D er Einfluss sozialer Empfehlungen auf das Selektionsverhalten in Suchmaschinen

 
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D er Einfluss sozialer Empfehlungen auf das Selektionsverhalten in Suchmaschinen
Google Eyetracking-Studie                                                                   FACHBEITRÄGE                               45

Der Einfluss sozialer Empfehlungen auf das
Selektionsverhalten in Suchmaschinen
Eine Eyetracking-Studie der Google-Ergebnisseite*

                      Von Hendrik Terbeck

     ABSTRACT                                            nisevaluation zu untersuchen gilt. Spannend ist aus
                                                         informationswissenschaftlicher und entscheidungs-
In einer Eyetracking-Studie mit 50 Testpersonen          psychologischer Sicht, wie die Suchmaschinennutzer
wird untersucht, ob soziale Empfehlungen von             soziale Empfehlungen bei der Ergebnisevaluation
Freunden die Selektionsentscheidung auf Sucher-          wahrnehmen und ob diese die Klickentscheidung be-
gebnisseiten beeinflussen können. Neben den sozi-        einflussen. Für eine Analyse des Verhaltensprozesses
alen Empfehlungen werden ebenso die generelle            zwischen der Eingabe eines Suchbegriffes und dem
Wahrnehmung der Trefferliste und die Entscheidungs-      Klick auf einen Treffer eignet sich die Eyetracking-       Hendrik Terbeck
gründe der Nutzer untersucht. Methodisch kombi-          Methodik, mit der sich die Blickbewegungen von             Hochschule für
                                                                                                                    Angewandte Wissen-
niert die vorliegende Studie das Eyetracking-Verfah-     Betrachtern eines Stimulus aufzeichnen lassen, so-         schaften Hamburg,
ren mit Fragebögen. Die Ergebnisse der Untersuchung      dass eine Aufmerksamkeitsanalyse ermöglicht wird.          Fakultät DMI, Depart-
                                                                                                                    ment Information
attestieren den sozialen Empfehlungen einen mess-        Als Grundlage für die vorliegende Veröffentlichung         Freiberuflicher Berater
baren Einfluss auf das Selektions- und Blickverhalten,   gilt die im Oktober 2011 fertig gestellte Bachelorarbeit   für strategische Suchma-
                                                                                                                    schinenoptimierung und
da Resultate mit Empfehlungen von vernetzten             [4] von Hendrik Terbeck.                                   User Experience
Freunden häufiger ausgewählt und betrachtet wer-                                                                    E-Mail: mail@hendrik-
                                                                                                                    terbeck.de, Web: http://
den als die gleichen Treffer ohne Empfehlung.
                                                             2    STAND DER FORSCHUNG                               hendrik-terbeck.de

Keywords
                                                             2.1 Ergebnispräsentation in Suchmaschinen
Suchmaschinen, Soziale Empfehlungen, Eyetracking,
Nutzerbefragung, Selektionsverhalten, Klickgründe,       Die Präsentation der Suchergebnisse durch die Such-
Suchergebnisseite, gesponserte Suchergebnisse, Search    maschinen hat einen bedeutenden Einfluss auf das
Engine Marketing                                         Selektionsverhalten, da die Nutzer die Treffer vor
                                                         dem Klick evaluieren [5]. Die Suchmaschinen müs-
                                                         sen hierzu unterschiedliche Nutzerbedürfnisse glei-
     1    EINLEITUNG
                                                         chermaßen befriedigen und entscheiden, wie viele
Suchmaschinen gehören seit Langem zu den meist           Informationen den Suchenden angezeigt werden sol-
verwendeten Webdiensten und einzig soziale Netz-         len [6]. Die typische Suchergebnisseite der bekann-
werke konnten in den letzten Jahren einen stetigen       ten Suchmaschinen unterteilt sich in mehrere
Zuwachs beim Marktanteil verzeichnen [1]. Seit 2011      Bereiche bestehend aus organischen Suchergebnis-           *Die Eyetracking-
                                                                                                                    Studie der Google-
haben sich mit der Einführung von sozialen Em-           sen, bezahlten Anzeigen und Browsingelementen              Ergebnisseite ist im
pfehlungen (vgl. Abb. 1) durch vernetzte Kontakte        [7]. Da manche Elemente und Treffer erst nach dem          Rahmen einer Bache-
                                                                                                                    lorarbeit angefertigt
unterhalb der Suchergebnisse bei Google und Bing         Scrollen sichtbar werden, wird das Selektionsver-          worden und vollstän-
die bislang isolierten Suchmaschinen und sozialen        halten besonders durch die anfänglich sichtbaren           dig einsehbar unter:
Netzwerke angenähert [2, 3]. Obwohl die alltägliche      Treffer geprägt [5]. Die regulären Ergebnisse rücken       http://hendrik-ter-
                                                                                                                    beck.de/bachelorar-
Suche im Web scheinbar mühelos geschieht, absol-         als vormals zentrales Element gegenüber Anzeigen,          beit/
vieren die Suchmaschinennutzer stets komplexe            vertikalen Ergebnissen aus weiteren Kollektionen
Entscheidungssituationen. Durch die sozialen Em-         (sog. „Universal Search“ wie Bilder, Videos etc.), „One-
pfehlungen unterhalb der Suchtreffer wird die Ergeb-     Box“-Ergebnissen (Wetter, Aktienkurse etc.) und
nisseite durch ein zusätzliches, persönliches Ent-       Vorschlägen für andere Suchanfragen zunehmend
scheidungsattribut angereichert, dessen Einfluss auf     aus dem initial sichtbaren Bereich. Die bezahlten
die Trefferselektion es im Gesamtkontext der Ergeb-      Werbeanzeigen werden bei der Google-Ergebnisseite
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     oberhalb der organischen Treffer farblich hinterlegt       für bzw. gegen Suchergebnisse [21, 22]. Die in der
     und rechts neben diesen angezeigt (sog. Top- und           Entscheidungspsychologie gebräuchlichen Begriffe
     Side-Anzeigen). Das Ranking der organischen Ergeb-         „Optionen“ und „Attribute“ haben Wirth & Schweiger
     nisse wird algorithmisch erzeugt und ist nicht durch       auf Suchergebnisseiten übertragen [23]: Die Op-
     eine direkte Bezahlung an die Suchmaschinenan-             tionen sind die Hyperlinks zu den angezeigten Er-
     bieter manipulierbar [5]. Die Präsentation der orga-       gebnissen und deren Attribute sind alle zusätzlichen
     nischen Ergebnisse und Anzeigen ist bei den populä-        Informationen wie die Position, die Überschrift, der
     ren Suchmaschinen weitgehend ähnlich: blauer Titel,        Beschreibungstext, die URL etc., die eine Treffereva-
     schwarzer Beschreibungstext und grüne URL stellen          luation ermöglichen. Durch die gestiegene Anzahl
     einen Treffer auf der Ergebnisliste dar. Der Suchbe-       der Elemente auf den Suchergebnisseiten „lässt sich
     griff bzw. synonyme Wörter werden innerhalb dieser         die Trefferselektion als einen multioptionalen und
     drei Elemente durch Fettung hervorgehoben, um den          multiattributiven Entscheidungsprozess bezeich-
     Leseverhalten von Webnutzern entgegen zu kom-              nen“ [24]. Die Auswahlentscheidung wird durch eine
     men, die Texte mehr scannen denn lesen [8]. Durch          oftmals unbewusste Wahrnehmung der Ergebnisse
     die Integration von vertikalen Ergebnissen hat sich        geprägt und ist zielgerichtet zur Befriedigung eines
     die Ergebnisdarstellung von einer eindimensionalen,        bestimmten Informationsbedürfnisses.
     textuellen zu einer mehrdimensionalen, multimedi-              Für die Informationssuche im Internet wurden
     alen entwickelt [5], was sich nachweisbar auf das          empirische Modelle entwickelt (vgl. [23, 25, 26, 27].
     Blick- und Selektionsverhalten der Nutzer auswirkt [9].    Die Websuche erfolgt demnach weder streng rational
                                                                noch rein heuristisch, sondern spontan und adaptiv,
         2.2 Bestehende Eyetracking-Studien                     um den situativen Selektionsprozess im Sinne der
         zur Ergebnisselektion von Suchmaschi-                  kognitiven Aufnahmefähigkeit angemessen zu ver-
         nennutzern                                             kürzen [26]. Die Nutzer greifen folglich auf Strategien
     Die Eyetracking-Methode wurde 2004 ursprünglich            zurück, um das Auswahlverfahren möglichst ökono-
     von Granka im Kontext von Suchergebnisseiten an-           misch und effizient zu gestalten [27]. Das geschil-
     gewendet [10, 11] und seitdem mehrfach eingesetzt.         derte Suchverhalten resultiert häufig darin, dass die
     Eine vergleichende Überblicksdarstellung der be-           Nutzer der Qualität der Suchmaschine bzw. den er-
     deutendsten Eyetracking-Studien kann [4] entnom-           sten Ergebnissen blind vertrauen und die oberen
     men werden. Das individuelle Blickverhalten und die        Treffer anklicken, selbst wenn die Informationen
     identifizierten Verhaltensmuster hängen nicht nur          nicht relevant sind [28] – ein Paradigma, das Nielsen
     von den konkreten Aufgaben und den Probanden ab,           als „Google Gullibility“ bezeichnet [29]. Schweiger
     sondern auch von den angezeigten Treffern und              begründet die Auswahl der ersten Ergebnisse mit
     „Universal Search“-Einbindungen und können we-             dem „Primacy-Effekt der Linkauswahl“ [30].
     gen der hohen Volatilität der Ergebnisliste deshalb
     heute nur schwer auf ein „F-Schema“ oder „Goldenes             2.4 Soziale Empfehlungen in
     Dreieck“ verallgemeinert werden (identifiziert in              Suchmaschinen
     [12], widerlegt in [13, 14, 15]).                          Aktuelle Suchmaschinen erfüllen nicht nur die Auf-
          Die Ergebnisse der bisherigen Studien stimmen         gabe der Indexierung von Websites, sondern messen
     jedoch darin überein, dass die vorderen Treffer häu-       auch die direkten Bewertungen von Internetseiten
     figer angeklickt und länger fixiert werden (vgl. [11,      durch deren Nutzer. Dieser Bewertungsschritt kann
     16]). Die Studien zeigen außerdem, dass in der Regel       dadurch erfüllt werden, indem ein Nutzer eine
     nicht alle Suchresultate betrachtet und die zweite         Internetseite in einem sozialen Online-Netzwerk mit
     Ergebnisseite nur selten aufgerufen wird. Dies lässt       seinen dortigen Kontakten teilt. Solche Technologien
     auf eine Konditionierung der Suchmaschinennutzer           ermöglichen es, Verbindungen von Menschen in die
     schließen, die höher gelisteten Ergebnissen stärker        Suche einzubeziehen und den individuellen Nutzern
     vertrauen und weitere Elemente vielfach ausblenden         soziale und personalisierte Suchergebnisse zur
     [17]. Ferner unterscheidet sich das Blick- und Klick-      Verfügung zu stellen [28]. Suchmaschinennutzer
     verhalten der Nutzer abhängig von der Suchabsicht          können hierdurch in der Ergebnisliste die von den ei-
     (vgl. [15, 18]), welche sich in informations-, navigati-   genen Kontakten empfohlenen Internetseiten einse-
     ons- oder transaktionsorientiert differenziert [19].       hen und erhalten infolgedessen eine neue Dimension
                                                                der Trefferbewertung über persönliche Informations-
         2.3 Selektionsverhalten auf                            quellen. Bing-Nutzern werden die Empfehlungen der
         Suchergebnisseiten                                     Facebook-Kontakte und Google-Benutzern die per-
     Wie die meisten Entscheidungen werden auch Se-             sönlichen Informationen zu Internetseiten u.a. aus
     lektionsentscheidungen auf Ergebnislisten häufig           Google+ angezeigt [2, 3]. Die persönlichen Empfeh-
     unbewusst und daher nicht elaboriert getroffen [20].       lungen auf den Suchergebnisseiten werden aus
     Dennoch ist die Suche im Internet ein aktiver Aus-         „Gefällt mir“-Aktivitäten bzw. „+1“-Angaben und ge-
     wahlprozess mit ständigen Selektionsentscheidungen         teilten Links der Online-Kontakte gewonnen und set-
Google Eyetracking-Studie                                                                 FACHBEITRÄGE                            47

zen die aktive Verknüpfung der Suchmaschine mit              3.2 Aufgrund welcher Informationen ent-
den sozialen Netzwerken durch den suchenden                  scheiden sich die Nutzer für ein Ergebnis?
Nutzer voraus. Die unterschiedlichen Darstellungen       Die Untersuchung des Einflusses sozialer Empfeh-
der sozialen Empfehlungen bei Bing und Google las-       lungen auf das Selektionsverhalten setzt ein Ver-
sen sich Abb. 1 entnehmen und illustrieren die           ständnis über die generell ausschlaggebenden Attri-
Verknüpfung der fiktiven sozialen Verbindungen mit       bute im Entscheidungsprozess voraus. Eine Hypo-
dem Suchprozess durch die Anzeige des Kontaktes          these ist, dass der Titel als erstes Element eines
und dessen Profilbildes einzeilig unterhalb des          Treffers fixiert wird. Dies stützt sich darauf, Such-
Treffers. Ferner besteht die Personalisierung der        maschinennutzer in bestehenden Untersuchungen
Suche darin, dass die Empfehlungen aus dem sozi-         den Titel besonders auf eine Übereinstimmung mit
alen Umfeld zur Filterung und Neusortierung der          dem Suchwort überprüfen und als wichtigsten Selek-
Ergebnisliste führen können [31, 32].                    tionsgrund bezeichnen (vgl. [12, 13]). Darüberhinaus
     Der Einfluss von Empfehlungen durch vernetzte       wird hypothetisch angenommen, dass die Position ei-
Kontakte auf den Suchergebnisseiten von Bing und         nes Treffers eine dominante Rolle im Entschei-
Google war zum Zeitpunkt der Erhebung kein               dungsprozess spielt, weil Ergebnisse auf den vorde-
Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung.        ren Positionen nicht nur intensiver fixiert, sondern
Muralidharan et al. haben zwischenzeitlich ebenfalls     auch häufiger selektiert werden [35]. Es wird ebenso
mit der Eyetracking-Methodik die sozialen Empfeh-        davon ausgegangen, dass die Bekanntheit eines
lungen untersucht (vgl. [33]). 89% der in dieser         Anbieters ein bedeutender Grund für die Entschei-
Studie angezeigten realen sozialen Empfehlungen          dung ist, was Logfile- und Eyetracking-Analysen de-
wurden durch die n=11 Probanden nicht bemerkt,           monstrieren (vgl. [12, 13, 36]). Außerdem wird ange-
wofür zum einen das angewöhnte Trefferevalua-            nommen, dass die URL eines Treffers besonders dann
tionsverhalten der Nutzer und zum anderen die            als relevanter Entscheidungsgrund bewertet wird,
knappe Darstellung unterhalb der Beschreibung ver-       wenn sie direkt unterhalb des Titels angezeigt wird.
antwortlich gemacht werden. Letzteres konnte in ei-
ner Folgeuntersuchung durch eine Skalierung des              3.3 Haben soziale Empfehlungen auf den
Profilbildes und einer Repositionierung der sozialen         Suchergebnisseiten einen Einfluss auf die
Empfehlung bestätigt werden, da die sozialen                 Relevanzbeurteilung eines Treffers?
Empfehlungen mit einem größeren Profilbild und           Die im Kontext von Suchmaschinen bislang uner-
oberhalb des Beschreibungstextes signifikant häufi-      forschte Frage ist, ob sich die Trefferevaluation und
ger fixiert werden [33]. Bei Google wird seit Sommer     Auswahlentscheidung durch soziale Empfehlungen
2012 das Profilbild des vernetzten Kontaktes nicht       verändert. Zur Beantwortung der dritten Forschungs-
mehr angezeigt, jedoch besteht für Webmaster und         frage sollen folgende Hypothesen falsifiziert werden.
Autoren die Möglichkeit, ein Profilbild neben der        Suchresultate sind aufmerksamkeitsstärker, wenn
Beschreibung anzuzeigen [34].                            für diese soziale Empfehlungen angezeigt werden,
                                                         weil diese gemäß der Aufmerksamkeitsgesetze der
                                                         Dissonanz und Ausnahme von Reizen auffälliger
     3    FORSCHUNGSFRAGEN
                                                         sind [37]. Die Nutzer selegieren einen Treffer häufi-
Die Forschungsfragen und Hypothesen bilden den           ger, wenn für diesen eine soziale Empfehlung ange-
Gesamtkontext der Ergebnisselektion ab, damit die        zeigt wird, da diese eine intensivere Betrachtung er-
Rolle von sozialen Empfehlungen in jenen eingeord-       fahren. Es wird außerdem angenommen, dass soziale
net werden kann.                                         Empfehlungen mit dem „Gefällt mir“-Piktogramm
                                                         von Facebook intensiver fixiert werden als die sozi-    Abb. 1:
     3.1 Wie werden die Suchergebnisse von               alen Empfehlungen von Google. Trotz eines hypothe-
                                                                                                                 Suchergebnisse mit
                                                                                                                 sozialen Empfehlungen
     den Nutzern wahrgenommen?                           tisch angenommenen Unterschiedes bei dem Blick-         bei Google (oben) und
                                                                                                                 Bing (unten) von
Es stellt sich a priori die Frage, wie die Probanden     und Selektionsverhalten wird davon ausgegangen,         August 2011 (vom
die Stimuli betrachten. Ausgehend von Feststellungen     dass die Probanden die sozialen Empfehlungen nicht      Autor nachgebildet)
jüngerer Eyetracking-Studien (vgl. [9, 15]) wird hypo-
thetisch angenommen, dass die Aufmerksamkeits-
verteilung auf den Trefferlisten mit „Universal
Search“-Einblendungen weder ein „F-Schema“ noch
ein „Goldenes Dreieck“ erkennen lassen. Es wird die
Hypothese aufgestellt, dass die ersten drei organi-
schen Resultate intensiver und länger evaluiert wer-
den als alle folgenden Treffer. Letztlich wird ange-
nommen, dass sich das Blickverhalten bei von den
Testpersonen frei gewählten Suchbegriffen zu dem
bei vorgegebenen Suchbegriffen unterscheidet.
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                        explizit als wichtiges Element bei der Ergebnisbe-      Link. Im Anschluss an jede vorgegebene Suchaufgabe
                        urteilung bezeichnen.                                   markieren die Probanden die für den Klick entschei-
                                                                                denden Elemente eines Ergebnisses auf einem Aus-
                                                                                druck der Suchergebnisseite und fassen ihr Auswahl-
                             4      METHODIK
                                                                                verhalten danach in eigenen Worten zusammen.
                        Für die Beantwortung der Forschungsfragen wird in            In der Laborsituation führt die Darstellung von
                        einer empirischen Laboruntersuchung ein leitfaden-      sozialen Ergebnissen zu Herausforderungen. Auf der
                        gestütztes Interview mit n=50 Probanden geführt,        einen Seite sollen sich alle Testpersonen mit jenen
                        das die Eyetracking-Methodik als qualitative Erhe-      Empfehlungen der Freunde identifizieren können
                        bungsmethode der bewussten visuellen Wahrneh-           und auf der anderen Seite müssen die Stimuli ver-
                        mung und Fragebögen beinhaltet. Die hier quantita-      gleichbar sein, weshalb die Empfehlungen für jeden
                        tiv auszuwertende Eyetracking-Untersuchung wird         Probanden bei denselben Treffern angezeigt werden
                        somit durch Posttest-Befragungen um qualitative         müssen. Die Problematik wird darüber gelöst, dass
                        Nutzeraussagen ergänzt. Durch diesen Methodenmix        ein fiktiver Freund die Empfehlung ausspricht, in-
                        sind detaillierte Analysen des Suchverhaltens und       dem die Standard-Ansicht von Google siehe Abb. 1
                        der „Psychologie von Suchmaschinennutzern bei ih-       durch „Ihr Freund“ ergänzt wird. Durch diese Mo-
                        rer Recherche“ [38] möglich. Zudem ermöglicht die       difikation werden die getesteten Suchergebnisseiten
                        Blickregistrierung, solche Bereiche auf einer Such-     der vorgegebenen Suchanfragen nicht in der Live-
                        ergebnisseite zu identifizieren, die von den Nutzern    Umgebung von Google getestet, sondern auf einem
                        vor der Auswahl eines Treffers wahrgenommen wer-        Replikat der Ergebnisseite, um ebenso gegen Ver-
                        den [11]. Die n=50 Probanden werden in zwei gleich      änderungen der Trefferpositionierung und -darstel-
                        große Gruppen aufgeteilt, die als Test- und Kontroll-   lung geschützt zu sein und die für die Auswertung
                        gruppe mit leicht abweichenden Stimuli fungieren.       essenzielle Vergleichbarkeit der individuellen Blick-
                        Die Testpersonen erhalten neun vorgegebene Such-        daten sicherzustellen.
                        aufgaben aus einem typischen Suchszenario mit                Für die Untersuchung werden Testpersonen zwi-
                        mehreren aufeinanderfolgenden Suchanfragen (vgl.        schen 16 und 59 Jahren rekrutiert und im Juli 2011
                        Tab. 1). Bei der ersten Suchaufgabe können die Test-    einstündig in Hamburg interviewt. Das arithmeti-
 Tab. 1:                personen zwei Suchbegriffe beliebig wählen, um          sche Mittel des Alters liegt bei 32,82 Jahren mit einer
 Suchaufgaben und       sich an die Testsituation zu gewöhnen. Eine Such-       Standardabweichung von s=10,52 Jahren. Die Stich-
 Eigenschaften grup-
 penspezifischer        aufgabe beschreibt den Prozess von der Eingabe des      probe besteht aus 27 weiblichen und 23 männlichen
 Stimuli                Suchbegriffes bei Google.de bis zum Klick auf einen     Testpersonen.

                       Suchbegriff            Suchabsicht              Stimulus Gruppe A                Stimulus Gruppe B

  Aufg. 1                        frei gewählt durch Testperson                           Live-Umgebung Google.de
                                                                                         (ohne Gruppeneinteilung)
  Aufg.2               indienreise            informationsorientiert   Standard-                        siehe Gruppe A +
                                                                       Suchergebnisseite                soziale Empfehlung
  Aufg.3               indien botschaft       navigationsorientiert    Standard-                        siehe Gruppe A +
                                                                       Suchergebnisseite                soziale Empfehlung
  Aufg.4               malarone kaufen        transaktionsorientiert   Standard-                        siehe Gruppe A +
                                                                       Suchergebnisseite                soziale Empfehlung
  Aufg.5               apotheke in            lokalorientiert          lokale Ergebnisse in Listen-     siehe Gruppe A +
                       hamburg                                         darstellung                      soziale Empfehlung
  Aufg.6               apotheke in            lokalorientiert          lokale Ergebnisse                siehe Gruppe A +
                       hamburg altona                                  integriert in org.               soziale Empfehlung
  Aufg.7               flugkosten             informationsorientiert   URL über                         URL unter
                       indien                                          Beschreibung                     Beschreibung
  Aufg.8               flugsupermarkt         navigationsorientiert    URL über                         URL unter
                                                                       Beschreibung                     Beschreibung
  Aufg.9               indien                 transaktionsorientiert   URL über                         URL unter
                       reiseführer                                     Beschreibung                     Beschreibung
  Aufg.10              indische musik         transaktionsorientiert   soziale Empfehlung               soziale Empfehlung
                       download                                        (Google-Ansicht)                 (Bing-Ansicht)
Google Eyetracking-Studie                                                                    FACHBEITRÄGE            49

     5    ERGEBNISSE                                          5.2 Entscheidungsgründe für selektierte
     5.1 Wahrnehmung der Suchergebnisseiten                   Ergebnisse

Das goldene Dreieck und das F-Schema lassen               Der Titel wird als erstes Element eines Treffers
sich bei Suchergebnisseiten mit vertikalen                fixiert und entscheidet damit über die weitere
Ergebnissen nicht identifizieren                          Evaluierung des Ergebnisses
    Die Interpretation der Heatmaps von den Auf-          Wie hypothetisch vermutet, wird der Titel eines
gaben mit vertikalen Ergebnissen belegt, dass ein         Treffers mehrheitlich als erstes Element betrachtet:
„Goldenes Dreieck“ für „Universal Search“-Sucher-         Bei sechs von zehn Ergebnissen wird der Titel als er-
gebnisseiten nicht existiert, da die Blicke der Nutzer    stes Element fixiert. In der Nachbesprechung werden
sehr verteilt und nur punktuell auf gemeinsame            die Testpersonen befragt, wie wichtig ihnen vorgege-
Bereiche gerichtet sind. Die Blickdaten vergegenwär-      bene Ergebnisattribute auf einer Likert-Skala von 1
tigen außerdem, dass die Nutzer unter Einblendung         (unwichtig) bis 5 (sehr wichtig) sind. Der Titel ist für
vertikaler Treffer heterogene Strategien zur Ergeb-       die Probanden mit einem Wert von 4,22 und der im
nisevaluation entwickeln, die sich u.a. in einer unter-   Vergleich zu anderen Attributen geringsten Stan-
schiedlichen, nonlinearen Reihenfolge der Ergeb-          dardabweichung das wichtigste Element innerhalb
nisbetrachtung ausdrücken. Die Beobachtung der            des Treffers. Dies bekräftigt die oben formulierte
Blickbewegungen in Kombination mit den Auswer-            Annahme, dass die Nutzer den Titel eines Ergebnisses
tungen der Fixationsdaten bestätigt neben der nicht       betrachten und anhand dessen Pertinenz entschei-
vorhandenen Existenz des „Goldenen Dreiecks“ des-         den, die Evaluation des Treffers fortzusetzen oder zu
halb auch das Nichtvorhandensein des „F-Schemas“.         einem anderen Treffer auf der Liste zu springen. Die
                                                          Dominanz des Titels bestätigt sich bei den Angaben
Die ersten drei organischen Ergebnisse werden             zu den Klickgründen noch eindeutiger: Der Inhalt
intensiver und länger evaluiert als alle folgen-          des Titels ist zu einem Anteil von 36,18% von allen
den Treffer                                               angegebenen Elementen der genannte bzw. mar-
Die Untersuchungsergebnisse der Fixationsdaten            kierte Selektionsgrund und wird damit häufiger an-
von 336 Aufzeichnungen bestätigen das hypotheti-          geführt als die Beschreibung und URL zusammen.
sche Verhältnis der Blicke auf die ersten drei und fol-
genden Treffer: Die organischen Ergebnisse auf den        Die Position eines Ergebnisses spielt eine wich-
ersten drei Positionen erhalten in der Summe durch-       tige Rolle im Entscheidungsprozess
schnittlich 22,99 gegenüber 15,78 Fixationen auf alle     In der Nachbesprechung wird abgefragt, wie sehr die
weiteren Treffer. Die Suchdauer der organischen           Testpersonen der Aussage, die oberen Ergebnisse
Ergebnisse 1 bis 3 beträgt durchschnittlich 7,71          seien wichtiger als die unteren, auf einem Intervall
Sekunden und ist damit 2,13 Sekunden länger als die       von 1 (Ich stimme gar nicht zu) bis 5 (Ich stimme voll
summierte Fixationsdauer der übrigen organischen          zu) bejahen. Durchschnittlich geben die 50 Testper-
Resultate. An den Ergebnissen lässt sich zum einen        sonen den Wert 3,38 mit s=1,28 an und immerhin ein
festmachen, dass die ersten Treffer elaborierter gele-    Fünftel der Befragten stimmt der obigen Aussage voll
sen werden als die anderen, was sich an der linearen      zu. Das Attribut Position hat bei den Nutzeraussagen
Abnahme der Fixationshäufigkeit und -dauer wider-         über die Selektionsgründe mit insgesamt 49 Nennun-
spiegelt. Zum anderen ist die Scrollaktivität von         gen bei allen neun vorgegebenen Suchaufgaben nur
50,89% der Probanden für die geringen Fixationswerte      einen Anteil an den Gesamtnennungen von 5,57%,
der unteren Hälfte der Trefferliste verantwortlich.       was auf eine mangelnde Reflexionsfähigkeit der
                                                          Probanden bezüglich der beeinflussenden Attribute
Das Blickverhalten bei frei gewählten                     zurückzuführen ist. In der auf die ersten Treffer fo-
Suchbegriffen unterscheidet sich zu dem bei               kussierte Ergebniswahrnehmung und den berechne-
vorgegebenen Suchbegriffen                                ten Klickraten kommt hingegen deutlich zur Sprache,
Der Vergleich des Scrollverhaltens von 38% bei den        dass der Rankingeinfluss eines Resultates wichtiger
freien Suchaufgaben im Vergleich zu 50,89% bei den        ist als es die Nutzernennungen repräsentieren. Die
Aufgaben 2 bis 10 und die Gegenüberstellung der           in Abb. 2 aggregierten Klickraten der Treffer von
Blickbewegungen mit einer Konzentration der Fixa-         neun Suchaufgaben mit jeweils n=50 Probanden zei-
tionen auf den obersten Ergebnissen bei freien Su-        gen, dass bei allen vorgegebenen Suchaufgaben zu
chen zeigen, dass die Testpersonen die Ergebnisseite      24% das erste organische Ergebnis ausgewählt und
bei vorgegebenen Suchtermen wie angenommen be-            das zweite organische Resultat am zweithäufigsten
dachter evaluieren. Die Suche nach selbst gewählten       selektiert wird (in Abb. 2 haben die Top-Anzeige
Suchwörtern kommt dem natürlichen Suchverhalten           Position 2 und die organische Position 5 ungewöhn-
somit näher als die Bearbeitung von vorgelegten           lich hohe Klickraten, weil Amazon bei der transakti-
Suchbegriffen.                                            onsorientierten Aufgabe 9 jene beiden Positionen be-
50                     FACHBEITRÄGE                                                                                      info 7 2|2012

                       legt). Aus dem Zusammenhang zwischen der hohen           merkt haben oder trotzdem bewusst zu Amazon navi-
                       Betrachtungsintensität und den Klickraten für die er-    giert sind, um anschließend die dortige interne
                       sten Ergebnissen lässt sich folgern, dass die Test-      Suche zu nutzen. Der Anteil der Bekanntheit einer
                       personen der Ergebnispositionierung der Suchma-          Seite als Grund für die Selektion beträgt 12,97% an
                       schinen vertrauen und die ersten Resultate bevor-        den Gesamtnennungen bei allen Suchaufgaben und
 Abb. 2:               zugt evaluieren sowie bei Erreichen eines gewissen       ist somit nach den Inhalten aus Titel, Beschreibung
 Durchschnittliche     Schwellenwertes im Anspruchsniveau ein Treffer se-       und URL der am häufigsten genannte Klickgrund. In
 Klickverteilung für
 Top-Anzeigen und      lektiert wird, ohne die weiteren Optionen zu beach-      der Nachbesprechung geben die 50 Testpersonen die
 organische            ten (sog. „Stopp-Regel“ [30]).                           Wichtigkeit der Bekanntheit einer Seite auf einer
 Ergebnisse
                                                                                Skala von 1 (unwichtig) bis 5 (sehr wichtig) durch-
                                                                                schnittlich mit 3,6 (s=0,94) und somit als wichtiger
                                                                                als den Inhalt der Beschreibung an.

                                                                                Die URL eines Ergebnisses wird eher als rele-
                                                                                vanter Entscheidungsgrund bewertet, wenn sie
                                                                                direkt unterhalb des Titels angezeigt wird
                                                                                Wie hypothetisch beschrieben, wird die URL mit ei-
                                                                                nem Unterschied von durchschnittlich 10,74% tat-
                                                                                sächlich häufiger als Klickgrund bezeichnet, wenn
                                                                                sie oberhalb der Beschreibung angezeigt wird. Da
                                                                                der Titel von beiden Gruppen am Häufigsten ange-
                                                                                führt wird und die Probanden aus Gruppe B die
                                                                                Beschreibung doppelt so häufig als Klickgrund nen-
                                                                                nen wie Gruppe A, zeigt sich, dass je weiter oben ein
                                                                                Element innerhalb eines Treffers platziert ist, desto
                                                                                einflussreicher wirkt es sich auf den Selektionspro-
                                                                                zess aus und desto häufiger wird es als Entschei-
                                                                                dungsgrund genannt. Spannend sind die weiteren
                                                                                Auswirkungen der URL-Verschiebung auf das Such-
                                                                                verhalten: Die durchschnittliche Suchdauer ist bei
                                                                                der Variante mit der URL unterhalb der Beschreibung
                                                                                mit einer Abweichung von durchschnittlich 18% sig-
                                                                                nifikant kürzer. Aus einer kürzeren Suchdauer lässt
                                                                                sich schließen, dass die Testpersonen die Aufgaben
                                                                                leichter lösen können und relevante Informationen
 Abb. 3:
 Unterschiedliche
                       Die Bekanntheit des Anbieters ist ein signifi-           eher finden.
 Interaktion bei       kanter Grund für die Entscheidung
 Ergebnissen mit und
 ohne sozialer         Die Fixationshäufigkeit nimmt bei der Ergebnisliste          5.3 Einfluss sozialer Empfehlungen auf
 Empfehlung            von Aufgabe 9 mit zwei Amazon-Treffern nicht von             die Relevanzbeurteilung
                       oben nach unten linear ab, sondern steigt bei dem or-
                       ganischen Amazon-Ergebnis auf Position 5 um knapp        Suchresultate sind aufmerksamkeitsstärker, wenn
                       67% gegenüber dem darüber stehenden Treffer an.          für diese soziale Empfehlungen angezeigt werden
                       Mit einem Anteil von 7,64% an den Gesamtfixationen       Für die Auswertung der ersten Annahme der zentra-
                       wird das fünfte organische Ergebnis fast so häufig fi-   len Forschungsfrage werden nur solche Suchaufga-
                       xiert, wie das zweite organische Ergebnis. Die           ben betrachtet, bei denen mehr als eine Testperson
                       Amazon-Ergebnisse werden nicht nur intensiv gele-        die soziale Empfehlung fixiert hat, da der Vergleich
                       sen, sondern im Vergleich zu den weiteren Treffern       zwischen den Gruppen ansonsten verzerrend auf die
                       wesentlich häufiger ausgewählt. Die Top-Anzeige          Durchschnittswerte wirkt. Die Suchtreffer mit sozi-
                       wird von 30% der Probanden selektiert und das orga-      alen Empfehlungen werden im Vergleich zu den glei-
                       nische Amazon-Resultat von 22%. Damit werden die         chen Treffern ohne Empfehlung von 13,91% mehr
                       beiden Amazon-Ergebnisse addiert von mehr als je-        Nutzern wahrgenommen sowie 37,48% häufiger,
                       der zweiten Testperson ausgewählt und erhalten           40,79% länger und 14,31% schneller fixiert.
                       trotz weiterer national bekannter Markenseiten je-            Trotz dass die Kontaktwahrscheinlichkeit der so-
                       weils mehr Klicks als jedes andere Ergebnis. Bemer-      zialen Empfehlungen als Element innerhalb eines
                       kenswert an der Klickrate der Amazon-Anzeige ist,        Treffers durchschnittlich nur bei 38,32% liegt, sind
                       dass die intendierte Suche nach einem Reiseführer        die in Abb. 3 dargestellten Unterschiede deutlich.
                       nicht bedient wird und die Nutzer dies nach eigenen      Suchergebnisse erhalten durch soziale Empfehlungen
                       Aussagen entweder während der Suche nicht ge-            eine Ausnahmerolle, die von den Testpersonen mit-
Google Eyetracking-Studie                                                                   FACHBEITRÄGE            51

unter auch peripher und damit nicht sichtbar für den     Klickgründe ausmachen. Der durchschnittliche An-
Eyetracker wahrgenommen werden.                          teil an allen Klickgründen für sämtliche Aufgaben, bei
                                                         denen soziale Empfehlungen angezeigt werden, be-
Wenn soziale Empfehlungen bei einem                      trägt nur 2,69%, was in einem Widerspruch zu den
Suchergebnis angezeigt werden, selegieren die            oben identifizierten Einflüssen von sozialen Empfeh-
Nutzer diesen Treffer häufiger                           lungen auf das Selektionsverhalten steht. Demnach wird
Durchschnittlich werden die Resultate mit Empfeh-        festgestellt, dass die Nutzer – obwohl zum Teil durch
lung eines fiktiven Freundes in der Untersuchung zu      soziale Empfehlungen unterbewusst beeinflusst – in der
9,33% häufiger gegenüber dem Ergebnis ohne Zusatz        Regel nicht artikulieren können, dass ein Ergebnis
ausgewählt. Die Unterschiede fallen jedoch offen-        durch die Empfehlung eines (fiktiven) Freundes per-
sichtlicher aus, wenn die soziale Empfehlung ober-       tinenter wird. Nach eigenen Aussagen vertrauen die
halb der Grenze für den sichtbaren Bereich angezeigt     Testpersonen sozialen Empfehlungen am ehesten bei
wird und dadurch eine hohe Kontaktwahrschein-            der Recherche von günstigen und kurzfristigen Pro-
lichkeit aufweist. Die Unterschiede bei den zutreffen-   dukten, weil sie sich bei teuren Investitionen ein ei-
den Aufgaben von 66,67% (Aufgabe 2; 1. organische        genständiges Urteil bilden wollen. Das Vertrauen in
Position) bzw. 80% (Aufgabe 5; 2. organische Position)   soziale Empfehlungen ist a priori sehr von der such-
gegenüber Gruppe A zeigen, dass die Treffer mit          kontextbezogenen Expertise des Freundes abhängig.
Empfehlungen deutlich mehr Klicks erhalten. Dies
bekräftigt erneut die Wichtigkeit des Attributes
                                                             6    DISKUSSION UND FAZIT
Position.
    Es kann angenommen werden, dass die Ergeb-           Die Ergebnisse der Untersuchung attestieren den so-
nisse mit sozialen Empfehlungen in der realen Suche      zialen Empfehlungen einen messbaren Einfluss auf
mit echten Freunden eine weitaus stärkere Unter-         das Selektions- und Blickverhalten, da Resultate mit
stützung für die Nutzer darstellen und solche Treffer    Empfehlungen von vernetzten Freunden häufiger
aufgrund einer gesteigerten Pertinenz häufiger se-       ausgewählt und länger sowie frühzeitiger betrachtet
lektiert werden.                                         werden als die gleichen Treffer ohne Empfehlung.
                                                         Allerdings profitiert ein Treffer nicht generell von ei-
Soziale Empfehlungen mit dem „Gefällt mir“-              ner sozialen Empfehlung, denn der Einfluss der
Piktogramm von Facebook werden intensiver fi-            Empfehlungen ist abhängig von weiteren Ergebnis-
xiert als die sozialen Empfehlungen von Google           attributen wie einem dem Suchbedürfnis entspre-
Die Kontaktwahrscheinlichkeit der Empfehlung bei         chenden Titel sowie der Position im initial sichtbaren
Aufgabe 10 im Bing-Gewand liegt knapp 13% unter-         Bereich und spielt daher eine sekundäre Rolle im
halb des Anteiles von Testpersonen aus Gruppe A,         Gesamtkontext der Suchsituation.
welche die Empfehlung mit der Standard-Google-                Da die Wahrnehmung der „Universal Search“-
Darstellung fixiert haben. Allerdings wird die soziale   Suchergebnisseiten als heterogen charakterisiert wird,
Empfehlung bei Gruppe B durchschnittlich häufiger        kann angenommen werden, dass ein Ergebnis mit ei-
(26,51%), länger (17,24%) und 0,54 Sekunden früher       ner sozialen Empfehlung selbst bei einer vorderen
betrachtet. Darüberhinaus wird bei Aufgabe 10 das        Platzierung nicht von allen Nutzern betrachtet wird.
Ergebnis mit dem Facebook-Daumen mit einem               Die Identifikation der Klickgründe und Klickkurven
Unterschied von 72,82% häufiger und 80,89% länger        ergibt, dass die Ergebnisposition das größte Gewicht
fixiert als die Google-Darstellung. Außerdem wird        im Entscheidungsprozess hat. Das Attribut Position
dieser Treffer von Gruppe B drei Mal so oft selektiert   verliert jedoch an Dominanz, wenn bekannte Mar-
wie von Gruppe A. Die deutlichen Unterschiede las-       kenseiten auf der Suchergebnisseite angezeigt wer-
sen sich auf die hohe Popularität von Facebook zu-       den. Es wird weiterhin festgestellt, dass soziale Em-
rückführen (32% der Testpersonen kennen den „+1“-        pfehlungen von den Nutzern nur als mittelmäßig
Button, 88% das „Gefällt mir“-Pendant von Facebook).     wichtig bewertet werden. Der Titel und die URL eines
                                                         Ergebnisses erhalten eine höhere Bewertung und müs-
Die Nutzer nennen die sozialen Empfehlungen nicht        sen zunächst das Anspruchsniveau der Suchenden
explizit als wichtig im Ergebnisbeurteilungsprozess      erfüllen. Die Probanden vertrauen den Empfehlungen
Die Testpersonen bewerten die Wichtigkeit der Em-        mehrheitlich bei günstigen und kurzfristigen Pro-
pfehlungen auf einer Skala von 1 (Ich stimme gar nicht   dukten und machen den Einfluss sozialer Empfeh-
zu) bis 5 (Ich stimme voll zu) im Durchschnitt eher      lungen auf die Selektionsentscheidung grundsätz-
mittelmäßig mit 2,82. Ebenso bezeichnen die Proban-      lich von dem empfehlenden Kontakt abhängig.
den die sozialen Empfehlungen mit 3,1 nur als be-             Mutmaßlich finden die sozialen Ergebnisse in
dingt hilfreich. Anhand des Anteiles an den gesam-       dieser Studie weniger Beachtung als bei der tatsäch-
ten Angaben von Klickgründen lässt sich ablesen,         lichen Suche mit realen Freunden. Hierfür werden
dass die sozialen Empfehlungen bei keiner Such-          zum einen die fiktiven Freunde auf den Stimuli und
aufgabe mehr als 10% der insgesamt angegebenen           zum anderen die geringe Erfahrung mit sozialen
52                       FACHBEITRÄGE                                                                                                                         info 7 2|2012

                         Empfehlungen seitens der Testpersonen zum Zeit-                             den auf das Selektionsverhalten von Testpersonen
                         punkt der Durchführung verantwortlich gemacht.                              messen (vgl. [33]) und zudem mögliche Unterschiede
                         Zudem sind unnatürliche Effekte durch die Labor-                            abhängig von der Güte der Freundschaft untersu-
                         situation denkbar, sodass die Testpersonen entweder                         chen. Außerdem könnte die Stichprobe in Experten-
                         mehr Informationen in den Suchprozess einbeziehen                           und Laiennutzer separiert und auf Abweichungen im
                         als alltäglich [39] oder mangels ausreichender Iden-                        Umgang mit sozialen Empfehlungen analysiert wer-
                         tifikation mit dem Suchszenario unmotiviert sind [24].                      den. Die Ergebnisse dieser Studie eigenen sich au-
                              Da Suchmaschinen zum Alltag eines Internet-                            ßerdem als Grundlage für ähnliche Untersuchungen
                         nutzers gehören und ständig angepasst werden oder                           der Autoren- bzw. Webmasterprofilbilder auf verein-
                         zukünftig möglichweise ganz anders aussehen als                             zelt sichtbaren Suchergebnisseiten von Google sowie
                         heute, sind eine kontinuierliche Erforschung des                            für sich ändernde Evaluationsstrategien ausgelöst
                         Nutzerverhaltens und Folgestudien nötig. Eine quali-                        durch eine stark personalisierte Suche wie den
                         tative Studie könnte den Einfluss von realen Freun-                         „Search, plus Your World“-Ansatz von Google [40].

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         Marketing des Bundesverbandes Digitale                       und Rezeption im WWW. In: Wirth, Werner;
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