Digitale Plattformen - die neuen Player am Markt - Caroline Gaul - Walder Wyss
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Digitale Ökosysteme Zusammenspiel Digitale Digitalisierung unterschiedlicher Netzwerkeffekte Plattformen Transformation Akteure Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 2
Zentrale Besonderheit bei Plattformen Plattform IT-Services: Nutzung der “Nutzungsvertrag”: Bereitstellung der Applikation, Plattorm, rechtliche Qualifikation Gewährleistung der richtet sich nach der konreten Funktionaliät und Leistung Ausgestaltung Anbieter Endkunde Diverse Vertragstypen: Aufträge, Kauf- oder Werkverträge, Pauschalreisen, Versicherungs- oder Mietverträge Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 4
Wodurch zeichnen sich Plattformen aus? Sie verbinden unterschiedliche Akteure und bieten gemeinsam Hub genutzte Infrastruktur, Marktplätze und/oder Netzwerke für Dritte und deren Produkte oder Dienstleistungen Gatekeeper Steuern den Zugang zur Plattform Vermittler Sie bieten die eigentlichen Waren oder Dienstleistungen nicht selber an sondern fungieren als Intermediär (“middle man”) Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 5
Beispiel: Plattform «digitalLawyer» Anwälte digitalLawyer Potentielle Klienten • Schildern ihr rechtliches • Prüft die Anfrage • Machen ein Angebot Problem auf der Plattform • Wählt aus der Liste der • Bearbeiten das Mandat • Wählen einen Anwalt aus registrierten Anwälte eine • Zahlen eine Service Fee an Auswahl passender die Plattform, die sich aus Anwälte heraus einem Prozentsatz des • Stellt die Applikation für Anwaltshonorars ergibt die Kommunikation mit dem Klienten und die Fallbearbeitung zur Verfügung und bindet dazu weitere IT- Dienstleister ein • Übernimmt die Zahlungsabwicklung Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 6
Rechtliche Risiken? – DigitalLawyer “nur Application Provider”, datenschutzrechtlich nur Processor, nicht Controller? – Nur Hilfsperson des Anwalts,d.h. kein Verstoss gegen das Berufsgeheimnis? – Service Fees wie in jedem anderen Sektor zulässig? Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 7
Rechtliche Risiken Datenschutz Berufsgeheimnis Service Fees Verstoss gegen Art. 321 StGB, Unterschiedliche Ebenen der Art.13 BGFA, da keine Hilfsperson Datenbearbeitung: in Bezug auf Mandatsakquise, Processor, soweit die Einschalten weiterer IT- Service Fees unzulässige Datenbearbeitung in Erfüllung des Dienstleister Vermittlungsgebühr (Art. 12 Vertrags mit dem Anwalt erfolgte; lit. a BGFA) ohne weitere Massnahmen Im Übrigen, d.h. Mandatsakquise unzulässige Subdelegation und Betreiben der Website: Controller (Urteil des Bundesgerichts vom 4. Juni 2019, Bger 2C-1083/2017) Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 8
Wo / beim wem liegen die Risiken? Verletzung der Berufs- und Standesregeln? “Nicht unser Problem” “Richtig! Es stellt aber Euer gesamtes Geschäftsmodell in Frage!” Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 9
Rechtliche Risiken Bilden die Wollen Verantwortung Kundenschnittestelle für die und verwerten die Datenverarbeitung anfallenden vermeiden Kundendaten Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 10
Rechtliche Risiken Verarbeiten Wollen aber “Herr der Kundendaten nur für Daten” sein den Anbieter Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 11
Rechtliche Risiken Bieten Wollen nur „Vermittler“ Waren/Dienstleistungen sein über ihre Plattform an Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 12
Rechtliche Risiken Tendieren dazu, die Bilden starke Allianzen (allenfalls mit ihren Partnern sektorspezifische) legal (Anbietern auf der compliance ihrer Plattform) Partner zu vergessen Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 13
Was bedeutet das für unsere rechtliche Beratung? Datenschutzrecht • Auftragsverarbeiter? Controller? • Urteil des EuGH vom 02.04.2020 – C-567/18 Verantwortung für (Coty/Amazon): Amazon verletzt durch die bloße Lagerung Produkte auf der markenrechtsverletzender Waren keine Markenrechte. Der EuGH weist jedoch explizit auf Haftung von Mittlern nach Plattform? der E-Commerce und Enforcement Richtlinie hin. Vermittlung von • Urteil des Arbeitsgerichts Lausanne vom 29.04.2019: Verhältnis zwischen UBER und UBER-Fahrer = Dienstleistungen oder Arbeitsvertrag (Jugement rendu par le Tribunal de Personalverleih? Prud’hommes du 29 avril 2019, ref. P317.026539) Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 14
Beispiel: Schweizer Plattform Batmaid Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 15
Spezial: Rechtliche Beratung in der Due Diligence • Legal Compliance der Anbieter auf der Plattform: Verletzung von nur für Plattform-Teilnehmer geltendem spezifischen Recht und regulatorischen Anforderungen kann als Geschäftsrisiko ein red flag sein • Es kann erforderlich sein, statt nur Reps & Warranties vorzuschlagen, „Clean-Up Activities“ vor dem Closing zu empfehlen • Grenzen der Due Diligence? Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 16
Plattformhaftung: Schweiz Kein allgemeiner Rechtsrahmen und kein spezielles Haftungsregime Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Täter/Teilnehmerhaftung und der Kausalität (vgl. hierzu insbesondere Urteil des Bundesgerichts vom 08.02.2019 (4A_433/2018) in Sachen Swisscom: Keine Überprüfungs- und Unterlassungspflichten für blosse Access Provider Sektorspezifische Sonderregeln: •Netzsperren bei nicht bewilligten ausländischen online Spielangeboten (Art. 86 ff. BGS) und zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Internet-Angeboten mit verbotener Pornografie im neuen Fernmeldegesetz (Art. 46a E-FMG) •Seit dem am 1. April 2020 in Kraft getretenen neuen URG: Stay-Down-Pflicht für Hosting Provider nach Art. 39d URG Allgemeine Grundsätze der Vertrauenshaftung (Urteil des Bundesgerichts vom 02.02.2016, 4A_299/2015 = BGE 142 III 84) Motion Glättli (18.3306): Rechtsdurchsetzung im Internet stärken durch ein obligatorisches Zustellungsdomizil für grosse kommerzielle Internetplattformen. Stand: vom Nationalrat und vom Ständerat angenommen (19.06.2019), Vorbild NetzDG Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 17
Exkurs: NetzDG Der deutsche Gesetzgeber hat auf hitzige Debatten über Hassreden und Rechtskriminalität in sozialen Medien reagiert mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das im Oktober 2017 in Kraft getreten ist und dessen Verschärfung vom deutschen Bundestag im Juni diesen Jahres beschlossen wurde: Soziale Netzwerke müssen strafbare Postings künftig nicht mehr nur löschen, sondern in bestimmten schweren Fällen auch dem Bundeskriminalamt (BKA) melden, damit die strafrechtliche Verfolgung ermöglicht wird. Um Täter schnell identifizieren zu können, müssen soziale Netzwerke dem BKA auch die IP-Adresse und Port-Nummer, die dem Nutzerprofil zuletzt zugeteilt war, mitteilen. Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 18
Plattformhaftung EU Die sich aus der E-Commerce RL ergebenden Haftungsprivilegien beginnen zu bröckeln Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (DSM-RL): „Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten“ (Youtube), das Haftungsprivileg für Host-provider nach der E-Commerce-RL entzogen und macht Intermediäre für Verletzungen von Urheberrechten verantwortlich, die von Nutzern auf der Plattform verursacht wurden. Die DSM-RL gilt nicht für Online-Marktplätze und elektronische Kommunikationsdienste wie WhatsApp. Die EU Kommission hat als Teil der «European Digital Strategy» ein «Digital Services Act» Paket angekündigt mit dem klaren Ziel der Verschärfung der Verantwortung der Plattformen (öffentliche Anhörung noch bis 8. September 2020), vgl. dazu «Leaked Commission Note» https://netzpolitik.org/2019/leaked-document-eu-commission-mulls- new-law-to-regulate-online-platforms/) Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 19
Platform-to-Busines Verordnung Die Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz (EU) 2019/1150 (Platform-to-Business Umfangreichere Anforderungen an Verordnung oder P2B-Verordnung) ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten. AGBs/Impressum z.B.: – Hauptparameter des Produktrankings und Sie gilt für Online-Vermittlungsdienste (z.B. ebay) und Gründe für deren Gewichtung nennen Online-Suchmaschinen aber auch für soziale Netzwerke – Über Zugang der kommerziellen Nutzer zu (Facebook) und Buchungs- und Vergleichsportale. Nutzungsdaten/Weitergabe der Daten an Dritte informieren Exterritoriale Wirkung: Sie gilt u.a. auch für Schweizer – Selbstbevorzugung eigener Angebote des Plattformen, wenn ihre kommerziellen Nutzer (also Plattformbetreibers transparent machen nicht die Endnutzer sondern die Anbieter) ihren Sitz in der EU haben und auf Endabnehmer in der EU zielen. – «Bestpreisklauseln» transparent machen – Identität der kommerziellen Nutzer erkennbar machen Rechtsfolgen: AGBs können nichtig sein, abmahnfähig und die Mitgliedstaaten haben die Aufgabe für die Durchsetzung auf nationaler Ebene zu sorgen Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 20
“Impressumspflichten” für Plattformen in der Schweiz Beschluss und Urteil des Handelsgericht Zürich vom 11. März 2020 in Sachen Ticketplattform Viagogo (HG179194-O U): Plattformen können dazu verpflichtet werden, die nach Art. 3 Abs. 1 lit. s Ziff. 1 UWG erforderlichen Angaben der gewerblichen Anbieter auf ihrer Plattform zu machen Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 21
Key Take Aways Rolle/Verantwortung von Plattformen kritisch prüfen (Auftragsverarbeiter/Controller? Vermittler? Arbeitgeber?) Legal Compliance der Anbieter auf der Plattform berücksichtigen (“Anbieter – Recht”) Bei der Erstellung von AGBs die Platform-to-Business Verordnung berücksichtigen Link zur Europäischen Online-Streitbeilegungsplattform einfügen (Art. 14 Abs. 2 der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (OS-VO)). «Impressumspflichten» der Plattformen für deren Anbieter beachten Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 22
Ergebnis Plattformöknomie ist nicht “disruptive” für die rechtliche Beratung, aber…. Rechtliche Beratung Rechtliche Beratung traditioneller digitaler Plattformen Marktteilnehmer Schweizer IT Juristinnen Tag 25.8.2020 23
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