Künstlerische Inspirationsquelle und familiärer Lebensraum Der Garten des Hauses Dix und seine Restaurierung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Künstlerische Inspirationsquelle und familiärer Lebensraum Der Garten des Hauses Dix und seine Restaurierung Das Haus Dix gehört zu einer ganzen Reihe von Künstlerhäusern, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf der Höri am Bodensee entstanden sind. Wie die meisten von ihnen umfasst auch dieses Anwesen einen großen Gar- ten. Er war für das Schaffen von Otto Dix von Bedeutung und spielte auch eine große Rolle im Alltag der Familie. 1936 wurde der Garten nach den Vor- stellungen von Otto und Martha Dix selbst angelegt und in den folgenden Jahrzehnten ständig den Bedürfnissen der Familienmitglieder angepasst und verändert. Im Rahmen der Gesamtsanierung des Anwesens galt es 2010, auch für die zuletzt stark verwahrloste und in ihrem Bestand gefährdete Garten- anlage ein konservatorisches Konzept zu entwickeln, das deren besonderer Entwicklungs- und Nutzungsgeschichte Rechnung trägt. Im Frühjahr 2014 wurden die gartendenkmalpflegerischen Maßnahmen für das Museum Haus Dix abgeschlossen. Petra M. Martin / Johannes Stoffler Gärten von Künstlern erzeugen Aufmerksamkeit oder auch der Garten von Johann Bossard in Jes- und wecken Interesse. Die Vorstellung vom Künst- teburg. ler und seiner Individualität lässt singuläre Gar- Weniger prominent und deshalb weniger beach- tenschöpfungen erhoffen. Reich bebilderte Publi- tet erscheinen dagegen die Künstlerhäuser und kationen verbreiten das Bild traumhaft anmuten- -gärten auf der Höri am Bodensee, zu denen auch der Gartenparadiese. Wer kennt nicht Claude das Haus und der Garten der Familie Dix zählen. Monets Garten in Giverny mit seinen Seerosen, Landschaftsmaler entdeckten in der zweiten Hälfte Emil Noldes farbenprächtigen Garten in Seebüll des 19. Jahrhunderts den westlichen Bodensee für oder den in zahlreichen Gemälden festgehaltenen sich und nahmen bevorzugt auf der Insel Reichen- Garten von Max Liebermann am Wannsee. Dem au Sommerquartier. Ab der Jahrhundertwende ge- 1 Haus und Garten garten- und kunstinteressierten Publikum geläufig riet die Halbinsel Höri zunehmend zum ländlichen nach der Fertigstellung sind die in den 1930er Jahren entstandenen Gär- Sehnsuchtsort von die Großstädte fliehenden Le- im Winter 1936/37. ten von Georg Kolbe und Hanna Höch in Berlin bensreformern und Künstlern. Den Anfang mach- ten Hermann Hesse und seine Frau Mia, die 1904 nach Gaienhofen zogen. Bald folgten andere ih- rem Beispiel. Man ließ sich von der Bodensee- landschaft inspirieren, genoss die künstlerische Freiheit und widmete sich leidenschaftlich dem Gärtnern, wie dies allen voran Hermann Hesse gerne tat. Farbenfrohe, bäuerlich anmutende Blu- menrabatten, Obstbäume und Gemüsebeete prägten die Gärten, die nicht zuletzt der Selbst- versorgung dienten. Nach 1933 fanden dann vor allem Künstler auf der Höri Zuflucht, die von den Nationalsozialisten als „entartet“ verfemt und ihrer Ämter enthoben worden waren, wobei die Nähe zur Schweiz zu- sätzlich Sicherheit versprach. Zu der Generation
von „Höri-Künstlern“, die sich in der Zeit der Nazi- Diktatur wohl oder übel aus dem öffentlichen Le- ben hatten zurückziehen müssen, gehörte auch Otto Dix. Nachdem er noch im Jahr der Machter- greifung durch die Nationalsozialisten seinen Lehr- stuhl an der Kunstakademie Dresden verlassen musste, zog er 1934 mit seiner Familie an den Bo- densee und zwei Jahre später in ein eigenes Haus mit Garten in Hemmenhofen. Zu seinem neuen Le- bensraum pflegte der „Großstadtmensch“ Otto Dix zeitlebens ein gespaltenes Verhältnis. „Zum Kotzen schön“, so Dix, sei diese Landschaft, die er in den Zeiten der inneren Emigration gleichwohl oder gerade deswegen immer wieder als künstle- risches Motiv aufgriff. Besonders war auch seine Beziehung zum Garten. Dix war kein Blumenma- ler geschweige denn Gärtner. Allerdings kommen Pflanzen als Motive in seiner Malerei häufig vor, und Pflanzenbeobachtungen im Garten sind viel- fach in seine Arbeiten eingeflossen. Vom Garten auf die Leinwand war es nur ein kurzer Weg. Vor allem aber bildete der Garten das geliebte und ge- staltete Zuhause für ihn und seine Familie. Die Anlage des Gartens Als Bauplatz für ihr neues Heim hatten Martha und Otto Dix eine schmale Geländestufe in den zum Bodensee steil abfallenden Obstwiesen ausge- nen von Bäumen beschatteten Sitzplatz an und 2 Otto Dix auf der wählt. Als man im September 1936 das fertige führte einen Weg entlang der Südseite der Fas- Terrasse mit Blick auf den Haus bezog, war vom Garten noch nichts zu se- sade. Vor dem Hauseingang im Osten und in der Untersee. Foto von hen. Das Gebäude stand auf der grünen Wiese, Verlängerung der Fassade kam eine Terrasse mit Hannes Kilian 1961. umgeben lediglich von einem alten Kirschbaum, formalem Vorplatz und angrenzendem Stauden- einem Nussbaum und ein paar Feldgehölzen garten zu liegen. Eine exedrenförmige Mauer aus (Abb. 1). Für den Garten hatte der Architekt keine Tengener Muschelkalk mit integrierter Steinbank Vorschläge unterbreitet und so machten sich die schloss den Vorplatz ab. Darüber hinaus folgten Dixens selbst ans Werk. Martha Dix war dabei die die Gestaltung und die Bepflanzung des Gartens treibende Kraft – tatkräftig unterstützt von den stilistisch eher dem informell gestalteten Wohn- Kindern Nelly, Ursus und vor allem Jan. Geholfen garten der Moderne, der an die Ästhetik des eng- wurde der Familie anfangs durch den in der Nach- lischen „wild gardening“ anknüpfte. Dazu kam an barschaft wohnenden und mit ihnen befreunde- einigen Stellen das Motiv des „Alpinum“. So war ten Gärtner Walter Kaesbach. Dessen Vater war die Böschung oberhalb des Staudengartens mit 1933 – nach seiner Entlassung als Direktor der Kalksteinbrocken besetzt und mit Ginster, Berg- Kunstakademie in Düsseldorf – ebenfalls auf die kiefern, Wacholder, einer Hängebirke und Wild- Höri gezogen. Kaesbach junior hatte wohl in Ber- rosen bepflanzt. Auch wenn sich in der Anlage des lin-Dahlem eine gärtnerische Ausbildung genos- Gartens Dix zeitgenössische Gestaltungstenden- sen und arbeitete um 1938 ein Jahr im Garten Dix zen widerspiegelten, blieb er doch eine Laien- mit. Wege wurden angelegt, Treppen gebaut, schöpfung im besten Sinne. Mauern errichtet und kistenweise die Pflanzen in Umfangreich waren die Baumpflanzungen, die den Garten gesetzt, die gerade gefielen. Jan Dix vorgenommen wurden, um dem exponierten erinnert sich „an Fahrten nach Steißlingen zur Grundstück Rahmung und Schatten zu geben: Baumschule und Staudengärtnerei Ammann mit Über dem Haus ein Robinienwäldchen, an der dem Cabriolet (…), vollbeladen mit Pflanzen, so- Westgrenze eine Erlengruppe, eine Birkengruppe dass ich nur noch stehen konnte.“ an der Terrasse der Loggia sowie eine Blutbu- Die Bereiche unmittelbar um das Haus wurden im chengruppe am Fuß des Grundstücks. Fichten und Sinne des Architekturgartens der Kunstgewerbe- Lärchen wuchsen an der Westgrenze, eine Ess- reform formal stark auf das Gebäude bezogen. kastanie beschattete die serpentinenartige Treppe, Auf dessen Westseite bei der Loggia legte man ei- die von der alten Landstraße den Hang bis zum Denkmalpflege in Baden-Württemberg 2 | 2014 103
(Abb. 2). Im Bereich der Loggia wurde der rote Klinkerbelag entfernt und durch polygonal ver- legte Buntsandsteinplatten ersetzt. 1961 erfolgte der Umbau der alten Garage zur Einliegerwoh- nung, die Jan Dix vorübergehend bewohnte. Ein filigran geschmiedetes Gartentor ziert seitdem den Eingang zum Gartengrundstück. Als Otto Dix 1969 starb, war Martha Dix, die „Seele des Gartens“, 74 Jahre alt. Die Gehölze, die in den 1930er Jahren gepflanzt worden waren, hatten sich zu veritablen Waldbeständen entwi- ckelt. Zunehmend wurde Martha die Gartenarbeit beschwerlich. Im Staudengarten, in dem einst son- nenhungrige Pflanzen wuchsen, gediehen jetzt Astilbe und Efeu, später wurde er zur Pflegeer- sparnis – bis auf wenige Reste – ganz aufgegeben und zur Wiese. Periphere Bereiche des Gartens blieben vollständig sich selbst überlassen. Weil es 3 Ansicht von Süden auf Vorplatz des Hauses erklomm. Neben „alpin“ an- in Hemmenhofen noch keine Müllabfuhr gab, das Haus mit Obstbaum- mutenden Koniferen und fiederlaubigen Bäumen wurde im unvollendeten „Swimmingpool“ im garten 2008. mit lichtem Schatten spielte auch der praktische oberen Garten Altglas und anderer Unrat entsorgt. Nutzen eine Rolle bei der Gehölzwahl. Auf der of- Nur im Westen des Hauses, wo weniger Bäume fenen Wiese unterhalb des Hauses entstand des- standen, war noch ein Gärtnern mit lichtbedürf- halb ein Obstgarten mit Reihen dunkler Herzkir- tigen Stauden möglich. Rittersporn und Lupinen schen und Pfirsichen. Beeren- und Gemüsebeete wuchsen nun auf dem ehemaligen Gemüsebeet. kamen an ebeneren Stellen des Hangs inmitten der Das Staudenbeet auf der Südterrasse vor dem Wiese zu liegen. Walnussbäume und eine blü- Haus hatte der Vorliebe der nach Otto Dix’ Tod hende Feldgehölzhecke markierten im Süden die eingestellten Hausdame für Zuchtrosen weichen Grenze des Obstgartens entlang der Landstraße. müssen. Um 1940 war der Garten damit in seinen wesent- Nach dem Wegzug von Martha Dix im Jahr 1979 lichen räumlichen und baulichen Grundstrukturen blieb das Haus in Hemmenhofen lange Zeit unbe- angelegt. wohnt; der schleichende Niedergang des Gartens begann (Abb. 3). Mit der Gründung des „Förder- Die Entwicklung des Gartens vereins Otto-Dix-Haus Hemmenhofen“ 1988 übernahm die Gemeinde zwar einen Teil der „Fertig“ war der Garten Dix nie. Im Gegenteil: Die Pflege, zwei Jahre später schien allerdings die Auf- Anstrengungen, Rückschläge und Erfolgserleb- stellung eines Bebauungsplans, der auf dem An- nisse während seiner Entstehung hatten das Ar- wesen fünf Baugrundstücke vorsah, das Schick- beiten und Experimentieren am und im Garten zu sal des Gartens zu besiegeln. Die Einleitung eines einer leidenschaftlichen Gewohnheit seiner Be- Verfahrens zur Eintragung von Haus und Garten wohner, allen voran Martha und Jan, werden las- Dix in das Denkmalbuch gemäß Paragraph 12 sen. Auf der sandigen, weitgehend ungestalteten Denkmalschutzgesetz bewirkte 1997 eine Ände- Terrasse des oberen Gartens über dem Haus stand rung des Bebauungsplans, die wenigstens den öst- ein Hasenstall, hing eine Schaukel im Baum, wurde lichen Teil des ehemaligen Gartengeländes vor Boccia gespielt. Hier hob Jan ein gewaltiges Erd- Überbauung sicherte. Im Westen dagegen blieb es loch aus, das nach seinen Plänen ein Schwimmbad bei der geplanten Bebauung, die in der Folgezeit werden sollte. Das „Projekt“ scheiterte jedoch an auch realisiert wurde. 2005 wurde das „Otto-Dix- Wassermangel. In den Notzeiten des Kriegs und Haus“ in Sachgesamtheit mit seiner Gartenanlage der Nachkriegszeit wurde der Garten zu einem und Nebengebäuden als Kulturdenkmal von be- wichtigen Nahrungslieferanten. Fast überall, wo sonderer Bedeutung in das Denkmalbuch einge- es annähernd ebene Flächen gab, zog man Sau- tragen. Das verhinderte jedoch nicht, dass noch im bohnen, Kartoffeln, Salat, Paprika, Auberginen Frühjahr 2007 wegen angeblichen Schneebruchs und Tomaten. Talseitig vor dem Haus wurde an der zahlreiche Bäume gefällt wurden, die davon gar Stelle einer steilen, steingartenartig gestalteten Bö- nicht betroffen waren. Die Wende brachte der Er- schung eine Stützmauer aus Kalksteinblöcken er- werb des Anwesens durch den Verein „Otto-Dix- richtet. Die dadurch neu geschaffene Terrasse vor Haus-Stiftung e.V.“ 2010 und dessen Beschluss zu dem Haus ermöglichte nun auch hier ein größeres, einer denkmal- und museumsgerechten Instand- farbenfrohes Staudenbeet mit vereinzelten Rosen setzung von Haus und Garten. 104 Denkmalpflege in Baden-Württemberg 2 | 2014
Das konservatorische Konzept zungen dafür unterschiedlich sind. Das Gebäude, für den Garten ein großbürgerliches suburbanes Landhaus mit Atelier, wurde von einem renommierten Architek- Die erste Maßnahme auf dem Weg zu einer Res- ten geplant und ausgeführt. Es ist in dieser Form taurierung des Gartens war die Beauftragung und und auch substanziell weitgehend so erhalten. Erstellung eines Parkpflegewerkes, das die Ge- Den Garten hatte die Familie Dix angelegt, nach schichte der Anlage aufarbeitet und dokumentiert ihren persönlichen Vorlieben ausgestaltet und sowie deren Entwicklung und überkommenen Be- über Jahrzehnte immer wieder spontan verändert. stand analysiert und denkmalpflegerisch würdigt. Für ihn existiert kein Plan und ist kein statischer Zu- Eine Besonderheit bildete dabei die Einbeziehung stand greifbar. Die Rekonstruktion eines einzigen der persönlichen Erinnerungen von Jan Dix als historischen Zustandes verbot sich schon allein mündliche Quelle. Gleichzeitig erfolgte eine de- deshalb. taillierte Bestandsaufnahme der gesamten Vege- Dieser gartenkonservatorische Ansatz korrespon- tation, aller baulichen Elemente, aller Wege und dierte gleichzeitig mit dem neuen Museums- und Treppen sowie des Gartenmobiliars auf der Grund- Ausstellungskonzept für das Haus Dix, das vorsah, lage eines exakten Vermessungsplans. Erfasst wur- das Leben der Familie an diesem Ort über einen den darin sowohl die bestehenden Gehölze als längeren Zeitraum in den Mittelpunkt zu stellen. auch ehemalige Baumstandorte, noch vorhandene Frühzeitig wurde klar, dass sich die neue museale Schmuckbeete, Rasenflächen und Bodendecker, Präsentation deshalb nicht nur auf das Gebäude 4 Übersichtsplan des außerdem Mauern, Zäune und Lampen bis hin zu und den Bilderbestand beschränken konnte. Ne- restaurierten Gartens. den Oberflächen der Wege. ben der Inspirationsquelle, die der Garten für das 1 Wohnhaus In der gartendenkmalpflegerischen Analyse kris- künstlerische Werk von Otto Dix darstellte, galt es, 2 Vorplatz und Stauden- tallisierte sich bald die Entstehungs- und Konsoli- dem Besucher auch zu vermitteln, wie vielfältig die garten dierungsphase des Gartens zwischen 1936 und Familie Dix den Garten genutzt, ihn sich immer 3 Terrasse und Kräuter- 1960 als die bedeutendste heraus. Der Pflege- und wieder neu angeeignet hat – und wie der Garten garten Entwicklungsplan sah deshalb vor, gestörte Teil- mit der Familie gealtert ist. 4 Eingang, Garage und Treppe bereiche den historischen Zuständen in diesem 5 Alpinum und Lärchen- Zeitraum wieder anzunähern. Grundsätzliche kon- Maßnahmen im Garten wäldchen servatorische Leitlinie sollte allerdings die Siche- 6 Fichtenwäldchen rung, Reparatur und Pflege aller authentischen Re- Zu Beginn der Instandsetzung präsentierte sich der 7 Rasenoval und likte und Spuren der Zeit bis 1979 sein (Abb. 4). Garten Dix als vernachlässigte und verwilderte An- Installation Haus und Garten gleich zu behandeln war das Ziel. lage (Abb. 5). Durchgewachsene Gehölze im Os- 8 Obstgarten Dabei ist nicht zu übersehen, dass die Vorausset- ten und ungepflegte Wiesenflächen beherrschten 9 Gemüsegarten Denkmalpflege in Baden-Württemberg 2 | 2014 105
5 Ehemaliger Stauden- das Bild. Vor dem Haus erstreckte sich ein Rasen- und wiederverlegt wurde, ebenso wie für die lange garten vor dem Hausein- saum, an dessen Enden provisorisch Blumenra- Zugangstreppe und der Weg aus Waschbeton- gang 2010. batten angelegt waren. Auf dem Südhang hatten platten zwischen den Gemüsebeeten, die nur zu sich vereinzelte Obstbäume erhalten. Die Bö- richten waren. Beibehalten wurde auch die unter 6 Neupflanzung von Lär- schung hinter dem Haus war von Eschen- und der Grasnarbe wiedergefundene Beeteinfassung chen am Hang oberhalb Robinienaufwuchs bestanden, mit Efeu bedeckt aus Betonrabattensteinen (Abb. 7); Fehlstellen lie- des Kaffeeplatzes 2013. und von Brombeergestrüpp überwuchert. ßen sich mit gleichartigem Material ergänzen und Vorrangige gartendenkmalpflegerische Maß- die Beete wieder mit Gemüsepflanzen und Him- nahme war es, den Wildaufwuchs zu roden und beersträuchern bestücken. Abgebaut und lotrecht die so wieder freigestellten Altgehölze einem wieder aufgerichtet werden musste die hohe Pflege- und Entlastungsschnitt zu unterziehen. Da- Stützmauer der Südterrasse. Anschließend konnte durch konnte auch der wichtige Blick vom Atelier darauf das markante Staudenbeet wiederherge- auf den Bodensee wiedergewonnen werden. In stellt und mit anhand der Bildquellen identifizier- der Nordostecke wurden das frühere „alpine“ Lär- ten, historischen Sorten bepflanzt werden. Am Ost- chen- und Fichtenwäldchen wieder gepflanzt ende der Terrasse vor dem Hauseingang konnte, (Abb. 6), am Südhang der dezimierte Obstbaum- nachdem archäologische Sondagen die Lage be- bestand durch Nachpflanzungen ergänzt. Vor dem stätigt hatten, der „Kaffeegarten“ genannte Sitz- Hauseingang erhielt der schon vor dem Hausbau platz wieder angelegt werden, ein im Gartenleben bestehende und erst 2006 gefällte Kirschbaum ei- der Familie Dix besonders bedeutsamer Ort. nen Nachfolger. Weil die obere Gartenterrasse über dem Haus als Erklärtes Ziel für alle baulichen Elemente wie Trep- Spielrevier der Kinder niemals eine dauerhaftere pen und Mauern war deren Erhaltung und gege- Gestaltung erfahren hatte, beschränkte man sich benenfalls Reparatur. Das gilt für den Plattenbelag darauf, deren Spuren (z.B. den „Swimmingpool“) ums Haus, der lediglich in Teilen aufgenommen zu erhalten und – in Anlehnung an das Ausstel- lungskonzept des Hauses – durch eine moderne Installation von roten Spielobjekten kenntlich und verständlich zu machen (Abb. 8). Um dem Mu- seumsbesucher diesen Gartenteil zu erschließen, wurde ein neuer Rundweg angelegt, der an eine ehemalige, inzwischen verschwundene Wegfüh- rung anknüpft und einen zusätzlichen Sitz- und Aussichtsplatz anbietet. Der Garten nach der Restaurierung Durch die Instandsetzung ist es gelungen, ein Gar- tendenkmal von überregionalem kulturgeschicht- lichem Wert zu sichern und als originales Doku- ment zu bewahren. Darüber hinaus haben die gar- 7 Freigelegte Gemüse- tenkonservatorischen Maßnahmen wesentlich beeteeinfassungen aus dazu beigetragen, dass die Bedeutung des Gartens Betonsteinen 2013. für die Malerei von Otto Dix wie für das Leben sei- 106
ner Familie wieder verständlich und erfahrbar ge- worden ist (Abb. 9). Zu verdanken ist das einer be- hutsamen, ganz auf Sicherung und Reparatur set- zenden Vorgehensweise, die alle historischen Spu- ren der Entwicklung des Gartens und seiner Nutzung respektiert. Zur Authentizität des Ortes fehlen heute zwar seine schillernden Haus- und Gartenbewohner. Dennoch hat die Restaurierung den Garten wieder „zum Leben erweckt“. Seine Geschichte wächst nach dem Abschluss der letz- ten Pflanzarbeiten im Frühjahr 2014 weiter. Literatur Johannes Stoffler: Ein biographischer Garten, in: Gar- tenbiografien. Orte erzählen, hg. v. der Schweizeri- schen Gesellschaft für Gartenkultur, Topiaria Helveti- schaft des Untersees, in: Was haben wir aus dem See 8 Installation mit Spiel- ca 2014, Zürich 2014, S. 44–52. gemacht? Kulturlandschaft Bodensee Teil 2 – Unter- gerät auf der oberen Johannes Stoffler: Garten Museum Villa Dix. Parkpfle- see. Zweite Tagung der Projektgemeinschaft des Ar- Terrasse 2013. gewerk, Zürich 2011 (unveröffentlicht). beitskreises Denkmalpflege am Bodensee 12. Oktober Michael Kicherer (Bearb.): vivat, crescat, floreat. Pflan- 2001, hg. v. Landesdenkmalamt Baden-Württem- zenmotive im Werk von Otto Dix und sein Garten in berg, Landesdenkmalamt Baden-Württemberg 12, Hemmenhofen. Ausstellung im Otto-Dix-Haus Hem- Stuttgart 2003, S. 111–131. menhofen 16. März bis 3. August 2008, Hemmen- Petra Wichmann: Künstlerhäuser auf der Höri, in: hofen 2008. Denkmalpflege in Baden-Württemberg 29, 2000, Kunstsammlung Gera (Hrsg.): Un-verblümt: Otto Dix. S. 156–168. Florale Motive im Werk des deutschen Meisters der Moderne, Gera 2007. Karin von Behr / Marion Nickig: Künstlergärten in Dipl.-Ing. Petra M. Martin M.A. Deutschland, Hamburg 2005. Regierungspräsidium Stuttgart Oliver Fok / Rainer Schomann (Hrsg.): Künstlergärten Landesamt für Denkmalpflege und denkmalpflegerischer Umgang, Schriften der Kunststätte Bossard 4, Schriften des Freilichtmuseums Dr. ETH, s. c. Dipl.-Ing. Johannes Stoffler am Kiekeberg 48, Schriftenreihe Gartendenkmal- Landschaftsarchitekt BSLA 9 Der Staudengarten auf pflege in Niedersachsen, Jesteburg/Hannover 2005. Friesenbergstrasse 380 der Südterrasse vor dem Petra Wichmann: Die Künstlerhäuser in der Land- CH-8055 Zürich Haus im Sommer 2013.
Sie können auch lesen