Mit meteo-dynamischem Pricing zum Erfolg - 70 Wetterabhängige Preisfestlegung - tipo.ch

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Mit meteo-dynamischem Pricing zum Erfolg - 70 Wetterabhängige Preisfestlegung - tipo.ch
70                                                   Forschung & Entwicklung

Wetterabhängige Preisfestlegung

Mit meteo-dynamischem Pricing
zum Erfolg
Wie ein Forschungsprojekt der FHS St. Gallen belegt, können mit einer wetterabhängigen
Preisfestlegung wirksame Kaufanreize geschaffen und das Marktpotenzial besser ausge-
schöpft werden. Der folgende Beitrag erörtert theoretisch-konzeptionelle Grundlagen und
zeigt auf, welche Ergebnisse mit diesem Ansatz konkret erzielt werden können.

››Prof. Dr. Dietmar Kremmel, Prof. Dr. Benjamin von Walter, Dr. Christian Heumann
Der Kontextfaktor Wetter ist für die wahr-    kannter Provider der Wetterdaten. Das        ein enormes Medienecho mit nationaler
genommene Nutzenstiftung eines Ange-          Forschungsprojekt startete in der Winter-    TV-, Radio- und Printberichterstattung
bots für viele Kunden eine zentrale Ein-      saison 2016 / 2017 und rief schweizweit      hervor. Obwohl es noch bis zum Ende der
flussgrösse. Dies gilt insbesondere für                                                    Wintersaison 2017 / 2018 läuft, liegen
Dienstleistungen im Outdoor-Bereich.                                                       mittlerweile erste überzeugende Ergeb-

                                              ! ››
Umso mehr erstaunt es, dass die erwarte-           kurz & bündig                           nisse vor, die in diesem Artikel dargelegt
ten Wetterbedingungen bei der Preisfin-                                                    werden. Es spricht daher einiges dafür,
dung in Wissenschaft und Praxis bisher                Bei zahlreichen Dienstleistungen,    dass meteo-dynamisches Pricing die Zu-
kaum Berücksichtigung finden.                         insbesondere im Outdoor-Bereich,     kunft des Preismanagements in wetterab-
                                                      ist das erwartete Wetter eine ent-   hängigen Branchen prägen wird, was
                                                      scheidende Einflussgrösse für die    auch durch das Auftreten erster Imitato-
Das Forschungsprojekt
                                                      wahrgenommene Nutzenstiftung         ren unterstrichen wird.
In einem von der Kommission für Techno-               durch den Kunden.
logie und Innovation (KTI) der Schweize-           ›› Mit einem meteo-dynamischen
                                                                                           Dynamic Pricing
rischen Eidgenossenschaft geförderten                 Preismanagement, das den Kon-
Forschungsprojekt werden erstmalig die                textfaktor Wetter und die situativ   Unter dynamischem Pricing versteht man
Auswirkungen eines dynamischen Preis-                 unterschiedliche Nutzenstiftung      eine preispolitische Strategie, die zwecks
managements untersucht, das systema-                  systematisch berücksichtigt, kann    Erfolgsoptimierung eine fortlaufende An-
tisch die Wetterprognose im Angebots-                 der Angebotspreis der Zahlungs-      passung des Angebotspreises anhand ver-
preis berücksichtigt.                                 bereitschaft angeglichen werden.     schiedener Faktoren beinhaltet. In der Re-
                                                      Damit werden Kaufanreize ge-         gel wird unter dynamischem Pricing eine
Für die zu untersuchende Weltneuheit ei-              schaffen und neue, preissensible     anbieterseitige, nicht verhandelbare Preis-
nes meteo-dynamischen Pricings konnten                Kundengruppen angesprochen.          vorgabe verstanden, die über einen be-
für das Forschungsprojekt nachfolgende             ›› Die Forschung zeigt, dass die Ak-    stimmten Zeitraum variiert wird. Im Un-
Partner gewonnen werden: die beiden                   zeptanz einer wetterabhängigen       terschied zu üblichen Preisanpassungen
Wintersportgebiete Pizolbahnen AG (Bad                Tageskarte sehr hoch ist und der     erfolgt die Preisvariation «dynamisch», das
Ragaz, SG) und Belalp Bahnen AG (Na-                  Preis als fair empfunden wird. Es    heisst mit hoher intertemporaler Frequenz.
ters, VS), der Ticketing-Spezialist Tipo AG           konnte ein substanzieller ökono-
als Bereitsteller der Buchungsplattform               mischer Effekt erzielt werden.       Das idealtypische Beispiel für dynami-
(www.tipo.ch) sowie SRF Meteo als aner-                                                    sches Pricing entstammt dem Airline-Be-

KMU-Magazin Nr. 11, November 2017
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Forschung & Entwicklung                               71

reich. Hier wird der Preis in Abhängig­keit
von Buchungszeitpunkt und Auslas-
tungs- bzw. Nachfragesituation fortlau-
fend angepasst. In enger Begriffsdefini-
tion wird von einem «dynamic pricing»
dann gesprochen, wenn der Preis für das-
selbe Produkt über den Zeitablauf häufig
variiert wird. Dies ist in der Passagierluft-
fahrt unter anderem bei sogenannten
«Low Cost Carriern» zu beobachten. In
Abgrenzung dazu geht es beim klassi-
schen Revenue Management beziehungs-
weise Yield Management der Fluglinien
oft auch darum, leicht unterschiedliche
Produkte durch Abgrenzungskriterien,
wie zum Beispiel eingeschränkten Stor-
nomöglichkeiten oder Mindestaufent-
halt, im Sinne einer segmentorientierten
Preis­differen­zierung anzubieten. Meist
erfolgt dies in Zusammenhang mit einer
Kontingentierung.

Wie das Beispiel zeigt, ist eine trenn-
scharfe Abgrenzung zwischen dynami-
schem Pricing und Revenue beziehungs-
weise Yield Management nicht leicht – die
Grenzen sind fliessend. Gleiches gilt auch
für Ansätze der klassischen Preisdifferen-
zierung, die durch eine a priori Festle-
gung von Preispunkten für dasselbe Pro-
dukt (für zum Beispiel unterschiedliche
Kundensegmente oder Zeiträume) we-
sentlich starrer ausfällt.

In anderen dynamischen Pricing-Ansät-
zen wird der Preis auf Basis von Kunden-
daten, Wettbewerbspreisen oder anderen
Kontextfaktoren variiert. Ein dynami-
sches Pricing aufgrund von Kundenda-
ten wird zum Beispiel im Online-Handel
angewendet. Das Internet bietet die
Möglichkeit, Daten über den Kunden zu
sammeln, um damit Rückschlüsse auf
seine Zahlungsbereitschaft zu ziehen
(Browser-Verlaufstracking, IP-Standort-
bestimmung, Ermittlung Zugriffsgerät
etc.) und in einen kundenspezifischen
Angebotspreis zu transferieren. Ein der-
artiges Vorgehen gilt bei Kunden als wenig
akzeptiert beziehungsweise unfair. Bei ei-
ner Orientierung an Wettbewerbspreisen
wird im Online-Handel über entspre-
chende Softwarelösungen der Angebots-

                                                                          KMU-Magazin Nr. 11, November 2017
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  Abb. 1: Meteo-dynamisch bepreiste Wintersport-Tageskarten

                                    Sonntag                                                      Montag
                                    22. Januar 2017                                              23. Januar 2017

                                    Erwachsene         Fr. 54.00                                 Erwachsene         Fr. 54.00
                                    Jugendliche        Fr. 48.00                                 Jugendliche        Fr. 48.00
                                    Kinder             Fr. 48.00                                 Kinder             Fr. 48.00
                   -1 ˚C   6 ˚C                                                   -2 ˚C   3 ˚C

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                                    24. Januar 2017                                              25. Januar 2017

                                    Erwachsene        Fr. 44.30                                  Erwachsene        Fr. 38.90
                                    Jugendliche       Fr. 29.90                                  Jugendliche       Fr. 26.30
                                    Kinder            Fr. 22.10                                  Kinder            Fr. 19.40
                    0 ˚C   2 ˚C                                                   -2 ˚C   0 ˚C

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                                    26. Januar 2017                                              27. Januar 2017

                                    Erwachsene        Fr. 33.50                                  Erwachsene        Fr. 33.50
                                    Jugendliche       Fr. 22.60                                  Jugendliche       Fr. 22.60
                                    Kinder            Fr. 16.70                                  Kinder            Fr. 16.70
                   -3 ˚C   0 ˚C                                                   -4 ˚C   0 ˚C

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                                    28. Januar 2017                                              29. Januar 2017

                                    Erwachsene        Fr. 27.00                                  Erwachsene        Fr. 27.00
                                    Jugendliche       Fr. 18.30                                  Jugendliche       Fr. 18.30
                                    Kinder            Fr. 13.50                                  Kinder            Fr. 13.50
                   -2 ˚C   0 ˚C                                                   -2 ˚C   1 ˚C

KMU-Magazin Nr. 11, November 2017
Forschung & Entwicklung                                                      00

preis in Abhängigkeit von vergleichbaren
Konkurrenzprodukten variiert.

Schliesslich kann eine Dynamisierung
des Angebotspreises auf verschiedenen
Kontextfaktoren beruhen, worunter auch
der Einflussfaktor Wetter subsumiert wer-
den kann. In der amerikanischen Major
Baseball League wird der Preis neben der
Kapazitätsauslastung zum Beispiel durch
Berücksichtigung von Faktoren wie Riva-
lität der Teams, Tabellenrang des Geg-
ners oder Starting Pitchers ermittelt.

Wetter als Nutzenkomponente
Die Berücksichtigung des Kontextfaktors
Wetter bei der Preisfindung reiht sich in
die jüngere Forschungsrichtung der nach-
fragebezogenen Preisbestimmung ein.
Die verbreitete kostenorientierte Preis-      adäquater Kaufanreiz geschaffen werden.      Gewinn. Das meteo-dynamische Pricing
festlegung (Cost-Plus Pricing) wurde mit      Auf diese Weise wird eine Balance zwi-       mit seiner Ausrichtung am Kundennut-
einem Wandel von Verkäufer- zu Käufer-        schen dem vom Kunden wahrgenomme-            zen kann so dazu beitragen, dass durch
märkten vielfach durch eine Orientierung      nen Angebotsnutzen, seiner daraus abge-      die Generierung von Zusatzumsätzen der
an den Strategien direkter Konkurrenten       leiteten Zahlungsbereitschaft sowie dem      Durchschnittsertrag gesteigert wird.
bei vorwiegend austauschbaren Angebo-         Angebotspreis hergestellt. Zudem können
ten (Market-Based Pricing) sowie der          durch diese Innovation preisorientierte
                                                                                           Wetterabhängige Tageskare
Nachfrageseite bei Angebotsunterschie-        Kundengruppen (beispielsweise Fami-
den (Value Pricing) ersetzt. Beim nach-       lien) verstärkt angesprochen sowie Neu-      Auf Basis obenstehender Überlegungen
fragebezogenen Zugang spielt der gestif-      kunden gewonnen werden.                      wurde im Rahmen des Forschungspro-
tete Kundennutzen eine zentrale Rolle.                                                     jekts gemeinsam mit den Wintersportge-
Die Preise orientieren sich an dem vom                                                     bieten Pizol in St. Gallen und Belalp im
                                              Durchschnittsertrag steigern
Kunden wahrgenommenen Wert eines                                                           Oberwallis ein meteo-dynamisches Preis-
Angebots.                                     Hinzu kommt, dass es sich bei Dienstleis-    modell entwickelt sowie eine wetterab-
                                              tungen wie der Tageskarte einer Berg-        hängige Tageskarte eingeführt. Das da-
Gerade im Bereich von Outdoor-Veran-          bahn um sogenannte «perishable goods»,       hinterstehende Konzept ist denkbar
staltungen ist es evident, dass der wahrge-   das heisst verfallende Dienstleistungen,     einfach: Je schlechter die Wetterprog-
nommene Nutzen in erheblichem Aus-            handelt. Gelingt es einer Bergbahn nicht,    nose von SRF Meteo für einen bestimm-
mass durch die erwartete Wettersituation      ihre Dienstleistung für einen bestimmten     ten Wintersporttag ausfällt, umso güns-
mitbestimmt ist. Der wahrgenommene            Tag zu verkaufen, so verfällt die Dienst-    tiger ist der Preis für eine Tageskarte.
Nutzen ist der zentrale Treiber für die       leistung ohne Gegenwert. Da Bergbahnen       Ausgehend von einem Referenzpreis, der
Zahlungsbereitschaft, die im Falle einer      von Haus aus nur eine begrenzte An-          den regulären Kassa- beziehungsweise
schlechten Wetterprognose deutlich tie-       zahl an verkaufbaren Wintersporttagen        Online-Preis für die Kundengruppe (Er-
fer ausfällt. Bei der herkömmlichen Vor-      vorfinden, ist es für diese zentral, dass    wachsene, Jugendliche, Kinder) darstellt,
gabe eines starren Angebotspreises bleibt     der durchschnittliche Ertrag pro Winter-     wird abhängig von der Vorhersage den
dieser Umstand unberücksichtigt, was          sporttag so hoch wie möglich ausfällt.       Kunden ein bestimmter Rabatt gewährt.
dazu führt, dass viele Tagesgäste bei er-     Dies umso mehr, da die Fixkosten sehr
wartetem Schlechtwetter auf ein Winter-       hoch sind, während die Grenzkosten pro       Bei der Entwicklung des meteo-dynami-
sporterlebnis an diesem Tag verzichten,       zusätzlichem Kunden kaum ins Gewicht         schen Pricing-Modells mussten zunächst
weil für sie das Preis-Leistungs-Verhältnis   fallen. Jeder weitere Erlös entspricht da-   die von SRF Meteo bereitgestellten, um-
ganz einfach nicht stimmt. Hingegen kann      her einem zusätzlichen Deckungsbeitrag       fangreichen Wetterdaten analysiert und
mit einer Preisfindung, die den wichtigen     beziehungsweise bei bereits gegebener        kategorisiert werden. SRF Meteo unter-
Kontextfaktor Wetter berücksichtigt, ein      Fixkostendeckung einem zusätzlichen          scheidet in der Wetterprognose dreissig

                                                                                                      KMU-Magazin Nr. 11, November 2017
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  Abb. 2: Umsatz, Kannibalisierungsrate und Nettoumsatz                                        geräumt und es soll unterstützt werden,
                                                                                               dass er mit der wetterabhängigen Tages-
                                                                                               karte nicht nur ganz kurzfristige Optimie-
  Umsatz MDP 100 %                                                                             rungen vornimmt, sondern sich damit im
                                                                                               Idealfall auch kontinuierlich beschäftigt
                                         Kannibalisierungsrate * 23 %                          (Steigerung des Kunden-Involvements).

  Nettoumsatz      77 %                                                                        Zudem ergibt sich aus dem längeren
                                                                                               möglichen Buchungszeitraum auch eine
                                                                                               spielerische Komponente: Aufgrund der
                   * Umsatzverlust bei Tickets mit regulärem Preis×100                         grös­seren Schwankungsbreite bei einer
                       Umsatz mit wetterabhängiger Tageskarte                                  Prognose von mehreren Tagen im Vorhi-
                                                                                               nein besteht auch die Chance, dass sich
                                                                                               das Wetter tatsächlich besser entwickelt.
idealtypische Wetterkonstellationen, die      unter Nutzenerwägungen nicht erforder-           Buchungen zu einem früheren Zeitpunkt
durch verschiedene Wettersymbole dar-         lich ist und auch die Studie zur Zahlungs-       stellen daher implizit auch eine Wette auf
gestellt werden.                              bereitschaft ergab, dass in diesem Fall          den Wetterverlauf dar. Allerdings profi-
                                              tendenziell sogar noch ein etwas höherer         tiert der Kunde in jedem Fall bereits zum
Auf der Webseite der Buchungsplattform        Preis als der reguläre Ticketpreis für eine      Kaufzeitpunkt vom prognoseabhängigen
des Ticketing-Spezialisten Tipo AG spielen    Tageskarte verlangt werden könnte. Ob-           Rabatt, während sich durch einen besse-
diese Wettersymbole daher eine zentrale       wohl es konzeptionell vorstellbar wäre,          ren, tatsächlichen Wetterverlauf ein Zu-
Rolle, womit auch eine Anschlussfähigkeit     bei guten Bedingungen einen erhöhten             satznutzen einstellen kann.
an die medial verbreitete Wetterprognose      Preis zu veranschlagen, wurde im vorlie-
gegeben ist.                                  genden Modell auch aus Wettbewerbs-
                                                                                               Substanzieller Effekt
                                              überlegungen davon Abstand genom-
                                              men. In theoretischer Hinsicht wäre es           Die im Folgenden dargestellten Ergeb-
Meteo-dynamisches Preismodell
                                              jedoch für manche Wintersportgebiete             nisse basieren auf einer Analyse der Bu-
Die Rabatthöhen wurden auf Grundlage          denkbar – zum Beispiel in den Wochen             chungsdaten sowie auf Online-Befragun-
einer Studie der FHS St. Gallen zur Zah-      der Hochsaison bei sehr guter Kapazitäts-        gen der Kunden bei der Ticket-Buchung
lungsbereitschaft bei unterschiedlichen       auslastung durch Wochengäste und Sai-            und nach der Absolvierung des Winter-
Wetterprognosen festgelegt. In einer Un-      sonabonnenten – einen Schritt in diese           sporttages. Durch dieses mehrstufige Vor-
tersuchung mit 147 Studierenden konnte        Richtung zu setzen.                              gehen ist sichergestellt, dass die Auswir-
belegt werden, dass die Zahlungsbereit-                                                        kungen des meteo-dynamischen Pricings
schaft bei verschiedenen erwarteten Wet-                                                       umfassend beleuchtet werden können.
                                              Spielerische Komponente
terbedingungen aufgrund der unter-
schiedlichen Nutzenerwartung zum Teil         Die Preise für die wetterabhängigen Tages-       Der Verkaufsstart fand in der Wintersai-
erheblich variiert. Bei vergleichsweise       karten werden sofort nach Vorliegen einer        son 2016 / 17 in der zweiten Januarhälfte
schlechteren Bedingungen ist ein Preis-       neuen Wetterprognose für die verschiede-         statt. Es gab ein reges Interesse und es
nachlass von bis zu 50 Prozent angezeigt,     nen Tage automatisiert neu berechnet und         konnten in den beiden mitwirkenden,
um der durchschnittlichen Zahlungsbe-         allenfalls angepasst – eine Aktualisierung       mittelgrossen Wintersportgebieten ge-
reitschaft gerecht zu werden. Dies mar-       findet vier Mal pro Tag statt. Es liegt in der   samthaft zirka 2 200 Stück wetterabhän-
kiert auch die maximale Rabattstufe im        Natur der Sache, dass eine mittelfristige        gige Tageskarten verkauft werden. Damit
meteo-dynamischen Preismodell, die            Wetterprognose eine höhere Schwan-               wurde mit dem meteo-dynamischen Pri-
aber auch aus psychologischen und mar-        kungsbreite in der Genauigkeit aufweist          cing ein nennenswerter Umsatz generiert.
ketingtechnischen Gründen («Tagesti-          als eine kurzfristige Vorhersage.                Zur Beurteilung der Frage, wie gross der
cket zum halben Preis») in dieser Höhe                                                         ökonomische Vorteil tatsächlich ausfällt,
festgelegt wurde.                             Im vorliegenden Modell wurde die Buch-           stellt sich die Frage nach der Kannibalisie-
                                              barkeit der wetterabhängigen Tageskarte          rungsrate beziehungsweise dem realisier-
Daneben gibt es je nach Wetterprognose        aber ganz bewusst auf den maximalen              ten Nettoumsatz. Bei der Kannibalisie-
eine Handvoll weiterer Rabattstufen. Al-      Zeitraum von einer Woche ausgedehnt,             rungsrate handelt es sich um den pro-
lerdings wird bei guten Wetterbedingun-       für den eine brauchbare Wettervorher-            zentualen Umsatzverlust durch Kunden,
gen kein Preisnachlass gewährt, da dies       sage verfügbar ist. Damit werden dem             die den Wintersporttag zu regulären Prei-

KMU-Magazin Nr. 11, November 2017
Forschung & Entwicklung                                                       75

sen in Anspruch genommen hätten, nun         Zusammenfassend lässt sich festhalten,       scheinlichkeit eines Wiederholungskaufs
aber vom Preisvorteil der wetterabhängi-     dass der meteo-dynamisch ermittelte Preis    auf einer Skala von 1 (sehr niedrig) bis 7
gen Tageskarte profitieren.                  als fair empfunden wird und in der Ange-     (sehr hoch) im Mittel mit 6.1 recht hoch
                                             botsinnovation einer wetterabhängigen        ausfällt. Dieser Wert wird sogar noch von
Wie aus Abbildung 2 ersichtlich ist, be-     Tageskarte ein grosser Vorteil bei gerin-    der Wahrscheinlichkeit der Weiteremp-
trägt die Kannibalisierungsrate 23 Pro-      gem beziehungsweise kalkulierbarem Ri-       fehlung der wetterabhängigen Tages-
zent des Umsatzes der wetterabhängigen       siko gesehen wird. Es ist daher auch nicht   karte übertroffen, die auf der Skala den
Tageskarte (Umsatz MDP), womit sich          verwunderlich, dass die abgefragte Wahr-     Mittelwert von 6.2 aufweist.    «
ein effektiver Nettoumsatz von 77 Pro-
zent ergibt. Die erfreulich tiefe Kanniba-
lisierungsrate konnte zum einen durch                Porträt
eine sorgsame, forschungsgestützte Aus-
gestaltung des Pricing-Algorithmus mit                                     Prof. Dr. Dietmar Kremmel
seinen wetterbezogenen Rabattstufen si-                                    Professor für Marketing Management
chergestellt werden. Zum anderen gelang                                    Leiter Kompetenzzentrum Marketing Management
es, mit dem meteo-dynamischen Pricing-
Ansatz zahlreiche Kunden auf die Piste zu                                Prof. Dr. oec. HSG Dietmar Kremmel leitet das Kompe-
locken, die sonst nicht gekommen wären.                                  tenzzentrum Marketing Management am Institut für Un-
In diesem Zusammenhang ist erwähnens-                                    ternehmensführung der FHS St. Gallen (Projektleiter). Sei-
wert, dass der Anteil an gewonnenen                                      ne Forschungs- und Beratungsschwerpunkte umfassen
Neukunden, die noch nie im jeweiligen                Produkt- und Markenmanagement, Preispolitik und strategisches Marketing.
Gebiet Wintersport betrieben haben, sich
mit zirka 20 Prozent (Belalp) und zirka                                    Prof. Dr. Benjamin von Walter
36 Prozent (Pizol) recht hoch darstellt.                                   Professor für Marketing Management

                                                                         Prof. Dr. oec. HSG Benjamin von Walter ist Professor am
Hohe Kundenakzeptanz
                                                                         Kompetenzzentrum Marketing Management am Institut
Neben diesen eindrücklichen Absatzda-                                    für Unternehmensführung der FHS St. Gallen (Projektmit-
ten ist das Angebot einer wetterabhängi-                                 glied). Seine Forschungs- und Beratungsschwerpunkte
gen Tageskarte aber auch in Bezug auf die                                liegen in den Bereichen Dienstleistungsmarketing, Mar-
Kundenwahrnehmung und -akzeptanz                     kenführung und Personalmarketing.
ein voller Erfolg. Der Preis der wetterab-
hängigen Tageskarte wird von zirka 80                                      Dr. Christian Heumann
Prozent als fair beziehungsweise sehr fair                                 Dozent für Marketing Management
wahrgenommen. Dabei ist interessant,
dass die Zustimmung zu dieser Feststel-                                    Dr. Christian Heumann ist Dozent am Kompetenzzentrum
lung nach Absolvierung des Skitages so-                                    Marketing Management am Institut für Unternehmens-
gar noch etwas höher ausfiel. Dies ist                                     führung der FHS St. Gallen (Projektmitglied). Seine For-
wohl darauf zurückzuführen, dass den                                       schungs- und Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich
Kunden ein unmittelbarer wetterbeding-                                     wertorientiertes Kundenmanagement und Data Analytics.
ter Preisvorteil bei der Buchung einge-
räumt wurde und sich für zahlreiche
Kunden das wahrgenommene Wetter am                   Kontakt
Skitag noch besser als erwartet präsen-
tierte. In Bezug auf die Vorteilhaftigkeit           dietmar.kremmel@fhsg.ch
dieses neuen Angebots sehen zirka 80                 benjamin.vonwalter@fhsg.ch
Prozent einen grossen bis sehr grossen               christian.heumann@fhsg.ch
und zirka 15 Prozent einen moderaten                 www.fhsg.ch
Vorteil. Demgegenüber wird das mit ei-
ner wetterabhängigen Tageskarte ver-                 Auch in der kommenden Wintersaison 2017 / 18 können wetterabhängige Ta-
bundene Risiko als moderat (zirka 45 %)              geskarten für die Skigebiete Belalp und Pizol gebucht werden (www.belalp.ch,
beziehungsweise wenig oder gar nicht                 www.pizol.com, www.tipo.ch). Saisonstart ist am 8. / 9. Dezember 2017.
vorhanden (zirka 35 %) eingestuft.

                                                                                                      KMU-Magazin Nr. 11, November 2017
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