Ein Schild geht um die Welt - Ob Verbrenner oder Elektro Antrieb: Bis zum Jahr 2025 könnten weltweit 2 Mrd. Fahrzeuge unterwegs sein. Zur ...

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Ein Schild geht um die Welt - Ob Verbrenner oder Elektro Antrieb: Bis zum Jahr 2025 könnten weltweit 2 Mrd. Fahrzeuge unterwegs sein. Zur ...
Wirtschaftsreport       Dez 21   35

                                                                     UTSCH AG

                 Ein Schild geht
                  um die Welt
          Ob Verbrenner oder Elektro­Antrieb: Bis zum Jahr 2025 könnten weltweit 2 Mrd. Fahrzeuge
    unterwegs sein. Zur Zulassung und Authentifizierung sind in fast allen Ländern zwei Autokennzeichen
        erforderlich – ein riesiger Markt für die Hersteller. Zu den Global Playern der Branche zählt das
    innovative Unternehmen UTSCH. Die 1961 gegründete ERICH UTSCH KG, seit 2001 Aktiengesellschaft,
     hat sich in 60 Jahren vom kleinen Familienbetrieb zum Weltmarktführer in Sachen Kfz­Kennzeichen­
      technik mit kompletter Wertschöpfungskette entwickelt. Im Jubiläumsjahr 2021 ist die UTSCH AG
            als international tätiges Unternehmen unter dem Dach der UTSCH­Gruppe mit weltweit
     1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 200 Mio. € in gut 130 Ländern vertreten.

                                                       Text: Frank Steinseifer   |   Fotos: Werkfotos

»   Das Jahr 1961 war für Deutschland politisch ein schwieriges
    Jahr, zementierte doch der Mauerbau in Berlin für Jahrzehnte
    die Teilung des Landes. In Westdeutschland sorgte aber das
    Wirtschaftswunder für ein rasantes Wachstum. Von 1950 bis
                                                                     sich, dadurch stieg ebenfalls der Bedarf an Kfz­Kennzeichen
                                                                     immer weiter an. Diesen neuen Nachfragemarkt entdeckte
                                                                     auch der Eiserfelder Erich Utsch, der in der Herstellung von
                                                                     Autokennzeichen seine Chance erkannte. Erfahrungen als
    1963 stieg die Industrieproduktion um 185 %, es gab genü­        Unternehmer hatte der gelernte Schuhmachermeister bereits
    gend Arbeitskräfte, es herrschte „Vollbeschäftigung“ bei nied­   gemacht: zunächst durch den Verkauf von Schuhen mit Gum­
    riger Arbeitslosenquote, die Reallöhne stiegen und das eigene    miabsätzen aus ehemaligen Panzerkettenpolstern, dann mit
    Auto wurde zum erschwinglichen Standard für weite Teile der      einer Wäscherei. Doch der Zukunftsmarkt Kfz­Kennzeichen
    Bevölkerung. Die deutschen Straßen und Autobahnen füllten        reizte den Siegerländer so sehr, dass er im Jahr 1961 hierfür
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36           Dez 21    Wirtschaftsreport

                                                                                          eingebunden waren, die Geschäftsführung. Vor allem Manfred
                                                                                          Utsch als neuer Geschäftsführer erkannte im Exportgeschäft
                                                                                          einen lukrativen Zukunftsmarkt. Mit viel Selbstvertrauen und
                                                                                          Vertriebstalent stieg er erfolgreich in den internationalen
                                                                                          Markt ein: 1970 gelang der erste Großauftrag nach Arabien.
                                                                                          Für rund 1,3 Mio. DM bestellte die Polizei des Irak Schilder­
                                                                                          zuschnitte, Präge­ und Einfärbemaschinen. In den Folgejahren
                                                                                          boomte der Export, 1980 schrieb UTSCH den nächsten Aus­
                                                                                          landsauftrag über 1 Mio. fertig geprägte Autokennzeichen für
                                                                                          Saudi­Arabien. UTSCH hatte sich mit seiner innovativen Präge­
                                                                                          technologie als Anbieter für Kfz­Kennzeichen und Kennzei­
                                                                                          chentechnologie im Ausland fest etabliert.

                                                                                          Nachdem die Produktionsstätte in der Dreisbach zu klein ge­
                                                                                          worden war, folgte 1982 der Umzug in die Marienhütte, noch
                                                                                          heute Hauptsitz des Unternehmens mit mehr als 200 Beschäf­
                                                                                          tigten. UTSCH entwickelte die Prägetechnologie weiter und
                                                                                          wurde so zum Marktführer: Spezialmaschinen zur automati­
                                                                                          schen Schilderfertigung und Weiterverarbeitung von fortlau­
                                                                                          fend durchnummerierten Autokennzeichen in hoher Stückzahl,
                                                                                          die Erfindung eines Heißprägeverfahrens sowie spezieller
                                                                                          Kennzeichenverstärker – auch die Entwicklung und Einführung
                                                                                          des Europakennzeichens hat UTSCH maßgeblich mitgeprägt.
                                                                                          Doch die Märkte und Ansprüche wurden national und vor
                                                                                          allem international zunehmend komplexer. Der Aspekt der
                                                                                          Fälschungssicherheit von Autokennzeichen gewann immer
                                                                                          mehr an Bedeutung. UTSCH entwickelte ab 1990 Kfz­Kennzei­
      Dominic Höffgen
                                                                                          chen mit speziellen Sicherheitsmerkmalen. Neben der Verwen­
  ist seit März 2021
                        ein eigenes Unternehmen gründete. Die Anfangsinvestition          dung der von UTSCH entwickelten „fälschungserschwerenden
  alleiniger Vorstand
                        war recht überschaubar: Zum Prägen der Kennzeichen kaufte         Schrift“ sorgten nun komplexe grafische Elemente, Wasser­
der ERICH UTSCH AG.
                        er in der Pfalz eine alte Weinpresse und baute sie dann für       zeichen, Laserungen und Hologramme für ein fälschungser­
                        seine Zwecke um. Es war der Beginn einer mittlerweile 60­jäh­     schwerendes Autokennzeichen – vergleichbar mit dem Stan­
                        rigen erfolgreichen Unternehmensgeschichte.                       dard, wie er für Geldscheine oder Personalausweise gilt. UTSCH
                                                                                          machte das Kfz­Kennzeichen damit (zumindest im Ausland)
                        Die Entscheidung, auf Kennzeichen zu setzen, erwies sich als      endgültig zu einem echten, staatlichen Dokument.
                        goldrichtig. Doch der schnell steigende Absatz stellte das jun­
                        ge Unternehmen schon bald vor seine erste große Herausfor­        Die positive Unternehmensentwicklung sowie die zunehmende
                        derung: Woher die Maschinen nehmen, um die Produktion von         Zahl an Joint­Ventures und Unternehmensbeteiligungen im
                        Kfz­Kennzeichen weiter zu steigern? Die Weinpresse war nur        In­ und Ausland waren im Jahr 2001 der Anlass zum Wechsel
                        ein Provisorium, und erschwingliche hydraulische Pressen zum      der Rechtsform: Aus der ERICH UTSCH KG wurde die ERICH
                        Prägen von Kennzeichen gab es noch nicht zu kaufen. Erich         UTSCH AG – und Unternehmer Manfred Utsch ihr Hauptaktio­
                        Utsch wusste aber auch hierfür eine Lösung: Fortan konstru­       när. Nachdem er den Übergang zunächst als Vorstandsvorsit­
                        ierte und baute er eigene, maßgeschneiderte Maschinen zum         zender mitgestaltet hatte, wechselte er 2003 in den Aufsichts­
                        Prägen von Autoschildern. Der Maschinenbau, mit dem der           rat, den er viele Jahre als Vorsitzender führte. 2016 verkaufte
                        Eiserfelder ganz neue Märkte erschließen konnte, wurde nun        er seine Aktienmehrheit. Entscheidend für den Firmenchef, der
                        zum zweiten Standbein des Betriebes. Damit war eine Art           das Familienunternehmen über fünf Jahrzehnte geführt hatte,
                        „Franchise“ geboren, das den deutschen Markt der Schilder­        war eine gesicherte Nachfolge. Dass die UTSCH AG letztlich in
                        präger revolutionieren sollte: UTSCH produzierte zwar weiter­     die Hände seiner langjährigen Freunde und Geschäftspartner
                        hin selber Kennzeichen im großen Maßstab, verkaufte nun           Ian George (Australien) und Anders Eriksson (Schweden) ge­
                        aber auch die passenden Maschinen sowie das nötige Equip­         gangen ist, erfüllte ihn mit Freude und Stolz. Manfred Utsch
                        ment samt Schilderrohlingen an andere Präger und sorgte so        starb am 1. Juni 2021 im Alter von 85 Jahren mit der Gewiss­
                        für eine langfristige Bindung der Kunden. Der Schildermarkt       heit, dass er zuvor für „sein“ Unternehmen alle Weichen für
                        boomte, bald schon überzog ein Netz von Kennzeichen prä­          eine erfolgreiche Zukunft gestellt hatte. „Manfred Utsch woll­
                        genden Kleinunternehmen ganz Deutschland.                         te das Unternehmen in gute Hände geben, um den Fortbestand
                                                                                          des Standortes Siegen und die hiesigen Arbeitsplätze zu si­
                        Nach dem Tod des Unternehmensgründers Erich Utsch im Jahr         chern. Das ist ihm gelungen. Dadurch haben wir eine lang­
                        1969 übernahmen seine Söhne Manfred, Joachim und Karl­            fristige und verlässliche Planbarkeit“, erklärt Dominic Höffgen,
                        Adolf, die bereits frühzeitig eng in das Familienunternehmen      seit März 2021 alleiniger Vorstand der ERICH UTSCH AG.
Ein Schild geht um die Welt - Ob Verbrenner oder Elektro Antrieb: Bis zum Jahr 2025 könnten weltweit 2 Mrd. Fahrzeuge unterwegs sein. Zur ...
Wirtschaftsreport         Dez 21            37

Die technischen und innovativen Herausforderungen sind in          Nicht überall seien die Anforderungen so niedrigschwellig wie
den vergangenen Jahren immer größer geworden, doch UTSCH           in Deutschland. Höffgen: „Wir haben hier ein funktionierendes
bietet für alle Anforderungen des Marktes ganzheitliche Sys­       System und wenig Fälschungen. Das sieht aber in Ländern wie
temlösungen. Dazu gehören vor allem individuell zugeschnit­        Angola oder Uganda völlig anders aus. In diesen Länder­Kenn­
tene, computergesteuerte und sensorüberwachte Anlagen für          zeichen sind bis zu zehn Sicherheitskomponenten eingearbei­
die automatische Zuschnittherstellung in großen Stückzahlen        tet, um sie gegen Fälschungen zu sichern.“ Geschäftsbeziehun­
und vollautomatische Produktionslinien. Längst vorbei sind die     gen und Vertragsabwicklungen im Ausland seien mitunter sehr
Zeiten, in denen ein Autokennzeichen lediglich ein Blech aus       anspruchsvoll: „Wir müssen die Kontakte zu den Entschei­
Stahl war. Landeswappen, Lasergravur, fälschungserschweren­        dungsträgern vor Ort und zu den staatlichen Einrichtungen
de Schrift, Heißprägefolie, Prägestempel, Hologramm, eine          aufbauen. Unsere Geschäftspartner, gerade bei Großaufträgen,
digitale Signatur mit einem kopiersicheren Digital­Matrix­         sind Behörden und Regierungen. Viele Rechtsfragen müssen
Code – das moderne, von UTSCH hergestellte Kennzeichen, ist        geklärt werden, es geht auch um Verschwiegenheit – und wir
vollgepackt mit Sicherheitsmerkmalen. Ergänzt wird das Pro­        legen großen Wert darauf, dass unsere Compliance­Anforde­
gramm durch dritte Kennzeichen mit RFID, einer Sender­Emp­         rungen strikt erfüllt werden.“
fänger­Technologie. Großaufträge, wie die Herstellung einer
vollautomatischen Prägepresse zur Personalisierung von 600         Die zunehmende Digitalisierung in der Automobilbranche und
dreizeiligen Kennzeichen pro Stunde einschließlich Qualitäts­      der Trend zum autonomen Fahren sind die Herausforderungen
kontrolle und automatischer Verpackung für den Auftraggeber        der Zukunft für den Schilderhersteller. Das Kennzeichen des
in Thailand oder aber die Produktion von 5,2 Mio. Kennzeichen      Fahrzeugs könnte einfach in einem Code im Innenraum hinter­
in nur fünf Monaten sowie deren fristgerechte Lieferung nach       legt sein – wozu braucht es dann noch ein Autoschild aus Alu­
Ägypten sind aktuelle Beispiele für die enorme Leistungsfähig­     minium? „Mehr als 30 Chips stecken heute in einem Fahrzeug,
keit des Unternehmens.                                             die Autos sprechen miteinander. In diese Konnektivität muss
                                                                   auch unser Produkt passen. Auch wenn vieles künftig durch den
„Um die Spitzenposition zu halten, müssen wir uns stetig wei­      Digitalisierungsprozess eingespart werden wird: Auf ein Kenn­
terentwickeln. Vor allem die Digitalisierung stellt höchste An­    zeichen am Fahrzeug, egal, wie es dann aussehen wird, kann man
forderungen. Ein großer Teil unseres Know­hows besteht heu­        schon aus Sicherheitsgründen nicht verzichten“, ist sich Höffgen
te aus individuellen IT­Dienstleistungen und Softwarelösungen,     sicher. Auch wenn bei einer digitalen Kennzeichnung viele
mit denen man die analoge Kennzeichentechnologie um eine           Parameter online abrufbar und Kennzeichen durch Transponder
digitale Sicherheitskomponente erweitert,“ betont Höffgen. Er      nachverfolgbar seien, gebe es genügend Fälle, in denen das
führt weiter aus: „Um ein sicheres KFZ­Kennzeichen zu produ­       Kennzeichen weiterhin offline überprüft und direkt vor Ort kon­
zieren, braucht es weit mehr, als nur ein bisschen reflektieren­   trolliert werden müsse. Höffgen: „Bei einem Verkehrsunfall muss
de Folie auf ein Aluminiumschild zu kleben. Das KFZ­Kennzei­       ein Kennzeichen sofort sichtbar sein. Was soll der Zeuge zum
chen ist ein komplexes Dokument geworden. Kennzeichen sind         Beispiel bei einer Fahrerflucht angeben können, wenn sich kein
leicht zugänglich und daher besonders anfällig für Diebstahl,      Kennzeichen mehr am Fahrzeug befindet?“ Auch wenn das Kfz­
Manipulation, Steuer­ und Versicherungsbetrug. UTSCH bietet        Kennzeichen immer stärker in eine digitale Infrastruktur einge­
Kennzeichen mit Sicherheitsmerkmalen, die leicht zu über­          bettet sein wird, unterstreicht der UTSCH­CEO: „Das traditionelle
prüfen aber dennoch schwierig zu fälschen sind.“                   Autokennzeichen wird uns noch lange erhalten bleiben.“ !

                                                                                                                                       Die Digitalisierung
                                                                                                                                       spielt auch für
                                                                                                                                       UTSCH eine immer
                                                                                                                                       größere Rolle.
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