Resilienz stärken. Perspektiven schaffen - Wie die strukturbildende Übergangshilfe Resilienz-Kapazitäten stärkt - Bundesministerium ...

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Resilienz stärken. Perspektiven schaffen - Wie die strukturbildende Übergangshilfe Resilienz-Kapazitäten stärkt - Bundesministerium ...
Resilienz stärken. Perspektiven schaffen.
Wie die strukturbildende Übergangshilfe Resilienz-Kapazitäten stärkt.

Ökologische, politische, ökonomische und soziale            Wie wird Resilienz definiert?
Krisen führen besonders in Ländern mit fragilen
staatlichen Strukturen und hohen Armutsraten                Übergeordnetes Ziel der Krisenbewältigung
­immer wieder zu einer starken Gefährdung der               des BMZ ist die Stärkung der Widerstandsfähig­
 ­betroffenen Bevölkerung. Die Menschen sind dort           keit (Resilienz) von Menschen und lokalen
  häufig nicht ausreichend auf derartige Krisen vor­        Strukturen gegenüber den Auswirkungen und
  bereitet. Besonders verwundbare Menschen werden           Folgen von Krisen: Sie werden befähigt,
  meist am härtesten getroffen, ihre Lebensgrund­           → Krisen eigenständig zu bewältigen,
  lagen sind durch wiederkehrende Konflikte und             → sich auf wiederkehrende Belastungen
  (­externe) Schocks gefährdet.                                 vorzubereiten, um
                                                            → Negativfolgen zu mindern und diese
 Um diese Menschen zu schützen und sie besser               → allmählich durch strukturelle Ver­än­
 für Krisen zu wappnen, hat sich die internationale             derungen dauerhaft zu überwinden.
 Entwicklungszusam­menarbeit seit 2015 neu                  Geleitet vom Grundsatz der Förderung der
 ­aus­gerichtet und sich ­ambitionierte Ziele gesetzt.      Parti­zipation und Selbsthilfe werden die Ent­
  Die Stärkung von Resilienz wird seitdem in allen          wicklungskapazi­täten der betroffenen Menschen
  ­relevanten Rahmenwerken hervorgehoben (vergl.            und Strukturen gezielt gestärkt und gefördert.
   u.a. Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung,
­Aktionsagenda für Entwicklungsfinan­zierung,
   ­Sendai Rahmenwerk für die Reduzierung des             Die strukturbildende Übergangshilfe hat den
    ­Katastrophenrisikos, Stockholmer Erklärung zum       ­Anspruch unter Berücksichtigung der besonderen
     Umgang mit Fragilität und zur Schaffung von           Herausforderungen und Interdependenzen im
     ­Frieden). Dies hat seinen Grund: Wirkungs­unter­     ­Humanitarian-Development-Peace-Nexus (HDP-
      suchungen zeigen, dass jeder Euro, der in die         Nexus) die Resilienz der betroffenen ­Menschen und
      ­Stärkung resilienter Strukturen investiert wird,     Strukturen effektiv und nachhaltig zu stärken. Ent­
       langfristig Kosten von etwa vier Euro einspart.      sprechend werden Kohärenz und Komplementarität
                                                            der Maßnahmen mit denen der humanitären Hilfe,
­ ieses Themenblatt stellt in Ergänzung zur BMZ
D                                                           der langfristigen Entwicklungs­zusam­menarbeit und
Strategie der strukturbildenden ­Übergangshilfe             der Friedensförderung sichergestellt und eine
das Resilienz-Konzept und seine ­Bedeutung für ­            ­strategisch-inhaltliche Zusammenarbeit gefördert.
eine erfolgreiche Umsetzung von Vorhaben der                 Dafür können etwa gemeinsame Ziele der humani­
strukturbildenden Übergangshilfe des BMZ dar.                tären Hilfe und der Entwicklungs­zusammenarbeit
                                                             (Collective ­Outcomes) als Orientierung dienen.
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Resilienz stärken. Perspektiven schaffen.                                                                          2

     Wessen Resilienz soll gestärkt werden?
     Für eine erfolgreiche Programmgestaltung ist
                                                                   Individuelle
     es entscheidend festzulegen, wessen Resilienz
                                                                      Ebene
     ­gestärkt werden soll. Die strukturbildende                                              Struktur-
      ­Übergangshilfe zielt auf die Stärkung der                                              bildende
                                                                 Haushaltsebene               Übergangshilfe
       ­Resilienz auf der individuellen bis hin zur
        ­sub­nationalen Ebene (Gemeinde, Region).
                                                                  Subnationale
         Die S ­ tärkung von Resilienz auf nationaler und            Ebene                    Langfristige
         ­supranationaler Ebene ist A­ ufgabe der lang­                                       Entwicklungs-
          fristigen Entwicklungszusammenarbeit und               Nationale Ebene              zusammenarbeit
          eine wichtige Schnittstelle des HDP-Nexus.

 Wie soll Resilienz gestärkt werden?                        Von Bedeutung in der Krisenbewältigung sind
                                                            zudem die Prävention von Krisen und preparedness,
 Resilienz stärken, bedeutet Capacity Development           also die strukturelle Vorbereitung auf den Katastro­
 in fragilen Kontexten. Die Stärkung der folgenden          phenfall. Sie ermöglichen Menschen und Strukturen,
 drei Resilienz-Kapazitäten ist dabei entscheidend:         Risiken einzuschätzen und kommenden Krisen
                                                            vorzubeugen.

                      Gestärkte Stabilisierungs­            Dabei wird unter Risiko die Eintrittswahrschein­
                        kapazitäten ermöglichen             lichkeit von Krisen und deren negativen Aus­
                          von Krisen betroffenen            wirkungen verstanden.
                           ­Menschen, ihre grundlegen­
     Stabilisierungs­
                            den Bedürfnisse zu bedie­       Nicht immer ist eine klare Abgrenzung der Resilienz-
       kapazitäten
                            nen, die Funktionsfähigkeit     Kapazitäten möglich. Ob eine bestimmte Maßnahme
                          ­wichtiger Struk­turen zu         transformativ oder adaptiv wirkt, hängt von
                         erhalten und das Überleben in      ­Kontext und Zielgruppe ab. Wichtig ist, dass dies
                       und nach Krisen zu sichern.           analysiert und bei Planung und Programmgestal­
                                                             tung berücksichtigt und kenntlich gemacht wird.

 Gestärkte Anpassungs­
 kapazitäten befähigen                                      Was heißt das in der Praxis?
 Menschen und Struk­turen,
 sich langfristigen Verän­                  Anpassungs­     In fragilen Kontexten, die oft von Gewaltkonflikten
 derungen anzu­passen,                      kapazitäten     und den Auswirkungen des Klimawandels – wie
 negative Auswirkungen                                      Dürre, Desertifikation, Wassermangel – geprägt
 abzufedern und bestenfalls                                 sind, bestehen zumeist vielschichtige, voneinander
 zu minimieren.                                             abhängige Verwundbarkeiten (Vulnerabilitäten).
                                                            Ein multisektoraler Ansatz, der erfolgreich fehlende
                                                            oder schwach ausgeprägte Resilienz-Kapazitäten in
                   Gestärkte Transformationskapa­           den Fokus nimmt, könnte beispielsweise folgende
                      zitäten versetzen Menschen            Maßnahmen beinhalten:
                        und Strukturen in die Lage,
                         die tieferliegenden Ursa­          Zur Stärkung der Stabilisierungskapazitäten ­
    Transformations­     chen der Probleme in den           könnte die Bereitstellung von Transferleistungen
       kapazitäten       Blick zu nehmen und einen          Grund­bedürfnisse kurzfristig befriedigen und so
                        strukturellen Wandel für            die Ernährungssituation verbessern und produk­tive
                       nachhaltige Lebensgrundla­           Infrastruktur (wieder-)aufbauen. Anpassungskapa-
                     gen voranzutreiben.                    zitäten könnten gestärkt werden, indem Kenntnisse
                                                            und Fähigkeiten in Ernährung, Hygiene und an Dürre
                                                            angepasste landwirtschaftliche Methoden vermittelt
Resilienz stärken. Perspektiven schaffen.                                                                      3

 werden. Um die Transformationskapazitäten zu            adressiert, die den durch ein Vorhaben erwünsch­
 stärken, könnten Schulungen zu gewaltfreier             ten Veränderungsprozess skizziert. Die Theory of
 ­Konfliktbearbeitung und Förderung von lokalen          Change wird als Basis für die Steuerung und das
  Dia­logprozessen den sozialen Zusammenhalt stär­       Monitoring des Vorhabens verwendet.
 ken. Um langfristig eine bessere Ernährung – insbe­
 sondere von Kindern und Müttern – zu erreichen,
 könnten die Kompetenzen lokaler Gesundheitszent­                              PCA­,
 ren gefördert werden. Erst die Verbindung der Maß­                            Gender­,
 nahmen in einen multisektoralen Ansatz ermöglicht                             Resilienzanalysen
 es, Resilienz ganzheitlich zu stärken.

                                                                               Resilienz     Indikatoren
 Resilienz im Projektzyklus                                                                  und Theory
                                                           Evaluierung       im gesamten
                                                                             Projektzyklus   of Change
 Damit Vorhaben der strukturbildenden Über-
 gangshilfe Resilienz wirksam stärken können,
 muss das Resilienzkonzept im gesamten Projekt­
 zyklus berücksichtigt werden – von der Analyse
 über Planung, Programmgestaltung und Monito­                                           Adaptives
                                                              Projektmonitoring
 ring bis zur Evaluierung.                                                              Projektmanagement

 Resilienzanalysen sind, unter Einbeziehung von
 Friedens- und Konfliktanalysen (Peace and C
                                           ­ onflict     Um Resilienzstärkung messbar zu machen, ­werden
 Assessment, PCA) und Genderanalysen, für eine           Indikatoren formuliert, die festlegen,
 risiko- und kriseninformierte Entwicklungszu­
 sammenarbeit von zentraler Bedeutung.                   → wessen Resilienz gestärkt werden soll
                                                             (z. B. 250 alleinerziehende Frauen) und
 Sie ermöglichen ein umfassendes Verständnis über        → welche Resilienz-Kapazität wie und mit
                                                             ­ elchem Ziel gestärkt werden soll (Im Fall der
                                                             w
 (i) existierende Risiken und Krisen im Kontext,             oben genannten 250 alleinerziehenden Frauen
                                                             beispielsweise die Anpassungskapazitäten,
 (ii) betroffene und zuständige Akteure und                  indem sie sich als Saatgutproduzentinnen orga­
      Strukturen sowie ihre vorhandenen Stärken,             nisieren und durch Produktion und Verkauf
      Potenziale und Kompetenzen (Resilienz-­                von dürreresistentem Saatgut das Einkommen
      Kapazitäten) damit umzugehen,                          ihrer Familien sichern und einen Beitrag zur
                                                             dürre­resilienten Landwirtschaft und zum
 (iii) Bedarfe und Möglichkeiten, diese Kapazitäten          Haushaltseinkommen liefern).
       zur Krisenbewältigung (inkl. Prävention)
       sektorübergreifend weiter zu stärken.             Für die Vorhaben bedeutet dies, dass sich Indika-
                                                         toren oft auf spezifische Aktivitäten beziehen, die
 Die Resilienzanalyse informiert die Portfolio- und      Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit, Verant-
 Projektplanung und wird möglichst partizipativ          wortung (Ownership), Teilnahme und Zugang
 erstellt und genutzt. Liegt in einem Land oder auf      ermöglichen oder erhöhen.
 subnationaler Ebene bereits ein Planungstool vor, das
 als Grundlage für das Vorhaben genutzt werden kann,     Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die
 sollte darauf zurückgegriffen werden, um Komple­        Ergebnisse der Erhebungen und Analysen zu einer
 mentarität, Kohärenz und Kooperation zu gewähr­         resilienzorientierten Programmgestaltung führen.
 leisten. Durch die Ergebnisse der Resilienzanalyse
 kann das Planungstool ergänzt und vertieft werden.      Das Monitoring- und Evaluierungssystem soll
                                                         kontinuierlich mögliche Änderungen des Kontextes
 Die in der Resilienzanalyse identifizierten zu          erfassen und diese Änderungen entsprechend in
 stärkenden Kapazitäten und Kompetenzen                  der Theory of Change anpassen. Abhängig vom
 (Output-Ebene) sowie deren Nutzung im Umgang            sich wandelnden Kontext müssen möglicherweise
 mit Krisen und Risiken (Outcome-Ebene) bilden           die ursprünglich im Projektantrag vorgesehenen
 den Ausgangspunkt für die Projektplanung und            Maßnahmen und die diesbezüglichen Indikatoren
 -gestaltung. Sie werden in der Theory of Change         angepasst bzw. ergänzt werden.
Resilienz stärken. Perspektiven schaffen.                                                                                   4

 Indem Projekt­aktivitäten an sich verändernde                        In einem multisektoralen Ansatz sollen gezielt
 Kontextbedingungen (u. a. neue/weitere Stress­                       Lebens- und Produktionsgrundlagen sowie
 faktoren und/oder Schocks) angepasst werden,                         Ernährung und Bildung verbessert werden. Dies
 wird sichergestellt, dass die Ziele erreichbar                       geschieht über mehrjährige Investitionen in enger
 bleiben (adaptives Projektmanagement).                               Abstimmung mit den nationalen Regierungen und
                                                                      in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern.
 Die im Rahmen des Monitorings gewonnenen                             Um Resilienz nachhaltig zu stärken und Trans­
 Informationen dienen neben weiteren Daten­                           formationsprozesse zu unterstützen, arbeitet die
 erhebungen als Grundlage für die Evaluierung                         SRI über eine Laufzeit von fünf Jahren mit den
 der Vorhaben.                                                        gleichen Gemeinschaften. Die Bedarfe, Potenziale
                                                                      und Kapazitäten der Menschen stehen dabei im
 Die Formulierung resilienzspezifischer Theories of                   Fokus. Über partizipative Prozesse sind sie in die
 Change und die Entwicklung von Indikatoren, die                      Auswahl und Planung aller Aktivitäten eingebun­
 geeignet sind, Fortschritte bei der Resilienzstär­                   den. Bislang konnten 1,2 Millionen Menschen
 kung darzustellen und messbar zu machen,                             durch das Programm erreicht werden.
 versteht das BMZ als gemeinsamen Lernprozess
 im Rahmen des fachlichen Dialogs mit seinen                          Für die Umsetzung eines integrierten Ansatzes
 Umsetzungspartnern.                                                  zur Resilienzstärkung sind Partnerschaften
                                                                      zentral. Daher wurde komplementär zum WFP
                                                                      das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
 Ein Beispiel aus unserer Arbeit                                      (UNICEF) beauftragt, Maßnahmen in den Berei­
                                                                      chen Ernährungssicherung, Bildung, Gesundheit,
 Im Rahmen der gemeinsamen Sahel Resilienz-­                          WASH (Water, Sanitation, Hygiene) und Kinder­
 Initiative (SRI) setzt das Welternährungspro­                        schutz in gemeinsam ausgewählten Distrikten
 gramm (World Food Programme, WFP) mit                                in Mali, Mauretanien und Niger umzusetzen.
 Unterstützung des BMZ in den G5-Sahel-Ländern
 Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger und Tschad                    Die gemeinsame Umsetzung zielt auf Synergie­
 ein integrier­­tes und multisektorales Maßnahmen­                    effekte ab und ermöglicht es, den unterschiedlichen
 paket zur Stärkung der Resilienz von Menschen,                       Ursachen der Vulnerabilität mit einem umfassenden
 Haushalten, lokalen und nationalen Strukturen um.                    multisektoralen Ansatz zu begegnen.

        Die gemeinsame Resilienz-Initiative von BMZ und WFP

Herausgeber          Bundesministerium für wirtschaftliche          Postanschrift der   BMZ Berlin
                     Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
                     Referat 222                                    BMZ Dienstsitze     Stresemannstraße 94
                                                                                        10963 Berlin
Stand                06/2021                                                            T +49 (0)30 18 535-0

Kontakt              RL222@bmz.bund.de                                                  BMZ Bonn
                     www.bmz.de                                                         Dahlmannstraße 4
Foto:                © WFP / Aurelia Rusek; © WFP/ Benoit Lognone                       53113 Bonn
                                                                                        T +49 (0)228 99 535-0
Layout:              EYES-OPEN, Berlin
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