Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband

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Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
Nachbarschaftsrecht
                  8–2017
                St.Galler Bauer

                                  Welcher Grenzabstand für Lebhäge gilt, regelt das Nachbarrecht. Bild: Andreas Widmer

                                  Das Nachbarrecht im Kanton St.Gallen Teil 1/3

                                  Die Grenzabstände im Nachbarrecht
                                  Wenn sich Nachbarn über den                     ten von Art. 98 ff. EG-ZGB haben in der   einzuhaltenden Abstände sind abhän-
                                  Standort von Bäumen, Leb­                       Praxis eine erhebliche Bedeutung. Die     gig von der Art und der Höhe der
                                  hägen, Gräben oder Mauern                       Abstandsvorschriften für Pflanzen sol-    Pflanzen sowie von der Nutzung der
                                  streiten, leistet das Gesetz                    len grundsätzlich verhindern, dass sich   Grundstücke. Die Abstandsvorschrif-
                                  Abhilfe. Das Nachbarrecht ist im                die Bäume und Sträucher mit ihren         ten gelten für Gewächse, die der Ei-
                                  Schweizerischen Zivilgesetzbuch                 Ästen und Wurzeln ins Nachbargrund-       gentümer selbst angepflanzt hat oder
                                  (ZGB) geregelt. Die Ausführung                  stück ausdehnen und ihm Nährstoffe        die von selbst gewachsen sind.
                                  obliegt den Kantonen.                           und Feuchtigkeit entziehen. Ausser-
                                                                                  dem sollen sie, selbst wenn die Äste      Grabungen
                                  Auf den 1. Januar 2017 ist im Kanton            nicht über die Grenze ragen, nicht        (Art. 96 EG-ZGB)
                                  St. Gallen ein Nachtrag zum Einfüh-             übermässig Schatten werfen und die        Friedgräben und gemauerte Gruben
                                  rungsgesetz zum ZGB in Kraft getre-             Aussicht nicht beeinträchtigen. Die       dürfen bis an die Grenze reichen. Ande-
                                  ten. Verschiedene zum Teil über 100
                                  Jahre alte gesetzliche Regelungen
                                  wurden überarbeitet und angepasst.
                                  Das ZGB gestattet in Art. 688 den
                                  Kantonen, «für Anpflanzungen je
                                  nach Art des Grundstückes und der
                                  Pflanzen bestimmte Abstände vom
                                  nachbarlichen Grundstück vorzu-
                                  schreiben». Der Kanton St. Gallen hat
                                  davon Gebrauch gemacht und im EG-
                                  ZGB die entsprechenden Vorschriften
        18                        erlassen. Die Grenzabstandsvorschrif-           Friedgräben und gemauerte Gruben.         Wassergräben und andere Gruben.
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
re Gruben und Wassergräben von              Einfriedungspflicht (Art. 114 EG-ZGB)

                                                                                                                                 8–2017
                                                                                                                                            Nachbarschaftsrecht
mehr als 45 Zentimeter Tiefe sind in        Entlang der Grenzen von Grundstü-        Pflanzen allgemein
einer Entfernung anzubringen, welche        cken stehen oftmals Zäune. Wo auf        (Art. 98bis EG-ZGB)

                                                                                                                               St.Galler Bauer
wenigstens einem Drittel der Tiefe ent-     aneinander grenzenden Grundstücken       Das EG-ZGB regelt bei Pflanzen die
spricht und mindestens 30 Zentimeter        beidseitiger Weidebetrieb stattfindet,   Grenzabstände:
beträgt. (Der Begriff Friedgräben be-       kann jeder Anstösser die Einfriedung     a. sechs Meter für hochstämmige
zieht sich auf kleine Gräben, welche        auf Kosten beider Teile verlangen.           Bäume, die nicht zu den Obst-
entlang einer Grenze angelegt wer-          Die Einfriedung wird auf die Grenze          bäumen gehören, sowie sechs
den.)                                       gesetzt. Jeder Anstösser hat im Grund-       Meter für Nuss- und Kastanien-
                                            satz eine entsprechende Strecke der          bäume.
Tote Einfriedungen                          Einfriedung zu erstellen und zu unter-   b. vier Meter für hochstämmige
(Art. 97bis EG-ZGB)                         halten. Allenfalls können besondere          Obstbäume.
Bei toten Einfriedungen handelt es sich     Vereinbarungen zwischen den Grund-       c. Die Hälfte ihrer Höhe für die übri-
beispielsweise um Bretterwände, Zäu-        eigentümern getroffen und auch im            gen Bäume und Sträucher, jedoch
                                                                                         höchstens sechs Meter.

                                                                                     Die Bestimmung von Buchstabe c be-
                                                                                     zieht sich auf Pflanzen, die sehr hoch
                                                                                     wachsen, jedoch nicht unter die Kate-
                                                                                     gorie der hochstämmigen Bäume fal-
                                                                                     len (zum Beispiel Zypressen oder an-
                                                                                     dere, deren Äste weit unten am Stamm
                                                                                     zu wachsen beginnen).
                                                                                     Gegenüber Rebland betragen die Ab-
                                                                                     stände nach dieser Bestimmung das
                                                                                     Anderthalbfache.
Tote Einfriedung kleiner als 1,80 m Höhe.   Tote Einfriedung über 1,80 m Höhe.       Wird eine Pflanze künstlich unter 1,80
                                                                                     Meter gehalten, gilt ein Grenzabstand
ne, tote Häge oder Mauern. Diese dür-       Grundbuch eingetragen werden. Sind       von einem Meter. Kann ein Baum aber
fen eine Höhe von 1,80 Meter aufwei-        Grundstücke mit Weidebetrieb durch       auch durch eine fachgerechte Behand-
sen und an der Grenze errichtet werden.     Fuss- oder Güterwege voneinander         lung nicht klein gehalten werden,
Einfriedungen, die eine Höhe von 1,80       getrennt, so sieht das Gesetz ohne       ohne dass er verstümmelt wird, so gilt
Meter überschreiten, müssen einen           besondere Vereinbarung keine Ein-        der Grenzabstand von einem Meter
Abstand von 50 Zentimetern plus die         friedungspflicht vor.                    nicht.
Mehrhöhe gegenüber der Grenze auf-          Der Gemeinderat kann verfügen, dass
weisen. Zudem sind sie baubewilli-          Einfriedungen, welche die Ausübung
gungspflichtig.                             des Skisports erschweren, durch die      Das Nachbarrecht
Das Maximum des Grenzabstandes              Besitzer vorübergehend weggenom-         Das Nachbarrecht ist im Schweizeri-
beträgt bei licht- oder luftdurchlässi-     men werden müssen.                       schen Zivilgesetzbuch (ZGB) gere-
gen Einfriedungen höchstens zwei            Die Kosten für das Wegnehmen und         gelt. Die Kantone können ihrerseits
Meter. Bei massiven Einfriedungen           Wiederaufstellen trägt in diesen Fäl-    die Ausführung und weitere Details
liegt er bei maximal drei Meter.            len die politische Gemeinde.             in eigenen Einführungsgesetzen
                                                                                     zum Zivilgesetzbuch (EG-ZGB) re-
                                                                                     geln. Auf den 1. Januar 2017 ist ein
                                                                                     Nachtrag zum Einführungsgesetz
                                                                                     zum ZGB des Kantons St. Gallen in
                                                                                     Kraft getreten.
                                                                                     Verschiedene zum Teil über 100 Jah-
                                                                                     re alte gesetzliche Regelungen wur-
                                                                                     den überarbeitet und angepasst. In
                                                                                     einer dreiteiligen Serie informiert
                                                                                     der St. Galler Bauer über die wich-
                                                                                     tigsten Bestimmungen im Nachbar-
                                                                                     recht.                         red.
Hochstämmige Bäume und Pflanzen.            Übrige Bäume und Sträucher.                                                              19
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
Zum Begriff «hochstämmig»
Nachbarschaftsrecht
                  8–2017

                                  Das Gesetz verwendet den unbestimm-
                                  ten Rechtsbegriff «hochstämmig». Er
                St.Galler Bauer

                                  ist nicht mit dem Begriff «hochwach-
                                  send» gleichzusetzen. Vielmehr werden
                                  als hochstämmig fachtechnisch Bäume
                                  bezeichnet, die bis auf mindestens
                                  1,70 Meter Höhe einen ausgeprägten
                                  Stamm haben. Zu den Hochstämmen
                                  zählen etwa Waldbäume wie ausge-
                                  wachsene Tannen, Lärchen, Föhren,
                                  Buchen, Eichen, Eschen, Pappeln, Ul-        Bei toten Einfriedungen handelt es sich beispielsweise um Bretterwände oder Mauern. Bis
                                  men und auch die Palmen, ferner die         zu einer Höhe von 1,80 Meter dürfen diese auf die Grenze gesetzt werden.         Bild: zVg.

                                  Fruchtbäume wie Nuss-, Kastanien-,
                                  Apfel-, Birn- und Kirschbäume. Die Fra-     fen nicht höher als drei Meter sein.           eines Lebhages auch noch ein toter
                                  ge, ob ein Baum als «hochstämmig»           Lebhäge dürfen mit ihren Ästen bis an          Hag (Drahtgeflecht) erstellt wurde, be-
                                  anzusehen ist, entscheidet sich aber        die Grenze reichen. Die Äste dürfen die        freit nicht von der Einhaltung der für
                                  nicht nur nach seiner Art und Gattung.      Grenzlinie dabei aber nicht überragen.         Lebhäge geltenden Vorschriften. Leb-
                                  Auch die Behandlung durch den Grund-        Ist diesseits der Grenze eine Strasse          häge müssen alljährlich auf das gesetz-
                                  eigentümer oder Pächter ist kategorien-     oder ein Weg, gelten in Bezug auf den          liche Mass zurückgeschnitten werden.
                                  bestimmend. Es kommt also nicht dar-        Abstand die Regelungen des kantona-            Der durch die Abstandsvorschrift ge-
                                  auf an, wie hoch ein Baum von Natur         len Strassengesetzes oder weiterge-            schützte Nachbar kann den Rück-
                                  aus wird und welche Gestalt er an-          hende kommunale Regelungen. Der                schnitt zu jeder Jahreszeit verlangen.
                                  nimmt, sondern bei der Einordnung ei-       Umstand, dass vor der Anpflanzung                 Bianca Lenz/Andreas Widmer, sgbv.
                                  nes Baumes ist sein gesamtes Erschei-
                                  nungsbild, das unter anderem von der
                                  Stammhöhe, der Gesamthöhe und der
                                  Baumkrone geprägt wird, zu berück-
                                  sichtigen.

                                  Lebhäge
                                  (Art. 98ter EG-ZGB)
                                  Für Lebhäge (Grünhecken) gilt ein
                                  Grenzabstand von 50 Zentimeter. Ist
                                  ein Lebhag höher als 1,80 Meter, be-
                                  trägt der Grenzabstand 50 Zentimeter
                                  zuzüglich die Mehrhöhe. Lebhäge dür-        Lebhäge mit weniger als 1,80 m Höhe.            Lebhäge grösser als 1,80 m Höhe.

        20                        Hochstammbäume müssen vier Meter Grenzabstand aufweisen. Die Äste dürfen die Grenze nicht überragen.                            Bild: awi.
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
Nachbarschaftsrecht
                  9–2017
                St.Galler Bauer

                                  Das Strassengesetz schreibt ebenfalls vor, dass Pflanzen nicht in den Lichtraum der Strasse ragen dürfen. Bild: zVg

                                  Das Nachbarrecht im Kanton St. Gallen Teil 2/3

                                  Regelungen bei Wald und Strassen
                                  Die Abstandsregelungen von                      stände geregelt. Gemäss Art. 02 Abs. 1c           Gemessen wird ab Strassengrenze und
                                  Bäumen, Einfriedungen und                       gilt es jedoch zu beachten, dass jede             wo diese nicht vorhanden ist, ab Stras­
                                  Pflanzen entlang der Strassen                   Gemeinde grössere Abstände festlegen              senrand. Für Bäume und Wälder gilt
                                  und im Strassenraum sind nicht                  kann. Legt eine Gemeinde die Abstän-              die Messweise ab Stockgrenze.
                                  im ZGB geregelt, sondern im                     de im kommunalen Baureglement sel-                Keine Abstände gelten für Bäume, wel-
                                  kantonalen Strassengesetz.                      ber fest, sind diese anzuwenden.                  che der Gestaltung des Strassenraums
                                                                                  Das Strassengesetz schreibt ebenfalls             dienen. Für eine Pflanzung ist jedoch die
                                  Daher unterstehen Verletzungen im               vor, dass Pflanzen nicht in den Licht-            Bewilligung jener Behörde notwendig,
                                  Strassenabstand dem öffentlichen                raum der Strasse ragen dürfen. Als                welche die Hoheit über die Strasse hat.
                                  Recht. Ebenso unterliegen beispiels-            Strassenraum ist definiert:
                                  weise Stützmauern und Böschungen                – 4,50 Meter Höhe über Strassen, die             Abstände zum Wald
                                  auch den öffentlich-rechtlichen Ab-                für den Fahrverkehr bestimmt sind.             Der Begriff des Waldes richtet sich
                                  standsvorschriften.                             – 2,50 Meter Höhe für Verkehrsflä-               nach den Grundsätzen des Waldgeset-
                                  Im Artikel 104 des Strassengesetzes des            chen, die nicht für den Fahrverkehr            zes. Ist unklar, ob Wald im Sinne dieser
                                  Kantons St. Gallens sind die Mindestab-            bestimmt sind.                                 Bestimmung vorliegt, so muss zu-
                                                                                                                                    nächst ein Waldfeststellungsverfahren
                                  Abstände zur Strasse                         Kantonsstrassen           Gemeindestrassen          von den Verwaltungsbehörden durch-
                                                                                                          1. + 2. Klasse            geführt werden.
                                  Bäume                                        2.5 m                      2.5 m                     Für neu angepflanzte Wälder gilt grund­
                                  Wälder                                       5m                         5m
                                                                                                                                    sätzlich der Grenzabstand von sechs
                                                                                                                                    Metern gemäss Art. 98bis Abs. 1 Buch-
                                  Lebhäge / Zierbäume / Sträucher < 1.80 m     0.60 m                     0.60 m
                                                                                                                                    stabe a EG-ZGB. Die Bäume aneinan-
                                  Lebhäge / Zierbäume / Sträucher > 1.80 m     0.60 m + Mehrhöhe          0.60 m + Mehrhöhe
                                                                                                                                    dergrenzender Waldgrundstücke haben
                                  Einfriedungen 0.45 m – 1.20 m                0.09 m                     0.09 m                    selbstverständlich keine Grenzabstände
        34                        Einfriedungen > 1.20 m                       0.09 m + Mehrhöhe          0.09 m + Mehrhöhe         einzuhalten.
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
Eine andere Regelung gilt für bestehen-
                                                                                      TELEX

                                                                                                                                  9–2017
                                                                                                                                             Nachbarschaftsrecht
de Wälder. Art. 98quater EG-ZGB sieht vor,
dass wieder aufgeforsteter Wald gleich

                                                                                                                                St.Galler Bauer
nahe wie der bisherige Wald an die                                                    Luzerner Kälbermäster gründen
Grenze gesetzt werden darf, wenn die                                                  kantonalen Verband. Kürzlich fand
Wiederaufforstung innert fünf Jahren                                                  in Schüpfheim LU die Gründungsver-
seit dem Kahlschlag vorgenommen                                                       sammlung des Luzerner Kälbermäs-
wird. Gegenüber einem alten Wald-                                                     ter‐Verbands statt. Die momentan
grundstück kann also die Einhaltung                                                   fünf bestehenden Untersektionen
der neuen Abstandsvorschriften nicht                                                  Escholzmatt‐Marbach, Wolhusen,
verlangt werden. Hingegen darf bei ei-                                                Willisau, Luthern und Schüpfheim‐
nem bestehenden Waldgrundstück, das          Messweise Abstand.                       Flühli‐Sörenberg‐Bramboden‐Hasle
noch einige Meter eines baumfreien                                                    wurden aufgelöst. Grund für die
Waldrandes umfasst, dieser baumfreie                                                  Gründung eines Verbands seien ins-
Grenzstreifen nicht neu mit Bäumen                                                    besondere schwindende Mitglieder-
bepflanzt werden, wenn dadurch der                                                    zahlen gewesen, heisst es in einer
festgesetzte Grenzabstand von sechs                                                   Mitteilung. Der Schweizer Kälbermäs-
Metern verletzt wird.                                                                 ter‐Verband (SKMV) setzte sich bis
                                                                                      anhin aus den Sektionen Appenzell,
Messweise der Abstände und Höhe                                                       St. Gallen, Graubünden, Bern, Luzern,
(Art. 98quinquies EG-ZGB)                                                             Ob‐ und Nidwalden und Uri sowie der
Das EG-ZGB regelt die Messweise von                                                   IG Kalbfleisch zusammen und zählt
Pflanzen und Einfriedungen zur Grenz-                                                 aktuell rund 1000 Mitglieder. 	 lid.
linie.                                       Messweise Höhe.
a. Der Grenzabstand bemisst sich bei                                                 Direktzahlungen wieder auf
    Einfriedungen ab ihrem grenznächs-         festgestellt werden kann, der bewil-   Vorjahresniveau. Der Bundesrat
    ten Punkt in waagrechter Linie bis zur     ligte Geländeverlauf.                  hat die Budgetbeschlüsse des Parla-
    Grenze.                                                                           ments umgesetzt und die Versor-
b. Der Grenzabstand bemisst sich bei        Die Abstände werden stets möglichst      gungssicherheitsbeiträge auf Vorjah-
    Pflanzen ab ihrer Mitte an der Erd-      nahe der Erdoberfläche gemessen, es      resniveau angehoben. Der Bundesrat
    oberfläche in waagrechter Linie bis      spielt keine Rolle, in welche Richtung   hatte die Beiträge senken wollen,
    zur Grenze.                              sich der Stamm neigt.                    das Parlament hatte das allerdings
c. Bei der Bemessung der Höhe von                                                    korrigiert. Deshalb wird der Basisbei-
    Pflanzen und Einfriedungen gilt als      Verjährung       und    Rechtsfolgen     trag der Versorgungssicherheitsbei-
    massgebendes Terrain der natürli-        (Art. 98sexies EG-ZGB)                   träge um 40 auf 900 Franken pro
    che oder, wenn dieser nicht mehr         Verletzungen von Grenzabständen und      Hektare und der Basisbeitrag für
                                             Höhenbeschränkungen können jeder-        Grünflächen, die als Biodiversitäts-
                                             zeit geltend gemacht werden und ver-     förderflächen genutzt werden, um
Das Nachbarrecht                             jähren nicht.                            20 auf 450 Franken pro Hektare er-
Das Nachbarrecht ist im Schweize­            Das EG-ZGB enthält keine Bestimmun-      höht.                             lid.
rischen Zivilgesetzbuch (ZGB) gere-          gen über die Rechtsfolgen der Verlet-
gelt. Die Kantone können ihrerseits          zung von Abstandsvorschriften. Daher     Spanien exportiert Obst und
die Ausführung und weitere Details           finden die allgemeinen Bestimmungen      Gemüse für über 12 Milliarden.
in eigenen Einführungsgesetzen               des Schweizerischen Zivilgesetzbuches    Spanien hat 2016 Obst und Gemüse
zum Zivilgesetzbuch (EG-ZGB) re-             Anwendung. Bei der Verletzung von        im Wert von 12,486 Milliarden Euro
geln. Auf den 1. Januar 2017 ist ein         Abstandsvorschriften kommt meistens      exportiert. Das sind fünf Prozent
Nachtrag zum Einführungsgesetz               die Beseitigungsklage nach Art. 679      mehr als im Vorjahr. Die Gemüse-­
zum ZGB des Kantons St. Gallen in            ZGB zum Zuge. Hat die Klage Erfolg, so   Exporte summierten sich auf 5,206
Kraft getreten. Verschiedene, zum            wird der Beklagte verpflichtet, die      Milliarden Euro. Die Menge stieg um
Teil über 100 Jahre alte gesetzliche         Pflanze innert einer bestimmten Frist    2,4 Prozent auf 5,2 Millionen Ton-
Regelungen wurden überarbeitet               (von etwa 30 Tagen) zurückzuschnei-      nen. Beim Obst belief sich der Ex-
und angepasst. In einer dreiteiligen         den oder ganz zu beseitigen. Klagen      portwert auf 7,279 Milliarden Euro.
Serie informiert der «St. Galler Bau-        können nicht nur Grundeigentümer,        Das sind drei Prozent mehr als 2015.
er» über die wichtigsten Bestim-             sondern auch persönliche Berechtigte,    Dies obwohl die ausgeführte Menge
mung im Nachbarrecht.            red.       etwa ein Pächter oder Mieter.            um fünf Prozent gesunken ist.  lid.
                                              Bianca Lenz/Andreas Widmer, sgbv.                                                      35
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
10–2017
                                                                                                                                  Nachbarschaftsrecht
                                                                                                                     St.Galler Bauer
In einem solchen Fall kann der Grundeigentümer des Wieslandes auf dem Kapprecht beharren. Bild: Andreas Widmer

Das Nachbarrecht im Kanton St. Gallen Teil 3/3

Das Laub auf Nachbars Boden
Wie weit darf der Bauer beim          das Tret- und Ausstreckrecht. Mit      ZGB). Das Gesetz unterscheidet
Pflügen des Ackers auf das            Tretrecht ist gemeint, dass beim       beim Betretungsrecht zwischen
anstossende Grundstück fahren?        Pflügen eines Ackers mit der Hälfte    Bauten und Anlagen einerseits so-
Welche Voraussetzungen müssen         des Fahrzeuges auf dem anstossen-      wie Einfriedungen und Pflanzen
erfüllt werden, wenn das              den Grundstück gefahren werden         andererseits.
nachbarliche Grundstück               darf. Das Ausstreckrecht gestattet
betreten oder befahren werden         dem Berechtigten, an der Stirnseite    Bei Bauten und Anlagen
muss? Und was passiert mit den        seines Ackers mit dem Fahrzeug bis     Ein nachbarliches Grundstück kann
Früchten und Nüssen, die aufs         vier Meter auf das anstossende         grundsätzlich betreten und benutzt
nachbarliche Grundstück fallen?       Grundstück zu fahren und zu wen-       werden, soweit die Inanspruchnah-
                                      den.Das Recht kann nicht ausgeübt      me für Erstellung, Änderungen und
In Zusammenhang mit Nachbar-          werden, wenn das anstossende           Unterhalt von Bauten, Anlagen,
schaft tauchen immer wieder viele     Grundstück bepflanzt oder mit ho-      Ausrüstungen und Ausstattungen
Fragen auf und sind oft der Grund     hem Gras bewachsen ist. Zudem ist      erforderlich ist und auf andere Weise
für Streit. Lässt sich dieser nicht   der Besitzer des Grundstückes min-     die Erstellung, Änderung oder der
mit einem Gespräch lösen, kommt       destens zwei Tage vor dem Pflügen      Unterhalt nicht oder nur mit unver-
das Gesetz zum Zug.                   zu benachrichtigen. Ein allfällig      hältnismässigen Kosten möglich wä-
                                      entstehender Schaden ist ihm zu        ren. Wer das nachbarliche Grund-
Tret- und Ausstreckrecht              ersetzen.                              stück in Anspruch nehmen möchte,
(Art. 110 EG-ZGB)                                                            muss folgende Punkte beachten:
Wer Boden als Ackerland bewirt-       Inanspruchnahme eines nachbarli-       a. 
                                                                                Zustimmung des betroffenen
schaftet, hat von Gesetzes wegen      chen Grundstücks (Art. 112 bis EG-        Nachbarn oder richterliche Er-             25
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
mächtigung zur Inanspruchnah-        g­ewachsene Früchte durch einen        dem Fall empfehlenswert, die
Nachbarschaftsrecht
                  10–2017

                                      me ist erforderlich.                  Sturm auf den Boden des Nach-         Schriftform zu wählen.
                                  b. Die Inanspruchnahme wird mög-         barn geworfen werden könnten.         Reagiert der Nachbar nicht inner-
                St.Galler Bauer

                                      lichst schonend ausgeübt.             Hier hat der Eigentümer das Abho-     halb der gesetzten Frist und sind
                                  c. Dem Betroffenen muss der Scha-        lungsrecht.                           auch alle übrigen Voraussetzungen
                                     den und der Nutzungsausfall                                                  gegeben, kann die Kappung vorge-
                                     entschädigt werden. Der betrof-       Kapprecht (Art. 687 ZGB)               nommen werden. Dabei ist sorgfäl-
                                     fene Nachbar kann zudem eine          In Art. 687 Abs. 1 ZGB steht: «Über-   tig vorzugehen. Es darf allerhöchs-
                                     Sicherheitsleistung verlangen.        ragende Äste und eindringende          tens bis zur Grundstücksgrenze
                                                                           Wurzeln kann der Nachbar, wenn         zurückgeschnitten und die Pflanze
                                  Bei Einfriedungen und Pflanzen           sie sein Eigentum schädigen und        darf nicht weiter beschädigt wer-
                                  Ein nachbarliches Grundstück kann        auf seine Beschwerde hin nicht         den. Wer den Überhang in Aus-
                                  betreten und vorübergehend be-           binnen angemessener Frist besei-       übung des Kapprechts abschnei-
                                  nutzt werden, soweit die Inan-           tigt werden, kappen und für sich       det, darf die abgetrennten Äste
                                  spruchnahme zur Errichtung oder          behalten.»                             behalten. Auf dieses Aneignungs-
                                  Ausbesserung von Einfriedungen           Diese Gesetzesvorschrift gibt dem      recht kann aber auch verzichtet
                                  sowie zur Pflege der Pflanzen erfor-     Nachbarn das Recht, gegen über-        werden. Man kann die Äste auch
                                  derlich ist. Auch in diesen Fällen ist   ragende Äste und eindringende          auf das Grundstück des Nachbarn
                                  der Grundeigentümer bzw. Nach-           Wurzeln aus dem angrenzenden           zurückwerfen.
                                  bar vorgängig zu benachrichtigen,        Garten vorzugehen, ohne dass ein
                                  die Nutzung des Bodens schonend          amtlicher Richter hinzugezogen         Überhängende Bäume
                                  durchzuführen und sind allfällige        und ein Gerichtsfall ausgestanden      Das Eigentum an Grund und Boden
                                  Kosten, die durch die Inanspruch-        werden muss. Allerdings hat der        erstreckt sich gemäss Art. 667 ZGB
                                  nahme entstehen, zu vergüten.            Nachbar überragende Äste, die kei-     nach oben und unten auf den
                                                                           ne erhebliche Schädigung seines        Luftraum und das Erdreich, soweit
                                  Anries (Art. 687 ZGB)                    Eigentums nach sich ziehen, zu         für die Ausübung des Eigentums ein
                                  Unter dem Begriff Anries wird das        dulden, und zwar ungeachtet des-       Interesse besteht. Das bedeutet
                                  Recht bezeichnet, welches ein            sen, ob er sich auf das Kapprecht      grundsätzlich, dass der Luftraum
                                  Grundeigentümer ausübt, wenn             gemäss Art. 687 Abs. 1 ZGB oder        des benachbarten Grundstücks
                                  Bäume oder Sträucher des Nach-           auf die Beseitigungsklage gemäss       nicht beansprucht werden kann.
                                  barn auf sein Grundstück überra-         Art. 641 Abs. 2 ZGB stützt.            Überhängende Bäume ragen aber
                                  gen und er die Früchte erntet. Dies      Wer das Kapprecht in Anspruch          in das Grundstück des Nachbarn.
                                  setzt voraus, dass der Grundeigen-       nehmen will, muss sich zuerst beim     Im rechtlichen Sinn überhängend
                                  tümer auf das Kapprecht verzich-         Nachbarn beschweren und ihm            ist, wenn der Wurzelstock sich ganz
                                  tet und das Überragen der Äste           eine angemessene Frist zur Beseiti-    im Grundstück des Eigentümers be-
                                  duldet. Nicht nur der Grundeigen-        gung gewähren. An sich können          findet, der Stamm selbst aber zum
                                  tümer hat das Recht auf Anries,          Beschwerde und Fristansetzung          Teil in das benachbarte Grundstück
                                  sondern auch der Pächter. Der            formfrei erfolgen, also auch münd-     ragt. In diesem Fall wird die Grenz-
                                  Baum­  eigentümer muss bei der           lich. Da dies im Streitfall nachge-    linie durchschnitten. Das kann auch
                                  Ausübung des Anries nicht be-            wiesen werden muss, ist es in je-      innerhalb des Waldes gegenüber
                                  nachrichtigt werden. Das Recht
                                  auf Anries besteht jedoch nur auf
                                  bebautem oder privatem überbau-          Das Nachbarrecht als Dossier
                                  tem Grundstück. In der Landwirt-         Das Nachbarrecht ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) gere-
                                  schaftszone gilt dieses Recht            gelt. Die Kantone können ihrerseits die Ausführung und weitere Details
                                  nicht.                                   in eigenen Einführungsgesetzen zum Zivilgesetzbuch (EG-ZGB) regeln.
                                  Das Recht auf Anries gilt für alle       Auf den 1. Januar 2017 ist ein Nachtrag zum Einführungsgesetz zum
                                  fruchttragenden Bäume und Sträu-         ZGB des Kantons St. Gallen in Kraft getreten. Verschiedene, zum Teil
                                  cher wie auch für Edelkastanien,         über 100 Jahre alte gesetzliche Regelungen wurden überarbeitet und
                                  Nussbäume oder Haselsträucher.           angepasst. Der St. Galler Bauernverband stellt das Dossier ab Montag,
                                  Zu beachten ist, dass in der Zeit        13. März, unter www.bauern-sg.ch zum Herunterladen bereit.  red.
        26                        der Ernte auf eigenem Boden
Die Grenzabstände im Nachbarrecht - St. Galler Bauernverband
einem anderen Wald vorkommen           einträchtigung der Aussicht ande-         chen Nutzfläche ist es Praxis, dass

                                                                                                                               10–2017
                                                                                                                                          Nachbarschaftsrecht
oder am Waldrand gegenüber einer       rerseits. Verboten sind insbesonde-       eine gewisse Beeinträchtigung des
landwirtschaftlichen Nutzfläche.       re alle schädlichen Immissionen           Ertrages geduldet werden muss.

                                                                                                                             St.Galler Bauer
Rechtlich ist beim Überhang zu un-     oder nach Ortsgebrauch nicht ge-          Ein Gerichtsentscheid eines kantona-
terscheiden, ob der Baum schräg        rechtfertigten Einwirkungen durch         len Obergerichtes hielt fest: «Wer in
gewachsen oder durch ein Natur­        Rauch oder Russ, lästige Dünste,          einem Wohn- und Gartenquartier mit
ereignis (Sturm oder Schneedruck)      Lärm oder Erschütterungen.                Baumbeständen wohnt, muss zur
schräg gestellt wurde.                 Keine klare Regelung lässt sich im Ge-    Kenntnis nehmen, dass der Wind
Ist der Baum schräg gewachsen          setz zum Thema der herabfallenden         Blätter, Nadeln, Samen, Tannenzap-
und ragt ein Teil des Stamms über      Blätter und Äste finden, obwohl gera-     fen und dürre Äste über die Grund-
die Grenzlinie in das Grundstück       de dies immer wieder Ursprung von         stücksgrenze weht. Selbst ein erheb-
des Nachbarn hinein, kann dieser       nachbarschaftlichen Streitigkeiten ist.   licher Blätter- und Ästewurf stellt bei
die Entfernung des Baumes verlan-      Verschiedene Gerichte haben sich mit      lockeren Einfamilienhaussiedlungen
gen. Allenfalls muss ein allfälliger   dieser Frage auseinandergesetzt.          keine übermässige Immission dar.
Erlös entsprechend den Wertantei-      Nach der Rechtsprechung sind solche       Da solche Immissionen nicht als
len des Holzes geteilt werden. Eine    Immissionen grosszügig zu dulden.         übermässig gelten und zu dulden
Kappung ist hier nicht möglich.        Ob eine Immission nicht geduldet          sind, muss der Baumeigentümer
Ist der Baum durch Natureinfluss       werden kann, hängt von der Beurtei-       auch nicht für die Kosten der Beseiti-
plötzlich überhängend geworden,        lung der Erheblichkeit ab. Ortsge-        gung der zugewehten Blätter und
kann der ursprüngliche Eigentü-
mer ihn fällen und das Holz für sich
behalten. Der Nachbar erhält kein
Eigentum am überhängenden Teil.
Sofern die Schrägstellung des Bau-
mes im Winter oder während der
Vegetationsruhe eintritt, ist dieser
sofort zu fällen und abzuführen. Ist
eine sofortige Fällung nicht zumut-
bar, muss der Nachbar dem Eigen-
tümer eine Frist bis zum nächsten
Winter einräumen. Ein längeres
Überhängen braucht er sich nicht
gefallen zu lassen, er kann die Fäl-   Laubfall wird nur sehr selten als Immission gewertet.                   Bild: zVg.
lung des Baumes verlangen. Wenn
dem Nachbarn durch die spätere         brauch, die Lage, die Beschaffenheit      Äste oder für die Reinigungskosten
Fällung Schaden entsteht, ist die-     und vor allem die Nutzungsweise sind      von Dachrinnen und Abflussrohren
ser zu vergüten.                       zu berücksichtigen. So müssen zum         aufkommen. Pflanzen, welche den
                                       Beispiel Schattenwurf und Laubfall        kantonalen Abstandsvorschriften
Nachbarschaftliche Immissionen         sehr stark ausfallen, um geltend ge-      entsprechen, von denen aus aber
Nach Art. 684 ZGB ist jedermann in     macht werden zu können. Unterschie-       regelmässig grosse Mengen von
Ausübung seines Eigentums, etwa        de in der Beurteilung können sich         Blättern und Ästen aufs Nachbar-
beim Betrieb eines Gewerbes auf        auch ergeben, wenn die fraglichen         grundstück geweht werden, verur-
seinem Grundstück, verpflichtet,       Äste «nur» auf einen Rasenplatz hin-      sachen somit grundsätzlich keine
sich aller übermässigen oder schä-     überragen. Das ist von viel geringerer    übermässigen Immissionen. Wenn
digenden Immissionen auf das Ei-       Bedeutung, als wenn sie über eine         überhaupt, dann werden solche Ein-
gentum des Nachbarn zu enthalten.      Hauszufahrt wachsen und diese mit         wirkungen von der Gerichtspraxis
Bei Immissionen wird unterschie-       Laub-, Blüten- oder Nadelfall regel-      nur in Ausnahmefällen als übermäs-
den zwischen materiellen Immissio-     mässig verschmutzen. Dabei kommt          sig betrachtet, denn die kantonalen
nen wie zum Beispiel Staub, Rauch,     es auf den Schaden an, der für den        Abstandsvorschriften sind Ausdruck
Russ, Dünste und Laub einerseits       Nachbarn entsteht. Entlang der            des Ortsgebrauchs und daher sind
und negativen Immissionen wie          Wald­ränder und gegenüber der             die Immissionen zu dulden.»
Schattenwurf, Lichtentzug und Be-      angrenzenden landwirtschaftli-             Bianca Lenz/Andreas Widmer, sgbv.                27
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