Eine Weihnachtsgeschichte

Die Seite wird erstellt Pierre-Oliver Buchholz
 
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Eine Weihnachtsgeschichte
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    Vielleicht sind Sie jetzt ein wenig weihnachtlich überrascht,
   diese kleine, wohl auch kindliche Geschichte zur diesjährigen
              Weihnachtszeit in den Händen zu halten.
   Ich gehe auch davon aus, dass Sie die Erzählung schon lange
                                 kennen.
    Nach vielen Jahren ist sie mir dieser Tage wieder begegnet,
                 und zwar innerhalb des Advents- und
   Weihnachtsgottesdienstes der Schülerinnen, der Schüler und
       der Lehrerinnen und Lehrer der Staatlichen Schule für
                    Körperbehinderte in Köllerbach.
    Erzählt wird die Begegnung der drei Eulen mit dem Kind in
    der Krippe. Kinder jeglichen Alters werden beim Hinhören
        sehr still, so als spürten sie in ihrem noch kindlichen
     unverbogenen Herzen, dass sich hinter den Szenen große
            Lebens- und Glaubensweisheiten verbergen.

    Da hören wir, wie drei Eulen in einer tiefen,
 dunklen Nacht, frierend und einsam, einen Stern
am Himmel leuchten sehen. Seine strahlende Helle
           lässt sie die Augen öffnen.

 Uns klugen Erwachsene fällt schon zu Beginn der Geschichte eine
     Menge ein: wir wissen, Eulen gelten als Nachtvögel, die
   das Licht der Sonne nicht ertragen können. Vom Altertum bis
      heute gilt die Eule als unheimliches und als unglück- und
   todbringendes Vorzeichen. Da sie in der Dunkelheit sieht, und
    als ernst und nachdenklich galt, ist sie aber auch ein Symbol
        der die Dunkelheit des Nichtwissens durchdringenden
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  Weisheit, und sie wurde so zum Attribut der griechischen
             Göttin der Wissenschaften, Athena.

In der Symbolsprache der Bibel erscheint sie einerseits negativ
   als Sinnbild der geistigen Finsternis, aber auch positiv als
 Symbol religiöser Erkenntnis oder auch Symbol für Christus,
           für das Licht, das die Finsternis erhellt...

    Doch Kinder fragen nach anderen Erscheinungsweisen:
   Drei Eulen? Sind sie verwandt miteinander oder sind das
  einfach nur Freunde in ihrer Neugier nach Leben, was sich
          regt auf der Erde und am Sternenhimmel?

 Da scheint doch eine tiefe Freundschaft die drei Vögelchen
 wie Kletten zusammen zuhalten, man fliegt durch Dick und
                            Dünn.
          Ja, eine Freundschaft, ein kostbares Gut.
      Was bedeutet Freundschaft für uns Menschen?

    Wir Erwachsene formulieren die Antwort wie folgt:
  Freundschaft ist eine von Gegenseitigkeit, Offenheit und
       Gleichheit geprägte Beziehung der Zuneigung.
Als Äußerstes in einer Freundschaft wurde in der Geschichte
 der philosophisch- ethischen Definition der Lebenseinsatz
                    füreinander erwartet.
     In unserer Geschichte geschieht Etwas für Freunde
   Untypisches: Zwei der Eulen lassen die dritte Eule, die
 Kleine, im Stich. Rette sich wer kann aus Eis und Schnee!

Freundschaft bewährt sich immer in Krisenzeiten, dann wenn
Lebenssichten und Überzeugungen auseinander gehen, wenn
   die körperliche und seelische Stärke schwindet und die
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  ehemals hellen Zeiten durch Zweifel und Trauer verfinstert
                              sind.
  Manchmal ist es so, am Ende eines Jahres drängen sich auch
    solche Fragen auf, Fragen nach gelebter und gepflegter
       Freundschaft in unserem eigenen Lebensumfeld.
     Sind auf der Zeitreise durch das Jahr Freundschaften
           zerbrochen oder auch neu belebt worden?
                Sind vielleicht neue entstanden?

         Kehren wir zu unserer Geschichte zurück.

   Die zwei Eulen lassen die kleine Eule im Stich
          Nichts von Solidarität in der Not!
  Die Hilferufe erreichen nicht das Herz der zwei
                starken Nachtvögel..
 Die beiden sind davon besessen, dem Stern nach
      zufliegen und sie erreichen den Stall von
       Bethlehem, das Licht, die Wärme, die
                   Geborgenheit.
  In diesem Zufluchtsort sehen sie, wie sich das
 Licht um das Neugeborene und der Sternenglanz
                      berühren.
 Und da geschieht das Wunderbare dieser Nacht:
Die zwei Nachtvögel kehren um, sie fliegen zurück,
  sie machen sich auf die Suche nach der kleinen
                        Eule.
 Irgendwie scheint dieses Licht von Bethlehem sie
 angesteckt zu haben. sie können jetzt nicht mehr
   verweilen in trauter Zweisamkeit, wir würden
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 sagen „bei Glühwein und Gebäck, die Bescherung
                  erwartend".
sie kehren um und fliegen zurück und suchen und
                    suchen...
     In diesem unscheinbaren Augen-Blick unserer Geschichte
                       geschieht Weihnachten.
  „Wenn Gott uns ganz nahe kommen will" lese ich bei Andrea
   Schwarz, „ dann ist da nicht nur Lachen, Freude, Glücklich-
 Sein. Menschliches Leben ist mehr. Dazu gehört auch Weinen,
    Angst und Hoffnungslosigkeit, dazu gehört manchmal auch
             der Dreck im eigenen Stall — und der Tod.
   Wenn Gott zur Welt kommt, dann kommt er nicht nur in die
  nette, schöne und heile Welt, die wir in den vier Wochen vor
 Weihnachten inszenieren, sondern dann kommt er gerade auch
   in diese dunkle Welt, in der Menschen keinen Ausweg mehr
    wissen, auf der Flucht sind, verhungern", in der Kinder wie
 dieser Tage in Newtown USA geschehen, hingerichtet werden,
      in der Neugeborene in unserem Land ausgesetzt werden.
 „Dann kommt er zu Menschen, die einsam sind und von Angst
      besetzt, nicht wissen, wie sie die nächste Miete bezahlen
       sollen, wann sie das nächste Mal eine warme Mahlzeit
  bekommen. Dann kommt er zu den Menschen, deren Träume
    gescheitert sind, die keinen Ausbildungsplatz finden, deren
                 Diagnose heißt: ,Nicht mehr heilbar'.
  Gott kommt nicht zu den Reichen, Starken, Schönen, um mit
    ihnen rauschende Feste zu feiern, sondern er kommt zu den
    Kleinen, Armen, Schwachen. Er kann die Dunkelheiten, in
   denen sie leben, nicht wegnehmen, aber er begibt sich selbst
   mit hinein, als Kind in der Krippe, als Sterbender am Kreuz,
   um uns zu sagen: ,Ich liebe euch so sehr, dass ich euch nicht
                            alleine lasse.'"
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    Weihnachten heißt immer auch, den Blick nach Außen zu
    richten, zu solchen Menschen, denen das „Draußen" ihrer
  Existenz, ihrer Seele vertrauter ist als die Behaglichkeit einer
  Zufluchtsstätte, als das bewusste Ringen um ein sinnstiftendes
         Lebenskonzept, als Geborgenheit und Annahme.

      Mit hellem Blick machen sich unsere zwei
    Nachtvögel auf die Suche nach der im Stich
 Gelassenen. Und sie finden die Kleine Eule unter
 Eis und Schnee, in Hoffnungslosigkeit und tiefer
   Trauer. „In der Kälte", so heißt es „ sind ihre
          Tränen zu Eiskristallen erstarrt".
     Als die kleine Eule die Geschichte von dem
   wunderbaren Geschehen im Stall hört, will sie
                     auch dorthin.
    Sie nimmt ein glitzerndes Eiskristall , das an
  einem Halm festgefroren ist, als Geschenk mit.
 Die drei Freundinnen, wieder vereint, fliegen zum
 Stall von Bethlehem, dorthin, wo sich das Licht
 der Krippe und der Sternenglanz berühren.
 Und hier erfahren sie die Wärme, die alle Erstar-
 rung löst.
Es wird noch berichtet, dass die kleine Eule später
ganz nahe an der Krippe sitzt und dass ein Wunder
 geschieht: Aus dem Geschenk, dem Eiskristall für
das neugeborene Kind wird eine weiße Blume, eine
                      Christrose.
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  Weihnachten will den Blick schärfen für das Hilflose, das
Schwache, das in den Eiswüsten dieser Welt Verlorene. für die
                   geschundene Kreatur.

  Weihnachten will uns etwas ahnen lassen von Gott als der
 Quelle der Erkenntnis und der Wahrheit, um selbst getröstet
   zu sein, um von ihm reden zu können vor dieser Welt.

 Auf solche Weise vermag sich Weihnachten zu ereignen.

  Unsere kleine Geschichte endet mit der wohltuenden und
heilenden Erfahrung von Ruhe und Innehalten in der Nähe des
                   neugeborenen Kindes.

 Ich wünsche Ihnen von Herzen solche Zufluchtsmomente in
  den weihnachtlichen Tagen auf dem Weg zu einem neuen
                           Jahr.
              Seien Sie behütet und gesegnet.

                    Ihr Rolf Dillschneider
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