Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film

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Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film
Die filmische Darstellung von Sport im
pädagogischen Kontext anhand ausgewählter
Beispiele im Genre Surf-Film

                      DIPLOMARBEIT

  zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der
                     Naturwissenschaften

            an der Karl-Franzens-Universität Graz

                        Vorgelegt von
                      FELIX PASCHKE
             am Institut für Sportwissenschaften

               Begutachter: Mag. Dr. phil. Gerald Payer
                             Graz, 2021!
Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film
Eidesstattliche Erklärung

Ich, Felix Paschke, erkläre eidesstattlich, dass ich die eingereichte Diplomarbeit
selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine
anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die Arbeit wurde bisher in
gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen
Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende
Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Graz, am    19.8.2021                                    ______________________
                                                                Felix Paschke
Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film
Kurzfassung

Die vorgelegte Arbeit befasst sich mit dem Medium Film und seinem Verhältnis zu Sport. Diese
beiden Kulturphänomene bilden prägende Faktoren in der Gesellschaft, ihrer Entwicklung und der
gesellschaftlichen Repräsentation, daher lohnt es sich, ihre gemeinsamen Schnittmengen genauer zu
analysieren. Die Arbeit versteht sich dabei sowohl als eine Bestandsaufnahme und Analyse der
Sportdarstellungen im Massenmedium Film, als auch als eine aufschlussreiche Abhandlung über
das Potential, das der Sportfilm im gesamtgesellschaftlichen, sowie im schulischen Kontext haben
kann. Aus pädagogischer Sicht beschäftigt sich die Diplomarbeit damit, welche Funktionen die
Sportdarstellungen in verschiedenen Sportfilmen übernimmt. Um die schier unendliche Weite des
Sportfilms als künstlerisches Feld auf das wesentliche zu fokussieren, beschränkt sich die Arbeit
hierbei auf ein bestimmtes, wenn auch recht großes Genre. Der Surffilm. Der Surffilm eignet sich
deshalb so gut analysiert zu werden, da er zum einen filmhistorisch besondere Relevanz hat, zum
anderen, weil der Surffilm nicht nur Sport, sondern auch (Sub-)Kultur darstellt. Die Diplomarbeit
beschäftigt sich also im analytischen Teil mit fünf Surffilmen, welche ein besonders breites
Spektrum der Sportdarstellung abbilden soll. Der Kontakt mit Kulturdarstellungen im Film und der
Repräsentation der Gesellschaft ist ein weitreichendes und spannendes Thema bei der
pädagogischen Auseinandersetzung mit der Kunst.
Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film
Abstract

This diploma thesis deals with the medium of film and its relation to sports. These two cultural
phenomenons form characterizing factors of society, its development, as well as the representation
of it. Consequently it is worthwhile to analyze common intersections of the two phenomena sport
and film. This thesis regards itself as a scientific overview and analysis of sport realted
representation in films, as well as an insightful discourse of the potential of the sport film, regarding
societal and pedagogic contexts. From a pedagogical point of view, this thesis concentrates on
diverse functions, which the visualization of sports undertaken in various movies. To focus on the
most substantial aspects of the vast area of sport films in an artistic sense, this paper was
concentrated to one specific Subgenre: The Surffilm. The Surf film is particularly suitable for an
analysis, because of its high relevance in filmhistoric terms, as well as because of the fact, that it not
only portrays surfing as a sport, but also as a subcultural phenomenon. In the analytic part of this
thesis, five films were selected which portray a very diverse image of sports. The contact with
cultural imagery in films and the representation of a society is a very wide area and highly exciting
in a pedagogic discussion of the arts.
Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film
Vorwort

Verbindungsstück.
Das Thema, das ich für meine Diplomarbeit, für meinen Abschluss an der Universität und meines
Studiums ausgewählt habe, ist Verbindungsstück zu meiner Person. Die Wahl des Themas ist
nämlich aus vielerlei Hinsicht sehr persönlich. Ich habe in meiner gesamten Studienzeit stets
versucht, meine Liebe zur Kunst mit meiner Liebe zum Sport und mit der Wissenschaft zu vereinen.
Als Abschluss dieses Versuchs einer Vereinigung ist diese Diplomarbeit zu verstehen. Ein
Bindeglied zwischen Leidenschaft, Wissenschaft und Sport, in gewisser Weise auch zwischen
meiner Person und meinem Studium. Sie halten also in diesen Momenten einen Teil meiner
Persönlichkeit in den Händen. Einen Teil meiner selbst. Dabei ist es auch wichtig zu verstehen, dass
die Faszination Film einen Gutteil meines Lebens und auch meiner Studienzeit ausgemacht hat.
Selbst als Filmschaffender tätig, war es mir ein besonderes Anliegen nicht nur meine Leidenschaft
für den Film in eine Abschlussarbeit einfließen zu lassen, sondern in diesem Rahmen auch die
Möglichkeit zu bekommen, mich in diesem Bereich weiterzuentwickeln und zu lernen. Die
Möglichkeit, diese Leidenschaft mit der Sportbegeisterung und dem Surfen zu vereinen, stellt dabei
einen weiteren wichtigen Verbindungspunkt dar. Zu guter Letzt ist diese Abschlussarbeit aber vor
allem eines: ein Ausblick in meine Zukunft. Als Lehrer in den Fächern Sport und Deutsch ist diese
Diplomarbeit wohl auch zukunftsweisend für meinen Lehrberuf. Auch hier erkennt man unschwer
die Verbindung zwischen den beiden Fächern. Die Erkenntnisse der Arbeit werden mich wohl
einige Jahre begleiten und bieten einiges Potential meine Leidenschaft für die Kunst und für den
Sport an junge Menschen weiterzugeben.!
Die filmische Darstellung von Sport im pädagogischen Kontext anhand ausgewählter Beispiele im Genre Surf-Film
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung                                                          9

2 Grundbegriffe der Filmanalyse                                      11
    2.1 Filmgeschichtlicher Überblick                                12

    2.2 Filmtheoretische Grundbegriffe                               16

        2.2.1 Filmsprache                                            17

        2.2.2 Filmischer Raum, filmische Zeit, Schnitt und Montage   18

        2.2.3 Filmische Dramaturgie                                  19

3 Film in der Schule                                                 22
    3.1 Film als Literatur                                           24

    3.2 Film im Fremdsprachenunterricht                              26

    3.3 Historische und politische Dimensionen des Spielfilms        27

    3.4 Der Dokumentarfilm                                           28

    3.5 Film als fächerübergreifender Gegenstand - Handlungsfeld Film29

4 Die Darstellung von Sport im Film                                  31
    4.1 Wissenschaftlicher Status quo                                31

    4.2 Genre: Sportfilm                                             33

    4.3 Die Darstellung und Funktion von Sport im Film               35

        4.3.1 Sport und soziale Identität                            37

        4.3.2 Sport und politisch-nationale Identität                44

        4.3.3 Sport und soziale Mobilität                            47

        4.3.3 Sportkritik im Film                                    50
4.4 Pädagogisches Potential des Sportfilms       52

5 Der Surffilm                                       54
    5.1 Genre Surffilm                               54

    5.1 Surfen auf der Leinwand                      56

        5.1.1 Das Image des Surfergirls              57

        5.1.2 White-Boy-Sport Surfen                 58

        5.1.3 Surfing USA - Surfen und Musik         59

6 Analyse ausgewählter Beispiele im Genre Surffilm   61
    6.1 Zur Auswahl der Filme                        61

    6.2 The Endless Summer                           62

        6.2.1 Inhalt                                 62

        6.2.2 Analyse                                64

    6.3 Point Break                                  67

        6.3.1 Plot                                   67

        6.3.2 Analyse                                69

    6.4 Blue Crush                                   72

        6.4.1 Plot                                   72

        6.4.2 Analyse                                74

    6.5 Riding Giants                                77

        6.5.1 Inhalt                                 77

        6.5.2 Analyse                                79

    6.6 Surf’s Up                                    81

        6.6.1 Plot                                   81

        6.6.2 Analyse                                83
7 Conclusio               86

8 Literaturverzeichnis    88

9 Abbildungsverzeichnis   93

Filmographie              94
1       Einleitung

Sport und Film. Zwei Kulturphänomene, welche auf den schnellen, ersten Blick nur wenig gemein
haben. Bei näherer Betrachtung stellt man allerdings schnell fest, dass die beiden Kulturformen
mehr verbindet als ein paar Hollywoodblockbuster mit boxenden Männern. Nicht nur deshalb
konzentriert sich die vorgelegte Arbeit auf ein anderes Subgenre des Sportfilms als dem Boxfilm,
dem Surffilm. Mit dieser Diplomarbeit soll ein Überblick geschaffen werden, über die
Überschneidungen, die der Sport und der Film teilen, sowie die Darstellungsformen und
-funktionen des Sports im Film beleuchten. Dabei soll auch die pädagogische Relevanz des Films
hervorgehoben werden und mittels Beispielen untermalt werden.

Um dies zu gewährleisten, wird im ersten Teil ein theoretischer Grundstein gelegt. Um sportliche
Dimensionen des Sports im Film analysieren zu können, müssen zunächst einige Grundbegriffe
geklärt, sowie ein historischer Kontext geschaffen werden. Der erste Teil des Kapitels gibt einen
groben Überblick über die Entwicklung des Films aus zeitgeschichtlicher Sicht. Bereits hier wird
ein besonderes Augenmerk auf den Sportfilm, besonders dem Surffilm-Genre, gelegt. Im zweiten
Teil des Kapitels werden filmtheoretische Grundbegriffe angerissen. Dabei werden drei
Dimensionen konzentriert dargestellt. Filmsprache, filmische Zeit und Raum, sowie
dramaturgisches Konzept und Schema von Filmen allgemein.

Im nächsten Kapitel wird der Film in einen pädagogischen Kontext gestellt. Hierbei werden die
scheinbar unendlichen Möglichkeiten Film als bildendes Mittel zu nutzen aufgezeigt. Es soll dabei
die Bandbreite der Fächer gezeigt werden, die sich das Unterrichtsmaterial Film zu Nutze machen
können. Über Literatur-, und Fremdsprachenunterricht, bis hin zu bildnerischer, geschichtlicher und
politischer Bildung. Ein Begriff, der als zentrales Thema im pädagogischen Kontext der Arbeit
gesehen werden kann, ist dabei das Handlungsfeld Film, welches im letzten Unterkapitel behandelt
wird.

In Kapitel 4 widmet sich die Arbeit dem Kernthema Sportdarstellungen. Dabei soll aufgezeigt
werden, auf welchen Ebenen sich die Darstellung von Sport im Film bewegt und welche
Funktionen der Sport hierbei übernimmt. Der Fokus liegt hier auf Filmen, die als echte Sportfilme
gewertet werden können. Wie diese definiert werden, ist natürlich zuerst zu klären. Die
Themenbereiche, die der Sport behandelt, wurden in 4 Kategorien aufgeteilt. Soziale Identität,
soziale Mobilität, nationale Identität und Sportkritik. Auch die pädagogische Relevanz des
Sportfilms soll an dieser Stelle nochmal hervorgehoben werden.

Um einen noch tieferen Einblick in die Thematik zu gewährleisten, folgt im fünften Kapitel eine
genauere Analyse des Subgenres Surffilm mit seinen Themen, die behandelt werden. Der
Hauptgesichtspunkt liegt hier vor allem auf sozialen Themen, die im Surffilm relevant sind, aber
auch künstlerische Dimensionen wie die Musik werden behandelt.

Zuletzt, sozusagen als praktischer oder analytischer Teil der Arbeit, werden im letzten Kapitel
einzelne Beispiele im Genre Surffilm analysiert. Hierzu wurden insgesamt fünf Filme
verschiedenster Machart ausgewählt. Die Auswahl der Filme soll vor allem die Bandbreite des
Genres aufzeigen. In einer (Surf-)Reise bewegen wir uns vom Kultfilm des 1960er Jahre The
Endless Summer, über den Krimi Point Break, das Surfergirl-Drama Blue Crush und den
Dokumentarfilm Riding Giants, hin zu den animierten Stränden des Pinguinfilms Surf’s Up.

Diese Diplomarbeit versteht sich als Überblick. Als Überblick über die weitläufige und in alle
möglichen Richtungen verzweigte Kunst und Kulturform Film. Es soll der Frage nachgegangen
werden, wie diese wahrscheinlich größte aller Kunstformen, sinnvoll und auch sinnstiftend genutzt
werden kann. Wie aus einem Kulturphänomen ein Bildungsgegenstand werden kann. Oder ob und
wie sich Unterhaltung und Bildung miteinander verbinden lässt.
2      Grundbegriffe der Filmanalyse

Bevor man sich der Umsetzung verschiedenster Genres, der pädagogischen Relevanz von Filmen
oder der Funktion diverser filmischer Elemente widmet, ist es wohl sinnvoll, sich einen Überblick
über den Werdegang des wahrscheinlich größten Zweiges der Unterhaltungskunst zu verschaffen.
Dabei tun sich schon zu Beginn Fragen auf, die, ähnlich der Literaturwissenschaft, sehr stark mit
Definitionen zusammenhängen. Was ist denn eigentlich ein Film? Wie wird ein Film definiert, ab
wann spricht man bei der Kunst, Bilder aneinandergereiht darzustellen von einem Film? Schon hier,
eigentlich noch vor der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema, erkennt man den
Zusammenhang zwischen den Kulturphänomenen Film und Sport deutlich, denn:

Die Bewegung macht das Bild zum Film.
2 Grundbegriffe der Filmanalyse

2.1       Filmgeschichtlicher Überblick

Die Geschichte des Films hängt also direkt mit der Definition des Mediums Film zusammen.
                „Filmgeschichte ist zu allererst abhängig von der Definition von Film. Es
               macht einen großen Unterschied aus, ob man unter Film ein komplexes
               Kommunikationsmedium versteht oder nur einen einzelnen
               Film.“ (Faulstich, S.7, 2005)

Diese Definitionsfrage bezieht sich vor allem auf den Beginn der filmischen Geschichtsschreibung
und die Frühphase des Films zwischen dem Ende des 19ten Jahrhunderts und dem frühen 20ten
Jahrhundert. Ohne Frage wird aber die Patentanmeldung des ersten Kinematographen der Brüder
Lumiére um 1895 als einschneidendes Datum gehandelt. Werner Faulstich datiert in seiner
Abhandlung Filmgeschichte sogar den Beginn der filmischen Zeitrechnung auf den Tag genau auf
den 22. März 1895. Die Brüder Auguste und Louis Lumiére zeigen den „ersten Film der
Welt“ (Faulstich, S.19, 2005). Ronald Bergan datiert die Vorführung dieses Films Workers leaving
the Lumiere factory schon auf Februar 1895. Das Jahr scheint zu mindest auch im Mainstream der
Filmgeschichte der Beginn des Films zu sein, denn weltweit wurde 1995 mit Sonderausstellungen
ausgewählter Museen, Kinovorführungen, Fernsehsendungen et cetera „100 Jahre Film“ gefeiert
(vgl. Bergan, 2011, S. 12). Aber auch kritische Stimmen sollen hier Erwähnung finden. So
bezeichnet Thomas Elsässer (2002, S.40) den Mainstream filmhistorischer Arbeiten zum frühen
(deutschen) Film als „Teil dessen, was oft […] als Geschäft mit der Nostalgie bezeichnet
wird„ (Priester, 2019, S.23)
Vom Startpunkt abgesehen finden sich allerdings in mehreren filmtheoretischen Arbeiten gewisse
Eckdaten, die von hoher Relevanz gezeichnet sind. Gerade in Hinblick auf das zentrale Thema der
vorliegenden Arbeit, sollen sie einen groben Überblick über die Entstehung des Kinos, wie wir es
heute kennen, schaffen1.

1   Filme, die in der vorliegenden Arbeit behandelt werden, sind farblich markiert
                                                                                                         12
2 Grundbegriffe der Filmanalyse

1902: Le Voyage dans la Lune (F; George Méliès)
In diesem Film aus dem Jahr 1902 wurde erstmals das bewegte Bild in kreativer Art und Weise
benutzt und nicht bloß zur Reproduktion der Wirklichkeit. Der Filmemacher und Theaterbetreiber
George Méliès benutzte erstmals Spezialeffekte um fantastische Welten zu erschaffen. Es entsteht
der „narrative Spielfilm“ (vgl. Faulstich, 2005, S.20)

1906: Surf Board Riders,Waikiki, Honolulu, Hawaiian Islands (USA; Robert Bonine)
Der erste Surffilm der Welt2 wurde bereits Anfang des 20ten Jahrhunderts gedreht und zeigt die
hawaiianischen Inselbewohner beim traditionellen Volkssport. (vgl. Thoms, 2000, S.10)

1913: Hollywood wird das Zentrum der Filmkunst
Im frühen 20ten Jahrhundert befanden sich die großen amerikanischen Filmstudios fast
ausschließlich in New York. Vor allem aus Platzgründen zogen einige wenige Filmemacher kurz vor
dem ersten Weltkrieg in die Weiten der amerikanischen Westküste, um dort große Filmstudios zu
gründen, Universal Studios war geboren und damit Hollywood, Los Angeles als Filmstadt. (vgl.
Bergan, 2011, S.15)

1929: Der Tonfilm
Über dreißig Jahre nach dem ersten Film der Welt, folgte Ende der 1920er Jahre die wahrscheinlich
einschneidendste technische Revolution der Filmgeschichte: Der Synchron-Ton war erfunden. Es
dauerte aber noch einige Jahre, bis sich die neuen Ton-Filme etablierten. In Deutschland
verschwanden die letzten Stummfilm-Lichtspielhäuser erst 1935 von der Landkarte. (vgl. Müller,
2003, S. 24),

Mitte 1930: Der Farbfilm
Seit dem Beginn der Filmgeschichte, sowie der Fotografie, beschäftigten sich Industrie und
Wissenschaft, mit der Umsetzung von realitätsgetreuer Farbe im Film. Dabei gab es
Unterschiedliche Herangehensweisen, Techniken und Hersteller wie Technicolor (USA) oder Agfa
(D) (vgl. Gill & Mustroph, 2015). Die genaue Datierung des „ersten Farbfilms“ oder dergleichen ist
allerdings schwierig. Als Durchbruch des Farbfilms wird in der Literatur oft auf Mitte der 1930er-
Jahre verwiesen (vgl. Faulstich, 2005, S.88). Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang

2   Zur Definition des Begriffs Surffilm siehe Kapitel 5
                                                                                               13
2 Grundbegriffe der Filmanalyse

der erste US-amerikanische Animationsfilm in Spielfilmlänge Snow White and the Seven Dwarfs
(USA; David Hand; 1937)

1938: Olympia (D; Leni Riefenstahl)
Trotz des offensichtlichen faschistischen Hintergrunds dieses kontrovers diskutierten, ersten,
offiziellen olympischen Films über das Großereignis 1936 in Berlin (vgl. McDonald, 2008. S.182),
wird Leni Riefenstahls Dokumentation ästhetisch, dramaturgisch und technisch als einer der
wichtigsten Sportfilme aller Zeiten gehandhabt. (vgl. ebda. S.186)

1959: Gidget (USA; Paul Wendkos)
Der 50er-Jahre-Film von Paul Wendkos zeigt in Coming-of-Age-Manier das Erwachsenwerden der
jungen Surferin Francine und ihre Liebe zum Surfen. Der Film portraitiert in einer, für die Zeit
ungewöhnlichen Art und Weise die weibliche Perspektive im (Surf-)Sport.

Anfang 1960: Fernsehen vs. Film
Von den 1950er Jahren bis Mitte der 70er Jahre stehen die beiden Unterhaltungsindustrien Film und
Fernsehen in direkter Konkurrenz. Mit dem internationalen Aufstieg des Mediums Fernsehen wird
die Filmindustrie stark geschwächt. Erst spät werden Filme wieder verstärkt unterstützt. (vgl.
Faulstich, 2005, S.171)

1966: The Endless Summer (USA; Bruce Brown)
Der Independent Film von Bruce Brown verbindet die dokumentarische Grundhaltung mit der
Bikini-Beach-Wave der 1960er Jahre durch humoristisch geprägte Kommentare von Brown selbst.
In der Literatur und Filmkritik wird der Film als der einflussreichste Surffilm aller Zeiten gehandelt
(vgl. Lisanti, 2005). Eine genaue Analyse des Films findet sich in Kapitel 6.2

1990er: Digitalisierung des Films
Nach einem Jahrhundert der Filmgeschichte folgte Anfang der Neunziger der nächste große
technische Schritt in der Filmproduktion. Nach und nach stiegen mehrere Produktionsschritte von
analogen Systemen auf digitale um, was eine deutliche Erleichterung und Beschleunigung der
Produktion mit sich brachte. Als erster, vollständig am Computer entstandener Spielfilm ist hier Toy
Story (USA; 1995) von John Lasseter aus dem Hause Pixar zu erwähnen. (vgl. Bergan, 2011, S. 54)

                                                                                                   14
2 Grundbegriffe der Filmanalyse

1991: Point Break (USA; Kathryn Bigelow)
Der Actionfilm von Kathryn Bigelow mit Keanu Reeves in seiner ersten bedeutenden Hauptrolle
behandelt kalifornische Surfer, die Banken ausrauben um sich den endlosen Sommer zu finanzieren.
Eine genaue Analyse des Films findet sich in Kapitel 6.3

2002: Blue Crush (USA; John Stockwell)
Der Film behandelt das Leben der Jungen Surferin Anne Marie, welche über den Profi-Surfsport die
Möglichkeit bekommt, ihrem unterprivilegierten Leben zu entfliehen. Eine genaue Analyse des
Films findet sich in Kapitel 6.4

2004: Riding Giants (USA; Stacy Peralta)
Der Dokumentarfilm des Surfers und Skateboard-Pioniers Stacy Peralta gilt heute in der Szene der
Surfsport begeisterten als Standardwerk, nicht zuletzt wegen seines überaus adäquaten historischen
Überblicks über die Entstehung des Surfens. Hauptaugenmerk liegt allerdings, wie der Titel bereits
erahnen lässt, auf dem Big Wave Surfing. Eine genaue Analyse des Films findet sich in Kapitel 6.5

2007: Surf’s Up (USA; Ash Brannon & Chris Buck)
Der Animationsfilm aus dem Hause Sony Pictures erzählt als Mockumentary die Geschichte des
jungen Felsenpinguins Cody Maverick, der sich in der Welt des Profi-Surfsports behaupten will.
Eine genaue Analyse des Films findet sich in Kapitel 6.6

                                                                                                15
2 Grundbegri e der Filmanalyse

2.2   Filmtheoretische Grundbegriffe

          „In uns auf Grund von optischen Eindrücken, mittels des Sichtbaren,
          Vorstellungen in der Art der sonst durch die Sprache hervorgerufenen zu
          erzeugen, ist nur dem Film möglich und eigen. Dabei sind die Wesen und
          Sachen, welche ja kaum als Abbilder von wirklichen Objekten oder
          Vorgängen erscheinen, keineswegs Chiffren für sie, die wir aufzulösen
          hätten oder wie die Zeichen einer Bilderschrift zusammenzulesen
          vermöchten. Wir verstehen die Erscheinungen im Film vielmehr unmittelbar
          so wie Gesprochenes, wie Sätze einer Rede. Daß die im Film enthaltenen
          Dinge in der Regel einen stärkeren sinnlichen Zusammenhang mit den
          Objekten der Wirklichkeit haben als Wörter, die solche bezeichnen, macht
          nicht einen prinzipiellen Unterschied aus, sondern ist nur eine graduelle
          Verschiedenheit indem die Dinge im Filmbild bereits komplexe
          Vorstellungen in uns auslösen. Wie zum Beispiel die in einem russischen
          Historienfilm untersichtig zu sehende, kraftvolle Halbfigur Zar Peters des
          Großen in uns unmittelbar die Vorstellung von rücksichtsloser
          herrscherlicher Befehlsgewalt erzwingt; das könnte uns in Worten nur
          umständlich und kaum allgemeinverständlich mitgeteilt werden. Dies
          bedeutet zunächst nichts anderes, als daß das Ding im Filmbild nicht mit
          dem Wort für das betreffende wirkliche Objekt gleichzusetzen ist. Sonst
          jedoch ist der filmische Ausdruck dem sprachlichen wesensgleich. Der Film
          ist eine Sprache in Bildern.“ (Künstler, 1960, zitiert nach Mühlen Achs,
          1977, S.26)

Um sich näher mit der Darstellung und Wirkung von einzelnen Kulturphänomenen wie Sport im
Film auseinandersetzen zu können, müssen einige Grundbegriffe und Grundstrukturen des Films
näher erläutert werden. Im kommenden Unterkapitel soll in aller Kürze das Wichtigste
zusammengefasst werden, um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Medium Film zu
ermöglichen.

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                                                                  ff
2 Grundbegri e der Filmanalyse

2.2.1 Filmsprache

Der Begriff Filmsprache ist für das Verständnis von Filmkritik, oder auch nur Interpretation des
gesehenen von zentraler Bedeutung. Das Zitat von Gustav Künstler (siehe S.16), welches auch in
Brigitte Mühlen-Achs’ Filmsprache und Wirklichkeit (1977) zitiert wird, erläutert den Begriff
Filmsprache in sehr ausführlicher und adäquater Weise. Für Mühlen-Achs spricht der Film anhand
von zwei Komponenten eine eigene Sprache. Der erste Aspekt der Gestaltung der Filmsprache ist
das Verfahren der Aufnahme, inklusive ihrer Aspekte. Die Distanz des Objekts zur Kamera, die
Perspektive des Bildes etc. (vgl. Mühlen-Achs, 1977, S.26) Als zweiter Aspekt spielt die Montage
respektive der Filmschnitt eine gewichtige Rolle (vgl. ebda). Wie bei der Interpretation von Texten
oder Literatur im Allgemeinen (Film an sich ist ja schon in vielerlei Hinsicht dramatische Literatur)
ist es also wichtig, die gesprochene, überaus komplexe Sprache der Bilder zu verstehen sowie ihre
künstlerische Aneinanderreihung.

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2 Grundbegri e der Filmanalyse

2.2.2 Filmischer Raum, filmische Zeit, Schnitt und Montage

Ein weiterer Grundbegriff der Filmanalyse ist der filmische Raum, also jener Raum, welcher über
Perspektiven und Einstellungen der Kamera transportiert wird, der nicht zwingend mit der Realität
übereinstimmen muss (vgl. Dadek, 1968, zit. nach Mühlen-Achs, 1977, S.44). Filmische Zeit steht
in direktem Verhältnis zum Schnitt; schnelle oder langsame Schnitte verzerren das real
wahrgenommene Tempo eines Films gravierend und damit auch die Stimmung und Dynamik des
Films (vgl. ebda).
Im Zusammenhang der Montage und Schnitt ist auch der Kuleschow-Effekt zu erwähnen. Dieser
beschreibt, dass Zuseher aufgrund von Assoziationsketten, Bilder im Kontext ihrer filmischen
Umgebung verschieden interpretieren. So kann ein ausdrucksloses Gesicht als traurig
wahrgenommen werden, wenn danach ein Sarg gezeigt wird, oder hungrig, wenn danach ein Teller
Suppe im Bild ist. (vgl. Kuleschow Effekt, Lexikon der Filmbegriffe, 2012). „Produktiv wird die
Montage, wenn wir durch sie etwas erfahren, was in den Bildern gar nicht gezeigt wird…“ (Dadek,
1968, zit. nach Mühlen-Achs, 1977, S.45)
Auch das Verhältnis zwischen Bild und Ton spielt in der Filmanalyse eine gewichtige Rolle, welche
vor allem im Rahmen der Behandlung des Sub-Genres Surf-Film näher besprochen werden soll.

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2 Grundbegri e der Filmanalyse

2.2.3 Filmische Dramaturgie

In der filmischen Dramaturgie beziehungsweise der Drehbuchpraxis kann man verschiedene
Strukturen und Schemen erkennen, nach welchen die meisten populären Filme des
Mainstreamkinos aufgebaut sind. Einen ausführlichen Einblick in die dramaturgischen Strukturen
des modernen Films und seine Entstehung, beziehungsweise seine Verwandtschaft zu anderen
Dramaturgie-Strukturen liefert Jens Eder in seiner Publikation Dramaturgie des populären Films,
welche auch in stark gekürzter Form in Jens Hildebrands Film: Ratgeber für Lehrer (2001, S.207 -
234) paraphrasiert ist. Hildebrand stellt in seinem Ratgeber folgende Merkmale des Mainstream-
Films fest (vgl. Hildebrand, 2001, S.207ff.):
   1. Der moderne Mainstream-Film ist Figurenzentriert, das heißt, im Mittelpunkt steht eine
        zentrale Figur der Handlung
   2. Der moderne Film erzählt eine Geschichte, ein zentrales Problem, welches den Fortschritt
        und den kausalen Zusammenhang der Szenen bedingt. Das heißt aber nicht, dass der
        moderne Film keine Nebenhandlungen besitzt (als klassisches Beispiel dient die Romanze
        als Subplot)
   3. Antagonistische Kraft - ein Widersacher, ein Naturphänomen o.ä. hindert den Helden/die
        Heldin an der Lösung dieses Problems
   4. Eine Frage-Antwort-Struktur liegt den meisten modernen Filmen zu Grunde: Wird der
        Protagonist es schaffen? Ja/Nein - Hierbei kann man unterscheiden zwischen der
        Spannungsfrage, der Frage nach der Zukunft der Hauptfigur, und der Neugierfrage, die
        Frage nach der Vergangenheit - beispielsweise die Frage nach dem Mörder als Neugierfrage
        und damit einhergehend die Spannungsfrage Wird der Mörder geschnappt?
   5. Der moderne Film ist im Großen und Ganzen in drei Akte gegliedert:
          • Erster Akt: Exposition, auch Set-Up genannt. Die Welt, in der die Geschichte spielt
            wird vorgestellt. Das Ende des ersten Akts markiert der sogenannte Point of Attack -
            der Moment, welcher den zentralen Konflikt auslöst.
          • Zweiter Akt: Konfrontation. Im zweiten Akt wird nun dramaturgisch versucht die
            Spannung der Geschichte zu halten, beziehungsweise aufzubauen, zu steigern. Als
            Beginn dieser Haupthandlung markiert der erste Plotpoint eine Entscheidung der
            Hauptfigur, welche den weiteren Verlauf der Geschichte maßgeblich bestimmt (z.B.

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2 Grundbegri e der Filmanalyse

                Luke Skywalkers Entscheidung Jedi-Ritter zu werden, nachdem seine Familie getötet
                wurde34). Grundsätzlich kann die Handlung über drei Arten gesteigert werden:
                        - Kognitive Steigerung: die Fragen des Zuschauers beziehen sich immer
                           Konkreter auf die Lösung des Problems (Luke Skywalker weiß zu Beginn
                           noch nicht ob er den Todesstern überhaupt findet, gegen Ende des Films
                           stellt sich die Frage ob er ihn zerstören kann)
                        - Emotionale Steigerung: Die im Film dargestellten Gefühle um den
                           Protagonisten, sowie des Zuschauers steigern sich.
                        - Sinnliche Steigerung: Mit Kameraführung, Bild-Ton Elementen und
                           sonstigen Effekten wird die Spannung immer weiter gesteigert.
               Auf den ersten Plot Point folgt nach verschiedenen kleinen Aufgaben, Prüfungen und
               der Annäherung zum Zentrum des Bösen ein Moment der Krise. Der Held/Die Heldin
               stirbt einen Scheintod, oder verliert den Mentor/die Mentorin oder Ähnliches. Daraufhin
               kommt es zum 2. Plot-Point, zur Vorentscheidung darüber, ob die Hauptfigur den
               Konflikt lösen kann (zum Beispiel die Befreiung von Prinzessin Leia aus dem
               Todesstern, um beim Beispiel Star Wars zu bleiben). Es kommt zur ersten großen
               Prüfung für den Helden und damit zum kausalen Höhepunkt des Films. Auf den Erfolg
               der großen Prüfung folgt nun die Phase der Belohnung und der Rückweg.
            • Dritter Akt: Auflösung. Auf den vorläufigen, scheinbaren Sieg im zweiten Akt des
               Films, folgt zu Beginn des dritten Akts noch einmal ein Aufbäumen der
               antagonistischen Kraft, oder weiteren Prüfungen für den Helden/die Heldin am
               Rückweg. Nachdem die zentrale Frage also bereits gelöst scheint, stellt sich eine weitere
               Frage: Werden sie überleben? Häufig in Verbindung mit der Frage: Kommen sie aus dem
               Zentrum des Bösen heraus?                   Die Beantwortung der Frage bildet den
               Spannungshöhepunkt des Films (zum Beispiel die Zerstörung des Todessterns). Das
               Ende des Films stellt die Rückkehr der Hauptfigur zur normalen Idylle dar.

3   Die Ermordung an sich stellt hier den Point of Attack dar, die dem 1.Plot Point vorangestellt ist.
4 Als
    Beispielfilm bezieht sich Hildebrand unter anderem auf Star Wars (USA; George Lukas; 1977).
Aufgrund der allgemein als bekannt vorauszusetzenden Handlung, erscheint der Film als passend, um die
dramaturgischen Strukturen dahinter deutlich zu machen.
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2 Grundbegri e der Filmanalyse

Abb.1: Dramenkurve nach Jens Hildebrand, in Anlehnung an Jens Eder (Hildebrand, 2001, S.230)

Zusätzlich zu den drei Akten des Films wurden hier noch 12 Phasen gekennzeichnet. Diese Phasen
beschreiben die klassische Reise des Helden und werden von Christopher Vogler (1998) in Hinblick
auf das Bewusstsein der Hauptfigur folgendermaßen beschrieben (vgl. Hildebrand, 2001, S. 228):

       1. Normale Welt: begrenztes Bewusstsein eines Problems
       2. Ruf ins Abenteuer: erhöhtes Bewusstsein
       3. Ablehnung des Rufs: Widerstand gegen den Wandel
       4. Der Mentor: den Widerstand beseitigen
       5. Übertreten der ersten Schwelle: den Wandel (die neue Rolle) annehmen
       6. Prüfungen, Verbündete, Feinde
       7. Annäherungen an die innerste Höhle
       8. Die größte Qual: den entscheidenden Wandel versuchen
       9. Belohnung: Konsequenzen des Versuchs (Verbesserung und Rückschläge)
       10. Der Weg zurück: sich dem Wandel erneut widmen
       11. Wiederauferstehung: letzter Versuch des entscheidenden Wandels
       12. Rückkehr in die normale Welt: meistern des Problems, Annahme der neuen Rolle

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3      Film in der Schule

Das Medium Film als pädagogisches Mittel zu verwenden, ist nicht neu. Beinahe seit seiner
Erfindung, wird der Film auf sein pädagogisches Potential untersucht.

            „Education as a process must be the window that opens up new ideas and
            spaces in the world for students, and it must also be the mirror that reflects
            their experiences of the world. Nothing does that better than
            films.“ (Mishra, 2012, S.112)

Dass die immer weiter wachsende multimediale Welt das Bild als Kommunikationsmittel akzeptiert
hat, ist allgemein bekannt. Sprache an sich wird zwar vermutlich immer „das wichtigste Werkzeug
im Umgang mit der Realität sein, aber die Wirklichkeit selbst scheint vornehmlich aus Bildern zu
bestehen“ (Ammann, D., 2000, S.10). Gerade für junge Menschen ist in diesem Zusammenhang der
Film, das bewegte Bild sicherlich kein exotisches, unbekanntes Medium in der Zeit, in der sie ihre
Schullaufbahn beginnen. Jugendliche haben bereits vor einem gezielten Film-Unterricht also bereits
ein ungewöhnlich ausgeprägtes „naives“ Wissen (Boeckmann, 1996, S.36-40). Sie erwarten
beispielsweise bei einem Actionfilm bereits eine andere Erzählform als beim Melodram und kennen
bereits (unterbewusst) unterschiedliche Techniken der Kamera und Schnittführung (vgl. Ernst,
2000, S. 19). Ziel des Unterrichts ist es nun, in Bezug auf Film, an dieses Vorwissen anzuknüpfen
(vgl. ebda), und bereits wahrgenommenes zu verbalisieren und ins Bewusstsein zu führen und
jungen Menschen Filmlesefähigkeit zu vermitteln (vgl. Hildebrand, 2001, S.9). Außerdem soll Film
tatsächlich als Unterrichtsgegenstand vermittelt werden und nicht allein als Medium bzw. Bild- und
Tonträger. Das Problem hierbei ist: „Eine Filmdidaktik existiert nicht - sie ist nur in Ansätzen
sichtbar“ (Pfeiffer & Steiger, 2008, S.2)
Das Problem, welches einige Wissenschaftler, Pädagogen und Lehrer sehen, ist, dass der Film
oftmals nur als Mittel zum Erreichen eines pädagogischen, sprich fachspezifischen Ziels genutzt
wird und nicht der Film an sich als Gegenstand der Bildung (Bauerkämpfer, 2010, S.3).

Der Film, beziehungsweise der Filmkonsum von jungen Menschen steht in der Regel in direktem
Kontrast zur Informationsbeschaffung oder zu Lernen an sich. Der Film ist Unterhaltungsmedium
und daher vielmehr Gegenpol zur Schule, als Teil des Unterrichts (vgl. Süss, 2000, S.30). Dieser
Umstand ist vom Filmunterricht zu berücksichtigen und es gilt als Ziel, den Lernenden einen
intellektuelleren Bezug zum Medium Film zu ermöglichen. Diese Ansicht steht im Konflikt zu der
oft üblichen einfachen Literaturverfilmung, die bloß Mittel zum Zweck zu sein scheint. Der Film
3 Film in der Schule

soll vielmehr auch als Kunstform analysiert werden (vgl. Hildebrand, 2001, S.8f). Die große Gefahr
der Behandlung von Filmen als Unterrichtsgegenstand besteht allerdings, dass der Film, welcher
immer auch als Erlebnis zu verstehen ist, nichtmehr als Kunst, nichtmehr als Unterhaltungsmedium
gesehen wird. Salopp gesagt, dass der Film keinen Spaß mehr macht, sondern, begleitet mit
Arbeitsblättern, Unterbrechungen und Analysen, ein anstrengendes Kapitel des Lernstoffs (vgl.
Süss, 2000, S.30). Der Film als Unterrichtsgegenstand und die Behandlung sozialer, sowie
kultureller Themen stellt sich also als nicht so einfaches Unterfangen heraus. Dabei bietet der
Filmunterricht fächerübergreifend genügend Potential der didaktischen Relevanz. Doch in den
Lehrplänen dieses Landes sucht man die Filmbildung vergebens.

Das führt zu der Frage: Wie wird Film im Unterricht behandelt und welche Ziele verfolgt der
ordentliche Film-Unterricht in der Schulbildung?

Diese Frage kann wenig überraschend nicht so einfach beantwortet werden und es kommt vor allem
auf den Kontext des Unterrichts an. Dabei ist es wichtig anzuerkennen, dass der Film in fast allen
Bereichen der Schule, in allen Fächern theoretisch einsetzbar ist. Nicht im selben Ausmaß, aber
grundsätzlich gilt: „Film ist ein übergreifendes Bildungsanliegen, vergleichbar etwa dem
Sprachunterricht: Die Muttersprache muss ja auch durchgehend im ganzen Unterricht gepflegt
werden.“ (Schütz, 1997, S.32)

                                                                                                23
3 Film in der Schule

3.1       Film als Literatur

Wie bereits erwähnt stellt Film als Gattung der Dramatik selbstverständlich einen Teil der Literatur,
genauer der Dramatik dar und es ist daher naheliegend, ihn im Literaturunterricht zu behandeln.
Tatsächlich ist der Filmunterricht im Rahmen des Sprachenunterrichts, sowohl Erst- als auch
Zweitsprache, am besten etabliert. Der Film stellt für einige junge Menschen nämlich, aufgrund des
alltäglichen Kontakts, laut allgemeiner wissenschaftlicher Meinung eine Brücke zu einem Großteil
des Kulturwissens der Literatur dar (vgl. Hildebrand, 2001, S.9).

               „[Film ermöglich den Zugang] zu Geschichten, Mythen und Motiven aus
               der Literatur- und Geistesgeschichte vieler Jahrhunderte, zu alten Helden
               mit neuen Gesichtern und nicht zuletzt zu klassischen, modernen und
               kunstvollen Formen des Erzählens. Filme bedienen sich unseres
               ‚kollektiven Unbewussten‘ - und formen es“ (ebda).

Vor allem die Literaturverfilmung scheint im Literaturunterricht stark im Fokus der
Medienpädagogik und -didaktik zu stehen, da sie den Lernenden die Möglichkeit bietet,
komplexere, höhere Literatur mittels dramaturgisch umgesetzter Handlungen besser zu verstehen
(vgl. Amman, G., 2000, S.46).

Im Sinne der eingangs erwähnten Filmsprache, kann die Filmkunst aber auch in einem
mediendidaktischen Sinn verstanden werden. Das Erlernen der Sprache Film kann im Gesamten als
Teil der literalen Bildung im Muttersprachenunterricht gesehen werden und umgesetzt werden.
Bereits seit Jahren fordern verschiedene pädagogische Wissenschaftler eine stärkere
Auseinandersetzung mit dem Medium Film „über den fachbegleitenden beziehungsweise
unterrichtsergänzenden Einsatz hinaus“ (Holighaus, 2005, S.9). Als Schritt in diese Richtung wurde
in Deutschland von wissenschaftlicher Seite ein Filmkanon entwickelt, welcher 35 Filme enthält,
die einen besonderen Mehrwert bieten, um die Filmkunst zu verstehen und zu behandeln (vgl.
ebda). Und dennoch wurde der Film als Gegenstand, in den Augen einiger Experten, nicht, oder nur
in unzureichender Form in den Unterricht eingebaut. Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein. Der
Hauptgrund ist aber wahrscheinlich die Zuständigkeit des Gegenstandes5. Der Deutschunterricht hat
aber durchaus seine Berechtigung:

               „Neben den Fächern Kunst und Musik hat der Film ohne Zweifel seinen
               Platz im Deutschunterricht, zumal sich die gängigen Methoden zur
               Filmanalyse aus den Grundlagen der literatur- und sprachwissenschaftlichen

5   siehe Kapitel 3.3
                                                                                                   24
3 Film in der Schule

           Textanalyse heraus entwickelt haben. Um der semiotischen Komplexität des
           Mediums Film im schulischen Unterricht gerecht zu werden, wäre eine
           intensivere Zusammenarbeit dieser Fächer wünschenswert, Voraussetzung
           hierfür ist eine integrative Filmdidaktik“ (Pfeiffer/Steiger, 2008, S.5)

Die Behandlung des Mediums und der Kunstform Film im Deutschunterricht neben Theater und
anderen dramatischen Literaturformen ist also naheliegend. Elisabeth Paefgen stellt sich in
Einführung in die Literaturdidaktik (2006) die Frage, was durch das Medium Film für die
allgemeine literale Bildung getan wird. Oder: Was kann über die Kunstform Film über Literatur an
sich gelernt werden? (vgl. Paefgen, 2006, S.175; zit. nach Pfeiffer & Steiger, 2008, S.6). Für die
beiden Autoren des Artikels Zur Situation der Filmdidaktik - Joachim Pfeiffer und Michael Staiger,
liefern allein diese Fragestellungen schon „eine starke Legitimierungsbasis für die Verknüpfung des
Filmunterrichts    mit    dem     Literaturunterricht und die Einführung des Films als ‚vierte
Großgattung’ (neben Epik, Lyrik und Dramatik)“ (Pfeiffer/Steiger, 2008, S.6)
Zusammenfassend kann über den Einsatz von Film im Literaturunterricht gesagt werden, dass der
Film ein sehr umfassendes pädagogisches Potential mitbringt, diese Form der Literatur allerdings
(noch) nicht wirklich beachtet wird. Zumindest nicht in einem Ausmaß, das über die einer
fachdidaktischen Methode von vielen hinausgeht.

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3 Film in der Schule

3.2    Film im Fremdsprachenunterricht

Doch nicht nur im Muttersprachenunterricht hat der Film seinen Platz. Auch im
Fremdsprachenunterricht is der Film in der Schule präsent. Der Pädagoge Jens Hildebrand hat sich
in Film: Ratgeber für Lehrer mit der Frage beschäftigt, welche Einsatzmöglichkeiten der Film für
den Fremdsprachenunterricht mitbringt und hat erkannt, dass Sprachtraining über Film ein sehr
probates, wenn auch aufwändiges Mittel der Didaktik darstellt (vgl. Hildebrand, 2001, S.271). Die
grundsätzliche Problematik des Verständnisses von Filmen und Handlungen in der Zielsprache
bedarf einer langfristig angelegten Arbeit am Hör- und Seh-Verständnis (vgl. Ebda, S.272). In
seinem didaktischen Konzept der Filmdidaktik werden vor allem Kurzausschnitte, Szenen und
Dialogfragmente eine große Rolle, um das Hör und Sehverstehen zu fördern.

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3 Film in der Schule

3.3    Historische und politische Dimensionen des Spielfilms

Der Film wird auch sehr gerne zur Veranschaulichung historischer Epochen und geschichtlicher
Großereignisse behandelt. Der Spielfilm bildet für den Zuseher/die Zuseherin eine Art Gedächtnis
der Welt der Vergangenheit (vgl. Ernst, 2000, S.22). Gerade das Genre des Kostümfilms hält sich
möglichst detailgetreu an die Verhältnisse längst vergangener Epochen und stellt eine Zeit in den
Mittelpunkt, die ohne das Medium Film, nur aus der Malerei rekonstruiert werden kann.
Selbstverständlich muss hier auf das Phänomen der Anachronismen geachtet werden, sind
Spielfilme doch vor allem Produkte zur Unterhaltung und keine wissenschaftlichen Arbeiten.

Als weitere historische Dimension kann festgestellt werden, dass Filme auch immer Abbild ihrer
Entstehungszeit sind. Sie transportieren, in mehr oder weniger reflektierter und kritischer Form, das
Weltbild ihrer Zeit (vgl. Ernst, 2000, S.23). Als über 120 Jahre altes Medium liefert dieser
Hintergrund ein nicht zu verkennendes Potential für den historischen und politischen Unterricht. Als
Negativbeispiel für die historisch-politischen Bezüge im Film erwähnt Katharina Ernst in Mit
Spielfilmen aufwachsen den Film Patriot (USA; Roland Emmerich; 2000). Der Film soll „eine
Epoche der amerikanischen Geschichte als Propagandaschlacht, die einem unkritischen
Patriotismus huldigt“ darstellen (vgl. Ernst, 2000, S.24). Vor diesem Hintergrund ist auch der
Sportfilm, das Kernthema dieser Arbeit, zu betrachten. Die politischen-nationalen, sozio-kulturellen,
sowie historischen Bezüge, machen einen sehr großen Teil dieses Genres aus.

                                                                                                  27
3 Film in der Schule

3.4    Der Dokumentarfilm

Eine Gattung der Filmkunst, welche überraschender Weise selten angesprochen und im
pädagogischen Kontext behandelt wird, ist der Dokumentarfilm. Dabei gilt der Dokumentarfilm als
rein sachlich und wird aufgrund seines, aus didaktischer Sicht, rein faktualen Charakters häufig nur
zur Informationsvermittlung in naturwissenschaftlichen, sowie historischen Gegenständen genutzt.
Dabei wird aber oft der emotionalisierende Faktor der filmischen Darstellung eines Themas außen
vorgelassen. Dabei gilt aber Vorsicht, denn jeder Dokumentarfilm ist auch als filmisch gestaltete
Wirklichkeit zu verstehen, die nie zu hundert Prozent objektiv die Realität darstellt. Es herrscht
deshalb erhöhter Aufklärungsbedarf beim Einsatz im Unterricht (vgl. Kepser, 2015, S.10). Trotzdem
sei hier das besondere pädagogische Potential des Dokumentarfilms hervorgehoben. Das Genre an
sich kann in fast allen Fächern als Unterrichtsmaterial zum Einsatz kommen.

           „Dokumentarische Filme gehören schon lange zu den etablierten
           Unterrichtsmedien fast aller Fächer. Ob Klimawandel im Erdkunde- bzw.
           Geographieunterricht, Elektrizitätslehre im Physikunterricht, Kalter Krieg
           im Geschichtsunterricht, New York im Englischunterricht oder Weimarer
           Klassik im Deutschunterricht […]“ (Kepser, 2015, S.11)

                                                                                                  28
3 Film in der Schule

3.5     Film als fächerübergreifender Gegenstand - Handlungsfeld Film

Es scheint die Quintessenz der Filmdidaktik zu sein, Film als Fächerübergreifenden Gegenstand zu
behandeln. Aufgrund der Komplexität und Vielfältigkeit des Mediums ist Film nicht nur Literatur,
nicht nur Kunst, nicht nur Multimedialer Informationsgeber. Alle diese Dimensionen in der
Gesamtheit machen den Film zu dem was er ist. Ein Handlungsfeld. In verschiedenen Konzepten
der letzten Jahre wurden Methoden entwickelt eine integrative Vermittlung des Handlungsfelds
Film zu entwickeln. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Filmdidaktik liefert das Lehrbuch
Einführung in die Filmdidaktik. Kino, Fernsehen, Video, Internet (Anders et al., 2019). Dabei
stellen die Autoren fest, dass die systematische Filmvermittlung unter Einbeziehung gewisser
Rahmenbedingungen geschehen muss (ebda, S.21):
      • Bereitschaft der Lehrkräfte, Filme in den Unterricht zu integrieren.
      • Auseinandersetzung nicht nur mit dem Film, sondern mit dem gesamten Handlungsfeld
        Film.
      • Entsprechende Spiralcurricula, die den Film fokussieren.
      • Integrative Auseinandersetzung mit dem Film
          - Unterrichtsfächer arbeiten zum Lerngegenstand Film zusammen
          - zum Film wird nicht nur literarisches und mediales, sondern auch sprachliches Lernen
             angeregt
          - alle Großgattungen (Dramatik, Epik, Lyrik) sind in Bezug auf Film zu berücksichtigen,
             z. B. filmische Adaptionen von Dramentexten, Kinderromanen oder Gedichtfilmen.
      • Unterrichtsmaterialien, die Lehrkräfte methodisch-didaktisch und Schülerinnen und Schüler
        inhaltlich-methodisch unterstützen
      • Ein auch produktions- und handlungsorientierter Umgang mit Film
      • Verbindliche Leistungskontrollen, die erreichte Filmkompetenzen überprüfen

Diese Rahmenbedingungen der Autoren des Lehrbuchs geht zurück auf ein 2009 entwickeltes und
2015 überarbeitetes Konzept zur kompetenzorientierten Filmbildung des Arbeitskreises
Filmbildung (AKF). Das Konzept beinhaltet eine Reihe von Unterrichtsmodellen für die
Primarstufe bis zur Matura-Klasse, welche die Kompetenzbereiche Filmanalyse, Filmnutzung,
Filmproduktion und Präsentation und Film in der Mediengesellsschaft einschließt (vgl. AKF, 2015,
S.3ff). Zentrales Thema des Unterrichtskonzeptes ist das Handlungsfeld Film (Abb. 2).
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3 Film in der Schule

Abb. 2: Kulturelles Handlungsfeld Film (AKF, 2015, S. 5)

In Bezug auf das pädagogische Potenzial des Films in der Schule, bietet dieses Handlungsfeld eine
Vielzahl an Material für den Einsatz des Gebiets in der Schule, in fast allen Fächern. Auch der
Sportunterricht sei hier gesondert erwähnt, der sich, von Sportgeschichte über Film- und
Stuntfilmproduktion, bis hin zu gesellschaftlichen und kulturellen Dimensionen des Sports über das
Handlungsfeld Film annähern kann.

Im folgenden Kapitel soll vor allem der Fokus auf das Kernthema der Arbeit gelenkt werden. Wie
wird Sport im Film dargestellt, welche Funktionen übernimmt er in kultureller Hinsicht, und
welches Potential ergibt sich daraus für das Handlungsfeld Film in der Schule?

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4      Die Darstellung von Sport im Film

4.1    Wissenschaftlicher Status quo

Sport und Film sind in der Geschichte des bewegten Bildes von Beginn an in enger Verbindung.
Bereits in der Ära des Stummfilms übte der Athlet, der Sportler als Held, eine magnetische
Anziehungskraft auf das Publikum aus. The Champion (USA; Charlie Chaplin; 1915), College
(USA; Buster Keaton; 1927) oder Horse Feathers (USA; Brothers Marx; 1932) sind nur einige
Beispiele für Blockbuster der damaligen Zeit, in denen Sport die zentrale Rolle einnimmt (vgl.
Gugutzer & Englert, 2014, S.11). Seit dieser Zeit finden sich jährlich großartige sportfilmische
Produktionen in den Kinoprogrammen rund um den Globus. Dabei ergeben sich eine Vielzahl an
Subgenres des Sportfilms, nicht nur aus Gründen der behandelten Sportart. Sport-Biopics, Sport-
Documentaries und -Mockumentaries sowie fiktive Sportspielfime sind in den Kinosälen und im
Fernsehprogramm zu finden. Trotz seiner offensichtlichen gesellschaftlichen Relevanz fand der
Sportfilm allerdings lange relativ wenig Beachtung in der Wissenschaft (vgl. ebda). Erst spät hat
sich die moderne Medienwissenschaft für dieses wichtige, und auch große Thema interessiert.
(Florschütz, 2005, S.7). Bei der Suche nach Gründen für das fehlende Interesse der Wissenschaft in
den Sportfilm stößt man auf die Vermutung, es liege an der Einfachheit des Sportfilms, anders
gesagt, die Voraussehbarkeit des (fiktionalen) Sportfilms und seine oft schematische Gestaltung
seien das Problem. Ein Zitat des Filmtheoretikers Christian Metz, welches einem immer wieder
über den Weg läuft und auf den Sportfilm in diesem Zusammenhang besonders gut übertragen
werden kann, ist „a film is difficult to explain, because it is easy to understand“ (Monaco, 2000, S.
158)

Der Ruf des Sportfilms als seichtes, leicht verdauliches Genre ist also möglicherweise einer der
Gründe, warum ihm lange relativ wenig Beachtung geschenkt wurde. Vor allem im
deutschsprachigen Raum gilt der Sportfilm möglicherweise auch deshalb als verkanntes Genre, weil
die Trennung zwischen unterhaltender Populärkultur und ernster Hochkultur fester etabliert ist, als
es im angloamerikanischen Raum der Fall ist. Sportfilme gelten nicht als wissenschaftlich relevant,
da sie Teil der Unterhaltungskultur sind (vgl. Gugutzer & Englert, 2014, S.13). Auch Emma Poulton
und Martin Roderick stellen in Sport in Films (2008) fest, dass der Sportfilm von Experten der
4 Die Darstellung von Sport im Film

Filmwissenschaft marginalisiert wird, obwohl er gleichzeitig die selbe Berechtigung als Kategorie
besitzt wie der Western oder das Science Fiction-Genre (S. xix). Spätestens hier drängt sich aber
wieder die Frage der Definition auf. Was ist ein Sportfilm? Oder:

Wie viel Sport braucht ein Sportfilm, um als solcher bezeichnet werden zu dürfen?

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4 Die Darstellung von Sport im Film

4.2    Genre: Sportfilm

Die Definitionsfrage, ist eine Frage, welche uns innerhalb dieser Arbeit des Öfteren begegnen wird.
Natürlich vor allem deshalb, weil sie im Falle der Genrebezeichnungen maßgebend für die
Einordnung in verschiedene Kategorien ist. Was also definiert einen Sportfilm als solchen? Im
Unterschied zu anderen Genres, wie dem Western oder dem Gangster-Film, gestaltet sich die
Einordnung des Sportfilms nicht ganz leicht. Handelt es sich um einen Sportfilm, oder um einen
Film mit Sport darin? Seit der Sportfilm als Genre erstmals auftrat, wird selbstverständlich auch
über seine Definition diskutiert, sogar sehr intensiv. Hilmar Hoffmann definiert 1968 Sportfilme als
Filme, in denen „[…] die Sportler sie selber und die Arenen und Aktionsfelder Teil ihrer
Wirklichkeit“ (Hoffmann, 1968, S.5f.) sind. Dabei werden Spielfilme, in denen Schauspieler in die
Rolle des (sowohl fiktiven als auch realen) Sportlers schlüpfen aber völlig ignoriert. Lediglich
Dokumentationen wären demnach echte Sportfilme (vgl. Florschütz, 2005, S.40).                  Hans
Blumenberg geht in Der Sport im Spielfilm auf die „publikumswirksame Faszination des
Sports“ (Blumenberg, 1970. S.5) als Teil seiner Definition ein. Dieser, wohl bewusst weit gefasste
Aspekt, kann als guter Versuch gewertet werden, das Wesen, oder die Intention hinter Sportfilmen
festzumachen. Dem kann aber natürlich die rein subjektive Haltung des Publikums, was tatsächlich
als faszinierend wahrgenommen wird, entgegengehalten werden. Oder in den Worten Gottlieb
Florschütz’ „es gibt auch langweilige Sportfilme“ (Florschütz, 2005, S.41) In seiner eigenen
Definition macht Florschütz, einschließlich der dokumentarischen Filme, folgende drei Aspekte zu
Bedingungen des Sportfilms (vgl. ebda):

            • Sport wird als Leitmotiv verwendet
            • Sport wird als Main Plot (Haupthandlung) verwendet
            • Sport als stringenter Subtext oder Sub-Plot (Nebenhandlung)

Auf den dritten Aspekt muss aber noch genauer eingegangen werden. Bei der Frage, ob es für einen
Sportfilm reicht, Sport als „stringenter Subtext oder Subplot“ (ebda, S.41) darzustellen, scheiden
sich die Geister der Wissenschaft. Florschütz selbst schreibt als Autor für das Lexikon der
Filmbegriffe der Uni Kiel:

           „Sportfilme sind Filme, in denen Sport, sportliche Wettkämpfe oder Sportler
           als handlungstragende Motive vorkommen. […] Der Sportfilm grenzt sich
           […] dadurch von anderen Genres ab, dass Sport, sportliche Wettkämpfe
           oder Sportler bzw. Sportstars im Mittelpunkt des Geschehens
           stehen.“ (Sportfilm, Lexikon der Filmbegriffe, 2012)
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4 Die Darstellung von Sport im Film

Inwiefern Subplots aber im Mittelpunkt des Geschehens stehen ist fraglich.

Das Sportwissenschaftliche Lexikon (Röthig, 1992) definiert den Sportfilm noch weitläufiger:

           „Sportfilme im eigentlichen Sinne sind Filme, die durch den besonders
           gestalteten sportbezogenen Inhalt wesentlich geprägt sind. In einem
           weiteren unspezifischen Sinne können auch solche Filme als Sportfilme
           bezeichnet werden, die in einem gewissen Grade Themen aus dem Sport
           aufgreifen, die jedoch für den Film nicht bestimmend sind. […]"

Ein Problem des Sportfilms ist es sicherlich auch – im Laufe der Arbeit, wird auf einen dieser Filme
Bezug genommen – dass der Sportfilm nicht nur Sportfilm sein kann, er kann beispielsweise ebenso
innerhalb des Genres Komödie oder Actionfilm so etwas wie ein Co-Genre darstellen (vgl. Richter-
Hansen, 2014, S.27). Auf der anderen Seite resultiert dabei aber auch das Problem, dass es wenige
Filme zu geben scheint, die nie an einem gewissen Punkt Sport darstellen (vgl. Crosson, 2013, S.
55), was die genaue Definition nicht wirklich vereinfacht.

Auf Basis dieser verschiedenen Zugänge zu einer Definition des Sportfilms, wird im Rahmen dieser
wissenschaftlichen Arbeit, eine neue, etwas vereinfachte, verallgemeinerte Definition festgelegt:

Sportfilme sind Filme, in denen Sport, Athleten oder andere sportbezogene Figuren als
handlungstragende Elemente genutzt werden.

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4 Die Darstellung von Sport im Film

4.3    Die Darstellung und Funktion von Sport im Film

Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts hat sich der Sport und das Sportspektakel zu einem der
bedeutendsten und einflussreichsten Kulturphänomenen der Welt entwickelt (vgl. Crosson, 2013,
S.1). Es ist daher nicht verwunderlich, dass im Medium Film, dem wahrscheinlich umfangreichsten
Kunstzweiges der moderne, Sport eine sehr wichtige Rolle spielt. Warum sich gerade der Sport
besonders gut eignet, in Filmen die Handlung voranzutreiben, wurde von mehreren Seiten der
Wissenschaft untersucht. Der Sport funktioniert in der filmischen Darstellung in seinem Primärziel
vor allem als Metapher oder als Symbol (vgl. Gugutzer & Englert, 2014, S.15), da Sportfilme, wie
andere Filme auch als „Spiegel der gesellschaftlichen Umgebung“ agieren (vgl. ebda).            Der
Sportfilm sieht sich also, wie kaum ein anderes Genre, nicht primär als finanziell profit-
generierendes Produkt, sondern vielmehr als ein soziokulturelles Projekt, welches die nostalgische
oder reale Gesellschaft mitsamt ihrer Probleme abbildet (vgl. King & Leonard, 2006, S.227 f.). Die
Konfliktstruktur des Sportfilms gestaltet sich hierbei nach einem bipolaren Muster (vgl. Gugutzer &
Englert, 2014, S.15) und stellt allgemein gesprochen den Kampf zwischen Gut und Böse oder der
Überwindung von Ungerechtigkeit dar (vgl. Poulton & Roderick, 2008, S.xxiii). Diese binäre
Struktur erlaubt es dem Sportfilm sehr gut, anhand der Darstellung der vordergründigen Thematik
„Sport“, gesellschaftliche Themen, Probleme und Kritik zielgenau zu verwerten. Welche
Themenbereiche im Film anhand von Sport dargestellt werden, soll im Folgenden dargelegt werden.

Die kommenden Unterkapitel beschäftigen sich mit insgesamt vier Kategorien und Themenkreise
sozialer und politischer Themen, welche mittels Sport als Symbol oder Metapher dargestellt und
thematisiert werden.

1. Soziale Identität
2. Politische & nationale Identität
3. Soziale Mobilität
4. (Sport)Kritik

Die Einteilung in diese Kategorien fußt zum Großteil auf die Abhandlung Gugutzer und Englerts in
Sport im Film (2014) welche aber die politische Dimension des Sportfilms separat behandelt.
Daraus resultiert die Kategorie 2 - die politischen Themen und Identifikationen, welche mittels
Sport im Film abgehandelt werden.
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