Dokumentarische Forschung zu schulischem Unterricht
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Reihe Dokumentarische Schulforschung (Verlag Julius Klinkhardt) Call for Abstracts zu einem Sammelband des Netzwerks Dokumentarische Schulforschung „Dokumentarische Forschung zu schulischem Unterricht“ herausgegeben von Tobias Bauer & Hilke Pallesen Einreichung bis einschließlich 30. September 2021 Zur Idee des Sammelbandes: Die Dokumentarische Methode findet über ihren (praxeologisch-)wissenssoziologischen Zugriff auf implizite Wissensbestände und habitualisierte Praktiken immer mehr Beachtung in der rekonstruktiven Unterrichtsforschung, gerade weil sie die Option bietet, Interaktions- und Auseinandersetzungsprozesse in komplexen Situationen interpretieren zu können (vgl. Bohnsack, 2014). Unterricht wird dabei zum einen als Erfahrungsraum verstanden, der die Orientierungen der Beteiligten unterschiedlich prägen und somit auch in unterschiedlicher Weise biografisch auf diese einwirken kann. Zum anderen lässt sich Unterricht selbst als „Umschlagplatz und Verhandlungsort der aus den außerunterrichtlichen und außerschulischen Erfahrungsräumen mitgebrachten Aspektstrukturen“ (Bonnet, 2011, S. 200) auffassen. Schüler*innen kommen demnach mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen, Interessen und Vorstellungen in den Unterricht und schließen daher auch unterschiedlich an die im Unterricht präsentierten Themen und Aufgabenstellungen an. Dieser mitunter spannungsgeladene Zusammenhang von Erfahrungshintergründen, implizitem Wissen und habitualisierten Praktiken schulischer Akteur*innen ist in der Dokumentarischen Methode zentral für den Forschungsgegenstand Unterricht. Um Unterricht als hochkomplexes und kontingentes soziales Geschehen, das sich sowohl durch Simultanität und durch Sequenzialität von Interaktionen, als auch durch Materialitäten und Körperlichkeiten auszeichnet, erfassen zu können, haben sich vor allem in den letzten Jahren unterschiedliche Vorgehensweisen der Dokumentarischen Methode ausdifferenziert. Die Vielfalt der Zugänge zu/Zugriffe auf Unterricht über die bzw. mit der Dokumentarische(n) Methode abzubilden und das sich etablierende Forschungsfeld weiter anzuregen, ist Ziel dieses Bandes innerhalb der Reihe ‚Dokumentarische Schulforschung‘. Dazu soll der gegenwärtige Diskurs auf drei Ebenen eingefangen werden: 1. Sprechen und Handeln im schulischen Unterricht Hierunter werden Beiträge gefasst, die ausgehend von videografierten und/oder transkribierten Unterrichtssituationen in Unterricht „erzeugte (Be-)Deutungen“ (Bonnet, 2009) zu rekonstruieren suchen (vgl. z.B. Asbrand & Martens, 2018; Hackbarth, 2017; Fritzsche & Wagner-Willi, 2015; Sturm, 2015). Weiterdenken ließen sich auf dieser Ebene beispielsweise die im Zentrum bisheriger Auseinandersetzungen stehenden Fragen der Differenzerzeugung und -bearbeitung durch die Akteur*innen in Unterricht (vgl. u.a. Martens, 2015; Sturm & Wagner-Willi, 2015) sowie der Sinn-/Gegenstandskonstruktion im Fachunterricht (vgl. u.a. Tesch, 2016; Hempel et al., 2017). An diese Ebene anschließende Themenhorizonte wären darüber hinaus u.a. das Verhältnis von (fach-)didaktischer Norm und pädagogischer Praxis von Lehrpersonen, (sprachliche) Interaktions- und Bedeutungsgefüge sowie Lern- und Auseinandersetzungsprozesse im Unterricht. Weiterhin sind auf dieser Ebene Beiträge vorstellbar, die den jeweiligen Zugriff auf Unterricht (Interpretation sprachlicher Interaktionen vs. dokumentarische Videointerpretation) method(olog)isch reflektieren respektive die beiden Zugriffe (materialbasiert) zueinander ins Verhältnis setzen. 1
Reihe Dokumentarische Schulforschung (Verlag Julius Klinkhardt) 2. Sprechen über schulischen Unterricht Hierunter sind Beiträge zu verorten, die das implizite Erfahrungswissen und/oder fachbezogene Hintergründe rekonstruieren und professionsbezogenen Reflexionen zugänglich machen. Konkret geht es zum einen um Beiträge, die sich mit den impliziten, habitualisierten Wissensbeständen von schulischen Akteur*innen zu Unterricht beschäftigen, welche aber außerhalb der eigentlichen unterrichtlichen Interaktion über Interviews oder Gruppendiskussionen erhoben werden. Zum anderen kann in den Beiträgen der fachwissenschaftliche bzw. -kulturelle Hintergrund beleuchtet werden. Angeknüpft werden kann hier beispielsweise an Arbeiten, in denen Unterrichtsnachbesprechungen und -reflexionen untersucht wurden, um den spezifischen Sachbezug im Unterricht(en) herausarbeiten zu können (vgl. z.B. Rosemann & Bonnet, 2018; Pallesen et al., 2018). Denkbar sind darüber hinaus Beiträge aus (mit der Dokumentarischen Methode arbeitenden) Projekten zu genuin schulischen Fragestellungen, in deren Datenmaterial sich aber explizite Bezüge zu Unterricht wiederfinden1, die für den Diskurs fruchtbar scheinen und entsprechend aufgearbeitet werden (vgl. z.B. Rotter & Bressler, 2019). 3. Materialität im Kontext von schulischem Unterricht Auf dieser Ebene werden Beiträge erbeten, die sich spezifisch mit der Materialität von, in respektive um Unterricht beschäftigen. Denkbar wären beispielsweise Berichte aus Forschungsarbeiten, in denen eine Auseinandersetzung mit den dokumentarischen Sinngehalten von Medien (Tafelbildern, Arbeitsblättern, Lehrbüchern etc.) als Dingen im Unterricht oder schriftlichen Unterrichtsentwürfen als Dingen über Unterricht stattfindet. Darüber hinaus sind Beiträge anschlussfähig, in denen die Frage der Einbindung von Dingen in die unterrichtliche Interaktion fokussiert wird (vgl. z.B. Martens et al., 2015). Der Sammelband setzt an diesen methodisch fokussierten Perspektiven einer sich in der qualitativen Forschungslandschaft etablierenden dokumentarischen Schulforschung an und zielt einerseits darauf ab, den bisherigen Forschungsstand zu dokumentieren respektive zu systematisieren, möchte andererseits aber auch innovative Ansätze und Zugänge aufzeigen. Im geplanten Band sollen sowohl erziehungswissenschaftliche als auch fachdidaktische und professionsbezogene Forschungsbeiträge versammelt werden, um so auch gezielt den interdisziplinären Diskurs zu stärken. Literatur Asbrand, B. & Martens, M. (2018). Dokumentarische Unterrichtsforschung. Wiesbaden: Springer VS. Bohnsack, R. (2014). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. Opladen: Barbara Budrich. Bonnet, A. (2011). Erfahrung, Interaktion, Bildung. In W. Meseth, M. Proske, & F.-O. Radtke (Hrsg.), Unterrichtstheorien in Forschung und Lehre (S. 189-208). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Bonnet, A. (2009). Die Dokumentarische Methode in der Unterrichtsforschung: Ein integratives Forschungsinstrument für Strukturrekonstruktion und Kompetenzanalyse. ZQF, 10(2), 219-240. Fritzsche, B., & Wagner-Willi, M. (2015). Dokumentarische Interpretation von Unterrichtsvideografien. In R. Bohnsack, B. Fritzsche, & M. Wagner-Willi (Hrsg.), Dokumentarische Video- und Filminterpretation. Methodologie und Forschungspraxis (S. 131-152). Opladen: Barbara Budrich. 1 Autor*innen(teams), die Unterricht(liches) in ihrem Beitrag eher randständig thematisieren und stattdessen eher Forschung zur Professionalisierung von Lehramtsstudierenden bzw. Schüler*innenforschung zentrieren wollen, sind eingeladen, ihren Beitrag in einem der Bände der Reihe ‚Dokumentarische Schulforschung‘ mit dem betreffenden Schwerpunktthema zu platzieren. 2
Reihe Dokumentarische Schulforschung (Verlag Julius Klinkhardt) Hackbarth, A. (2017). Inklusionen und Exklusionen in Schülerinteraktionen. Empirische Rekonstruktionen in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen an einer Förderschule und an einer inklusiven Grundschule. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Hempel, C., Jahr, D., & Koop, D. (2017). Zur Konstitution des Gegenstands im Politikunterricht. Ergebnisse aus der dokumentarischen Analyse von Unterrichtsgesprächen. In S. Menzel & C. Schelle (Hrsg.), Empirische Forschung zur schulischen Politischen Bildung (S. 161-170). Wiesbaden: Springer VS. Hericks, U. (2016). „Es sollte am Schluss ein deutscher Satz rauskommen, nicht?“ - Rekonstruktionen zur Entstehung mathematischen Wissens im Schulunterricht. Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung(5), 132-147. Martens, M. (2015). Differenz und Passung: Differenzkonstruktionen im individualisierenden Unterricht der Sekundarstufe. ZQF, 16(2), 211-229. Martens, M. & Asbrand, B. (2018). Dokumentarische Unterrichtsforschung. In M. Heinrich & A. Wernet (Hrsg.), Rekonstruktive Bildungsforschung. Zugänge und Methoden (S. 11-23). Wiesbaden: Springer VS. Martens, M., Absrand, B. & Spieß, C. (2015). Lernen mit Dingen – Prozesse zirkulierender Referenz im Unterricht. ZISU, 4, 48-65. Pallesen, H., Schierz, M., & Haverich, A. K. (2018). Die Prüfung als Thematisierungspraktik der Nachbesprechung in Ausbildungsinteraktionen des Praxissemesters Sport. In M. Artmann, M. Berendonck, P. Herzmann, & A. B. Liegmann (Hrsg.), Professionalisierung in Praxisphasen der Lehrerausbildung (S. 149-164). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Rotter, C., & Bressler, C. (2019). Habituelle Ausgestaltung der Lehrerrolle. Seiteneingestiegene und traditionell ausgebildete Lehrkräfte im Vergleich. In R.-T. Kramer & H. Pallesen (Hrsg.), Lehrerhabitus. Theoretische und empirische Beiträge zu einer Praxeologie des Lehrerberufs (S. 191-212). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Rosemann, I., & Bonnet, A. (2018). „Oder wäre doch was anderes sinnvoller?“ – Mentoringgespräche über Englischunterricht als Professionalisierungsgelegenheiten an der Schnittstelle zwischen Studium und Schulpraxis. In M. Artmann, M. Berendonck, P. Herzmann, & A. B. Liegmann (Hrsg.), Professionalisierung in Praxisphasen der Lehrerbildung (S. 131-148). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Sturm, T. (2015). Herstellung und Bearbeitung von Differenz im inklusiven Unterricht. Rekonstruktionen mithilfe der dokumentarischen Videointerpretation. In R. Bohnsack, B. Fritzsche, & M. Wagner- Willi (Hrsg.), Dokumentarische Video- und Filminterpretation. Methodologie und Forschungspraxis (S. 153-178). Opladen: Barbara Budrich. Sturm, T. & Wagner-Willi, M. (2015). ‚Leistungsdifferenzen‘ im Unterrichtsmilieu einer inklusiven Schule der Sekundarstufe I in der Schweiz. ZQF, 16(2), 231-248. Tesch, B. (2016). Sinnkonstruktion im Fremdsprachenunterricht. Rekonstruktive Fremdsprachenforschung mit der Dokumentarischen Methode. Frankfurt a.M.: Peter Lang 3
Reihe Dokumentarische Schulforschung (Verlag Julius Klinkhardt) Zur Reihe ‚Dokumentarische Schulforschung‘: Sie bewerben sich mit Ihrem Beitragsvorschlag um die Möglichkeit der Publikation eines Beitrags für den Sammelband „Dokumentarische Forschung zu schulischem Unterricht“, der in der Reihe ‚Dokumentarische Schulforschung‘ im Julius Klinkhardt Verlag erscheinen wird2. Herausgebende der Reihe: Dominique Matthes, Tobias Bauer, Alexandra Damm, Jan-Hendrik Hinzke, Marlene Kowalski, Hilke Pallesen & Doris Wittek. Die Erforschung schulischer Kontexte mit der Dokumentarischen Methode hat sich zu einem bedeutsamen Strang innerhalb qualitativ-rekonstruktiver Verfahrensweisen der Schulforschung entwickelt. Jene Form der empirischen Erschließung schulbezogener Themen und Problemstellungen steht im Zusammenhang mit einem (praxeologisch-) wissenssoziologischen Zugang zu impliziten Erfahrungshintergründen der beteiligten Akteur*innen(gruppen) sowie zu jenen Wissensbeständen, die sich in Interaktionen und vermittelt über Artefakte dokumentieren. Die Reihe ‚Dokumentarische Schulforschung‘ versammelt entsprechende gegenstandsbezogene und methodisch-methodologische Auseinandersetzungen an der Schnittstelle schulischer Gegenstandsfelder und Dokumentarischer Methode. Damit ist das Anliegen verbunden, verschiedene Ansätze und Facetten einer dokumentarisch operierenden Erschließung von Schule bzw. Schulischem sichtbar zu machen und eine Plattform des Austauschs zu bieten, die fortlaufend auch Herausforderungen im Forschungsprozess und Leerstellen im Diskurs sichtbar machen soll. In der Reihe können daran anschließende monografische Schriften (z.B. Qualifikationsarbeiten, Lehrbücher, Forschungsberichte), Tagungs- sowie Sammelbände publiziert werden. Hinweise zur Einreichung eines Abstracts: An einem Beitrag interessierte Personen sind herzlich eingeladen, sich an dem Sammelband zu beteiligen. Der Sammelband wird als Open-Access-Publikation erscheinen. Interessensbekundungen sind über ein Abstract im Umfang von etwa einer Seite (max. 3000 Zeichen inkl. Leerzeichen) bis 30.09.2021 per E-Mail an dsf.unterricht@gmail.com einzureichen. Aus dem Abstract müssen insbesondere • ein Arbeitstitel, • die Ziel-/Fragestellung(en) des potenziellen Beitrags, • dessen theoretische Verortung, • der methodische Zugriff (falls gegeben; u.a. die Art des empirischen Datenmaterials) wie auch • die geplante Struktur des Beitrags hervorgehen. Darüber hinaus muss der explizite Bezug des Beitrags zur Erforschung von Unterricht mit der Dokumentarischen Methode erkennbar sein. 2 Die Reihe ist ein Produkt des Netzwerks Dokumentarische Schulforschung (NeDoS), welches von der DFG seit Januar 2020 gefördert wird. Weitere Informationen zur Buchreihe finden sich am Ende des Calls; weitere Informationen zum Netzwerk finden sich unter: https://www.zsb.uni- halle.de/forschungsprojekte/nedos/ 4
Reihe Dokumentarische Schulforschung (Verlag Julius Klinkhardt) Hinweise zur Begutachtung der Abstracts und Beiträge: Die fristgerecht eingereichten Abstracts werden von den Herausgebenden auf ihre Passung zum anvisierten Sammelband (siehe Idee des Sammelbandes; Erforschung von Unterricht(lichem) mit der Dokumentarischen Methode) geprüft. Autor*innen(teams) passender und überzeugender Beitragsideen werden anschließend um das Verfassen eines Beitrags gebeten. Die später eingereichten Beiträge (vorläufige Zeitplanung s.u.) werden von den Herausgebenden zunächst erneut auf ihre Passung zum Sammelband (s.o.) und auf ihre formale Korrektheit geprüft. Auf Wunsch der Autor*innen(teams) können die Beiträge anschließend einem double-blind-peer-review-Verfahren unterzogen werden; alternativ findet ein Herausgebenden-Review statt. Entsprechend der in den Gutachten aufgeworfenen Fragen und Aspekte sind die Beiträge dann zu überarbeiten. Die Herausgebenden prüfen schließlich die Qualität der vorgenommenen Überarbeitungen und behalten sich bei ungenügender Überarbeitung des Beitrags ein Veto-Recht bezüglich dessen Annahme vor. Weitere Zeitplanung (vorläufig): Rückmeldung zum Beitragsvorschlag an die 01.11.2021 Einreichenden Verfassen der Beiträge durch die Autor*innen(teams) 30.04.2022 Gegenlesen und Rückmeldung an Autor*innen(teams) durch die Herausgeber*innen 31.07.2022 (ggf. externe Gutachten anfragen) Überarbeitung der Beiträge durch Autor*innen(teams) 31.10.2022 Gegenlesen durch die Herausgebenden 31.01.2023 Lektorat und Erstellen der Druckvorlage 15.04.2023 Einreichung des Manuskripts beim Verlag 30.04.2023 Formale Anforderungen an die Beiträge3: • Schriftart: Arial; Schriftgröße: 11 • grundlegende Struktur: Autor*innen, Titel und ggf. Untertitel, Zusammenfassung/Abstract deutsch und englisch (max. je 1.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) 5 Schlagwörter, Textkorpus, Literaturverzeichnis • überlange Titel und Untertitel sind zu vermeiden • Umfang der Beiträge: 42.000 Zeichen für den Textkorpus; Reduktion der verfügbaren Zeichenzahl bei Abbildungen und Tabellen um den entsprechenden Platzbedarf (Richtwert: 3.000 Zeichen inklusive Leerzeichen für eine Seite) Wir freuen uns auf Ihre Einreichung. Tobias Bauer und Hilke Pallesen 3 Die Angaben dienen zunächst einer Orientierung in Bezug auf einen potenziellen Beitrag. Ausführliche Informationen zu den formalen Anforderungen an die Beiträge werden den Autor*innen(teams) mit der Annahme des Beitragsvorschlags übermittelt. 5
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