FORDERUNGEN ZUR LANDTAGSWAHL 2022 - SOZIALVERBAND VDK

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FORDERUNGEN
zur Landtagswahl 2022
Die Corona-Pandemie hat die bestehenden           wandels stellen uns vor weitere soziale und
sozialen Problemlagen in Nordrhein-Westfalen      gesundheitliche Herausforderungen. Für die
deutlich aufgezeigt. Der Pflegenotstand hat       künftige Landesregierung besteht damit ein brei-
sich verschärft, der Zugang zu gesundheitlichen   tes sozialpolitisches Handlungsfeld. Der Sozial­
Dienstleistungen und Bedarfen des täglichen       verband VdK NRW e. V. erhebt dafür im Sinne
Lebens bleibt mangels barrierefreier Infra­       seiner rund 400.000 Mitglieder die folgenden
struktur Menschen mit Behinderungen teilweise     Forderungen. Einige dieser Forderungen können
verschlossen und die Armut steigt auf ein noch    nur auf Bundesebene, zum Beispiel über Bundes-
höheres Niveau. Die Auswirkungen des Klima-       ratsinitiativen, umgesetzt werden.

        INKLUSIVE TEILHABE verwirklichen

        GESUNDHEIT schützen –
        KLIMAWANDEL stoppen

     MENSCHENWÜRDIGE PFLEGE
 sicherstellen

        ARMUT bekämpfen –
        PRÄVENTION verbessern
INKLUSIVE TEILHABE verwirklichen

Seit 2009 fordert die UN-Behindertenrechtskonvention die Umsetzung der gleich-
berechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen.
Dennoch stagniert die Umsetzung an vielen Stellen in NRW. Es fehlen im großen
Umfang barrierefreie Wohnungen, der ÖPNV kann barrierefreie Wegeketten nicht
gewährleisten und nur ein Bruchteil von Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen
ist barrierefrei. Auf dem Arbeitsmarkt sind Menschen mit Behinderungen immer
noch überproportional von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen.

Der Teilhabebericht Nordrhein-Westfalen 2020      überhaupt eine barrierefreie Praxis zu finden.
hat verdeutlicht, dass in NRW bestehende Pro-     Die gesetzlichen Vorgaben zum barrierefreien
bleme in vielen Bereichen nicht gelöst wurden.    Wohnungsbau sind unzureichend und wurden in
Insbesondere in den ländlichen Räumen fehlen      den letzten Jahren weiter aufgeweicht. Der Anteil
nicht nur Angebote, sondern vielfach barriere-    der Langzeitarbeitslosen unter Menschen mit
freie Verkehrsmittel. Bund, Land und Kommunen     Behinderung ist in NRW seit Anfang 2020 stark
stehen in der Verantwortung, Barrieren bei        angestiegen. Insofern sind dringend Maß­nahmen
Mobilitätsangeboten und in der öffentlichen       zu ergreifen, um Beschäftigung zu sichern und
Verkehrsinfrastruktur zu beseitigen. Die man-     Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen. Gerade
gelnde Barrierefreiheit im Gesundheitswesen       in Deutschland funktioniert gesellschaftlicher
ist im Krankheitsfall ein großes Problem. Für     Wandel oft nur über gesetzliche Vorgaben. Daher
Menschen mit Behinderung geht es dabei oft        müssen die landesgesetzlichen Vorgaben sowie
nicht nur um die freie Arztwahl, sondern darum,   die Förderprogramme angepasst werden.

Der Sozialverband VdK NRW fordert:
• den Ausbau bezahlbarer und barrierefreier       • Ausbau von Förderprogrammen zur Schaffung
  Wohnungen durch Änderung der Landesbau-           inklusiver Arbeitsplätze
  ordnung, Überarbeitung der Verwaltungs-         • verstärkte Förderung von „Inklusions­betrieben“
  vorschrift Technische Baubestimmung und           durch Mittel aus dem Landeshaushalt
  steuerliche Anreize                             • verbindliche Vorgabe zur Barrierefreiheit für
• vollständige Barrierefreiheit bei Neuan-          neue (Vertrags-)Arztsitze
  schaffungen von Verkehrsmitteln sowie der       • Förderprogramme für barrierefreie Umbau-
  Sanierung und Umgestaltung von Verkehrs-          maßnahmen für Arztpraxen im Bestand
  infrastruktur                                   • Anreize für barrierefreie Umbaumaßnahmen
• mehr öffentliche Gelder zum Ausbau des ÖPNV -     im Einzelhandel
  insbesondere im ländlichen Raum                 • die Einführung von Bußgeldern bzw. Streichung
• Entwicklung eines Konzepts für einen              von öffentlichen Fördergeldern für alle
  inklusiven Arbeitsmarkt                           Verkehrsträger, die Vorgaben zur barrierefreien
                                                    Verkehrsplanung nicht einhalten
GESUNDHEIT schützen –
        KLIMAWANDEL stoppen

Der VdK NRW setzt sich für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung ein, die qua-
litativ hochwertig, ortsnah und unabhängig vom gesellschaftlichen und finanziellen
Status der Patient*innen sein muss. Eine flächendeckende, wohnortnahe medizini-
sche Versorgung in Nordrhein-Westfalen muss langfristig sichergestellt und die Er-
reichbarkeit verbessert werden. Auch infolge des menschengemachten Klimawandels
nehmen Risiken für die menschliche Gesundheit zu und es verschärfen sich Fragen der
Umweltgerechtigkeit. Die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an seine
Folgen werden damit auch zu einem Gebot der Sozial- und Gesundheitspolitik.

Das derzeitige Gesundheitssystem in Deutschland      innerhalb einer halben Stunde erreichbar sein und
ist geprägt durch eine „Zwei-Klassen-Medizin“. Sie   immer die Abteilungen Chirurgie, Innere Medizin
führt in einigen Bereichen zu einer Benachteiligung  und Geburtshilfe anbieten. Notwendige Kranken-
von gesetzlich versicherten Patient*innen. Diese     häuser in ländlichen Regionen, die aufgrund ihrer
benötigen aus unserer Sicht eine gleichwertige       Größe nicht kostendeckend arbeiten können,
medizinische Versorgung wie Privatpatient*innen.     erhalten einen Sicherstellungszuschuss vom Land
                                                     NRW. Krankenhäuser und andere Einrichtungen der
Darüber hinaus gehören angemessene Ver-              Gesundheitsversorgung müssen für alle Patient*in-
sorgungsstrukturen dorthin, wo sie im Notfall        nen und Besucher*innen barrierefrei auffindbar,
gebraucht werden. Sie sollen flächendeckend so       zugänglich und nutzbar sein. Hinzu kommt der zü-
ausgestattet sein, dass sie den medizinischen Hand- gige Ausbau der technischen Infrastruktur im Zuge
lungsbedarf unmittelbar und vollständig erfassen     der Digitalisierung. Das gilt für die Standardisierung
und bei Bedarf schnell an spezialisierte Einrichtun- und Kompatibilität von Systemen von Gesundheits-
gen überweisen. Einrichtungen der Grund- und         ämtern, Krankenhäusern und ambulanten Angebo-
Notfallversorgung müssen für jede*n Bürger*in        ten sowie für telemedizinische Angebote.

Der Sozialverband VdK NRW fordert:
• Sicherstellung eines barrierefreien Gesund-         • Stadt-, Regional- und Verkehrsplanung unter
  heitssystems                                          Berücksichtig von Aspekten der Umweltge-
• Sicherstellung einer flächendeckenden, wohn-          rechtigkeit zur Stärkung gesundheitsfördernder
  ortnahen medizinischen Versorgung in NRW              Lebensverhältnisse
• Profitstreben im Gesundheitswesen muss ab-          • Entwicklung von Konzepten für die Klima­
  geschafft und die Planung sowie Finanzierung          folgenanpassung, etwa bei der Prävention von
  an Gemeinnutz gekoppelt werden                        Hitzeereignissen
• eine bessere und schnellere Terminvergabe für
  gesetzlich Versicherte bei (Fach-)Arztpraxen
  und bei planbaren stationären Maßnahmen
MENSCHENWÜRDIGE PFLEGE
 sicherstellen

Mit Blick auf die demografische Entwicklung und die steigende Zahl von pflege-
bedürftigen Menschen müssen wir dem Fachkräftemangel in der Pflege durch die
Aufwertung des Pflegeberufs begegnen, um diesen für junge Menschen attraktiver zu
machen. Darüber hinaus müssen pflegende Angehörige dringend besser unterstützt
werden, denn sie sind für die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung system­
relevant. Dies kann nur gelingen, indem die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf nach-
haltig verbessert wird. Ferner werden für eine menschenwürdige Pflege Prävention
und Gesundheitsförderung, die sektorenübergreifende Versorgung sowie die Digitali-
sierung von immer größerer Bedeutung.

Eine wichtige Erfolgsvoraussetzung für menschen­      An vielen Stellen in NRW sind nicht genügend
würdige Pflege und Selbstbestimmung ist ein senio-    Tages- und Kurzzeitpflegeplätze oder ambulante
ren- und behindertengerechter Wohnungs­markt.         Pflegedienste verfügbar. Häufig ver­fallen Pflege­
Dazu benötigen wir barrierefreie Wohnungen, die       versicherungsleistungen, weil regional entspre-
eine ambulante Pflege zu Hause und somit auch den     chende Angebote fehlen und somit bewährte
Verbleib im Quartier ermöglichen sowie eine gute      Betreuungs­settings zerbrechen.
soziale Infrastruktur.
                                                      Weiterhin mangelt es den Betroffenen an Transpa-
Kommunen investieren nur in Einzelfällen in ihre      renz bei den Kosten eines stationären Pflegeplatzes,
Pflegeinfrastruktur vor Ort. So gibt es kaum An-      des qualifizierten Personaleinsatzes, aber auch im
gebote für jüngere pflegebedürftige Menschen          ambulanten Bereich. Es wird eine wichtige Aufgabe
oder Nachtpflegen. Niedrigschwellige Betreuung­s­     sein, wirksame Konzepte und monetäre Hilfen be-
angebote fehlen und die Pflegeberatung ist vielmals   reitzustellen, um Menschen eine ausreichende Teil-
nicht neutral und versagt im Hinblick auf eine        nahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen
sozialraum- und teilhabeorientierte Ausrichtung.      und Einsamkeit und sozialer Isolation vorzubeugen.

Der Sozialverband VdK NRW fordert:
• niedrigschwellige, unabhängige, gleichwertige       • Ausbau einer flächendeckenden Palliativver-
  und flächendeckende Pflegeberatung                    sorgung
• Aktivierung der Kommunen für pflegerische           • Erweiterung von Präventions- und
  und altengerechte Infrastrukturen                     Rehabilitations­angeboten im Alter und bei
• ausreichende bezahlbare Angebote an Plätzen           Pflege
  für Kurzzeit-, Verhinderungs- und Tagespflege       • Renditestreben privater Investoren in der
• Stärkung der häuslichen Pflege und der pfle-          Pflege stoppen
  genden Angehörigen
ARMUT bekämpfen –
        PRÄVENTION verbessern

Seit 2005 hat die Armut in Nordrhein-Westfalen fast kontinuierlich zugenommen.
Hiervon betroffen sind insbesondere Frauen, Alleinerziehende, Rentner*innen,
Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Migrationshintergrund und Ältere.
Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Ungleichheit bei der Lohn- und Einkom-
mensentwicklung seit 2014 deutlich gestiegen ist. Der Anstieg der Bruttostunden-
löhne fiel vor allem in unteren Einkommensbereichen unterdurchschnittlich aus.
In Verbindung mit stark steigenden Miet- und Energiepreisen können sich immer
weniger Menschen angemessenen Wohnraum in NRW leisten und sind von einer
Wohnkostenüberlastung betroffen.

Umso wichtiger ist es für diese Personenkreise,   Personen Leistungen aus unterschiedlichen Grün-
dass sozialpolitische Unterstützungsmaßnahmen     den immer noch zu oft nicht beanspruchen. Hier
greifen, die ihnen ein Leben über dem Existenz-   muss das Land NRW dringend Wege aufzeigen,
minimum nach Abzug der Wohnkosten gewähr-         wie diesen Personenkreisen geholfen werden
leisten. Hinzu kommt, dass anspruchsberechtigte   kann und niemand verloren geht.

Der Sozialverband VdK NRW fordert:
• eine landesweit einheitliche Definition von     • mehr niedrigschwellige Aufklärungs- und
  „angemessenen“ Mieten für Bezieher*innen          Unterstützungsangebote schaffen, um Alters-
  von Leistungen für Unterkunft und Heizung         armut entgegenzuwirken
  (KdU)                                           • die Etablierung einer geordneten Abfrage zum
• die jährliche Anpassung von Mietobergrenzen,      Thema Altersarmut in den Kommunen, um
  damit die Wohnkostenlücke im bestehenden          eine einheitliche Datenlage herzustellen und
  Hartz IV-System nicht größer wird                 daraus Gegenmaßnahmen abzuleiten
• der Bau von mehr Sozialwohnungen in NRW         • Bereitstellung von niedrigschwelligen Lern­
• landesweite Infokampagnen zur Reduzierung         angeboten insbesondere für Kinder aus ein-
  der hohen Dunkelziffer der Nichtinanspruch-       kommensschwachen Haushalten
  nahme von Sozialleistungen
FORDERUNGEN
zur Landtagswahl 2022

Sozialverband VdK - Nordrhein-Westfalen e. V.
Fürstenwall 132
40217 Düsseldorf

Telefon:   0211/3 84 12-0
Telefax:   0211/3 84 12-66
Email:     nordrhein-westfalen@vdk.de
Website:   www.vdk.de/nrw/
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