,50 % aller Betroffenen müssen ins Krankenhaus 1,12 % aller Betroffenen müssen auf eine Intensivstation 0,56 % aller Betroffenen sterben im Rahmen der Infektion 99,44 % aller Betroffenen genesen! (In Einzelfällen bleiben Lungenschäden und andere Organschäden zurück)
8 06.04.2020 Wer soll getestet werden? Test (PCR): Symptome und: Kontakt zu einem positiv getesteten Erkrankten Reise in Risikogebiet eine bestehende Atemwegserkrankung wird schlimmer (Atemnot, Fieber etc.) bei der Arbeit oder ehrenamtlichen Tätigkeit Kontakt mit Menschen mit hohem Risiko für schwere Erkrankungen (z.B. im Krankenhaus oder der Altenpflege) Immununterdrückende Therapie bei MS Kein Test: ohne Symptome Zurzeit: 300.000 bis 500.000 Tests/Woche Ziel: 200.000 Tests/Tag Ziel: Tests für sehr viel mehr Menschen, häufiger auch ohne Symptome
9 06.04.2020 Wie wird getestet? Jetzt: Nasen-Rachenabstrich für PCR (direkter Erregernachweis) Nahe Zukunft: Antikörper gegen Corona-Virus im Blut nach- weisbar Bild: www.augsburger-allgemeine.de -> Zeigen (früheren) Kontakt und hochwahrscheinlich Immunität gegen den Erreger (indirekter Erregernachweis)
10 06.04.2020 Wie viele Menschen sind weltweit erkrankt? Corona-Fälle gibt es in praktisch allen Ländern der Welt. Am 6.4. sind 1,2 Millionen bekannt, die Dunkelziffer ist sehr hoch.
11 06.04.2020 Wie viele Menschen sind in Deutschland erkrankt? Nach: https://www.rki.de Die Zahl gemeldeter Neuerkrankter pro Tag nimmt nicht weiter zu, die Maßnahmen greifen offenbar.
12 06.04.2020 Was geschieht mit Corona-positiven Menschen? Bei leichten Verläufen: Häusliche Quarantäne, Fiebertagebuch, kein direkter Kontakt zu Risikopersonen nach weniger als 14 Tagen genesen Bei schweren Erkrankungen: Krankenhaus, längere Behandlungsdauer (evtl. mehrere Wochen), Gabe von Sauerstoff, evtl. Beatmung nötig Auch sichere Kontaktpersonen sollen in Quarantäne, Fiebertagebuch über 14 Tage führen…
13 06.04.2020 Ziel der gegenwärtigen Gesundheitspolitik: Zeit gewinnen, Ressourcen nicht überlasten Die „Durchseuchung“ der Bevölkerung möglichst langsam gestalten, damit die Kapazitäten des Gesundheitssystems (z.B. bei Beatmungen) ausreichen Nach einiger Zeit (Jahre?) „Herdenimmunität“
14 06.04.2020 Wie kann man Zeit gewinnen? Zahl der Neuerkrankungen und der schwer Erkrankten senken: Testung von symptomatischen Personen (aktuell: 50.000 Tests/Tag) Quarantäne und evtl. Testung von Risikopersonen (z.B. Rückkehr aus Risikogebieten, Menschen mit unklarem Infekt, Fieber anderen Symptomen) Quarantäne Corona-Positiver und Verdächtiger Verhinderung von Kontakten (Absage von Veranstaltungen, Kongressen, Reisen, Schul- und Kindergartenschließungen, Arbeit im Home-Office, Besuchsrestriktion in Krankenhäusern, Menschenansammlungen, Ausgehsperren…) Besondere Rücksicht auf Risikopersonen (Ältere, Immunschwache, Lungenkranke, MS-Betroffene (?)) Zukunft: Sehr viel mehr Tests, wieder gesteuert mehr Kontakte zulassen, schnell und konsequent isolieren, und testen testen testen!
06.04.2020 Risikogruppen für schwerere Erkrankungen: Ältere Personen (ab 50 Jahre) Sowie unabhängig vom Lebensalter: Raucher Vorerkrankung des Herzens (z.B. koronare Herzerkrankung) Vorerkrankung der Lunge (z.B. Asthma, chronische Bronchitis) Chronische Lebererkrankung Diabetes mellitus (wegen Begleiterkrankungen) Nierenerkrankungen Krebserkrankung Unterdrücktes oder schwaches Immunsystem (Menschen mit Einnahme immunschwächender Medikamente wie Kortison, manche MS-Medikamente, HIV-Patienten ohne Therapie) Wahrscheinlich: MS-Betroffene, die rollstuhlpflichtig oder bettlägerig sind und 15 deren Lungen nicht optimal belüftet werden Dieter Pöhlau | DRK Kamillus Klinik Asbach
16 06.04.2020 Verläufe der Corona-Infektion Je nach Land unterschiedliche Angaben und Zahlen* 80 % milde, ambulant behandelbare Verläufe 15 % schwerere Verläufe, z.T. stationär behandlungsbedürftig 5 % schwere Verläufe, einige mit Beatmungsnotwendigkeit Letalität? Zurzeit (am 06.04.2020) 1,5%** * Je konsequenter die Corona-Tests, die Quarantäne-Maßnahmen und die Maßnahmen zur Kontaktverminderung umgesetzt wurden, desto besser ** je mehr Menschen auch mit geringen Symptomen getestet werden, desto geringer fällt rechnerisch die Letalität aus
17 06.04.2020 Wenn ein Immunsystem durch eine Corona-Infektion geschwächt ist, können leichter Zweitinfektionen mit Viren oder Bakterien auftreten, die dann den Krankheitsverlauf weiter verschlimmern. Deshalb sollte in Zukunft noch mehr als bisher darauf geachtet werden, dass die von der ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen durchgeführt werden. Insbesondere Impfungen gegen Pneumokokken und das Influenza-Virus werden empfohlen.
18 06.04.2020 Was bedeutet die Corona-Krise für MS-Betroffene? Es gibt keine belastbaren Daten über die Auswirkungen von Corona-Infektionen auf die MS. Eine Vielzahl von Medikamenten gegen das Virus oder die Virusfolgen (vor allem an der Lunge) werden untersucht, ein bewiesenermaßen wirksames Medikament gibt es noch nicht. Es ist zu erwarten, dass eine kommende Impfung das Infektionsrisiko deutlich vermindert. Von anderen Virusinfektionen (Influenza, EBV) ist beschrieben, dass eine höhere Infektionsrate in der Bevölkerung mit einer erhöhten Schubrate einhergeht, dies ist auch für Corona-Infektionen zu befürchten. MS-Betroffene sollten besonders vorsichtig sein und bewusst Situationen meiden, in denen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko gegeben ist. Evtl. sollte die Immuntherapie angepasst werden
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21 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Kortisontherapien: Kortison erhöht kurzfristig das Infektionsrisiko Nach einem Kortisonpuls: Besonders intensive Schutzmaßnahmen, Kontakte vermeiden (Home-Office…) Sorgfältige Indikationsstellung für Kortison bei leichten (sensiblen) Schüben Intervalltherapien mit Kortison sollten – nach unserer Einschätzung – zunächst pausiert werden NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. R. Gold
22 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Behandlungen mit Glatirameracetat (COPAXONE, CLIFT) oder einem beta- Interferon (AVONEX, BETAFERION, EXTAVIA, PLEGRIDY, REBIF) sind nicht immunsuppressiv, und wir halten sie für unkritisch. Eine Behandlung mit Natalizumab (TYSABRI) sollte weitergeführt werden. NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. med. R. Gold 22
23 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Dimethylfumarat: Bei normalen Lymphozytenzahlen kann davon ausgegangen werden, dass das Infektionsrisiko nicht erhöht ist. Teriflunomid: Bei den Dosierungen in der MS-Therapie ist ein erhöhtes Infektionsrisiko nicht anzunehmen. Die Zahl der Lymphocyten sollte im Normbereich liegen. Die Therapie sollte nicht unterbrochen werden. NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. med. R. Gold
24 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Fingolimod (Gilenya), Siponimod (Maycent) und Ozanimod (Zeposia): Unter diesen Therapien besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko, insbesondere von Atemwegserkrankungen. MS-Erkrankte, die auf diese Therapien eingestellt sind, sollten sie trotzdem fortführen, da bei Absetzen das Risiko einer Krankheitsaktivierung besteht. Therapeutische Neueinstellungen sollten zum jetzigen Zeitpunkt sorgfältig überlegt werden. NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. med. R. Gold 24
25 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Depletierende Immuntherapien Ocrelizumab (Ocrevus), off-label Rituximab, Cladribin (Mavenclad), Alemtuzumab (Lemtrada), Mitoxantron: Erhöhen das Infektionsrisiko insbesondere unmittelbar nach der Infusionsbehandlung. Ocrelizumab, Rituximab, Mitoxantron sind Intervalltherapien. Eine Verlängerung des Intervalls ist individuell zu diskutieren, ohne dass die Gefahr einer Aktivierung der MS besteht. NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. med. R. Gold
26 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Wirkung von Cladribin: erwünschte Verminderung der weißen Blutzellen Effekt ist unmittelbar nach der jährlichen Gabe (jeweils zwei Behandlungs- wochen im Abstand von vier Wochen) in Jahr 1 und Jahr 2 am stärksten in dieser Zeit erhöhtes Infektionsrisiko, vor allem in den ersten vier Wochen nach der letzten Gabe Verminderung der weißen Blutkörperchen hält individuell unterschiedlich lange an Infektionsrisiko von MS-Erkrankten mit einer Cladribin-Therapie sind individuell einzuschätzen evtl. den zweiten Therapie-Zyklus nach einem Jahr hinausschieben oder Vorkehrungen treffen, um die Infektionsgefahr herabzusetzen im Jahr drei der Therapie ist das Infektionsrisiko eher nicht mehr erhöht NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. med. R. Gold 26
27 06.04.2020 Empfehlungen zu Immuntherapien Alemtuzumab: Jährliche Gabe (in der Regel Jahr 1 und Jahr 2) führt zu einer langanhaltenden, erwünschten Veränderung der weißen Blutzellen Dadurch erhöhtes Infektionsrisiko Wiederholung der Therapie sorgfältig prüfen Neueinstellungen sind zum jetzigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Zulassungsänderung nur bei hochaktiver MS und dem Fehlen anderer therapeutischer Möglichkeiten zu erwägen. NACH: UPDATE: EMPFEHLUNGEN FÜR MULTIPLE SKLEROSE-ERKRANKTE ZUM THEMA CORONA-VIRUS, DMSG-AKTUELL: Freitag 20.03.2020, Prof. Dr. med. J. Haas, Prof. Dr. med. R. Gold 27
28 06.04.2020 Angst… Eine Pandemie macht verständlicherweise Angst Der Gegner, das Virus, ist bekannt. Die Krankenhäuser sind vorbereitet. Unser Immunsystem kann das Virus prinzipiell beseitigen. Je mehr Menschen das Virus durchgemacht haben und immun sind, desto langsamer läuft die Pandemie. Die Gesellschaft und Politik haben schnell und konsequent reagiert. Informationen können gegen die Angst helfen. Es gibt viele Gründe für vernünftiges Handeln, u.E.: kein Grund für Panik. Suchen Sie professionelle Hilfe, wenn die Angst zu groß wird.
29 06.04.2020 Nutzen von beschlossenen Maßnahmen – „Social Distancing“ Modellrechnung: Neue Corona-Fälle, wenn „Social Distancing“ nur einen Tag später begonnen wird, Modellrechnung zitiert nach: Tomas Pueyo Social Distancing wirkt, es wird durch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz Masken unterstützt
30 06.04.2020 Eine gute Nachricht: Neurologen aus Bergamo (einem der „hot spots“ der italienischen Corona- Epidemie) berichten, dass von den ca. 1.000 MS-Betroffenen, die sie betreuen, keiner wegen des Corona-Virus stationär behandelt werden musste. Sie gehen davon aus, dass sich ca. 60 MS-Betroffene ansteckten, leider machte keiner einen Test auf das Corona-Virus. Es gab keine Probleme, auch bei den Patienten mit Immuntherapien. Trotzdem vorsichtig bleiben!
31 06.04.2020 Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) ist eine starke Gemeinschaft, die sich ausschließlich für die Interessen MS-Erkrankter einsetzt. Wir werden Sie bezüglich der Weiterentwicklung der Corona-Situation für MS- Betroffene auf dem Laufenden halten. Informationen unter: www.dmsg-nrw.de www.dmsg-rlp.de www.dmsg.de Bitte unterstützen Sie die DMSG!
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