MYELODYSPLASTISCHES SYNDROM - DR. VERONIKA PAPP

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MYELODYSPLASTISCHES SYNDROM - DR. VERONIKA PAPP
MYELODYSPLASTISCHES
SYNDROM
DR. VERONIKA PAPP
MYELODYSPLASTISCHES SYNDROM - DR. VERONIKA PAPP
MDS; PRÄLEUKÄMIEN

• heterogene Gruppe klonaler neoplastischer Erkrankungen der hämatopoetischen Zellen
• qualitativ und quantitativ veränderte Zellproliferation im Knochenmark; Dysplasie in einer oder mehreren
    myeloischen Zellreihen
• wesentliches Kriterium: die Zahl der im Knochenmark und/oder im peripheren Blut nachweisbaren Blasten
• Zytopenie des peripheren Blutes (Anämie, Granulozytopenie oder Thrombozytopenie), trotz normo- oder
    hyperzellulären Knochenmarks (ineffektive Hämatopoese)
•   häufig Übergang in akute oder chronische myeloische Leukämien (präleukämische Syndrome)
•   Erkrankungsgipfel nach dem 70. Lebensjahr
•   meist unklare Atiologie
•   sekundäres myelodysplastisches Syndrom induziert durch Zytostatika, radioaktive Strahlung, Benzol
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ÄTIOLOGIE
 Primär (>90%): meistens spontan, d. h. ohne erkennbare Ursache
 Sekundär (
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KLINIK

• in 20% der Fälle asymptomatischer Zufallsbefund
• im Verlauf durch Zytopenie (80%) – Mono-, Bi- oder Panzytopenie:
   o unspezifische Anämiesymptome: Müdigkeit, Schwäche
   o Neutropenie: erhöhte Infektanfälligkeit
   o Thrombozytopenie: Blutungsneigung
• Hepato-/Splenomegalie (30/20%), Lymphome (10%)
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PATHOGENESE
• Erythropoese:
     o   Anämie durch ineffektive Erythropoese
     o   Erythroblasten sprechen vermindert auf EPO an
     o   entstehen megaloblastäre Formen und infolge gestörter Eisenverwertung Sideroblasten
     o   gesteigerte Bildung von Hb F
     o   verminderte osmotische Resistenz der Erythrozyten, Pyruvatkinase-Gehalt ist herabgesetzt, veränderte Antigenexpression an der
         Zelloberfläche

• Granulozytopoese:
     o Neutropenie als Erstsymptom oder im Krankheitsverlauf entwickelt – Infektanfälligkeit!
     o Linksverschiebung der Granulozytopoese wegen der Reifungsstörung der weissen Reihe
     o diverse Abnormitäten der Neutrophilen:
               vergrößerte Granula, Hypogranulation oder fehlende Granula, Hyper- oder Hyposegmentierung des Zellkerns, basophiler Plasmaring in der
                Zellperipherie
     o Blastenanteil initial 20 % akute myeloische Leukämie!
• Thrombozytopoese:
     o   Thrombozytopenie bei 50 % der Patienten, bei 5 % als einzige Zytopenie
     o   im Blutausstrich: neben Riesenplättchen auch granulafreie Exemplare
     o   im Knochenmark: oft kleine Megakaryozyten mit wenig gelapptem Kern, können auch mehrkernig sein
     o   Blutungsneigung wegen verminderter Plättchenaggregation und eines Glanzmann-Defektes (verändertes Glykoprotein GPIIb/IIIa)
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DYSPLASIEZEICHEN
• Im Knochenmark:
     o Störungen der Erythropoese (Dyserythropoese): quantitative und qualitative Abnormitäten der kernhaltigen Vorstufen im
        Knochenmark und der Erythrozyten im peripheren Blut
           o   Anteil der Erythropoese im Knochenmark: vermehrt (>50%) oder vermindert (
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BLASTTYPEN BEI MDS
•   Ungranulierte Blasten:
      o die Zellen variieren zwischen von normalen Myeloblasten nicht unterscheidbaren bis hin zu
        Zellen unterschiedlicher Grösse, die als unklassifizierbar einzustufen sind
      o Zytoplasmagranula fehlen immer
      o der Kern zeigt gut abgrenzbare Nucleoli und ein aufgelockertes Chromatingerust
•   Granulierte Blasten:
      o Primärgranula in den Zellen (azurophile Granula)
      o das Kern-Zytoplasma-Verhältnis ist geringer
      o der Kern ist zentral gelegen

                    Links 2 Blasten Typ I, rechts 1 Blast Typ II mit deutlichen
                    Granula, darunter ein Promyelozyt mit sehr groben Primargranula.
                    Zwischen Blast I und Blast II 1 Eosinophiler
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ZYTOGENETISCHE VERÄNDERUNGEN

• das Spektrum ist heterogen
• genetisch ähnelt das MDS der AML und anderen myeloischen Neoplasien
• Translokationen und Inversionen sind selten, vor allem Zugewinnen und Verlusten von genetischem Material
• häufige beobachtete zytogenetische Veränderungen:
     o Deletionen im langen Arm der Chromosomen 5, 7 und 20, sowie eine Monosomie 7 und Trisomie 8
• typische Mutationen:
     o Mutation der Splice-Maschinerie wie SF3B1, U2AF1 und ZRSF2 (wobei SF3B1-Mutationen beim MDS ganz spezifisch mit dem Vorliegen
        von Ringsideroblasten assoziiert sind)
     o Mutationen in Genen, die Einfluss auf die epigenetische Regulation nehmen (DNMT3A, ASXL1, EZH2 und TET2)
     o JAK2V617F-Mutationen sind mit Thrombozytose assoziiert
     o wie bei AML - jedoch mit geringerer Frequenz – : z. B. NRAS, FLT3-ITD, MLL-PTD, NPM1
• Zytogenetik ist ein wichtiger Parameter in verschiedenen Prognose-Scores beim MDS
• Mutationen können als Progressionsfaktor bewertet werden
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KLASSIFIKATION: FRENCH-AMERICAN-BRITISH
 COOPERATION GROUP (FAB)
 UND WORLD HEALTH ORGANIZATION (WHO)                                  http://www.mds-register.de/whoklassifikation/

- RAEB-T mit einem Blastenanteil >20% gilt gemas WHO-Definition als
AML
- dieWHO-Klassifikation (unterscheidet 8 Untergruppen nach
morphologischen und zytogenetischen Kriterien; RAEB-T und CMML sind
ausgegliedert) – ermöglicht bessere Aussagen zur Prognose
- CMML gehört nach WHO-Kl. zu den Myeloproliferative Neoplasien
1. REFRAKTÄRE ZYTOPENIE MIT
EINLINIENDYSPLASIE (RCUD)

• wird unterteilt in:
    o refraktäre Anämie (RA)
    o refraktäre Neutropenie (RN)
    o refraktäre Thrombozytopenie (RT)   Myelodysplastische Syndrome (MDS). Erythroblasten mit
                                         megaloblastischen Veränderungen, Mitte oben zweikernige Form.

• Befunde:                               Refraktäre Anämie (RA)
                                              Löffler, Haferlach. Hämatologische Erkrankungen. 2. Auflage. Springer
2. REFRAKTÄRE ANÄMIE MIT
RINGSIDEROBLASTEN (RARS)
•   Dyserythropoese, aber keine diagnostisch
    verwertbare Veränderungen der Granulozytopoese
    und der Megakaryopoese
•   Anteil der Blasten im Knochenmark liegt 15%                                                   Ringsideroblasten mit ungewöhnlich groben Eisengranula

•   extrem hohe Korrelation (ca. 75%) von
                                                             Löffler, Haferlach. Hämatologische Erkrankungen. 2. Auflage. Springer

    Ringsideroblasten mit SF3B1-Mutationen
3. MDS MIT ISOLIERTER DEL(5Q)
(5Q-MINUS-SYNDROM)
• im peripheren Blut: Anämie mit oft normalen oder erhöhten Thrombozyten
• Blastenanteil im Blut und Knochenmark liegt
MDS MIT ISOLIERTER DEL(5Q) (5Q-MINUS-SYNDROM) - 2

2 Megakaryozyten mit rundlichen Kernen und unterschiedlich ausgereiftem                 Grosser Megakaryozyt mit unsegmentiertem Kern und z. T. noch basophilem
Zytoplasma, ein typischer Befund für dieses Syndrom                                     Zytoplasma. Darunter Erythroblastenmitose und 1 Myeloblast.
                                                Löffler, Haferlach. Hämatologische Erkrankungen. 2. Auflage. Springer
4. REFRAKTÄRE ANÄMIE MIT BLASTENVERMEHRUNG 1
(RAEB-1)

• im peripheren Blut: Zytopenie,
5. REFRAKTÄRE ANÄMIE MIT BLASTENVERMEHRUNG 2
(RAEB-2)

• im peripheren Blut: Zytopenie bei
6. MDS, UNKLASSIFIZIERT
(MDS-U)
• im peripheren Blut: Zytopenie, wenige Blasten, keine Auer-Stäbchen
• im Knochenmark: Dysplasien in einer myeloischen Zellreihe,
7. REFRAKTÄRE ZYTOPENIE MIT
MULTILINEAREN DYSPLASIEN (RCMD)
• im peripheren Blut: Zytopenie, der Blastenanteil liegt
8. REFRAKTÄRE ANÄMIE IN TRANSFORMATION
(RAEB-T)
• Subtyp RAEB-T wurde von einem pädiatrischen Klassifizierungsvorschlag
 beibehalten (bei Erwachsenen nicht mehr verwendet und diese Fälle werden
 den AML zugeordnet)
• im Vergleich zu RAEB-1 und -2 findet man im Knochenmark >20% bis zu 30%
 Blasten, manchmal auch Auer-Stäbchen
• relativ schneller Übergang in eine AML

    Übergang von RAEB-Ta zur AML. Blastenanteil knapp unter 30 %. Gruppe von
    Myeloblasten, 1 unauffälliger eosinophiler Myelozyt
                                Löffler, Haferlach. Hämatologische Erkrankungen. 2. Auflage. Springer
9. MDS DES KINDESALTERS

• tritt primär oder sekundär nach kongenitalen oder erworbenen Knochenmarkinsuffizienzsyndromen, sowie
  therapiebedingt nach zytotoxischer Therapie
• RARS und 5q-minus-Syndrom sind extrem selten
• isolierte Anämie – wie bei RA des Erwachsenen – ist ungewöhnlich, eher Neutropenie und Thrombopenie
• hypozelluläres Knochenmark ist häufiger, deshalb passen einige Kinder nicht in die Kategorie ≫Low-grade-
  MDS≪ - ≫refraktare Zytopenie des Kindesalters≪ (RCC) wurde eingeführt
   o von Knochenmarkinsuffizienzerkrankungen - speziell von aplastischer Anamie (AA) und angeborenen Insuffizienzerkrankungen –
        ist schwierig abzugrenzen

• RAEB-T wird bei Erwachsenen den AML zugeordnet, im Kindesalter den MDS
     o wie bei Erwachsenen sollten Patienten mit t(8;21), inv(16), t(16;16) oder mit t(15;17) unabhängig vom Blastenanteil als AML
        eingestuft werden
DIAGNOSTIK
• Anamnese, Klinik
• bei Verdacht auf MDS Knochenmarkaspiration oder Stanzbiopsie zur histologischen Untersuchung
• routinemässige Blutbildwerte:
     o im Blutbild: Erythrozytopenie, Bizytopenie, Panzytopenie
     o Ferritin, LDH, Vitamin B12, Folsäure, Erythropoetin, Säurehämolysetest
• Hystologie: zur Bestimmung der Zellanzahl, der Fibrose und abnormal lokalisierter unreifen Vorstufen
• Zytologie: Pappenheim-Färbung (Kombination der May-Grünwald-Färbung mit der Giemsa-Färbung), PAS-
  Reaktion (Anfärbung von Kohlenhydraten), POX- (peroxidase) Reaktion, Eisenfärbung
• klassische Zytogenetik, die FISH-Technik und molekuläre Verfahren
• Knochenmark: meist erhöhte Zelldichte, Erythropoese und Granulozytopoese zeigen Reifungsstörungen
  (Ringsideroblasten, Anisozytose, Poikilozytose bzw. hypogranulierte Granulozyten), evtl. ubersegmentierte,
  unterschiedlich grosse Megakaryozyten
• Chromosomenanalyse (50% der Fälle zeigen Abberationen) – 5., 7., 8., 20. Chromosom
• Ausschluss von Differenzialdiagnosen
DIFFERENZIALDIAGNOSE
•   myeloproliferative Neoplasien – Hystologie, Zytogenetik
•   Haarzell-Leukämie – Blutbild, Zytologie
•   akute Leukämien – Blastenanzahl >20%
•   aplastische Anämie - Hystologie, Zytologie
•   paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie – Flow-Zytometrie
•   megaloblastäre Anämie – Vitamin B12, Folsäure
•   nutritiv-toxische oder reaktive Knochenmarkveränderungen – Anamnese
•   reaktive Knochenmarkveränderungen (Sepsis, AIDS, chronische Infektionen) – Zytologie, Anamnese
•   Hyperspleniesyndrom – Anamnese, Klinik, Splenomegalie
•   Immunthrombozytopenie – Zytologie, Klinik
•   congenitale dyserythropoetische Anämie (selten) – Zytologie, Molekularbiologie
THERAPIE - SYMPTOMATISCHE THERAPIE
•   Anämie:
      o Erythrozytentransfusionen bei Absinken des Hb unter 8–9 g/dl
           o Transfusionen sollten zwecks Zerstörung der T-Zellen bestrahlt werden, um Graft-versus-Host-Reaktionen zu vermeiden
      o nach >20 Transfusionen Behandlung mit Desferrioxamin wegen Eisenüberlastung
      o in 25 % der Fälle hat rekombinantes Erythropoetin den Transfusionsbedarf deutlich gesenkt (unter 500 U/l
        EPO-Wert)

•   Neutropenie:
      o Wachstumsfaktoren G-CSF und GM-CSF erhöhen die Neutrophilenzahl, verbessern aber die Infektabwehr nicht
        (die gebildeten Neutrophilen sind nicht voll funktionstüchtig)
      o Breitbandantibiotika bei unklarem Fieber (Haemokultur)
      o Pneumococcus-Impfung
•   Thrombozytopenie:
      o Transfusionen von bestrahlten Thrombozyten bei Blutungen
      o bei ungenügender Blutstillung Antifibrinolytika (ε-Aminocapronsäure)
•   Vitamine und Anabolika:
      o Vitamin B6, Androgene und Anabolika haben bei Erwachsenen keine gesicherte Wirksamkeit
THERAPIE - KAUSALE THERAPIE
•   Immunsuppression:
      o mit MDS assoziierte Autoimmunphänomene - wie rheumatoide Arthritis -sprechen gut auf Prednison an
             das Blutbild besert sich
             steigende Infektanfälligkeit
      o junge Patienten mit niedrigen Plättchenzahlen bessern sich häufig durch Antithymozytenglobulin (ATG)
•   Antiangiogenese im Knochenmark:
      o Suppression der Neoangiogenese mit lenalidomid (Revlimid) (Thalidomid-Analoge) führte bei 40 % der
          Patienten zum Hämoglobinanstieg, besonders bei Patienten mit dem 5q-Syndrom
             Transfusionsbedarf nahm ab (beim Therapiebeginn Zytopenie!)
•   DNA-Hypomethylierung:
      •   Beseitigung der mit Inaktivierung verbundenen Hypermethylisierung von Genen durch Hemmung von
          Methyltransferasen
      •   hypomethylisierende Pharmaka: Azacitidin und sein Metabolit Decitabin
      •   Remissionsrate bis zu 60 %
      •   Indikation: intermedier und high risk Patienten, bei denen Knochenmarktransplantation kontraindiziert ist
THERAPIE - INTENSIVE THERAPIE
• Antileukämische Chemotherapie:
    o Remissions-Induktions-Chemotherapie wie bei der akuten Myeloblastenleukämie /Polychemotherapie z. B.
        TAD-Regime (Thioguanin, Cytarabin [Ara-C], Daunorubicin), ggf. HAM-Regime (Ara-C, Mitoxantron)/
           Indiziert bei Patienten
THERAPIE

• ‚Low risk’ MDS-Patienten:
   o symptomatische Therapie
   o immunsuppressive Therapie – Antithymozytenglobulin und/oder cyclosporin A
   o Immunmodulationstherapie - lenalidomid
• ‚High risk’ MDS-Patienten:
   o Azacitidin (DNA-Hypermethylierung)
   o intensive Polychemotherapie
   o allogene Stammzelltransplantation
THERAPIESTRUKTUR

https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/myelodysplastische-syndrome-mds/@@view/html/index.html
PROGNOSE

• ungünstige Prognose:
   o Blastenanzahl > 5%
   o komplexe Chromosomenaberrationen
   o LDH erhöht
   o hochgradige Zytopenie
   o schlechter Allgemeinzustand, Vorerkrankungen
   o höheres Lebensalter
   o >60% der Patienten sterben an Komplikationen (Infektionen, Blutungen, AML)
PROGNOSE SCORES:
INTERNATIONALE PROGNOSE-SCORE- IPPS, IPSS-R
    Definition des IPSS (International Prognostic Scoring System)

    Definition des IPSS-R (International Prognostic Scoring System-Revised)
DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
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