Föderale Fairness 8 - Punkte - Plan für gleichwertige Lebensverhältnisse bis 2025 - Eva von Angern, Susanne Hennig-Wellsow, Simone Oldenburg ...

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Föderale Fairness 8 - Punkte - Plan für gleichwertige Lebensverhältnisse bis 2025 - Eva von Angern, Susanne Hennig-Wellsow, Simone Oldenburg ...
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Föderale Fairness
8 - Punkte - Plan für gleichwertige
Lebensverhältnisse bis 2025
Eva von Angern, Susanne Hennig-Wellsow, Simone Oldenburg,
Dietmar Bartsch, Klaus Lederer, Bodo Ramelow

24. März 2021, Bundespressekonferenz
Deutschland befindet sich in der schwersten Krise seit      siedlung von Behörden und Unternehmen, über die
Jahrzehnten. Nach kurzfristigen ersten Lockerungen          geschlossene Bahnhofskneipe, den verlassenen Dorf-
erleben wir die dritte Corona-Welle. Während die Men-       laden oder die verödenden Einkaufszentren in den
schen die Einschränkungen der Pandemie zunehmend            Stadtteilen. Deutschland braucht in der Fläche einen
und sichtbar belastet, bleibt das Gesundheitssystem         schnellen Stopp des Kliniksterbens, die Reaktivierung
weiter am Limit. Aktuell einziger Ausweg aus dem Di-        stillgelegter Bahnstrecken, ein Gigabit-Internet, die
lemma ist die flächendeckende Impfung der Bevölke-          Lohnangleichung, die Renteneinheit und endlich ein
rung. Die muss in den nächsten Wochen gelingen und          Bundesministerium für gleichwertige Lebensverhält-
das Impfversprechen der Bundesregierung Realität            nisse, wo Verantwortung für all diese notwendigen Ent-
werden.                                                     wicklungen gebündelt wird:
Die politischen, wirtschaftlichen, finanziellen, sozialen   Wir schlagen einen 8-Punkte-Plan für
und kulturellen Folgen der Corona-Krise sind in Gän-        föderale Fairness und gleichwertige
ze noch lange nicht absehbar. Für viele Familien, für       Lebensverhältnisse in Deutschland bis 2025
Kinder, Jugendliche und Alleinerziehende waren die          vor, um dem Artikel 72 des Grundgesetzes
vergangenen Monate eine äußerst schwierige Zeit.            endlich gerecht zu werden.
Die Verluste im Einzelhandel, in den Innenstädten, im
Gastgewerbe, beim Mittelstand und in der Kulturbran-
che sind immens. Millionen Existenzen sind in Gefahr,       1. Wir brauchen nach der Bundestagswahl eine
auch weil die November-, Dezember- und Überbrü-             Vermögensteuer als eine Finanzierungsgrund-
ckungshilfen vielfach viel zu spät ausgezahlt wurden.       lage für gleichwertige Lebensverhältnisse. Die
Eine Pleitewelle droht, hunderttausende Arbeitsplätze       Vermögensteuer stärkt den Föderalismus.
stehen auf der Kippe. Bundesfinanzminister Scholz
präsentiert heute den Haushaltsentwurf für 2022 und         Die Vermögensteuer ist ein Schlüssel für die Zukunfts-
die mittelfristige Finanzplanung. Die Zahlen machen         fähigkeit. Was ist daran föderal oder gar fair, wenn
einmal mehr deutlich: wir brauchen eine einmalige           Länder und Kommunen einen Großteil der öffentlichen
Vermögensabgabe in Deutschland für Multimillionäre          Investitionen stemmen und stemmen müssen, aber
und Milliardäre, um die Folgen dieser Krise und die         über kaum eigene finanzpolitische Gestaltungsspiel-
damit einhergehenden zukünftigen Herausforderungen          räume verfügen? Länder und Kommunen sind auf
mitzufinanzieren.                                           strukturell höhere Einnahmen angewiesen, denn nach
                                                            der Krise ist vor den Herausforderungen. Corona hat
Mit der Corona-Krise hat sich die Schere zwischen           schonungslos die Defizite der öffentlichen Infrastruk-
Arm und Reich weiter geöffnet. Je geringer die Einkom-      tur in Deutschland offengelegt. In Krankenhäusern, in
men, desto größer sind die realen Einbußen bei den          Pflegeheimen, in Schulen und Kitas, in den Gesund-
Bürgerinnen und Bürgern. Deutschland driftet ausein-        heitsämtern, bei der Polizei, in der Justiz und in der
ander – Millionen Verlierer auf der einen Seite und we-     Verwaltung sehen wir einen Mangel an Personal und
nige Gewinner der Krise auf der anderen. Eine aktuelle      Ressourcen. Laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau
Studie zeigt, dass allein das Vermögen der über 100         lag der Investitionsrückstand allein an den Schulen be-
Milliardäre in Deutschland seit 2019 trotz Krise um fast    reits vor der Krise bei etwa 44 Milliarden Euro, in den
100 Milliarden Euro gestiegen ist. Parallel dazu ist die    Kommunen gar bei 147 Milliarden Euro.
öffentliche Verschuldung gestiegen. Die Corona-Kri-
se wird historisch teuer: für den Bund, für die Länder,     Die sogenannten »freiwilligen Leistungen« wie Kul-
Kommunen und Sozialversicherungen. Laut Bundes-             tureinrichtungen und Freizeitangebote sind durch
regierung belaufen sich die Kosten für die Maßnahmen        schrumpfende Gestaltungsspielräume der Länder und
im vergangenen und in diesem Jahr gesamtstaatlich           Kommunen am stärksten bedroht, obwohl sie funda-
inklusive Steuerausfälle bisher auf rund 700 Milliarden     mental wichtig für die Lebensqualität in Städten und
Euro (ohne Garantien, Kredite, Bürgschaften). Davon         Dörfern sind. Ohne eine Stärkung der öffentlichen
tragen Länder und Kommunen einen großen Teil. In            Haushalte droht nach der Corona-Krise der größte
den öffentlichen Haushalten wird Corona über Jahre          Kahlschlag in der deutschen Kulturlandschaft seit
nachwirken. Schon heute gibt es Rufe nach der Ein-          Jahrzehnten. Die Schließung von Stadttheatern, Bibli-
schränkung sozialer Leistungen und öffentlicher Inves-      otheken, Kulturhäusern oder Regionalmuseen würde
titionen aufgrund leerer Kassen nach der Krise.             ohnehin benachteiligte Viertel und Regionen noch wei-
                                                            ter zurückwerfen, die Unzufriedenheit und das Gefühl
Zwei Drittel der Bevölkerung beklagen in aktuellen          des Abgehängtseins verstärken.
Umfragen, dass Deutschland von gleichwertigen Le-
bensverhältnissen sehr weit entfernt ist. Das ist auch,     In kaum einem anderen Land Europas ist das Vermö-
aber längst nicht mehr allein eine Frage von Ost und        gen so ungleich verteilt wie hierzulande. Die reichsten
West. Das Land droht aufgrund der Folgen der Krise          zehn Prozent besitzen mehr als die übrigen neunzig
weiter auseinanderzudriften. Für diesen Befund gibt         Prozent der Bevölkerung zusammen. Die Vermögens-
unübersehbare Indizien. Diese reichen von der An-           verteilung in Deutschland hat mit Leistungsgerech-
                                                                                                                  1
tigkeit nichts zu tun und gefährdet die Entwicklung
des Landes. Jahrzehnte war die Vermögensteuer eine        ✓Kinderarmut ist das größte Zukunftsrisiko Deutsch-
steuerpolitische Selbstverständlichkeit und hatte Be-     lands. Laut Kinderschutzbund sind etwa 4,4 Millionen
deutung für die Haushalte der Länder. Im Jahr 1996 lag    Kinder arm oder von Armut bedroht, in den neuen Län-
ihr Aufkommen bei umgerechnet rund fünf Milliarden        dern ist die Quote deutlich höher. Wir brauchen eine
Euro. Der Internationale Währungsfonds, die OECD          Politik der Nulltoleranz bei Kinderarmut und eine
und inzwischen auch der Bundesfinanzminister fordern      armutsfeste Kindergrundsicherung.
die Wiedererhebung der Vermögensteuer. Wir unter-
stützen das ausdrücklich. Die Fraktion DIE LINKE. hat
dies in den vergangenen Jahren im Deutschen Bundes-       3. Ostrenten vor der Bundestagswahl zu 100 %
tag mehrfach beantragt und ein Konzept vorgelegt. Un-     angleichen und Rentenniveau für alle anheben
strittig ist, dass es hohe Freigrenzen für privates und   statt Corona-Nullrunden!
betriebliches Vermögen geben muss. Der Deutsche
Gewerkschaftsbund z.B. hat ein Konzept vorgelegt, mit     Armutslöhne sind die Armutsrenten von morgen. Fast
dem 25 Milliarden Euro an Mehreinnahmen für die Län-      jedem zweiten Vollzeitbeschäftigten in den neuen Län-
der realisiert werden könnten.                            dern droht eine Minirente trotz jahrzehntelanger Ar-
                                                          beit. Die Renten in Ostdeutschland werden in diesem
✓Das Aufkommen aus der Vermögensteuer würde zu            Jahr im Gegensatz zu den Renten im Westen gering-
                                                          fügig steigen. Trotzdem liegt der Rentenwert Ost auch
100 Prozent an die Bundesländer fließen. Die Ver-
mögensteuer wäre daher auch ein Beitrag zur Stärkung      im 31. Jahr der Deutschen Einheit etwa 3 Prozent unter
des Föderalismus. Dieser hat sich in der Krise grund-     dem Westniveau. Die Bundeskanzlerin hatte mehrfach
sätzlich bewährt. Der Föderalismus muss aber deutlich     die Angleichung der Ostrenten versprochen und ihr
mehr mit finanziellen Mitteln untersetzt werden, um       Versprechen immer wieder gebrochen. Erst im Jahr
die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.          2024, nicht mehr in ihrer Amtszeit sollen die Renten
                                                          komplett anglichen werden.

2. Ostdeutsche dürfen auf dem Lohnzettel
                                                          ✓Wir fordern die Bundeskanzlerin auf, noch
                                                          in ihrer Amtszeit und bis zum 3. Oktober 2021 die
keine Bürger zweiter Klasse sein: Ostlöhne bis            Renteneinheit herzustellen. Das wäre zum Ende
2025 zu 100 % angleichen, Niedriglohnsektor               ihrer Kanzlerschaft ein versöhnliches Signal an die
schließen, Nulltoleranz-Politik bei Kinderarmut           Ostdeutschen.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ostdeutsch-
land arbeiten länger und verdienen rund 25 Prozent
                                                          ✓Zudem schlagen wir vor, das Rentenniveau in
                                                          diesem Jahr anzuheben, um eine Corona-Nullrunde
weniger als Beschäftigte in den alten Ländern. Die
                                                          auch für westdeutsche Rentnerinnen und Rentner zu
innerdeutsche Lohnlücke ist föderal unfair und
                                                          vermeiden. Eine solche wäre sozial ungerecht, ökono-
frustriert viele Menschen, weil sie das Gegenteil
                                                          misch kontraproduktiv und auch ein Nachteil für ak-
von Leistungsgerechtigkeit darstellt. In Mecklen-
                                                          tuelle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, da auch
burg-Vorpommern zum Beispiel arbeiten die Men-
                                                          sie jede Nullrunde später als Rentner spüren werden.
schen fast zwei Wochen länger und erhalten fast
                                                          Nach der Bundestagswahl sollte das Rentenniveau zü-
4000 Euro weniger Jahreslohn als im Nachbarland
                                                          gig auf 53 Prozent angehoben werden – wie zu Zeiten
Niedersachsen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit in
                                                          Helmut Kohls. Ansonsten droht in den kommenden
gleicher Arbeitszeit zwischen Frau und Mann, in Ost
                                                          Jahren insbesondere in Ostdeutschland eine Lawine
und West und egal in welchem Bundesland – das
                                                          der Altersarmut.
muss der politische Anspruch sein. Zudem arbeitet
jeder dritte Beschäftigte in den neuen Ländern im
Niedriglohnsektor.
                                                          ✓Rentenkürzung verhindern! Solange die Löhne
                                                          der ostdeutschen Beschäftigten strukturell deutlich
✓Der Niedriglohnsektor muss geschlossen und der           niedriger sind, muss die Umrechnung bei der Rente
                                                          erhalten bleiben. Die Bundesregierung will diese Um-
gesetzliche Mindestlohn zügig auf 13 Euro angeho-
                                                          rechnung bis 2025 komplett abschaffen, das bedeutet
ben werden. Insbesondere Arbeitnehmerinnen und
                                                          eine faktische Rentenkürzung von rund zehn Prozent
Arbeitnehmer in Ostdeutschland würden davon profi-
                                                          für die sechs Millionen ostdeutschen Arbeitnehmerin-
tieren.
                                                          nen und Arbeitnehmer.
✓Wir fordern eine Lohnoffensive Ost durch mehr
Tarifbindung und flächendeckende Tarifverträge,
um die Löhne in den neuen Ländern bis zum Ende
der kommenden Legislaturperiode im Jahr 2025 zu
100 Prozent an das Westniveau anzugleichen.

2
4. Krankenhäuser, Bahn, Internet:                             5. Kosten für Pflegeheimbewohner senken -
Starke Netze in der Fläche!                                   Pflege darf nicht arm machen!
In Deutschland werden Kliniken geschlossen, obwohl            Im Oktober 2020 hat Bundesgesundheitsminister
das Gesundheitssystem in der Corona-Krise vor dem             Spahn eine Pflegereform angekündigt, die die Eigenan-
Kollaps steht. 20 Kliniken wurden 2020 dicht gemacht,         teile für Pflegeheimbewohner senken soll. Laut eines
30 weiteren droht in diesem Jahr die Schließung. Das          aktuellen Entwurfs soll es für Bewohner im ersten Jahr
Kliniksterben ist politisch gewollt. Der Bundesgesund-        gar keine Entlastung geben. Die Kosten sind in den
heitsminister will den Bestand verkleinern. Wir halten        Bundesländern höchst unterschiedlich und föderal
das für politisch falsch und fordern ein Schließungs-         unfair. Obwohl Bürgerinnen und Bürger bundesweit
moratorium. Insbesondere für den ländlichen Raum              denselben Pflegeversicherungsbeitrag zahlen, kostet
ist jedes Krankenhaus wichtig. In den letzten drei Jahr-      ein Heimplatz in NRW seit 1. Januar laut Verband der
zehnten sind bereits über 600 Kliniken geschlossen            Ersatzkassen 2460 Euro und zum Beispiel in Thüringen
worden. Deutschland hat nicht zu viele Krankenhäuser,         1648 Euro. Im Bundesdurchschnitt liegen die Kosten
sondern vor allem in der Fläche zu wenige.                    inzwischen bei 2068 Euro, ein Anstieg um 300 Euro in
                                                              drei Jahren. Das Pflegeheim wird für immer mehr Men-
✓Keine einzige Klinik darf mehr dicht gemacht                 schen zu einer Armutsfalle, etwa ein Drittel der Bewoh-
werden! Krankenhäuser gehören in öffentliche                  ner muss inzwischen Sozialhilfe beantragen.
Hand!
In Sachsen-Anhalt hat die Linksfraktion ein Konzept für
                                                              ✓Der Bundesgesundheitsminister muss endlich einen
                                                              Entlastungsplan Pflege vorlegen: Die Kosten für
eine landeseigene Krankenhausgesellschaft vorgelegt.          einen Heimplatz sollten deutlich unter dem Renten-
In Berlin konnte DIE LINKE die Privatisierung von Kli-        niveau liegen.
niken verhindern. Krankenhäuser gehören – erst recht
nach dieser Krise - in öffentliche Hand. Zudem muss
das Fallpauschalen-System abgeschafft werden!
                                                              6. Verödung stoppen:
Rund 6.500 Kilometer Strecke der Deutschen Bahn sind          Programme für Innenstädte, Bahnhofskneipen
seit 1990 in Deutschland stillgelegt, 40 Prozent davon in     und Dorfläden
Ostdeutschland. Das war klimapolitisch und strukturpoli-
tisch ein schwerer Fehler. Vielerorts werden die Bahn-        Viele Innenstädte leiden unter der Corona-Krise. Auch
verbindungen schmerzlich vermisst. Ganze Regionen             durch die schleppende Auszahlung der Hilfen sind Ge-
sind so im wahrsten Sinne des Wortes dauerhaft ab-            schäfte und Unternehmen in ihrer Existenz bedroht.
gehängt. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn           Es braucht eine Bund-Länder-Anstrengung, um das
ist in der Pflicht, diesen Kurs zu ändern. Die Bahn muss      Ladensterben und die Verödung der Innenstädte auf-
zurück in die Fläche. Oft ist die Reaktivierung alter Bahn-   zuhalten. Attraktive Innenstädte brauchen die Vielfalt -
strecken mit geringerem Aufwand verbunden als ein             eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Gewerbe, Kultur
kompletter Neubau. Es gibt Fördermittel des Bundes und        und sozialen Einrichtungen. Kommunen sollte z.B. der
der EU, aber keinen konsequenten Maßnahmenplan.               Erwerb von ehemaligen Kaufhäusern und die kreative
                                                              Umnutzung dieser Flächen finanziell ermöglicht wer-
✓Wir fordern ein Reaktivierungsprogramm der                   den. Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat im Januar
                                                              ein Hilfsprogramm für die Innenstädte im Frühjahr an-
Deutschen Bahn für stillgelegte Strecken in Ab-
stimmung mit den Bundesländern.                               gekündigt, passiert ist nichts.
Bereits 2013 wollte der damalige Verkehrsminister Do-         ✓Wir fordern ein
brindt Deutschland zum Internet-Weltmeister küren,            »Notfallprogramm Innenstadtrettung«.
tatsächlich sind wir aktuell in Punkto Digitalisierung
ein Entwicklungsland. Die CSU, die das zuständige             An 92 Prozent der Bahnhöfe in Deutschland gibt es
Ministerium seit Jahren führt, hat eine unfassbar miese       kein Servicepersonal. Laut Antwort des Bundesver-
Digitalbilanz zu verantworten. Insbesondere im länd-          kehrsministeriums auf eine Anfrage der Fraktion DIE
lichen Raum fehlt schnelles Internet für Unternehmen          LINKE. im Bundestag finden Fahrgäste auf 5213 von
und Haushalte. Wir schließen uns der Forderung der            5663 Personenbahnhöfen keinen Ansprechpartner. Es
SPD an, Deutschland in eine Gigabit-Gesellschaft zu           muss der Grundsatz gelten: Ein Bahnhof, der angefah-
führen.                                                       ren wird, muss mit Personal besetzt sein.

✓Wir brauchen eine bundesweite Kraftanstrengung, ✓  »Rettet den Bahnhof«: Wir brauchen ein
                                                 Sanierungsprogramm für Bahnhöfe in Deutschland.
um allen Bürgerinnen und Bürgern und allen Betrieben
schnellstmöglich Internet in Gigabit-Geschwindig-             Insbesondere für kleine und mittlere Städte sind Bahn-
keit zu ermöglichen.                                          höfe zentral. Sie sollten wieder lebendige Orte mit Ser-
                                                              vice und Bahnhofskneipe werden.

                                                                                                                         3
Ähnliches gilt für die Nahversorgung in Dörfern, klei-     8. Wir brauchen ein Bundesministerium
nen Städten und Kiezen. Große Supermärkte haben            für gleichwertige Lebensverhältnisse in
vielerorts den letzten kleinen Laden verdrängt. Der        ganz Deutschland. Das Heimatministerium
ländliche Raum und die lokale Nahversorgung sollten        abschaffen!
auch als Lehre aus dieser Krise aufgewertet werden.
                                                           Die Bundesregierung hat zu Beginn der Legislaturpe-
✓Wir schlagen ein Förderprogramm »Jedes                    riode eine Kommission »Gleichwertige Lebensverhält-
                                                           nisse« unter Federführung des Bundesinnenministers
Dorf braucht einen Laden!« und eine Reform des
Gewerbemietrechts zum Schutz und für die                   eingesetzt. Zwar ist der Abschlussbericht verfasst, aber
Wiederansiedlung kleiner Läden, Handwerks- und             konkrete Maßnahmen gab es kaum. Für die aktuelle
Dienstleistungsbetriebe vor.                               Bundesregierung ist dieses Thema nicht mehr als ein
                                                           PR-Thema. Darüber hinaus gibt es zwei grundsätzliche
                                                           Strukturmängel in den Ministerien: Der Ostbeauftragte
                                                           der Bundesregierung ist beim Bundesinnenministerium
7. Keine Extrawurst für Ostdeutschland,                    angesiedelt und nicht im Bundeskanzleramt. Zudem
aber föderale Fairness bei Personal, Behörden              wurde im Bundesinnenministerium ein Heimatministe-
und Unternehmen.                                           rium als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für CSU-Partei-
Kein Uni-Rektor, kaum ein General und kaum ein Bot-        freunde geschaffen.
schafter der Bundesrepublik ist in Ostdeutschland groß
geworden: In weniger als zwei Prozent der Spitzen-         ✓Für die Umsetzung eines Paktes für föderale
positionen der Gesellschaft sitzen Ostdeutsche. In den     Fairness in ganz Deutschland brauchen wir ein
Bundesministerien sind nur 4 von 133 leitenden Beam-       Bundesministerium für gleichwertige Lebensver-
ten aus den neuen Ländern. Nicht nur beim Personal,        hältnisse. Es geht darum, dem politischen Ziel des
sondern auch bei Bundesbehörden gibt es eine föderal       Artikels 72 des Grundgesetzes bis zum Jahr 2025 – bis
unfaire Verteilung. Allein NRW hat doppelt so viele Bun-   zum Ende der kommenden Legislaturperiode - spürbar
desbehörden wie alle neuen Länder zusammen. Von 109        näher zu kommen. Das Heimatministerium sollte dafür
Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, haben        abgeschafft werden.
nur fünf ihren Sitz in Ostdeutschland. Zuletzt hat die
Bundesforschungsministerin eine Batteriefabrik in ihrer
Heimatregion Münster angesiedelt.
✓Es geht um Augenhöhe, nicht um eine Extrawurst.
Wir brauchen einen Pakt für föderale Fairness bei
Personal, Behörden, Forschungseinrichtungen und
Bundesunternehmen.
✓Es wäre ein wichtiges Signal, wenn die Bundesre-
gierung mit ihrer Beteiligung Druck machen würde, ein
DAX-Unternehmen wie die Deutsche Telekom oder
die Deutsche Post nach Ostdeutschland zu holen.

                                                                         V.i.s.d.P: Dr. Dietmar Bartsch, Platz der Republik 1, 11011 Berlin
4                                                                                                      210324 Pakt für föderale Fairness
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