Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie

Die Seite wird erstellt Richard Werner
 
WEITER LESEN
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Immunonkologie
& Ernährung
Ein Leitfaden für Pflegekräfte
und medizinisches Fachpersonal
in der Onkologie
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Vorwort

Gesunde Ernährung bildet die Grundlage für ein
gesundes Leben – schon bei Hippokrates hieß es:

       „Deine Nahrungsmittel seien
            deine Heilmittel.“

Tatsächlich stellt die Ernährung bei manchen
Erkrankungen eine wichtige Stütze der Behand-
lung dar.
Für Patienten, die an Krebs erkrankt sind, spielt
die Ernährung in vielerlei Hinsicht eine wesent-
liche Rolle – auch wenn sie hier nicht als „Heil-
mittel“ gilt: Sie kann Patienten helfen, mit der
Erkrankung und ihren körperlichen Folgen besser
zurechtzukommen, Nebenwirkungen der onkolo-
gischen Therapie zu lindern sowie die seelische
Gesundheit zu fördern und die Lebensqualität zu
erhöhen.
Diese Broschüre stellt einen Leitfaden für die Be-
treuung von Krebspatienten dar, insbesondere
von Patienten, die mit modernen immunonko-
logischen Therapieansätzen behandelt werden.
Neben einer Einführung in die Immunonkologie
beleuchten wir Aspekte rund um die Ernährung
dieser Patienten: Was gilt es bei diesen Patien-
ten zu beachten? Wie können Sie als Mitglied
des Behandlungsteams Patienten unterstützen?
Was können Sie Patienten bei Nebenwirkungen
konkret aus ernährungsmedizinischer Sicht raten?
Diese Broschüre ist Teil einer Reihe, die sich spe-
ziell an Sie als Pflegekräfte und medizinisches
Fachpersonal richtet, die in der Onkologie tätig
sind. Die Broschüren haben zum Ziel, Sie mit
den Besonderheiten der immunonkologischen
Behandlung vertraut zu machen und so Ihre Be-
treuungs- und Beratungskompetenz weiter zu
stärken.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Das kleine ABC der Immunonkologie

Wie Immunzellen Tumoren bekämpfen1, 2

Das Immunsystem umfasst ein Netzwerk unterschiedlicher Zellen, Gewebe und Organe. Dessen Hauptaufgabe ist
es, Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu erkennen und zu beseitigen oder unter Kontrolle zu halten.
Darüber hinaus ist das Immunsystem
in der Lage, Tumorzellen gezielt zu                           Tumor:
                                                              Freisetzung von
zerstören. Hierbei reagiert es auf die                      1 Tumorantigenen
fremden Strukturen auf den verän-
                                                                   Tumorzelle
derten Zellen, die als Tumorantigene
bezeichnet werden. In einem ersten                                      Tumorantigene
                                                                                                                                   Erkennung von
Schritt präsentieren spezialisierte                                                                                                Tumorantigenen
                                                                                                                                   durch T-Zellen
Immunzellen solche Tumorantigene                                                      APC
                                                                                                                                   4
den Hauptakteuren der Immunant-                                                                 Aktive T-Zelle
wort, den T- und B-Zellen.
                                                                                2
Damit lernen sie, Tumorzellen von
                                                             Präsentation von
gesunden Zellen zu unterscheiden.                               Tumorantigen
In einem zweiten Schritt erkennen                              gegenüber der
                                                                                                                  3
                                                                       T-Zelle
T-Zellen antigentragende Tumor-                                                                T-Zell-Aktivierung
zellen und vernichten sie.                                                                     und -Proliferation

                                                                                                                                                    5 Zerstörung
                                                                                                                                                      des Tumors
                                                                                                                                                      durch T-Zellen
T-Zellen erkennen Tumorantigene, die ihnen von antigenpräsentierenden Zellen gezeigt werden.
Treffen T-Zellen auf Tumorzellen, die diese Antigene tragen, vermehren sich die T-Zellen und zerstören den Tumor.

Tumoren bremsen das Immunsystem aus1, 2

Tumorzellen nutzen Möglichkeiten aus, die das Immunsystem bietet, um ihrer Zerstörung zu entgehen (Immun-
Escape). Häufig liegt eine Hemmung der T-Zellen vor, die durch die Aktivierung „bremsender“ Schaltstellen im
Immunsystem verursacht wird. Bei diesen Immuncheckpoints handelt es sich um Rezeptoren auf der Ober-
fläche von T-Zellen. Eine dieser Schaltstellen ist CTLA4. Es verhindert, dass T-Zellen auf das präsentierte
Tumorantigen mit einer starken Immunantwort reagieren; eine andere Schaltstelle ist PD-1, über das
Tumorzellen direkt die Aktivität der T-Zellen drosseln.

                 1. Über CTLA-4 wird der
                 B7-Rezeptor blockiert.
                                             2. Das kostimulierende
                                           Signal wird abgeschaltet.                5. Inaktivierung der T-Zelle

                                                                                               TCR
                                           MHC               TCR                                             MHC

                                                                                              PD-1        PD-L1
                                                        CD28

                                    B7                CTLA-4
                                                                                               PD-1      PD-L2

                                                                                            4. Bindung des Liganden PD-L1/2 der Tumorzelle an
                                                 3. Inaktivierung der T-Zelle               den PD-1-Rezeptor der T-Zelle

Während CTLA-4 die Präsentation von Tumorantigen im Lymphknoten und damit den Beginn der Immunantwort beeinflusst,
hemmt PD-1 die Wechselwirkung von T-Zellen mit Tumorzellen im Tumor selbst.

CTLA: Cytotoxic T-Lymphocyte-Associated Protein; PD: Programmed Death Protein
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Immunonkologische Therapie1, 2

Bei der immunonkologischen Therapie wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und dessen Fähigkeiten
werden gezielt zur Erkennung und Bekämpfung entarteter Zellen genutzt. Somit wird der Tumor indirekt ange-
griffen, im Gegensatz zur direkten Behandlung wie bei einer Operation oder Strahlentherapie.

Immuncheckpoint-Inhibitoren lösen die Immunbremse
Bereits seit mehreren Jahren werden sogenannte Immuncheckpoint-Inhibitoren erfolgreich bei der Behandlung
von Tumoren eingesetzt. Diese Medikamente beenden die Aktivierung der „bremsenden“ Schaltstellen. Somit
können die T-Zellen wieder Tumorzellen erkennen und zerstören.
Immuncheckpoint-Inhibitoren sind therapeutische Antikörper, die biotechnologisch hergestellt und als intra-
venöse Infusion verabreicht werden.

                                               2. Mobilisierung            4. T-Zell-Reaktivierung
                                                   der T-Zellen

                                        MHC              TCR
                                                                                TCR
                                                                                               MHC

                                        B7          CD28                               PD-L1
                                                                                PD-1

                                                CTLA-4
                                                                               PD-1
                                                                                           PD-L2
                                                   Anti-CTLA-4
                                                       3. Inhibition des                   Anti-PD-1   5. Tumorzelltod
               1. Aufhebung der Blockade des           PD-1-Immun-Checkpoint
               kostimulierenden Signals

Immuncheckpoint-Inhibitoren binden an die Schaltstellen CTLA-4 und PD-1 und wirken so der Drosselung der Immunaktivität
entgegen. Das Immunsystem ist wieder voll funktionsfähig und kann Krebszellen angreifen.

Nebenwirkungen durch stimuliertes Immunsystem3
Da immunonkologische Medikamente das Immunsystem nicht unterdrücken, sondern im Gegenteil aktivieren,
treten unter der Behandlung auch Nebenwirkungen auf, die vermutlich auf eine vermehrte Immunaktivität
zurückzuführen sind. Die Symptome ähneln daher oft denen von Autoimmunerkrankungen. Häufig sind Haut,
Schleimhäute und der Gastrointestinaltrakt betroffen, weniger oft treten Entzündungen von endokrinen Or-
ganen, Leber und Lunge auf. Weitere Nebenwirkungen ähneln denen anderer Tumortherapien, wie z. B. Fieber
und Schüttelfrost, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und Müdigkeit.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Ernährung bei Krebs:
den immunonkologisch behandelten
Patienten im Blick

Vollwertige Ernährung – für alle Krebspatienten wichtig!4–6

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es zwar keine „Krebsdiät“ und Ernährung kann Krebs nicht heilen. Jedoch kann
eine klug ausgewählte und gesunde Ernährung die Gesundheit der Patienten fördern, gegen Krebs stärken und
Nebenwirkungen der Behandlung lindern.
Für Patienten mit einer Krebserkrankung ist daher eine vollwertige Ernährung besonders wichtig. Diese unter-
scheidet sich grundsätzlich nicht von einer gesunden Ernährung für nicht erkrankte Menschen.
Was macht eine vollwertige Ernährung eigentlich aus? Die 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
(DGE) für eine gesunde Ernährung gelten auch für onkologische Patienten. Sie sind eine Richtschnur für eine
gesunde und nachhaltige Ernährung.

             Die 10 Regeln der DGE für gesunde Ernährung:7
             1. Vielseitig essen
             2. Reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln
             3. Gemüse und Obst – Nimm „5“ am Tag
             4. Täglich Milch und Milchprodukte,
             5. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
             6. Zucker und Salz in Maßen
             7. Reichlich Flüssigkeit
             8. Schonend zubereiten
             9. Zeit nehmen und das Essen genießen
             10. Achten Sie auf Ihr Gewicht und bleiben Sie in Bewegung

Nahrungszusatzstoffe nur bei echtem Mangel

Patienten mit Krebserkrankungen fragen nicht selten nach Nahrungsergänzungsmitteln, die gegen die Erkran-
kung helfen. Der Einsatz von Nahrungszusatzstoffen ist nicht generell sinnvoll, sondern nur dann, wenn ein
echter Mangel nachgewiesen wurde. Dies kann im Einzelfall z. B. auf Vitamin D oder Vitamin B12 zutreffen.

             Beachte:
             Manchmal kann Nahrungsaufnahme z. B. bei Operationen im Darmbereich oder bei Kopf-Hals-
             Tumoren beeinträchtigt sein. Versuchen Sie die Patienten so zu beraten, dass die Nahrungsmittel
             den Grundsätzen der gesunden Ernährung entsprechen, gut verträglich sind, und trotzdem eine
             problemlose Nahrungsaufnahme gewährleistet ist.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Mangelernährung4–6, 8

Mangelernährung kann auftreten, weil sich schnell teilende Krebszellen viel Energie verbrauchen. Außerdem
können ein Tumor und/oder dessen Behandlung die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Umso wichtiger ist
ein guter Ernährungszustand. Er hilft den Patienten, die Strapazen der Tumortherapie besser zu überstehen:
Je schlechter der Ernährungszustand, desto schwieriger ist es, mit der Erkrankung und der Therapie zurecht-
zukommen. Eine optimale Ernährung ermöglicht es auch Nebenwirkungen besser in den Griff zu bekommen,
verbessert die Prognose und erhöht die Lebensqualität.

Viele Faktoren beeinflussen das Körpergewicht

Im aufmerksamen Gespräch können Sie Gründe für eine Mangelernährung heraushören.
Sie können die Gründe dann direkt ansprechen und Lösungen vorschlagen.

  Checkliste Mangelernährung – achten Sie bei Ihren Patienten auf:

  •   Geschmacksveränderungen                  •   Völlegefühl
  •   Fieber                                   •   vorzeitiges Sättigungsgefühl
  •   Durchfälle                               •   Tumortherapien, z. B. Operationen (Malabsorption)
  •   Appetitlosigkeit                         •   Obstipation
  •   Übelkeit                                 •   soziales Umfeld, Unterstützung durch Familie und Freunde
  •   Erbrechen                                •   seelisches Befinden, Depression

Defizite erkennen

Vor allem bei schweren und fortgeschrittenen Krebserkrankungen besteht die Gefahr der Mangelernährung.
Doch wie erkennen Sie Mangelernährung? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin definiert
unabhängig der Art der Erkrankung Mangelernährung anhand von drei Kriterien:9

  Kriterien                       Definition                                   Beispiel: 180 cm, 80 kg

  BMI oder                        18,5 kg/m2                                  Körpergewicht < 60 kg

  Unbeabsichtigter                > 10 % in den letzten 3 – 6 Monaten         > 8 kg Gewichtsverlust
  Gewichtsverlust oder

  BMI und unbeabsichtigter        < 20,0 kg/m2                                Körpergewicht < 65 kg und
  Gewichtsverlust                 > 5 % in den letzten 3 – 6 Monaten          > 4 kg Gewichtsverlust

Zusätzlich werden beispielsweise eine längere Nüchternperiode oder eine niedrige Serumalbumin-
konzentration als Kriterium für Mangelernährung beschrieben.

              Gut zu wissen:
              Der Body-Mass-Index (BMI) beschreibt das Verhältnis von Körpergewicht zur Körpergröße.
              Er gilt weltweit als Orientierung für das Sollgewicht eines Erwachsenen. Das optimale Gewicht
              sollte zwischen 18,5 und 24,9 kg/m2 liegen.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Diarrhoe4–6, 10

Durchfall ist eine häufige und lästige Nebenwirkung. Von Diarrhoe spricht man bei mehr als 3 Stuhlgängen
breiiger oder wässriger Konsistenz pro Tag. Ursache ist eine Schädigung der Schleimhaut des Magen-Darm-
Trakts, zum Beispiel durch Chemo- oder Strahlentherapie. Durchfall ist auch eine typische Nebenwirkung in der
Immunonkologie.
Mit einfachen ernährungsmedizinischen Maßnahmen können Sie Patienten bei Diarrhoe unterstützen. So
können Nahrungsmittel, die Pektine oder Schleimstoffe enthalten, Toxine binden und deren Wirkung lindern.
Gerbstoffhaltige Tees tragen zur Stabilisierung der gereizten Darmschleimhaut bei.

              Was Sie bei Diarrhoe empfehlen können:4
              • Geriebener ungeschälter Apfel, Bananen, gekochte Karotten, Heidelbeeren
              • Hafer- und Reisschleimsuppe
              • Schwarz-, Fencheltee, Kakao, Schokolade
              • Weißmehlprodukte wie Haferflocken, abgelagertes Weißbrot, Trockengebäck
              • Nudeln, Kartoffeln, geschälter Reis
              • Trockener Käse
              • Guar, Johannisbrotkernmehl

Bei starken Durchfällen sollte die Kost leicht, fett- und ballaststoffarm sein und auf mehrere kleine Mahlzeiten
verteilt werden. Da sich vorübergehend eine Laktoseintoleranz entwickeln kann, sollte die Kost zudem wenig
Milchzucker enthalten.
Raten Sie Ihren Patienten, viel zu trinken und ausreichend Elektrolyte zuzuführen. Hierzu kommen isotone
Getränke infrage, ansonsten stilles Wasser, lang gezogener schwarzer Tee und Kamillen- sowie Fenchel-
tee, eventuell mit etwas Salz und Traubenzucker abgeschmeckt.

              Seien Sie aufmerksam:
              Achten Sie bei immunonkologisch behandelten Patienten auf Durchfall, Bauchschmerzen und / oder
              Schleim oder Blut im Stuhl und geben Sie diese Information an die behandelnden Ärzte weiter. Es
              könnte sich um die Nebenwirkung einer immunvermittelten Dickdarmentzündung (Kolitis) handeln.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Appetitlosigkeit und Geschmackstörungen4–6

Viele Patienten leiden schon zu Beginn der Erkrankung, vor allem aber in späteren Erkrankungsstadien an
Appetitlosigkeit. Sie ist häufig mit vorzeitigem Sättigungsgefühl und Abneigung gegen bestimmte Nahrungs-
mittel verbunden. Zudem haben viele Patienten Geschmackstörungen und nehmen Gerüche verstärkt wahr, vor
allem Lebensmittel- und Essensgerüche. Häufig geht Appetitlosigkeit bei Krebspatienten mit Gewichtsverlust
einher.
Aus ernährungsmedizinischer Sicht können Sie Patienten dazu raten,
ihre Nahrung an Veränderungen anzupassen:

             Was Sie bei Appetitlosigkeit und Geschmacksstörungen empfehlen können:4
             • Appetitanregend eine Stunde vor dem Essen: Aperitifs, Wein oder Bier
             • Kleine Portionen anbieten plus häufige Nahrungszufuhr, auch nachts
             • Mahlzeiten appetitlich anrichten
             • Nahrungsmittel im Hinblick auf geschmackliche Akzeptanz berücksichtigen
             • Starke Essensgerüche vermeiden
             • Gewürzarm kochen und Patient nachwürzen lassen

Legen Sie Patienten nahe, sich eine Atmosphäre beim Essen zu schaffen, die den Appetit fördert:
In angenehmer Gesellschaft und ohne ständigen Blick auf die Uhr isst es sich leichter. Außerdem kann
es sinnvoll sein, die Ernährung unter Berücksichtigung individueller Unverträglichkeiten und Wünsche
des Patienten als „gesteuerte Wunschkost“ zusammenzustellen. Oberstes Ziel ist es, eine ausreichende
Zufuhr von Energie und Nährstoffen zu gewährleisten.

             Beachte:
             Leider kann der Patient häufig seine Abneigung gegen jegliche Nahrung nicht überwinden. Um
             zunehmende Mangelernährung zu vermeiden, kann bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung
             eine zusätzliche künstliche enterale und/oder parenterale Ernährung notwendig werden.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Übelkeit und Erbrechen4–6

Übelkeit und Erbrechen zählen zu den häufigsten Beschwerden, die unter einer onkologischen Therapie – je
nach Medikament in unterschiedlicher Häufigkeit – auftreten. Auch immunonkologisch behandelte Patienten
können über Übelkeit und Erbrechen als Nebenwirkungen klagen. Übelkeit und Erbrechen zu behandeln ist
nicht zuletzt deshalb wichtig, weil sie zu Mangelernährung führen oder diese verschlechtern können.
Raten Sie Patienten, keine besonders süßen, fetthaltigen, blähenden oder stark riechenden Speisen zu
essen. Die Zubereitung der Mahlzeiten sollte auf eine möglichst kurze Zeit begrenzt werden, um Essens-
gerüche zu vermeiden. Außerdem sollte der Essensraum gut belüftet sein.

             Was Sie bei Übelkeit und Erbrechen empfehlen können:4
             • Leichte Kost in vielen kleinen Mahlzeiten
             • Rasches Essen und Trinken vermeiden
             • Während des Essens wenig trinken, da zu viel Flüssigkeit Völlegefühl und Übelkeit erzeugt
             • Keine besonders süßen, fetthaltigen, blähenden oder stark riechenden Speisen anbieten
             • Keine gebundenen Suppen oder Saucen
             • Lieblingsspeisen nicht anbieten, um eine „erlernte Aversion“ gegen diese Speisen zu verhindern
             • Kühle, leicht gewürzte Speisen bevorzugen
             • Trockene, stärkehaltige Nahrungsmittel wie Cracker, Zwieback, Toast verhindern Erbrechen
             • Günstig sind auch kalte Getränke wie Cola

Bei Übelkeit und Erbrechen kann es hilfreich sein, die Art der Mahlzeiten schrittweise anzupassen,
d. h. zunächst eine flüssige, dann eine breiige und schließlich eine leichte Vollkost anzubieten.
Wichtig: Raten Sie Patienten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, vor allem,
wenn sie auf Nahrung verzichten.

             Tipp:
             Die Körperhaltung kann dazu beitragen, Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden: Nach einer Mahl-
             zeit sollte sich der Patient nicht flach hinlegen. Die Kleidung sollte locker sein und vor allem im
             Bereich von Oberkörper und Bauch nicht einengen.
Immunonkologie & Ernährung - Ein Leitfaden für Pfl egekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Onkologie - Pflege Onkologie
Mundschleimhautentzündung4–6

Im Rahmen einer onkologischen, auch immunonkologischen Therapie kann eine schmerzhafte Entzündung der
Schleimhäute in Mund, Rachen, Speiseröhre und im gesamten Magen-Darm-Trakt auftreten (Mukositis, Stomati-
tis). Ursache ist eine Schädigung von Schleimhautzellen durch die Therapie.
Krebspatienten sind aufgrund ihres geschwächten Immunsystems auch anfälliger für Infektionen, die mit einer
Schleimhautentzündung einhergehen können. Außerdem kann die Bestrahlung des Halsbereichs die Speichel-
bildung in den Speicheldrüsen beeinträchtigen und zu Mundtrockenheit führen.
Raten Sie Patienten zu möglichst säurearmen Lebensmitteln, also beispielsweise keine Zitrusfrüchte, To-
maten, Kiwi oder Sauerkonserven. Die Mahlzeiten sollten möglichst wenig gewürzt sein und keine schar-
fen Kanten aufweisen. Ungeeignet ist z. B. hartes Brot. Besser vertragen Patienten Pürees und andere
weiche Speisen.

             Was Sie bei Mundschleimhautentzündung
             empfehlen können
             • Gemüse: Möhren, Blumenkohl, Brokkoli, Spinat, Gurken,
               Zucchini, Avocado, Kohlrabi, Rosenkohl, Rote Bete,
               Spargel, Kartoffeln und Mais
             • Obst: Melonen, Papaya, Birnen, Bananen, reife Mango
               und in Kombination mit Milchprodukten auch Äpfel,
               reife Pfirsiche, Trauben, Blaubeeren
             • Sonstige Speisen: Fisch (gedünstet), Reis, Nudeln,
               Grießbrei, eingeweichte Haferflocken, Eier, die meisten
               Milchprodukte, vor allem Sahne, Joghurt, Crème fraîche

Alle Speisen und Getränke sollten lauwarm genossen werden. Klagen Patienten über offene, schmerzen-
de Stellen in der Mundschleimhaut können Sie vorschlagen, die Nahrung vorübergehend vor dem Verzehr
zu pürieren.

             Tipp:
             Trinken ist für die Feuchtigkeit und Funktionsfähigkeit der Schleimhäute sehr wichtig. Pro Tag
             sollten Patienten mindestens 1,5 Liter Mineralwasser, säurearme Fruchtsaftschorlen und Früchte-
             bzw. Kräutertees trinken. Trinken hilft im Übrigen auch gegen Mundtrockenheit.
Künstliche Ernährung6

Zur künstlichen Ernährung zählen die enterale und die parenterale Ernährung. Wenn onkologischen Patienten
mangelernährt sind, einen Gewichtsverlust erleiden oder keine ausreichende Nahrung zuführen können, sollte
eine enterale Ernährungstherapie, also eine Nahrungszufuhr über den Darm begonnen werden. Dabei gleicht
die enterale Ernährung den Unterschied zwischen der tatsächlichen Aufnahme und dem berechneten Energie-
bedarf aus. Das Vorgehen sollte den Wunsch des Patienten und die Erkrankungssituation berücksichtigen.
Ziel ist es, eine ausreichende Energie- und Nährstoffversorgung zu gewährleisten und die Lebensqualität der
Patienten zu erhöhen.
Als onkologische Pflege- und Fachkraft können Sie sich durch Hinsehen, durch Wiegen und im Gespräch
einen Überblick über die Ernährungssituation des Patienten verschaffen.

  Erforderliche Energiezufuhr

  Ambulante Patienten                                 30 – 35 kcal/kg Körpergewicht pro Tag
                                                      Beispiel 80 kg: 2.400 – 2.800 kcal/Tag

  Bettlägerige Patienten                              20 – 25 kcal/kg Körpergewicht pro Tag
                                                      Beispiel 80 kg: 1.600 – 2.000 kcal/Tag

Formen der künstlichen Ernährung im Überblick
• Enterale Ernährung:
  - Zufuhr von Nahrungssupplementen (Astronautenkost), z. B. geschmacksfreie Pulver aus Proteinen und
    Kohlenhydraten, die Speisen untergemischt werden können oder Nahrungssupplemente mit unterschied-
    lichen Geschmacksrichtungen wie z. B. Vanille, Schokolade, Waldfrucht
  - Künstliche enterale Ernährung: Über Sonden, die im Magen oder Dünndarm (Jejunum) platziert werden,
    kann speziell zubereitete Sondenkost zugeführt werden – bewährt insbesondere bei Patienten mit
    Kopf-Hals-Tumoren
• Parenterale Ernährung:
  - vor allem für Patienten, bei denen Nährstoffe aus der enteralen Ernährung nicht sicher oder überhaupt
    nicht aufgenommen werden, z. B. bei einer Schleimhautentzündung oder einem Passagehindernis jenseits
    des Magens; auch für Patienten, die bereits einen zentralvenösen Zugang haben und die Anlage einer
    Sonde erspart werden soll

             Tipp:
             Als einfache und praktische Form eines Nahrungssupplements zur Energiezufuhr kann
             den Speisen etwas Speiseöl zugefügt werden.
Nah am Patienten.
                                                 Mitten im Team.
                                                 Nützliche Informationen, aktuelle Hinweise und
                                                 Hilfestellungen für Klinik und Praxis.

                                                 www.pflege-onkologie.de
                                                 Ihre Seiten für Pflege- und Fachkräfte in der Onkologie.

                                                                                               QR-Code scannen
                                                                                               und mehr wissen!

Literatur
1. Krebsinformationsdienst. Immunsystem: Bedeutung bei Krebs. https://www.krebsinformationsdienst.de/grundlagen/
    immunsystem.php; abgerufen am 15.04.2017.

                                                                                                                          © Bristol-Myers Squibb, 05/2017. IODE1701879-01 Art. 6157
2. Rubin KM. Understanding Immune Checkpoint Inhibitors for Effective Patient Care. Clin J Oncol Nurs 2015; 19: 709-717.
3. Fay AP, Moreira RB, Nunes Filho PRS, Albuquerque C, Barrios CH. The management of immune-related adverse events
    associated with immune checkpoint blockade. Expert Review of Quality of Life in Cancer Care 2016; 1: 89-97.
4. Bertz H. Ernährung bei chemotherapeutischen Maßnahmen. Onkologe 2016; 22: 262–267.
5. Selig L, Poser K. Ernährungstherapie in der Onkologie. Onkol Pflege 2016; 4: 15-20.
6. Hübner J. Ernährungstherapie bei Tumorpatienten. In: Schleucher N, Barth J, Krämer I, Ritterbusch U, eds. Vademecum
    für die Onkologie Von der Therapie bis zur Pflege. München: Zuckschwerdt Verlag, 2015; p. 214-219.
7. Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. https://www.dge.de/
    ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/; abgerufen am 15.04.2017.
8. Zürcher G. Mangelernährung vorbeugen und behandeln. Heilberufe 2008; 11: 12-16.
9. Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Mangelernährung: Was ist das? http://www.dgem.de/mangelernährung;
    abgerufen am 15.4.2017.
10. Postow MA. Managing immune checkpoint-blocking antibody side effects. Am Soc Clin Oncol Educ Book 2015; 76-83.

Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA
Arnulfstraße 29
80636 München
www.b-ms.de
Sie können auch lesen