Romys Salon - Kino macht Schule
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Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Romys Großmutter hat sich in letzter Zeit verän- dert: Sie vergisst Dinge, alltägliche Sachen fallen ihr schwer. Bald kann sie nicht mehr in ihrem Friseur- salon arbeiten, denn sie ist unheilbar an Alzheimer erkrankt. Das Thema Demenz wird in Romys Salon kindgerecht aus Sicht der zehnjährigen Titelhel- din erzählt, die ihre Oma ganz neu kennenlernt. kinofenster.de zeigt, wie im Film die Krankheit ver- mittelt wird und welche Rolle Humor dabei spielt. Unsere Videoanalyse beschäftigt sich anhand von ausgewählten Szenen mit der Erzählperspektive. Zum Film des Monats Januar gibt es Begleitmaterial für den Unterricht ab der 5. Klasse.
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Inhalt FILMBE S P R E C H U N G 03 Romys Salon VIDEOA N A L Y S E 05 Die Erzählperspektive in Romys Salon HINTER G R U N D 07 Krankheit im Film Romys Salon ANREGU N G E N 09 Außerschulische Film- arbeit mit Romys Salon UNTERR I C H T S M A T E R I A L 11 Arbeitsblatt Romys Salon - DIDA K T I S C H - M E T H O D I S C H E K O M M E N T AR E – DREI AUFGABEN ZUM FILM AB KLASSE 5 17 Filmglossar 25 Links und Literatur 26 Impressum www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmbesprechung: Romys Salon (1/2) Kapsalon Romy Niederlande, Deutschland 2019 Kinderfilm, Drama, Literatur- verfilmung Kinostart: 30.01.2020 Verleih: Farbfilm Verleih Regie: Mischa Kamp Drehbuch: Tamara Bos nach ihrem gleichnamigen Buch Darsteller/innen: Vita Heijmen, Beppie Melissen, Noortje Her- laar, Guido Pollemans, George Tobal, Sascha Geršak u. a. Kamera: Melle van Essen Laufzeit: 90 min, Deutsche Fassung Format: Digital, Farbe, Breitwand Romys Salon Barrierefreie Fassung: nein Filmpreise: Auswahl: Frankfur- ter Buchmesse Film Award 2018: 3 Die zehnjährige Romy, deren Eltern getrennt leben, darf neuerdings im Friseur- Best International Literary (26) salon ihrer Oma Stine aushelfen. Die alte Dame ist nämlich ein wenig Adaptation for Children or Young schusselig geworden. Als sich ihr Zustand verschlechtert, muss ihre Familie Adults; Kristiansand Interna- handeln, denn Stine hat Alzheimer. tional Children’s Film Festival 2019: BFF Children’s Film Award; Tel Aviv International Children’s W as ist nur los mit Oma Stine? Wieso kann sie plötzlich einfachste Rechen- aufgaben nicht mehr lösen? Weshalb legt Kind mit der Alzheimer-Erkrankung seiner Großmutter umzugehen lernt und behält dabei konsequent die Sichtweise der jun- Film Festival 2019: Bester Film (Professionelle Jury), Bester Film (Kinderjury) u.a. sie ein Buch in den Kühlschrank? Und war- gen Protagonistin bei. So entfaltet sich das FSK: ohne Altersbeschränkung um vergisst sie Sachen, von denen sie eben ernste Thema erst allmählich. Am Anfang FBW-Prädikat: Besonders wertvoll noch selbst gesprochen hat? Die zehnjäh- stehen die alltäglichen Probleme von Romy Altersempfehlung: ab 10 J. rige Romy versteht ihre Großmutter nicht im Mittelpunkt, die eigentlich gar keine Klassenstufen: ab 5. Klasse mehr, die in einer niederländischen Klein- besonders enge Bindung zu ihrer Oma hat Themen: Kindheit/Kinder, Alter, stadt einen Friseursalon betreibt und sich und mehr oder weniger widerwillig Zeit mit Krankheit, Familie, Verantwortung neuerdings seltsam verhält. „Früher dachte dieser verbringen muss. Unterrichtsfächer: Deutsch, ich, dass ich alles wüsste und meine Oma Sachkunde, Ethik, Lebenskun- dumm wäre“, erzählt Romy zu Beginn des Geschichte einer Annäherung de, Religion, Sozialkunde/ Films in einem Voice-Over-Kommentar. zwischen Jung und Alt Gemeinschaftskunde, Biologie, „Aber eigentlich“, ergänzt sie, „wusste ich Romys Eltern haben sich vor kurzem ge- Darstellendes Spiel gar nichts.“ trennt und nun muss die Mutter noch länger Schon die ersten Sätze von Romy lassen arbeiten, um den Lebensunterhalt für sich erahnen, dass nicht alles so ist, wie es zu- und ihre Tochter zu verdienen. Damit Romy nächst scheint. Romys Salon, die Adaption nicht allein ist, muss sie nach der Schule des gleichnamigen Kinderbuchs von Ta- zu ihrer Großmutter gehen. Doch die fast mara Bos, erzählt sensibel davon, wie ein 70-jährige Stine ist von ihrer Aufgabe als www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmbesprechung: Romys Salon (2/2) Babysitterin nicht gerade begeistert. Sie hat lon verursacht, verschärft sich die Lage. Kommentar vermittelt Romy immer wieder genug als Friseurin zu tun. Ein Kind stört da Sie muss ihr Geschäft aufgeben und in ein Einblicke in ihre Gedankenwelt. Sie macht nur. So sitzt Romy in der dunklen Dachge- Heim ziehen. Für Stine ist das eine Katast- deutlich, dass auch schwierige Situationen schosswohnung über dem Salon und lang- rophe. Die gebürtige Dänin vermisst ihr al- zum Leben dazu gehören – und dass diese weilt sich furchtbar. Das ändert sich, als tes Zuhause und sehnt sich danach, noch sich gemeinsam bewältigen lassen. Romy eines Nachts aufwacht und feststellt, einmal an den Ort ihrer Kindheit zurückzu- dass ihre Oma sie allein gelassen hat. „Du kehren – und Romy setzt alles daran, um Autor: hast mich vergessen“, wirft Romy Stine nach ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Stefan Stiletto, Medienpädagoge mit deren Rückkehr vor. Und ihre Oma kann es Schwerpunkt Filmkompetenz und Filmbil- nicht leugnen. Zum ersten Mal wird ihr be- Ernste Themen hoffnungsvoll dung, 21.01.2020 wusst, dass mit ihrem Gedächtnis etwas erzählt nicht stimmt und dass sie Unterstützung Während Stine ihre Selbstständigkeit ver- braucht. Ein bitterer Moment der Erkennt- liert, lernt Romy, ihr Leben selbst in die nis, der jedoch nicht zu einem Zerwürfnis Hand zu nehmen. Dass der Film dabei vor zwischen der Großmutter und der Enkelin allem im letzten Drittel ein wenig ins Mär- führt, sondern diese auf wunderbare Weise chenhafte abgleitet, wirkt dabei nicht stö- zusammenschweißen wird. Denn von nun rend. Denn getragen wird das Drama von an steht Romy nicht mehr länger nur in der dem Zusammenspiel der beiden Protago- Obhut ihrer Oma. Sie kann Verantwortung nistinnen, die sich mit ihren Stärken und übernehmen und fortan auf ihre Oma auf- Schwächen neu entdecken. Es sind aller- passen. lei ernste Themen, die Romys Salon dabei 4 auf warmherzige und humorvolle Weise (26) Vertauschte Rollen aufgreift. Der Film erzählt über das Altern, In einer schwungvoll inszenierten Mon- über die Vergänglichkeit und Abschied- tagesequenz zeigt der von Mischa Kamp nehmen, aber auch über durch Krankhei- (Winky will ein Pferd (2005), Tony 10 ten ausgelöste physische und psychische (2012)) inszenierte Film, wie Romy von Veränderungen, über den Wert von Erin- ihrer Großmutter angeleitet wird und zu- nerungen und die Bedeutung des Gedächt- nehmend wichtige Aufgaben im Friseur- nisses. Durch prägnante Szenen gelingt salon übernimmt, vom Kaffeekochen über es dem Film, einem jungen Publikum ein das Eindrehen von Lockenwicklern bis zu Gespür dafür zu vermitteln, was Alzheimer der Abrechnung der Tageskasse. Romy als Krankheit bedeutet – vor allem auch genießt die Zeit mit ihrer Oma, die mit ihr im Hinblick auf familiäre Beziehungen. Die auch ausgefallene Ausflüge unternimmt Inszenierung findet dafür ausdrucksstarke und ihr plötzlich teure Geschenke kauft. Bilder: Dunkle Farben prägen den Film, der Für Romy zählt der Moment und das Glück häufig in engen Innenräumen spielt, die des Augenblicks. Die gemeinsame Zeit mit durch die Cadrage noch kleiner gemacht Stine ist für Romy viel wichtiger als die mit- werden. Hinzu kommen häufige Blicke der unter krampfhaften Treffen mit ihrem Va- Kamera von außen nach innen, die durch ter. Noch hat Romy kein Gefühl dafür, dass Jalousien oder Schatten gestört werden ihre Großmutter immer mehr die Kontrol- und die Innenräume wie Gefängnisse wir- le über sich verliert und die Reichweite ken lassen. ihrer Entscheidungen falsch einschätzt. Obgleich Romys Salon gerade zum Ende Nachdem bei Stine erst Alzheimer diag- hin sehr zu Herzen geht, wirkt er jedoch nostiziert wird und sie bald darauf verse- nicht hoffnungslos. Im Gegenteil: Über hentlich einen Brand in ihrem Friseursa- den sparsam eingesetzten Voice-Over- www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Videoanalyse: Die Erzählperspektive in Romys Salon (1/2) Erwachsenen trennen. Hinzu kommen untersichtige Kameraeinstellungen und Draufsichten, die Romys Sichtachse und die der Erwachsenen imitieren. Außerdem einige subjektive Einstellungen, die Romys Perspektive zeigen, sogenannte Point-of- View-Bilder. Schauen wir drei Filmszenen genauer an und achten darauf, wie die In- szenierung Romys Erzählperspektive kon- kret umsetzt. Eröffnungsszene – Romy als Identifikationsfigur Die Eröffnungsszene führt die Hauptfiguren und die Erzählperspektive ein. Noch bevor das erste Bild erscheint, spricht Romy in einem Voice-Over vor graublauem Hinter- grund. DIE ERZÄHLPERSPEKTIVE Filmszene: IN Romys Salon Romy: Früher dachte ich, dass ich alles 5 wüsste und dass meine Oma dumm wäre. (26) Aber eigentlich wusste ich gar nichts. Die Geschichte von Romys Salon wird überwiegend aus der Sicht der zehnjährigen Titelfigur erzählt. Anhand von drei Szenen zeigt Das Eröffnungsbild führt Romy in einer na- die Analyse auf, mit welchen filmischen Mitteln diese Perspektive hen Einstellung als Off-Erzählerin und Iden- vermittelt wird. tifikationsfigur ein. Die Bildschärfe liegt auf Romy, insbesondere auf ihren graublauen Augen, die an die Farbe des vorangestellten Hinweis: Das Video ist hier verfügbar: niswelt und Perspektive an. Ganz klassisch Hintergrunds erinnern. Links: Romys Groß- https://www.kinofenster.de/filme/ meldet sich Romy als Erzählerin in einem mutter, von der vor allem die Hände ins archiv-film-des-monats/kf1912/kf1912- Voice-Over zu Wort. Bild ragen. Die folgende Einstellung klärt the-peanut-butter-falcon-hg1-jonas- die Aufteilung der Personen im Raum. Die sippel/ Filmszene: Oma und die Mutter stehen ganz außen am Romy: Stine Rasmussen, so heißt meine linken und rechten Bildrand und unterhal- Im Folgenden können Sie die Video-Ana- Oma. Der Name kommt aus Dänemark. ten sich über Romys Kopf hinweg. Beide lyse auch im Textformat nachlesen. sind nur im Anschnitt zu sehen, und beide Die Welt der Erwachsenen bleibt weitge- spiegeln sich unscharf im Spiegel. Von hier hend außen vor – wie hier, wenn der An- springt der Film in das erste Bild zurück. Filmszene: wohner in der Unschärfe am Bildrand steht. Stine: Das ist der Schlüssel für den Salon. Filmszene: Filmszene: Romy: Nein! Romys Salon nimmt überwiegend die Per- Romy: Dies ist unsere Geschichte, die Romys Mutter: Kann Romy nach der Schule spektive der Hauptfigur Romy ein, durch Geschichte von meiner Oma und mir. hierher kommen? deren Augen wir die Alzheimer-Erkrankung der Großmutter miterleben. Verschiedene Oder wenn Fensterscheiben und ande- Die Eröffnungsszene besteht aus zwei ver- filmsprachliche Mittel zeigen Romys Erleb- re Gegenstände Romy von der Welt der schiedenen Kameraperspektiven und www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Videoanalyse: Die Erzählperspektive in Romys Salon (2/2) sieben einzelnen Einstellungen. Romy ist Filmszene: Filmszene: im ersten und letzten Bild der Szene zu se- Romy: Oma? Stine: Natürlich ist er auf der. Wo auch sonst! hen. Hundebellen auf der Straße Nachbarin auf der Straße: Nicht so schnell! Der Fokus liegt weiter auf Romy. Die Er- Nachts im Haus – Romy wachsenen agieren in der Unschärfe. Romy beobachtet und wird beobachtet Relevant ist hier, dass das Gespräch mit der gibt auch das Ende der Szene vor: Die Ka- Schauen wir eine weitere Szene, die Romys Anwohnerin und die Ankunft der Großmut- mera entfernt sich mit ihr. Sicht durch subjektive und beobachtende ter von drinnen gefilmt sind. Kameraperspektiven vermittelt. Fazit Filmszene: Neben dem erzählerischen Fokus auf Romy Filmszene: Nachbarin auf der Straße: tragen ihr Voice-Over-Kommentar, subjek- Stine: Natürlich bin ich mir sicher! Du Sei doch mal still, Tino! tive Einstellungen und Beobachterperspek- kannst einfach nicht rechnen! Guck mich Hundebellen auf der Straße tiven und die imitierten Sichtachsen dazu nicht so an! Ich bin nicht verrückt! Nachbarin: Nicht so schnell! bei, dass Romys Salon aus Romys Perspek- Herr Van Puten: Das sage ich doch auch Romy: Oma ist weg! tive erzählt ist. nicht. Aber, die Sache ist die: Wenn ich die Nachbarin: Deine Oma? Sie kommt sicher ganzen Einnahmen zusammenzähle, dann gleich zurück. Geh schnell wieder ins Bett. Filmszene: müsste eigentlich genug Geld da sein. Ein Auto hupt auf der Straße. Stine: Und wir nennen ihn „Romys Salon“! Stine: Sehr gut! Gut? Der Film springt nicht nach draußen, son- Erneut beginnt die Szene mit Romy, die aus dern bleibt konsequent bei Romy. Autor: 6 der Unschärfe ins Bild läuft. Die Diskussi- Christian Horn, freier Filmjournalist (26) on der Erwachsenen ist aus Romys Sicht Filmszene: in Berlin, 21.01.2020 gefilmt. Der Türrahmen verdeckt dabei Stine: Herrlich, herrlich! Oh, eine tolle Fahrt! teilweise den Blick – eine Beobachterpers- Das ist sooo gut! pektive. Die nächste Einstellung blickt über Nachbarin: Stine! Romy! Romys Schulter auf die Erwachsenen, die in der Unschärfe bleiben – eine Overshoulder- Im Krankenhaus – Einstellung. Wir schauen gemeinsam mit Romy als Komplizin Romy auf das Geschehen. Kommen wir zur dritten Szene: Obwohl es inhaltlich um die Diagnose der Großmutter Filmszene: geht, steht Romys Reaktion im Mittelpunkt. Stine: Seltsam. Abermals beginnt der Sinnabschnitt mit Herr Van Puten: Ja, wirklich seltsam. einer Draufsicht auf Romy. Die zweite Ein- stellung zeigt Romy von der Seite, hinter ihr Auch die Anschlussszene nimmt teilweise der Krankenhausflur. Die Großmutter sitzt Romys Perspektive ein. Die Aufnahme des rechts hinter einer Scheibe im Behand- Weckers zeigt an, dass Zeit vergangen ist. lungszimmer. Eine subjektive Einstellung. Im Badezimmer wird Romy ihrerseits aus einer Beobachterperspektive gezeigt. Un- Filmszene: mittelbar danach imitiert die Kamera wie- Arzt: Hier haben wir einen Apfel. der Romys Blick, was auch der Schwenk Stine: Ja, das sehe ich auch. von unten nach oben verdeutlicht. Später in der Szene folgt die Kamera Romy. Romy Wo ein Schnitt in den Behandlungsraum hört Geräusche von der Straße, doch die erwartbar wäre, bleibt die Szene bei Romy. Außentür ist verschlossen. Romy beobachtet. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Hintergrund: Krankheit im Film Romys Salon (1/2) Demenz (lat. demens „ohne Geist“, „ohne Verstand“) ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, die dazu führt, dass Menschen nach und nach ihre erworbenen kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten verlieren. Erkrankte leiden zunächst unter Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, später unter Verlust des allgemeinen Denk- und Urteilsvermögens sowie der Sprach- und Orientierungsfähig- keit. Damit einhergehend sind Stimmungs- schwankungen zu beobachten. Bei manchen Demenzkrankten kann es auch zu Persönlich- keitsveränderungen kommen. Demenz zählt zu den häufigsten Krank- heiten im Alter. Weltweit sind schätzungs- weise mehr als 47 Millionen Menschen an Demenz erkrankt (WHO, 2015). In Deutsch- land liegt die Zahl bei etwa 1,7 Millionen KRANKHEIT IM FILM 7 Erkrankten (DAlzG, 2018). Allgemein wird (26) unter verschiedenen Formen von Demenz unterschieden. Die häufigste Demenzform ist die Alzheimer-Krankheit, an der über Romys Salon 60 Prozent aller Demenzkranken leiden. Romys Großmutter ist krank. Sie hat Alzheimer. Erst wirkt sie nur verwirrt, Auch Stine Rasmussen in Romys Salon ist dann verliert sie zunehmend die Kontrolle über ihr Leben. Romys Salon von dieser Form der Demenz betroffen. Der erzählt realitätsnah, aber auch humorvoll vom Verlauf der Krankheit und Verlust der kognitiven Fähigkeiten ist unter zeigt, wie Romy lernt damit umzugehen. anderen auf das fortschreitende Abster- ben der zerebralen Nervenzellen und ihrer Verbindungen untereinander (Nervenzell- Romys Salon erzählt die Geschichte der render Blick, der die kranke Frau vorführt. kontakte) zurückzuführen. Bei etwa 20-30 zehnjährigen Romy und ihrer Großmutter Dem Film gelingt eine feinfühlige und auf- Prozent der Erkrankten wird eine vaskuläre Stine, die mit fast 70 Jahren noch ihren geschlossene Herangehensweise, die auf Demenz diagnostiziert, die durch eine eigenen Friseursalon betreibt, als sie an die belastenden wie die stärkenden Erleb- Gefäßverengung und Durchblutungsstörung Demenz erkrankt. Konsequent aus Romys nisse schaut, nachfragt und Mut macht. Für des Gehirns entsteht. Sie ist, wie auch die Perspektive erzählt, befasst sich der Film Kinder wie Erwachsene wird dabei erlebbar, Alzheimer-Krankheit und andere primäre mitfühlend und humorvoll mit einer un- dass Demenzkranke bald schon nicht mehr Demenzen, nicht heilbar. heilbaren Krankheit, die für die Erkrank- „die Alten“ sind, aber auch, dass sich in der ten wie für die Angehörigen mit großen Krankheit neue Wege im menschlichen Zu- Die Ursachen der meisten Demenzformen Lebensveränderungen verbunden ist und sammenleben eröffnen können. sind bislang nicht ausreichend erforscht. macht die Gefühle der Enkelin ebenso Demenz wird in Romys Salon am Bei- Genetische Faktoren können eine Rolle nachvollziehbar wie die Empfindungen und spiel der Alzheimer-Krankheit vermittelt. spielen. Man geht davon aus, dass geistige Bedürfnisse ihrer Oma. Der Blick des Kin- Der Film bindet die Krankheit mit ihren drei Aktivität, aktive soziale Teilhabe und des ist kein naiver Blick, der ausspart oder Phasen in die Dramaturgie der Geschichte regelmäßige körperliche Bewegung vorbeu- verharmlost. Es ist kein mitleidender Blick, und die Beziehungsentwicklung zwischen gend wirken können. der dramatisiert und auch kein diskreditie- Romy und ihrer Oma ein. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Hintergrund: Krankheit im Film Romys Salon (2/2) „Manchmal ist mein Kopf auch mal selbstironisch zu ihrem Verhal- Schließlich nimmt auch Romys Mutter die voll und dann ist er plötzlich ten äußert, das immer mehr jeder Logik Veränderungen wahr und drängt auf einen leer.“ – Wenn sich die entbehrt. So lacht man nicht über sie, son- Arztbesuch. Stine fällt es schwer, die Diag- Krankheit bemerkbar macht dern mit ihr. Diese Haltung setzt sich im nose Alzheimer zu akzeptieren und schickt Alzheimer beginnt schleichend. Betroffene humorvollen Erzählton des Films fort, der die Tagespflegerin mehrfach fort – erst haben zunächst kleine Gedächtnislücken, es ermöglicht, schwierigen Alltagssituati- noch aus Unwillen, dann aus Misstrauen verlegen immer häufiger Gegenstände und onen zu begegnen, ohne dabei jedoch nur und Unwissenheit. suchen nach ihnen. Einfache alltägliche Auf- an der Oberfläche zu bleiben. Denn gerade gaben im gewohnten Umfeld werden aber der bewusst intensivierte Umgang mit Pro- „Was ist wichtiger: Schule oder noch gut gemeistert. So ist Romy zunächst blemen hilft, diese in ihrem Kern aufzuzei- Oma?“ – Leben mit der Krankheit amüsiert, als sich Oma Stine mit dem Wech- gen. Wenn Stine Wechselgeld in ihrem BH Mit einem versehentlich verursachten selgeld verzählt, die neue Kasse nicht be- verschwinden lässt oder einen Teller in den Brand im Friseursalon und dem Umzug dienen kann und eine Verabredung vergisst. Toaster steckt, wenn Romy und ihre Mutter in ein Pflegeheim, greift der Film die Ent- Erst mit der Zeit merkt sie, dass mit ihrer ein Buch im Kühlschrank entdecken oder wicklung hin zu einer schweren Demenz Oma etwas nicht stimmt. erleben, wie Stine Romys Vater Willem mit auf. Erkrankte sind ab diesem Stadium auf Je vergesslicher Stine wird, desto öfter Henk verwechselt, lädt das zum Schmun- vollständige Betreuung angewiesen. Das geht ihr Romy zur Hand. Im frühen Stadi- zeln ein. Diese Leichtigkeit wappnet zu- Sprachverständnis geht verloren, Familien- um nehmen Betroffene die Krankheit noch gleich für die nächsten Szenen, die auch mitglieder werden bald nicht mehr erkannt. selbst wahr. In Romy hat Stine eine Verbün- anders ausgehen können. Romy will unbedingt, dass es ihrer Oma dete, der sie sich anvertrauen und mit deren besser geht und fährt mit ihr heimlich nach Hilfe sie ihre beginnende Demenz vor ande- „Was denkst du, was ich habe? Dänemark. Dort angekommen weiß Stine 8 ren verbergen kann. Romy wiederum freut Ich hoffe, ich bin nicht dement.“ plötzlich nicht mehr, wo sie ist. Aufgebracht (26) sich, die Nachmittage nicht mehr alleine zu – Schrittweiser Kontrollverlust weist sie Romy von sich und macht sich in verbringen und Verantwortung übertragen Auf Romys anfängliche Amüsiertheit über die Hose. Romys Salon spart auch hier die zu bekommen. Die Anerkennung und wach- Stines komisches Verhalten, folgt immer wachsenden Herausforderungen nicht aus: sende Beziehung zu ihrer Oma stärken das größere Sorge. In der Phase der mittel- Romy hat Angst um ihre Oma und gelangt Mädchen. schweren Demenz lassen sich die Symp- an ihre Grenzen. Sie muss lernen, dass sie Auch durch Oma Stines Erzählungen über tome irgendwann nicht mehr übersehen. die Krankheit nicht aufhalten kann und ihre Vergangenheit kommen sich die beiden Erkrankte wie Stine verlieren immer mehr dass Verantwortung und Fürsorge auf viele näher. Während Stines Kurzzeitgedächt- das Zeit- und Ortsgefühl, haben Wortfin- Schultern verteilt werden muss. nis schwindet, sind ihre Erinnerungen an dungsschwierigkeiten und benötigen im Aufgefangen werden derartig belastende die Kindheit und Jugend noch präsent. Sie Alltag Unterstützung. Stine verliert zuneh- Erlebnisse von der im Verlauf der Geschichte träumt von dem Strand ihrer Kindheit, er- mend die Fähigkeit, ihren Beruf auszuüben, gefestigten Beziehung zwischen Großmut- zählt, wie sie ihren Mann Henk kennenlernte sie vergisst Termine und taucht eines Tages ter und Enkelin. Der natürliche Umgang mit und mischt plötzlich Worte aus ihrer Mutter- im Nachthemd im Salon auf. Als sie ihrer ihrer Oma lässt Romy unbefangen auf deren sprache Dänisch in die Sätze. Neugierig hört Enkelin ihren Ladenschlüssel anvertraut, Verhaltensänderungen eingehen und die Romy zu und lernt ihre Oma besser kennen. erlebt Romy das als großen Vertrauens- passende Kommunikationsebene finden. In einer Phase, in der sich der Alltag für die beweis. Es wird klar, dass sie nun vielmehr So wie Romy wissen am Ende auch die Zu- Erkrankten und ihre Familien allmählich ver- auf ihre Oma aufpasst, als umgekehrt. Der schauenden: Auch mit einem vertrauten ändert, kann das Beziehungen festigen. Film beschreibt auch in dieser Phase auf- Lied oder einer festen Umarmung lässt sich tretende Stimmungsschwankungen: Dem über Gefühle sprechen. Und trotz unheilba- „Gut, dass mein Kopf festsitzt, übermütigen Frohsinn, mit dem Stine und rer Krankheit kann Romy mit ihrer Oma im- sonst würde ich den auch noch ihre Enkelin mit dem zwischen den Sofakis- mer noch eine schöne Zeit verbringen. vergessen.“ – Humor im Film sen gefundenen Geld zum Einkaufsbummel Ebenfalls entlastend wirkt für Romy wie losziehen, stehen auch Stines Traurigkeit Autor: die Zuschauenden, dass Oma Stine eine und Antriebslosigkeit in anderen Szenen Lisa Haußmann, Filmwissenschaftlerin lebensfrohe, humorvolle Frau ist, die sich entgegen. und freie Filmvermittlerin, 21.01.2020 www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Anregungen: Außerschulische Filmarbeit mit Romys Salon (1/2) AUSSERSCHULISCHE FILMARBEIT MIT The Peanut Butter Falcon Vorschläge für die freie Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren Zielgruppe Thema Fragen und Vorgehen Ab 10 Jahren Mein „Lieblingsort“ Fragen: Was sieht Romy auf dem Bild im Schlafzimmer von Großmutter Stine? Wo befindet sich dieser Ort in der Realität und welche Bedeutung hat er? Vorgehen: Nach dem Filmbesuch gemeinsames Gespräch über diesen Lieblingsort. An welchen Orten fühlen sich die Kinder der Lerngruppe besonders wohl und warum? Anschließend Gestal- tung (Bild, Zeichnung, Collage) des eigenen Lieblingsortes. Demenz/Alzheimer Fragen: Was ist Demenz/Alzheimer? Wie äußert sich diese Krankheit und was bedeutet sie für die Betroffenen 9 und Angehörigen? (26) Vorgehen: Vor oder nach dem Filmbesuch Recherche on- und offline zum Thema Demenz/Alzheimer, beispielsweise auf bpb.de. Anschließend gemeinsames Gespräch mit Ergebnisabgleich. Erinnerungsfotos Fragen: Welche Rolle spielen Erinnerungen im gesehenen Film? An was erinnert man sich gerne und wie können Erinnerungen festgehalten werden? Vorgehen: Im Film geht es immer wieder um das Thema „Erinnerung“, die mehr oder weniger weit zurückliegen. Nach dem Filmbesuch erstellen die Kinder selbst Fotos von Dingen, die ihnen sehr wichtig sind. Dies können Gegenstände sein oder Personen, Tiere und gestellte Situationen. Dazu verfassen sie jeweils ein oder zwei erklärende Sätze. Postkarten aus Dänemark Fragen: Warum reist Romy heimlich mit ihrer Oma Stine nach Dänemark? Wie kommen sie nach Dänemark und wie geht es Romy und Stine dort? Nach dem Filmbesuch schreiben die Kinder aus Romys Sicht Postkarten an deren Mutter. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Anregungen: Außerschulische Filmarbeit mit Romys Salon (2/2) Alternatives Filmplakat Fragen: Wie sieht das Filmplakat aus? Welche Erwartungs- haltung wird bei den potentiellen Filmbesucher/-innen erzeugt? Wie könnte man das Plakat alternativ gestalten? Vor dem Filmbesuch analysieren die Kinder gemeinsam das Filmplakat und formulieren ihre Erwartungen an den Film. Nach der Filmsichtung besprechen sie, inwieweit ihre Erwartungen erfüllt wurden und entwerfen ein oder meh- rere alternative Filmplakat(e). Diese können gezeichnet oder gemalt, als Collage gestaltet oder mit einem entspre- chenden Programm am Computer erarbeitet werden. Hilfe annehmen Fragen: Warum fällt es manchmal schwer, Hilfe von anderen anzunehmen? Wie verhält es sich im Film? Wie unterstützen und helfen sich Romy und Stine? Nach dem Filmbesuch sprechen die Kinder über die Bedeutung von Hilfe und darüber, wo sie selbst welche benötigen oder leisten können. 10 Kater Jens Fragen: Wie heißt der Kater im Film? Welche Rolle spielt er? (26) Wie ist es wohl für ihn, dass er nicht in den Salon darf? Und als Stine immer häufiger etwas vergisst oder anders reagiert/handelt als er es gewöhnt ist? Großmutter Stine hat einen Kater namens Jens. Er wird häufig im Film gezeigt, wie er geduldig zuschaut oder döst. Nach dem Filmbesuch schreiben die Kinder einen inneren Monolog aus Jens’ Sicht. Romys Salon Fragen: Eigentlich sollte Romy den Friseursalon später erben. Was wäre wohl passiert, wenn das geklappt hätte? Wie würde der Salon aussehen? Nach dem Filmbesuch erarbeiten die Kinder eine kurze Szene, die zehn Jahre später spielt. Romy ist 20 und Inhaberin von Romys Salon. Umgesetzt werden kann die Szene als Drehbuch, Storyboard oder/und Handyvideo. Autorin: Hanna Falkenstein, Kulturwissenschaft- lerin und Autorin von pädagogischen Materialien, 21.01.2020 www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Arbeitsblatt: Romys Salon – Aufgabe 1/Didaktisch-methodischer Kommentar Aufgabe 1 HERANFÜHRUNG AN DEN FILM Romys Salon Didaktisch-methodischer Kommentar Hinweis: Die Filmausschnitte für dieses Arbeitsblatt finden Sie als Videostream unter: https://www.kinofenster.de/filme/aktueller-film-des-monats/kf2001-romys-salon-arbeitsblatt/ – Kompetenzerwerb: Im Deutschunterricht liegt der Schwerpunkt auf der Charakteri- Fächer: sierung. Fächerübergreifend wird die Wir- Deutsch, Sachkunde ab Klasse 5 kung filmästhetischer Mittel eingeführt, beziehungsweise vertieft. Die Schülerinnen und Schüler sehen sich den Clip „Das ist unsere Geschichte“ an, in dem Romy die Filmhandlung einleitet und über ihre Großmutter erzählt. Anschließend 11 formulieren die Schülerinnen und Schüler (26) im Plenum ihre Erwartungen an den Film. Nach der Sichtung des gesamten Films be- nennen sie filmästhetische Mittel und deren Wirkung, beispielsweise wie das Fortschrei- ten der Demenz verdeutlicht wird. Im Plenum werden die Ergebnisse vergli- chen und über das Verhältnis von Romy und Stine gesprochen. Die Schülerinnen und Schüler verfassen eine Charakterisierung der beiden Figuren und berücksichtigen da- bei die Entwicklungen, die sie durchleben. Autorin: Hanna Falkenstein, Kulturwissenschaft- lerin sowie Autorin von pädagogischen Materialien, 21.01.2020 www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Arbeitsblatt: Romys Salon – Aufgabe 1 Aufgabe 1 HERANFÜHRUNG AN DEN FILM Romys Salon VOR DER FILMSICHTUNG: NACH DER FILMSICHTUNG: h) Teilt euch in zwei Gruppen A und B auf. Jedes Mitglied der Gruppe A charak- a) Seht euch folgenden Ausschnitt d) Wie hat euch der Film gefallen? terisiert in Einzelarbeit Romy, jedes aus dem Film Romys Salon an und Fasst das Gesehene in wenigen Mitglied der Gruppe B Stine. Haltet achtet dabei besonders auf Romys Worten zusammen und besprecht eure Ergebnisse stichpunktartig fest Beschreibung ihrer Großmutter. Fasst im Plenum, ob eure Erwartungen und vergleicht anschließend inner- zusammen, was ihr über die Figu- aus Aufgabe b) erfüllt wurden. halb der Gruppe eure Ergebnisse. ren und das Verhältnis der beiden erfahrt. Geht auch darauf ein, wie e) Seht euch den folgenden Ausschnitt Hinweis: Nutzt gegebenenfalls dies durch filmästhetische Mittel noch einmal an und erklärt, inwieweit folgende Hilfestellung. unterstrichen wird. Achtet auf Musik, er die Veränderung des Verhältnisses Schnitte und Kameraeinstellungen. zwischen Romy und Stine verdeutlicht. ARBEITSSCHRITTE DER 12 b) Tauscht euch darüber aus, wie f) Fasst zusammen, wie Romy ihrer CHARAKTERISIERUNG (26) der gemeinsame Alltag von Stine Oma hilft. Würdet ihr Romy als und Romy aussehen könnte. (nicht) mutig bezeichnen? Be- 1. Fakten zur Person: gründet eure Entscheidung. Alter, Herkunft, Äußerlichkeiten, Beruf, WÄHREND DER FILMSICHTUNG: gesellschaftlicher Status und andere g) Mit welchen filmästhetischen Mittel Merkmale, die das Umfeld und die Figur c) Seht euch jetzt den gesamten Film wird das Fortschreiten der Krank- näher charakterisieren. an, achtet dabei besonders auf die heit Stines verdeutlicht? Seht euch Entwicklung der Beziehung zwischen dazu noch einmal folgenden Clip 2. Verhalten der Figur: Romy und Stine. Was verändert sich an und erläutert die Wirkung der Wie verhält sich die Figur? Wie spricht und welche filmästhetischen Mittel Mise-en-scène und der Kamera- sie und gibt es dabei Auffälligkeiten? werden eingesetzt, um diese Verän- einstellungen beispielsweise. Gibt es innere Konflikte, wichtige derung zu verdeutlichen? Haltet eure Ansichten oder bestimmte innere Ergebnisse unmittelbar nach dem Konflikte? Filmbesuch stichpunktartig fest. 3. Entwicklung der Figur: Hat sich die Figur im Laufe der Erzäh- lung verändert? Hat sie ihre Ansichten über Bord geworfen oder verhält sie sich am Ende anders als zu Beginn? i) Erstellt nun einen Steckbrief zu eurer Figur. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Arbeitsblatt: Romys Salon – Aufgabe 2/ Didaktisch-methodischer Kommentar Aufgabe 2 DER ORT DER KINDHEIT IN Romys Salon Didaktisch-methodischer Kommentar Hinweis: Die Filmausschnitte für dieses Arbeitsblatt finden Sie als Videostream unter: https://www.kinofenster.de/filme/aktueller-film-des-monats/kf2001-romys-salon-arbeitsblatt/ – Kompetenzerwerb: Im Deutschunter- richt liegt der Schwerpunkt auf der münd- Nach dem Filmbesuch werden die Eindrü- cke im Plenum besprochen und die Planung Fächer: lichen Darstellung. Im Erdkundeunter- der Reise auf der Karte so gut wie möglich Deutsch, Sachkunde ab Klasse 5 richt steht das Lesen von Karten im Vorder- nachvollzogen. In Zweierteams versuchen grund sowie das damit verbundene „Erklä- die Schülerinnen und Schüler eine Route zu ren von Karteninhalten“. ihrem letzten Urlaubsort oder auch vorhe- Mit fortschreitender Krankheit spricht rigen Wohnort zu finden. Stine zunehmend vom Ort ihrer Kindheit, Die Schülerinnen erstellen einen ent- einem Strand in Dänemark. Dort hat sie sprechenden Reiseplan, dieser kann mit- sich besonders wohl gefühlt und Romy hat tels analoger oder digitaler Karten kon- das Gefühl, dass sie mit ihrer Großmut- kretisiert werden. Auf Kopien von Karten 13 ter diesen Ort aufsuchen muss. Als Stine kann die Route außerdem eingezeichnet (26) bereits nicht mehr alleine ihren Alltag be- werden. streiten kann, fasst Romy den Entschluss sie aus dem Altenpflegeheim zu holen und heimlich auf abenteuerliche Art nach Dä- nemark zu reisen. Mit ihrem neuen Smart- phone berechnet sie die genaue Route und plant die Fahrt. Vor der Filmsichtung schauen sich die Schülerinnen und Schüler gemeinsam eine Karte von Europa an. Anschließend sehen sie den Filmausschnitt „Erinnerung an Dänemark“. Gemeinsam suchen sie auf der Karte die Niederlande, Deutschland und Dänemark, anschließend den eige- nen Wohnort, Hamburg und Rødby (Däne- mark). Im Plenum wird über Lieblingsorte, Reisen und Erinnerungen gesprochen. Autorin: Hanna Falkenstein, Kulturwissenschaft- lerin und Autorin von pädagogischen Materialien, 21.01.2020 www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Arbeitsblatt: Romys Salon – Aufgabe 2 (1/2) Aufgabe 2 DER ORT DER KINDHEIT IN Romys Salon VOR DER FILMSICHTUNG: WÄHREND DER FILMSICHTUNG: g) Bildet Zweierteams und widmet euch eurer eigenen Reiseplanung. Wählt a) Im Film Romys Salon unternimmt die d) Seht euch den Film an und achtet entweder den Ort aus dem Film, einen zehnjährige Romy eine Reise mit ihrer darauf, wann der Wunsch zur Rei- früheren Wohnort oder einen Ort aus Großmutter von den Niederlanden se nach Dänemark auftaucht und Aufgabe d) aus. Sucht ihn auf der Kar- über Deutschland nach Dänemark. wann Romy den Entschluss zur te. Wie weit ist es dorthin? Auf welche Mit einem dänischen Strand verbindet Umsetzung fasst. Geht auch darauf Verkehrsmittel müsstet ihr zurückgrei- die Großmutter die Zeit ihrer Kind- ein, warum sie mit ihrer Großmut- fen, um ihn zu erreichen? heit. Schaut euch hierzu die folgende ter nach Dänemark reisen will und Szene an. Fasst zusammen, wie sich wie sie die Reise plant. Haltet eure h) Zeichnet eure Route auf einer Karte die Oma an ihre Kindheit erinnert Ergebnisse unmittelbar nach dem ein und entwerft einen passenden und wie dies beispielsweise durch die Filmbesuch stichpunktartig fest. Reiseverlauf. Farbgestaltung unterstrichen wird. Optional: Recherchiert im Inter- NACH DER FILMSICHTUNG: net den genauen Routenplan und 14 b) Sucht gemeinsam auf der Karte beschreibt diesen (zum Beispiel: (26) die Niederlande, Deutschland und e) Tauscht euch zu den Ergebnissen drei Stunden Bahnfahrt ab Ort X Dänemark. Sucht anschließend euren der Aufgabe d) aus. Gleicht gemein- bis Z. Umstieg in die Fähre ab Y) Wohnort, Hamburg und Rødby. sam die Länder und Orte aus dem Film mit der Karte ab. Findet ihr alle i) Stellt euch eure Reiserouten gegensei- c) Seid ihr schon einmal verreist? wieder? Wie weit ist es von eurem tig vor und erklärt, welche Bedeutung Wenn ja, wohin? Sprecht im Plenum Wohnort zum Strand in Dänemark? euer Ort für euch hat. Vergleicht über eure Reisen und die damit anschließend, welche die weiteste verbundenen Erinnerungen. f) Fasst zusammen, wie Romy die und welche die komplizierteste Reise Umsetzung der Reise schafft und ist. Geht auf Gemeinsamkeiten und wer oder was ihr dabei hilft. Auf Unterschiede zu Romys Fahrt ein. welche Verkehrsmittel müssen die beiden zurückgreifen und wo begibt sich Romy vielleicht in Gefahr? www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Arbeitsblatt: Romys Salon – Aufgabe 3/ Didaktisch-methodischer Kommentar Aufgabe 3 DIE FIKTIONALISIERUNG Didaktisch-methodischer Kommentar Hinweis: Die Filmausschnitte für dieses Arbeitsblatt finden Sie als Videostream unter: https://www.kinofenster.de/filme/aktueller-film-des-monats/kf2001-romys-salon-arbeitsblatt/ – Kompetenzerwerb: Im Deutschunterricht liegt der Schwerpunkt auf der Schreibkom- Fächer: petenz. Fächerübergreifend wird die Wir- Deutsch, Theater ab Klasse 5 kung filmästhetischer Mittel vertieft. In einer kurzen Spielsequenz nach dem Vorbild des postdramatischen Theaters geben die Schülerinnen und Schüler kur- ze Informationen über sich preis. Diese sollten nicht zu persönlich sein. Es emp- fiehlt sich mit Angaben zum Namen, Alter, 15 Wohnort und Hobbys zu arbeiten. Die an- (26) deren Schülerinnen und Schüler reflektie- ren anschließend, wie authentisch sie die Darstellung der Angaben fanden. Schließ- lich werden diese Angaben modifiziert. Auch dies wird reflektiert. Die Schülerin- nen und Schüler werden feststellen, dass die Veränderung des Alters von zehn zu elf noch immer authentisch wirkt, von zehn zu 95 hingegen nicht. Anhand dieser Modi- fikation wird der Begriff Fiktionalisierung erklärt. Anschließend wenden sie diesen in Form einer Szene filmpraktisch an. Ana- log zur Szene „Das ist unsere Geschichte“, die aus Aufgabe 1 bereits bekannt ist, wird in Gruppenarbeit nun eine eigene Szene geplant und gedreht. Hierbei wird mit der Methode der Fiktionalisierung gearbeitet. Autor/-in: Hanna Falkenstein & Ronald Ehlert- Klein, Theater- und Filmwissen- schaftler, Pädagoge und kinofenster. de-Redakteur, 21.01.2020 www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Arbeitsblatt: Romys Salon – Aufgabe 3 Aufgabe 3 DIE FIKTIONALISIERUNG NACH DEM FILMBESUCH: f) Wie wirken die Angaben der j) Setzt das Drehbuch mit der (Handy-) Darsteller/-innen nun auf euch? Kamera um. Überlegt euch, welche a) Erinnert euch, was ihr über Romy Benutzt in euren Antworten Attribute filmästhetischen Mittel ihr verwenden und Stine erfahren habt. Nehmt die wie (nicht) glaubwürdig oder (nicht) wollt. Schaut euch dazu noch einmal Ergebnisse aus Aufgabe 1c) zur Hand. authentisch. die Ergebnisse der Aufgaben a) und f) an. b) Legt nun drei bis vier Schüler/-innen g) Ihr habt in der Aufgabe c) biografisch fest, die Stine und Romy darstellen. gearbeitet. Autor/-innen können im Vorfeld für ein Buch oder einen Film c) Zuerst geht „Romy“ nach vorne, nennt recherchieren und mit biografi- den Namen, ihr Alter, den Wohnort schen Motiven realer Personen und was sie in ihrer Freizeit macht. Es arbeiten. Anders als im Sachbuch folgt „Stine“ und nennt den Namen, oder im Dokumentarfilm werden ihr Alter, den Wohnort und was sie in diese Angaben jedoch fiktionalisiert, ihrer Freizeit macht. Setzt dies mit vier das heißt verändert. Das habt ihr 16 bis fünf weiteren Schüler/-innen um. in Aufgabe e) gemacht. Überlegt, (26) Diese verwenden echte Angaben. warum Autor/-innen die Methode der Fiktionalisierung wählen. d) Wie wirken die Angaben der Darsteller/-innen auf euch? Benutzt h) Seht euch noch einmal die Szene aus in euren Antworten Attribute wie Aufgabe 1a) an. Denkt an eure Familie, (nicht) glaubwürdig oder (nicht) Freunde oder andere Menschen, die authentisch. euch wichtig sind. Welche Geschich- te würdet ihr erzählen? Haltet eure e) Alle Darsteller/-innen wiederho- Ideen stichpunktartig fest. Bildet len ihre Angaben zweimal. In der anschließend Dreier- oder Vierer- ersten Runde wird ein Detail (bei- Gruppen, vergleicht eure Ideen und spielsweise das Alter) geändert. In wählt eine davon aus. Überlegt nun, der zweiten Runde werden zwei welche Fakten ihr fiktionalisiert. oder mehr Details geändert. i) Erarbeitet ein Drehbuch zu einer kur- zen Szene von maximal drei Minuten , in der die entsprechende Person vor- gestellt wird. Es soll wie im gesehenen Clip deutlich werden, um wen es geht, in welchem Verhältnis ihr zueinander steht und ein Einblick in eure gemein- same Geschichte gegeben werden. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmglossar (1/7) Filmglossar Adaption Unter Adaption wird die Übertragung einer Geschichte aus einem anderen Medium in einen Film verstanden. Zumeist wird dieser Be- griff synonym für eine Literaturverfilmung, die am weitesten ver- breitete Form der Adaption, verwendet. Grundlage einer Adaption können jedoch auch Sachbücher, Graphic Novels, Comics, Musicals und Computerspiele sein. Der Begriff der Adaption ist dem der Verfilmung vorzuziehen, da er die dem Film eigenen Möglichkeiten des Erzählens und die Ei- genständigkeit der Medien betont. Inhaltliche und dramaturgische Anpassungen und Veränderungen der Vorlage sind daher für eine gelungene Filmversion meist unabdingbar. Bei Coraline (Henry Selick, USA 2009) nach dem Roman von Neil Gaiman wurde etwa eine Figur hinzugefügt, die ebenso alt wie die Protagonistin ist: der neugierige Nachbarsjunge Wybie. Dadurch konnten Beschreibungen der Vorlage in lebendiger wirkende Dia- loge umgewandelt werden, beispielsweise als die junge Coraline erzählt, dass sie sich von den Eltern vernachlässigt fühlt. Ähnlich wurde bei der Adaption von Das kleine Gespenst (Alain Gsponer, Deutschland 2013) vorgegangen. Die Figur des Karl, die in der Vor- lage von Otfried Preußler (unter anderem Namen) nur eine Neben- 17 rolle spielt, wurde zu einer zweiten Hauptfigur ausgebaut, um eine (26) stärkere Identifikation zu ermöglichen und weitere Themen in die Handlung einzubinden. Dokumentarfilm Im weitesten Sinne bezeichnet der Begriff non-fiktionale Filme, die mit Material, das sie in der Realität vorfinden, einen Aspekt der Wirklichkeit abbilden. John Grierson, der den Begriff prägte, ver- stand darunter den Versuch, mit der Kamera eine wahre, aber den- noch dramatisierte Version des Lebens zu erstellen; er verlangte von Dokumentarfilmer/innen einen schöpferischen Umgang mit der Realität. Im Allgemeinen verbindet sich mit dem Dokumentar- film ein Anspruch an Authentizität, Wahrheit und einen sozialkriti- schen Impetus, oft und fälschlicherweise auch an Objektivität. In den letzten Jahren ist der Trend zu beobachten, dass in Mischfor- men (Doku-Drama, Fake-Doku) dokumentarische und fiktionale Elemente ineinander fließen und sich Genregrenzen auflösen. Drehbuch Ein Drehbuch ist die Vorlage für einen Film und dient als Grund gerüst für die Vorbereitung einer Filmproduktion sowie die Dreh arbeiten. Drehbücher zu fiktionalen Filmen gliedern die Handlung in Szenen und erzählen sie durch Dialoge. In Deutschland enthal- ten Drehbücher üblicherweise keine Regieanweisungen. Der Aufbau folgt folgendem Muster: • Jede Szene wird nummeriert. In der Praxis wird dabei auch von einem „Bild“ gesprochen. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmglossar (2/7) • Eine Szenenüberschrift enthält die Angabe, ob es sich um eine Innenaufnahme („Innen“) oder eine Außenaufnahme („Außen“) handelt, benennt den Schauplatz der Szene und die Handlungszeit „Tag“ oder „Nacht“. Exakte Tageszeiten werden nicht unterschieden. • Handlungsanweisungen beschreiben, welche Handlungen zu sehen sind und was zu hören ist. • Dialoge geben den Sprechtext wieder. Auf Schauspielanwei- sungen wird dabei in der Regel verzichtet. Die Drehbuchentwicklung vollzieht sich in mehreren Phasen: Auf ein Exposé, das die Idee des Films sowie die Handlung in Prosa- form auf zwei bis vier Seiten zusammenfasst, folgt ein umfangrei- cheres Treatment, in dem – noch immer prosaisch – bereits Details ausgearbeitet werden. An dieses schließt sich eine erste Rohfas- sung des Drehbuchs an, die bis zur Endfassung noch mehrere Male überarbeitet wird. Einstellungsgrößen In der Filmpraxis haben sich bestimmte Einstellungsgrößen durch- gesetzt, die sich an dem im Bild sichtbaren Ausschnitt einer Person orientieren: 18 • Die Detailaufnahme umfasst nur bestimmte Körperteile wie (26) etwa die Augen oder Hände. • Die Großaufnahme (englisch: close-up) bildet den Kopf komplett oder leicht angeschnitten ab. • Die Naheinstellung erfasst den Körper bis etwa zur Brust („Passfoto“). • Der Sonderfall der Amerikanischen Einstellung, die erst- mals im Western verwendet wurde, zeigt eine Person vom Colt beziehungsweise der Hüfte an aufwärts und ähnelt sehr der Halbnah-Einstellung, in der etwa zwei Drittel des Körpers zu sehen sind. • Die Halbtotale erfasst eine Person komplett in ihrer Umge- bung. • Die Totale präsentiert die maximale Bildfläche mit allen agierenden Personen; sie wird häufig als einführende Ein- stellung (englisch: establishing shot) oder zur Orientierung verwendet. • Die Panoramaeinstellung zeigt eine Landschaft so weiträu- mig, dass der Mensch darin verschwindend klein ist. Die meisten Begriffe lassen sich auf Gegenstände übertragen. So spricht man auch von einer Detailaufnahme, wenn etwa von einer Blume nur die Blüte den Bildausschnitt füllt. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmglossar (3/7) Farbgestaltung / Bei der Gestaltung eines Films spielt die Verwendung von Farben Farbgebung eine große Rolle. Sie charakterisieren Schauplätze, Personen oder Handlungen und grenzen sie voneinander ab. Signalfarben lenken im Allgemeinen die Aufmerksamkeit. Fahle, triste Farben senken die Stimmung. Die Wahl der Lichtfarbe entscheidet außerdem, ob die Farben kalt oder warm wirken. Allerdings sind Farbwirkungen stets auch subjektiv, kultur- und kontextabhängig. Farbwirkungen können sowohl über die Beleuchtung und die Verwendung von Farbfiltern wie über Requisiten (Gegenstände, Bekleidung) und Bearbeitungen des Filmmaterials in der Postproduktionsphase er- zeugt werden. Zu Zeiten des Stummfilms und generell des Schwarzweiß-Films war beispielsweise die Einfärbung des Films, die sogenannte Vi- ragierung oder Tonung, eine beliebte Alternative zur kostenin- tensiveren Nachkolorierung. Oft versucht die Farbgestaltung in Verbindung mit der Lichtgestaltung die natürlichen Verhältnisse nachzuahmen. Eine ausgeklügelte Farbdramaturgie kann aber auch ein auffälliges Stilmittel darstellen. Kriminalfilme und Sozi- aldramen arbeiten beispielsweise häufig mit farblich entsättigten Bildern, um eine freudlose, kalte Grundstimmung zu erzeugen. Auch die Betonung einzelner Farben verfolgt eine bestimmte Ab- 19 sicht. Als Leitfarbe(n) erfüllen sie eine symbolische Funktion. Oft (26) korrespondiert diese mit den traditionellen Bedeutungen von Far- ben in den bildenden Künsten. Rot steht zum Beispiel häufig für Gefahr oder Liebe, Weiß für Unschuld. In Trommelbauch (Dik Trom, Arne Tonen, Niederlande 2011) zieht die genussfreudige Familie Trommel in die Stadt Dünnhaften, wo der Alltag der Bewohner von Kalorienzählen und Sportbesessen- heit geprägt ist. Die unterschiedliche Lebenseinstellung wird durch die Farbgebung betont: Während Familie Trommel auffallend bun- te Kleidung trägt, bestimmen in Dünnhaften blasse Farbtöne das Aussehen der Stadt und ihrer Bewohner/innen. Der Film Winter- tochter (Deutschland, Polen 2011) begleitet ein Mädchen und eine Frau auf eine Reise in die deutsch-polnische Geschichte. Regisseur Johannes Schmid spiegelt die Erinnerung an traumatische Lebens- erfahrungen auch mit entsättigten Farben wider: Die blau-grauen Winterwelten erinnern fast an Schwarzweiß-Filme und lassen die Grenzen zwischen Heute und Damals verschwimmen. Filmmusik Das Filmerlebnis wird wesentlich von der Filmmusik beeinflusst. Sie kann Stimmungen untermalen (Illustration), verdeutlichen (Polarisierung) oder im krassen Gegensatz zu den Bildern stehen (Kontrapunkt). Eine extreme Form der Illustration ist die Pointie- rung (auch: Mickeymousing), die nur kurze Momente der Handlung mit passenden musikalischen Signalen unterlegt. Musik kann Emo- tionalität und dramatische Spannung erzeugen, manchmal gar www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmglossar (4/7) die Verständlichkeit einer Filmhandlung erhöhen. Bei Szenenwech- seln, Ellipsen, Parallelmontagen oder Montagesequenzen fungiert die Musik auch als akustische Klammer, in dem sie die Übergänge und Szenenfolgen als zusammengehörig definiert. Man unterscheidet zwei Formen der Filmmusik: • Realmusik, On-Musik oder Source-Musik: Die Musik ist Teil der filmischen Realität und hat eine Quelle (Source) in der Handlung (diegetische Musik). Das heißt, die Figuren im Film können die Musik hören.. • Off-Musik oder Score-Musik: eigens für den Film kompo- nierte oder zusammengestellte Musik, die nicht Teil der Filmhandlung ist und nur vom Kinopublikum wahrgenom- men wird (nicht-diegetische Musik). Kamerabewegungen Je nachdem, ob die Kamera an einem Ort bleibt oder sich durch den Raum bewegt, gibt es zwei grundsätzliche Arten von Bewegun- gen, die in der Praxis häufig miteinander verbunden werden: • Beim Schwenken, Neigen oder Rollen (auch: Horizontal-, Ver- tikal-, Diagonalschwenk) bleibt die Kamera an ihrem Standort. 20 • Das Gleiche gilt für einen Zoom, der streng genommen (26) allerdings keine Kamerabewegung darstellt. Vielmehr rückt er entfernte Objekte durch die Veränderung der Brennweite näher heran. • Bei der Kamerafahrt verlässt die Kamera ihren Standort und bewegt sich durch den Raum. Für möglichst scharfe, unverwackelte Aufnahmen werden je nach gewünschter Einstellung Hilfsmittel verwendet: • Dolly (Kamerawagen) oder Schienen für Ranfahrten, Rückwärtsfahrten, freie Fahrten oder 360°-Fahrten (Kamerabewegung, die um eine Person kreist und sie somit ins Zentrum des Bildes und der Aufmerksamkeit stellt; auch Umfahrt oder Kreisfahrt genannt) • Hebevorrichtungen für Kranfahrten • Steadycam beim Einsatz einer Handkamera, oft für die Imitation einer Kamerafahrt Kamerabewegungen lenken die Aufmerksamkeit, indem sie den Bildraum verändern. Sie vergrößern oder verkleinern ihn, verschaf- fen Überblick, zeigen Räume und verfolgen Personen oder Objek- te. Langsame Bewegungen vermitteln meist Ruhe und erhöhen den Informationsgrad, schnelle Bewegungen wie der Reißschwenk erhöhen die Dynamik. Eine wackelnde Handkamera suggeriert je nach Filmsujet Subjektivität oder (quasi-)dokumentarische Au- thentizität, während eine wie schwerelos wirkende Kamerafahrt häufig den auktorialen Erzähler imitiert. www.kinofenster.de
Film des Monats Januar 2020 Romys Salon Filmglossar (5/7) Kameraperspektiven Die gängigste Kameraperspektive ist die Normalsicht. Die Kamera ist auf gleicher Höhe mit dem Geschehen oder in Augenhöhe der Handlungsfiguren positioniert und entspricht deren normaler per- spektivischer Wahrnehmung. Von einer Untersicht spricht man, wenn die Handlung aus ei- ner niedrigen vertikalen Position gefilmt wird. Der Kamerastand- punkt befindet sich unterhalb der Augenhöhe der Akteure/innen. So aufgenommene Objekte und Personen wirken oft mächtig oder gar bedrohlich. Eine extreme Untersicht nennt man Frosch- perspektive. Die Aufsicht/Obersicht lässt Personen hingegen oft unbedeu- tend, klein oder hilflos erscheinen. Hierfür schaut die Kamera von oben auf das Geschehen. Die Vogelperspektive ist eine extreme Aufsicht und kann Per- sonen als einsam darstellen, ermöglicht in erster Linie aber Über- sicht und Distanz. Die Schrägsicht/gekippte Kamera evoziert einen irrealen Ein- druck und wird häufig in Horrorfilmen eingesetzt oder um das in- nere Chaos einer Person zu visualisieren. Inszenierung/Mise-en-scène Der Begriff beschreibt die Art und Weise, wie das Geschehen in ei- 21 nem Film oder einem Theaterstück dargestellt wird. Im Film findet (26) die Mise-en-scène während der Drehphase statt. Das heißt, Schau- platz und Handlung werden beim Dreh entsprechend der Wirkung, die sie später auf Film erzielen sollen, gestaltet und von der Kamera aufgenommen. Die Inszenierung/Mise-en-scène umfasst die Aus- wahl und Gestaltung der Drehorte, die Schauspielführung, Licht- gestaltung, Farbgestaltung und Kameraführung (Einstellungsgrö- ße und Perspektive). Auch Drehorte, deren Originalzustand nicht verändert wurde, werden allein schon durch die Aufnahme aus einer bestimmten Kameraperspektive in Szene gesetzt (Cadrage). Kadrage/Cadrage Die Cadrage (frz.: le cadre; der Rahmen) bezeichnet in technischer Hinsicht das Seitenverhältnis des auf der Leinwand sichtbaren Bildausschnitts, in ästhetischer Hinsicht die Platzierung von Ge- genständen und Personen im filmischen Raum. Die Bildkomposi- tion beeinflusst das Verständnis und die emotionale Wirkung von Filmbildern und Szenen, indem allein schon durch die räumliche Anordnung der handlungstragenden Elemente eine dramatische Spannung erzeugt wird. Durch Schärfentiefe, Schärfenverlagerung und Kamerabewegungen können die Beziehungen von Personen, Gegenständen und Räumen in einer einzigen Einstellung und ohne Schnitt zusätzlich betont werden. Man spricht in diesem Zusam- menhang von innerer Montage. Der Begriff Cadrage ist nicht zu verwechseln mit Bildkader, der Bezeichnung für ein Einzelbild auf dem Filmstreifen. www.kinofenster.de
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