I nteressanter Fund in Visperterminen - Kartengrüsse des Gardisten Alber studer aus Rom, 1go2-lgog - Verein "z'Tärbinu
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RE PO RTAG E I nteressanter Fund in Visperterminen Kartengrüsse des Gardisten Alber studer aus Rom, 1go2-lgog Geht ein Fund wieder verloren? Und da am kommenden Auffahrtstag (20. Mai 2004) die Sektion Wallis der Ex-Gar- ln der Oberwalliser Gemeinde Visperter- disten ihre Jahrestagung ausgerechnet in minen wird im Mai 2004 ein Haus reno- Visperterminen abhält, reicht Pater Heinz- viert. Die Bauarbeiten würden uns nicht mann das Bündel an den jungen Gardis- weiter interessieren, wäre dabei nicht ten Franz Heinzmann weiter, auf dass auch das Dach abgedeckt und vorher der die alten Karten an lnteressierte verteilt Dachboden geräumt worden. Und wie es würden... Glücklicherweise verliert sich Estriche so an sich haben, kommt das der Fund nicht in alle Himmelsrichtun- eine oder andere zum Vorschein, was gen. Franz-Josef Heinzmann schenkt die seit Jahr und Täg keine Sonne mehr sah. Karten an das im Aufbau begriffene Kul- Nebst einigem Staub und dem gesammel- turzentrum Päpstliche Schweizergarde in Der Schreiber und der Empfänger der ten ,,Gerümpel" von Generationen taucht Naters. Hier ist das Bündel seither sorgfäl- Kaften aus Rom: Albert Studer (inks, auch ein Haufen alter Ansichtskarten auf. tig aufbewahrt und auch sogleich erforscht mit seinem Kollegen Dirren) und Gus- Die damalige deutsche Steilschrift auf worden. Die Karten wurden in ihrer zeifli- tav Goftsponer, hier in späteren Jah- den Karten bleibt den heutigen Betrach- chen Reihenfolge eingeordnet. Es handelt ren, als er bereits Domherr in Sitteit rivar tern unverständlich. So wird das Bündel sich um gesamthaft 92 Stück, die aus [Kafte Sammlung Nr. 7 / Rom, 22:7. 02] an Pater Eligius Heinzmann übergeben, den Jahren 1902 bis 1909 stammen. Ge- am Ort die richtige Adresse für alte Sa- schrieben wurden die meisten von einem Unter den 92 vorliegenden Karten befin- chen, zumal sich dieser für Geschichte Albert Studer, der als Gardist in der Päpst- den sich zahlreiche schwarz-weisse Auf- interessiert und auch schon eine Chro- lichen Schweizergarde weilte. Adressiert nahmen, die Gebäude und Kunstwerke nik der Gemeinde herausgegeben hatte. sind die Bildpostkarten an einen Gustav (2.8. die Sixtinische Kapelle) in Rom zei- Gottsponer. Wer aber sind die beiden? gön - Sujets, die bereits damals zuZehn- Und was für Bilder zeigen die Karten? tausenden gedruckt wurden und keinen Und wovon erzählt der Gardist aus Rom? besonderen Wert haben. Daneben finden wir aber einige Chromolithos, die ersten Die Brieffreunde farbigen Ansichtskarten um die Jahrhun- dertwende. Erst recht selten sind die Kar- Albert Studer wurde am 7. Mai 1876 in ten, die Studer mit eigenen Fotografien Visperterminen als Sohn von Theresia bebilderte - bei diesen selbstgernachten und Bonifaz Studer geboren; er hatte zwei Bildpostkarten handelt sich um spannende Geschwister, Felix (Vater des späteren Zeugnisse aus Alltag und Fest der Garde. Priesters Eligius Studer) und Fridolina.l Und die schwer lesbaren Texte zu diesen Albert wächst in der fünfköpfigen Berg- Bildern? All die beschrifteten Karten ha- bauernfamilie auf und besucht in seinem ben wir entziffert und den lnhalt teitgetreu Heimatort die üblichen Schulen. Laut der Wort für Wort ins Reine geschrieben. Wir Broschüre von Louis Carlen2 trat Albert wollen den Lesern nicht vorenthalten, was Studer 1899 in die Garde ein und wurde Studer vor 100 Jahren in Rom erlebte. hier Korporal. Die Korrespondenz richtet sich an Gustav Gottsponer, auch er aus ,,Habe diesen Monat auch noch Ex- Visperterminen. Die beiden dürften sich tradienst..." von ihrer Heimatgemeinde her gekannt haben, verkehren zunächst aber sehr of- Envartungsgemäss erfahren wir allerhand fiziell miteinander. Jedenfalls redet Studer aus dem damaligen Dienstalltag. lm ge- 1902 Gottsponer noch mit ,Werter Hen' samten sind es ein Dutzend Karten, auf an, doch bald als,,Lieber Freund" und spä- welchen Albert Studer von der Arbeit der ter auch als ,,Werter Gustav". Gottsponer Gardisten berichtet. Zu schaffen machte Vispefterminen: Das Haus unmittelbar wird nach dem Kollegium in Brig Theologie - - wie auch heute noch immer wieder in lnnsbruck studieren, 1909 zum Priester die Hitze. Angesichts des langen Wa- neben der Kirche, wo die Ansichtskarten geweiht, ist bis 1926 Professor am Kol- chestehens in Uniform ist dies nicht ver- gefunden wurden (Foto W.8., 20.05.2004) legium in Brig und schliesslich Domherr wunderlich. Am g. August 1902 meldet in Sitten (seit 1931). ln Visperterminen Studer an Gottsponel der gerade in der Die Bilder auf den Karten zeigen Sujets erinnert eine Gedenktafel bei der Kirche Rekrutenschule in Aarau weilt: ,,Empfan- aus Rom und auch Schweizergardisten. an ihn; er verstarb am 17. März 1972. get von lhrem Freund in der weiten Fer-
REPORTAGE ne die besten Grüsse und Wünsche... ten gewirkt haben: Nach dem Tode eines und verschiedene dagegen sind. Sollte es sind gesund, was selbes von lhnen hoffe. Papstes und vor der Neuwahl von des- aber fehl gehen, so würde ich mich bald Macht sehr warm, bis 34,9 Grad Wärme." sen Nachfolger werden besondere Vor- nach der Schweiz begeben um eine Stelle Entsprechend glücklich vermeldet Studer, kehrungen getroffen. lm Sommer 1903 zu suchen." Wie auch bei den Notizen auf wenn der Sommer für einmal nicht so stirbt Papst Leo Xlll. Am 26. Juli 1903 teilt anderen Karten, bleiben unsere Kenntnis- schweisstreibend ausfällt, wie jene Karte Studer mit: ,,Werter Freund! Deine Karte se im vorliegenden Fall leider fragmen- eines Jahres im Juli: ,,Wir haben famoses vom Simplon habe ich erhalten. Gestern tarisch. Und die von Studer erwähnten Wetter u. keine Hitze wie andere Jahre ... Abend war die Beisetzung S(einer) Heilig- Briefe, die uns Auskunft geben könnten, Viele Grüsse von Studer." Als herausra- keit in der S(ankt) Peters Kirchen. Es wird sind bislang unauffindbar geblieben. gendes Kennzeichen des Dienstes wird jetzt im Vatikan alles vorbereitet (und) ei- in den Nachrichten Studers die unmit- nige Kardinals(zellen) sind schon fertig 400Jahre Garde und 1000 LiterWein telbare Nähe zum der Kirche Der Dienst ist ziemlich fassbar, so etwa im Herbst ln die Dienstzeit Albert Studers fällt ein 1904: ,,Gestern Audienz / ausserordentlicherAnlass: Das 400jährige Sämtliche Gardisten ka- Jubiläum der Schweizergarde, die 1506 men zum Handkuss." Auch als ihr Gründungsjahr feiert.3 So schreibt ausserordentliche und den Studer im Januar 1906: ,,... am 21. begin- Gardisten Abwechslung nen unsere Festlichkeiten, sind gegen 30 bringende, doch arbeitsin- alte Gardisten angekommen, aus dem tensive Anlässe finden in Lötschtal sollen I kommen. Mit Gruss Stu- der Korrespondenz ihren der Albert Vatikan Rom". Am 20. Januar Niederschlag.Am 1 3.7. 1 902 heisst es: "Werter! Diesen Abend wird das schreibt Studer aus Rom an Fest eröffnet mit dem Zapfenstreich und seinen Freund in Visperter- morgens Messe bei S(einer) Heiligkeit. minen: ,,Habe deinen Brief Tausend Grüsse." Offenbar gehen die erhalten und hat mich sehr Gardisten beim runden Geburtstag ihres erfreut. Habe diesen Mönat auch noch Nr.28: Kafte vom 5.12.1904: "Obige Korps nicht leer aus. Freudig beschreibt Extradienst, weshalb ich wenig Zeit habe, stellen die Schweizergardisten dar wie Studer am 2. Februar eine Karte mit einer um Briefe zu schreiben. Doch ich komme selbe am 8. u. 11. in der St. Peterskirche in Fotografie: ,,Werter Gustav! Obiges Bild so bald als möglich. Zu den Neuigkeiten den Dienst gehen in Harnisch, hier fehlen zeigt die Medaille mit Vorder- u. Rückseite ist zu wähnen die grossartigste Audienz aber der Kragen und der rote Sfrauss, rbh mit welcher wir beschert worden sind vom des hl. Vaters in einem Hofe des Vatikans, bin der7. in der ersten Reihe" [Kafte Sam- hl. Vater anlässlich unseres Festes." Die in welcher gegen 50'000 Personen anwe- mlung Nr. 28 / Rom, 5.12.19041 Medaillen, Mittel der Auszeichnung und send waren mit 9 Musikkorps. Am letzten der symbolischen Belohnung für geleiste- Donnerstag war Trauergottesdienst für Alles kennt seine Schattenseiten. Auch te Dienste, geniessen bei den Gardisten den verstorbenen König von Sachsen in Gesundheit und Hygiene befinden sich besondere Wertschätzung. Studer wird Anwesenheit des hl. Vaters u. 24Kardinä- damals bekanntlich nicht auf dem Stand, sie in der Folge noch mehrmals enrähnen. len." Der intensive Dienst taucht hin und der uns heute vertraut ist. Da tauchen wieder auf; auch im November 1908 sind etwa persönliche Leiden auf, wie in einer Überstunden wieder einmal chronisch: Nachricht von 1902: "Habe einige böse ,,Werter! Danke schön für deine Karte und Tage gehabt, zuerst Fieber u. nachher Brief. Bin gegenwärtig sehr beschäftigt, Zahnschmezen, jetzt geht es besser." so dass ich keine Zeit habe einen Brief zu Auch das Korps bleibt nicht verschont: schreiben. Geht aber bald besser. Heute "Am 24. ist hier ein Gardist gestorben. hatten wir Besuch in unserer Kantine näm- Schon der dritte in diesem Jahr. 3 sind lich die H(erren) Seiler Jos(ef), Escher und noch im Spital. Es herrscht hier ziemlich noch viele andere Hoteliers.'Trotz Extra- der Typhus", schreibt Studer aus Rom. diensten ob all der Prominenz im Vatikan Auch anderweitig ist nicht immer alles zum scheint die Stimmung keine schlechte zu Besten bestellt. Sei es, dass unser Schrei- sein, wie die Kartennotizvom2. Mai 1903 ber zeitweise mit dem Arbeitsklima nicht Bildpostkarte zum Jubiläum 400 Jahre verrät: ,,Letzte Woche ist der Englische ganz zufrieden war, sei es, dass er sich Päpstliche Schweizergarde (1506-1906) König hier gewesen. Heute Samstag ist unglücklich verliebt hatte. Seinem Freund [Kafte Sammlung Nr. 34 / Rom, 24. 1. 1 906] der Deutsche Kaiser hier angekommen. vertraut er an: ,,Werter Gustav! Danke dir Morgen Sonntag Uhr 4 kommt er zum hl. für die Karte und noch viel mehr muss ich Wiederholt berichtet Studer von Festivitä- Vater zur Audienz. Müssen alle Gardisten dir danken, weil du so freundschaftlich ten: ,,Am 21. Januar morgens 6 Uhr hatten in Dienst mit Harnisch. Sind Gesund u. mit mir verkehrst, da mich sonst alles zu wirTagwache, um 7 Uhr Messe bei Seiner Lustig, was selbes auch von lhnen hof- verlassen scheint. Nun dies hat seinen Heiligkeit, auch die Schweizerpilger sowie fe. Grüsst Sie bestens Studer Ernest von Grund, dessen Wohl oder Weh in nächs- jene Schweizer, die sich hier in Rom auf- Roma." Noch beeindruckender muss die ter Zeil entschieden wird. Hoffe das Wohl halten nahmen selber teil. Nachmittags 3 folgende Situation auf den jungen Gardis- werde siegen, trotzdem verschiedenes Uhr mussten wir in Uniform im Quartier an-
RE PO RTAG E treten und wir Musikanten spielten einige ten. Anwesend war Bundesrath Zemp." tografie sich dem Mann aus den Bergen Stücke, bis die Festmusik erschien (Musik dank dem Dienst in Rom eröffnete, so sehr von Ländjägerkorps des Vatikans). Unser Offizielle Bildpostkarte der Garde)usix frass es offenbar ein Loch in seinen Geld- Quartier füllte sich von Zuschauern, auch im Jahre 1906 [Kafte Sammlung Nr. 43 / beutel. Studers Kommentar: ,,lch habe ge- das Diplomatische Corps stellte sich über Rom, 16.08.19061 rade für Lire 150 eine angefangene Pho- enruarten ein und nun begann die tografie übernommen, auf jener Pho- Enthüllung, Rede des H. Ständerats tografie sind sämtliche Gardisten mit Wirtsa, welche im Walliser Boten zu dem Papst, ich fürchte ich verliere dar- lesen wai". Nach selber wurde die auf doch, ich will das besser hoffen." Marmortafel enthüllt. Manch schö- nes Geschichten verschönerte das Ebenfalls zu Buche schlug sich Stu- Fest." Wenige Tage darauf folgt ein ders offenes Hez für das sog. «schwa- Nachtrag: ,,Für den 21. ist noch zu che» Geschlecht, zumindest in diszi- ergänzen, dass wir um '10 Uhr Fest- plinarischer Hinsicht. "Heute Tanz von gottesdienst hatten. Das Amt hielt Kameraden mit Schweizer Mädel u. Mons. Peri Moresinis, Apostolischer ; ich soll selbe fotografieren", erfahren Administrator des Kantons Tessin, wir da. Das unerfreuliche Nachspiel die Festpredigt hielt ein deutscher aber folgte einer Romanze im Som- Bischof und Tedeum mit Segen der mer 1909, wie Studer seinem Freund Kardinal Macchi. Am 22. hatten wir Audi- Von der Musik berichtet Studer drei, vier Gottsponer beichtet - und aüf der offenen enz beim hl. Vater, sobald selber erschien, Mal. Er scheint selber begeisterter Musi- Karte nicht ganz zufällig auf ltalienisch so trug unser Gesangverein ein Stück vor. kant gewesen zu sein. Schon damals bot wechselt. ,,Lei ha di certo adesso Lin.bel Nachher verlasen Oberst u. Kaplan ei- die Gardemusik willkommene Gelegenheit tempo, ma cambierä tutta la gloriä nbstra ö nige (...) auf welches der hl. Vater ant- zur Zerstreuung im manchmal monotonen neve al sole. Un esempio: in questo mese wortete (...) Kamen jeder zum Handkus- Dienstalltag, auch zur Pflege von Ka- stavo una volto al mare con una tagazza se und der h. V. gab jedem die Medaille, meradschaft, zum ungezwungenen Bei- e tre giorni dopo estavo per tre giorni in welche du wohl zu sehen bekamst auf der sammensein, weiter zu Ausflügen in die arresto. Un bel cambiamento non ö vero? Postkarte." Stolz und Freude der Gardis- Landschaft. Am 15. Mai 1506 ist zu lesen: lntanto tanti saluti dal vostro amicoAlbert." ten waren gross, offenbar auch der Durst, ,,Heute haben wir MusikantenAusflug nach wie die Notiz vom 11 . März bezeugt: ,,Am Frascati, ist zwar schlechtes Wetter, aber Doch nicht nur in Rom entdecken wir 21.1. hatten wirAudienz beim hl. Vater, bei der Wein ist gut, was ziemlich Hauptsache Menschliches. Einen Blick hinter die welchem Anlasse selber Medaillen aus- bei Musikanten ist. Viele Grüsse Studer." Kulissen erlauben die Kartennachrich- teilte, welche du auf der Karte gesehen ten auch bezüglich Ereignissen in der hast. Am Abend war ein Festessen, wel- Freizeit, Frauen, Fotografien Heimat. Studer lässt seinen Freund ches der Staatssekretär Kardinal Merry Gottsponer ausrichten: ,,Gruss an den del Val6 offerierte an unsere Offiziere und Da wir schon bei der Mus(s)e sind: Wie Freund Alex Stoffel und sage ihm, mir andere höhere Persönlichkeiten. Am letz- auch an anderen Orten und bei anderen sei heute jenes Abendtheuer zu Oh- ten Täge war Requiem für die Verstorbe- Gruppierungen, werden durch persönli- ren gekommen, welches er mit einem nen der Garde und eine Abend-Unterhal- che Vodieben und allgemeine Bedürfnisse betrunkenen Militär in Naters erlebte." tung mit Festessen, Gesang und Musik. gewisse öffentliche Orte zu gesellschaft- Gäste waren auch sehr viele. lm Ganzen lichen Treffpunkten, zum bevozugten Der Gardist als lmker wurde 1000 Liter Wein getrunken am sel- Raum des Veruveilens, der sociabilit6. ben Abend. Es war sehr schön. Heute lm Fall der Garde ist es eine bestimmte Das hätte wohl niemand gedacht: Ein Gar- sind unsere Musikinstrumente angekom- Kneipe im Borgo, ein angeschriebenes dist beschäftigt sich mit Bienenhaltung. men, welche von Gönnern des lieben Haus in der Campagna. Studer war kein Fünf Mal spricht Studer das Thema an und Schweizer Landes geschenkt wurden." Kind von Traurigkeit und öfters mit da- berichtet von seinem wechselnden Glück. bei auf Ausflügen, sei es mit der Musik, lm Mai 1906 sind ihm das Wetter und die ,,...Ausflug nach Frascati." Die Gar- sei es mit dem Gesangsverein. Dass er lmkerei sogar mehr Platz wert als die Ge- demusik das damals noch seltene (und auch teu- sundheit des Papstes und der Dienst; so rel) Hobby der Fotografie pflegte und teilt er mit: Unpässlichkeit konnte Die eben erwähnten neuen Instrumente "Wegen dabei auch Gardisten in ihrer Freizeit der hl. Vater der Seligsprechung nicht teil zeugen von der Verbundenheit einiger festhielt, macht uns Albert Studer noch nehmen vom letzten u. für am nächsten Schweizer mit der Garde in Rom, von sympathischer - und seine Fotopostkar- Sonntag [ist] selbes auch noch nicht si- einer grosszügigen Geste zum Jubilä- ten zu einem raren sozialgeschichtlichen cher. Hatten bis jetzt schlechtes Wetter um. Das Geschenk erlebt bald die Feu- Zeugnis der damaligen Schweizergarde. u. heute hat es den Anschein von Bekeh- ertaufe: Kein Geringerer als Bundesrat rung. Bin sehr zufrieden wenn das Wetter Zemp ist beim ersten Konzert als Gast Die erste selber fabrizierte Fotopostkarte sich ändert, im andern Falle müsste [ich] zugegen, wie Studer am 23.4.1906 be- Studers datiert bereitsvom 22. Juli 1902 noch meine Bienen füttern, für Bienen ist richtet: "Gestern hatten wir die erste Mu- und zeigt Studer mit seinem Kollegen Dir- das ein schlechtes Jahr." Ebenfalls 1906 sikvorstellung mit den neuen lnstrumen- ren. So sehr das moderne Medium Fo- lesen wir: ,,Habe gegenwärtig noch nur
REPORTAGE 4 Bienenstocke, will sie aber vermehren. ,,A Signore Gottsponer Gustavo Stu- Weltstadt wagten und dort Jahre, sogar Das Wetter ist jetzt famos, macht nicht dent Kolegium Brig Svizzera Ct. Vallese Jahrzehnte blieben, war bereits unall- heiss, morgen ist wieder eine Seligspre- täglich. Dass sie vor allem in unmittelbars- chung." Und im Juni 1907: ,,Bin diese Tage Werther Freund! Grüsst Gott! Eine kleine ter Nähe zum kirchlichen Oberhaupt weil- beschäftigt mit Honig schleudern, gibt Ansicht von der St. Peters Kirche u. vom ten, ja dieses sogar beschützten, dabei aber wenig. Tausend Grüsse Studer." Der Vatikan. Auch sehen Sie auf dem Platze Bargeld verdienten und Aussicht auf eine Ertrag scheint den Aufüvand nicht immer der grosse 24. Meter lange Obeliks wo von damals seltene Pension hatten, machte gelohnt zu haben, wie einem anderen Kar- Agypten komt. Die besten Grüsse an Sie die Gardisten in den Augen einer ländli- tentext zu entnehmen ist: ,,... die Bienen von Jhrem Freund Studer Ernesto V. R." chen Bevölkerung und in den damals oft arbeiten dies Jahr wenig", und: ,,Machte ärmlichen Verhältnissen zu materiell, so- mit den Bienen Geschäfte von etwa 130 Mit dem Obelisken und der Rechtschrei- zial und symbolisch aussergewöhnlichen Fr., wenig aber immer etwas." bung etwas Mühe bekundete hier Ernest Mitmenschen: Ein Schweizergardist war Studer, der ebenfalls aus Visperterminen nicht irgendeiner, sondern genoss ei- Leider erfahren wir nicht, wo die Bienen stammte, 1899 zusammen mit seinem nen besonderen Status. Von den vielen gehalten wurden. Vielleicht in Richtung Kollegen Albert Studer in die Garde ein- Auswanderern gelangten nur wenige zu Monte Mario, wo vor hundert Jahren noch trat und als Hellebardier diente.s Von ihm Erfolg, viele verliessen bereits verarmt ausgedehnte Grünflächen frei standen? sind in der vorliegenden Sammlung ledi- die Heimat und gingen noch ärmer in der Vielleicht im Randbereich der Vatikanl- glich drei Karten erhalten geblieben. Nun Fremde unter - die Schweizergardisten schen Gärten oder am Hügel des Giani- geht es nicht darum, sich vom heutigen hingegen liessen sich auf ein sicheres colo? Studer hat den genauen Ort nie er- Wissensstand aus bequem über frühere ,,Abenteuef ein und wussten sich von al- wähnt und so stehen bislang selbst Ken- Zeitgenossen zu mokieren - vielmehr ist lem Anfang an einer gewissen Bewunde- ner der Garde und ihrer Geschichte, die die manchmal etwas ungelenke Hand Stu- rung in der katholischen Schweiz sichör. danach befragt wurden, vor einem Rätsel. ders ein aufschlussreiches Beispiel dafür, wie sich damals selbst aus bäuerlichen Plötzlicher Abbruch Die Weltstadt Gebieten stammende Gardisten in ihrem neuen Umfeld bemühten und bewäh(en. (Bild auf der rechten Seite) Dezember Studer, im Bergdorf aufgewachsen, beein- Freilich verhielt es sich tendenziell so, wie 1909, die letzte Karte aus Rom: Albert druckte das Leben in der Metropole und es der Zürcher Volkskundeprofessor Ar- Studer (links) und seine Kollegen Jossen die persönliche Anschauung von weltbe- nold Niederer für die Auswanderung aus und Karlen schicken Weihnachtsgrüsse kannten Kunstwerken und Heiligtümern ländlichen Regionen generell beobachte- und Neujahrswünsche in die Schweiz - zweifellos. Er nutzte die Gelegenheiten, te: ln der Fremde blieben die Auswande- dann bricht die Korrespondenz ab [Karte die sich dank dem Dienst in Rom boten. rer off gruppenweise unter lhresgleichen, Sammlung Nr. 91 / Rom, 21 .1 2.19091 Seine Zeilen berichten mehrfach-davon: sprachen -ihre Mundart und entwickelten ,,Habe heute einen Besuch gemacht der wenig tiefere Kontakte zu ihrer neuen Die letzte Karte der uns überlieferten Enthauptungsstelle des hl. Paulus. Rechts Umgebung. Auch glichen die Arbeiten in Sammlung datiert vom 21 . Dezember ist nebbn. dem Gitter die Säule zu sehen, der Fremde oftmals den in der Heimat 1909; Albert Studer wünscht seinem auf welche das hl. Hauptfiel und zu unterst gewohnten Tätigkeiten, sei es in direkter Freund Gustav Gottsponer in Brig ein diesen 3 Altären kann man Wasser schöp- Weise (als Hirten, Waldarbeiter, Heuer) frohes Weihnachtsfest und Glück für das fen, welches entstanden ist bei seine Ent- oder indirekt (als Soldaten mit Gehorsam, Neue Jahr 1910 - von diesem Zeitpunkt hauptung; habe von jedem getrunken." Treue, Ausdauer). Und abgesehen von an verfügen wir über keine Nachrichten wenigen zu Reichtum gelangten Offizie- mehr. Brach der Kontakt zwischen den Eine andere Karte enthält die Nachricht: ren oder Kaufleuten übten die Auswan- beiden Brieffreunden ab? Oder ging die "Obiges Bild ist das Altarbild der Sixtini- derer in der Regel einfache Arbeiten aus, Fortsetzung der Korrespondenz seither schen Kapelle, in welcher die Päpste ge- die laut Niederer ,,keine lange Anlehre verloren? Auch vom weiteren Schicksal wählt werden und stellt das jüngste Ge- erforderten und auch kein hohes Anse- Studers wissen wir nur, dass er 1912zum richt vor und ist weltbekannt Gruss Studer hen genossen". Diese Beobachtungen Vizekorporal befördert wurde und im Jahr Alb." Ansichtskarten mit Gemälden aus treffen im allgemeinen wohl zu. Vor allem darauf Korporal wurde, bis 1920 in der der Sixtinischen Kapelle sendet Studer die nur saisonal in der Fremde weilenden Garde diente und dann mit voller Pensi- haufenweise in die Schweiz. Wie könnte Migranten entfemten sich kaum von den on austrat. Albert Studer, verheiratet mit man(n) seinen Erfolg besser untermau- gewohnten Arbeiten, Verhaltensweisen und Emma Giorgi, blieb in Rom; das Paarwar ern als mit der Tatsache, dass man den Denkmustern; ein sozialer Aufstieg blieb kinderlos.s Studer starb am ersten Fe- Lebtag als Kleinbauer am BerghangT mit weitgehend ausgeschlossen. Anders ist bruar 1926 und wurde auf dem grossen einem Posten in der Ewigen Stadt tausch- es im Falle der Gardisten. Grund dafür ist Stadtfriedhof Roms, dem Campo Verano, te, wo weltbekannte Kultur und das Zen- nicht nur die zeitliche Ausweitung der Mi- beigesetzt. Der Sarg liegt in der Gruft der trum der eigenen Religion täglich zum gration (Schweizergardisten blieben über Grabkapelle der Schweizergardelo; der Greifen nahe sind - dass die Söhne der längere Zeiträume in Rom), sondern auch Name steht auf einer der Marmortafeln Berge beim Griff nach der bildungsbür- die Verbindung zum Religiösen. Dass sich im lnneren der Kapelle - in prominenter gerlichen Kultur dann und wann etwas die Gardisten in einem fremdsprachlichen Nachbarschaft übrigens: Dem Gardisten Mühe bekundeten, mag der Originalwort- und kulturell neuen Umfeld bewegen Albert Studer folgt derjenige des ehe- laut der Karte vom 5.2.1902 bekunden: mussten, dass sie den Sprung in eine maligen Obersten der Garde, Repond.
REPORTAGE zieht seit 25 Jahren als Gardehauptmann auf, und zwar in der alten Uniform, die Ernest Studer um 1900 aus Rom nach Hause brachte und darin selbst als Kom- mandant aufgezogen war. Seither wurde das Amt des Hauptmanns der Ehrenwa- che in der Fronleichnamsprozession und am darauf folgenden Segensonntag in der Familie weitervererbt - zusammen mit der Uniform.ll Der Sohn, Siegfried Studer (-1915), wusste vom Hörensagen zu er- zählen, wie Vater Ernst nach Rom gegan- gen sei und dort zwei Gardistenuniformen und eine,zusammengewürfelte' Haupt- mannsuniform geholt habe12 - ein schönes Beispiel für die ,,kulturellen Mitbringsel" der Päpstlichen Gardisten, die alle in al- lem wohl ein ganzes Buch füllen würden... Ein Gardehauptmann und die vier Gardis- ten begleiten in Visperterminen als Ehren- wache das Allerheiligste, treten aber auch bei aussergewöhnlichen Anläs§en auf. Damit haben wir die wichtigsten Nach- richten und Fotografien von Albert und Emst Studer durchgesehen. Glücklicher- weise ist erhalten geblieben, was sie uns Das Weiterleben eines Gardisten ertage ein. Doch auch inhaltlich liess sich um 1900 aus Rom berichten. Die Karten die Präsenz der Soldaten mit dem religiö- erlauben lebendige Einblicke in den All- Auswanderer, vor allem temporäre, ge- sen Anlass vereinbaren, marschierten die tag der Garde; sie sind jetzt Bestand- hörten weder zu den risikofreudigen In- Gardisten doch zu Ehren des Allerhöchs- teil der Sammlung des Kulturzentrums novatoren noch brachten sie kulturelle ten auf und verkörperten dabei Tugenden der Päpstlichen Schweizergarde, wo Neuerungen in ihre Heimat zurück, wie wie Gehorsam und Treue - militärische sie Forschenden und dem interessier- Arnold Niederer feststellte. Dies verhielt Werte, die auch der Kirche nicht fremd ten Publikum zur Einsicht offenstehen. sich grosso modo auch bei den Söldnern waren, im Gegenteil. So marschieren so, doch räumt Niederer ein: ,,Gelegent- an zahlreichen Orten der katholischen Dank lich mögen sie aus der Fremde vereinzel- Schweiz bis heute Teilnehmer in alten te Kulturpflanzen, wie Rebsorten, Safran Uniformen der Päpstlichen Schweizer- Für die Mithilfe bei den Recherchen dan- usw., mit nach Hause gebracht und dort garde oder einstiger Soldregimenter auf ken wir Pater Eligius Heinzmann, Richard eingeführt haben. Auch Kartoffeln sollen - was Aussenstehenden auf den ersten Stoffel und Franz-Josef Heinzmann, Vis- manchmal von in ihre Heimat zurückge- Blick ein rätselhaftes Nebeneinander von perterminen. Beratend stand auch Major kehrten Söldnern mitgebracht und dann Krieg und Kirche ist, verstehen wir nun in Peter Hasler zur Seite. erstmals gepflanzt worden sein. Die Söld- seinem historischen Zustandekommen ner nahmen auch ihre Uniformen mit nach wie in seiner inhaltlichen Verwandtschaft. Quellen und Literatur Hause, wo sie sie anzogen und Neid und Bewunderung ihrer Mitbürger erregten. Auch unser Gardist Ernest Studer, Alberts Historische Uniformen bzw. deren Nach- Antonietti, Thomas: "Für Gott und Va- Kollege und späterer Gemeindepräsident terland". Streiflichter auf das kirchliche bildungen werden heute noch in Bergdör- von Visperterminen, spielt in diesem Zu- Brauchtum im Wallis. ln: Gerlinde und fern bei festlichen Anlässen getragen und sammenhang eine nicht unwesentliche Hans Haid (Hg.): Brauchtum in den Alpen. sind da und dort ein folkloristisches Ele- Rolle. Sein Heimatdorf Visperterminen Rosenheim 1994. ment geworden, das auch als Attraktion ist unter anderem deshalb in der ganzen für Touristen eine gewisse wirtschaftliche Schweiz bekannt geworden, weil hier an Beutlel Martin: Grabkapelle der Schwei- Bedeutung hat." lm Falle von Uniformen hohen Feiertagen grosse Prozessionen zergarde auf dem Campo Verano. ln: Der bei Prozessionen vermochten Gardis- durch Dorf und Flur ziehen. Mit dabei sind, Exgardist, Les Anciens, L'ex-guardia, Nr. ten aus verschiedenen Gründen eine nebst zahlreichen anderen Gruppierungen S{lMärz 1993, S.83-86. Neuerung durchzusetzen. Schon rein in spezifischer Kleidung, auch Männer in Carlen, Louis: Walliser in der päpstlichen äusserlich gliederte sich der Aufzug der Uniformen der Schweizergarde. Angeführt Schweizergarde. Visp 1 998. Gardisten nahtlos in die farbenprächtigen werden sie heute von Julian Vomsattel, Prozessionen der grossen kirchlichen Fei- dem Grossneffen von Ernst Studer. Er Kalbermatten, Hans: Kartengrüsse eines
RE PO RTAG E Schweizergardisten. Ansichtskarten von Die Schweizergarde in Rom. Luzern 1960. der wieder in der Gruft bestattet. Freund- Albert Studer und anderen an Gustav a Laut dem Eintrag im Funktionen- licher Hinweis Major Peter Hasler, Rom. Gottsponer, 1902 - 1909. Gefunden von buch 1901-1927 (Archiv der Päpstti- 11 Aufnahmen von der Prozession in Vis- Pater Eligius Heinzmann in Visperter- chen Schweizergarde, Rom) handelt es perterminen (um 1965 und 1995) mit der minen 2004. lntegrale Transkription von sich um Adalbert Wiz, Landammann Hauptmannsuniform und mit den Gardis- Hans Kalbermatten (Blatten / Lötschen), von Obwalden und Ständerat. Freund- ten finden sich bei Antonietti, Thomas: erarbeitet 06.2004 [aufbewahrt im Archiv licher Hinweis Major Peter Hasler, Rom. Mode, Macht und Tracht. Kleidungsverhal- des Kultuzentrums Päpstliche Schwei- 5 Monsignore Alfredo Peri-Morosi- ten in Visperterminen und im Wallis 1700- zergarde, Natersl. ni (1862-1931) nahm, so der Ein- 2000. Baden, Visp 2003, S.153, S.187. trag im Funktionenbuch 1901-1927, 12 So stamme der mit einem Löwenkopf Niederer, Arnold: Die alpine Alltagskultur. als Repräsentant des Schweizer Epi- verzierte Helm mit Pferdeschweif und der Zwischen Routine und der Adaption von skopates an den Feierlichkeiten teil. Aufschrift Papst Pius X. von der Nobelgar- Neuerungen. ln: Schweizerische Zeitschrift 6 Kardinal-Staatssekretär Merry del Val. de (die dann 1970 abgeschafft wurde). Der für Geschichte 291 1979,Heft 1, S. 233-255. 7 Sowohl Albert Studer als auch Oberteil der Uniform jedoch ist laut Aus- sein Kamerad Ernst aus dem Berg- kunfi von Ex-Gardist Franz-Josef Heinz- Vomsattel, Julian: Fronleichnam und dorf Visperterminen sind im Mann- mann eineAnticamera-Uniform und wurde Kirchweihsonntag in Visperterminen. Text- schaftsrodel als ,,Landwirth" erfasst. von Gardisten getragen, die in unmittelba- heft zum Dokumentarfilm ,,Die Fronleich- 8 Laut dem Mannschaftsrodel (Archiv der rer Nähe des Papstes Dienst leisteten. nams-Prozession". O.O., o.J. [Visperter- Päpstlichen Schweizergarde, Rom) wurde Teils ist es eine alte Uniform der päpstli- minen,2004l. Ernst Studer ebenfalls 1876 geboren, trat chen Schweizergarde (Modell vor 19'14). 1899 in die Garde ein, verliess diese 1904 und kehrte in die Schweizzurück. Freund- Diese interessanfe Studie verdanken licher Hinweis Major Peter Hasler, Rom. wir den Herren 1 Freundl. Mitteilung e Freundl. Mitteilung Richard Stoffel, Vis- Richard Stoffel, Vis- Hans Kalbermatten, Werner Beltwald perterminen. perterminen. und Julian Vomsattel 2 Louis Carlen: Walliser in der päpstlichen 10 Um neue Beisetzungen zu ermöglichen, Schweizergarde. Visp 1998, Seite 38. wurde im November 1994 die volle Gra- 3 Von den Feierlichkeiten zur 400Jahrfeier beskapelle ausgehoben und bei den meis- berichtet auch ausführlich Monsignore Dr. ten der21 Särge der lnhalt in kleineren Be- P.M. Krieg in seinem Standardwerk über hältnissen wieder in die Gruft gelegl Dabei die Schweizergarde. Siehe Paul M. Krieg: wurden auch die Gebeine von Albert Stu-
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