Journal der DEFA-Stiftung - Das Journal der DEFA-Stiftung
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n Editorial: 20 Jahre DEFA-Stiftung Jeder Tag ein Abenteuer So hieß ein Buch, das mich durch meine Kindheit be- kraft« vor und spielen auf einen Film an, den die Mit- gleitete. Der Autor, seinen Namen habe ich vergessen, arbeiterinnen und Mitarbeiter der DEFA-Stiftung sehr beschrieb eine Fahrradtour rund um die Welt. Eine lieben, Jochen Kraußers grotesken Leuchtkraft der Reise, die von platten Reifen, verschlissenen Felgen, Ziege. Wir wollen damit einige Schlaglichter auf unsere steinigen Aufstiegen, kurvenreichen Abfahrten und Arbeit werfen, auf Geleistetes und noch Kommendes. vielen Begegnungen mit meist sympathischen Zeitge- Ein Text über Marion Keller, die erste Regisseurin der nossen begleitet war. Jeder Tag ein Abenteuer? – Das DEFA, soll neugierig machen auf das im Februar 2019 wäre für die Arbeit in der DEFA-Stiftung womöglich erscheinende Buch »Sie«, in dem wir rund sechzig übertrieben. Ganz falsch ist dieser Vergleich aber nicht: Porträts von Frauen versammeln, die zwischen 1945 und Unser Archiv mit rund 12.000 Filmen aus fast fünf Jahr- 1990 in den DEFA-Studios arbeiteten. Außerdem erin- zehnten birgt so viel Spannendes, Überraschendes und nert sich Filmkomponist Peter Rabenalt an seine Lehrer noch Unentdecktes, dass es eine andauernde Freude von der DEFA und Filmhistoriker Jeanpaul Goergen an ist, diese Schätze zu heben und sie gemeinsam mit un- Karlheinz Munds außergewöhnlichen Dokumentarfilm seren Partnern und Freunden für ein heutiges, vor allem Memento über die jüdischen Friedhöfe Berlins. Lutz junges Publikum zu erschließen. Dammbeck, Sylke Laubenstein-Polenz und Melanie Vor zwanzig Jahren, am 6. Dezember 1998, wurde die Hauth reflektieren über aktuelle Probleme und Chan- DEFA-Stiftung gegründet. Der dafür zuständige Berliner cen der Digitalisierung; dazu passend veröffentlichen Senator für Justiz genehmigte die Stiftung auf Antrag der wir das Dornröschen-Kapitel aus Walter Becks Arbeits- beiden Stifter Bundesanstalt für vereinigungsbedingte biographie »Mär und mehr«, die 2019 in unserer Manu- Sonderaufgaben und Beauftragter der Bundesregierung skript-Reihe erscheinen soll. Mit einem Interview über für Angelegenheiten der Kultur und Medien. Seither ist die Marcel-Marceau-Filme der DEFA weisen wir auf viel geschehen: Rund die Hälfte aller DEFA-Spielfilme, eine wunderbare Archiv-Entdeckung hin. Die Texte von dazu zahlreiche Trick- und Dokumentarfilme wurden auf Rainer Simon und Detlef Kannapin begleiten einige der DVD zugänglich gemacht. Seit 2012 wurden viele wichti- uns wichtigen DVD-Neuveröffentlichungen in diesem ge Filme digitalisiert, die DEFA-Stiftung regte filmhistori- Jahr, zu denen zweifellos die Konrad-Wolf-Box mit all sche Forschungen an und gab selbst rund fünfzig Bücher seinen Kinofilmen gehört. heraus. Retrospektiven im In- und Ausland belegen das Die große Umfrage über »weiße Flecken« der anhaltende Interesse am DEFA-Erbe. Die Preise der DEFA-Forschung, die unser Journal einleitet, vermittelt DEFA-Stiftung für jüngere Filmschaffende auf diversen eine Ahnung davon, dass zum Thema DEFA noch längst Festivals tragen dazu bei, den Begriff DEFA aber nicht nicht alles gesagt und geschrieben, noch längst nicht nur retrospektiv zu benutzen. All das ist nur möglich mit alles getan worden ist. So wird es also weitergehen, unseren Partnern, von denen an dieser Stelle besonders weitere zwanzig Jahre und vielleicht noch mehr: Jeder der BKM, der FFA sowie den ostdeutschen Bundeslän- Tag ein Abenteuer! dern, die unsere Digitalisierungen fördern, Dank ausge- sprochen werden soll – ebenso wie Progress, Icestorm und dem DEFA-Filmverleih bei der Stiftung Deutsche Kinemathek, die unsere Filme öffentlich machen. Zum 20. Jahrestag der DEFA-Stiftung legen wir hier Ralf Schenk, Vorstand der DEFA-Stiftung erstmals ein Journal mit dem schönen Titel »Leucht- im November 2018 1
n Inhalt 4 Weiße Flecken der DEFA-Historie? Eine Umfrage zum Stand der DEFA-Forschung Neue Tricks für alte Tricks? 68 Schuld und Sühne Ein Diskussionsbeitrag von Prof. Lutz Dammbeck zur digitalen Neubearbeitung seiner Filme 27 DEFA-Forschung: international Ein Überblick über junge DEFA-Forschung weltweit 70 Digitalisierung als Chance zur Bewahrung kultureller Vielfalt Sylke Laubenstein-Polenz von der Stiftung für das sorbische Volk über die Digitalisierung des sorbischen Filmerbes und den DEFA-Animationsfilm Als es noch Wassermänner gab 30 Der sozialistische Regisseur Detlef Kannapin stellt Konrad Wolf und seine Filme vor 72 »Frau Augenzeuge«: Dr. Marion Keller (6.8.1910 – 28.1.1998) Ein Essay von Günter Jordan und Claudia Köpke 42 »Die Form war mir wichtig – wer das versteht, ist mir egal« 94 Marcel Marceau (1923–2007) Der Pantomime zu Gast bei der DEFA – Rainer Simon über seinen Film Das Luftschiff Ein Interview mit Barbara Barlet Dornröschen: digital 100 Beschädigungen Wie der DEFA-Dokumentarfilm Memento (1966) 46 Farben wie im Märchen? Melanie Hauth und René Pikarski geben Einblicke von Karlheinz Mund über die jüdischen Friedhöfe Berlins entsteht und was ihm nach dem SED-Kahlschlagplenum widerfährt in die digitale Neubearbeitung von Dornröschen Ein Essay von Jeanpaul Goergen 49 Mär und mehr Dornröschen: Ein arbeitsbiographisches Kaleidoskop von Regisseur Walter Beck 114 Rückblick: DEFA 2018 56 eine Lehrer von der DEFA M Prof. Peter Rabenalt über sein Studium an der 115 Ausblick: DEFA 2019 Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam Babelsberg 116 Impressum
n Umfrage Weiße Flecken der DEFA-Historie? Eine Umfrage zum Stand der DEFA-Forschung Die Geschichte der DEFA ist die am besten ausge- Autoren, nur selten getragen von einem universitären leuchtete Phase der deutschen Filmgeschichte. So Unterbau. steht es hin und wieder geschrieben, und da ist ja auch Trotz zahlreicher Publikationen gibt es freilich noch was dran. In den vergangenen zwanzig Jahren erschien immer »weiße Flecken«, die zu füllen die DEFA-Stiftung eine Reihe von Büchern, die einen Gesamtüberblick beitragen möchte. In einer Umfrage baten wir Filmhis- über das DEFA-Schaffen leisteten, einzelne Gattun- toriker, Autoren und Freunde der Stiftung um Anregun- gen und Genres ins Blickfeld nahmen, Regisseure, gen und Wünsche. Die Resonanz war groß: Weit über Schauspielerinnen und Schauspieler porträtierten, die zwei Drittel der Angeschriebenen antworteten auf Binnenstruktur des DDR-Filmwesens darstellten. Viele unsere Fragen oder in einem freien Kommentar. Diese dieser Bände wurden von der DEFA-Stiftung initiiert Umfrage ist dabei nur ein Anfang und wir laden alle un- und herausgegeben. Bemerkenswert ist: Sie entstan- sere Leser herzlich dazu ein, sich mit weiteren offenen den oftmals als Initiative einzelner Autorinnen und Themen an der Diskussion zu beteiligen. Wir wollten wissen: 1. Welchen Filmen, Genres oder besonderen Programmen innerhalb des DEFA-Filmstocks sollte mehr kuratorische, filmpublizistische und filmwissenschaftliche Aufmerksamkeit geschenkt werden? 2. Welche bisher nur wenig beachtete Persönlichkeit der DEFA oder wessen Werk und Schaffen verdient eine umfangreiche Auseinandersetzung? 3. Anfangs- und Wendezeit, Gesichter und Plakate, Frauen bei der DEFA, jüdische, antifaschistische, Zensur- und andere Themen: Viele solcher filmübergreifenden Schwerpunkte wurden bereits beleuchtet, aber welche vermissen Sie bislang in der Publizistik zur DEFA-Geschichte? 4. Welche Publikationen oder DVD-Editionen zur DEFA-Geschichte der letzten zwanzig Jahre kommt Ihrer Meinung nach besondere Bedeutung zu? Worüber haben Sie sich gefreut, worüber haben Sie sich geärgert? 5. Welches DEFA-Thema interessiert Sie zurzeit besonders? 4 5
Die Antworten werfen grundsätzliche Probleme auf, wie Dr. Günter Agde wären vielerlei internationale Aspekte zu erkunden, vor bei Günter Jordan oder Rudolf Jürschik: Für wen und Filmhistoriker, Journalist und Autor, allem inwiefern »Ankaufs«- und »Verkaufs«-Preise mit zu welchem Zweck wird DEFA-Forschung betrieben? Mitglied im Verband der deutschen Filmkritik und ideologischen (oder anderen politischen, z. B. außen- Gibt es für entsprechende Bücher, für den DEFA-Film Mitgründer sowie Autor der Zeitschrift Filmblatt politischen) Vorgaben durch HV oder ZK in Deckung überhaupt noch ein Publikum, und wenn ja, auf wel- gebracht wurden oder Widersprüche aufbrachen. (Zum chen Wegen muss dieses Publikum »erobert« werden. Ich wünschte »irgendeine« Form, um wichtige DDR-TV gibt es zu dem Außenhandels-Thema schon Klaus-Dieter Felsmann weist darauf hin, die Filme auf DEFA-Filmkritiken gesammelt zu kriegen, evtl. als Inter- ein paar Untersuchungen.) Soweit ich weiß, ist aber die ihre »Rezeptionspotenziale hinsichtlich der Gegenwart« net-Quelle, also schnell verfügbar, natürlich nach den Aktenlage im Bundesarchiv dürftig. Man könnte freilich zu überprüfen und die in ihnen verhandelten »allge- gültigen filmhistorischen Regeln aufbereitet und mit versuchen, in den Beständen des Finanzministeriums meinmenschlichen Fragen« in den Fokus der Diskussion den üblichen Titel- und Personenregistern. oder der DDR-Banken »gegenzulesen«. zu rücken. Grit Lemke plädiert dafür, die Filme aus ei- Weiter (obwohl ich nicht weiß, ob das zu den Aufga- Schließlich wünschte ich mir Personal-Studien von nem rein filmwissenschaftlichen Diskurs zu lösen und sie ben der DEFA-Stiftung gehören sollte): Erschließung Kameraleuten (z. B. Roland Dressel, Christian Lehmann mehr als »kulturhistorische Quellen von Alltagskultur« der Akten und Dokumente des Verbands der Film- und u. a.) und von Filmleuten »der zweiten Reihe«, wie etwa zu untersuchen: »Inwiefern haben sie Identität gestiftet Fernsehschaffenden der DDR. Der »Nachlass« des VFF Kurt Jung-Alsen, Helmut Krätzig, Eva Seemann, auch zu und reflektiert?« ist nach meinem Wissen komplett und bisher noch nicht Hermann-Ernst Schauer und anderen Film-Funktionä- Somit wird eine Fülle offener Fragen angesprochen. aufgearbeitet im Archiv des Filmmuseums Potsdam ren des »Apparats«, ohne dass ich weiß, wie man diese Die DEFA-Stiftung, aber ebenso deutsche und inter- eingelagert. Möglicherweise könnte er auch komplett Studien publik und /oder zugänglich machen sollte. nationale Forschungsinstitutionen werden also auch in und als eigenständiger Bestand ans Bundesarchiv Wichtig wäre in jedem Fall, exakte Werkverzeichnisse den kommenden Jahren genügend zu tun haben, um abgegeben werden. (Ein ähnlich gelagerter Fall ist der der Leute anzulegen und verfügbar zu halten. Und das DEFA-Erbe aufzubereiten: Wenig oder gar nicht »Nachlass« des DDR-Schriftstellerverbandes. Der liegt dass sie mühevoll zu erarbeiten wären, kann ich mir gut erforscht sind beispielsweise die Arbeit von DEFA-Syn- als geschlossener Bestand im Archiv der Akademie der vorstellen. chronstudio, DEFA-Außenhandel, DEFA-Kopierwerk. Künste und ist dort einsehbar.) Und schließlich liegt mir der (riesige) Bestand der Das hat Gründe: Akten sind nur unvollständig oder – Ich könnte mir eine (oder mehrere) Studien nicht-realisierten DEFA-Spielfilm-Projekte am Herzen. wie im Falle des Synchronstudios – fast gar nicht über- zu den DEFA-»Betriebsteilen« Kopierwerk und Ich hab’ ihn mir mal durchgesehen und viele interes- liefert, und auch die Zeitzeugen werden immer weniger. Außenhandel vorstellen: Beim Kopierwerk könnten/ sante Spuren gefunden. Da liegen auch noch schöne Wie verändert Technologie unsere Lebenswelt? Angemahnt wird eine Studie zum Filmverleih. Mehrfach sollten die Beziehungen zwischen den Kameraleuten Schätze. Ich gebe zu, dass ich keine brauchbare Idee Eine zeitlose Frage in Das zweite Leben des Friedrich gefordert: eine umfassende Untersuchung zum Einfluss und den Kopierwerk-Technikern untersucht werden, z. B. habe, was damit anzufangen wäre. n Wilhelm Georg Platow (Siegfried Kühn, 1973) der Staatssicherheit auf die DEFA-Betriebe; ein vorbe- die Debatten um Körnigkeiten, Güsse, Temperaturen. reitendes Gespräch mit dem Bundesbeauftragten für Dabei sollte es weniger um das ingenieurtechnische die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes fand statt. »Innenleben« des Betriebs gehen, sondern vielmehr Einige Wünsche werden schon bald in Erfüllung um dieses Spannungsfeld zwischen Technik (Kopien) Klaus-Dieter Felsmann potenziale hinsichtlich der Gegenwart gerichtet gehen: Ein Buch, das zu Beginn des kommenden Jahres und Ästhetik (die »Handschriften« und Spezialwün- Filmpublizist und Autor, werden. Wir wissen inzwischen viel über die Produkti- erscheint, porträtiert mehr als fünfzig Regisseurinnen sche der Kameraleute). Und beim DEFA-Außenhandel Leiter der Buckower Mediengespräche onsprozesse, die politischen Auseinandersetzungen im der DEFA und erinnert dabei auch an Pionierinnen und Herausgeber ihrer Schriftenreihe Rahmen des DDR-Systems und über die künstlerischen des DEFA-Films, deren Namen selbst Eingeweihten Ansprüche und Absichten der Protagonisten. Nunmehr heute kaum noch geläufig sein dürften. Publikationen Einleitend möchte ich allen Gründern und Mitarbeitern wäre genauer zu fragen, welchen Gewinn kann ein heu- Kameramann Christian Lehmann auf der zu Slatan Dudow, Volker Koepp und Günter Rätz sind der DEFA-Stiftung für deren bedeutende kulturpoliti- tiges Publikum aus der Begegnung mit DEFA-Filmen in Vorbereitung. Und es gibt erste Vorgespräche über Preisverleihung der DEFA-Stiftung 2015 sche Idee und deren Umsetzung danken. Es konnte ein ziehen? Inwiefern stellen die Filme eine wichtige Quelle einen Band, in dem die Schnittmeisterinnen der DEFA wichtiger Teil des kulturellen Erbes gesichert und, was zeitgeschichtlicher Betrachtung dar? Es ist angesichts von ihren Erfahrungen berichten. vielleicht noch wichtiger ist, für die öffentliche Rezepti- von Publikumsgesprächen immer wieder erstaunlich, Wir bedanken uns bei allen, die sich die Zeit für diese on aufgearbeitet werden. Von großer Bedeutung war in wie die Zuschauer, wenn sie etwas älter sind, in den Umfrage genommen haben und haben uns natürlich vielen Jahren das Stipendienprogramm, mit dem nicht filmischen Inszenierungen ihr eigenes Leben wieder- über jeden Jubiläumsgruß gefreut, der die Antworten nur die Aufarbeitung der DEFA-Geschichte gefördert finden. Bankett für Achilles von Roland Gräf erzählt begleitete. n wurde, sondern zahlreiche neue Filmprojekte in der offensichtlich über die Arbeit und die Lebensformen Entwicklung gestärkt werden konnten. Hier ist im bes- weitaus allgemeingültiger, als allein durch die lokale ten Sinne Kunst der Vergangenheit zum Paten für Kunst Ansiedlung des Films in Bitterfeld gegeben ist. Das der Gegenwart geworden. Lebendiger kann Erbe nicht zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow von wirken und von daher wäre zu wünschen, dass solche Siegfried Kühn erweist sich mit Blick auf die Konflikte, Programme wieder aufgelegt werden können. die die technischen Innovationen innerhalb der Arbeits- Innerhalb der Forschung und der damit verbundenen welt mit sich bringen, als hoch aktuell. Die junge Lehre- Publikationen war der Blick bisher naturgemäß zuerst rin Karla in Herrmann Zschoches gleichnamigem Film auf Prozesse der Vergangenheit gerichtet. Bald drei- fasziniert gegenwärtige Schülergenerationen, weil über Kameramann Roland Dressel auf der Preisverleihung ßig Jahre nach dem Ende der DEFA sollte aus diese Figur Fragen verhandelt werden, die ihren Alltag der DEFA-Stiftung 2017 meiner Sicht der Blick stärker auf Rezeptions- erstaunlich unmittelbar betreffen. Das Spannungs- 6 7
verhältnis zwischen Kunstanspruch und Publikum, das für die die DEFA »ferne Filmgeschichte« ist, bestenfalls Konrad Wolf in Der nackte Mann auf dem Sportplatz eine abgeschlossene filmhistorische Epoche wie das verhandelt, ist auch 55 Jahre nach Entstehen des Films Weimarer Kino oder die französische Nouvelle Vague, so relevant wie einst. im schlimmsten Fall die uninteressante Filmproduktion Unabhängig vom politischen Systemhintergrund ihrer eines untergegangenen Staates. Wie diese neue Gene- Entstehungszeit stellen sich viele DEFA-Filme allge- ration für die DEFA-Filmgeschichte begeistern? Welche meinmenschlichen Fragen zum Verhältnis zwischen den Vermittlungsangebote sind dafür notwendig? Die Un- Individuen innerhalb von auf stetem Wachstum basie- terstützung und Förderung filmpädagogischer renden modernen Wirtschaftssystemen. Hier sollte Projekte sollte der DEFA-Stiftung ein besonderes die Stiftung künftig stärker anknüpfen und dabei das Anliegen sein, nicht nur in den kommenden 20 potentielle Publikum deutlicher in den Fokus öffentlich- Jahren ihrer Arbeit. n keitswirksamer Aktivitäten nehmen. n Die DEFA-Stars Marita Böhme und Manfred Krug in Jeanpaul Goergen Dr. Ralf Forster Auf der Sonnenseite (Ralf Kirsten, 1961) Filmhistoriker, film- und medienwissenschaftlicher Filmwissenschaftler und Autor Autor sowie Kurator zahlreicher Filmprogramme zur Filmtechnikgeschichte, stellvertretender Sammlungsleiter des Filmmuseums Potsdam Ganz allgemein würde ich es begrüßen, wenn die schaftliche Forschungseinrichtung zu profilieren. Die DEFA-Stiftung – soweit es ihre Satzungsziele ermögli- Die DEFA-Stiftung hat in ihren 20 Jahren eine gute Ar- Zeit wird hier den Ausschlag in Richtung des zweiten chen – das gesamte Filmschaffen der DDR in den Blick beit geleistet, so dass es größere weiße Flecken in der Aspektes geben, was sicher zu begrüßen ist. Dies ver- nehmen könnte. Deutlich unterbelichtet erscheinen mir Die Selbstbestimmung und -behauptung von Kindern Reflexion des ostdeutschen Filmerbes kaum zu geben bindet sich mit der Fragestellung, ob nicht Anfang bis der Filmverleih, insbesondere das tatsächlich vor Ort ist auch Thema in Das Eismeer ruft (Jörg Foth, 1983) scheint. Auch durch die Stiftung ist das abgeschlossene Mitte der 1990er Jahre geschriebene Standardwerke gezeigte Programm, das in Detailstudien am Beispiel DEFA-Erbe das weltweit mit am intensivsten beforschte. (Das zweite Leben ..., Schwarzweiß und Farbe) bald einzelner Kinos herauszuarbeiten wäre. Auch die Film- Natürlich sind der Dokumentarfilm genauso wie der als historisch gelten und Aussagegehalte überprüft kritik in der DDR bleibt sowohl in ihrer Breite Werbe- und Lehrfilm, also die eher peripheren Formate, werden müssen. als auch in Einzelbeispielen zu erforschen. Auch befand. Welche Beziehung hatte die DEFA zu dieser bisher weniger als der Spielfilm berücksichtigt worden – Letztens ist es aus meiner Sicht die klare Aufgabe der scheinen mir Arbeiten über das Land-Kino zu fehlen. n Institution und welchen Nutzen hat sie daraus gezogen, was aber in anderen nationalen Kinematographien DEFA-Stiftung, zu einer geregelten und transparenten beziehungsweise welche DEFA-Einzelsujets sind dann im kaum anders ist. wissenschaftlichen Förderpraxis zurückzukehren, wie dies Ausland gelaufen, in fremden Wochenschauen? Was fehlt, ist weiterhin eine explizite Wirt- bis (ich glaube) 2012 der Fall war. Besonders dringlich Ein Genre, das ich bisher als in der wissen- schaftsgeschichte der DEFA, auch eine, die den erscheint die Wiederaufnahme der Förderung beim Rolf Karl Griep schaftlich/theoretischen Auseinandersetzung Valuta-Betrieb DEFA untersucht. Schließlich gibt Richter-Stipendium, das ja nur einmal vergeben wurde. Leiter der Berliner Außenstelle des Bundesfilmarchivs für unterbewertet halte, sind die Kinderfilme. Ich es meiner Ansicht nach weiterhin kein Projekt, das das Ich wünsche der DEFA-Stiftung weiterhin stabile gute und Mitglied des DEFA-Stiftungsrats meine damit weniger die Märchenfilme als vielmehr Fil- Verhältnis von DEFA und Staatssicherheit aufhellt bzw. Jahre und noch eine lange Existenz. n me für Kinder und über Kinder. Moritz in der Litfaßsäule aufklärt. Meine Fragezeichen, die ich im Folgenden versuche so ist dabei ein Beispiel für den Spielfilm, aber es gab außer Ebenso sollte das Ziel einer DDR-Gesamtfilmografie klar wie möglich zu skizzieren, sind nicht immer nur wis- den Spielfilmen dokumentarische Arbeiten für und über nicht aus dem Blick geraten – Volker Petzold und ich senschaftlich zu beantworten und ich denke auch, dass Kinder. hatten dazu zwischen 2004 und 2014 mit Datenbanken Jörg Frieß die DEFA-Stiftung mit den Themen, die ich anreißen Gibt es eigentlich eine umfassende Arbeit über die zu drei Produzentengruppen (private Filmhersteller, Leiter des Zeughauskinos am möchte, kreativ umgehen sollte. Kameraleute der DEFA? Dabei denke ich sowohl an »Globallizenzträger« und Amateurfilm) wichtige Bau- Deutschen Historischen Museum in Berlin Als einen großen Komplex möchte ich die Beziehun- Spielfilmkameraleute als auch an die Kameraleute der steine geliefert. Eine solche Filmografie erfordert und dessen Filmarchiv gen zwischen der DEFA und dem Ausland benennen. Dokumentaristen. natürlich methodische Vorüberlegungen, beispiels- Dabei scheint es mir, dass die ausländischen Filme im Die Entwicklung des Farbfilms, seinen bewussten oder weise, welche TV-Formate dort zu berücksichtigen Jenseits der kanonischen, klassischen Filme liegt nicht sel- Verleih der DEFA beziehungsweise von PROGRESS noch unbewussten Einsatz im Spiel- oder Dokumentarfilm, sind; eine Kooperation mit dem DRA dürfte kaum ein ten das populäre Kino. Das Kino der Stars, der Unterhal- nicht ausreichend ins Auge gefasst worden sind. Insbe- scheint mir ein weiteres Thema zu sein, das sich lohnen Problem darstellen. Warum also nicht ein gemeinsames tung, der leichten Muse. Welche Bedeutung und Funktion sondere natürlich auch die Arbeit des Synchronstudios würde. Auch der bewusste Verzicht von Farbmaterial in Web-Portal von DRA, DEFA-Stiftung und dem Film- hatte der DEFA-Star im »Arbeiter- und Bauernstaat« DDR? und damit meine ich nicht nur die »Koproduktionen«, wie den späteren Jahren könnte ein Thema sein. museum Potsdam (dort ist inzwischen die Amateur- Wie harmlos war das Lustspiel? Welches Vergnügen berei- die mit Frankreich, Kuba oder der UdSSR, sondern auch Ich weiß, dass Ralf Schenk der 70-mm-Film auch am film-Datenbank auf 4.700 Titel angewachsen). Ich bin zur teten Musikfilm, Parodie und Satire? Für das Zeughauskino zum Beispiel die »USA-Produktionen«, die in der DDR in Herzen liegt. Aber gibt es eine vernünftige Arbeit über Mitarbeit an einem solchen Vorhaben gerne bereit. gehören DEFA-Genrefilme der 1970er- und 1980er-Jahre synchronisierter Fassung liefen. Mich persönlich inte- die »DEFA-Produktionen« mit diesem Material? Generell befindet sich die DEFA-Stiftung in der nicht zu den größten Überraschungen seiner Programmarbeit. ressiert besonders, welche Auslandsbeziehungen der Schließlich ist mir als politischer Mensch und »Wes- unkomplizierten Situation, auf der einen Seite »Erinne- Über sie würden wir gerne mehr erfahren. Augenzeuge hatte. Mir ist bewusst, dass es die INNA si« die Entwicklung der politischen Einflussnahme rungsinstitution« für ehemalige DEFA-Angehörige zu Über 25 Jahre sind seit dem Ende der DEFA vergangen. gab, eine vereinfacht gesagt internationale Tauschbörse von Seiten der Regierung, SMAD oder verschiedener sein und auf der anderen Seite sich als seriöse wissen- Im Kino begegnen wir Zuschauerinnen und Zuschauern, für Wochenschaueinzelsujets, deren Sitz sich in Brüssel Regierungsinstitutionen späterer Jahre wichtig. Dabei- 8 9
wäre zu untersuchen, wie diese Einflussnahme inhalt- Veröffentlichungen anderer Herausgeber, die vor lich und strukturell ausgerichtet war und wie sich das Stiftungsgründung erschienenen Schriften. Nur mit im Laufe der Zeit geändert hat. Der zweite politisch/ Hilfe eines solchen Vademekums ist der historische historische Komplex, der mich interessieren würde, ist Gang und wissenschaftliche Stand der Editionen zu die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, bestimmen. Warum ist das wichtig? Neueste Veröf- der NS-Zeit, Diktatur ganz generell und der Holocaust fentlichungen in der Presse heben neueste Veröffent- im Speziellen. Einige dieser Themen sind in einer Reihe lichungen wie die von Habel und Helmbold als das von Spielfilmen behandelt worden. Deutlich weniger die endliche Nonplusultra einer Gesamtdarstellung des »Weimarer-Zeit« und die »Kaiser-Zeit«. Dabei sollte man DEFA-Films heraus. Nichts gegen diese Editionen. Ihre auch den Dokumentarfilm in den Fokus nehmen, der sich Würdigung ist selbstverständlich, wie es ihre Einord- in den ersten Jahren der DDR nicht durch DEFA-Produk- nung in die Entwicklung der DEFA-Geschichtsschrei- tionen auszeichnete, sondern sich auf ausländische Filme bung seit 1990 ist. Sonst ist kein Urteilen möglich. Die in deutscher Fassung beschränkte. Ich meine dies wären DEFA-Stiftung übt weder Zensur aus, noch führt sie auch interessante zeithistorische Themen. n den Autoren die Feder, noch erteilt sie Noten. Als was und als wer tritt sie gegenüber Autoren, Aufgaben und Aufträgen auf? Als Verbreiter von Angeboten oder als Bisher nicht auf DVD veröffentlicht: Der Mann mit Generalist oder als Auftraggeber in Kooperation mit Dr. Thomas Heimann anderen Einrichtungen? Was ist, was soll die Schriften- Bisher wenig im Fokus: Der Regisseur Erich Engel, hier dem Ring im Ohr (Joachim Hasler, 1983) über die Medienhistoriker, Pädagoge und Autor reihe? In welchem Kontext stehen die Texte? Worauf/ bei Dreharbeiten zu Geschwader Fledermaus (1958) zur Film- und Fernsehgeschichte der DDR Geschichte eines Zimmermanns und Opfers der wogegen beziehen sie sich? Wer nimmt sie zur Kennt- Nürnberger Rassengesetze nis? Welches ist die Strategie in der Sache und in der Ich meine, dass doch dem Bestand an populärwissen- Werbung? Woran wird sie erkennbar? schaftlichen Themen mehr Aufmerksamkeit gewidmet Babelsberger Dramaturgien: DEFA-Film ist – wie wenig Gebrauch davon gemacht wurde. Vielleicht ist werden sollte. Denn Gerhard Knopfe schätzte in sei- osteuropäischer/sowjetischer Film – nicht mit angel- aber auch mehr zu finden und also beispielhaft. Wenn nem »Kalendarium« jeweils tausend Kurzfilme für den zum Thema Beginn des Zweiten Weltkrieges her- sächsischem Vokabular zu fassen und zu erfassen. Mit man denn sucht. Kinoeinsatz und weitere tausend für das Fernsehen. vorzuheben (mit DVD-Editionen, Einzeldarstellungen, anderen Worten: die »Ostachse« ist neu zu vermes- Neuer deutscher Film: Hier hat sich die DEFA zwei- Liegt eine vollständige Erschließung mittlerweile vor? Filmreihen), sowohl Spielfilme als auch Dokumentar- sen und thematisieren. Das wendet den Slogan von mal den Schneid abkaufen lassen. Das erste Mal in Neben der Verwertung dieses Stocks scheint mir die filme; eine Edition mit Regiearbeiten etwa von Konrad den »Ulmer Dramaturgien« auf DEFA an. Was ist, von Bezug auf die frühen Jahre, als neuer deutscher Film zunehmende Bedeutung der produzierenden DEFA Wolf, Heiner Carow, Ralf Kirsten, Joachim Kunert, Klaren, v. Gordon, Steinhauer bis Jürschik, darunter tatsächlich bei der DEFA lag. Das zweite Mal in der ers- Studios (für Kurzfilm, populärwissenschaftlicher Film, Janos Veiczi oder ... zu verstehen? Was hat künstlerisch getragen, was war ten Hälfte der sechziger Jahre. Das hielt zwar keinen für Dokumentarfilm) als auftragsausführende Einrich- Eigenes Interesse: Neben meiner jetzigen Beschäf- Irrweg, was aktuell bis heute? Vergleich mit den vergleichbaren Auf- und Ausbruchs- tungen für die publizistischen Redaktionen und Berei- tigung mit Filmen der DEFA und des Fernsehens, die Damit kommt man auf Zusammenhang und Differenz filmen in SU, Polen, ČSSR stand, war aber vom Vorgang che des Fernsehens noch zu wenig untersucht zu sein. sich auf die polnische Nachbargesellschaft beziehen, von DEFA und Ufa. Es bringt nichts, die Aneigung der her vergleichbar und nachzuzeichnen, weil es neu und Wäre hier ein Zeitzeugenprojekt noch sinnvoll? interessiere ich mich für die Auseinandersetzung der Ufa in der DEFA und ihr Weiterwirken in Rechnung zu wichtig dort wie hier für die Gesellschaft und hier wie An DVD-Editionen finde ich insbesondere die beiden DEFA und des Fernsehens mit dem Bürgerkrieg in stellen. Die Ufa hat nicht nur auf dem Babelsberger dort ästhetisch neu war. Von West bis Ost und Nord Ausgaben mit Verbotsfilmen der DEFA gelungen, Spanien 1936–1939. Gelände, sondern auch in den Babelsberger Gewer- bis Süd waren die Gesellschaften in Bewegung gera- auch hinsichtlich ihrer Ausstattung mit ergänzendem Viele Grüße und meine besten Wünsche ken gewirkt. Erst die Auflösung des Gesamtbetriebes ten. Eine Kopernikanische Wende eben. Die Konzent- Begleitmaterial. In diesem Zusammenhang möchte ich zum Jubiläum! n nach der Wende, also das Ende der DEFA, war auch ration auf das Jahr 1965 (Plenum) hat diesen geschicht- auch den Band »Verbotene Utopie. Die SED, die DEFA das endgültige Ende der Ufa. Die Gemengelage um lichen Vorgang eher verdeckt als aufgedeckt und das und das 11. Plenum« herausheben. neuen, fortschrittlichen deutschen Film ist nicht mit Jahr 1968 als Bezugsjahr von Ost und West hat das nur An filmübergreifenden Schwerpunkten scheint es Verweis auf Namen- und Titelregister zu fassen. Was äußerlich festgezurrt. Für den Selbstwert in der Sache mir reizvoll, nochmals die Zeit der siebziger Jahre unter Dr. Günter Jordan war/ist der Fortschritt? und das Selbstwertgefühl/-bewusstsein der Filme- Gesichtspunkten eines filmischen Modernismus mit Blick Dokumentarfilmregisseur, Publizist Kunst und Denken können Verbündete, ja Geschwis- macher: Das geschah in der DDR und bei der DEFA auf internationale Tendenzen in Ost und West zu be- und Autor zur Film- und Fernsehgeschichte ter sein. Das diesjährige Marx-Jubiläum lenkt noch geschichtlich-gesellschaftlich und filmisch 5–7 Jahre trachten, wie auch hinsichtlich einer kontrastiven Anglei- einmal den Blick auf Eisenstein und seine geplante früher als die Ausrufung des »Neuen Deutschen Films« chung/Auseinandersetzung mit dem Fernsehformat. Beispielhaft für mich in Thema, Inhalt, Struktur und Kapital-Verfilmung. Ja das! Bei alldem, was danach im Westen. Zu den soziologisch relevanten Aspekten, Sicherlich sollte mit Erscheinen des Bandes »Bilder Sprache der Schriftenreihe sind Bergmann und Golde kommt, wird es wieder kleinlaut. Nur einem einzigen auch in der Differenzierung im Osten, hat Engler in des Jahrhunderts« 2015 weiter die Arbeit des Staatli- bei den Erinnerungen, SFA und Elke Schieber bei den Mann wird es als Verdienst zugestanden, Marxist »Die Ostdeutschen« Wesentliches gesagt, was von chen Filmarchivs und seine Bedeutung für Filmproduk- Dokumentationen, Badel und Hammerthaler bei den unter den Regisseuren zu sein: Erich Engel. Immerhin. den Filmhistorikern nicht aufgegriffen worden ist. tion und Fernsehpublizistik erforscht werden wie auch Erkundungen. Stil ist eben doch alles. Vielleicht ist die Nachfrage erlaubt, worum es sich Soziologie und Film I – Arbeit: Eine große Arbeit seine kulturelle Arbeit etwa über die »camera« oder Schriftenreihe: Das Wichtigste ist die Herausgabe dabei überhaupt handelt. Vielleicht kann das mal über Arbeit, Arbeiter, Arbeiterklasse, arbeiterliche Ge- die Beteiligung an Dokfilmfestivals. eines Vademekums, also einer Quellendokumentation ausgetestet werden. Vielleicht hat das Gebrauchswert. sellschaft (Engler) im DDR-Film. Welche Beobachtun- Mit Blick auf das Jahr 2019 plädiere ich sehr über die neuere Literatur zur DEFA, also die Bücher Vielleicht kann die DEFA als abschreckendes Beispiel gen soziologischer (ökonomischer, ideeller) Art geben dafür, Möglichkeiten zu überprüfen, DEFA-Filme der Schriftenreihe, die zur Schriftenreihe gehörigen dienen, gerade weil im Hochland des Marxismus so- DEFA-Filme her? Bestandsaufnahme und als Botschaft 10 11
in die Zukunft. Ich habe das Meinige dazu gesagt. Eine Diskussionen im Künstlerischen Rat des Spielfilmstu- Im Grunde habe ich die Hoffnung, den DEFA-Film Fortsetzung und Vertiefung sollte folgen. dios. »Russenfirma« vs. Wirklichkeit. als dem deutschen Film, also deutscher Filmgeschich- Koepp-These und Filmwirklichkeit: »Wir waren in Firmengeschichte: DEFA-Filmverleih/Progress, te und deutscher Filmkultur zugehörig auszupreisen, jedem Ort, jeder Gegend, jedem Betrieb«: Was hat es DEFA-Außenhandel, DEFA-Synchronstudio. Filmtech- aufgegeben. Praktische und publizistische Bemü- gebracht, was davon ist wie in den Filmen zu sehen? nik, Kopierwerke. (Rohfilm = Schriftenreihe des Film- hungen der DEFA-Stiftung ändern daran nichts. Das Was folgt daraus für das Wissen der Filmemacher um museums Wolfen) heißt nicht, sie aufzugeben, es heißt nur, keine großen Wirklichkeit und Arbeiter-Wirklichkeit? Film und Ökonomie: Immer noch unklar, wie das im Erwartungen in sie zu setzen. n Soziologie und Film II – Realismus: Sozialistischer Kleinen wie im Großen funktioniert hat. Film vs. realsozialistischer Film, kämpferischer (Ivens: Geschichte der Gattungen: Industriefilm, Wissen- militanter) Film, »Staatsfilm« vs. Eigensinn. Forschende schaftsfilm. Wochenschau habe ich angeschoben, Haltung als »conditio sine qua non für sozialistischen Tiefenstudien müssten folgen. Standards setzen: Refe- Prof. Dr. Rudolf Jürschik Realismus« (Wischnewski). Mithin geht es um den Bei- renzfilme DEFA, Referenzfilme Ausland. Dokumentar- Wissenschaftler und Autor zur Ästhetik, trag des DDR-Films zu Grundfragen des (deutschen) film: War in den 80er/90er-Jahren Jürgen Böttcher der Kultur- und Filmtheorie, ehm. DEFA-Chefdramaturg Films. vielbeschriebene Mann des DEFA-Dokumentarfilms, Soziologie und Film III – Gesellschaft: Die Nachre- so wurde es danach bis heute Koepp, an dem keine (1) – Filme, Programme, Werke? den auf die DDR zeigen an, dass die Forschung den Jahresarbeit zum DDR-Film vorbeisieht, sekundiert al- Mir scheint, es mangelt (gerade heutzutage!) an einer Platz der DDR in der Geschichte noch nicht vermessen lenfalls von Winfried Junge, Andreas Voigt, Gerd Kro- tiefgründigen filmwissenschaftlichen Arbeit zu Wolf- hat: Delegitimation vs. Erkenntnis. »Die DDR als Chan- ske. Selbst Kurt Tetzlaff oder Karlheinz Mund finden gang Staudtes Rotation. Zur jeweils gegenwärtigen po- ce« (Berlin 2016): Wenn die Zeithistoriker dieses heiße nicht statt, ganz zu schweigen von all den anderen. litisch-geistig-mentalen Dimension der DEFA-Beiträge Eisen anpacken, sollten Filmemacher und Filmhistori- Wer kennt noch Armin Georgi oder Eduard Schreiber, zur Geschichtsbild-Vermittlung, wofür das »am Men- ker nicht abwarten, was dabei herauskommt, sondern Klaus Alde oder Ernst Cantzler, Peter Rocha oder Do- schen erzählen« (Goethe zur Kunst) von besonderer selber rangehen. Ein beachtlicher Teil von Filmleuten nat Schober, Roland Steiner oder Ted Tetzke, an denen Bedeutung ist, kann nicht genug getan werden. Auch hat sich nicht wegen Karriere (in- und außerhalb der gleichfalls Meriten des DDR-Dokumentarfilms festge- in Rückblicken! Was umso deutlicher hervortritt, wenn SED) für die neue Gesellschaft und den Sozialismus macht werden können? Dieser Film war thematisch wie das filmgeschichtlich-faktische Denken überschritten, engagiert, sondern aus Gründen. Was ging davon und personell breiter aufgestellt, als es die Überlieferung von auch zeitlich übergreifenden geistig-politischen wie in Filme ein? Was trägt bis heute und also auch für glauben macht. Woraus bezieht der (x-beliebige) Do- Zusammenhängen – mithin »vom Ganzen gedacht« – morgen? Die Antwort darauf ist erheblich. kumentarfilm Lebenskraft, Anziehung, Hineinnahme, ausgegangen wird. So zwingt uns die Gegenwart, dif- Nachdem wir uns am »Staatssozialismus« abgearbei- Interesse für seinen Gegenstand? Wodurch zeichnen ferenzierter auch zurückzuschauen und neu zu werten! tet haben, sollten wir wieder zur Hauptsache zurück- sich diese Filme aus? Woran werden dokumentarische Rotation wäre m. E. ein lohnendes Beispiel. kehren. Wir waren uns des Staatsauftrags bewusst und Qualität und filmische Qualität festgemacht? Und zwar (2) – Persönlichkeiten? Wie wurden »kleine Leute« zu Mitläufern? haben daran gearbeitet, ihn umzufunktionieren zum nicht als Diktum, sondern im Ergebnis einer Begeg- Zusammenfassend ist da aus meiner Sicht die eigenen Auftrag. Das waren zwei unterschiedliche nung? Was erfahre ich und wie/wodurch erfahre ich es? genre-betonte künstlerische Arbeit für den Rotation (Wolfgang Staudte, 1949) ist bis heute ein Sozialismen. Das konnte nicht funktionieren und gut- Übernahmen/Nachdrucke: »Erprobung eines Gen- Kino-Film zu bedenken. Da ist zunächst, aber wichtiges Zeitzeugnis zur deutschen Geschichte gehen, nicht für den Staat, nicht für die Gesellschaft, res« (Remscheid 1994) – ?; Vielleicht doch noch: Walter nicht allein, die Komödie, genauer: das Komi- nicht für uns. Aber Spuren dieses Traums und dieser Beck, Dieter Wolf – ?; Dorothea Becker, »Zwischen sche (denn zu Komödien im klassischen Sinne Arbeit daran lassen sich in den Filmen finden und also Ideologie und Autonomie« (Münster 1999) – ? hat es ja kaum gereicht) zu benennen. Deshalb beanspruchen. Das wäre der Mühe einer Preisfrage Film als siebente Muse: Das ist nicht nur Bezie- an Namen orientiert: Roland Oehme, Joachim Hasler, liche« im DEFA-Film zu sinnieren, was sicherlich auch wert. hungsdrama mit anderen Musen, sondern praktisches Gottfried Kolditz. Von den späteren, jüngeren Regis- die entsprechenden Filme für Kinder einbeziehen Geschichte des Kinos/Soziologie des Kinos: Ohne Arbeitsfeld für Filmarbeiter mit Jürgen Böttcher als seuren hätte wohl Jörg Foth einen vertrackt-wohltuen- sollte. Film kein Kino. Ebenso wahr, nur mit anderen paradigmatischem Fall. Joop Huisken hat sich auch den Sinn dafür möglicherweise entfalten können – an (3) – filmübergreifende Schwerpunkte? Antworten: Ohne Kino kein Film. Kino DDR: als Grafiker und Maler verstanden, desgleichen Heinz Letztes aus der Da Da eR sei erinnert – wenn … Die Spannweite des in der bisherigen Publizistik zur Wer erbarmt sich seiner? Filmtheater (Namen, Richter und Helga Porsch. Die DEFA-Stiftung sollte Mit Zünd an, es kommt die Feuerwehr war Rainer DEFA-Geschichte Bedachte wird – auch das soll aus- Orte, Struktur). Berlin: Ost-West-Kinos. Diskussionen sich als Schutzraum für deren (und all der anderen) Simon da ein »Vorreiter«. Auch Günter Reisch träte in drücklich gesagt sein – aus vielen guten Gründen in ums Kino. Besucher-Statistiken. Kostenfrage und -falle: Werke verstehen und im Gefolge, Format und Umfang seinen Versuchen, das Genre in zeitgemäßen Fas- ihrer fundierenden Funktion erfasst. Sie ist beach- Der Eintrittspreis trägt das Kino nicht. Wer und was von Roland Gräfs Fotobuch Einblick in diese Parallel- sungen zu erkunden auch mit Weiterungen hin zum tenswert. Weiterungen würden ein schwieriges Feld trägt das Kino? welt verschaffen. »Musik-Film« durchaus aufschlussreich noch mal ins eröffnen – durchaus mit auch sozial aufschlussreichen Literatur und Film: Historisch-ästhetische Bilanz der Marginalien: Freche Literatur, die auf DEFA mit un- Blickfeld. Krimi als Genre war mit dem Fernsehen für Einsichten. Da wäre m. E. einmal etwas grundsätzlicher Verfilmung kleiner und großer Werke. Literaten über gewöhnlichen Perspektiven aufmerksam aufmacht. den Kinospielfilm der DEFA schon passé. Aber Affaire über das latente Bezugsgefühl zwischen dem Doku- Film. Wie Strascheks »Handbuch wider das Kino« (Frankfurt Blum verdiente schon eine Rückbesinnung gerade mentarfilm und dem Spielfilm der DEFA nachzudenken. Monografie – Rolf Liebmann: Dringend. Schlüs- 1975). Oder Alexander Kluges »Bestandsaufnahme: wegen seiner aktuellen politischen Zeitbezüglichkeit. War der Dokumentarfilm in seinen prägenden Werken – selfigur. Ich kann es nicht machen, würde mich aber Utopie Film« (Frankfurt 1983). Oder »Augenzeugen. Im Zusammenhang mit einer Fragestellung nach der gewissermaßen gattungsgemäß – dem Zeitbild, d. h. beteiligen. 100 Texte neuer deutscher Filmemacher« (Frankfurt Bereitschaft zu vielfältigen Genre-Versuchen wären aktuellen sozialpolitischen Empfindungen näher, so war Dokumentationen: Unbekannte Zeitgeschichte: Die 1988). Warum kriegen wir das nicht hin? Beispiel für Konrad Petzolds Filme zu reflektieren. Seine Intentio- doch der Spielfilm in seinen prägenden Werken – dank Regisseur-Diskussion 1952. Die KAG-Diskussion. Die »geht doch«: Helmbolds Plakatbuch. nen bieten m. E. Möglichkeiten, über das »Abenteuer- der kommunikationsfreudigeren erzählten Geschichten 12 13
mit Anfang, Konflikt und Ende – den dominierenden »sozialistischen Staatengemeinschaft«. Wolfgang Klaue Erwartungen des Publikums näher. Da steckt in den Abschließend ein Gedanke (Wunsch), den ich nicht Filmarchivar, ehm. Direktor des Staatlichen Intentionen beider Gattungen mehr Gemeinsames – verdrängen kann, auch wenn ich noch keinen Ansatz Filmarchivs der DDR, Mitbegründer der auf soziologisch-sozial-psychologische Erkundungen sehe, wie zielführend mit der übergreifenden Frage um- DEFA-Stiftung und bis 2003 ihr Vorstand Zielendes! – als m. E. bisher erhellt worden ist. zugehen wäre. Zum Standard ist die Formulierung vom (4) – bisherige Veröffentlichungen? »DEFA-Film als abgeschlossenes Kapitel der deutschen In der Zeit nach der Wende ist mehr über die DEFA Die Frage verleitet zu Hervorhebungen. Dem sei aber Filmgeschichte« geworden. Es ist doch aber so augen- und das Filmwesen in der DDR geforscht und publiziert vorangestellt, dass den Publikationen und DVD-Editio- fällig wie nur was: die Gleichzeitigkeit verschiedener worden als in vier Jahrzehnten DDR. Das ist ein großes nen im Ganzen, im Grundsatz hinsichtlich des Verhält- Filmentwicklungen in den beiden deutschen Staaten ist Verdienst der DEFA-Stiftung, aber nicht nur. Trotz aller nisses zum nationalen Filmerbe angesichts vielfacher im internationalen Vergleich eine gravierende Beson- Bemühungen gibt’s – wie Sie selbst feststellen – noch (politisch-gewollter) Nivellierungen des Teils, dem sich derheit nationalkultureller Prozesse. Eine aufschluss- »weiße Flecken«. Dazu zählen für mich: die Tätigkeit des die DEFA-Stiftung verpflichtet sieht, eben eine beson- reich ergründende vergleichende Betrachtung steht Synchronstudios, die Rolle der Gruppe 67, Progress und dere Bedeutung zukommt. Was nun die Wichtung der (nach meinem Überblick) noch aus. Was einem vor allem das Lichtspielwesen, der Außenhandel, die technische Ba- Kontinuität der Arbeit der Wahrung des gesamten na- dämmert, wenn man nach dem Film als Spiegel zweier sis der Studios, Filmbetriebe und Kinos, die Auswirkungen tionalen Filmerbes zukommt, kann m. E. die Arbeit des sehr unterschiedlicher Sozialisationen in ihrer Wider- des 11. Plenums auf das gesamte Filmwesen – nicht nur auf Staatlichen Filmarchivs der DDR gar nicht überschätzt sprüchlichkeit und doch gemeinsamen Verwurzelung das Spielfilmstudio und das Funktionieren des gesamten werden. Also: Bilder des Jahrhunderts. fragt. Die Verlaufsformen der Sozialisationsprozesse Systems, vom ZK über HV Film, Studios und Betriebe bis Da wie bezüglich keiner anderen Kunstgattung (die im Deutschland nach 1945 sind doch unbestreitbar ein zum Frauensonderlehrgang für Filmprüferinnen. Architektur sei davon ausgenommen) der künstlerische Phänomen, das nicht zuletzt seinen Niederschlag in den Es ist ja nicht Ignoranz, daß es »weiße Flecken« gibt. Arbeitsprozess von den jeweiligen komplexen Bedin- Filmentwicklungen fand. Der geistig-künstlerischen Das hat Ursachen, die z. T. bis in die DDR-Zeit zurückrei- gungen der Produktion (Arbeitsweise von der Idee bis Selbstverständigung des Seins der Menschen in den chen: das Spielfilmstudio ausgenommen, hat kein Film- zur Rezeption) nicht zu trennen ist, sind die Erhellungen Zeitverläufen, ihrem verinnerlichtem Selbstverständ- betrieb ein ordentliches, den gesetzlichen Bestimmun- über die Reflexion seines Arbeitslebens für die DEFA nis, wäre in diesem »Spiegel« auf die Spur zu kommen. gen entsprechendes Archiv geführt (das war jedenfalls von Gert Golde weit über seine Person hinaus bedeut- Wie dominante »Gang- und Gäbedenkformen« (Marx) die Meinung der Staatlichen Archivverwaltung der DDR); Damals in der politischen und öffentlichen Kritik: sam. aufscheinen, das könnte ein Ansatz sein. Gilt doch noch in der Wendezeit ist z. T. planmäßig Archivgut vernichtet Was die Reflexion der DEFA-Produktion von Filmen immer René Königs Diktum vom »Film als erste Form Der Frühling braucht Zeit (Günter Stahnke, 1965) mit worden oder durch Frust und Gleichgültigkeit verloren für Kinder betrifft, bleibt das Bild bisher dominierend der Verfestigung freischwebender Emotionen«, die uns seinem zeitgenössischen Problembewusstsein gegangen; und noch immer ist nicht die gesamte Hinter- auf einzelne Werke und Regisseure bezogen. Da gibt es leiten. Das Ganze könnte spannend sein – denke ich. lassenschaft der Filmbetriebe im Bundesarchiv und an viel Gutes zu lesen und vor allem zu sehen. Die vor und P.S.: Mir ist seit Jahren durch kontinuierlich begleitende anderen Stellen aufgearbeitet und benutzbar. mit der Entwicklung dieser Produktion sich vollziehende Lektüre die so umfassende wie differenzierte, Zusam- Schon in den vergangenen Jahren hat die Verständigung – in sehr widersprüchlichem Verhältnis menhänge übergreifender Art erschließende Arbeit tiere, dieser schönen satirischen Kurzfilme, die völlig zu DEFA-Stiftung die Ordnung und Erschließung von pädagogisch-politischen und ästhetisch-künstle- von Walter Beck zur Historie des DEFA-Spielfilms für Unrecht dem Vergessen anheimzufallen drohen. des noch vorhandenen Archivguts unterstützt. rischen Ansichten – ist noch unzureichend gedanklich Kinder bekannt. Dieses vielhundertseitige Material mit (2) – Persönlichkeiten? Es wäre hilfreich, wenn diese Unterstützung durchdrungen. Das gilt auch für die studiointerne Ver- allen erreichbaren Quellen zur Werkgeschichte, damit Nun ja, auch hier wird eigentlich an alles gedacht. Das fortgesetzt werden könnte. ständigung und entsprechende Wertschätzung ihrer verbundene Verständigung über kulturgeschichtli- Problem liegt meines Erachtens nicht bei der DEFA-Stif- Für die weitere Forschungsarbeit wäre es sicher eine künstlerischen Leistungen. che Zusammenhänge, ist einmalig. M. E. gibt es eine tung, sondern an einer oftmals viel zu desinteressierten große Hilfe, wenn von der Stiftung eine Dokumentation Die DEFA-Märchen-Adaptionen können – man möchte Verpflichtung der DEFA-Stiftung, dafür zu sorgen, dass Öffentlichkeit. »Quellen zur Geschichte der DEFA und des Filmwesens sagen – als »märchenhaft« bezeichnet werden. Hinsicht- dieses Material einschlägigen wissenschaftlichen Ein- (3) – filmübergreifende Schwerpunkte? der DDR« erarbeitet werden könnte: Wo ist welches lich der mit der Produktion der Märchenfilme verbun- richtungen zur Verfügung stehen kann. n Wenn überhaupt, dann eine stärkere Berück- Schriftgut überliefert? Ist es erschlossen? Ist es benutzbar? denen konzeptionellen Verständigung – auch über ihre sichtigung der Fragestellung, dass Film in der Dabei geht es nicht nur um das Bundesarchiv, son- zeitbedingte Wirkung – ist wissenschaftlich noch einiges DDR etwas wollte, das sich mit der Zielperspek- dern auch um Archive auf regionaler, lokaler Ebene. aufzuarbeiten (siehe dazu die Anmerkungen im P. S.). tive der Schaffung einer menschlichen Gesell- Das Lichtspielwesen war territorial organisiert (wer ahnt (5) – derzeitige Interessen? Dr. Detlef Kannapin schaft umschreiben lässt. schon, daß im Landesarchiv Berlin ein paar Akten der Vielem des zum »DEFA-Thema« Vorliegenden ist in Wissenschaftlicher Autor zur Filmgeschichte, (4) – bisherige Veröffentlichungen? Parteiorganisation des DEFA-Kopierwerks liegen?). Was Ansätzen etwas immanent, das über die DEFA – genau- Ästhetik, Philosophie und Politik, Eine besondere Bedeutung gibt es hier nicht. Alle Pub- gibt’s an Dokumenten zum Film- und Lichtspielwesen er: über die DDR und ihre Geschichte – hinausweist, Kurator von Filmprogrammen likationen und Editionen sind gleichberechtigt, weil sie in der Sowjetischen Besatzungszone in den Unterlagen offene Fragen erkennen lässt. Zum Beispiel bezüglich zum Filmerbe gehören. Der dokumentarische Aspekt der Sowjetischen Militäradministration? Wo liegen der Koproduktionen. Das ist nicht statistisch-organisa- Liebe DEFA-Stiftung, dass es nun schon wieder zwanzig ist nicht hoch genug einzuschätzen, um späteren Gene- Nachlässe von Filmschaffenden? Grad der Erschlie- torisch oder finanzpolitisch gemeint; es bezieht sich auf Jahre her ist ... unglaublich. rationen ein Bild vom Sozialismus zu zeigen – für zukünf- ßung? Möglichkeiten der Benutzung? Wo befinden sich Fragen der geistig-konzeptionellen Struktur und Wer- tige Alternativen und zur Vermeidung von Fehlern. Ton- und Videoaufnahmen von Zeitzeugengesprächen? tigkeit der Resultate und ihre Wirksamkeit. Da wird man (1) – Filme, Programme, Werke? (5) – derzeitige Interessen? Welche Rundfunk- und Fernsehsendungen zur DEFA auf unausgetragene Widersprüche stoßen, vor allem Im Grunde werden die Genres und Programme der Zurzeit interessiert mich der Gegenwartsfilm der und zum Filmwesen in der DDR hat es gegeben? in unterschiedlichen Akzentsetzungen hinsichtlich der DEFA gut und gleich behandelt. Mir persönlich fehlt 1960er-Jahre mit seiner Konzentration auf die Schaffung Und wenn man sich beim Zusammentragen dieser Geschichtsbilder in den koproduzierenden Ländern der höchstens die stärkere Beachtung der DEFA-Stachel- einer sozialistischen Lebensweise. n Fakten noch nicht völlig verausgabt hat, könnte noch 14 15
eine Bibliografie ergänzt werden. Es bietet sich an, eine Verzweiflung bis in die Familien hinein aufzeigt. Auch chungen sein jenseits der wenigen Leuchttürme, solche Quellensammlung wegen der leichteren Ergänz- Jochen Kraußer – auf ihn wäre ich mal neugierig, habe die schon Bücher oder Ausstellungen ausgelöst barkeit nur im Internet einzustellen. n ich immer nur viel gehört. Er ist ja einer der wenigen, haben. der Erzählexperimente gewagt hat. (3) – filmübergreifende Schwerpunkte? Eine Box zum Thema Ministerium für Staatsicherheit, Hängt mit 1 und 2 zusammen. Vielleicht könnte man am besten in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale nicht nur unter thematischen, sondern auch unter ästhe- Cornelia Klauß für politische Bildung, wo es um differenzierte Betrach- tischen filmübergreifenden Themen interessante Kom- Filmwissenschaftlerin und Autorin tungen gehen sollte: Tangospieler + Verriegelte Zeit + binationen zusammen bringen. Auch Genres könnten von Dokumentarfilmen, Kuratorin von Schwarzer Kasten (beide letzteren Filme sind formal ja Themen sein, die Filmprogramme ergeben. Filmprogrammen u. a. an der Berliner Akademie auch sehr besonders!) + Stasischulungsfilme. (4) – bisherige Veröffentlichungen? der Künste in der Sektion Film- und Medienkunst (4) – bisherige Veröffentlichungen? Joris Ivens war überfällig, die Detailgenauigkeit hat Für mich sehr hilfreiche Bücher sind »Strategien der mich aber fast erschreckt. Beeindruckend, aber schwer Ich denke, es war richtig, die verbotenen Filme von Verweigerung« und »Cui bono, Fred Gehler?« zu lesen. Sehr interessant finde ich das Buch mit Golde, 64/65 noch einmal so herauszuheben, weil deren Sich- (5) – derzeitige Interessen? so etwas könnte öfter kommen, directly from the horses tung gezeigt hat, welche Potentiale, Stile und Hand- Mich interessiert immer, was Regisseure bewegt, warum mouth! schriften möglich gewesen wären. Was da abgebro- und wie sie Filme machen, aus welchem Ethos heraus, (5) – derzeitige Interessen? chen ist. Richtig finde ich auch, ein großes Augenmerk aus welchen autobiografischen Momenten sie schöp- Schön wäre, wenn dem Kurzfilm mehr Aufmerksamkeit auf die Herausbringung von DVD-Boxen zu legen. Das fen, wie sich das Filmemachen zwischen Ost und West geschenkt würde. Bei den Vorführungen im Arsenal ist nun mal das wichtige Verbreitungsmittel und immer unterscheidet. Daran läßt sich ja viel ablesen. Das was in und anderswo wäre es schön, mit den Filmen jeweils Gelegenheit, mit einem ordentlichen Booklet was zu den Zeitzeugengesprächen ja schon größtenteils doku- einen passenden »Vorfilm« zu zeigen. n begleiten und neu zu kontextualisieren. Kooperationen mentiert ist, kann auch gerne noch ein Buch werden. Da wie mit dem Filmmuseum München garantieren, dass könnte die jüngere Generation, die mehr Erfahrungen die Editionen in einem guten Umfeld erscheinen und und Vergleichsmöglichkeiten im Westen erfahren haben, von Kuratoren und Kinomachern wahrgenommen wer- mal mehr in den Vordergrund gestellt werden: Peter Dr. Andreas Kötzing den. Apropos Kino: Gerade haben wir Verwandlungen Kahane, Thomas Knauf (erzählen kann er), Karl-Heinz Kulturwissenschaftler und Autor zur Annekathrin Bürger und Armin Mueller-Stahl von Jürgen Böttcher in der AdK gezeigt. Eine tolle Res- Lotz. Und nur, weil ich den »großen Erzähler« Jürgen Film- und Mediengeschichte taurierung. Aber: Es handelt sich ja um ein Triptychon, in Frank Beyers antifaschistischem Drama Böttcher gerade erlebt habe. Sollte man nicht ein Buch wo die einzelnen Teile zwingend zusammengehören. Königskinder (Frank Beyer, 1962) über ihn erwägen? Er ist ja bald eine Jahrhundertfigur. n (1) – Filme, Programme, Werke? Bei der Digitalisierung aber wurde jeder Teil einzeln Grundsätzlich erscheint mir der DEFA-Filmstock gut abgeschlossen, durch Einblendung des Logos unter- erforscht, zumindest im direkten Vergleich zur Bundes- brochen. Das hat den Genuß des Films arg beschädigt. republik, da gibt es doch deutlich größere Lücken in der Kann man das nochmal korrigieren? me verwandeln sich in Dokumente einer anderen Zeit. Prof. Martin Koerber Filmgeschichte. Aber auch für die DEFA gibt es noch di- (1–3) – Filme, Programme, Werke, Persönlich- So läßt sich z. B. Regionalgeschichte erzählen (siehe die Leiter der Abteilung Film der Stiftung Deutsche verse »weiße Flecken«, vor allem jenseits der »großen Na- keiten, filmübergreifende Schwerpunkte? Prenzlauer Berginale – würde ich übrigens auch mal für Kinemathek, Filmregisseur und Wissenschaftler zur men« und abseits des Spielfilms, der ja wesentlich mehr Egon Günther, Frank Beyer, Konrad Wolf, Lothar Warne- einen Preis vorschlagen). In solchen Bezugssystemen Restaurierung von Foto, Film und Datenträgern Aufmerksamkeit gefunden hat als z. B. die animierten, cke, in Teilen Herrman Zschoche, Heiner Carow, Rainer erlebe ich großes Interesse. dokumentarischen oder populärwissenschaftlichen Filme Simon müssen, wo immer es um »deutsche« Filmge- Weiße Flecken sehe ich vor allem im Doku- (1) – Filme, Programme, Werke? der DEFA. Im Dokumentarfilmbereich ist beispielsweise schichte geht, mitbenannt werden. Darauf ist notorisch mentarfilmbereich: Petra Tschörtner. Berlin – Mir scheint, die bisherigen Sondierungen im DEFA-Be- viel über die »Leuchttürme« (Böttcher, Junge, Koepp) hinzuweisen. Wenn es gelingen könnte, von diesen Prenzlauer Berg könnte man nochmal richtig heraus- stand geben nach und nach ein ziemlich ausgewogenes gearbeitet worden, aber selten über die (nicht weniger Regisseuren mehr Filme als selbstverständliches Kul- stellen. Hat Kult-Potential. Marmor, Stein und Eisen Bild, in dem für mich auch immer wieder Überraschungen spannenden) Filme aus der zweiten, dritten Reihe. Um- turgut in den Filmkanon einzuspeisen, wäre schon viel ist zwar keine DEFA-Produktion mehr, aber verhandelt erscheinen. Mich persönlich interessieren immer noch fangreiche Studien (oder DVD-Editionen) zu den Filmen geholfen. Bei der Neu-Betrachtung von Regisseuren – DDR-Geschichte. Das wäre so ein Beispiel für erwei- die Schwarz-Weiß-Jahre mehr als die oftmals triste Orwo- von Richard Cohn-Vossen, Gitta Nickel, Kurt Tetzlaff, Karl- so wie ich es gerade mit den Regisseurinnen erlebe – terte Editionen. Und Thomas Heise – auch wenn er in- colorwüste nach 1967, obwohl auch in dieser natürlich In- heinz Mund oder Petra Tschörtner gibt es beispielsweise lohnt es, den Fokus auf das Gesamtwerk zu lenken. nerhalb der DEFA vorwiegend Verhinderung erfahren seln des Interesses liegen. Wenn es noch mehr (Wieder-) gar nicht, oder zumindest nur in wenigen Ansätzen. Also auch Hochschulfilme einzubeziehen und Editionen hat und so spröde er ist, seine Filme gehen tief rein in Entdeckungen wie Gejagt bis zum Morgen, Das zweite (2) – Persönlichkeiten? durch spätere Filme zu ergänzen. Ich plädiere an dieser die Geschichte, DDR als Steinbruch. Durch seine Nähe Gleis oder Königskinder gibt, würde ich mich freuen. Schwer zu sagen, da gibt es sicher noch viele. Über die Stelle sehr dafür, soweit das der DEFA-Stiftung über zu Brecht und Müller, durch seine Theaterarbeiten etc. (2) – Persönlichkeiten? Thorndikes (und ihren Einfluss auf das Filmschaffen in ihren Satzungsauftrag hinaus möglich ist, sich an den wird er in den gegenwärtigen Diskursen (um mal so Die Arbeit der Gewerke hinter den Kulissen könnte man der DDR, auch jenseits ihrer eigenen Filme) könnte man Rändern auszuweiten! Aber ich sehe auch, dass den ein Kuratorenwort zu nehmen) aufmerksam verhan- immer wieder mal beleuchten. Zwar hat Monika Schind- eine spannende (filmbiographische) Geschichte schrei- DEFA-Filmen zunehmend die Aufgabe zuteil wird, An- delt, auch in den Grenzbereichen wie Bildende Kunst. ler einen Bundesfilmpreis bekommen, was aber ist mit ben, die bis in die NS-Zeit zurückreicht und auch die laß zu sein, DDR-Geschichte zu erzählen. Im Sinne eines Er hat übrigens auch interessante Hörstücke (wie das den anderen Schnittmeister(innen), deren Arbeit nach westdeutsche Rezeption einbindet. Wenn es um Perso- anderen gesellschaftlichen Modells und der Anbindung Interview mit Erwin Geschonneck über seine KZ-Zeit) 1990 nicht weiterging? Man kennt sie nicht. Dramatur- nen geht, liegt der Fokus meines Erachtens generell (zu) an Geschichte werden sich vor allem auch in Zukunft gemacht. Eisenzeit halte ich für einen der wichtigsten gen, Produzenten, Kameraleute, Architekten, häufig auf den Regisseuren. Drehbuchautoren, Schnitt- immer wieder neue Generationen interessieren. Die Fil- Filme meiner Generation, der die Brüchigkeit und das könnten Schwerpunkte für weitere Untersu- meister(innen), Kameraleute oder Kostümbildner ste- 16 17
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