Infobrief Steuerrecht für Abgeordnete - Gerhard Specker Wissenschaftliche Dienste

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Wissenschaftliche Dienste

Infobrief

Steuerrecht für Abgeordnete

Gerhard Specker

© 2021 Deutscher Bundestag    WD 4 - 3010 - 089/21
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Steuerrecht für Abgeordnete

Verfasser:                         RR Dr. Gerhard Specker
Aktenzeichen:                      WD 4 - 3010 - 089/21
Abschluss der Arbeit:              25. Oktober 2021
Fachbereich:                       WD 4: Haushalt und Finanzen
Telefon:                           +49 (30) 227 – 38660

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages
bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines sei-
ner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasse-
rinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung.
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Vorwort

Der von den Wissenschaftlichen Diensten herausgegebene Infobrief „Steuerrecht für Abgeord-
nete“ wurde im Jahre 1989 aufgelegt. Die Darstellung trug erstmals die wichtigsten das Steuer-
recht der Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der deutschen Abgeordneten des Euro-
päischen Parlaments betreffenden Regelungen zusammen und wurde offenbar einem bestehen-
den Informationsbedürfnis gerecht. Nachfragen in den vergangenen Jahren zeigen, dass die steu-
erlichen Hinweise nach wie vor auf hohes Interesse stoßen und nicht nur den neu in den Bun-
destag eingetretenen Mitgliedern als erste Orientierungshilfe bei ihren Steuerangelegenheiten
dienen.

In den zurückliegenden Jahren hat sich die Übung verfestigt, zu Beginn einer neuen Wahlperiode
die Darstellung zu aktualisieren. Auch für die 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages wird
daran festgehalten. Die Überarbeitung berücksichtigt die seit der Vorauflage eingetretene Rechts-
entwicklung. Darüber hinaus wurde die Gliederung für eine transparentere Struktur leicht verän-
dert, und es wurden erneut Anregungen und Nachfragen, die eine allgemeine Interessenlage be-
trafen, eingearbeitet.

Der vorliegende Infobrief konzentriert sich auf steuerrechtliche Aspekte und enthält daher nur
begrenzt Informationen darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe be-
stimmte Leistungen erbracht werden. Zur Beantwortung dieser Fragen wird auf die Broschüre
des Referates PM 1 „Leistungen für Abgeordnete“ verwiesen.

Berlin, im November 2021
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Inhaltsverzeichnis

Einleitung                                                                     7

1.        Die steuerliche Behandlung mandatsbezogener Leistungen
          an Mitglieder des Deutschen Bundestages                               9
1.1.       Leistungen an (aktive) Mitglieder des Deutschen Bundestages          9
1.1.1.     Leistungen aufgrund des Abgeordnetengesetzes                         9
1.1.1.1.   Steuerpflichtige Leistungen                                          9
1.1.1.2.   Steuerfreie Leistungen                                               9
1.1.1.2.1. Amtsausstattung gemäß § 12 AbgG                                     10
1.1.1.2.2. Reisekostenvergütung gemäß § 17 AbgG                                14
1.1.1.2.3. Zuschüsse zu den Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen
           („Beihilfe“) oder zu den Kranken- und
           Pflegeversicherungsbeiträgen gemäß § 27 AbgG                        14
1.1.1.2.4. Unterstützung in besonderen Fällen gemäß § 28 AbgG                  14
1.1.2.     Sonstige Einkünfte und geldwerte Vorteile im Zusammenhang mit
           dem Mandat                                                          15
1.1.2.1.   Mandatsbezogene zusätzliche Einkünfte                               15
1.1.2.2.   Mandatsbezogene geldwerte Vorteile                                  16
1.1.2.2.1. Zuwendung geldwerter Vorteile an Abgeordnete mit
           mandatsbezogener Nebentätigkeit                                     16
1.1.2.2.2. Zuwendung geldwerter Vorteile an Abgeordnete ohne
           mandatsbezogene Nebentätigkeit                                      17
1.1.2.2.3. Geldwerte Zuwendungen Dritter                                       18
1.1.3.     Außergewöhnlicher Aufwand von Funktionsträgern                      18
1.2.       Leistungen an ehemalige Mitglieder des Deutschen Bundestages        19
1.2.1.     Steuerpflichtige Leistungen                                         20
1.2.1.1.   Übergangsgeld gemäß § 18 AbgG                                       20
1.2.1.2.   Altersentschädigung und Versorgungsabfindung gemäß §§ 19 bis
           23 AbgG                                                             21
1.2.2.     Steuerfreie Leistungen                                              22
1.2.2.1.   Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträgen gemäß § 27
           AbgG oder zu den Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen
           („Beihilfe“)                                                        22
1.2.2.2.   Einmalige Unterstützungen und laufende Unterhaltszuschüsse
           gemäß § 28 AbgG                                                     23
1.2.2.3.   Nachversicherungsbeiträge gemäß § 23 Abs. 2 AbgG                    23
1.2.3.     Werbungskostenabzug                                                 23
1.3.       Leistungen an Hinterbliebene von Mitgliedern des Deutschen
           Bundestages                                                         23
1.3.1.     Steuerpflichtige Leistungen                                         23
1.3.1.1.   Überbrückungsgeld gemäß § 24 AbgG                                   24
1.3.1.2.   Hinterbliebenenversorgung gemäß §§ 25, 25b AbgG                     24
1.3.1.3.   Sterbegeld gemäß § 26 AbgG i. V. m. § 18 BeamtVG                    25
1.3.2.     Steuerfreie Leistungen                                              25
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1.3.2.1.    Zuschüsse zu den Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen
            („Beihilfe“) sowie zu den Krankenversicherungsbeiträgen gemäß §
            27 AbgG                                                             25
1.3.2.2.    Einmalige Unterstützungen und laufende Unterhaltszuschüsse
            gemäß § 28 AbgG                                                     25
1.3.3.      Werbungskostenabzug                                                 25

2.        Die steuerliche Behandlung mandatsbezogener Leistungen
          an Mitglieder des Europäischen Parlaments                             27
2.1.       Leistungen an (aktive) Mitglieder des Europäischen Parlaments        27
2.1.1.     Leistungen nach dem Abgeordnetenstatut des Europäischen
           Parlaments                                                           27
2.1.1.1.   Steuerpflichtige Leistungen                                          28
2.1.1.2.   Steuerfreie Leistungen                                               28
2.1.1.2.1. Amtsausstattung gemäß Art. 20 Abs. 1 EuAbgSt                         29
2.1.1.2.2. Zuschüsse zu den Kosten in Krankheits-, Schwangerschafts- und
           Geburtsfällen gemäß Art. 18 Abs. 1 EuAbgSt                           29
2.1.1.2.3. Versicherungsschutz zur Deckung der mit dem Mandat
           verbundenen Risiken gemäß Art. 19 Abs. 1 EuAbgSt                     30
2.1.1.2.4. Mitarbeiterbeschäftigung gemäß Art. 21 Abs. 2 EuAbgSt                30
2.1.1.2.5. Nutzung der Dienstfahrzeuge und der Büro- und
           Kommunikationseinrichtungen des Parlaments gemäß Art. 22
           Abs. 1 EuAbgSt                                                       30
2.1.1.2.6. Beiträge zum freiwilligen Pensionsfonds gemäß Art. 27 EuAbgSt        30
2.1.2.     Leistungen nach dem deutschen Europaabgeordnetengesetz               30
2.1.2.1.   Steuerpflichtige Leistungen                                          31
2.1.2.2.   Steuerfreie Leistungen                                               31
2.1.2.2.1. Amtsausstattung gemäß § 10a EuAbgG                                   31
2.1.2.2.2. Einmalige Unterstützungen gemäß § 11 EuAbgG in Verbindung mit
           § 28 AbgG                                                            32
2.2.       Leistungen an ehemalige Mitglieder des Europäischen Parlaments       32
2.2.1.     Leistungen aufgrund des Abgeordnetenstatuts des Europäischen
           Parlaments                                                           32
2.2.1.1.   Übergangsgeld gemäß Art. 9 Abs. 2, Art. 13 EuAbgSt                   32
2.2.1.2.   Ruhegehalt gemäß Art. 9 Abs. 2, Art. 14 und Art. 15 EuAbgSt          32
2.2.2.     Leistungen aufgrund des deutschen Europaabgeordnetengesetzes         33
2.2.3.     Leistungen aus dem freiwilligen Pensionsfonds des Europäischen
           Parlaments                                                           33
2.3.       Leistungen an Hinterbliebene von Mitgliedern des Europäischen
           Parlaments                                                           33
2.3.1.     Leistungen aufgrund des Abgeordnetenstatuts des Europäischen
           Parlaments                                                           33
2.3.2.     Leistungen aufgrund des deutschen Europaabgeordnetengesetzes         34

3.         Allgemeine Regelungen                                                35
3.1.        Wahlkampfkosten                                                     35
3.1.1.      Kosten zur Erlangung eines Mandats im Deutschen Bundestag, im
            Europäischen Parlament oder in einem Landesparlament                35
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3.1.2.      Kosten zur Erlangung eines kommunalen Amtes                    35
3.2.        Sonderausgaben                                                 36
3.2.1.      Vorsorgeaufwendungen                                           36
3.2.1.1.    Altersvorsorge                                                 36
3.2.1.2.    Basiskranken- und Pflegeversicherung                           37
3.2.1.3.    Sonstige Vorsorgeaufwendungen                                  37
3.2.2.      Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien           38
3.2.2.1.    Steuerermäßigung gemäß § 34g EStG                              39
3.2.2.2.    Sonderausgabenabzug gemäß § 10b EStG                           39
3.2.3.      Zuwendungen für gemeinnützige Zwecke                           40
3.2.4.      Zuwendungsbestätigungen                                        40
3.2.5.      Kinderbetreuungskosten                                         41
3.3.        Weitere Aufwendungen                                           41
3.3.1.      Beschäftigung von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen                41
3.3.2.      Patenschaftsprogramm mit den USA                               41
3.3.3.      Aufwendungen für ärztliche Fortbildungsmaßnahmen               42
3.4.        Steuerliche Behandlung von Einnahmen                           42
3.4.1.      Vorbemerkung: Zulässigkeit nach dem Abgeordnetengesetz         42
3.4.2.      Publikationen, Vorträge, Gutachten                             43
3.4.3.      Teilnahme an Talkshows, Interviews                             43
3.4.4.      Aufsichtsräte und andere Funktionsträger/-innen                43
3.4.5.      Beratung, Interessenvertretung oder ähnliche Tätigkeiten       44
3.4.6.      Einkünfte aus weiteren beruflichen Tätigkeiten außerhalb des
            Mandats und aus Beteiligungen                                  45
3.4.7.      Aktienoptionen                                                 45
3.4.8.      Ehrenamtliche kommunalpolitische Tätigkeiten                   46
3.4.9.      Sonstige ehrenamtliche Tätigkeiten                             46
3.5.        Spenden an Abgeordnete und Mandatsbewerber/-innen              47
3.6.        Altersentlastungsbetrag gemäß § 24a EStG                       48
3.7.        Hinweise zum Einkommensteuerverfahren                          49
3.7.1.      Abgabe von Einkommensteuererklärungen                          49
3.7.2.      Aufbewahrungspflichten für Abgeordnete                         50
3.8.        Sonstige Steuern                                               50
3.8.1.      Umsatzsteuer                                                   50
3.8.2.      Zweitwohnungsteuer                                             52

4.         Anlage                                                          54

5.         Literaturverzeichnis                                            55

6.         Stichwortverzeichnis                                            58
Wissenschaftliche Dienste               Infobrief                                                             Seite 7
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Einleitung

Das Grundgesetz legt in Artikel 48 Abs. 3, mithin erst in der letzten Bestimmung des den Deut-
schen Bundestag betreffenden III. Abschnitts fest, dass Abgeordnete „Anspruch auf eine ange-
messene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung“ haben. Die Stellung der Vorschrift spie-
gelt gleichsam wider, dass es historisch betrachtet nicht selbstverständlich ist, Abgeordnete für
ihre Mandatstätigkeit zu entgelten. Es bedurfte hierfür einer längeren Entwicklung. Die hieran
anschließende Frage über die zutreffende steuerrechtliche Einordnung der Entschädigung war
lange offen und wurde schließlich Ende der 1970er Jahre zugunsten der Steuerpflicht entschie-
den.

Zunächst ein kurzer Überblick: Im Deutschen Kaiserreich erhielten die Abgeordneten des Deut-
schen Reichstages für die Ausübung ihres Mandats zunächst keine Geldleistungen. Artikel 32 der
Reichsverfassung von 18711 verbot jede Bezahlung der Abgeordneten, da man das Entstehen ei-
nes „Berufsparlamentarismus“ verhindern wollte. Da in der Folge viele Abgeordnete anderwei-
tige finanzielle Unterstützung erhielten und das Verbot daher ohne Wirkung blieb, wurde es 1906
aufgehoben und eine Entschädigung eingeführt. Diese sollte den Abgeordneten aber nicht zur Fi-
nanzierung ihrer Lebensführung dienen, also keine Besoldung darstellen, sondern lediglich den
mit dem Mandat verbundenen Mehraufwand ausgleichen. Solche Aufwandsentschädigungen
zählten nicht zu dem persönlichen Einkommen und waren daher nach traditionellem Verständ-
nis nicht der Steuer unterworfen. Soweit die Abgeordneten neben dem Mandat eine bezahlte Tä-
tigkeit ausübten, bestanden dafür keine steuerrechtlichen Besonderheiten gegenüber sonstigen
Steuerpflichtigen.

In der Zeit der Weimarer Republik wurde die 1906 eingeführte Aufwandsentschädigung zeit-
weise prozentual an die jeweilige Höhe eines Ministergehalts geknüpft. Dies galt nach zwischen-
zeitlichen Änderungen seit 1958 auch für die Entschädigung der Abgeordneten des Deutschen
Bundestages, die um vielfache Zulagen für einzelne Ämter, ein Übergangsgeld für ausscheidende
Abgeordnete und 1968 schließlich um eine Altersversorgung ergänzt wurde. Obwohl damit die
Ähnlichkeit zu Beamtenbezügen und einem persönlichen Einkommen unübersehbar war, wur-
den diese Leistungen weiterhin formal als „Aufwandsentschädigung“ behandelt und als solche
nicht besteuert.

Mit dem sog. „Diäten-Urteil“ vom 5. November 1975 erklärte das Bundesverfassungsgericht diese
Steuerbefreiung für verfassungswidrig, da „aus der Entschädigung für seinen besonderen, mit
dem Mandat verbundenen Aufwand eine Alimentation des Abgeordneten und seiner Familie aus
der Staatskasse geworden“2 sei. Dieses „Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgeordneten
durch sein zur Hauptbeschäftigung („full-time-job“) gewordenes Mandat“ müsse als Einkommen
„nach Grundsätzen, die für alle gleich sind, der Besteuerung unterworfen werden“. Ein „willkür-

1     Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871, Reichsgesetzblatt 1871, S. 63 ff.

2     Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 5. November 1975, Az.: 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296
      (314, 328).
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liches Steuerprivileg hinsichtlich bestimmter Einkommen [sei] mit Artikel 3 Abs. 1 GG unverein-
bar“.3 Nur soweit die Aufwandsentschädigung noch den wirklich entstandenen, sachlich ange-
messenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand ausgleiche, sei die Steuerbefrei-
ung gerechtfertigt.

Das Abgeordnetengesetz (AbgG)4 stellte die finanziellen Leistungen an Bundestagsabgeordnete
1977 auf eine neue rechtliche Grundlage. Die Abgeordneten erhalten seither zwei Arten von Leis-
tungen: Zum einen die Entschädigungsleistungen (Abgeordnetenentschädigung, Übergangsgeld,
Altersentschädigung und Hinterbliebenenversorgung) und zum anderen die Amtsausstattung
(u.a. die Kostenpauschale). In steuerlicher Hinsicht lässt sich die Abgeordnetentätigkeit den klas-
sischen steuerrechtlichen Kategorien der selbständigen und nichtselbständigen Arbeit nicht ein-
deutig zuordnen. Abgeordnete sind von Verfassungs wegen unabhängig, üben kein Gewerbe oder
eine andere unternehmerische Tätigkeit aus und sind weder Beamte noch Angestellte des Staa-
tes, ihrer Fraktion oder ihrer Partei. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund die Steuer-
pflicht von Entschädigungsleistungen in einem speziellen Einkünftetatbestand als sonstige Ein-
künfte nach § 22 Nr. 4 EStG5 qualifiziert. Dagegen ist die Amtsausstattung steuerfrei.6

§ 22 Nr. 4 EStG betrifft nur die Leistungen an die Abgeordneten und deren Hinterbliebene, die
aufgrund des Abgeordnetengesetzes gezahlt werden. Für besondere mit dem Mandat zusammen-
hängende Tätigkeiten werden oftmals darüber hinaus Leistungen gewährt, z. B. Funktionszulagen
für Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer/-innen. Sie werden aber nicht
aufgrund des Abgeordnetengesetzes gezahlt und unterliegen daher ebenso wie die Einkünfte, die
die Abgeordneten unabhängig von ihrem Mandat erzielen, den allgemeinen steuerlichen Regeln.

Dieser Grundstruktur der steuerlichen Behandlung folgt der Aufbau des vorliegenden Infobriefs.
Im ersten Abschnitt werden die Steuerfragen im Zusammenhang mit mandatsbezogenen Leistun-
gen an aktive und ehemalige Abgeordnete sowie an deren Hinterbliebene beschrieben. Der zweite
Abschnitt behandelt die steuerlichen Angelegenheiten der Mitglieder des Europäischen Parla-
ments. Im dritten Abschnitt werden schließlich mit Blick auf die allgemeinen steuerlichen Rege-
lungen im Zusammenhang mit dem Mandat stehende weitere Sachverhalte erörtert.

3     BVerfGE 40, 296 (314, 328).

4     Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar
      1977, Bundesgesetzblatt (BGBl.) I, S. 297; aktuelle Fassung: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder
      des Deutschen Bundestages vom 21. Februar 1996, BGBl. I, S. 326, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Ver-
      besserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrah-
      mens des § 108e des Strafgesetzbuches vom 8. Oktober 2021, BGBl. I, S. 4650.

5     Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009, BGBl. I, S. 3366, zuletzt ge-
      ändert durch Art. 27 des Gesetzes über die Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten und zur Neuordnung
      des Soldatenversorgungsrechts vom 20. August 2021, BGBl. I, S. 3932.

6     Zur geschichtlichen Entwicklung der Besteuerung der Abgeordnetenbezüge Stalbold S. 36 ff.
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1.       Die steuerliche Behandlung mandatsbezogener Leistungen an Mitglieder des Deutschen
         Bundestages

1.1. Leistungen an (aktive) Mitglieder des Deutschen Bundestages

1.1.1.         Leistungen aufgrund des Abgeordnetengesetzes

Zu unterscheiden ist zwischen der zu versteuernden Entschädigung mit Alimentationscharakter
und den steuerfreien Leistungen der Amtsausstattung, der Reisekostenvergütung, speziellen Zu-
schüssen und einmaligen Unterstützungen.

1.1.1.1.       Steuerpflichtige Leistungen

Folgende Leistungen, die Abgeordnete während ihrer Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag
nach dem Abgeordnetengesetz erhalten, sind als sonstige Einkünfte steuerpflichtig (§ 22 Nr. 4
Satz 1 EStG):

     – die monatliche Abgeordnetenentschädigung gemäß § 11 Abs. 1 AbgG,

     – die Amtszulage des Präsidenten/ der Präsidentin des Deutschen Bundestages gemäß § 11
       Abs. 2 AbgG

         sowie

     – die Amtszulagen der Stellvertreter/-innen des Präsidenten/ der Präsidentin, der Vorsitzen-
       den der Ausschüsse und der Untersuchungsausschüsse, der Enquete-Kommissionen sowie
       des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß § 11 Abs. 2 AbgG.

Der Auszahlungsbetrag der Abgeordnetenentschädigung und der Amtszulage vermindert sich zur
Kostendämpfung in Ansehung der zu den Kosten in Pflegefällen nach § 27 AbgG gewährten Zu-
schüsse seit 1995 an um ein Dreihundertfünfundsechzigstel (§ 11 Abs. 3 AbgG). Zu versteuern ist
der dadurch reduzierte Auszahlungsbetrag.7

Die Steuerpflicht der Abgeordneten bezüglich dieser Leistungen besteht auch, wenn ihr Wohn-
sitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland liegt oder dorthin verlegt wird (§ 1 Abs. 4, § 49
Abs. 1 Nr. 8a EStG).

1.1.1.2.       Steuerfreie Leistungen

Steuerfreie Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz sind:

     – die Amtsausstattung gemäß §§ 12, 16 AbgG,

7        Die Abgeordnetenentschädigung beträgt ab dem 1. Juli 2021 10.012,89 €, § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 AbgG i. V. m.
         BT-Drucksache 19/28929 vom 26. April 2021. Der reduzierte Auszahlungsbetrag beläuft sich seitdem auf
         9.985,46 €.
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     – die Reisekostenvergütung gemäß § 17 AbgG,

     – die Zuschüsse zu den Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen („Beihilfe“) bzw. zu
       den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen gemäß § 27 AbgG

          sowie

     – einmalige Unterstützungen gemäß § 28 AbgG.

1.1.1.2.1. Amtsausstattung gemäß § 12 AbgG

Jedes Mitglied des Deutschen Bundestages erhält zur Abgeltung seiner durch das Mandat veran-
lassten Aufwendungen eine sogenannte Amtsausstattung als Aufwandsentschädigung, die Geld-
und Sachleistungen umfasst. Sowohl Geld- als auch Sachleistungen sind als Aufwandsentschädi-
gung im Sinne des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG insgesamt steuerfrei. Ihre Steuerfreiheit folgt daraus,
dass die Bezüge durch das Abgeordnetengesetz als Aufwandsentschädigung festgesetzt und so
auch im Haushaltsplan ausgewiesen werden.

Die im Rahmen der Amtsausstattung gewährten Geldleistungen umfassen:

a)       die monatliche Kostenpauschale gemäß § 12 Abs. 2 AbgG8, die jährlich angepasst wird.9 Der
         Nachweis tatsächlich entstandener Kosten ist nicht erforderlich.

         Die Kostenpauschale dient insbesondere dem Ausgleich von:

     -     Bürokosten (Miete, Nebenkosten, Inventar, Büromaterial, Medien, Literatur, Porto) zur
           Einrichtung und Unterhaltung von Wahlkreisbüros außerhalb des Sitzes des Deutschen
           Bundestages,

8         Die Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale ist in der Literatur umstritten. Insbesondere werden
          gleichheitsrechtliche Einwände dagegen erhoben, siehe Stalbold S. 48 ff.; Tipke FR 2006, 949 ff.; Drysch DStR
          2008, 1217; Schenkel S. 54 ff.; Tipke/Lang/Hey Rn. 8.541. Für die Verfassungsmäßigkeit der Kostenpauschale
          Waldhoff, Rechtsgutachten, S. 13 ff. und Waldhoff, FR 2007, 225 ff. Eine Klage auf Gleichbehandlung anderer
          Steuerpflichtiger hatte der Bundesfinanzhof (BFH) abgewiesen (Bundessteuerblatt (BStBl.) II 2008, 928 ff.), ohne
          die Frage dem BVerfG zur Prüfung vorzulegen (kritisch dazu Desens DStR 2009, 727 (732); Englisch NJW 2009,
          894 (896 f.)). Der BFH ließ dabei aber offen, ob und inwieweit die steuerfreie Kostenpauschale verfassungsrecht-
          lichen Anforderungen genügt. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde (Az.: 2 BvR
          2227/08; 2 BvR 2228/08) wurde vom BVerfG durch Beschluss vom 26. Juli 2010 nicht zur Entscheidung ange-
          nommen. Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Urteil vom 12. Dezember 2018, Az.: 7 K 128/15, eine
          Übertragbarkeit der Abgeordnetenpauschale auf andere Steuerpflichtige ebenfalls verneint, ohne über die Ver-
          fassungsmäßigkeit der Kostenpauschale zu entscheiden; die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde
          wurde vom BFH durch Beschluss vom 13. November 2019, Az.: VIII B 42/19, BFH/NV 2020, 234, als unzulässig
          verworfen.

9         Die Kostenpauschale beträgt seit dem 1. Januar 2021 4.560,59 € (BAnz AT 02.11.2020 B1); es handelt sich um
          eine indexierte Pauschale, die sich alljährlich den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten anpasst.
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     -     Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung am Sitz des Bundestages und bei
           Reisen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland,

     -     Fahrtkosten für Fahrten in Ausübung des Mandats innerhalb der Bundesrepublik
           Deutschland, soweit sie nicht gesondert gemäß § 16 und § 17 AbgG erstattet werden, und

     -     sonstigen Kosten für andere mandatsbedingte Aufwendungen (Repräsentation, Einladun-
           gen, Wahlkreisbetreuung usw.), die auch sonst nicht aus dem der Lebensführung dienen-
           den beruflichen Einkommen zu bestreiten sind.

         Da die mandatsbezogenen Aufwendungen der Abgeordneten in der Regel durch die steuer-
         freie, pauschalisierte Aufwandsentschädigung abgegolten sind, können gemäß § 22 Nr. 4
         Satz 2 EStG keine durch das Mandat bedingten Aufwendungen als Werbungskosten geltend
         gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn die tatsächlichen Aufwendungen die Aufwands-
         entschädigung übersteigen. Im umgekehrten Fall verbleibt der Mehrbetrag den Abgeordne-
         ten.10

         Abweichend hiervon können Aufwendungen von Abgeordneten für die Durchführung eines
         Wahlprüfungsverfahrens als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften berücksichtigt
         werden, wenn sie nicht vom Anwendungsbereich der steuerfreien Kostenpauschale erfasst
         sind.11

         Die Nutzung des Werbungskostenpauschbetrags nach § 9a EStG in Höhe von 1.000 € („Ar-
         beitnehmerpauschbetrag“) ist im Übrigen bereits deshalb ausgeschlossen, weil Abgeordnete
         keine Arbeitnehmer sind. Spenden, Partei- und Fraktionsbeiträge können aber unter Um-
         ständen zu einer Steuerermäßigung gemäß § 34g Satz 1 Nr. 1 EStG oder zum Abzug als Son-
         derausgaben nach § 10b Abs. 2 EStG führen.12

         Eine Ausnahme vom Abzugsverbot gilt nur, soweit Abgeordneten kein Anspruch auf die
         Kostenpauschale zusteht, was gemäß § 13 AbgG der Fall ist, wenn sie in den letzten drei Mo-
         naten einer Wahlperiode in den Deutschen Bundestag eintreten und dieser seine Tätigkeit
         bereits abgeschlossen hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn die letzte Sitzungswoche vor
         den Neuwahlen abgelaufen ist.13 Dann entfällt das Abzugsverbot des § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG.
         Betroffene Abgeordnete können die ihnen noch entstehenden Aufwendungen bei der Ermitt-
         lung ihrer Einkünfte steuermindernd berücksichtigen.14

10        Schenkel S. 104; kritisch Hoven ZParl 2008, 233 (239 f.).

11        Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Juni 2012, Az. 12 K 12096/09, EFG 2012, 1725.

12        Zur Berücksichtigung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen siehe Abschnitte 3.2.2. und 3.5.

13        Braun/Jantsch/Klante § 32 Rn. 2.

14        BeckOK EStG/Hütte § 22 Rn. 663.
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     b)   den Ersatz von Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern/ Mitarbeiterin-
          nen gemäß § 12 Abs. 3 AbgG15, bei dem - im Gegensatz zur Kostenpauschale - gegenüber
          der Bundestagsverwaltung nachzuweisen ist, dass die Aufwendungen tatsächlich ent-
          standen sind.

          Gemäß § 12 Abs. 3a AbgG16 ist die Erstattung für Tätigkeiten der Mitarbeiter/ Mitarbeite-
          rinnen, die nicht der Unterstützung bei der Erledigung der parlamentarischen Arbeit die-
          nen und deshalb nicht in der Arbeitszeit ausgeübt werden dürfen, ausgeschlossen. Bei
          Verstößen hiergegen kann das Präsidium ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der Hälfte der
          jährlichen Abgeordnetenentschädigung festsetzen.

     c)   die Erstattung von Kosten für Flüge, Schlafwagen und sonstige schienengebundene Be-
          förderungsmittel außerhalb des öffentlichen Personennahverkehrs gegen Nachweis bei
          Mandatsreisen im Inland gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 2
          AbgG,

     d) die monatliche Amtsaufwandsentschädigung für den Präsidenten/ die Präsidentin und
        die Vizepräsidenten/ die Vizepräsidentinnen des Deutschen Bundestages gemäß § 12
        Abs. 5 AbgG,

     e)   die „sonstigen Leistungen“ gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 5 AbgG nach Maßgabe des Haushalts-
          gesetzes und der vom Ältestenrat erlassenen Ausführungsbestimmungen.17

Als steuerfreie Sachleistungen werden im Rahmen der Amtsausstattung gemäß § 12 AbgG ge-
währt:

     a)   die Bereitstellung eines eingerichteten Büros am Sitz des Deutschen Bundestages nebst
          Büro- und Geschäftsbedarf gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 1 AbgG,

     b)   die freie Benutzung aller Verkehrsmittel der Deutschen Bahn AG gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 2
          in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 AbgG.

          Dies schließt die private Nutzung ein, die ebenfalls gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG nicht
          steuerpflichtig ist. Dagegen bestehen keine gleichheitsrechtlichen Bedenken, da Abge-
          ordnete in der Regel eine erhebliche Anzahl mandatsbedingter Fahrten durchführen und
          auch bei Arbeitnehmern die private Mitbenutzung durch den Arbeitgeber zur Verfügung

15    Vgl. die vom Ältestenrat erlassenen „Rechtsvorschriften für den Ersatz von Aufwendungen, die den Mitgliedern
      des Deutschen Bundestages durch die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entstehen“, abruf-
      bar unter: https://www.bundestag.btg/ButagVerw/P/M/2/Ausfuehrungsbestimmungen.pdf

16    Abs. 3a eingefügt durch Art. 1 des Einunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 14.
      November 2020, BGBl. I, S. 2394.

17    Zu den sonstigen Leistungen zählen z. B. die Erstattung von Kosten für Sicherheitsmaßnahmen an Wohnungen
      der Abgeordneten und die Inanspruchnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, vgl.
      Braun/Jantsch/Klante § 12 Rn. 65; Birk, Rechtsgutachten S. 3.
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          gestellter Fahrkarten nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führt, wenn der berufliche
          Anteil der Fahrten den Wert der Fahrkarte erreicht, weil dann kein steuerpflichtiger
          geldwerter Vorteil verbleibt.18

     c)   die freie Benutzung der Dienstfahrzeuge des Deutschen Bundestages (Fahrdienst) zu
          mandatsbezogenen Zwecken im Stadtgebiet von Berlin einschließlich des Flughafens
          Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (§ 12 Abs. 4 Nr. 3 AbgG).

     d) die personengebundenen Dienstfahrzeuge für Mitglieder des Präsidiums.

          Ein Mitglied des Bundestages, dem ein Dienstwagen des Bundes zur ausschließlichen
          Nutzung zur Verfügung steht, erhält eine um 25 Prozent verminderte Kostenpauschale
          (§ 12 Abs. 6 AbgG). Dies betrifft neben den Mitgliedern des Präsidiums z. B. auch die
          Mitglieder der Bundesregierung mit Mandat und die Parlamentarischen Staatssekretäre/
          Parlamentarischen Staatssekretärinnen. Die Nutzung für Dienstfahrten und für Mandats-
          fahrten ist nicht steuerpflichtig.

          Steuerpflichtig sind dagegen Privatfahrten. Der Vorteil aus einer ausschließlich privaten
          Nutzung personengebundener Dienstwagen ist als Teil der Entschädigung nach § 22
          Nr. 4 EStG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 AbgG zu versteuern.19 Die Bewertung des geld-
          werten Vorteils kann durch die Methode der pauschalen Nutzungswertermittlung (1 %-
          Methode) auf Basis des Listenpreises des Dienstfahrzeugs pauschal erfolgen. Dabei ist
          die private Nutzung eines Fahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent beruflich genutzt wird,
          für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises anzusetzen. Für
          Elektrofahrzeuge gelten verschiedene Reduzierungen des Listenpreises. So ist für Elekt-
          rofahrzeuge, die keine Kohlendioxidemission je gefahrenen Kilometer haben und bei de-
          nen der Bruttolistenpreis nicht mehr als 60.000 € beträgt, der Listenpreis nur zu einem
          Viertel anzusetzen.20

          Alternativ zur 1 %-Methode ist nach der Methode der individuellen Nutzungswerter-
          mittlung (Fahrtenbuchmethode) ein Fahrtenbuch mit Nennung unter anderem von Ziel,
          Zweck und Gesprächspartner jeder Fahrt zu führen, um steuerfreie und steuerpflichtige
          Fahrten individuell voneinander abgrenzen zu können.21 Auch dabei sind für Elektro-
          fahrzeuge reduzierte Aufwendungen für die Berechnung des geldwerten Vorteils anzu-
          setzen.

18    Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, „Nutzung der Jahresnetzkarte der Deutschen Bahn
      AG durch Abgeordnete – Steuerliche Auswirkungen bei privater Nutzung“, 2012, Az. WD 4 - 3000 - 275/12, WD
      3 - 3000 - 319/12; Antwort der Bundesregierung vom 27. Februar 2018, BT-Drucksache 19/1039 vom 2. März
      2018, S. 15.

19    Braun/Jantsch/Klante § 12 Rn. 74; OFD Niedersachen vom 15. April 2010, S 2257a – 4 – St 236, BeckVerw
      238032.

20    Siehe im Einzelnen § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, dazu näher Schmidt/Kulosa § 6 Rn. 549 f.

21    Siehe R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Lohnsteuer-Richtlinien 2015 (LStR 2015) vom 10. Dezember 2007, BStBl. I Sondernum-
      mer 1, zuletzt geändert durch Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2021 vom 3. Juni 2021, BStBl. I S. 776.
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     e)   die Nutzung des gemeinsamen Informations- und Kommunikationssystems des Deut-
          schen Bundestages gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 4 AbgG.

1.1.1.2.2. Reisekostenvergütung gemäß § 17 AbgG

Für von dem Präsidenten/ der Präsidentin des Deutschen Bundestages genehmigte Dienstreisen
erhalten Abgeordnete gemäß § 17 AbgG eine gesonderte Reisekostenvergütung, die die Kosten
abdecken soll, die zusätzlich zur freien Nutzung der Verkehrsmittel der Deutschen Bahn AG und
zu den bereits genannten Erstattungen von Kosten für Flug und Schlafwagen anfallen. Sie um-
fasst gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 AbgG auf Antrag die Erstattung von Übernachtungsgeld und
Fahrtkosten. Bei Auslandsdienstreisen wird darüber hinaus gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 AbgG auf
Antrag ein Tage- und Übernachtungsgeld gezahlt.

Die Reisekostenvergütung wird nicht als Aufwandsentschädigung festgesetzt und ist daher nicht
gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 13 EStG steu-
erfrei. Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind daher nur
insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Abs. 4a EStG nicht übersteigen.

1.1.1.2.3. Zuschüsse zu den Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen („Beihilfe“) oder
           zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen gemäß § 27 AbgG

Die Mitglieder des Bundestages erhalten gemäß § 27 Abs. 1 AbgG einen Zuschuss zu den tatsäch-
lichen Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen in sinngemäßer Anwendung der für
Bundesbeamte geltenden beihilferechtlichen Vorschriften. Alternativ erhalten sie gemäß § 27
Abs. 2 und 3 AbgG auf Antrag einen Zuschuss zu ihren gesetzlichen oder privaten Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträgen.

Die Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sind gemäß § 22 Nr. 4 Satz 4
lit. a EStG in Verbindung mit § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei.22 Soweit statt der genannten Zuschüsse
Beihilfeleistungen in Anspruch genommen werden, sind auch diese gemäß § 3 Nr. 11 EStG steu-
erfrei.23

1.1.1.2.4. Unterstützung in besonderen Fällen gemäß § 28 AbgG

Der Präsident/ die Präsidentin des Deutschen Bundestages kann Abgeordneten in besonderen
Fällen eine einmalige Unterstützung gemäß § 28 AbgG gewähren. Ein besonderer Fall ist dann
anzunehmen, wenn ein Mitglied des Bundestages sich in einer einmaligen oder dauerhaften
mandatsbedingten finanziellen Notlage befindet, die nicht durch Leistungen nach den §§ 11 ff.
AbgG (etwa die Kostenpauschale) abgedeckt wird. Die Notlage muss zudem geeignet sein, die po-
litische und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Abgeordneten zu gefährden.24

22    Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon/Wirfler, „Abgeordnete“, Rn. 8.

23    BFH, Urteil vom 19. April 2021, Az. VI R 8/19, NJW 2021, 2758.

24    Austermann/Schmahl/Austermann § 28 Rn. 4.
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Die Leistungen nach § 28 AbgG sind nicht zu versteuern, da sie von der abschließenden Aufzäh-
lung des § 22 Nr. 4 EStG nicht erfasst sind und keinen Einkünftetatbestand erfüllen.25

1.1.2.         Sonstige Einkünfte und geldwerte Vorteile im Zusammenhang mit dem Mandat

Anders als Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz werden sonstige mandatsbezogene Ein-
künfte, Zuwendungen und geldwerte Vorteile nicht vom sachlichen Geltungsbereich der speziel-
len Regelung des § 22 Nr. 4 EStG erfasst. Sie unterfallen daher den allgemeinen einkommensteu-
erlichen Regelungen (siehe näher Abschnitt 3.4. zu weiteren Einkünften).

1.1.2.1.       Mandatsbezogene zusätzliche Einkünfte

Es gibt eine Reihe von Tätigkeiten und Funktionen, die nur in Verbindung mit dem Mandat
wahrgenommen werden können und für die eine besondere Vergütung gezahlt wird.26 Dies sind
z.B. die Funktionen der Fraktionsvorsitzenden, der Parlamentarischen Geschäftsführer/-innen27,
der Vorsitzenden von Arbeitskreisen oder Arbeitsgruppen der Fraktionen und das Amt eines Par-
lamentarischen Staatssekretärs/ einer Parlamentarischen Staatssekretärin.

Vergütungen für diese Tätigkeiten werden nicht aufgrund des Abgeordnetengesetzes geleistet. Sie
sind nach den allgemeinen Regeln einkommensteuerpflichtig.28 Daher gilt das Werbungskosten-
abzugsverbot gemäß § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG dafür nicht und somit können Aufwendungen im Zu-
sammenhang mit diesen Tätigkeiten von den hieraus erzielten Einnahmen als Werbungskosten
abgezogen werden. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kann daher der Arbeitnehmer-
pauschbetrag in Höhe von 1.000 € berücksichtigt werden, wenn nicht höhere Werbungskosten
nachgewiesen werden.

Abgeordnete, die zugleich Minister/ Ministerin oder Parlamentarischer Staatssekretär/ Parla-
mentarische Staatssekretärin sind und für ihr Regierungsamt Bezüge erhalten, erzielen damit
steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Vergü-
tungen für die Ausübung der oben genannten Funktionen in der Fraktion führen ebenfalls zu
steuerpflichtigen Einkünften. Dabei handelt es sich in der Regel um sonstige Einkünfte gemäß
§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG (Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen); nur wenn es sich um überwie-
gend verwaltende Tätigkeiten handelt, liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vor.29

25       Austermann/Schmahl/Austermann § 28 Rn. 12.

26       Zu den Funktionszulagen siehe das erste „Diäten-Urteil“ von 1975 (BVerfGE 40, 296 ff.) und das „Zulagen-Ur-
         teil“ von 2000 (BVerfGE 102, 224 ff.). Weitergehende Informationen bei Schenkel S. 114 ff.

27       Vertiefend hierzu Hölscheidt S. 615; Lohr DStR 1997, 1230 (1231).

28       Vgl. R 22.9 Einkommensteuer-Richtlinien 2012 (EStR 2012), zuletzt geändert durch Einkommensteuer-Ände-
         rungsrichtlinien 2012 vom 25. März 2013, BStBl. I, S. 276.

29       Siehe Brandis/Heuermann/Nacke § 22 EStG Rn. 175; Schenkel S. 113 f.; Lohr DStR 1997, 1230 (1231) mit Hin-
         weis auf OFD Hannover vom 24. Februar 1994, BeckVerw 459518.
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Fließen den Abgeordneten darüber hinaus Einkünfte aus anderen als den oben genannten Tätig-
keiten zu, die nicht im Zusammenhang mit ihrer parlamentarischen Tätigkeit stehen, ist nach
den allgemeinen einkommensteuerlichen Regeln im Einzelfall zu prüfen, zu welcher Einkunftsart
(zum Beispiel Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit oder aus nichtselbststän-
diger Arbeit) diese Einkünfte gehören.30

1.1.2.2.     Mandatsbezogene geldwerte Vorteile31

Geldwerte Vorteile sind alle wirtschaftlichen Vorteile, die einen in Geld ausdrückbaren Wert be-
sitzen und den Empfänger objektiv bereichern, z.B. Mahlzeiten, Waren, Dienstleistungen und
sonstige Sachbezüge.32 Da entsprechende Vorteile zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des
Mandatsträgers führen, gilt auch hier der Grundsatz, dass unabhängig von der rechtlichen Zuläs-
sigkeit der Zuwendungen im Einzelfall ein geldwerter Vorteil zu versteuern ist, wenn die Zuwen-
dung im Rahmen einer steuerbaren Tätigkeit erfolgt und durch diese veranlasst ist. Weisen sie
keinen Zusammenhang zu einer steuerbaren Tätigkeit auf, kann es sich um Spenden handeln
(siehe dazu 3.5.).

Bezüglich der steuerrechtlichen Beurteilung ist zwischen Zuwendungen an Abgeordnete mit
oder ohne mandatsbezogener Nebentätigkeit zu differenzieren. Zudem ist die Frage der Steuer-
pflicht letztlich anhand des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden, weshalb die folgenden Aus-
führungen lediglich allgemeine Anhaltspunkte darstellen können.

1.1.2.2.1. Zuwendung geldwerter Vorteile an Abgeordnete mit mandatsbezogener Nebentätig-
           keit

Erfüllen mandatsbezogene Nebentätigkeiten von Abgeordneten einen Einkünftetatbestand (siehe
1.1.2.1.), gehören auch geldwerte Zuwendungen, die für diese Tätigkeiten gewährt werden, zu
den steuerpflichtigen Einnahmen. So zählen geldwerte Zuwendungen, die Abgeordnete mit zu-
sätzlichen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit für mandatsbezogene Nebentätigkeiten
(z.B. Regierungsämter) erhalten, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn dadurch private Aus-
gaben gespart werden und die Zuwendungen durch das Dienstverhältnis veranlasst sind.33 Ein
Veranlassungszusammenhang ist dann anzunehmen, wenn der Empfangende den zugewendeten
Vorteil „wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachtet“.34 Eine Er-
fassung als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 4 EStG scheidet aus, da diese Leistungen nicht auf
dem Abgeordnetengesetz beruhen.

30    Siehe Lohr DStR 1997, 1230 ff. und Abschnitt 3.4.

31    Bzgl. der Einnahmen im Zusammenhang mit einer sonstigen beruflichen Tätigkeit oder einem gleichzeitig aus-
      geübten kommunalen Amt siehe Abschnitte 3.4.6. und 3.4.8.

32    Brandis/Heuermann/Ettlich § 8 EStG Rn. 13.

33    BFH BStBl. II 1993, 39 (41).

34    BFH BStBl. II 1996, 545 f.
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Solche geldwerten Vorteile liegen z.B. bei der Ausrichtung eines Geburtstagsempfangs für einen
Minister/ eine Ministerin durch die Bundesregierung vor. Werden die Kosten für diese Veranstal-
tungen vom öffentlichen Arbeitgeber getragen, so handelt es sich um einkommensteuerpflichtige
Sachzuwendungen. Wenn z.B. ein Minister/ eine Ministerin eine dienstliche Reise in mehr als
geringfügigem Umfang mit einem privaten Urlaub verbindet, sind die beruflich veranlassten Auf-
wendungen von den privaten Aufwendungen zu trennen. Soweit auch die Kosten für den privat
veranlassten Teil vom öffentlichen Arbeitgeber übernommen wurden, handelt es sich wiederum
um steuerpflichtige Einnahmen. Das gilt auch, wenn die Zuwendungen von dritter Seite erfolgen
und der Begünstigte davon ausgeht, dass damit seine politische Tätigkeit gewürdigt wird und
sich die Zuwendung so als „Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber“35 darstellt.

1.1.2.2.2. Zuwendung geldwerter Vorteile an Abgeordnete ohne mandatsbezogene Nebentätig-
           keit

Bei der steuerrechtlichen Einordnung geldwerter Vorteile außerhalb einer mandatsbezogenen Ne-
bentätigkeit ist zwischen Zuwendungen mit und ohne gegenseitigem Charakter zu unterscheiden.

Handelt es sich um Vorteile, die eine Gegenleistung für eine konkrete Leistung oder ein Leis-
tungsversprechen der oder des Abgeordneten darstellen, sind sie als sonstige Einkünfte gemäß
§ 22 Nr. 3 Satz 1 EStG steuerpflichtig (Einkünfte aus sonstigen Leistungen). Es handelt sich nicht
um Einkünfte aus § 22 Nr. 4 EStG, da dieser Tatbestand nur Leistungen aufgrund des Abgeordne-
tengesetzes umfasst36. Unbeschadet dieser steuerrechtlichen Einordnung ist jedoch zu beachten,
dass es Abgeordneten gemäß § 44a Abs. 2 Satz 1 AbgG nicht gestattet ist, für die Ausübung des
Mandats andere als die gesetzlich vorgesehenen Zuwendungen oder andere Vermögensvorteile
anzunehmen. Unzulässig ist nach § 44a Abs. 2 Satz 2 AbgG insbesondere die Annahme von Geld
oder geldwerten Zuwendungen, die erkennbar37 deshalb gewährt werden, weil dafür die Vertre-
tung und Durchsetzung von Interessen der leistenden Person im Bundestag erwartet wird (siehe
dazu näher Abschnitt 3.4.1.).

Fehlt der Gegenleistungscharakter, wie etwa bei annahmefähigen Spenden (siehe dazu 3.5.), lie-
gen keine steuerbaren Einkünfte vor. In Betracht kommt hier lediglich eine Schenkungsteuer-
pflicht nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)38. Für Zuwendungen an
politische Parteien gilt dagegen eine Befreiung von der Schenkungsteuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 18 lit. a
ErbStG; siehe zur Abgrenzung Abschnitt 3.5.).

35    BFH BStBl. II 1996, 545 f.

36    R 22.9 Satz 1 EStR 2012.

37    Durch Ersetzung des Wortes „nur“ durch das Wort „erkennbar“ im Gesetzeswortlaut soll klargestellt werden,
      dass die Annahme auch bei mehreren Beweggründen unzulässig ist. Voraussetzung ist aber, dass die (Teil-)Ab-
      sicht des Leistenden für das Mitglied des Bundestages erkennbar ist, siehe BT-Drucksache 19/30492 vom 9. Juni
      2021, S. 21.

38    Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) vom 27. Februar 1997, BGBl. I, S. 378, zuletzt geändert
      durch Art. 8 des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzge-
      setzes (StiftRVEG) vom 16. Juli 2021, BGBl. I, S. 2947.
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1.1.2.2.3. Geldwerte Zuwendungen Dritter

Soweit Abgeordnete aus mandatsbezogenen Nebentätigkeiten steuerpflichtige Einkünfte erzielen
(siehe 1.1.2.1.), können geldwerte Zuwendungen auch dann zu den steuerpflichtigen Einnahmen
gehören, wenn sie von Dritten gewährt werden. Voraussetzung ist, dass die Zuwendung durch
die steuerpflichtige Tätigkeit veranlasst ist. Dies gilt etwa bei geldwerten Vorteilen durch Dritte
an Parlamentarische Staatssekretäre/ Parlamentarische Staatssekretärinnen oder Minister/-innen.
Da die Einkünfte aus diesen Regierungstätigkeiten dem § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unterliegen,
sind geldwerte Vorteile aus Anlass dieser nichtselbständigen Tätigkeit vom Einkünftetatbestand
des § 19 Abs. 1 EStG erfasst. Die Rechtsprechung des BFH stellt bei der Bewertung der Steuer-
pflicht von geldwerten Vorteilen Dritter auf die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Vorteilsge-
währung ab. Ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten schließt die Annahme
von Arbeitslohn in der Regel aus.39

Geldwerte Zuwendungen von Dritten, die nicht durch eine einkommensteuerbare Tätigkeit ver-
anlasst sind, sind nicht einkommensteuerpflichtig. Für derartige Zuwendungen kann sich allen-
falls eine Schenkungsteuerpflicht ergeben (siehe dazu näher 3.5.).

Erhalten Abgeordnete geldwerte Zuwendungen von Dritten zur Teilnahme an Veranstaltungen
zur politischen Information, zur Darstellung der Standpunkte des Deutschen Bundestages oder
seiner Fraktionen oder als Repräsentant des Deutschen Bundestages (z.B. Einladungen zu Exper-
tengesprächen, Konferenzen, Kultur- und Sportveranstaltungen, Parlamentarischen Abenden,
Sommerfesten, Messen u.ä. mit freiem Eintritt, Bewirtung und der Übernahme von Reise- und
Übernachtungskosten), sind diese Zuwendungen im Rahmen ihrer Mandatstätigkeit zulässig
(siehe § 48 Abs. 5 Nr. 2 AbgG, wonach sie nicht den Restriktionen für Spenden unterliegen). Sol-
che Zuwendungen bleiben grundsätzlich steuerfrei. § 22 Nr. 4 EStG bezieht sie nicht in die sons-
tigen Einkünfte aus der Abgeordnetentätigkeit ein (anders als zum Beispiel § 19 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 EStG für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit). Auch andere Einkünftetatbestände
sind nicht einschlägig, solange die Abgeordneten dabei die oben genannten Zwecke und keine
anderen selbständigen Erwerbszwecke im Rahmen steuerpflichtiger Nebentätigkeiten verfolgen.
Es kann sich für derartige Zuwendungen daher allenfalls eine Schenkungsteuerpflicht ergeben.40

1.1.3.         Außergewöhnlicher Aufwand von Funktionsträgern

Der Haushaltsplan sieht für

     – den Präsidenten/ die Präsidentin des Deutschen Bundestages,

     – die Vizepräsidenten/ die Vizepräsidentinnen des Deutschen Bundestages und

     – die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Ausschüsse und Enquete-Kom-
       missionen

39       BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015, BeckVerw 294290, Rn. 1.

40       Siehe zu weiteren Einkünften Abschnitt 3.4. und zur Schenkungsteuerpflicht Abschnitt 3.5.
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Haushaltsmittel für außergewöhnlichen Aufwand aus dienstlicher Veranlassung in besonderen
Fällen vor. Die dienstlich bedingten Ausgaben sind im Einzelnen zu belegen. Da diese Zahlungen
dienstlich veranlassten Aufwand abdecken und nicht dem persönlichen Einkommen des oben
angegebenen Personenkreises zufließen, stellt sich die Frage der Einkommensteuerpflicht nicht.

1.2. Leistungen an ehemalige Mitglieder des Deutschen Bundestages

Mit dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes41 zum 1. Januar 2005 wurde die Besteuerung
von Alterseinkünften wie Renten und Pensionen grundlegend neu geregelt. Ziel des Altersein-
künftegesetzes ist die Umstellung auf eine nachgelagerte Besteuerung von Alterseinkünften bis
2040. Dazu können die Aufwendungen für die Altersversorgung (z. B. Rentenversicherungsbei-
träge) während der aktiven Erwerbsphase schrittweise ansteigend bis 2025 bis zu bestimmten
Höchstbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte steuerlich als Sonderausgaben abgesetzt wer-
den.42 Im Gegenzug erfolgt bei Renten- bzw. Versorgungsbezug schrittweise eine nachgelagerte
Besteuerung der Alterseinkünfte, ab 2040 in voller Höhe.

Seit dem 1. Januar 2005 werden Renten von Personen, die am 31. Dezember 2004 bereits Renten
bezogen (sog. Bestandsrentner) oder noch im Jahr 2005 in den Ruhestand gingen, zu 50 Prozent
versteuert. Alle nachfolgenden Rentnerjahrgänge unterliegen mit einem weiter steigenden Anteil
ihrer Renten der Steuerpflicht. Dieser Anteil stieg bis 2020 um jährlich zwei Prozentpunkte und
steigt seitdem jährlich um einen Prozentpunkt, bis ab 2040 die gesamte Rente steuerpflichtig ist.43
Der jeweils im Zeitpunkt des Renteneintritts ermittelte steuerpflichtige Rentenanteil bleibt bis
zum Ende des Rentenbezugs unverändert.

Pensionen von Beamten, die während ihres Erwerbslebens keine eigenen Beiträge zu ihrer Alters-
versorgung leisten, sind grundsätzlich voll zu versteuern. Von den Versorgungsbezügen kann
nach § 19 Abs. 2 EStG ein jährlicher Versorgungsfreibetrag abgezogen werden. Dieser Freibetrag
betrug für Bestandspensionäre und Versorgungsbezieher, die noch 2005 in den Ruhestand traten,
40 Prozent der Versorgungsbezüge bis zu einem Höchstbetrag von 3.000 €. Bei Beamten, die spä-
ter in Pension gingen bzw. gehen, wird der Versorgungsfreibetrag – zusammen mit dem Höchst-
betrag – während eines Übergangszeitraums von 35 Jahren bis 2040 schrittweise abgeschmol-
zen.44

Um eine übermäßige Belastung der Versorgungsempfänger zu vermeiden, wird seit 2005 ein jähr-
licher Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag eingeräumt (2021: 342 €), der aber ebenfalls bis 2040
vollständig abgeschmolzen wird. Allerdings bleibt – entsprechend der Regelung für Rentner – der

41    Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und
      Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz) vom 5. Juli 2004, zuletzt geändert durch Art. 117 der Verordnung vom 31.
      Oktober 2006, BGBl. I, S. 2407.

42    Zum Steuerabzug von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben siehe Abschnitt 3.2.1.

43    Siehe Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a Doppelbuchst. aa EStG.

44    Siehe Tabelle in § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG.
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einmal ermittelte Versorgungsfreibetrag inklusive des Zuschlages bis zum Ende des Versorgungs-
bezuges unverändert, wovon auch die Bezieher der Hinterbliebenenbezüge profitieren.

Speziell bei (ehemaligen) Abgeordneten ist wiederum zwischen steuerpflichtigen und steuer-
freien Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz zu differenzieren.

1.2.1.         Steuerpflichtige Leistungen

Gemäß § 22 Nr. 4 Satz 1 EStG sind folgende Leistungen steuerpflichtig:

     – das Übergangsgeld gemäß § 18 AbgG,

     – die Altersentschädigung gemäß §§ 19 bis 22 AbgG sowie

     – die Versorgungsabfindung gemäß § 23 AbgG.

Hinsichtlich dieser Leistungen unterliegen die Abgeordneten nach § 1 Abs. 4, § 49 Abs. 1 Nr. 8a
EStG auch dann in Deutschland der Steuerpflicht, wenn ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufent-
halt im Ausland liegt oder dorthin verlegt wird.

1.2.1.1.       Übergangsgeld gemäß § 18 AbgG

Das Übergangsgeld für ausscheidende Mitglieder des Bundestages (§ 18 AbgG) soll als „Starthilfe
den Wiederaufbau einer beruflichen Existenz oder – wenn wegen fortgeschrittenen Alters nicht
mehr in den Beruf zurückgekehrt werden kann – den Anschluss an eine Altersentschädigung si-
chern“45.

Ehemalige Abgeordnete, die mindestens ein Jahr dem Bundestag angehört haben, erhalten gemäß
§ 18 Abs. 1 AbgG für jedes Jahr der Mitgliedschaft einen Monat Übergangsgeld in Höhe der Abge-
ordnetenentschädigung, höchstens jedoch 18 Monate lang. Ein Versorgungsfreibetrag wird dabei
nicht gewährt. Besteht nach Beendigung des Mandats ein Anspruch auf Altersentschädigung
nach §§ 19, 20 AbgG, sieht § 32 Abs. 5 AbgG das Ruhen des Versorgungsanspruchs für die Zeit
der Zahlung des Übergangsgeldes vor, es sei denn, es wird auf das Übergangsgeld verzichtet (vgl.
§ 31 Satz 1 AbgG).

Für Abgeordnete, die am 22. Dezember 1995 dem Deutschen Bundestag angehörten, gelten alter-
nativ (vgl. § 35a Abs. 4 AbgG) gemäß § 35a Abs. 1 AbgG die Regelungen des bis dahin geltenden
Rechts fort. Danach wird das Übergangsgeld in Höhe eines fiktiven „eingefrorenen“ Bemessungs-
betrages von monatlich 5.301 € für höchstens 36 Monate gezahlt.

Die Auszahlung erfolgt grundsätzlich monatlich innerhalb des jeweiligen Anspruchszeitraums.
Auf Antrag kann das Übergangsgeld gemäß § 18 Abs. 3 AbgG auch in einer Summe oder monat-
lich zum halben Betrag für den doppelten Zeitraum gezahlt werden. Bei Auszahlung des Über-
gangsgeldes in monatlichen Teilbeträgen werden diese in dem Jahr versteuert, in dem sie den

45       BT-Drucksache 13/3121 vom 28. November 1995, S. 9.
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ehemaligen Abgeordneten zufließen, diese also wirtschaftlich über die Einnahmen verfügen kön-
nen.

Bei Auszahlung in einer Summe käme es wegen der progressiven Gestaltung des Steuertarifs al-
lerdings zu einer überproportionalen Besteuerung des Übergangsgeldes und evtl. noch vorhande-
ner anderer Einkünfte. Um die Problematik dieser „außerordentlichen Einkünfte“ abzumildern,
wurde in § 22 Nr. 4 Satz 4 lit. c EStG die Regelung des § 34 Abs. 1 EStG für entsprechend an-
wendbar erklärt. Danach ist das in einer Summe ausgezahlte Übergangsgeld zwar in dem Jahr zu
versteuern, in dem es dem Steuerpflichtigen zufließt, die Besteuerung selbst erfolgt jedoch in er-
mäßigter Form.

Für die Berechnung der ermäßigten Besteuerung ist zunächst in entsprechender Anwendung des
§ 34 Abs. 1 EStG für das jeweilige Kalenderjahr die Einkommensteuer zu ermitteln, die sich
ergibt, wenn das Übergangsgeld nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen wird. Anschlie-
ßend ist die Einkommensteuer zu ermitteln, die sich unter Einbeziehung eines Fünftels des in
einem Betrag ausgezahlten Übergangsgeldes ergibt. Der Unterschiedsbetrag zwischen beiden Er-
gebnissen ist zu verfünffachen und dem Steuerbetrag aus den Einkünften ohne Übergangsgeld
hinzuzurechnen.46 Dadurch wird die Progressionswirkung abgemildert.

1.2.1.2.     Altersentschädigung und Versorgungsabfindung gemäß §§ 19 bis 23 AbgG

Abgeordnete haben nach Beendigung ihres Mandats gemäß § 19 Abs. 1 AbgG grundsätzlich einen
Anspruch auf Altersentschädigung, wenn sie das 67. Lebensjahr vollendet haben und dem Deut-
schen Bundestag mindestens ein Jahr angehörten. Die Höhe dieses Anspruchs richtet sich gemäß
§ 20 AbgG nach der monatlichen Abgeordnetenentschädigung (§ 11 Abs. 1 AbgG) und der Dauer
der Parlamentszugehörigkeit. Der prozentuale Steigerungssatz für jedes Jahr der Mitgliedschaft
beträgt vom 1. Januar 2008 an 2,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung bis zu einem Höchst-
bemessungssatz von 65 Prozent, der frühestens nach 26 Mandatsjahren erreicht wird (§ 20
AbgG).47 Die Abgeordnetenentschädigung kann gemäß § 19 Abs. 4 AbgG ab Vollendung des
63. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch genommen werden, vermindert sich dann aber um
0,3 Prozent für jeden Monat, für den sie vor dem regulären Zeitpunkt nach § 19 Abs. 1 und
Abs. 2 AbgG in Anspruch genommen wird.

Aufgrund mehrfacher Änderungen der Regelungen zur Altersversorgung von Abgeordneten ent-
hält das Abgeordnetengesetz aus Bestandsschutzgründen verschiedene Übergangsregelungen
(siehe dazu näher §§ 35 ff. AbgG).

Da das Abgeordnetengesetz eine Altersversorgung ohne Beitragsleistungen der Abgeordneten vor-
sieht, ist die Altersentschädigung, die Abgeordnete gemäß §§ 19 bis 22 AbgG nach Beendigung
ihres Mandats erhalten, in vollem Umfang als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 Satz 1
EStG zu versteuern.

46    Zur Berechnung siehe R 34.2 EStR 2012 und H 34.2 Einkommensteuer-Hinweise (EStH 2012).

47    Der ehemalige Höchstsatz von 69 Prozent, der sich bei einem Steigerungssatz von 3 Prozent nach 23 Jahren
      ergab, wurde ab 2008 zunächst auf einen Höchstsatz von 67,5 Prozent und einen Steigerungssatz von 2,5 Pro-
      zent abgesenkt; in 2017 wurde der Höchstsatz weiter reduziert auf 65 Prozent.
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