EU-Bildungsprogramm SOKRATES II - jetzt auch in Deutschland Teilnahme vorschulischer Einrichtungen möglich

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  EU-Bildungsprogramm SOKRATES II –
   jetzt auch in Deutschland Teilnahme
  vorschulischer Einrichtungen möglich
Das Europäische Parlament und der Rat der           im Vorschulalter praktisch erfahrbar zu
Europäischen Union haben am 24.01.2000              machen. Seit Jahren unterliegt die Gesell-
die zweite Phase des EU-Bildungspro-                schaft einem drastischen Wandel. Es ist von
gramms SOKRATES mit einer siebenjähri-              der Globalisierung der Märkte ebenso die
gen Laufzeit beschlossen. Mit der neuen             Rede wie davon, dass sich die Gesellschaft
Förderperiode ab 2001 ist nun auf Beschluss         immer mehr zu einer Wissensgesellschaft
der Kultusministerkonferenz und der                 entwickelt. Bereits diese Schlagworte
Jugendministerkonferenz auch in Deutsch-            machen deutlich, dass wir unsere Kinder,
land die Teilnahme vorschulischer Einrich-          wollen wir sie zu kompetenten Mitgliedern
tungen an dem EU-Bildungsprogramm                   der Gesellschaft heranbilden, viel über die
SOKRATES II möglich.                                Welt und damit auch über ihre unterschied-
Das SOKRATES II-Programm sieht die För-             lichen Kulturen frühzeitig erfahren sollten.
derung verschiedener Aktionen vor, von              Konkret erfahrbares Wissen über die Viel-
denen speziell die Aktion COMENIUS 1.1              fältigkeit des Lebens fördert die Aufge-
für vorschulische Einrichtungen, d.h. für           schlossenheit und Toleranz gegenüber
Kindertagesstätten zutrifft.                        Andersartigkeit und stärkt damit das Selbst-
                                                    wertgefühl der Kinder. Denn Kinder, die
                                                    frühzeitig interkulturelle Erfahrungen sam-
Was ist unter COMENIUS 1.1                          meln können, wissen vermutlich nicht nur
zu verstehen?                                       mehr, sondern verfügen auch über eine
                                                    soziale Kompetenz, die sie einfühlsamer und
Mit der COMENIUS 1.1 – Aktion werden                verständnisvoller mit Andersartigkeit und
multilaterale Partnerschaften gefördert. Sie        Verschiedenheit selbst in ihrem unmittelba-
bietet jetzt auch Kindertagesstätten aus            ren sozialen Umfeld umgehen lässt. Mit
mindestens drei teilnehmenden Staaten die           interkultureller Bildung und Erziehung kann
Gelegenheit zur Durchführung gemeinsa-              ein Erfahrungshorizont geschaffen werden,
mer Projekte, die die Kenntnis und Aufge-           der zur Stärkung der Ich-Kompetenz von
schlossenheit gegenüber anderen europäi-            Kindern beiträgt, als einer wesentlichen Vor-
schen Kulturen und Haltungen fördert und            aussetzung dafür, dass sich Fremdenfeind-
den teilnehmenden Personen ermöglicht,              lichkeit nicht entwickeln kann.
diese konkret zu erfahren.
                                                    Was brauchen Kindertagesstätten, um sich
Warum sollten sich Kindertagesstätten an            an diesem Programm zu beteiligen?
diesem Programm beteiligen?
                                                    Kindertagesstätten im Land Brandenburg,
Diese Projekte sollen dazu beitragen, das           die an diesem Programm teilnehmen möch-
Zusammenwachsen Europas bereits Kindern             ten, brauchen

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1. ein Team, das an interkulturellen Projek-          sechs Personen pro Jahr. D.h., wollen die
   ten interessiert ist;                              Erzieherinnen der Einrichtung z.B. zu einem
2. eine Projektidee, die interkulturelles Ler-        Projekttreffen in das Partnerland reisen,
   nen in der Kindertagesstätte fördert;              oder an einem Erzieheraustausch im Part-
3. Kontakt zu Einrichtungen aus mindestens            nerland teilnehmen, dann werden die damit
   zwei weiteren Ländern der Europäischen             im Zusammenhang anfallenden Kosten
   Union;                                             weitgehend erstattet.

Wie erfahren Kindertagesstätten von                   Wo und bis wann muss die Kindertages-
Einrichtungen in anderen Ländern der                  stätte die Teilnahme an diesem Programm
europäischen Union?                                   beantragen?

Drei Wege sind denkbar:                               Die Kindertagesstätte richtet ihren Antrag
1. Die Kindertagesstätten wenden sich an              an das MBJS, Referat 52 bis zum 1. Febru-
   ihr zuständiges Jugendamt und nutzen               ar eines jeden Jahres. Sind alle Unterlagen
   die bestehenden Städtepartnerschaften              vollständig, werden diese an die für dieses
   der Landkreise/kreisfreien Städte.                 Programm zuständige Nationale Agentur,
2. Die Kindertagesstätten nutzen persönli-            den Pädagogischen Austauschdienst, in
   che Kontakte ins europäische Ausland,              Bonn weitergeleitet. Dieser holt das Votum
   die die Erzieherinnen selbst, Freunde              der Gutachterstelle für vorschulische Ein-
   oder die Eltern der Kinder haben.                  richtungen ein und ist während des Projekt-
3. Die Kindertagesstätten wenden sich an              zeitraumes der Vertragspartner für die
   das MBJS, Referat 24 „Internationale               jeweilige Kindertagesstätte.
   Angelegenheiten“, das über Regional-
   partnerschaften in Großbritannien,
   Frankreich, Polen und Slowenien Kon-               Wo können sich Kindertagesstätten
   takt zu Partnereinrichtungen herstellen            informieren und beraten lassen?
   kann.
                                                      Informationen sowie Antragsformulare,
                                                      können      über     die    Internet-Adresse
Wie lang ist die Laufzeit eines Projektes             http://www.kmk.org Stichwort SOKRATES,
und was wird gefördert?                               COMENIUS 1.1 abgerufen werden.
                                                      Darüber hinaus steht die Leiterin der Kin-
Die Laufzeit eines Projektes beträgt maximal          dertagesstätte Gänseblümchen in Tre-
drei Jahre. Gezahlt wird ein Standardbetrag           batsch, Amt Tauche im Landkreis Oder-
als Beitrag zu den Kosten, die durch Projek-          Spree, Frau Götze jeder Zeit allen interes-
taktivitäten entstehen; ist eine Kindertages-         sierten Kindertagesstätten gern mit Rat und
stätte koordinierende Einrichtung erhält              Tat zur Seite; sie ist telefonisch erreichbar
sie pro Jahr einen Zuschuss in Höhe von               über 033674/232. Hier können interessier-
2000 H als Partnereinrichtung erhält sie pro          te Kindertagesstätten nicht nur die erforder-
Jahr einen Zuschuss in Höhe von 1500 H                lichen Antragsformulare erhalten, sondern
Darüber hinaus erhalten die Einrichtungen             auch kompetente Hinweise, angefangen
jeweils einen flexiblen Betrag als Beitrag zu         vom Entwickeln einer Projektidee bis zum
Reise- und Aufenthaltskosten für bis zu               Ausfüllen der Antragsformulare.

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Die Kindertagesstätte Gänseblümchen hat
an diesem Projekt bereits teilgenommen
und zwar zu Zeiten, als dies für vorschuli-
sche Einrichtungen in Deutschland eigent-
lich noch nicht möglich war. Sie verfügt des-
halb über vielfältige Erfahrungen, die sie
nicht nur gern weitergeben, sondern mög-
lichst viele Kindertagesstätten ermutigen
möchte, an diesem Programm teilzu-
nehmen, aber lesen Sie selbst:
In unserer Kita „Gänseblümchen“ werden
zurzeit 28 Kinder im Alter von 1 – 12 Jahren
von 3 Erzieherinnen betreut. Unser sozial-
pädagogisches Konzept lehnt sich an den
situationsorientierten Ansatz an.

Im Jahre 1998 wurden wir von unseren Pra-
xisberaterinnen gefragt, ob wir nicht Lust           aus Eichen und Buchen, das heißt sie müs-
hätten, mit Einrichtungen aus anderen Län-           sen die Dinge selbst erkennen und erfor-
dern zusammenzuarbeiten. Es gäbe eine                schen und nicht nur fremde Beobachtungen
österreichische Einrichtung, die Partner für         und Zeugnis darüber... Daher die goldene
die Arbeit an einem europäischen Bildungs-           Regel für alle Lehrenden: Alles soll wo
projekt „Comenius“ suche. Wir waren                  immer möglich den Sinnen vorgeführt wer-
sofort bereit dazu und nahmen Kontakt mit            den, was sichtbar dem Gesicht, was hörbar
den österreichischen Kolleginnen auf.                dem Gehör, was riechbar dem Geruch, was
                                                     schmeckbar dem Geschmack, was fühlbar
Im März 1998 begrüßten wir unsere Kolle-             dem Tastsinn.“
ginnen aus Österreich zu einem vorberei-
tendem Studienbesuch. Wir machten uns                Wir beschlossen mit den Kindern Begriffe im
gemeinsam Gedanken, welchen Inhalt                   jahreszeitlichen Kontext zu erarbeiten,
unser Projekt haben sollte. Schnell war man          wobei alle Sinne angesprochen werden sol-
sich einig, sich an Johann Amos Comenius             len. Im Herbst 1998 fuhren wir nach Öster-
zu orientieren, der schon im 16. Jahrhundert         reich zu einem Studienbesuch, bei dem wir
sagte, dass die ersten 6 – 10 Lebensjahre die        auch unsere teilnehmenden tschechischen
wichtigsten Lebensjahre eines Menschen               Kolleginnen kennen lernten.
sind. Er sagte, der Mensch sei ein Baum, hat
Wurzeln von seiner Kindheit an, mit diesen           In der Zwischenzeit mussten wir leider auch
Wurzeln trinkt er und wenn einzelne Wur-             erfahren, dass in Deutschland Kitas in sol-
zeln in der Kindheit verletzt worden sind,           chen pädagogischen Projekten nicht zuge-
können sie nicht weiterwachsen. Je mehr              lassen sind. Wir richteten uns an die
ein Kind in diesen Jahren mit allen Sinnen           Europäische Kommission in Brüssel und an
erfahren hat, umsomehr kann es blühen.               das Kultusministerium in Bonn. Leider
Zitat: „Die Menschen müssen so viel wie              erhielten wir keine andere Nachricht. Dies
möglich ihre Weisheit nicht aus Büchern              sollte uns aber nicht abhalten, uns am Pro-
schöpfen, sondern aus Himmel und Erde,               jekt als stille Partner zu beteiligen.

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In unserem Projekt arbeiten zurzeit Einrich-          ren Ländern an alle Partnereinrichtungen
tungen aus sieben Ländern zusammen.                   gesandt. Didaktische Methoden, die in den
Österreich, Schweden, Finnland, Lettland,             Einrichtungen bei der Begriffserarbeitung
Italien, die Tschechische Republik und                mit den Kindern angewandt wurden, kön-
Deutschland.                                          nen bei Mobilitätsangeboten der Pädago-
                                                      gen mit Kindern der Partnereinrichtungen
Innerhalb der Einrichtungen werden Begrif-            ausprobiert werden. Dadurch ist ein multi-
fe im jahreszeitlichen Kontext, mit allen Sin-        kultureller Austausch von Begriffen, Mate-
nen, in der regulären Bildungs- und Erzie-            rialien u. a. für Kinder und Pädagogen mög-
hungsarbeit erfahrbar gemacht. Ein Projekt            lich.
in unserer Einrichtung hieß zum Beispiel
„Von der Raupe zum Schmetterling“. Wir                So werden die Kinder mit ihnen unbekann-
holten uns im Frühjahr Raupen in den Grup-            ten Begriffen konfrontiert und vertraut ge-
penraum, die Kinder fütterten diese und               macht. Z. B. mit dem Begriff Rentier aus
konnten dann beobachten, wie sie sich ver-            Finnland. Sie lernen dadurch andere Länder
puppten und schließlich ein schöner                   und deren Menschen kennen. Unsere Kin-
Schmetterling schlüpfte. Dies wird mit Lie-           der kennen alle teilnehmenden Länder, ihre
dern, Geschichten und Gedichten unter-                Fahnen und wissen von den verschiedenen
mauert. Die Kinder fertigten Bastelarbeiten           Sprachen.
und Kollagen zum Thema an. Diese Arbeit
wird mit Fotos dokumentiert und mit ent-              Unser Ziel ist es, dadurch bei den Kindern
sprechendem Lied- und Textgut als Kataly-             und deren Eltern Toleranzverhalten gegen-
sator für ähnliche Aktivitäten in den ande-           über Menschen anderer Länder, ihren Tradi-

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tionen und ihrem kulturellem Erbe zu                 Wir können Kindereinrichtungen nur ermu-
wecken und dadurch Grundbedingungen                  tigen, sich an ähnlichen Projekten zu betei-
für ein friedvolles Europa zu schaffen. Dane-        ligen, da diese die Arbeit in der Einrichtung
ben haben wir in den stattgefundenen                 sehr bereichern. Solch eine Projektarbeit ist
Arbeitstreffen in Österreich, Lettland und           aber nur möglich, wenn das gesamte Team
Italien aber auch viele Erfahrungen über die         geschlossen dahintersteht und sich aktiv an
Bildungssysteme der europäischen Nach-               der Arbeit beteiligt. Wir hoffen einige Ein-
barn sammeln können. In diesem Jahr wer-             richtungen auf diese Arbeit neugierig
den wir noch die Einrichtungen der Tsche-            gemach zu haben und stehen jederzeit zu
chischen Republik und der schwedischen               einem Erfahrungsaustausch gerne zur Ver-
Kolleginnen kennen lernen. Ganz besonders            fügung.
freuen wir uns schon heute auf das Frühjahr
2002, wo wir Kolleginnen aus allen Partner-
einrichtungen bei uns in Trebatsch begrüßen
werden.

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