Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie

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Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Immunonkologie
im täglichen Leben
Ein Leitfaden für Pflegekräfte
und medizinisches Fachpersonal
in der Onkologie
zu den Themen Ernährung,
Körperpflege und Atmung
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Das kleine ABC der Immunonkologie

                                                                                  Wie Immunzellen Tumoren bekämpfen1, 2

                                                                                  Das Immunsystem umfasst ein Netzwerk unterschiedlicher Zellen, Gewebe und Organe. Dessen Hauptaufgabe ist es,
Vorwort                                                                           Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu erkennen und zu beseitigen oder unter Kontrolle zu halten.
                                                                                  Darüber hinaus ist das Immunsystem
Für Patienten, die an Krebs erkrankt sind, birgt die Bewältigung des Alltags in   in der Lage, Tumorzellen gezielt zu                         Tumor:
                                                                                                                                              Freisetzung von
vielerlei Hinsicht Herausforderungen. So kann die Anpassung der Ernährung,        zer­stören. Hierbei reagiert es auf die                   1 Tumorantigenen

Körperpflege und Atmung je nach Erkrankung dabei helfen, mit den körper­          fremden Strukturen auf den veränderten
                                                                                                                                                    Tumorzelle
lichen Folgen besser zurechtzukommen, Nebenwirkungen der onkologischen            Zellen, die als Tumorantigene bezeich­
                                                                                                                                                        Tumorantigene
Therapie zu lindern sowie die seelische Gesundheit zu fördern und die Lebens­     net werden. In einem ersten Schritt                                                                                           Erkennung von
                                                                                                                                                                                                                Tumorantigenen
qualität zu erhöhen.                                                              präsentieren spezialisierte Immunzellen                                                                                       durch T-Zellen
                                                                                                                                                                     APC
                                                                                  solche Tumorantigene den Haupt­                                                                                               4
Diese Broschüre stellt einen Leitfaden für die Betreuung von Krebs­patienten      akteuren der Immunantwort, den T-                                                            Aktive T-Zelle
dar, ­insbesondere von Patienten, die mit modernen immunonkologischen             und B-Zellen.
Therapieansätzen behandelt werden. Neben einer Einführung in die Immun­                                                                                          2

onkologie werden Aspekte rund um die Ernährung, Körperpflege und Atmung           Damit lernen sie, Tumorzellen von                         Präsentation von
                                                                                                                                               Tumorantigen
dieser Patienten beleuchtet: Was gilt es bei diesen Patienten zu beachten?        gesunden Zellen zu unterscheiden.                            gegenüber der
                                                                                                                                                                                                3
Wie können Sie als Mitglied des Behandlungsteams Patienten unterstützen?          In einem zweiten Schritt erkennen                                   T-Zelle
                                                                                                                                                                             T-Zell-Aktivierung
Was können Sie Patienten bei Nebenwirkungen konkret raten?                        T-Zellen antigentragende Tumor­zellen                                                       und -Proliferation
                                                                                  und vernichten sie.                                                                                                                                5 Zerstörung
Eine vollwertige Ernährung ist für Krebspatienten besonders wichtig, zumal                                                                                                                                                             des Tumors
                                                                                                                                                                                                                                       durch T-Zellen
die Erkrankung viel Energie verbraucht und die Gefahr einer Mangelernährung
besteht, was den Körper zusätzlich schwächt – und damit auch einen negativen      Abbildung 1: T-Zellen erkennen Tumorantigene, die ihnen von antigen­­präsentierenden Zellen gezeigt werden.
Einfluss auf die Atmung hat.                                                      Treffen T-Zellen auf Tumorzellen, die diese Antigene tragen, vermehren sich die T-Zellen und zerstören den Tumor.

Alle Krebsbehandlungen können Haut und Schleimhäute der Patienten in
Mit­leiden­schaft ziehen. Hautausschlag, Juckreiz, Entzündungen erfordern
eine besonders sanfte und reizarme Haut- und Körperpflege. Darüber hinaus         Tumoren bremsen das ­Immunsystem aus1, 2
ist eine intensive Mundpflege wichtig, um Infektionen und Entzündungen so­
weit wie möglich zu vermeiden.
                                                                                  Tumorzellen nutzen Möglichkeiten aus, die das Immunsystem bietet, um ihrer Zerstörung zu entgehen (Immun-Escape).
Sie können Ihre Patienten animieren, sich mehr und vor allem regelmäßig           Häufig liegt eine Hemmung der T-Zellen vor, die durch die Aktivierung „bremsender“ Schaltstellen im Immunsystem verursacht
körperlich zu betätigen. Denn bessere Fitness bedeutet auch mehr Kraft für        wird. Bei diesen Immuncheckpoints handelt es sich um Rezeptoren auf der Ober­fläche von T-Zellen. Eine dieser Schaltstellen
die Atmung sowie eine bessere physische und psychische Konstitution im            ist CTLA4. Es verhindert, dass T-Zellen auf das präsentierte Tumor­antigen mit einer starken Immunantwort reagieren; eine
Zuge der Erkrankung und Therapie.                                                 andere Schaltstelle ist PD-1, über das Tumorzellen direkt die Aktivität der T-Zellen drosseln.
Diese Broschüre richtet sich speziell an Sie als Pflegekräfte und medizinisches
Fachpersonal in der Onkologie und bietet Ihnen zahlreiche Informationen, wie
Sie Ihre Patienten aus ernährungsmedizinischer, hygienischer und atemtech­                            1. Über CTLA-4 wird der
nischer Sicht am besten beraten können. Mithilfe dieser Broschüre werden                              B7-Rezeptor blockiert.
Sie mit den Besonderheiten der immunonkologisch behandelten Patienten                                                             2. Das kostimulierende
                                                                                                                                Signal wird abgeschaltet.                  5. Inaktivierung der T-Zelle
vertraut und so Ihre Betreuungs- und Beratungskompetenz weiter gestärkt.
                                                                                                                                                                                      TCR
                                                                                                                                MHC               TCR                                               MHC

                                                                                                                                                                                     PD-1       PD-L1
                                                                                                                                             CD28

                                                                                                                         B7                CTLA-4
                                                                                                                                                                                     PD-1       PD-L2

                                                                                                                                                                                 4. Bindung des Liganden PD-L1/2 der Tumorzelle an
                                                                                                                                      3. Inaktivierung der T-Zelle               den PD-1-Rezeptor der T-Zelle

                                                                                  Abbildung 2: Während CTLA-4 die Präsentation von Tumorantigen im Lymphknoten und damit den Beginn der Immunantwort
                                                                                  beeinflusst, hemmt PD-1 die Wechselwirkung von T-Zellen mit Tumorzellen im Tumor selbst.
                                                                                  CTLA: Cytotoxic T-lymphocyte-associated protein; PD: Programmed death protein
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
1. Über CTLA-4 wird der
                   B7-Rezeptor blockiert.
                                               2. Das kostimulierende
                                             Signal wird abgeschaltet.            5. Inaktivierung der T-Zelle

                                                                                            TCR
                                             MHC               TCR                                        MHC

Immunonkologische TherapieCD28
                           1, 2
                                                                                           PD-1      PD-L1                                  Übersicht möglicher immunvermittelter Nebewirkungen
                                      B7                CTLA-4
Bei der immunonkologischen Therapie wird das körpereigene Immunsystem PD-1 aktiviert
                                                                            PD-L2    und dessen Fähigkeiten werden ge­
zielt zur Erkennung und Bekämpfung entarteter Zellen genutzt. Somit wird der Tumor indirekt angegriffen, im Gegensatz
zur direkten Behandlung wie bei einer Operation oder Strahlentherapie.
                                                                                                                                            Nervensystem                                     Endokrines System
                                                                                        4. Bindung des Liganden PD-L1/2 der Tumorzelle an
                                                                                                                                            Nervenschädigung mit                            Unterfunktion der Schilddrüse: Schwäche,
                                                   3. Inaktivierung der T-Zelle         den PD-1-Rezeptor der T-Zelle                        Empfindungsstörungen und/oder                   Antriebslosigkeit,
Immuncheckpoint-Inhibitoren lösen die Immunbremse                                                                                            Lähmungs­erscheinungen (häufig)                 Verstopfung, leichtes Frieren (häufig)

Bereits seit mehreren Jahren werden sogenannte Immuncheckpoint-Inhibitoren erfolgreich bei der Behandlung von                                ntzündung von Hirn und/oder
                                                                                                                                            E                                                Überfunktion der Schilddrüse:
Tumoren eingesetzt. Diese Medikamente beenden die Aktivierung der „bremsenden“ Schaltstellen. Somit können die                              Hirnhäuten (selten)                              Unruhe, Nervosität, Schwitzen,
T-Zellen wieder Tumorzellen erkennen und zerstören.                                                                                                                                          Gewichtsabnahme, Durchfall,
                                                                                                                                                                                             Tachykardie (häufig)
Immuncheckpoint-Inhibitoren sind therapeutische Antikörper, die biotechnologisch hergestellt und als intra­venöse                           Lunge
Infusion verabreicht werden.                                                                                                                Lungenentzündung (Pneumonitis) mit               Hypophysitis: z. B. starkes Durst­gefühl
                                                                                                                                            Husten und Atemnot (häufig)                      und vermehrtes Wasserlassen, Libido­
                                                                                                                                                                                             minderung, Impotenz, Hitze­wallungen
                                                                                                                                                                                             (gelegentlich)

                                                                                                                                            Herz und Kreislauf                               Nebennierenrindenunterfunktion:
                                                    2. Mobilisierung                  4. T-Zell-Reaktivierung                                                                                 starke Müdigkeit, sehr niedriger
                                                        der T-Zellen                                                                        Herzrhythmusstörungen:
                                                                                                                                                                                              ­Blutdruck, Schwindel, niedrige Blut­
                                                                                                                                            Vorhofflimmern, Tachykardie, ventriku­
                                             MHC               TCR
                                                                                                                                                                                               zuckerwerte (gelegentlich)
                                                                                          TCR                                               läre Rhythmusstörungen (gelegentlich)
                                                                                                          MHC
                                                                                                                                                                                             Diabetes mellitus: Zeichen der
                                                                                                                                            Myokarditis: eingeschränkte
                                             B7           CD28
                                                                                                                                                                                             ­Überzuckerung wie vermehrtes
                                                                                                  PD-L1                                     Herzfunktion (selten)
                                                                                          PD-1                                                                                                ­Wasserlassen, Müdigkeit (selten)

                                                     CTLA-4
                                                                                         PD-1                                               Leber
                                                                                                      PD-L2
                                                         Anti-CTLA-4                                                                        Hepatitis: eingeschränkte
                                                                                                                                             Leberfunktion (gelegentlich)
                                                                                                                                                                                             Magen-Darm-Trakt
                                                             3. Inhibition des                        Anti-PD-1           5. Tumorzelltod
                1. Aufhebung der Blockade des                PD-1-Immun-Checkpoint                                                                                                           Übelkeit, Durchfall (sehr häufig)
                kostimulierenden Signals
                                                                                                                                                                                             Erbrechen, Bauchschmerzen
                                                                                                                                            Niere                                            (häufig)

Abbildung 3: Immuncheckpoint-Inhibitoren binden an die Schaltstellen CTLA-4 und PD-1 und wirken so der Drosselung der Immunaktivität        Nephritis: Ödeme, verringerte                    Kolitis mit Blut im Stuhl
entgegen. Das Immunsystem ist wieder voll funktionsfähig und kann Krebszellen angreifen.                                                    Harnmenge (gelegentlich)                         (gelegentlich)
                                                                                                                                                                                             Schleimhautulcera im gesamten Gast­
                                                                                                                                                                                             rointestinaltrakt möglich
Nebenwirkungen durch stimuliertes Immunsystem3                                                                                                                                               (selten)
                                                                                                                                            Haut und Haare
Da immunonkologische Medikamente das Immunsystem nicht unterdrücken, sondern im Gegenteil aktivieren, treten
unter der Behandlung auch Nebenwirkungen auf, die vermutlich auf eine vermehrte Immunaktivität zurückzuführen                               Haarausfall, Vitiligo (häufig)
sind. Die Symptome ähneln daher oft denen von Autoimmunerkrankungen. Häufig sind Haut, Schleimhäute, der                                     autausschlag (sehr häufig) bis hin
                                                                                                                                            H                                                Bewegungsapparat
Verdauungstrakt und die Lunge betroffen, weniger oft treten Entzündungen von endokrinen Organen, Leber und Lunge                            zur großflächigen Hautabschälung und
auf. Weitere Nebenwirkungen ähneln denen anderer Tumortherapien, wie z. B. Fieber und Schüttelfrost, Übelkeit und                           Blasenbildung (selten)                           Schmerzen und Entzündungen
Erbrechen, Durchfall und Müdigkeit.                                                                                                                                                          von Knochen, Gelenken und Muskeln, im
                                                                                                                                                                                             gesamten Körper möglich (häufig)
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Im Fokus:                                                                                                                  Mangelernährung4–6, 8

Ernährung bei Krebs                                                                                                        Mangelernährung kann auftreten, weil sich schnell teilende Krebszellen viel Energie verbrauchen. Außerdem können
                                                                                                                           ein Tumor und/oder dessen Behandlung die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Umso wichtiger ist ein guter
                                                                                                                           Ernährungszustand. Er hilft den Patienten, die Strapazen der Tumortherapie besser zu überstehen: Je schlechter der
                                                                                                                           Ernährungszustand, desto schwieriger ist es, mit der Erkrankung und der Therapie zurechtzukommen. Eine optimale
                                                                                                                           Ernährung ermöglicht es auch Nebenwirkungen besser in den Griff zu bekommen, verbessert die Prognose und erhöht
Vollwertige Ernährung – für alle Krebspatienten wichtig!4–6                                                                die Lebensqualität.

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es zwar keine „Krebsdiät“ und Ernährung kann Krebs nicht heilen. Jedoch kann eine klug
ausgewählte und gesunde Ernährung die Gesundheit der Patienten fördern, gegen Krebs stärken und Nebenwirkungen der
Behandlung lindern.
                                                                                                                           Viele Faktoren beeinflussen das Körpergewicht
Für Patienten mit einer Krebserkrankung ist daher eine vollwertige Ernährung besonders wichtig. Diese unterscheidet sich
                                                                                                                           Im aufmerksamen Gespräch können Sie Gründe für eine Mangelernährung heraus­hören.
grundsätzlich nicht von einer gesunden Ernährung für nicht erkrankte Menschen.
                                                                                                                           Sie können die Gründe dann direkt ansprechen und Lösungen vorschlagen.
Was macht eine vollwertige Ernährung eigentlich aus? Die 10 Regeln für eine gesunde Ernährung der Österreichischen
Gesellschaft für Ernährung (ÖGE)7 gelten auch für onkologische Patienten. Sie sind eine Richtschnur für eine gesunde und
                                                                                                                              Checkliste Mangelernährung – achten Sie bei Ihren Patienten auf:
nachhaltige Ernährung.

                                                                                                                              •   Geschmacksveränderungen                     •   Völlegefühl
                                                                                                                              •   Fieber                                      •   vorzeitiges Sättigungsgefühl
               Die 10 Regeln der ÖGE für gesunde Ernährung:           7
                                                                                                                              •   Durchfälle                                  •   Tumortherapien, z. B. Operationen (Malabsorption)
               1. Vielseitig und genussvoll essen                                                                             •   Appetitlosigkeit                            •   Obstipation
               2. Reichlich Flüssigkeit – mind. 1,5 Liter am Tag                                                              •   Übelkeit                                    •   soziales Umfeld, Unterstützung durch Familie und Freunde
                                                                                                                              •   Erbrechen                                   •   seelisches Befinden, Depression
               3. Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst – 5 Portionen am Tag
               4. Getreideprodukte und Erdäpfel – 4 Portionen am Tag
               5. Milch und Milchprodukte – 3 Portionen am Tag
               6. Fisch – 1 bis 2 Portionen pro Woche
                  Fleisch und Wurstwaren – 2 bis 3 Portionen pro Woche
                                                                                                                           Defizite erkennen
                  Max. 3 Eier pro Woche
               7. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel –                                                                 Vor allem bei schweren und fortgeschrittenen Krebserkrankungen besteht die Gefahr der Mangelernährung. Doch wie
                  auf die Fettqualität achten                                                                              erkennen Sie Mangelernährung? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin definiert
                                                                                                                           unabhängig der Art der Erkrankung Mangelernährung anhand von drei Kriterien:9
               8. Sparsam bei Zucker und Salz
               9. Schonend zubereiten
               10. Auf einen aktiven und gesunden Lebensstil achten
                                                                                                                              Kriterien                          Definition                                    Beispiel: 180 cm, 80 kg

                                                                                                                              BMI oder                           18,5 kg/m2                                    Körpergewicht < 60 kg

                                                                                                                              Unbeabsichtigter                   > 10 % in den letzten 3 – 6 Monaten           > 8 kg Gewichtsverlust
Nahrungszusatzstoffe nur bei echtem Mangel                                                                                    Gewichtsverlust oder

Patienten mit Krebserkrankungen fragen nicht selten nach Nahrungsergänzungsmitteln, die gegen die Erkrankung helfen.
Der Einsatz von Nahrungszusatzstoffen ist nicht generell sinnvoll, sondern nur dann, wenn ein echter Mangel nachgewie­        BMI und unbeabsichtigter           < 20,0 kg/m2                                  Körpergewicht < 65 kg und
sen wurde. Dies kann im Einzelfall z. B. auf Vitamin D oder Vitamin B12 zutreffen.                                            Gewichtsverlust                    > 5 % in den letzten 3 – 6 Monaten            > 4 kg Gewichtsverlust

                                                                                                                           Zusätzlich werden beispielsweise eine längere Nüchternperiode oder eine niedrige Serumalbumin­konzentration als Kriteri­
                                                                                                                           um für Mangelernährung beschrieben.
               Beachte:
               Manchmal kann die Nahrungsaufnahme z. B. bei Operationen im Darmbereich oder bei Kopf-Hals-­Tumoren
               beeinträchtigt sein. Versuchen Sie die Patienten so zu beraten, dass die Nahrungsmittel den Grund­sätzen
               der gesunden Ernährung entsprechen, gut verträglich sind, und trotzdem eine problemlose Nahrungsauf­                       Gut zu wissen:
               nahme gewährleistet ist.                                                                                                   Der Body-Mass-Index (BMI) beschreibt das Verhältnis von Körpergewicht zur Körpergröße.
                                                                                                                                          Er gilt weltweit als Orientierung für das Sollgewicht eines Erwachsenen. Das optimale Gewicht sollte zwi­
                                                                                                                                          schen 18,5 und 24,9 kg/m2 liegen.
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Diarrhoe4–6, 10                                                                                                             Appetitlosigkeit und Geschmackstörungen4–6

Durchfall ist eine häufige und lästige Nebenwirkung. Von Diarrhoe spricht man bei mehr als 3 Stuhlgängen breiiger oder      Viele Patienten leiden schon zu Beginn der Erkrankung, vor allem aber in späteren Erkrankungsstadien an Appetitlosigkeit.
wässriger Konsistenz pro Tag. Ursache ist eine Schädigung der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts, zum Beispiel durch         Sie ist häufig mit vorzeitigem Sättigungsgefühl und Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel verbunden. Zudem
Chemo- oder Strahlentherapie. Durchfall ist auch eine typische Nebenwirkung in der Immunonkologie.                          haben viele Patienten Geschmackstörungen und nehmen Gerüche verstärkt wahr, vor allem Lebensmittel- und Essensge­
                                                                                                                            rüche. Häufig geht Appetitlosigkeit bei Krebspatienten mit Gewichtsverlust einher.
Mit einfachen ernährungsmedizinischen Maßnahmen können Sie Patienten bei Diarrhoe unterstützen. So können Nah­
rungsmittel, die Pektine oder Schleimstoffe enthalten, Toxine binden und deren Wirkung lindern. Gerbstoffhaltige Tees       Aus ernährungsmedizinischer Sicht können Sie Patienten dazu raten,
tragen zur Stabilisierung der gereizten Darmschleimhaut bei.                                                                ihre Nahrung an Veränderungen anzupassen:

               Was Sie bei Diarrhoe empfehlen können:4                                                                                     Was Sie bei Appetitlosigkeit und Geschmacksstörungen empfehlen können:4, 5
               • Geriebener ungeschälter Apfel, Bananen, gekochte ­Karotten, ­Heidelbeeren                                                 • Appetitanregend eine Stunde vor dem Essen: Aperitifs, Wein oder Bier (nach ärztlicher Absprache)
               • Hafer- und Reisschleimsuppe                                                                                               • Kleine Portionen anbieten plus häufige Nahrungszufuhr, auch nachts
               • Schwarz-, Fencheltee, Kakao, Schokolade                                                                                   • Mahlzeiten appetitlich anrichten
               • Weißmehlprodukte wie Haferflocken, abgelagertes ­Weißbrot, T
                                                                            ­ rockengebäck                                                 • Nahrungsmittel im Hinblick auf geschmackliche Akzeptanz berücksichtigen
               • Nudeln, Kartoffeln, geschälter Reis                                                                                       • Starke Essensgerüche vermeiden
               • Trockener Käse                                                                                                            • Gewürzarm kochen und Patient nachwürzen lassen
               • Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl

                                                                                                                            Legen Sie Patienten nahe, sich eine Atmosphäre beim Essen zu schaffen, die den Appetit fördert:
Bei starken Durchfällen sollte die Kost leicht, fett- und ballaststoffarm sein und auf mehrere kleine Mahlzeiten verteilt   In angenehmer Gesellschaft und ohne ständigen Blick auf die Uhr isst es sich leichter. Außerdem kann es sinnvoll sein,
werden. Da sich vorübergehend eine Laktoseintoleranz entwickeln kann, sollte die Kost zudem wenig Milchzucker enthal­       die Ernährung unter Berücksichtigung individueller Unverträglichkeiten und Wünsche des Patienten als „gesteuerte
ten.                                                                                                                        Wunschkost“ zusammenzustellen. Oberstes Ziel ist es, eine ausreichende Zufuhr von Energie und Nährstoffen zu
                                                                                                                            gewährleisten.
Raten Sie Ihren Patienten, viel zu trinken und ausreichend Elektrolyte zuzuführen. Hierzu kommen isotone Getränke
infrage, ansonsten stilles Wasser, lang gezogener schwarzer Tee und Kamillen- sowie Fencheltee, eventuell mit etwas
Salz und Traubenzucker abgeschmeckt.

                                                                                                                                           Beachte:
                                                                                                                                           Leider kann der Patient häufig seine Abneigung gegen jegliche Nahrung nicht überwinden. Um zunehmen­
               Seien Sie aufmerksam:                                                                                                       de Mangelernährung zu vermeiden, kann bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung eine zusätzliche
                                                                                                                                           künstliche enterale und/oder parenterale Ernährung notwendig werden.
               Achten Sie bei immunonkologisch behandelten Patienten auf Durchfall, Bauchschmerzen und Schleim
               oder Blut im Stuhl und geben Sie diese Information an die behandelnden Ärzte weiter. Es könnte sich um
               die Neben­wirkung einer immunvermittelten Dickdarmentzündung (Kolitis) handeln.
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Übelkeit und Erbrechen4–6

Übelkeit und Erbrechen zählen zu den häufigsten Beschwerden, die unter einer onkologischen Therapie – je nach Medika­         Mundschleimhautentzündung4–6
ment in unterschiedlicher Häufigkeit – auftreten. Auch immunonkologisch behandelte Patienten können über Übelkeit
und Erbrechen als Nebenwirkungen klagen. Übelkeit und Erbrechen zu behandeln ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil sie
                                                                                                                              Im Rahmen einer onkologischen, auch immunonkologischen Therapie kann eine schmerzhafte Entzündung der Schleim­
zu Mangelernährung führen oder diese verschlechtern können.
                                                                                                                              häute in Mund, Rachen, Speiseröhre und im gesamten Magen-Darm-Trakt auftreten (Mukositis, Stomatitis). Ursache ist
Raten Sie Patienten, keine besonders süßen, fetthaltigen, blähenden oder stark riechenden Speisen zu essen. Die Zube-         eine Schädigung von Schleimhautzellen durch die Therapie.
reitung der Mahlzeiten sollte auf eine möglichst kurze Zeit begrenzt werden, um Essensgerüche zu vermeiden. Außer-
                                                                                                                              Krebspatienten sind aufgrund ihres geschwächten Immunsystems auch anfälliger für Infektionen, die mit einer Schleim­
dem sollte der Essensraum gut belüftet sein.
                                                                                                                              hautentzündung einhergehen können. Außerdem kann die Bestrahlung des Halsbereichs die Speichelbildung in den Spei­
                                                                                                                              cheldrüsen beeinträchtigen und zu Mundtrockenheit führen.
                                                                                                                              Raten Sie Patienten zu möglichst säurearmen Lebensmitteln, also beispielsweise keine Zitrusfrüchte, Tomaten, Kiwi
                                                                                                                              oder Sauerkonserven. Die Mahlzeiten sollten möglichst wenig gewürzt sein und keine scharfen Kanten aufweisen. Un-
               Was Sie bei Übelkeit und Erbrechen empfehlen können:4                                                          geeignet ist z. B. hartes Brot. Besser vertragen Patienten Pürees und andere weiche Speisen.

               • Leichte Kost in vielen kleinen Mahlzeiten
               • Rasches Essen und Trinken vermeiden
               • Während des Essens wenig trinken, da zu viel Flüssigkeit Völlegefühl und Übelkeit erzeugt
               • Keine besonders süßen, fetthaltigen, blähenden oder stark riechenden Speisen anbieten
                                                                                                                                            Was Sie bei Mundschleimhautentzündung ­empfehlen
               • Keine gebundenen Suppen oder Saucen
                                                                                                                                            können
               • Lieblingsspeisen nicht anbieten, um eine „erlernte Aversion“ gegen diese Speisen zu verhindern
                                                                                                                                            • Gemüse: Möhren, Blumenkohl, Brokkoli, Spinat, ­Gurken, Zucchi­
               • Kühle, leicht gewürzte Speisen bevorzugen
                                                                                                                                              ni, Avocado, Kohlrabi, Rosenkohl, Rote Bete, ­Spargel, Kartoffeln
               • Trockene, stärkehaltige Nahrungsmittel wie Cracker, Zwieback oder Toast verhindern Erbrechen                                 und Mais
               • Günstig sind auch kalte Getränke wie Cola                                                                                  • Obst: Melonen, Papaya, Birnen, Bananen, reife Mango
                                                                                                                                              und in Kombination mit Milchprodukten auch Äpfel,
                                                                                                                                              reife Pfirsiche, Trauben, Blaubeeren
                                                                                                                                            • Sonstige Speisen: Fisch (gedünstet), Reis, Nudeln, Grießbrei,
                                                                                                                                              eingeweichte Haferflocken, Eier, die meisten ­Milchprodukte, vor
Bei Übelkeit und Erbrechen kann es hilfreich sein, die Art der Mahlzeiten schrittweise anzupassen,
                                                                                                                                              allem Sahne, Joghurt, Crème fraîche
d. h. zunächst eine flüssige, dann eine breiige und schließlich eine leichte Vollkost anzubieten.
Wichtig: Raten Sie Patienten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, vor allem,
wenn sie auf Nahrung verzichten.

                                                                                                                              Alle Speisen und Getränke sollten lauwarm genossen werden. Klagen Patienten über offene, schmerzende Stellen in
                                                                                                                              der Mundschleimhaut können Sie vorschlagen, die Nahrung vorübergehend vor dem Verzehr zu pürieren.

               Tipp:
               Die Körperhaltung kann dazu beitragen, Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden: Nach einer Mahlzeit sollte
               sich der Patient nicht flach hinlegen. Die Kleidung sollte locker sein und vor allem im Bereich von Oberkör­
               per und Bauch nicht einengen.
                                                                                                                                            Tipp:
                                                                                                                                            Trinken ist für die Feuchtigkeit und Funktionsfähigkeit der Schleimhäute sehr wichtig. Pro Tag sollten Pa­
                                                                                                                                            tienten mindestens 1,5 Liter Mineralwasser, säurearme Fruchtsaftschorlen und Früchte- bzw. Kräutertees
                                                                                                                                            trinken. Trinken hilft im Übrigen auch gegen Mundtrockenheit.
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Im Fokus:
Künstliche Ernährung6
                                                                                                                         Körperpflege bei Krebs
Zur künstlichen Ernährung zählen die enterale und die parenterale Ernährung. Wenn onkologische Patienten mangel­
ernährt sind, einen Gewichtsverlust erleiden oder keine ausreichende Nahrung zuführen können, sollte eine enterale       Bei der Behandlung von Krebs­erkrankungen leiden Haut, S
                                                                                                                                                                                ­ chleimhäute, Haare
Ernährungstherapie, also eine Nahrungszufuhr über den Darm begonnen werden. Dabei gleicht die enterale Ernährung
den Unterschied zwischen der tatsächlichen Aufnahme und dem berechneten Energie­bedarf aus. Das Vorgehen sollte den      und Nägel
Wunsch des Patienten und die Erkrankungssituation berücksichtigen. Ziel ist es, eine ausreichende Energie- und Nähr­
stoffversorgung zu gewährleisten und die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen.                                        Alle Krebsbehandlungen können die Haut von Krebspatienten in Mitleidenschaft ziehen. Wunden, Narben, entzündete
Als onkologische Pflege- und Fachkraft können Sie sich durch Hinsehen, durch Wiegen und im Gespräch einen Überblick      oder juckende Haut können die Lebensqualität oft deutlich beeinträchtigen. Gerade weil die Haut für andere so gut sicht­
über die Ernährungssituation des Patienten verschaffen.                                                                  bar ist, empfinden Krebspatienten Hautveränderungen oft als belastend.11

                                                                                                                         „Stahl und Strahl“ schädigen die Haut
                                                                                                                         Chirurgische Eingriffe hinterlassen Wunden und es können sich Narben bilden. Auch die Strahlentherapie schadet der
   Erforderliche Energiezufuhr
                                                                                                                         Haut: Sonnenbrandähnliche Rötungen, Schälen, Pigmentveränderungen und eine Rückbildung der Schweißdrüsen sind
                                                                                                                         möglich.3 Die Kombination von Bestrahlung und bestimmten zielgerichteten Medikamenten kann zusätzlich typische
   Ambulante Patienten                                       30 – 35 kcal/kg Körpergewicht pro Tag                       Hautausschläge hervorrufen.12
                                                             Beispiel 80 kg: 2.400 – 2.800 kcal/Tag

                                                                                                                         Hautveränderungen sind bei Krebsmedikamenten häufig
   Bettlägerige Patienten                                    20 – 25 kcal/kg Körpergewicht pro Tag
                                                             Beispiel 80 kg: 1.600 – 2.000 kcal/Tag                      Chemotherapie-Medikamente (Zytostatika) wirken allgemein vor allem auf Zellen, die sich schnell teilen. Sie unterschei­
                                                                                                                         den dabei aber nicht zwischen Krebszellen und anderen Zellen, wie z. B. Haut- und Schleimhautzellen oder Zellen der
                                                                                                                         Haarwurzeln.11
                                                                                                                         Als Folge werden Haut und Schleimhäute, vor allem die Schleimhäute im Verdauungstrakt und im Genital­bereich, emp­
                                                                                                                         findlicher und anfälliger für kleinste Verletzungen. Die Barrierefunktion gegen das Eindringen von Infektionserregern
                                                                                                                         ist herabgesetzt. Die Sonnenempfindlichkeit kann erhöht sein und Haarverlust ist m  ­ öglich. 11 Entzündungen der Mund­
Formen der künstlichen Ernährung im Überblick                                                                            schleimhaut machen das Essen zur Qual.

• Enterale Ernährung:                                                                                                    Manche Zytostatika verursachen direkt Hautveränderungen: trockene, schuppende und teilweise juckende Hautverdickun­
                                                                                                                         gen, Rötungen, Pigment- und Nagelveränderungen sowie allergische Reaktionen mit juckenden Knötchen oder Quaddeln.
	- Zufuhr von Nahrungssupplementen (Astronautenkost), z. B. geschmacksfreie Pulver aus Proteinen und
                                                                                                                         Möglich ist auch das Hand-Fuß-Syndrom mit Rötung der Hand- und Fußflächen mit Kribbeln und Empfindungsstörungen.11
   Kohlenhydraten, die Speisen untergemischt werden können oder Nahrungssupplemente mit unterschied­lichen Ge­
   schmacksrichtungen wie z. B. Vanille, Schokolade, Waldfrucht                                                          Zielgerichtete Krebstherapien, sogenannte „targeted therapies“, richten sich im Gegensatz zu Chemothera­pien nicht ge­
	- Künstliche enterale Ernährung: Über Sonden, die im Magen oder Dünndarm (Jejunum) platziert w
                                                                                               ­ erden, kann speziell    gen alle Zellen, sondern gegen bestimmte Merkmale auf der Oberfläche oder im Inneren von Z ­ ellen. Vor allem finden sich
    zubereitete Sondenkost zugeführt werden – bewährt insbesondere bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren                   diese Merkmale auf Tumorzellen, aber leider nicht ausschließlich. Deswegen können die neuen Wirkstoffe ebenfalls zu Ne­
                                                                                                                         benwirkungen führen. Relativ typisch für zielgerichtete Krebsmedikamente sind Veränderungen der Haut und der Nägel.
• Parenterale Ernährung:
                                                                                                                         Anfangs kann man sie leicht mit anderen Erkrankungen, z. B. mit Akne, schuppenden Hauterkrankungen bzw. mit einem
	- vor allem für Patienten, bei denen Nährstoffe aus der enteralen Ernährung nicht sicher oder überhaupt nicht aufge­                               Nagelpilz oder mit Nagelwachstumsstörungen aufgrund anderer Ursachen verwechseln.11
    nommen werden, z. B. bei einer Schleimhautentzündung oder einem Passagehindernis jenseits des Magens; auch für
    Patienten, die bereits einen zentralvenösen Zugang haben und die Anlage einer                                                                                 Auch ein Hand-Fuß-Syndrom, das sich von dem Hand-Fuß-Syndrom bei
    Sonde erspart werden soll                                                                                                                                          Chemotherapien unterscheidet, kann im Zusammenhang mit bestimmten
                                                                                                                                                                            zielgerichteten Krebsmedikamenten auftreten. Es betrifft hauptsäch­
                                                                                                                                                                                lich die Handflächen und Fußsohlen mit schmerzhaften starken
                                                                                                                                                                                   Verhornungen, teilweise auch mit Blasenbildung und Entzün­
                                                                                                                                                                                      dungen an mechanisch belasteten Stellen.13

               Tipp:
               Als einfache und praktische Form eines Nahrungssupplements zur Energiezufuhr kann
               den Speisen etwas Speiseöl zugefügt werden.
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Immunonkologische Medikamente:
Hautveränderungen als häufigste Symptome                                                                                  Maßnahmen zur schonenden
Da immunonkologische Medikamente das Immunsystem nicht unterdrücken, sondern aktivieren, treten unter der Behand­
lung auch Nebenwirkungen auf, die auf eine vermehrte Immunaktivität zurückzuführen sind und jedes Organ/Organsys­         Haut- und Körperpflege
tem betreffen können.3
Die wichtigsten Hautreaktionen bei dieser Behandlungsform sind immunvermittelte Nebenwirkungen in Form von autoim­
mun bedingten Entzündungen13, d. h. das Abwehrsystem des Körpers richtet sich gegen körpereigene Strukturen. Sie zeigen
sich meist als Ausschlag („Rash“) und Juckreiz13 unterschiedlichen Schweregrades sowie
                                                                                                                          Während es eine Vielzahl von Empfehlungen für das ärztliche Management von Hautnebenwirkungen bei Krebstherapien
als Depigmentierung der Haut (Weißfleckenkrankheit)14. Typischerweise sind sie mild ausgeprägt15, jedoch wurden auch
                                                                                                                          gibt, existieren für die tägliche Pflege der Haut von Krebspatienten deutlich weniger Handlungsanweisungen.
seltene schwerwiegende Hautreaktionen, die lebensbedrohliche Folgen haben können, beschrieben.3, 15, 16
                                                                                                                          Im Folgenden finden Sie Maßnahmen zur schonenden Haut- und Körperpflege zusammengestellt, die Sie bei der Beratung
                                                                                                                          von Krebspatienten ansprechen können. Die genannten Vorsichtsmaßnahmen und Empfehlungen gelten entsprechend
Wie häufig sind immunvermittelte Nebenwirkungen der Haut bei immunonkologischen T
                                                                                ­ herapien?                               auch für Physiotherapie, Massagen, Maniküre/Pediküre, Kosmetikbehandlungen und Wellnessanwendungen.

Häufigkeit          Ausgewählte Nebenwirkungen
                                                                                                                          Allgemeinmaßnahmen für Patienten mit Hautveränderungen
Sehr häufig         Hautausschlag, Juckreiz

Häufig              Weißfleckenkrankheit, trockene Haut, Hautrötung, Haarausfall, Nesselsucht                             So können Sie den Patienten zur Haut-
                                                                                                                          und Körperpflege beraten
Gelegentlich        Schuppenflechte                                                                                         Pflegen Sie Operationswunden und kontrollieren
                                                                                                                             Sie sie auf Anzeichen einer Entzündung.
Selten              Toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom                                                  Erläutern Sie die Hintergrundinformationen
                                                                                                                             zu ­Haut­reaktionen.
                                                                                                                            Geben Sie Tipps zum hautschonenden Alltag.
                                                                                                                            Erklären Sie dem Patienten die Grundsätze ­schonender
                                                                                                                             Haut- und Körperpflege.

Wie werden immunvermittelte Nebenwirkungen behandelt?
 	Die immunonkologische Behandlung muss ggf. unterbrochen oder beendet werden.
  Eventuell verabreicht der Arzt ein Kortisonpräparat, das die überschießende Aktivität des Immunsystems eindämmt.

                                                                                                                                        Tipp
                                                                                                                                           Die meisten Hautveränderungen bilden sich nach dem Ende der Behandlung zurück.

                                                                                                                                        Wichtig! Nicht abwarten!
                                                                                                                                           itte informieren Sie bei jeder Hautveränderung, die Sie bei einem Patienten wahrnehmen oder über die
                                                                                                                                          B
                                                                                                                                          er Ihnen berichtet, den behandelnden Onkologen!
                                                                                                                                          Manche Hautveränderungen erfordern ein schnelles und entschlossenes ärztliches Eingreifen und mögli­
                                                                                                                                          cherweise sofortiges Absetzen des Krebsmedikaments.
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Hautschonendes Verhalten im Alltag                                                                                        Hand-Fuß-Syndrom
Die intakte Haut stellt eine wichtige Barriere zum Schutz vor                                                             Empfehlen Sie den Patienten
Krankheitserregern dar. Patienten, die mit Krebsmedikamenten
                                                                                                                          • Vermeidung mechanischer Belastungen, z. B. durch enge Schuhe (Druck, Reibung, Hitze)17
behandelt werden, sollen ihre Haut schützen und sie keinen weite­
ren Reizen aussetzen. Das bedeutet, mechanische und chemische                                                             • Vermeidung chemischer Noxen wie z. B. längerer Kontakt mit Wasser und Reinigungsmitteln17
Reize, die zu kleinen Verletzungen der Haut führen können, zu
                                                                                                                          • Vorerkrankungen behandeln zu lassen: z. B. Entzündungen in den Zehen- und Fingerzwischenräumen,
vermeiden, eine reizarme Basispflege zu verwenden und die Haut
                                                                                                                            Pilz­erkrankungen, übermäßige Verhornung17
vor UV-Strahlung zu schützen.17 Einzelheiten dazu finden Sie im
Folgenden ausgeführt.
                                                                                                                          Konsequent vor UV-Strahlung schützen
Die Haut vor Verletzungen schützen                                                                                        Raten Sie den Patienten zu
Besprechen Sie mit den Patienten, wie sie im Alltag ihre                                                                  • Sonnencreme oder Lotion mit hohem Lichtschutzfaktor11
Haut vor Verletzungen schützen können:
                                                                                                                          • lockerer, den Körper bedeckender Kleidung11,12
• Auf (Nass-)Rasur und Epilation möglichst verzichten, ­
                                                                                                                          • Sonnenbrille
  ebenso auf Peelings11
• Keine am Körper scheuernde Kleidung und enge Schuhe tragen11
• Schwitzen vermeiden
                                                                                                                          Verzicht auf den Besuch von Solarien,
                                                                                                                          Schwimmen und Wellness: ­Vorher den Arzt fragen!
• Im Haushalt und im Garten Schutzhandschuhe tragen11
                                                                                                                          Erklären Sie Ihren Patienten,
• Vorsichtige Nagelpflege11 mit absolut sauberen Geräten:
  Nägel kurz halten, die Nägel eckig, nicht rund schneiden und die Nagelhaut nicht schneiden                              • dass längere Aufenthalte im Wasser die Haut aufweichen können19

• Vorsicht bei kosmetischen Behandlungen: keine Manipulation an der Haut (z. B. Pickel ausdrücken);                       • dass Salzwasser und Zusätze wie Mineralsalze, ätherische Öle,
  es dürfen nur absolut saubere Geräte verwendet werden                                                                     Moorschlamm und andere Packungen oder Peelings und
                                                                                                                            Massagen die Haut reizen können19
• Möglichst nicht kratzen, Vorsicht bei Insektenstichen
                                                                                                                          Darüber hinaus kann in Schwimmbädern oder
                                                                                                                          Wellness-Einrichtungen die Keimbelastung hoch sein.
                                                                                                                          Dies kann möglicherweise die durch die Krebstherapie
Die tägliche Pflege – sanft und reizarm
                                                                                                                          geschwächte körpereigene Abwehr überfordern.19
Hautpflege mit Feuchtigkeitscremes, nicht-reizender Reinigung und Make-up verbessert den Feuchtigkeits­gehalt der Haut
und kontrolliert bzw. kaschiert manche Hautreaktionen.18
Erklären Sie den Patienten, wie sie die tägliche Hautpflege ausführen sollen und welche Hautpflegemittel geeignet sind:
• Vorsichtiges Waschen mit lauwarmem Wasser und einer milden seifenfreien Waschlösung11, pH 5,518
• Nicht unnötig lang duschen oder baden11
• Weiche Waschlappen und Handtücher verwenden und häufig (evtl. bei jeder Wäsche frisch) wechseln
  oder Einmalwaschlappen verwenden11
• Zum Abtrocknen vorsichtig abtupfen, nicht trocken reiben11
• Feuchtigkeitsbindende, evtl. rückfettende Lotionen und Cremes verwenden:
  Öl-in-Wasser-Formulierungen, eventuell mit Harnstoffzusatz
• Keine Pflegemittel und Kosmetika mit reizenden Inhaltsstoffen verwenden18
• Keine Kosmetika mit Duft- und Farbstoffen verwenden
• Lieber auf Naturkosmetik verzichten, denn auch ätherische Öle können die Haut reizen11

               Tipp
                 Im Interesse des Wohlbefindens des Patienten können Deodorants und nicht reizende Parfums
                 verwendet werden.18
Immunonkologie im täglichen Leben - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie
Schleimhäute pflegen – vor Infektionen schützen                                                                                Ein wichtiges Thema:
Weisen Sie die Patienten auf die Bedeutung einer sehr guten Mundhygiene hin, um die Schädigung von Zähnen                      Aussehen, Selbstwertgefühl und seelische ­Belastung
und Zahnfleisch so gering wie möglich zu halten und Infektionen zu verhindern.20
• Die Zahnbürste sollte weich sein und häufig gewechselt werden                                                                Eine Krebsdiagnose stellt für die Patienten eine extreme Situation dar. Nichts bleibt, wie es war. Wenn dazu noch sichtbare
• Die Zahncreme sollte mild sein und keine ätherischen Öle wie z. B. Menthol enthalten                                         Veränderungen der Haut und/oder Haarausfall kommen, fühlen sich viele Patienten stigmatisiert, ihr Selbstwertgefühl
                                                                                                                               leidet und sie ziehen sich sogar zurück. Die meisten Veränderungen verschwinden nach Behandlungsende wieder, manche
• Empfehlen Sie eventuell ein alkoholfreies Mundwasser oder Mundspülungen mit Salbeitee                                        bleiben jedoch bestehen, wie die pigmentlosen Flecken bei der Weißfleckenkrankheit (Vitiligo).
• Nicht rauchen und keinen Alkohol trinken                                                                                     Sprechen Sie mit Ihren Patienten über Möglichkeiten, sich auch mit den sichtbaren Zeichen der Erkrankung attraktiv zu
• Raten Sie zum Verzicht auf harte, heiße, saure, scharfe Lebensmittel und kohlensäurehaltige Getränke                         fühlen.

• Patienten sollten weiche, feuchte und leicht zu schluckende Lebensmittel bevorzugen
• Im Fall von Erbrechen sollten Patienten zur Neutralisierung umgehend den Mund spülen                                         Gut aussehen trotz Krebsbehandlung – Kosmetik trägt zum Wohl­befinden bei
• Beraten Sie die Patienten zur Anwendung von Mundspüllösungen, speziellen schmerzstillenden Gels oder Medikamenten            Informieren Sie Patientinnen und Patienten über Möglichkeiten, trotz der Krebsbehandlung gut aussehen zu können.

• Bei Mundtrockenheit sollten die Patienten viel trinken, den Mund spülen und eventuell künstlichen Speichel verwenden         • Hautveränderungen und Haarverlust – auch der Augenbrauen und Wimpern – lassen sich kaschieren, sodass das
                                                                                                                                 Selbstwertgefühl und die Lebensqualität wieder steigen.11
Bei starker Ausprägung der Beschwerden wird der Arzt Lokalanästhetika und Schmerzmittel bis hin zu Opioiden verordnen. Sogar
eine Sondenernährung kann erforderlich sein.                                                                                   • Narben und bleibende Hautveränderungen können mit Spezialkosmetik (Camouflage) fast unsichtbar werden.11
                                                                                                                               • Erklären Sie den Patienten, dass noch nicht vollständig abgeheilte Operationsnarben, wunde oder entzündete Hautparti­
                                                                                                                                 en, infizierte oder frisch bestrahlte Hautareale, neu diagnostizierte Hauttumoren oder Haut­metastasen jedoch nicht mit
                                                                                                                                 Kosmetika abgedeckt werden dürfen.11
               Wichtig!
               Fragen Sie bei jedem Patientenkontakt gezielt nach Beschwerden im Mundbereich, z. B.
                                                                                                                               Veränderte Nägel: Vorsicht mit Nagellack
                  trockenem Mund                                        Wunden im Mund und an den Lippen
                                                                                                                               Verständlicherweise möchten viele Patienten die Veränderungen ihrer Finger- und Fußnägel mit Nagellack unsichtbar
                  Belägen im Mund                                       Schmerzen beim Essen                                   machen. Weisen Sie die Patienten jedoch unbedingt darauf hin, dass Finger- und Fußnägel nur nach Rücksprache mit dem
                  Schluckbeschwerden                                    Geschmacksveränderungen                                Arzt lackiert werden dürfen. Erklären Sie,
                                                                                                                               • dass Nagellack Entzündungen in der Umgebung des Nagels, wie sie bei zielgerichteten Therapien auftreten können,
                                                                                                                                 verschlimmern kann11
                                                                                                                               • dass Lack auf den Nägeln die Diagnose von Nagelschäden und die Beurteilung des Gesundheitszustands
               Der Zahnarztbesuch21                                                                                              der Patienten erschwert11
               Informieren Sie Ihre Patienten darüber,
                 möglichst vor Behandlungsbeginn zum Zahnarzt zu gehen                                                         Haarverlust – ein sensibles Thema
                 den Zahnarzt über die Krebstherapie und die verordneten Medikamente in Kenntnis zu setzen                     Vielen Patientinnen und Patienten macht die
                                                                                                                               ungewohnte Kahlköpfigkeit sehr zu schaffen –
                 während der Krebsbehandlung keine Zahnreinigungsbehandlungen durchführen zu lassen
                                                                                                                               auch wenn diese Nebenwirkung oft nur
                 nach dem Ende der Krebsbehandlung einen Kontrolltermin beim Zahnarzt zu vereinbaren                           vorübergehend ist.22
                 keine Pause bei der Mundpflege vorzunehmen. Bei Schmerzen und Entzündungen helfen                             • Bereiten Sie die Patienten frühzeitig auf
                 lindernde Medikamente.                                                                                          einen möglichen Haarverlust vor.17
                 nach Erbrechen den Mund sorgfältig auszuspülen                                                                • Informieren Sie die Patienten über die
                 saure, scharfe oder grobkörnige Speisen zu meiden                                                               verschiedenen Möglichkeiten des
                                                                                                                                 Haarersatzes: Perücken, Tücher
                 nicht zu rauchen und keinen Alkohol zu konsumieren                                                              oder Mützen.22
                 im Falle einer Bestrahlung, Strahlenschutzschienen für Zähne und Zahnfleisch zu nutzen
Im Fokus:                                                                                                                         Maßnahmen zur Unterstützung der Atmung

Atmung bei Krebs                                                                                                                  Die im Folgenden vorgestellten pflegerischen Maßnahmen zur Unterstützung der Atemfunktion (Ventilationsförderung)
                                                                                                                                  bei Pneumonitis entsprechen weitgehend denjenigen, die zur Prophylaxe einer durch Bakterien oder Viren verursachten
                                                                                                                                  Lungenentzündung empfohlen werden.
Bei onkologischen Patienten ist die Lunge bzw. die Atmung häufig in                                                               Zur Behandlung des komplexen Symptoms Dyspnoe ist immer eine Kombination aus Allgemeinmaßnahmen, nicht-medi­
Mitleidenschaft gezogen – entweder direkt durch den Tumor oder seine                                                              kamentösen und medikamentösen Interventionen notwendig.27
Metastasen (Tochtergeschwülste) selbst oder als Neben­wirkung bzw.
Folge der Krebsbehandlung. In der Regel ist eine Beeinträchtigung der
Atmung (Dyspnoe) das Hauptproblem, das den Krebspatienten dann mehr
oder weniger stark beeinträchtigt.                                                                                                Allgemeinmaßnahmen für Patienten mit Atemnot27

                                                                                                                                  Von entscheidender Bedeutung ist, dass der Patient psychische Unterstützung und Zuwendung erfährt. Vergessen Sie
Dyspnoe – wenn das Atmen schwerfällt                                                                                              dabei nicht seine Angehörigen und beziehen Sie sie in die Gespräche mit ein. Nehmen Sie sich Zeit, hören Sie sich die
                                                                                                                                  Erfahrungen an, die alle mit den Atemnotsituationen gemacht haben – so können Sie herausfinden, welche Maßnahmen
Unter Dyspnoe versteht man ein subjektiv empfundenes Unwohlsein beim Atmen, der Ausprägungsgrad hängt von den indi­               vermutlich am besten geeignet sind.
viduellen Faktoren des Patienten sowie den objektiven Befunden ab.23 Eine Dyspnoe kann von leichter „Kurzatmigkeit“, die nur
bei körperlicher Aktivität wie z. B. Treppensteigen auftritt, bis hin zu Atemnot in Ruhe und sogar Erstickungsanfällen reichen.
Dyspnoe wird von vielen Patienten als lebensbedrohlich empfunden und stellt daher neben der körperlichen auch eine große
psychische Belastung dar. Angst, Unruhe und Panik können auftreten.25

                                                                                                                                  So können Sie den Patienten beim Umgang mit der Atemnot unterstützen
Ursachen einer Dyspnoe                                                                                                              Erläutern Sie ausführlich alle Hintergrundinformationen zur Atemnot.
                                                                                                                                    Erklären Sie mögliche Maßnahmen und üben Sie sie ggf. mit dem Patienten.
• Mechanische Behinderung der Atmung
                                                                                                                                   	Stellen Sie gemeinsam mit dem Patienten einen „Atemnotplan“ mit medikamentösen und n
                                                                                                                                                                                                                         ­ icht-medikamentösen
  Tumorgewebe in der Lunge und/oder Lungenmetastasen, die von Tumoren in anderen Organen ausgehen, können die
                                                                                                                                    Maßnahmen auf.
  zentralen Atemwege verschließen oder von außen komprimieren. Auch die arterielle Blutversorgung des Lungengewebes
  kann auf diese Weise beeinträchtigt werden und die Atmung verschlechtern.24                                                      	Helfen Sie, seinen Tagesrhythmus mit einem guten
                                                                                                                                    Verhältnis zwischen Aktivität und Pausen anzupas­
• Krankheitsbedingt reduzierter Allgemeinzustand
                                                                                                                                    sen.
  Ein Krebspatient mit schlechtem Allgemeinzustand, der bettlägerig ist, bewegt sich nicht viel und atmet flacher. Dadurch wird
  die Lunge weniger belüftet und die Atemmuskulatur baut ab. Die geringe Bewegung des knöchernen Brustkorbs lässt diesen            Besprechen Sie, wie die Energieaufwendung bei
  versteifen, was letztendlich das Atemvolumen reduziert. Zudem nimmt die Kraft von Bauchmuskulatur und Zwerchfell ab,              Aktivitäten (z. B. Gehen, Treppensteigen) optimiert
  wodurch es zu einem Zwerchfelltiefstand und einer Überblähung der Lunge kommt.26                                                  werden kann.

• Folgen oder Nebenwirkungen der Krebstherapien                                                                                     Üben Sie Rituale für den Fall einer akuten Atemnot
                                                                                                                                    ein.
  Die Maßnahmen zur Krebsbehandlung können alle das Risiko des Patienten erhöhen, an einer Lungenentzündung
  (Pneumonie oder Pneumonitis) zu erkranken.                                                                                        Erklären Sie, wie in der Akutsituation anwesende
	- Operation: Narbenzüge können die Atmung behindern.       26                                                                     Bezugspersonen beruhigend wirken können („Die
                                                                                                                                    Attacke geht wieder vorbei, normal atmen ist danach
	- Bestrahlung: Die Atmung kann durch eine strahlenbedingte Vermehrung von Bindegewebe (Bestrahlungs­fibrosen)
                                                                                                                                    wieder möglich.“).
    erschwert werden.26
	- Chemotherapie: Dadurch wird auch die Bildung von Abwehrzellen unterdrückt, sodass die Infektanfälligkeit stark                  Motivieren Sie den Patienten zu einem regel­mäßigen
    erhöht ist.26                                                                                                                   ­Atemtraining.
	- Immunonkologische Therapie: Da immunonkologische Medikamente das Immunsystem nicht unterdrücken, sondern
    aktivieren, treten unter der Behandlung auch Nebenwirkungen auf, die vermutlich auf eine vermehrte Immunaktivität
    zurückzuführen sind. An der Lunge kann eine Pneumonitis entstehen, d. h. eine nicht durch Mikroorganismen hervor­
    gerufene Lungenentzündung.3

                 Seien Sie aufmerksam!                                                                                                           Tipp zur Reduktion der Atemnot
                 Achten Sie bei immunonkologisch behandelten Patienten auf neu oder verstärkt auftretende Symptome wie
                                                                                                                                                   Lassen Sie einen Tisch- oder Standventilator neben dem Bett des Patienten laufen. Der Luftstrom soll
                 Husten, Atemnot oder andere Beschwerden. Geben Sie diese Information an die behandelnden Ärzte weiter.
                                                                                                                                                   dabei auf die Gesichtsmitte (Nasenbereich) treffen. Vermutlich werden so Rezeptoren des Trigeminus­
                 Es könnte sich um eine immunvermittelte Nebenwirkung handeln.
                                                                                                                                                   nervs im Gesicht aktiviert, die dann letztlich im Gehirn für eine Besserung der Dyspnoe sorgen. Kleine
                                                                                                                                                   Handventilatoren erfüllen den gleichen Dienst.27

 Wie werden immunvermittelte Nebenwirkungen behandelt?
   	Die immunonkologische Behandlung muss ggf. unterbrochen oder beendet werden.
   Eventuell verabreicht der Arzt ein Kortisonpräparat, das die überschießende Aktivität des Immunsystems eindämmt.
Nicht-medikamentöse Maßnahmen                                                                                                 Mobilisierung im Alltag
                                                                                                                              • Achten Sie darauf, dass der Patient nach der Krankenhausaufnahme bzw. einer Operation so schnell wie möglich wieder
Bei onkologischen Patienten mit Pneumonitis und Dyspnoe tragen – wie bei allen Patienten, die unter Atemnot leiden –            mobilisiert wird. Bewegung in aufrechter Position führt zu einer tieferen Atmung, Sekret kann besser gelöst und ab­
besonders die nicht-medikamentösen Maßnahmen erheblich dazu bei, die Selbstständigkeit sowie die Lebensqualität des             transportiert werden.28
Betroffenen zu verbessern.27                                                                                                  • Der Patient sollte z. B. das Treppensteigen im Atemrhythmus erlernen. Es funktioniert folgendermaßen: Während des
                                                                                                                                Einatmens stehen bleiben, während des Ausatmens 1 – 3 Stufen hochsteigen und dabei die „­Lippenbremse“ verwenden,
                                                                                                                                d. h. durch die locker geschlossenen Lippen ausatmen.26
Lagerung
                                                                                                                              • Empfehlen Sie dem Patienten, beim Gehen einen Rollator oder eine andere Gehilfe zu benutzen. So kann er größere
• Sorgen Sie dafür, dass ein bettlägeriger, immobiler                                                                           Distanzen bewältigen. Zudem wird die Atemnot reduziert, da die Atemhilfsmuskulatur durch Stabilisierung entlastet
  Patient regelmäßig umgelagert wird.26                                                                                         wird.27
• Lagern Sie den Oberkörper hoch, das verbessert die                                                                          • Erinnern Sie den Patienten: Auch zu eng sitzende Kleidung kann die Atemnot verschlechtern!
  Ventilation in der Lunge, da so das Absenken des
  Zwerchfells bei der Einatmung erleichtert wird.28
• Ist nur ein Lungenflügel des Patienten, z. B. von einem
  Tumor oder Metastasen, betroffen, sollten Sie darauf                                                                        Atemerleichternde Positionen bei
  achten, den Patienten nicht auf der gesunden Seite                                                                          Dyspnoe
  zu lagern. Unten liegende Lungenabschnitte werden
  komprimiert und daher minderbelüftet. Liegen die                                                                            Verschiedene Körperhaltungen können
  gesunden Lungenabschnitte oben, können diese                                                                                dem Patienten das Atmen erleichtern:
  belüftet werden.26                                                                                                          Positionen wie „Kutschersitz“, „Torwart­
                                                                                                                              haltung“ oder das Abstützen der Arme
• Atemunterstützende Dehnlagerungen, wie beispiels­                                                                           im Stehen auf einem Tisch oder einer
  weise die Halbmond-­Lagerung, dehnen einzelne                                                                               (stabil stehenden) Stuhllehne verringern
  Lungenareale und führen so zu einer besseren Ven­                                                                           die Atemarbeit und erleichtern damit das
  tilation. Sie sollten den Patienten mehrmals täglich                                                                        Atmen.26, 28
                                                               Halbmondlagerung zur Dehnung der seitlichen Lungen­areale.
  für 10 – 30 Minuten – aber nur so lange, wie er diese
                                                               Nach 10 – 30 Minuten die Dehnung zur anderen Seite wechseln.
  Position toleriert – entsprechend lagern.28

                                                                                                                                                                                  Atemerleichternde Positionen bei Dyspnoe: ­Kutschersitz (links) und
                                                                                                                                                                                  ­Torwarthaltung (rechts)

               Wichtig!
               Die Gabe von Sauerstoff wird inzwischen nur noch bei nachgewiesenem Sauerstoffmangel
                                                                                                                              Effektives Husten26
               im arteriellen Blut (Hypoxämie) empfohlen.29                                                                   Mit dem Hustenreflex versucht der Körper, Sekret aus der Lunge zu entfernen. Damit der Husten „produktiv“ ist, muss die
                                                                                                                              am Husten beteiligte Muskulatur ausreichend stark sein. Unproduktiver Husten kann die Atem-
                                                                                                                              wege reizen, die Atemmuskulatur erschöpfen und bis zum Kollaps von Luftröhre und großen Bronchien
                                                                                                                              (Tracheobronchialkollaps) führen.
                                                                                                                              • Der Patient sollte beim Husten mit möglichst geradem Rücken und nicht vornübergebeugt sitzen.
                                                                                                                              • Zur Sekretlösung und Erleichterung des Abhustens empfehlen sich Inhalationen. Wichtig ist, dem Patienten die richtige
                                                                                                                                Anwendung des Inhaliergerätes zu erklären.
               Maßnahmen, die Sie nicht mehr anwenden sollten28
               • Aufblasen von Op-Handschuhen o. Ä.: Kann bei maximaler Ausatmung einen Kollaps der kleinen Atem­
                 wege herbeiführen.
                                                                                                                                             Tipps zur Vermeidung des Hustenreizes26
               • Giebelrohr (Totraumvergrößerung): Kann zur Erhöhung des Hirndrucks und des CO2-Gehaltes führen.
                                                                                                                                               Oberkörper hoch lagern
               • Abklopfen und Abklatschen, ggf. in Kombination mit kalten (Franzbranntwein-)Abreibungen: Bewirken
                                                                                                                                               Durch die Nase atmen
                 ein kurzfristiges Atemanhalten mit Kollaps der kleinen Atemwege, sodass Sekret nicht abgehustet wird.
                                                                                                                                               Obere Atemwege durch Trinken oder Inhalation befeuchten
               • Strohhalmstücke (als Alternative zu PEP-Atemtrainer): Durch den zu geringen Durchmesser ist der Atem­
                 wegwiderstand sehr hoch und es besteht die Gefahr einer reflektorischen Engstellung der Atemwege.                             Speichelfluss anregen (z. B. Bonbons lutschen)
                                                                                                                                               Einatemluft erwärmen (z. B. durch Schal vor Mund und Nase)
Atemtraining                                                                                                                 Übungen zum tief Durchatmen
Ausatmen (Exspiration) und Einatmen (Inspiration) kann jeweils getrennt trainiert werden. Die folgenden Maßnahmen
sind hierfür gut geeignet.                                                                                                   Ein gezieltes Atemtraining sollte idealerweise täglich 20 – 30 Minuten lang durchgeführt werden. Dauer und Intensität
• Training der Exspiration mit PEP-Atmung     27, 28                                                                         müssen aber für jeden Patienten individuell mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden. Hier stellen wir Ihnen einige
                                                                                                                             einfache, aber effektive Atemübungen vor.
  Bei der PEP-Atmung (Positive Expiratory Pressure) handelt es sich um eine Ausatemtechnik gegen einen Widerstand. Es
  gibt verschiedene Möglichkeiten, diesen Widerstand zu erzeugen.
	- Dosierte Lippenbremse: Der Patient atmet ohne Anstrengung durch die Nase ein und durch die locker geschlossenen          Bauch-, Brust-, Flankenatmung
    Lippen wieder aus. Zusätzlich können dabei Silben oder Buchstaben intoniert werden (z. B. „p“).
                                                                                                                             Im Liegen oder aufrecht sitzend.
	- PEP-Geräte: Hier gibt es verschiedene Systeme, z.B. oszillierende und nicht-oszillierende. PEP-Geräte halten die Atem­
    wege beim Ausatmen länger offen, senken die Atemfrequenz und vertiefen die Atmung. Oszillierende Geräte kräftigen
    zudem die Ausatemmuskulatur, fördern die Schleimlösung und den Sekretabtransport.
• Training der Inspiration 28
	- Einatemtrainer, z. B. SMI-Trainer (sustained maximal inspiration): vergrößern das Einatemvolumen. Der Patient soll
    etwa 5- bis 10-mal täglich mit jeweils 8 – 10 Atemzügen trainieren.
	- Gähnende Einatmung durch die Nase mit geschlossenem Mund: führt zur reflektorischen Weitstellung der Bronchien.
    Der Patient kann zusätzlich ein Nasenloch zuhalten, das erhöht die Ventilation des gleichseitigen Lungenflügels. Aus­
    atmen sollte der Patient mit der dosierten Lippenbremse.
	- Inspirationsmuskeltraining: Hierfür gibt es spezielle Geräte, bei denen der Patient gegen einen Widerstand einatmen                                                                                          C. Schließlich die Hände seitlich auf
    muss. Auf diese Weise wird die Einatemmuskulatur gekräftigt und die Atemwege werden besser belüftet.26                                                                                                       die unteren Rippen legen und tief in
                                                                                                                             A. Hände flach auf den Bauch legen,       B. Dann die Hände auf die Brust ­legen,   die Flanken hineinatmen, sodass sich
• Entspannungsübungen 27
                                                                                                                             langsam und tief in den Bauch atmen,      tief in die Brust atmen, sodass sich      der Brustkorb beim Einatmen zur Seite
  Empfehlen Sie Patienten mit Atemnot, eine Entspannungstechnik wie autogenes Training, Meditation o. Ä. zu erlernen.        sodass sich die Bauchdecke hebt und       der Brustkorb hebt                        ausdehnt und beim Aus­atmen wieder
  Die Übungen können sich positiv auf Angst und Panikreaktionen auswirken und sorgen zugleich für eine bessere Funk­         beim Ausatmen wieder senkt. 5-mal         und wieder senkt.                         zusammenzieht.
  tion der Atemmuskulatur. Entspannungsübungen, die der Patient selbst anwenden kann, sind vor allem während einer           wiederholen.                              5-mal wiederholen.                        5-mal wiederholen.
  akuten Atemnotattacke sehr effektiv.

                                                                                                                             Brustdehnung für tiefere Atmung
                                                                                                                             In Rückenlage, z.B. auf einer Matte oder im Bett, mit angestellten Beinen.
               Tipps zur Senkung der Aspirationsgefahr 28                                                                    Die Arme hinter dem Kopf verschränken, die Ellbogen sollen dabei so weit
               Aspiriert der Patienten, d. h., „verschluckt“ er sich, gelangen Nahrungsmittelteilchen in die Luftröhre.      wie möglich zur Seite zeigen und die Unterlage berühren. Langsam tief ein­
               Dies kann zu einer Atemwegsinfektion führen. So können Sie der Aspirationsgefahr vorbeugen:                   atmen. Dabei die Ellbogen weiter nach unten in die Unterlage drücken. Lang­
                                                                                                                             sam ausatmen und den Druck der Ellbogen wieder lösen. 5-mal wiederholen.
                  Achten Sie auf Schluckstörungen des Patienten und ziehen Sie ggf.
                  einen Logopäden hinzu.
                  Die Temperatur der Speisen sollte etwas höher bzw. niedriger als die
                  Körpertemperatur sein. Die Temperaturdifferenz fördert den Schluckreflex.
                  Sorgen Sie für eine ruhige Atmosphäre vor und während des Essens.                                          Dehnung der Atemhilfsmuskulatur und Vertiefung der Atmung
                  Der Patient sollte aufrecht sitzen.                                                                        A. Im Sitzen mit gerade aufgerichteter
                  Er sollte im Wechsel flüssige und feste Nahrungsmittel zu sich nehmen.                                     Wirbelsäule.
                                                                                                                             Die Arme vor der Brust überkreuzen und die rechte
                  Achten Sie nach dem Essen auf eine gute Mundpflege.                                                        Hand locker auf die linke Schulter und die linke
                  Bei Sondenernährung (Gefahr des Rückflusses von Mageninhalt):                                              Hand auf die rechte Schulter legen. Langsam tief
                  für Kopfhochlage des Patienten sorgen und langsam sondieren.                                               einatmen und dabei die Ellbogen nach vorne bis
                                                                                                                             möglichst in die Waage­rechte anheben. Beim
                                                                                                                             Ausatmen die Ellbogen langsam wieder bis zum
                                                                                                                             Brustkorb sinken lassen. 5-mal wiederholen.
                                                                                                                             B. Im Stehen, Arme in Schulterhöhe waagerecht
                                                                                                                             zur Seite ausgestreckt.
                                                                                                                             Langsam tief einatmen und dabei beide Arme an­
                                                                                                                             winkeln, sodass die Hände zur Decke zeigen. Beim
                                                                                                                             Ausatmen die Ellbogen vorne in Schulter­höhe
                                                                                                                             zusammenführen. 5-mal wiederholen.
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