Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg Sortenratgeber 2021 Körnerleguminosen Sommerölfrüchte - ISIP
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg Sortenratgeber 2021 Körnerleguminosen Sommerölfrüchte
Herausgeber: Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) Henning-von-Tresckow-Straße 2-13, Haus S 14467 Potsdam E-Mail: poststelle@mluk.brandenburg.de Internet: www.mluk.brandenburg.de Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Müllroser Chaussee 54 15236 Frankfurt (Oder) Telefon: 0335 60676-2408 Telefax: 0335 60676-2404 E-Mail: poststelle@lelf.brandenburg.de Internet: www.lelf.brandenburg.de www.isip.de Redaktion: Referat Ackerbau, Grünland Bearbeiter: Herr Dr. G. Barthelmes, Herr Dr. G Ebel Tel.: 03328 436160 Fax: 03328 436118 E-Mail: Gert.Barthelmes@lelf.brandenburg.de Auflage: 350 Die Prüfungsergebnisse in den tabellarischen Übersichten dieser Drucksache wurden unter Einbeziehung von D-Standorten folgender Einrichtungen ermittelt: LELF Brandenburg, LLG Sachsen-Anhalt, Sächsisches LfULG, LFA Mecklenburg-Vorpom- mern, Saatzucht Steinach GmbH & Co. KG Das LELF dankt folgenden Landwirtschaftsunternehmen für die Unterstützung bei der Durch- führung der Landessortenversuche: Agrar GbR Booßen Agrargenossenschaft Goßmar eG Agrogenossenschaft Schiffmühle eG Agrargenossenschaft Sonnewalde eG Agrargenossenschaft „Höhe“ Steinbeck eG LVAT Ruhlsdorf/Groß Kreutz e.V. Diese Broschüre wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Landesamtes für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung herausgegeben. Sie darf nicht während ei- nes Wahlkampfes zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags- und Kommunalwahlen sowie auch für die Wahl der Mitglieder des Europäi- schen Parlaments. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevor- stehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesre- gierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. © Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Januar 2021
1. Körnerleguminosen Der Anbau von Körnerleguminosen besitzt aus pflanzenbaulicher und technologischer Sicht Vorzüge. Diese bestehen vor allem in der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und Bodenstruktur sowie in der Auflockerung enger Getreidefruchtfolgen. Da die Le- guminosen in der Lage sind, symbiotisch Luftstickstoff zu binden, entfallen in der Regel Kosten für eine Stickstoffdüngung, was in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Stickstoffdüngemittel ein stärker zu berücksichtigender Vorzug sein könnte. Die Pflan- zenschutzaufwendungen beschränken sich auf die Bekämpfung von Unkräutern und gegebenenfalls tierischen Schaderregern. Die chemische Unkrautbekämpfung berei- tet allerdings häufig Probleme, indem die Wirksamkeit der im Vorauflauf einzusetzen- den Bodenherbizide unter Trockenbedingungen gemindert wird und oft Spätver- unkrautung auftritt. Den Vorzügen steht die im Vergleich zur Winterung geringere Wirtschaftlichkeit der Körnerleguminosen gegenüber, die besonders schwach ist, wenn die finanzielle Be- wertung der positiven Fruchtfolgewirkungen unterbleibt. Die erzielbaren Ertragsleis- tungen und Erzeugerpreise sind daher der Hauptgrund für den relativ geringen Anbau- umfang der Körnerleguminosen. Die Flächenentwicklung wird auch durch die EU-Re- gelungen im Rahmen des „Greenings“ beeinflusst (günstigerer Anrechnungsfaktor, Ausschluss des chemischen Pflanzenschutzes auf ökologischen Vorrangflächen). In Brandenburg kommen für den Anbau vor allem Lupinen und Erbsen in Frage. Die Anbaufläche stagniert und betrug im Jahr 2020 etwa 8.500 ha (Erbsen) sowie ca. 8.100 ha (Lupinen). Sojabohnen und Ackerbohnen wurden auf jeweils etwa 700 ha ange- baut. Auch bei Körnerleguminosen beeinflusst die Sortenwahl den Anbauerfolg maßgeblich. Neben der Ertragsleistung als Hauptkriterium sind noch weitere Merkmale von Inte- resse: Die Standfestigkeit ist bei allen Leguminosenarten für die Erntbarkeit bzw. Drusch- eignung und damit für die Ertragssicherheit wichtig. Vor allem bei Futtererbsen ist es gelungen, die negative Beziehung zwischen Pflanzenlänge und Standfestigkeit aufzu- heben. Alle auf Diluvialstandorten geprüften Sorten besitzen bei mittlerer bis größerer Pflanzenlänge eine gute Standfestigkeit. Trotzdem unterscheiden sich die Sorten in der die Druscheignung beeinflussenden Bestandshöhe zur Ernte. Gewisse Sortenunterschiede bestehen auch in der Platzfestigkeit der Hülsen. Aller- dings ist der Einfluss von Erntewitterung, Druschtermin und Maschineneinstellung un- ter Praxisbedingungen häufig größer als der Sorteneinfluss. Gerade bei Blauen Lupi- nen können entsprechende Vorernteverluste hoch sein. Sorten, die ihren Ertrag vorrangig über eine hohe Tausendkornmasse realisieren, können auf Trockenstandorten je nach Zeitpunkt der Trockenphase mit geringerer Er- tragsstabilität reagieren, da das Risiko von Mindererträgen bei witterungsbedingt nied- riger TKM höher ist. In Abhängigkeit von der Aussaatstärke beeinflusst die TKM die Saatgutkosten. Kleinkörnigere Sorten bieten hier gewisse Vorteile. Höhere Saatgut- kosten bedeuten jedoch nicht, grundsätzlich auf den Anbau großkörniger Sorten zu 3
verzichten. Für die Sortenwahl bleibt die Abwägung aller Sorteneigenschaften ent- scheidend. Das Blühverhalten hat durch Beginn und Dauer der wassersensiblen Blühphase bei allen Leguminosenarten Einfluss auf die Ertragsstabilität. Erbsensorten mit späterem Blühbeginn und längerer Blühdauer können mit Ertragseinbußen reagieren, wenn die Bestände bei anhaltender Trockenheit die Blüte schnell durchlaufen und vorzeitig rei- fen. Bei Lupinen können besonders in feucht-kühlen Perioden eine lange anhaltende Blüte sowie viele Nachblüher die Ernte verzögern. Der Rohproteingehalt ist nur für Anbauer von Interesse, die die Leguminosen im ei- genen Betrieb verfüttern. Bei Vermarktung an die Mischfutterindustrie wird dieses Merkmal erst Beachtung finden, wenn dadurch der Erzeugerpreis beeinflusst wird. Die Leguminosenarten unterscheiden sich im Rohproteingehalt (Basis 86 % TS), der bei Blauen Lupinen ca. 25 bis >30 % beträgt und bei Futtererbsen im Bereich von ca. 18 bis 23 % liegt. Weiße Lupinen erreichen ca. 30 bis 35 %, während Sojabohnen Roh- proteingehalte zwischen 35 und 40 %, manche Sorten auch > 40 % erzielen. Innerhalb der Arten bestehen gewisse Sortenunterschiede. 1.1 Körnerfuttererbse Die wichtigsten Kriterien der Sortenwahl bestehen in der Ertragshöhe und –stabilität sowie Standfestigkeit und Erntbarkeit der Bestände. Maßstab für letzteres ist die Be- standshöhe vor Ernte, die die Strohstabilität kennzeichnet. Bei niederschlagsreicher Witterung werden die Sortenunterschiede in der Standfestigkeit und der Bestandshöhe zur Ernte besonders deutlich, insbesondere auf besseren Böden. Gute Standfestigkeit ist nicht nur für die Druscheignung entscheidend, sondern auch für die Minimierung von Vorernteverlusten. Bei lagernden, stark zusammengebrochenen Beständen be- steht die Gefahr, dass reife Samen bei Feuchtigkeit quellen und dadurch die schon trockenen Hülsen platzen. In Trockenjahren treten diese Unterschiede allerdings eher in den Hintergrund, insbesondere auf leichten Böden. In einzelnen Jahren können Falscher Mehltau, Erbsenrost und Fußkrankheiten auftre- ten. Die Befallsintensität ist stark jahres- und standortabhängig, während die Unter- schiede in der Anfälligkeit zwischen den Sorten gering sind. Der Fungizideinsatz ist in der Regel nicht wirtschaftlich. Auf den jahresabhängig schwankenden Befall mit Erb- senwicklern ist zu achten, was besonders für den Vermehrungsanbau gilt. Seit mehreren Jahren hat sich in Brandenburg der Vertragsanbau zur Erzeugung von Erbsenstärke und weiteren Verarbeitungsprodukten etabliert. 4
Die für den Anbau 2021 geeigneten Sorten werden wie folgt eingeschätzt: Astronaute ist die derzeit ertragsstärkste und eine recht ertragsstabile Sorte. Auch in der Standfestigkeit kann sie überzeugen. Die Bestandshöhe zur Ernte liegt im mittleren Bereich. Astronaute reift zeitig und verfügt über einen günstigen RP-Gehalt. Alvesta erzielte als ältere Sorte relativ stabile, mittlere Erträge. In Verbindung mit guter Standfestigkeit erreichen die Bestandshöhe zur Ernte und der RP-Gehalt durchschnittliches Niveau. Tab. 1: Landessortenversuche Körnerfuttererbse 2018-2020 (Anbaugebiet D-Standorte) Sortiment Pflan- Standfestigkeit / TKM RP- Samenertrag relativ zen- Bestandshöhe Gehalt (86 % TS) länge zur Ernte Jahr 2018 2019 2020 18 - 20 Anz. Vers. 4 3 5 12 BB dt/ha 17,6 37,4 38,8 31,4 Alvesta 101 94 99 98 + ++ / 0 + 0 Astronaute 99 106 101 102 + ++ / 0 + + LG Ajax 100 94 - - + +++ / 0 0 + LG Amigo 101 95 - - 0 ++ / 0 0 0 Respect 90 - - - ++ +++ / + 0 0 Safran * 97 92 - - +++ + / 0- ++ + Salamanca - 95 93 - ++ +++ / 0 + + Orchestra - - 99 - + ++ / 0- ++ + Symfony - - 100 - + ++ / 0 0 + BB = Bezugsbasis +++ = sehr hoch 0 = mittel ++ = hoch - = gering * = EU-Sorte 5
1.2 Blaue Lupine Die Schmalblättrige (Blaue) Lupine dominiert seit Jahren den Anbau auf leichten Sand- böden. Die Anbaufläche in Brandenburg betrug 2020 ca. 8.100 ha. Mehr als die Hälfte der Fläche entfällt auf den ökologischen Landbau. Die Eiweißgehalte der Blauen Lupine übertreffen die der Erbse häufig um ca. 10 bis 15 % und auch die Eiweißerträge können je nach Standortbedingungen höher als bei Erbsen sein. Neben der Verwendung als Futtermittel besteht auch die Möglichkeit, Lu- pineneiweiß für die menschliche Ernährung im Vertragsanbau zu produzieren. Nachteilig im Hinblick auf die Druscheignung der Blauen Lupinen sind vor allem die vergleichsweise geringe Hülsenplatzfestigkeit mit entsprechenden Vorernte- und Ern- teverlusten sowie die dadurch verhältnismäßig kurze optimale Druschzeitspanne. Trotz züchterischer Bemühungen zur Verbesserung dieses Merkmals bleiben die Maß- nahmen zur Verlustsenkung während des Drusches unter Praxisbedingungen ent- scheidend (z.B. Überständigkeit vermeiden, niedrige Trommeldrehzahl, kein Drusch in den Mittagsstunden, nach Möglichkeit kein Haspeleinsatz). In den LSV zeigte die Sorte Bolero eine im Sortenvergleich etwas bessere Platzfestigkeit der Hülsen. Ertragsunterschiede bestehen vor allem zwischen dem verzweigenden Normaltyp und dem determinierten Sortentyp, jedoch weniger innerhalb dieser Gruppen. Die determinierten Sorten besitzen endständige Hülsen und verzweigen sich nicht wie Normaltypen, was eine um ca. 20 % erhöhte Saatstärke erfordert. Die Vorteile dieses Sortentyps (frühere Abreife als Normaltypen, beste Standfestigkeit) wiegen die Nach- teile (ca. 5 bis 10 % geringere Erträge im Vergleich zu den besten verzweigenden Sor- ten, höhere Saatgutkosten) unter durchschnittlichen Brandenburger Standortbedin- gungen im Mittel der Jahre meist nicht auf. In feucht-kühlen Jahren können jedoch die o.g. Eigenschaften des determinierten Sortentyps auch vorteilhaft sein. Die bedeu- tendste Sorte dieses Typs ist Boruta. Folgende Sorten werden auf Diluvialstandorten für den Anbau 2021 empfohlen: Boregine ist eine ältere, bewährte Sorte mit hoher Verbreitung, die langjäh- rig stabil gute Erträge aufweist. Sie blüht weiß, ist großsamig und besitzt eine recht günstige Standfestigkeit. Der Eiweißgehalt ist geringer. Boregine reift mittelfrüh. Carabor erreichte in beiden Prüfjahren das Ertragsniveau von Boregine und wird vorläufig empfohlen. Die blau blühende und mittelfrüh rei- fende Sorte ist etwas kurzwüchsiger und verfügt über eine güns- tige Standfestigkeit. Der Eiweißgehalt ist ebenfalls etwas geringer. Bolero wird für den Probeanbau empfohlen. Sie zeigte in den bisherigen LSV sehr gute Erträge, zu denen eine verbesserte Hülsenplatz- festigkeit beitrug. Bolero blüht blau, ist etwas kürzer im Wuchs und reift mittelfrüh. Die Standfestigkeit ist nur mäßig, für leichte Böden aber in der Regel ausreichend. 6
Witterungsbedingt waren 2018 die LSV Blaue Lupine im Anbaugebiet D-Standorte nicht wertbar, so dass Tabelle 2 die Ergebnisse der Jahre 2017, 2019 und 2020 ent- hält. Tab. 2: Landessortenversuche Blaue Lupine 2017, 2019 und 2020 (Anbaugebiet D-Standorte) Samenertrag Stand- Sortiment Note TKM RP Reife relativ (86 % TS) festigkeit BSL1) 17/19/ Jahr 2017 2019 2020 20 Anz. Vers. 4 5 5 14 BB dt/ha 23,0 22,8 21,9 22,5 Verzweigender Sortentyp Boregine 105 102 108 105 7 + + 0- mittel Mirabor 105 103 103 104 5 0- + 0 mittel Probor 90 95 89 91 6 0 -- ++ mittel Carabor - 104 105 - 8 + 0 - mittel Bolero - - 113 - 6 0- 0 0 mittel BB = Bezugsbasis ++ = hoch 0 = mittel - = gering 1) Note Samenertrag Beschreibende Sortenliste (BSL) 2020 6 = mittel bis hoch 7 = hoch 8 = hoch bis sehr hoch 7
1.3 Weiße Lupine Die Weiße Lupine spielte bisher im Anbau keine Rolle. Sie wurde in Deutschland kaum züchterisch bearbeitet, so dass nur wenige, alte Sorten verfügbar waren. Problema- tisch ist aber vor allem die starke Anfälligkeit der Art für Anthraknose. Im Jahr 2019 wurden mit Frieda, Celina und Victor Baer nach langer Zeit wieder Sorten zugelassen. Dabei sollen Frieda und Celina eine Toleranz gegenüber Anthraknose aufweisen. Sie waren in den bisherigen Prüfungen ertragsstärker und früher reifend als Victor Baer, die allerdings den etwas höheren Rohproteingehalt zeigte. Alle Sorten sind sehr groß- samig, was den Saatgutpreis beeinflusst. In Abhängigkeit von der Saatgutverfügbarkeit können Celina und Frieda für den An- bau empfohlen werden. Das Ertragspotenzial der Weißen Lupine scheint auch auf mittleren Diluvialböden viel- versprechend zu sein. In den Wertprüfungen und Landessortenversuchen der Jahre 2016 bis 2020 lag das Versuchsertragsniveau zwischen 15 und 35 dt/ha bei Rohpro- teingehalten zwischen ca. 30 und 35 % (86 % TS). Bei gegenüber der Schmalblättrigen Lupine etwas späteren Reife ist die deutlich bessere Platzfestigkeit der Hülsen bis zur Ernte ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Weißen Lupine. In Abhängigkeit von der Marktentwicklung bleibt abzuwarten, ob sich der Anbau der Weißen Lupine auf D-Standorten stabil etabliert. Tab. 3: Landessortenversuche Weiße Lupine 2018 - 2020 (Anbaugebiet D-Standorte) Samenertrag Stand- Sortiment relativ (86 % TS) Note TKM RP Reife festigkeit BSL1) 18- Jahr 2018 2019 2020 20 Anz. Vers. 1 3 3 7 BB dt/ha 22,3 28,7 22,4 25,0 Frieda 114 97 106 102 6 ++ ++ (0) früher Victor Baer 64 91 86 86 6 + ++ (+) mittel Celina 123 112 108 112 7 ++ ++ (0) früher BB = Bezugsbasis ++ = hoch 0 = mittel - = gering 1) Note Samenertrag Beschreibende Sortenliste (BSL) 2020 6 = mittel bis hoch 7 = hoch 8
1.4 Sojabohne Der Anbau von Sojabohnen wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland ausge- weitet und lag 2020 bei ca. 32.900 ha. Der Anbauschwerpunkt befindet sich in Süd- deutschland, was unter anderem klimatisch bedingt ist. Aber auch in den Gunstlagen Ostdeutschlands findet der Anbau Interesse. In Brandenburg gibt es seit einigen Jah- ren lokalen Anbau, sowohl in konventioneller als auch in ökologischer Produktion. Die Anbaufläche betrug im Jahr 2020 ca. 700 ha. Günstige Vermarktungsmöglichkeiten bestehen besonders für ökologisch erzeugte Ware, sowohl für die Verwertung als Tierfutter als auch für die Lebensmittelherstellung (z.B. Tofuprodukte). Wenn Soja als konventionell erzeugte Handelsware vermarktet werden soll, sind vor dem Anbau die Konditionen zu klären, da die Wirtschaftlichkeit stark vom erzielbaren Erzeugerpreis abhängt. Vorteile kann die innerbetriebliche Ver- wertung der Sojabohne als protein- und fettreiches Futtermittel bieten. In der Schweine- und Geflügelfütterung ist dabei zu berücksichtigen, dass eine Wärmebe- handlung (Toasten) der Bohnen zur Verbesserung der Verdaulichkeit erforderlich ist. Bei Verfütterung an Wiederkäuer kann dagegen ein Schroten bzw. Quetschen ausrei- chend sein. Die Temperaturansprüche früher Sojasorten sind mit denen mittelfrüher Körnermais- sorten vergleichbar und werden in Brandenburg erfüllt. Die Vegetationsdauer früher Sorten beträgt etwa 140 bis 150 Tage. Bei Aussaat zwischen zweiter Aprilhälfte und Anfang Mai ist mit der Ernte ab zweiter Septemberhälfte zu rechnen, die aber häufig auch erst im Laufe des Oktobers möglich ist und gegebenenfalls die Nachtrocknung des Ernteguts erforderlich macht. Anders als die zur sicheren Reife früher Sorten benötigte Temperatursumme ist in Brandenburg das Wasserdefizit während der Blüte und Kornfüllung in vielen Jahren der ertragsbegrenzende Faktor. Der Anbau auf nicht zu leichten Böden und Zusatzbe- wässerung wirken hier stabilisierend. Neben der Verwendung ausreichend früher Sorten sind für den Anbauerfolg die Saat- gutimpfung, die Unkrautbekämpfung und eine verlustarme Ernte entscheidend. Da die spezifischen Knöllchenbakterien der Sojabohne nicht natürlicherweise in den heimi- schen Böden vorkommen, muss das Saatgut zur Aussaat mit einem entsprechenden Rhizobienpräparat geimpft werden, um eine schnell eintretende Symbiose zwischen Leguminose und Bakterien zu ermöglichen und die Jugendentwicklung der Sojapflan- zen zu fördern. Da in dieser Phase auch eine geringe Konkurrenzkraft gegenüber Un- kräutern besteht, ist eine erfolgreiche Unkrautregulierung besonders wichtig. Die Emp- findlichkeit einiger Sorten gegenüber dem Wirkstoff Metribuzin ist dabei zu beachten. Der tiefe Ansatz der ältesten Hülsen an der Sojapflanze erfordert im Interesse geringer Vorernteverluste eine möglichst flache Schneidwerksführung beim Drusch, so dass steinarme Böden und der Einsatz von Flexschneidwerken vorteilhaft sind. Bei der Sortenwahl ist zu beachten, dass Kornertrag und Frühreife in negativer Bezie- hung stehen. Zur Verringerung des Anbaurisikos sollten unter Brandenburger Bedin- gungen früh reifende Sorten (000-Sorten) mit möglichst guter Ertragsleistung und – stabilität gewählt werden. Außerdem ist sowohl für die Verfütterung als auch für die Lebensmittelherstellung ein möglichst hoher Rohproteingehalt von Interesse. Im Falle 9
des Vertragsanbaus für die Tofuherstellung ist der Proteingehalt preisbildend. Ange- strebt werden hierfür mit speziell in diesem Merkmal geeigneten Sorten 42 bis 45 % in der Trockenmasse. Von den geprüften Sorten erscheinen unter Abwägung aller Eigenschaften besonders Amarok, Coraline, ES Comandor und RGT Shouna für den Anbau auf D-Standorten geeignet. Witterungsbedingt waren 2018 die LSV Sojabohne im Anbaugebiet D-Standorte nicht wertbar, so dass Tabelle 3 die Ergebnisse der Jahre 2017, 2019 und 2020 enthält. Allerdings war 2019 und 2020 nur je einer von drei angelegten Versuchen wertbar. Tab. 4: Landessortenversuche Sojabohne 2017, 2019 und 2020 (Anbaugebiet D-Standorte) Samenertrag dt/ha Pflan- Stand- Sortiment relativ zen- festig- TKM Ölgehalt RP-Gehalt (86 % TS) länge keit Jahr 201 2019 2020 17/19/20 17/19/20 17/19/20 17/19/20 17/19/20 Anz. Vers. 7 3 1 1 5 BB absolut 34,1 8,9 20,9 26,4 70 cm 190 g 17,8 % 36,6 % Amarok 113 104 93 109 0 + -- 0 0 Toutatis 103 - 84 - 0 +++ - ++ -- Merlin* 93 65 95 91 - ++ -- ++ -- ES Comandor* 93 115 114 98 0 ++ - 0 0 RGT Shouna* 102 116 98 102 0 ++ -- (0) 0 GL Melanie* - 113 93 - 0 (+) -- - Orka - 113 - - + 0 - + -- Simocine SZS - - 121 - 0 + - -- +++ Wapiti - - 82 - + 0 -- + - Xena - - 108 - 0 ++ - ++ -- Cantate PZO - - 83 - + ++ - + + Nessie PZO - - 101 - 0 + -- ++ - Ceres PZO - - 103 - 0 ++ 0 ++ - Sussex - - 112 - - ++ -- ++ 0 Reifeeinstufung aller Sorten = 000 BB = Bezugsbasis ++ = sehr hoch 0 = mittel + = hoch - = gering ( ) vorläufige Einschätzung * = EU-Sorte 10
2. Sommerölfrüchte 2.1 Sonnenblume In Brandenburg befindet sich die größte deutsche Anbauregion für Sonnenblumen. Im Jahr 2020 wurde die Fläche um knapp 1.000 ha auf etwa 11.400 ha ausgedehnt. Das entspricht etwa 40 % des deutschen Anbaus, der ebenfalls erweitert wurde. Vor allem auf leichten Böden, auf denen Raps keine stabilen Ertragsvorteile bietet, können Sonnenblumen wegen geringerer variabler Kosten wettbewerbsfähige De- ckungsbeiträge erzielen. Der Vertragsanbau von High-oleic-Sonnenblumen ist seit langem etabliert und wirkt anbaustabilisierend. Dagegen war der Anbau konventioneller Sonnenblumen bisher eher rückläufig. Auch der Vertragsanbau von gestreiftsamigen Sorten für die Vogelfut- terproduktion besitzt in einzelnen Jahren begrenzte Bedeutung. Wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen Sonnenblumenanbau sind klima- tisch geeignete Standorte, die eine sichere Abreife zulassen. Die Temperatursumme zwischen April und September sollte mindestens 1450 °C (Basiswert 6 °C) betragen. Dies ist in Brandenburg gewährleistet. Wichtigstes Kriterium der Sortenwahl ist neben dem Ertrag eine standortangepasste, sichere Reife. Dabei ist der Kompromiss zwischen ausreichend früher Reife, Ertrag und Ölgehalt zu finden, da diese Merkmale häufig in negativer Beziehung stehen. Die größte Sicherheit und Ausgewogenheit bieten mittelfrühe Sorten. Neben der Ertrags- fähigkeit sind der Ölgehalt sowie Standfestigkeit und Krankheitstoleranz (Botrytis, Sclerotinia) bei der Sortenwahl zu beachten. Für den Vertragsanbau von High-oleic-Sorten ist das Erreichen von mindestens 83% Ölsäuregehalt im Gesamtfettsäuregehalt bei nicht zu später Reife entscheidend. Es stehen mehrere Sorten zur Verfügung, die ihre Eignung im Hinblick auf Ertrag, Qualität und Reife unter Beweis gestellt haben. Bei entsprechendem Preisniveau kann der Vertragsanbau von gestreiftsamigen Sor- ten wirtschaftlich interessant sein. Zu beachten ist, dass die in diesem Segment vor einigen Jahren geprüften Sorten Ertragsnachteile von 10 bis 30 % gegenüber den bes- ten schwarzsamigen Sorten aufwiesen. 11
Folgende Sorten werden für den Anbau 2021 empfohlen: Konventionelle Sorten NK Delfi ist eine langjährig bewährte, ertragreiche und –stabile Sorte. Sie ist langwüchsig, reift mittelfrüh und zeichnet sich durch gute Krankheits- toleranz und Standfestigkeit aus. Der Ölgehalt ist mittel. ES Columbella erreichte bei meist durchschnittlichem Ölgehalt stabil mittlere Samen- erträge. Sie ist mittellang und reift früh. Standfestigkeit und Krankheits- anfälligkeit zeigen mittleres Niveau. Tab. 5: EU-Sortenversuche Sonnenblume (konventionell) 2018 - 2020 (Mittelwerte der bundesweiten EU-Sortenversuche) Samenertrag dt/ha Ölgehalt % Sortiment relativ (91% TS) (91% TS) Jahr 18 19 20 18-20 18 19 20 18-20 Anz. Vers. 5 7 7 19 7 7 7 21 BB absolut 38,7 38,4 37,6 38,3 42,9 47,6 45,7 45,4 NK Delfi 102 100 104 102 42,8 48,9 45,8 45,8 ES Columbella 98 100 96 98 43,0 46,4 45,6 45,0 ES Savana 99 93 95 96 43,0 47,4 45,8 45,4 P 63 LL 124 96 92 90 93 45,5 50,1 49,2 48,3 KWS Kripton - - 99 - - - 46,3 - RGT Glloss - - 86 - - - 50,6 - Suomi * - - 95 - - - 48,7 - LG 5377 - - 98 - - - 46,5 - BB = Bezugsbasis * = Toleranz gegenüber dem herbiziden Wirkstoff Tribenuron 12
Einschätzung mehrjährig geprüfter High-oleic-Sorten SY Valeo verbindet mittlere bis gute Erträge mit günstigen Ölsäuregehalten und mittelfrüher Reife. Der Ölgehalt liegt im mittleren Bereich. Standfestigkeit und Krankheitstoleranz der etwas längeren Sorte sind ebenfalls mittel. ES Unic zeigte sich mit Ausnahme von 2020 ertragsstark und erzielte stabil hohe Ölsäuregehalte von über 90 %. Die langwüchsige Sorte ist etwas später in der Entwicklung, reift mittel und zeichnet sich durch relative Großkörnigkeit aus. Im Ölgehalt blieb sie allerdings deutlich hinter anderen Sorten zurück. Standfestigkeit und Krank- heitsanfälligkeit sind durchschnittlich. ES Idillic überzeugte durch gute Korn- und Ölerträge bei im mittleren Be- reich liegendem Ölgehalt. Der Ölsäuregehalt erreichte nicht das hohe Niveau von ES Unic, übertraf aber stabil den Grenzwert. Die etwas kürzere Sorte zeichnet sich durch gute Standfestigkeit und zeitige Reife aus. RGT Llincoln brachte gute bis mittlere Kornerträge, wobei Vorteile im Ölgehalt und Ölertrag bestehen. Der Ölsäuregehalt übertraf zwar den Grenzwert sicher, war aber der geringste des geprüften Sorti- ments. Die Standfestigkeit der kürzeren, mittelfrüh reifenden Sorte ist günstig. P 63 HH 111 erwies sich als Sorte mit mittlerem bis gutem Kornertragsniveau. Im Ölgehalt übertraf sie die mitgeprüften Sorten sehr deutlich, wo- raus gute Ölerträge resultierten. Auch im Ölsäuregehalt gehört sie zu den besten Sorten. P 63 HH 111 ist mittellang, standfest und reift mittelfrüh. P 63 HE 143 ist eine gegenüber dem herbiziden Wirkstoff Tribenuron tolerante Sorte. Sie erzielte mit mehr als 91 % die höchsten Ölsäuregehalte des geprüften Sortiments. Im Ertrag und Ölgehalt blieb sie aller- dings etwas hinter P 63 HH 111 zurück. 13
Tab. 6: EU-Sortenversuche High-oleic-Sonnenblume 2019 - 2020 (Mittelwerte der bundesweiten EU-Sortenversuche) Sortiment Samenertrag Ölgehalt % Ölsäuregehalt relativ (91% TS) (% i. Öl) (91% TS) Jahr 19 20 19/20 19 20 19/20 19 20 19/20 Anz. Vers. 6 6 12 6 6 12 6 6 12 BB absolut 37,4 34,3 35,9 45,2 46,1 45,7 90,2 90,2 90,2 SY Valeo 100 109 105 45,4 45,9 45,7 89,7 89,6 89,7 ES Unic** 106 97 102 43,8 44,4 44,1 90,2 90,4 90,3 P 63 HH 111 104 94 99 48,1 47,9 48,0 90,9 90,7 90,8 ES Idillic 107 105 106 44,0 45,3 44,7 88,8 88,6 88,7 RGT Llincoln 103 106 105 46,2 46,8 46,5 87,4 87,9 87,7 P 63 HE 143* 101 93 97 47,1 45,8 46,5 91,2 91,1 91,2 P 63 HH 142 - 92 - - 45,1 - - 91,2 - SY Vertuo - 102 - - 45,9 - - 91,1 - LG 50465 - 99 - - 45,0 - - 91,1 - LG 5492 HO CL** - 97 - - 43,0 - - 90,5 - BB = Bezugsbasis * = Toleranz gegenüber dem herbiziden Wirkstoff Tribenuron ** = Toleranz gegenüber dem herbiziden Wirkstoff Imazamox (Clearfield) 14
Tab. 7: Ausgewählte Eigenschaften der Sonnenblumensorten Sortiment Ölgehalt Ölsäure- Reife Stand- Toleranz gegen gehalt festigkeit Botry- Sclero- HO-Sorten tis tinia Konventionelle Sorten NK Delfi 0 mittel + 0 0 ES Columbella 0- früher 0 0 0 ES Savana 0 früher 0 0 0 P 63 LL 124 + mittel + 0 0 (mittel- KWS Kripton (+) (0) 0 0 spät) (mittel- RGT Glloss (+++) (0) 0 0 spät) Suomi* (++) (früher) (0) 0 0 LG 5377 (+) (mittel) (+) 0 0 High-oleic (HO)-Sorten SY Valeo 0 0 mittel 0 0 0 ES Unic** -- 0+ mittel 0 0 0 P 63 HH 111 + + mittel 0+ 0 0 ES Idillic 0- 0 mittel 0 0 0 RGT Llincoln + 0 mittel 0+ 0 0 P 63 HE 143* + ++ mittel 0 0 0 P 63 HH 142 (-) (++) (mittel) (0) 0 0 SY Vertuo (0) (++) (mittel) (0) 0 0 LG 50465 (-) (++) (mittel) (0) 0 0 LG 5492 HO CL** (--) (+) (mittel) (0) 0 0 + gut 0 mittel - gering * Toleranz gegenüber dem herbiziden Wirkstoff Tribenuron ** Toleranz gegenüber dem herbiziden Wirkstoff Imazamox (Clearfield) ( ) einjährig geprüft 15
2.2 Öllein Die Anbaufläche von Öllein betrug im Jahr 2020 zirka 1.000 ha. Im Anbau dominieren braunsamige Sorten. In einzelnen Jahren spielt lokal auch der Vertragsanbau von Speiselein eine Rolle. Voraussetzung ist, dass die vereinbarten Preise die ertraglichen Nachteile der für diesen Verwendungszweck geeigneten gelbsamigen Sorten kompen- sieren. Die Ölleinerträge unterliegen gerade auf leichten Sandböden in Abhängigkeit von der Jahreswitterung größeren Schwankungen. Dies war auch in den Landessortenversu- chen der Fall, wo die Erträge im Mittel etwa 20 dt/ha erreichten. Eine Mindestniederschlagsmenge muss auch bei Öllein für ein gutes Ertragsniveau und ausreichende Leistungsstabilität gesichert sein. Sie sollte ca. 120 mm in den Mo- naten Mai und Juni betragen. Der Erfolg des Leinanbaus hängt jahresabhängig häufig von der Bekämpfung des Leinerdflohs ab, der bei starkem Befall schnell zum Total- ausfall in den gerade auflaufenden Leinbeständen führen kann. Neben dem Ertrag sollte bei der Sortenwahl auch der Ölgehalt Berücksichtigung fin- den, sofern er auf der Basis von 38 % Einfluss auf die Preisbildung nimmt. Dies ist jedoch am Markt meist nicht der Fall. Der Ölgehalt einer Sorte ist stark genetisch be- dingt. Während die absolute Höhe des Ölgehaltes durch die jeweiligen Umweltbedin- gungen variiert werden kann, bleibt die Relation zwischen den Sorten stabil. Weitere wichtige Sorteneigenschaften sind Standfestigkeit und Reifeverzögerung des Strohes, die die Druscheignung beeinflussen. Während die Standfestigkeit auf leichten Böden eher in den Hintergrund tritt, kann grünes, zähes Stroh mit Zwiewuchs und wie- derholtem Nachblühen besonders in Jahren mit feuchten Bedingungen zur Reife den Mähdrusch behindern. Die Sortenwahl wird stark durch die Saatgutverfügbarkeit beeinflusst. Eine verbreitete Standardsorte ist Lirina, die durchschnittliche Erträge erreicht. Als Sorte mit späterer Strohreife überzeugte sie vor allem auch in Trockenjahren und be- sitzt bei mittlerer Standfestigkeit einen sehr guten Ölgehalt. Als ertragsstarke Sorten erwiesen sich Serenade (geringerer Ölgehalt, mittlere Standfestigkeit, weißblühend) und Festival (guter Ölgehalt, mittlere Standfestigkeit). Gelbleinsorten sind für den Vertragsanbau geeignet. Die geprüften Sorten lagen im Ertrag ca. 10 bis 20 % unter den besten braunsamigen Sorten und rangierten auch im Ölgehalt unter dem Sortimentsdurchschnitt. 16
Sie können auch lesen