Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg - Faunistische Kartierungen und artenschutzrechtliche Beurteilung - Zweckverband ...
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Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Faunistische Kartierungen und artenschutzrechtliche Beurteilung Erstellt im Auftrag der Gemeinde Niestetal Kassel, September 2020 Hafenstraße 28, 34125 Kassel Tel: 0561 5798930, Fax: 0561 5798939 E-Mail: info@boef-kassel.de Projektleitung: Peter Bachmann
Auftraggeber: Gemeinde Niestetal Heiligenröder Str. 70 34266 Niestetal Auftragnehmer: BÖF Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung GmbH Hafenstraße 28 34125 Kassel www.boef-kassel.de Projektleitung: Peter Bachmann Bearbeiter: Harald Haag Svenja Wahl Lynne Werner
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Inhaltsverzeichnis 1 ANLASS............................................................................................................... 2 2 UNTERSUCHUNGSGEBIET ............................................................................... 2 3 AVIFAUNA ........................................................................................................... 3 3.1 METHODIK ............................................................................................................. 3 3.2 ERGEBNISSE ......................................................................................................... 3 3.3 BEWERTUNG ......................................................................................................... 5 3.3.1 Brutvögel.............................................................................................................. 6 3.3.2 Durchzügler und Nahrungsgäste .......................................................................... 7 3.3.3 Artenschutzrechtliche Hinweise............................................................................ 9 4 REPTILIEN .........................................................................................................12 4.1 METHODIK ............................................................................................................12 4.2 ERGEBNISSE UND BEWERTUNG .............................................................................14 5 AMPHIBIEN ........................................................................................................16 5.1 METHODIK ............................................................................................................16 5.2 ERGEBNISSE UND BEWERTUNG .............................................................................16 6 ZUFALLSFUNDE ................................................................................................18 7 LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS .....................................................19 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Übersicht Lage Untersuchungsgebiet Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg (Luftbild Quelle: google earth) ............................................. 2 Abb. 2: Für Reptilien geeigneter Rand des Reitplatzes von Ellenbach mit „Reptilienbrett“ (Foto: H. Haag am 06.05.2020)...................................................13 Abb. 3: Für Reptilien geeignete Struktur (Verstecke, Sonnenplätze) an einem Feldweg nahe des Reitplatzes Ellenbach (Foto: H. Haag am 06.05.2020) ..........14 Tabellenverzeichnis Tab. 2-1 Erfassungstage Avifauna ..................................................................................... 3 Tab. 2-2 Artenspektrum Avifauna ....................................................................................... 4 Tab. 4-1: Erfassungstage Reptilien ....................................................................................14 Karten Karte 1: Avifauna…………………………………………………….....................Maßstab: 1:5.000 Karte 2: Reptilien…………………………………………………………………...Maßstab: 1:5.000 BÖF 1
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 1 ANLASS Für die Erweiterung des Gewerbegebiets Sandershäuser Berg waren in Vorbereitung der Grundlagen für die Bauleitplanung faunistische Kartierungen mit einer artenschutzrechtlichen Beurteilung durchzuführen. Das Gelände wird bereits seit längerer Zeit nicht mehr genutzt. Auf der Fläche haben sich Vegetationsbestände eingestellt. Zur Untersuchung der Fauna wurden folgende Tierarten- gruppen kartiert: Avifauna, Reptilien und Amphibien. Die Ergebnisse der Erfassungen werden in diesem Bericht dargestellt und abschließend ar- tenschutzrechtlich beurteilt. 2 UNTERSUCHUNGSGEBIET Das Untersuchungsgebiet liegt am Nordostrand von Kassel östlich der Ortslage von Sanders- hausen. Die BAB 7 begrenzt das UG im Westen. Abb. 1: Übersicht Lage Untersuchungsgebiet Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg (Luftbild Quelle: google earth) Das Untersuchungsgebiet besteht überwiegend aus Ackerflächen, in 2020 waren die meisten Flächen mit Getreide bestellt, auf dem großen Acker im Nordosten wurden Rüben angebaut. Nur im Osten liegt eine Wiese. Hecken und Gehölze sind nur wenig vertreten, sie liegen im Umfeld des Reitplatzes von Ellenbach, der selbst nicht mehr zum UG gehört und im Umfeld des Parkplatzes an der Straße nach Ellenbach. Hier wachsen auch einige ältere und höhere Bäume. Baumhöhlen treten im Untersuchungsgebiet in einigen alten Obstbäumen im Umfeld des Parklatzes auf, sowie westlich des Reitplatzes von Ellenbach. 2 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 3 AVIFAUNA 3.1 METHODIK Die Erfassung der Avifauna erfolgte, angelehnt an die Methodik von SÜDBECK et al. 2005, anhand von 5 Begehungen zwischen Anfang April und Ende Juli 2020. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Arten gelegt, die einen artenschutzrechtlich rele- vanten Erhaltungszustand (EHZ) in Hessen aufweisen (vgl. aktuelle 2. Fassung gemäß W ER- NER et al. 2014). Die Erfassung der Arten mit günstigem Erhaltungszustand konnte ebenfalls quantitativ erfolgen, da es sich beim Untersuchungsgebiet um einen sehr übersichtlichen Ackerlebensraum mit nur wenigen Gehölzen handelt. Die Erfassungen wurden im o.g. Zeitraum an Tagen mit mindestens guten Wetterbedingungen (wenig Wind, kein Niederschlag) durchgeführt. Auf eine Nachtbegehung konnte verzichtet wer- den, da die vorhandenen Habitate für keine in Hessen vorkommende, ausschließlich nachtak- tive Vogelart ein Nahrungs- oder Bruthabitat darstellen. Bei der Erfassung wurden neben den Brutvögeln auch die Arten erfasst, die als Nahrungsgast, Durchzügler oder Überflieger im Untersuchungsgebiet anzutreffen waren. Der Status der vor- kommenden Arten als Brutvogel (BV) oder Nahrungsgast (NG) wurde anhand der Beobach- tung des Verhaltens eingeschätzt bzw. die Reviere oder Brutplätze genau ermittelt. Tab. 3-1 Erfassungstage Avifauna Erfassung Erfassung Erfassungs- Windrichtung Datum Anlass Temperatur Bewölkung Bearbeiter von bis zeit (Std.) & -stärke [bft] 03.04.2020 9:00 12:30 3,5 Brutvögel 10 °C 80% SW 2 H. Haag 06.05.2020 9:00 12:00 3 Brutvögel 15 °C 40% N2 H. Haag 20.05.2020 9:00 12:00 3 Brutvögel 17 °C 50% NNO 2 H. Haag 05.06.2020 10:00 13:00 3 Brutvögel 15 °C 70% SW 3 H. Haag 28.07.2020 10:00 13:00 2 Brutvögel 22 °C 60% W3 H. Haag 3.2 ERGEBNISSE Im Untersuchungsgebiet wurden in 2020 insgesamt 36 Vogelarten nachgewiesen, davon - 16 Arten als Brutvögel, - 12 Arten als Nahrungsgäste, - 8 Art als Durchzügler (Rastvögel) BÖF 3
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Von den Nahrungsgästen brüten einige Arten in unmittelbarer Nähe zum UG. Von den kartierten Brutvögeln haben: - 1 Art (Bluthänfling) einen ungünstigen – schlechten Erhaltungszustand in Hessen („rote“ Arten) - 5 Arten (Feldlerche, Feldsperling, Goldammer, Neuntöter und Stieglitz) einen ungüns- tigen – unzureichenden Erhaltungszustand in Hessen („gelbe“ Arten) - 10 Arten einen günstigen Erhaltungszustand („grüne Arten“) Die Brutvogelarten, die einen ungünstigen bis unzureichenden sowie ungünstigen bis schlech- ten Erhaltungszustand aufweisen, sind der Ergebniskarte Nr. 1, „Avifauna“ mit ihrem Revier- mittelpunkt bzw. vermutetem Brutplatz zu entnehmen. Außerdem werden alle Brutvögel nach- folgend mit ihrer Häufigkeit (Anzahl Brutpaare) im UG aufgezeigt (s. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Für die allgemein häufigen und weit verbreiteten Brutvo- gelarten („grüne Arten“) werden Häufigkeitsklassen angegeben. Tab. 3-2 Artenspektrum Avifauna Status1 (Anzahl Artname Wissenschaftl. Artname Brut- RL D3 RL He3 EHZ He4 paare/HK2/Ind.) Amsel Turdus merula BV (II) - - NG, DZ und BV in Bachstelze Motacilla alba der Umgebung (19 - - Ind. am 03.04.20) Blaumeise Parus caeruleus BV(II) - - Bluthänfling Carduelis cannabina BV (2) 3 3 DZ (2 Ind. am Braunkehlchen Saxicola rubetra 2 1 06.05.20) DZ (180 Ind. am Buchfink Fringilla coelebs - - 03.04.20) Dorngrasmücke Sylvia communis BV (IV) - - Feldlerche Alauda arvensis BV (11) 3 V Feldsperling Passer montanus BV (4) V V DZ (1 Ind. am Flussregenpfeifer Charadrius dubius - 1 20.05.20) Gartengrasmücke Sylvia borin BV (II) - - Goldammer Emberiza citrinella BV (8) - V NG und BV in der Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros - - Umgebung NG und BV in der Haussperling Passer domesticus V V Umgebung Kohlmeise Parus major BV (I) - - Überflug (23 Ind. am Kormoran Phalacrocorax carbo - - 03.04.20) Mauersegler Apus apus NG - - Mäusebussard Buteo buteo NG - - Mehlschwalbe Delichon urbica NG 3 3 4 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Status1 (Anzahl Artname Wissenschaftl. Artname Brut- RL D3 RL He3 EHZ He4 paare/HK2/Ind.) Misteldrossel Turdus viscivorus NG - - Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla BV (II) - - Neuntöter Lanius collurio BV (1) - V Rabenkrähe Corvus corone BV (I) und NG - - Rauchschwalbe Hirundo rustica NG 3 3 DZ (3 Ind. am Rotkehlchen Erithacus rubecula - - 03.04.20) Rotmilan Milvus milvus NG V V Wiesenschafstelze Motacilla flava BV (II) - - DZ (4 Ind. am Singdrossel Turdus philomelos - - 03.04.20) NG und DZ (1 Ind. Sperber Accipiter nisus - - am 03.04.) NG und BV in der Star Sturnus vulgaris - 3 Umgebung Steinschmätzer Oenanthe oenanthe DZ (1 Ind. 06.05.20) 1 1 Stieglitz Carduelis carduelis BV (4) - V Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris BV (I) - - Turmfalke Falco tinnunculus NG - - DZ (9 Ind. am Wiesenpieper Anthus trivialis 2 1 08.04.19) Zilpzalp Phylloscopus collybita BV (II) - - Bedeutung der Fußnoten in der Tabelle: 1 BV = Brutvogel (Anzahl Brutpaare), NG = Nahrungsgast, DZ = Durchzügler (Anzahl Individuen) 2 Anzahl der Reviere für planungsrelevante Arten/ Häufigkeitsklassen bei allgemein häufigen Arten Häufigkeitsklassen: I = 1 Paar/Revier; II = 2-5; III = 6-10; IV = 11-25 3 RL D & RL He: Rote Liste Deutschlands (GRÜNEBERG et. al 2015) und Rote Liste Hessens (HGON & VSW 2014) V = Vorwarnstufe; 3 = gefährdet; 2 = stark gefährdet; 1 = vom Aussterben bedroht 4 Erhaltungszustand in Hessen günstig ungünstig bis unzureichend ungünstig –schlecht 3.3 BEWERTUNG Im Untersuchungsgebiet tritt mit der halboffenen Feldflur nur ein übergeordneter Lebensraum auf, der eine eigene, gut definierte Brutvogelgemeinschaft aufweist. Angrenzend sind noch mit dem bestehenden Gewerbegebiet und dem Gut Ellenbach mit eher dörflicher Vogelwelt zwei weitere Lebensräume vorhanden (FLADE 1994). BÖF 5
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 3.3.1 Brutvögel Bei den nachgewiesenen Brutvögeln handelt es sich überwiegend um typische und noch weit verbreitete, aber vielfach zurückgehende Arten der offenen und halboffenen Feldflur wie Feld- lerche, Schafstelze, Dorngrasmücke und Goldammer. Von den eigentlichen Leitarten der Feld- flur (FLADE 1994) hat nur ein Neuntöter am Rand des Untersuchungsgebietes gebrütet. Hin- zukommen weitverbreite Arten, die in Gehölzen aller Art brüten, wie z.B. Amsel, Kohlmeise und Zilpzalp. Einige Arten haben in Siedlungen inzwischen eine höhere Dichte und Stetigkeit als in ihrem ursprünglichen Hauptlebensraum der Feldflur, hierzu zählen Stieglitz und Blut- hänfling. „Rote“ Arten Der Bluthänfling wurde mit 2 Brutpaaren nachgewiesen. Ein Paar hat in den Gehölzen am Reitplatz von Ellenbach gebrütet, ein zweites knapp außerhalb des UG am Hang zu der gro- ßen Brachfläche des schon erschlossenen Gewerbegebietes, die aber noch nicht bebaut ist. Während das erste Paar auch vielfach das UG (Feldränder, Wege) als Nahrungshabitat ge- nutzt hat, war das zweite Paar vor allem auf der Brachfläche außerhalb des UG zu finden. Der Bluthänfling besiedelt vor allem hecken- und grünlandreiche Kulturlandschaften und be- vorzugt Ruderalfluren mit einem hohen Anteil an samentragenden Kräutern (STÜBING et al. 2010). Besonders im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft hat der Bestand dieser Art in den vergangenen Jahren relativ stark abgenommen (SUDFELDT et al. 2013). Der Bluthänfling ist auf der Roten Liste in Hessen als gefährdete Art aufgeführt. „Gelbe“ Arten Vom Neuntöter konnte eine sichere Brut nachgewiesen werden. In den Gehölzen am südli- chen Rand des Reitplatzes wurde am 28.07.20 beim Einholen der Reptilienmatten ein flügger Jungvogeln mit einem Altvogel beobachtet. Der vermutliche Brutplatz lag etwas östlich der Grenze des UG, der Neuntöter konnte zuvor aber auch mehrfach auf einem kleinen Stall in der Wiese innerhalb des UGs gesehen werden. Der Neuntöter war früher die klassische Art von Feldhecken, ist aber inzwischen aufgrund des Fehlens von Großinsekten auf Äckern fast nur noch in extensiv genutzten Bereichen oder auf Sonderstandorten zu finden. Die Art zeigt in Hessen einen rückläufigen Trend. Der Neuntöter wird in Hessen auf der Vorwarnliste ge- führt. Von der Feldlerche konnten 11 Reviere ermittelt werden, die sich auf den Äckern des gesam- ten UGs verteilen. Überwiegend wurden Getreidefelder als Standorte genutzt, zwei Reviere lagen in einem Rübenacker. War die Feldlerche bis in die 90-er Jahre im Offenland noch weit verbreitet und häufig, ist sie auf Intensivgrünländern inzwischen fast vollständig verschwunden und auf Äckern deutlich zurückgegangen. 6 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Auf die letzten 25 Jahre bezogen ist der Bestand in Deutschland noch leicht rückläufig, die Geschwindigkeit der Abnahme bei der Feldlerche hat sich aber in den letzten 12 Jahren ver- stärkt. In diesem Zeitraum zeigte die Art einen Rückgang von über 3% pro Jahr (SUDFELDT et al. 2013). Die Feldlerche ist auf der Roten Liste in Hessen als gefährdete Art aufgeführt. Vom Feldsperling wurden 4 Paare gefunden, jeweils 2 Paare in den Gehölzen um den Park- platz und in dem Gehölz am Rand des Reitplatzes. Die Lebensräume des Feldsperlings sind neben Dörfern auch Obstwiesen, eine baumreiche Feldflur, Waldränder und lichte Wälder. Die Art ist in Hessen noch immer flächendeckend verbreitet, erreicht aber längst nicht mehr die Dichten vergangener Jahrzehnte (STÜBING et al. 2010). Der Trend der letzten 25 Jahre zeigt beim Feldsperling einen moderaten Rückgang (SUDFELDT et al. 2013). Der Feldsperling wird in Hessen auf der Vorwarnliste geführt. Vom Stieglitz konnten 4 Brutpaare gefunden werden, wie beim Feldsperling jeweils 2 Paare in den Gehölzen um den Parkplatz und dem Gehölz am Rand des Reitplatzes. Stieglitze be- siedeln in Hessen vor allem die gut strukturierte Feldflur mit kleineren Gehölzbeständen, alten Obstbäumen und samenreichen Staudenfluren, außerdem sind sie in Gärten, Parks und auf Friedhöfen zu Hause. Sie sind noch verbreitet, aber spürbar rückläufig. Deutschlandweit zeigt der Bestand seit 25 Jahren eine moderate Abnahme, seit mehr als einem Jahrzehnt sogar eine sehr starke Abnahme (SUDFELDT et al. 2013). Der Stieglitz wird in Hessen auf der Vor- warnliste geführt. Von der Goldammer konnten 8 Reviere gefunden werden, diese verteilen sich recht gleich- mäßig über Gehölze des Untersuchungsgebietes. Die Goldammer ist in der gut strukturierten Feldflur ein sehr typischer Brutvogel und über ganz Hessen weit verbreitet und häufig. Der langfristige Bestandstrend in Deutschland ist rückläufig. Auf die letzten 25 Jahre bezogen, ist der Bestand stabil, erst in den letzten 12 Jahren ist wieder eine moderate Abnahme zu ver- zeichnen (SUDFELDT et al. 2013). Die Goldammer wird in Hessen auf der Vorwarnliste geführt. 3.3.2 Durchzügler und Nahrungsgäste Bei den nachgewiesenen Gastvögeln wird aufgrund der unterschiedlichen Nutzung und Be- deutung des Untersuchungsgebietes zwischen Nahrungsgästen und Durchzüglern unterschie- den (s. Tabelle 2-2). Bei den nachgewiesenen Gastvögeln handelt es sich überwiegend um Arten, die vermutlich in der näheren Umgebung (Bachstelze, Schwalben) und bei Mäusebussard und Rotmilan auch in der weiteren Umgebung brüten und das Untersuchungsgebiet und seine Umgebung als Nahrungsgebiet nutzten. Insbesondere für Mäusebussard, Rotmilan und Turmfalke sind die Freiflächen deutlich wichtiger als die Gehölze des UG und vor allem für Greifvögel kann das UG von großer Bedeutung für erfolgreiche Bruten sein. Mauersegler, Rauch- und Mehl- schwalbe suchen ihre Nahrung im Luftraum, nutzen also das UG nicht direkt. Rastvögel und Durchzügler nutzen das Untersuchungsgebiet nur kurzfristig für ein oder meh- rere Tage auf dem Weg zwischen Winterquartier und Brutgebiet. BÖF 7
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Von den Gastvögeln haben 4 Arten einen ungünstigen bis schlechten Erhaltungszustand (Braunkehlchen, Flussregenpfeifer, Steinschmätzer, Wiesenpieper) und 6 Arten einen un- günstigen bis unzureichenden Erhaltungszustand (Rotmilan, Mauersegler, Feldlerche, Rauch- schwalbe, Mehlschwalbe, Haussperling). Die weiteren 12 Arten weisen einen günstigen Erhal- tungszustand in Hessen auf (s. Tab. 2-2). „Rote“ Arten Braunkehlchen, Steinschmätzer und Wiesenpieper konnten jeweils an einem Tag in der Feldflur als rastende Durchzügler nachgewiesen werden. Alle drei Arten stellen keine beson- ders hohen Ansprüche an ihre Rastgebiete, Grünland und Äcker werden genutzt. Vor allem das Braunkehlchen, aber auch der Steinschmätzer, nutzen zudem gerne etwas erhöhte Sitz- warten. Dies können sowohl Gehölze, Staudensäume aber auch Weidezäune sein. Für die Arten ist das Untersuchungsgebiet ein geeignetes aber nicht bedeutendes Rastgebiet. Obwohl der Brutbestand dieser Arten in Hessen sehr stark zurückgegangen ist (u.a. STÜBING et al. 2010) und sie im Kasseler Raum vermutlich nur noch sporadisch brüten oder ausgestor- ben sind, treten sie immer noch recht regelmäßig auf dem Durchzug auf. Der Flussregenpfeifer konnte nur einmal am 20. Mai auf der vegetationsarmen Schotterflä- che südwestlich des eigentlichen UGs mit einem Individuum nachgewiesen werden. Da der Vogel gebalzt hat, ist aber zu vermuten, dass kurzfristig ein Paar anwesend war. Dies konnte allerdings bei zwei weiteren Kontrollen nicht bestätigt werden. Im Jahr 2019 wurde der Fluss- regenpfeifer auf der Schotterfläche mit einer erfolgreichen Brut nachgewiesen. Nachdem im Mai 2019 ein brütender Altvogel beobachtet worden war, wurde im Juli 2019 ein Altvogel und mit einem flüggen Jungvogel gesichtet (H. Haag, schriftl.). Der ursprüngliche Lebensraum des Flussregenpfeifers sind unverbaute Flussauen mit wech- selnden, immer wieder neu entstehenden, vegetationsfreien Kiesinseln. Heute brüten die meisten Flussregenpfeifer in vegetationsfreien Sekundärbiotopen wie Kies- und Sandgruben, an Baggersehen und in Steinbrüchen, aber auch auf Halden und Industriebrachen. In Hessen ist die Art in den letzten Jahren sehr selten geworden (100-200 Reviere nach STÜBING et al. 2010). Im Kasseler Raum steht sie kurz vor dem Aussterben, mit nur noch 1-3 Paaren, die längst nicht mehr jedes Jahr erfolgreich brüten. Gelegentlich brütet die Art auch auf mit Kies bedeckten Flachdächern, damit könnten sie sogar in Industriegebieten gezielt angesiedelt wer- den. Der Flussregenpfeifer ist auf der Roten Liste in Hessen als vom Aussterben bedrohte Art auf- geführt. „Gelbe“ Arten Vom Rotmilan wurde nur am 20. Mai ein Individuum jagend nachgewiesen. Das nächste Brut- vorkommen liegt vermutlich in den kleineren Wäldern im Umfeld des Untersuchungsgebietes. Da maximal 1 Individuum beobachtet wurde, ist das UG vermutlich nur Nahrungshabitat für 1 oder 2 Brutpaare. 8 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Die Felder des UGs sind für den Rotmilan und alle anderen Greifvögel (Mäusebussard, Turm- falke) ein gut geeignetes Nahrungsrevier. Der Rotmilan wird in Hessen auf der Vorwarnliste geführt. Mauersegler, Rauchschwalbe und Mehlschwalbe sind alle typische Gebäudebrüter, die ausschließlich in der Luft nach Insekten jagen. Für sie bietet das Untersuchungsgebiet keine geeigneten Brutplätze, ist aber ein geeignetes Nahrungshabitat. Die Schwalben brüten ver- mutlich in Ellenbach, Mauersegler hingegen können auf der Nahrungssuche weite Strecken zurücklegen. Rauch- und Mehlschwalbe sind auf der Roten Liste in Hessen als gefährdete Art aufgeführt. Der Mauersegler ist nicht auf der Roten Liste Hessens gelistet. Der Haussperling tritt als typischer Gebäudebrüte an den Gebäuden von Ellenbach auf. Er nutzt das UG im nahen Umfeld von Ellenbach als Nahrungshabitat. Obwohl die Art in Hessen flächendeckend verbreitet ist, sind seit den 1970er Jahren Bestandsrückgänge zu beobachten (STÜBING et al. 2010). Diese sind auf sanierte und somit als Brutstätten ungeeignete Wohn- haussiedlungen und auf den Rückgang bzw. das Fehlen von Nahrungsflächen im Umfeld mög- licher Brutplätze zurück zu führen. Der Trend der letzten 25 Jahre zeigt beim Haussperling einen leichten Rückgang (SUDFELDT et al. 2013). Er wird in Hessen auf der Vorwarnliste ge- führt. 3.3.3 Artenschutzrechtliche Hinweise Im Zuge des Vorhabens werden voraussichtlich 80 % der Fläche des Geltungsbereichs be- baut. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Ackerflächen. Durch die Bebauung gehen aber auch die vorhandenen Gehölzstrukturen innerhalb des Geltungsbereichs vermutlich voll- ständig verloren, wozu. auch die Bäume und Gehölze entlang bzw. in der Nähe des Parkplat- zes an der Straße Richtung Gut Ellenbach zählen. Außerdem wird auch der am westlichen Rand zur BAB A7 liegende geschotterte Parkplatzfläche von SMA überbaut. Gehölzbrütende Arten Durch den (sehr wahrscheinlichen) Verlust der Gehölzstrukturen im zentralen Bereich des Gel- tungsbereichs gehen Nistmöglichkeiten der dort nachgewiesenen Vogelarten verloren. Dar- über hinaus können je nach Flächenbeanspruchung auch die Brutstandorte in den Obstgehöl- zen nahe des Parkplatzes (vgl. Kap. 2) und in den Gehölzen, die entlang des kleinen Parkplat- zes entlang der Straße Richtung Gut Ellenbach sowie an dem anschließenden Feldweg und nahe des Reitplatzes liegen, direkt durch Überbauung oder indirekt (Störungen) betroffen. Die Gehölze, die entlang des kleinen Parkplatzes entlang der Straße Richtung Gut Ellenbach sowie an dem anschließenden Feldweg und nahe des Reitplatzes liegen, bieten derzeit eini- gen gehölzbrütenden Arten einen Nistplatz (Feldsperling, Goldammer, Stieglitz). BÖF 9
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Insgesamt gehen durch die Gehölzentnahme die Brutplätze von zwei Feldsperlingen, mindes- tens vier Goldammern und zwei Stieglitzen verloren. Auch der Bluthänfling, der mit einem Brutpaar am südwestlichen Rand entlang der großflächigen Schotterfläche brütete, ist mit aller Wahrscheinlichkeit durch die Gehölzentnahme betroffen. Da sich im unmittelbaren Umfeld nur wenige Gehölze befinden (die nächstgelegenen befinden sich angrenzend an den Reitplatz an der Grenze zum Geltungsbereich), kommt diesen Gehöl- zen im Planungsgebiet eine große Bedeutung als Brut- und Nahrungshabitat zu. Die hier brü- tenden Vögel können bei einem Verlust nur bedingt in andere Gehölze ausweichen, da das unmittelbare Umfeld überwiegend durch Ackerfläche geprägt ist. Um den Verlust potenziell besetzter Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu vermeiden, dürfen die Gehölze nur außerhalb der Brutzeit (zw. 01.10. und 28./29.02.) entnommen werden. So sind zu Beginn der Brutzeit keine Brutmöglichkeiten innerhalb des Eingriffsbereichs vorhan- den, eine erhebliche Störung sowie ein Verlust besetzter Nester wird für gehölzbewohnende Vogelarten somit vermieden. Höhlenbäume müssen vor der Entnahme auf Tiere kontrolliert und ggf. verschlossen werden. Für die Arten, die in den unmittelbar an den Eingriffsbereich angrenzenden Gehölzen am bzw. in der Nähe zum Reitplatz brüten (Feldsperling, Goldammer, Stieglitz, Bluthänfling) ist eine Störung durch die Einrichtung der Baustelle und die Bautätigkeit allerdings grundsätzlich nicht auszuschließen. Die Bautätigkeit ruft keine gleichmäßige Geräuschkulisse (wie Straßenver- kehr) hervor und erzeugt zusätzliche optische Reize. Die Einrichtung der Baustelle und der Beginn der Bautätigkeit sollte daher unmittelbar im Anschluss an die Gehölzentnahme und somit vor der Brutzeit erfolgen, um eine Störung der Brutvögel in den Gehölzen rund um den Reitplatz zu vermeiden. Durch die bauzeitliche Regelung können somit Störungen dieser Paare ausgeschlossen werden, da die Paare die Reviere dann entweder nicht mehr besetzen oder aber den Baustellenlärm tolerieren. Für das Brutpaar des Neuntöters kann aufgrund der Distanz zum Eingriffsbereich (rd. 170 m) eine Störung ausgeschlossen werden. Der Verlust an Gehölzen und damit einhergehend der Verlust von Nistplätzen kann durch die Neuanlage von Gehölzen ausgeglichen werden, sowohl innerhalb des Geltungsbereichs als auch als Feldgehölze im Umfeld des Eingriffsbereichs. Als Ausgleich für den möglichen Verlust von Baumhöhlen sollten seminatürliche Höhlen im umliegenden Habitat ausgebracht werden. Offenlandarten Durch den Verlust von Offenland ist auch die Feldlerche als bodenbrütende Offenlandart un- mittelbar von dem Vorhaben betroffen. Innerhalb des Geltungsbereiches gehen (mindestens) vier Feldlerchenreviere verloren. Um einen Verlust potenziell besetzter Fortpflanzungs- und Ruhestätten von bodenbrütenden Vögeln zu vermeiden, darf die Erschließung des Geländes nur außerhalb der Brutzeit (zw. 01.10. und 28./29.02.) stattfinden. Ist keine Vegetation auf der Fläche vorhanden, ist das Ge- lände unattraktiv für Bodenbrüter, innerhalb des Eingriffsbereichs sind somit keine Brutmög- lichkeiten zum Brutbeginn vorhanden. Eine erhebliche Störung sowie ein Verlust besetzter Nester wird für die Feldlerche dadurch vermieden. 10 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Das umliegende Offenland bietet jedoch nicht ausreichend Ausweichfläche für die verloren gegangenen Feldlerchenreviere. Daher sollte im umliegenden Offenland die Habitatqualität ausgewählter Flächen z.B. durch das Anlegen von Lerchenfenstern oder die Anlage von Blüh- streifen erhöht werden, um die Revierverluste auszugleichen. Neben dem Verlust von Feldlerchenrevieren ist auch eine Störung der an den Geltungsbereich angrenzenden Ackerflächen nicht auszuschließen (im 50 – 100 m Umkreis um den Geltungs- bereich liegen zwei weitere Reviermittelpunkte der Feldlerche). Eine Störung kann zum einen während der Bautätigkeit und des Betriebs auftreten (Lärm-, Staubemissionen, optische Reize durch an- und abfahrende Fahrzeuge), zum anderen allerdings auch durch die Höhe der Bau- werke hervorgerufen werden, da Feldlerchen hohe vertikale Strukturen meiden (GEDEON et al. 2014). Daher ist davon auszugehen, dass auch die angrenzende Offenlandfläche durch die Bebauung an Habitatqualität für die Feldlerche verliert. Darüber hinaus gehen auch Nahrungshabitate sowie Rastplätze für durchziehende Vogelarten durch das Vorhaben verloren. Durch die Beanspruchung einer größeren Offenlandfläche sind insbesondere solche Nahrungsgäste betroffen, die im Offenland nach Beutetieren suchen. Auf den umgebenden Ackerflächen sind weiterhin ausreichend große Nahrungshabitate vorhan- den, sodass keine erhebliche Beeinträchtigung eintritt. Die ohnehin nur geringe Funktion als Rastgebiet geht aufgrund der Habitatausstattung des angrenzenden Raumes (großflächige Ackerflächen) nicht verloren. Der Flussregenpfeifer wurde 2020 zwar nur einmal auf der geschotterten Fläche südwestlich des Geltungsbereichs beobachtet, aufgrund des in 2019 nachgewiesenen Vorkommens ist jedoch davon auszugehen, dass die Fläche weiterhin ein geeignetes Habitat für die Art dar- stellt. Eine Störung der Art wird durch die bauzeitliche Regelung (s. o.) vermieden. Da die Art auch bereits auf mit Kies bedeckten Flachdächern nachgewiesen wurde, besteht hier die Mög- lichkeit, das Vorkommen der Art im lokalen Umfeld auch innerhalb eines Industriegebietes langfristig zu sichern. Je nach Art der Bebauung könnten Flachdächer daher in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde mit einer Kiesschicht versehen werden, um mehr Brutmöglich- keiten für den Flussregenpfeifer zu schaffen. BÖF 11
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 4 REPTILIEN Die meisten Reptilien besiedeln ungenutzte oder extensiv genutzte Biotope mit magerer Ve- getation wie zum Beispiel Trockenrasen, Waldlichtungen, Bahndämme und trockene Waldrän- der. Sie bevorzugen einen Wechsel aus offenen, lockerbödigen Abschnitten zur Eiablage und um sich zu sonnen sowie von dichter bewachsenen Bereichen in die sie sich flüchten können. Daher sind vor allem die Übergänge (Säume) zwischen Gehölzen und Offenland regelmäßig besiedelte Lebensräume. Wichtig ist auch das Vorkommen von Strukturelementen wie Tot- holz, Altgras, Lesesteinhaufen oder Felsen. Dabei werden auch anthropogene Strukturen wie Schotterflächen oder zur Lagerung aufgeschichtete Steinhaufen genutzt. Zwei der in Deutschland vorkommenden Arten, Ringelnatter und Würfelnatter, zeigen zudem eine deutliche Bindung an Gewässer, wobei diese Bindung bei der Würfelnatter sehr viel aus- geprägter ist. Die Ringelnatter besiedelt auch Komplexe aus Wiesen und Gehölzen in denen Gewässer nur eine geringe Rolle spielen. Offene weitgehend Ausgeräumte Ackerfluren werden von allen Reptilienarten gemieden. Dementsprechend sind im Untersuchungsgebiet zur Erweiterung des Gewerbegebiets San- dershäuser Berg nur wenige geeignete Habitate für Reptilien vorhanden. 4.1 METHODIK Reptilien stellen in Deutschland aufgrund ihrer Wärmebedürftigkeit eine artenarme Tiergruppe da, deren Vertreter oft nur schwer nachzuweisen sind. Die besten Möglichkeiten bieten sich bei günstigen Witterungsbedingungen. Wenn sich die Tiere nach einer kühlen Nacht zur Auf- heizung ihres Körpers direkt der Sonnenstrahlung aussetzen, können Eidechsen und Schlan- gen in geeigneten Lebensraumstrukturen gezielt gesucht werden. Die Erfassung im Untersuchungsgebiet erfolgte dabei durch das langsame Ablaufen der Grenzverläufe von Gehölzrändern und Offenland sowie der wenigen Bereiche mit Offenboden wie die Feldwege und der zum Untersuchungsgebiet gehörende Parkplatz der SMA. Mögliche Sonnenplätze wurden zusätzlich mit dem Fernglas kontrolliert, auf diese Weise können Ei- dechsen entdeckt werden, bevor sie flüchten. Aber auch dann kann durch Sichtbeobachtung nur ein Bruchteil aller Individuen einer Popula- tion direkt nachgewiesen werden. Eine weitere Nachweismöglichkeit ist daher der Einsatz von künstlichen Verstecken. Bei den künstlichen Verstecken handelte es sich um ca. 1,00 m x 0,50 m große Dachpappen- Stücke, welche auch Reptilienbretter genannt werden. Reptilien suchen die Bretter nicht ge- zielt auf, sondern stoßen beispielsweise bei der Nahrungssuche auf das „ideale“ Versteck. Da für einige Reptilienarten unter dem Brett günstige Bedingungen (Sichtschutz vor Prädatoren, günstige Möglichkeiten zur Thermoregulation, Nahrungsquellen etc.) herrschen, können sie dort im Verlauf der Kontrollen sehr viel besser nachgewiesen werden als bei freier Suche. 12 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Die Reptilienbretter sind insbesondere für den Nachweis von Schlangen und Blindschleichen geeignet, die sich darunter verstecken. An kühleren Tagen mit wenig Sonneneinstrahlung wer- den die Pappen auch als Sonnenplatz von Eidechsenarten genutzt. Abb. 2: Für Reptilien geeigneter Rand des Reitplatzes von Ellenbach mit „Reptilienbrett“ (Foto: H. Haag am 06.05.2020) Insgesamt wurden 6 künstliche Verstecke am 03.04.2020 an für Reptilien geeigneten Stellen ausgebracht. Es wurde darauf geachtet, dass es sich bei den ausgewählten Standorten um teilweise besonnte Plätze handelte, sodass sich die Bretter bei Sonneneinstrahlung erwärmen konnten, aber nicht zu stark aufheizten. Die Reptilienbretter wurden dokumentiert und der Standort mittels GPS-Gerät eingemessen. In Karte 2 ist die Lage der künstlichen Verstecke dargestellt. An insgesamt 4 Terminen wurden die Bretter tagsüber, bei günstigen Wetterbedingungen, auf Reptilien kontrolliert (s. Tab. 4-1) dabei an drei Terminen in Verbindung mit der Erfassung von Brutvögeln. An denselben Tagen fand auch das gezielte Absuchen von Strukturen, die sich als Versteck eignen, statt. BÖF 13
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Abb. 3: Für Reptilien geeignete Struktur (Verstecke, Sonnenplätze) an einem Feldweg nahe des Reitplatzes Ellenbach (Foto: H. Haag am 06.05.2020) Tab. 4-1: Erfassungstage Reptilien Nr. Datum Uhrzeit Wetterbedingungen 1 06.05.2020 09:00 Uhr – 12:00 Uhr 15,0°C, kein Niederschlag 2 20.05.2020 09:30 Uhr – 12:00 Uhr 17,0°C, kein Niederschlag 3 05.06.2020 10:00 Uhr – 13:00 Uhr 15,0°C, kein Niederschlag 4 28.07.2020 10:00 Uhr – 12:00 Uhr 22,0°C, kein Niederschlag 4.2 ERGEBNISSE UND BEWERTUNG Obwohl vor allem an den Rändern des Untersuchungsgebiets, wie am Reitplatz und dem Südhang zum erschlossenen Gewerbegebiet, für Reptilien durchaus geeignete Flächen vor- handen sind, konnten bei den Untersuchungen keine Reptilien nachgewiesen werden. Anhand der vorgefundenen Strukturen (s. Abb. 2 und Abb. 3) erscheint aber nur das Auftreten von Blindschleiche und ggf. Waldeidechse möglich zu sein. Allerdings sind die geeigneten Habitate wie Wegränder und Gehölzränder sehr klein, weit voneinander entfernt (verinselt) und vermutlich inmitten der hier wenig strukturierten Ackerflur auch nicht für eine dauerhaft überlebensfähige Population ausreichend. 14 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Artenschutzrechtliche Hinweise Aufgrund der fehlenden Nachweise von Reptilien werden keine artenschutzrechtlichen Hin- weise zu dieser Tiergruppe abgeleitet. BÖF 15
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 5 AMPHIBIEN Amphibien sind zur Fortpflanzung an Gewässer gebunden und sind dort zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Dauer (je nach Art) anzutreffen. Einige Arten haben ein ausgeprägtes Wanderverhalten, je nachdem wie weit die Laichgewässer und der Landlebens- raum (Sommerlebensraum und Winterquartiere) voneinander entfernt liegen. Die meisten Amphibienarten nutzen stehende Gewässer, vor allem kleinere Tümpel oder Tei- che, als Laichplätze (z.B. alle Molcharten). Einige Arten wie die Grünfrösche bevorzugen grö- ßere Gewässer, andere sind auf weitgehend vegetationsfreie Pioniergewässer angewiesen (z.B. Kreuzkröte) und nur Feuersalamander, der seltenere Bergmolch und die Geburtshel- ferkröte nutzen auch die Kolke von Fließgewässern. Als Sommerlebensräume werden vor allem Wälder, Gehölze und Wiesen genutzt, wobei gel- ten kann, das je feuchter die Bereiche sind, desto besser sie auch für Amphibien geeignet sind. Äcker können ebenfalls genutzt werden, wobei hier gilt, dass ihre Bedeutung für Amphi- bien mit der Intensität der Nutzung, vor allem von Pestiziden, abnimmt. Im Stadt- und Land- kreis Kassel treten aktuell wohl noch 11 Arten auf, einige wie Kreuz- und Geburtshelferkröte nur noch sehr selten. Alle Amphibienarten sind durch das BNatSchG besonders geschützt und einige Arten unter- liegen auf Grund ihrer Listung in der FFH-Richtlinie zusätzlich dem strengen Artenschutz. 5.1 METHODIK Bei den Begehungen zur Erfassung von Vögeln und Reptilien (s. Tab. 3-1 und Tab. 4-1) wurde das Untersuchungsgebiet und das nähere Umfeld auch nach möglichen Laichgewässern für Amphibien abgesucht. Zudem wurde auf das Auftreten von Amphibien im Untersuchungsge- biet geachtet z.B. auch durch Nachweise von ggf. überfahrenen Tieren auf Wegen. 5.2 ERGEBNISSE UND BEWERTUNG Laichgewässer Im Untersuchungsgebiet selbst treten keine Gewässer auf, selbst temporäre Kleinstgewässer konnten während der Kartierungen in 2020 nicht gefunden werden. Auf der großen Schotter- fläche südlich des Untersuchungsgebietes traten vereinzelt temporäre Pfützen auf, die Suche nach Amphibien und Laich blieb aber immer erfolglos. Auch in den vergangenen Jahren konnten in diesem Gebiet, im Rahmen anderer Untersu- chungen, keine Amphibien nachgewiesen werden, obwohl es zu den damaligen Zeitpunkten deutlich mehr geregnet hatte und Pfützen vorhanden waren, die sogar für längere Zeit Bestand hatten. 16 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg Aufgrund der Ausstattung des Habitats könnten einzelne Bereiche im Untersuchungsgebiet für die Kreuzkröte geeignet sein. Die Art ist aber inzwischen so selten geworden, dass sie solche Gebiete vermutlich nicht mehr durch Einwanderung erreichen kann. Die nächsten ge- eigneten Laichplätze für Amphibien sind im Niestetal zu vermuten. Landlebensraum Bei den Erfassungen konnten keine Amphibien im Untersuchungsgebiet festgestellt werden. Da im näheren Umfeld Laichgewässer fehlen und das Untersuchungsgebiet keine besonders gut geeigneten Sommerlebensräume wie z.B. Feuchtwiesen aufweist, ist nicht mit dem Vor- kommen von Amphibien zu rechnen. Artenschutzrechtliche Hinweise Aufgrund der fehlenden Nachweise von Amphibien werden keine artenschutzrechtlichen Hin- weise zu dieser Tiergruppe abgeleitet. BÖF 17
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 6 ZUFALLSFUNDE An einem Ackerrand zu einem Weg konnte der Sand-Mohn (Papaver argemone) gefunden werden, dieser ist nach der Roten Liste Hessen eine Art der Vorwarnliste. 18 BÖF
Faunaerfassung Erweiterung Gewerbegebiet Sandershäuser Berg 7 LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS FLADE, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW, Eching, 879 S. GEDEON, K.; GRÜNEBERG, C.; MITSCHKE, A.; SUDFELDT, C.: EIKHORST, W.; FISCHER, S.; … & KRAMER, M. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Münster. HESSISCHES MINISTERIUM FÜR UMWELT, KLIMASCHUTZ, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHER- SCHUTZ (Hrsg.) (10. Fassung 2014): Rote Liste der bestandsgefährdeten Brutvogelarten Hessens, Echzell. STÜBING, S.; KORN, M.; KREUZIGER, J.; W ERNER, M. (2010): Vögel in Hessen. Die Brutvögel Hessens in Raum und Zeit. Brutvogelatlas, Echzell. SUDFELDT, C.; R. DRÖSCHMEISTER, W. FREDERKING, K. GEDEON, B. GERLACH, C. GRÜNEBERG, J. KARTHÄUSER, T. LANGGEMACH, S. TRAUTMANN, J. W AHL (2013): Vögel in Deutschland- -2013. DDA, BfN, LAG VSW, Münster. SÜDBECK, P.; ANDRETZKE, H.; FISCHER, S.; GEDEON, K.; SCHIKORE, T.; SCHRÖDER, K.; SUD- FELDT, C. (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Ra- dolfzell. WERNER, M.; BAUSCHMANN, G.; HORMANN, M.; STIEFEL, D. (2014): Zum Erhaltungszustand der Brutvogelarten Hessens, 2. Fassung März 2014. – Vogel und Umwelt 21: 37–69. BÖF 19
Legende Untersuchungsgebiet Avifauna (ca. 61 ha) Geltungsbereich Reviermittelpunkte Avifauna mit Angabe Erhaltungszustand in Hessen (Stand: 23.10.2019) ! ( ungünstig bis schlecht Fl ! ( ! ( ungünstig bis unzureichend Bluthänfling (Hä) Feldlerche (Fl) Feldsperling (Fe) Goldammer (G) Fl ! ( Neuntöter (Nt) Fl Stieglitz (Sti) Fl ! ( ! ( Gut Ellenbach Fl ! ( Fl Sandershausen ! ( (!( Sti Fe Hä G (! ! ! ( Fe 7 Fe ! (!( Fe ! ( A ! ( Sti B Nt A Sti G ! ( B (! !G ( ! ( ! ( G G Fl ! ( ! ( G Fl ! ( ! ( Sti ! ( Fl ! ( Hä ! ( Fl ! ( G ! ( Fl G ! ( ! ( Gemeinde Niestetal Heiligenröder Str. 70 34266 Niestetal Projekt: Erweiterung GE Sandershäuser Berg Maßstab: Ergebnisse Fauna-Kartierung 2020 1:5.000 Karte 1: Avifauna Hafenstraße 28 34125 Kassel ± Tel: 0561 5798930 0 75 150 300 Meter Fax: 0561 5798939 E-Mail: info@boef-kassel.de bearbeitet: Ha/Wa gezeichnet: Ha Datum: 11.09.2020 geprüft: Wa Datum: 14.09.2020
Legende Untersuchungsgebiet Reptilienbretter mit Nr. " ) --> keine Nachweise )6 " Sandershausen 7 A B )1 " A B )5 " )2 " )3 " Gemeinde Niestetal )4 " Heiligenröder Str. 70 34266 Niestetal Projekt: Erweiterung GE Sandershäuser Berg Maßstab: Ergebnisse Fauna-Kartierung 2020 1:5.000 Karte 2: Reptilien Hafenstraße 28 34125 Kassel ± Tel: 0561 5798930 0 75 150 300 Meter Fax: 0561 5798939 E-Mail: info@boef-kassel.de bearbeitet: Ha/Wa gezeichnet: Ha Datum: 11.09.2020 geprüft: Wa Datum: 14.09.2020
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