Die myelodysplastischen Syndrome (MDS) - Eine Informationsbroschüre für Patienten und deren Angehörige

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Die myelodysplastischen Syndrome (MDS) - Eine Informationsbroschüre für Patienten und deren Angehörige
Die myelodysplastischen Syndrome (MDS)
  Eine Informationsbroschüre für Patienten und deren Angehörige
Die myelodysplastischen Syndrome (MDS) - Eine Informationsbroschüre für Patienten und deren Angehörige
Inhalt

Vorwort 		                                                       3

Das Blut		                                                       7
Die Aufgaben des Blutes		                                        7
Das Blut und seine Bestandteile		                                7
Die verschiedenen Typen von Blutzellen		                         9
Die Blutbildung – ein dynamisches Gleichgewicht		               10
Die wichtigsten Laborwerte		                                    11

Das Immunsystem des Menschen 		                                 12
Die Organe des Immunsystems		                                   12
Die unspezifische Immunantwort des Körpers		                    16
Die spezifische Immunantwort des Körpers		                      16

Die myelodysplastischen Syndrome (MDS)		                        17
Was sind myelodysplastische Syndrome?		                         17
Wer bekommt ein myelodysplastisches Syndrom?		                  17
Was sind die Symptome der myelodysplastischen Syndrome?		       18
Wie werden die myelodysplastischen Syndrome diagnostiziert?		   18
Wie werden die myelodysplastischen Syndrome eingeteilt?		       19
Wie werden die myelodysplastischen Syndrome behandelt?		        21

Chronische Erkrankungen – Seelisches		                          25

Chronische Erkrankungen – Soziales		                            27

Glossar		                                                       28

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Das Blut

    Die Inhalte, Angaben, Informationen und Abbildun-    Die Aufgaben des Blutes
    gen in dieser Patientenbroschüre sind nur für die
    Nutzer innerhalb des Gebietes der Bundesrepublik     Das Blut hat vielfältige Aufgaben. Mit Hilfe der
    Deutschland bestimmt. Sofern sie Informationen zu    roten Blutzellen (Erythrozyten) transportiert es den
    oder im Zusammenhang mit Gesundheitszustän-          für alle Stoffwechselprozesse lebensnotwendigen
    den, Krankheitsbildern, medizinischen Fragen         Sauerstoff von der Lunge zu den Zellen. Das durch
    oder Therapiemöglichkeiten enthalten, ersetzen       die Zellatmung (Fachbegriff für die Gewinnung
    sie nicht die Empfehlungen oder Anweisungen          von Energie im Körper) frei werdende Kohlen-
    eines Arztes oder anderer Angehöriger der Heil-      dioxid führt es wieder zurück in die Lunge, um
    berufe. Die Inhalte dieser Patientenbroschüre        es dort abzugeben. Das Blut befördert ebenfalls
    sind nicht zur Diagnose oder Behandlung eines        Nährstoffe, Botenstoffe (Hormone) und chemische
    gesundheitlichen oder medizinischen Problems         Stoffe zu den Zellen und transportiert Abfallstoffe
    oder einer Erkrankung bestimmt. Darüber hinaus       aus den Zellen zu den Ausscheidungsorganen
    erheben sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit      des Körpers. Auch wenn es um den Schutz des            Bestandteile des Blutes
    und Richtigkeit. Mit Aushändigung und /oder Be-      Körpers vor Infektionen geht, übernimmt das Blut
    nutzung dieser Patientenbroschüre kommt kei-         wichtige Aufgaben.                                     Das Blut setzt sich aus vielen verschiedenen Be-
    nerlei Vertragsverhältnis, insbesondere kein Rats-                                                          standteilen zusammen und macht ca. ein Zwölf-
    und Auskunftsvertrag zwischen Ihnen und der                                                                 tel des Körpergewichts eines Erwachsenen aus.
    Celgene GmbH zu Stande. Insofern bestehen                                                                   Blutplasma (ca. 50 Prozent des Blutes) besteht zu
    auch keinerlei vertragliche oder vertragsähnliche                                                           90 Prozent aus Wasser. In ihm sind viele Substan-
    Ansprüche.                                                                                                  zen gelöst wie Kohlenhydrate, Fette, Aminosäuren,
                                                                                                                Vitamine und Mineralstoffe. Diese sind wichtig für
                                                                                                                den Stoffwechsel des Körpers und werden über
                                                                                                                das Blut zu den unterschiedlichen Organsystemen
                                                                                                                transportiert. Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure
                                                                                                                sind Beispiele für Abfallprodukte. Sie werden im
                                                                                                                Blutplasma zu den Nieren geleitet.

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Im Blutplasma sind auch eine Vielzahl von Eiweißen   Die anderen 50 Prozent des Blutes bestehen aus       Die verschiedenen Typen
    gelöst, die für folgende Aufgaben wichtig sind:      so genannten Blutzellen: 45 Prozent aus roten        von Blutzellen
    Für die                                              Blutzellen (Erythrozyten), drei Prozent aus weißen
                                                         Blutzellen (Leukozyten) und zwei Prozent aus Blut-   Die verschiedenen Typen von Blutzellen werden        Leukozyten
       Nährfunktion                                      plättchen (Thrombozyten).                            alle im schwammartigen Gewebe im Innern der          Die weißen Blutzellen, die Leukozyten, sind ein
                                                                                                              großen Körperknochen, dem Knochenmark gebil- Teil des Immunsystems. In einem gesunden Körper
       Transportfunktion                                                                                      det. Als die drei Haupttypen dieser Zellen gelten    gibt es davon ca. 4.300 – 10.000 pro Mikroliter
       Trägerfunktion                                                                                         die Erythrozyten, die Leukozyten und die Thrombo-    (µl) Blut. Man unterscheidet drei Haupttypen: die
                                                                                                              zyten.                                               Granulozyten, die Monozyten und die Lympho-
       Regulation des Druckes                                                                                                                                      zyten. Monozyten und Granulozyten »fressen«
       der Körperflüssigkeiten                                                                                                                                     Bakterien und machen sie dadurch unschädlich.
                                                                                                                                                                   Die so genannte unspezifische Immunantwort ist
       Pufferfunktion für
                                                                                                                                                                   bei einem Mangel dieser Zellen beeinträchtigt.
       Säuren und Basen (pH-Wert)
                                                                                                              Erythrozyten
       Abwehr von Krankheiten                                                                                 Die roten Blutzellen werden auch Erythrozyten
                                                                                     50 Prozent               genannt. Sie enthalten den roten Blutfarbstoff
       Schutz vor Blutverlust              2 Prozent Blut-                           Blutplasma
                                           plättchen                                                          Hämoglobin, der in der Lage ist, Sauerstoff zu
                                                                                                              binden und diesen dann in die unterschiedlichen      Thrombozyten
                                                                                                              Gewebe und Organe des Körpers zu transportie-        Die Blutplättchen oder auch Thrombozyten sind
                                                                                                              ren und dort wieder abzugeben. Menschen, die an      wichtig für die erste Phase der Gerinnung des
                                           3 Prozent
                                           weiße Blutzellen                                                   einer Blutarmut (Anämie) leiden, haben zu wenige     Blutes nach Verletzungen. Sie stoppen eine Blu-
                                                                                                              rote Blutzellen, um ihren Körper ausreichend         tung, indem sie miteinander »verkleben« und
                                                                                     50 Prozent               mit Sauerstoff zu versorgen. Mit einem Blutbild      so die Wunde mit einem Pfropf (Thrombus) ver-
                                           45 Prozent                                Blutzellen               kann eine Anämie nachgewiesen werden. Hierzu         schließen. Dazu tragen auch bestimmte Eiweiße
                                           rote Blutzellen
                                                                                                              bestimmt man das Hämoglobin, also die Menge          im Blut (sog. Gerinnungsfaktoren) bei. 150.000
                                                                                                              des Blutfarbstoffs, in Gramm pro Deziliter Blut      bis 300.000 Blutplättchen pro Mikroliter (µl) Blut
                                                                                                              (g/dl). Dieser Wert sollte zwischen 12 und 16 lie-   sind der Normalfall. Weniger als 20.000 / µl stellen
                                                                                                              gen, bei Frauen etwas niedriger als bei Männern.     einen wichtigen Grenzwert dar. Wird dieser unter-
                                                                                                                                                                   schritten, liegt ein schwerer Mangel an Blut-
                                                                                                                                                                   plättchen vor (Thrombozytopenie), der zu bedroh-
                                                                                                                                                                   lichen Blutungen führen kann.

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Das Knochenmark speichert davon einen Vorrat.         Die wichtigsten Laborwerte
                                                                  So verfügt es jederzeit über genügend Ausgangs-
     Die Blutbildung                                              material, um daraus die unterschiedlichen Zellen      Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Labor-
     – ein dynamisches Gleichgewicht                              des Blutes zu produzieren. Die Bildung des Blutes     werte im Überblick, die Patienten mit myelodys-            Blutplättchen
                                                                  wird genau geregelt. Ein reibungsloser Stoff-         plastischen Syndromen kennen sollten:                      Thrombozyten
     Blutzellen haben nur eine beschränkte Lebens-                wechsel funktioniert nur, wenn zu jedem Zeit-
                                                                                                                                                                                      Thrombozytenanzahl
     dauer. Sie müssen ständig neu gebildet werden,               punkt die richtige Anzahl eines jeden Zelltyps          rote Blutzellen                                             150.000 – 300.000 / µl
     damit immer genügend funktionsfähige Zellen                  im Blut vorhanden ist. Die Steuerung der Blut-          Erythrozyten
     vorhanden sind. Sie alle entstehen aus Stamm-                bildung erfolgt durch Wachstumsfaktoren. Im
     zellen, die sich im Knochenmark befinden. Beim               Falle der Erythrozyten zählt dazu beispielsweise           Erythrozytenanzahl
     Embryo erfolgt die Blutbildung hauptsächlich in              das Erythropoetin, im Falle der Leukozyten                 Männer:     4,5 – 6,3 Millionen / Mikroliter (µl)
                                                                                                                             Frauen:     4,2 – 5,5 Millionen / Mikroliter (µl)     Blutplasma
     Milz und Leber, beim Erwachsenen verlagert sie               der granulozytenkolonien-stimulierende Faktor
     sich ins Knochenmark. Stammzellen sind beson-                (G-CSF). Nach ihrer Differenzierung im Knochen-
                                                                                                                             Hämoglobin (Hb)                                          Gesamteiweiß
     dere, noch nicht ausdifferenzierte Zellen. Sie kön-          mark werden die neugebildeten Blutzellen in das
                                                                                                                             Männer:          13 – 18 Gramm / Deziliter (g / dl)      62 – 84 Gramm / Liter (g / l)
     nen sich entweder zu unterschiedlichen Zelltypen             Blut ausgeschwemmt. Alte, funktionsuntüchtig               Frauen:          11 – 16 Gramm / Deziliter (g / dl)
     entwickeln oder sich durch Zellteilung vermehren.            gewordene Blutzellen werden in Leber und Milz              Schwangere:           11 Gramm / Deziliter (g / dl)
                                                                  abgebaut.                                                  Kinder (6 M. – 6 J.): 11 Gramm / Deziliter (g / dl)
                                                                                                                             Kinder (6 – 14 J.): 12 Gramm / Deziliter (g / dl)
                                                                                                                                                                                   Immunglobuline
                                                                                                                                                                                   Ig (Erwachsene)

                                                                                                                          weiße Blutzellen                                            IgA
       Fettzellen                        Blutbildungszellen                            reife Blutzellen
       (gelbes Knochenmark)              (rotes Knochenmark)                           (Ausschwemmung ins Blut)           Leukozyten                                               		 70 - 500 mg/dl
                                                                     präzise                                                                                                          IgD
                rotes Knochenmark
                                                                   Steuerung                                                 Leukozytenanzahl                                      		 < 100 IU/ml
                (Ort der Blutbildung)
                                        unreife Blutzellen
                gelbes Knochenmark
                                        (Knochenmark,                 durch                                                  4.300 – 10.000 / Mikroliter (µl)
                (Fettzellen)
                                                                                                                                                                                      IgE
                                        lymphatisches System)     Wachstums-
                                                                                     Überalterte Blutzellen                                                                        		 bis 100 IU/ml
                                                                    faktoren                                                 Leukozyten im Differenzialblutbild
                                                                                     (funktionsuntüchtige Blutzellen)
                                                                                                                          		 neutrophile Granulozyten:    55 – 65 Prozent             IgG
                                                                                                                             eosinophile Granulozyten:        bis 5 Prozent        		 700 - 1.600 mg/dl

                                                      Abbau Bestandteile                                                     basophile Granulozyten:          bis 1 Prozent           IgM
                                                      Milz, Leber                                                            Lymphozyten:                  20 – 30 Prozent         		 Männer 40 - 230 mg/dl
                                                                                                                             Monozyten:                      2 – 6 Prozent         		 Frauen 40 - 280 mg/dl

10                                                                                                                                                                                                                    11
Die myelodysplastischen Syndrome (MDS) - Eine Informationsbroschüre für Patienten und deren Angehörige
Das Immunsystem des Menschen

     Die Organe des Immunsystems                           Lymphknoten                                        Thymus
                                                           Von den Lymphknoten, im Volksmund auch             Der Thymus ist ein lappiges Gewebe im Brust-
     Der Körper des Menschen ist ständig durch             Lymphdrüsen genannt, besitzt der mensch-           raum hinter dem Brustbein. In seiner Rinde sind
     infektiöse Bakterien, Viren, Pilze oder andere        liche Körper etwa 500 bis 1000. Ihre Größe         eine Vielzahl von Lymphozyten eingelagert, die
     Parasiten bedroht. Um sich dagegen wehren zu          liegt zwischen der eines Hanfkorns und der         bei Bedarf schnell zur Verfügung stehen. Der
     können, verfügt er über Abwehrsysteme. Man            einer Bohne. Im gesunden Zustand sind Lymph- Thymus wächst während der Embryonalent-
     unterscheidet zwischen einer ungerichteten            knoten beim Abtasten kaum spürbar, bei Entzün-     wicklung des Menschen und verkleinert sich
     (unspezifischen) und einer gerichteten (spezi-        dungen oder Infektionen vergrößern sie sich        dann beim Erwachsenen stetig. Chronisch aus-
     fischen) Immunantwort. Beide Systeme sind             und lassen sich leicht ertasten. Im Keimzent- zehrende Erkrankungen führen zu einer Thymus-
     eng miteinander verzahnt. Das Immunsystem             rum der Lymphknoten gibt es einen reichlichen      rückbildung, akute Krankheiten zu seiner Ver-
     ist in verschiedenen Organen des Körpers loka-        Vorrat an Lymphozyten, der bei Bedarf schnell      größerung.
     lisiert, vor allem im lymphatischen System und im     abgerufen   werden    kann.   Die   eigentliche
     Blut. Die spezifischen Zellen des Immunsystems        Körperabwehrreaktion spielt sich im Reaktions-     Milz
     patrouillieren ständig in den Lymph- und Blut-        zentrum ab. Sobald die durchfließende Lymphe       Die Milz liegt im hinteren Bauchraum links
     bahnen durch den Körper.                              Bakterien oder andere Fremdkörper enthält, die     zwischen der neunten und elften Rippe. Sie
                                                           über ihre Oberflächenantigene als fremd erkannt    ist am Magen und an der Bauchwand befes-
     Mandeln                                               werden, bilden die Lymphozyten spezifische Anti-   tigt. Ihre normale Größe entspricht in etwa
     Eine Gruppe von Mandeln bildet einen Abwehrring       körper gegen diese Antigene. Andere Zellen des     der einer kleinen Faust. Die Milz besteht aus
     rund um die Luft- und Speisewege. Dieses Gebilde      Immunsystems »fressen« die Erreger auf.            weichem, kaum fühlbarem Gewebe. Bei be-
     wird der lymphatische Rachenring genannt. Eine                                                           stimmten Erkrankungen kann sie stark an-
     weitere Gruppe von »Mandeln«, die in die Schleim-                                                        schwellen. Dann ist sie gut tastbar. Die Milz
     häute der Speiseröhre eingebettet ist, fängt Infek-                                                      hat viele Aufgaben, die dem medizinischen
     tionserreger ab, bevor sie in den Körper eindringen                                                      Laien selten bekannt sind:
     können. Alle »Mandeln« sind auch dafür zuständig,
     Erreger, die sich bereits im Körper befinden, zu                                                           Bildung von Lymphozyten
     zerstören.                                                                                                 Abbau der roten Blutzellen
                                                                                                                Speicherung von Blut
                                                                                                                Blutbildung während der Embryonalentwicklung

12                                                                                                                                                              13
Knochenmark
                                                                                                                        »Fremdreiz«
                                                                                                           B-Zellen     (Antigen)
                       T-Zellen
                                            Stammzellen                              Stammzellen

        »Fremdreiz«
        (Antigen)
                                                                  Stammzellen

                                                    weiße                    rote
                                  Vorläufer         Blutzellen               Blutzellen               Vorläufer
                                  lymphatischer                                                       lymphatischer
                                  Zellen                                                              Zellen
                                                                 Blutplättchen

                                                                                                              Plasmazellen

                                                                 reife Blutzellen

     sensibilisierte                                                                               funktionstüchtige
     T-Zellen                                                                                      Antikörper
     (Abwehrzellen)                                          Blutbildung

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Die myelodysplastischen Syndrome (MDS)

     Die unspezifische Immunantwort                        aus verschiedenen Typen von Lymphozyten. Aus      Was sind myelodysplastische                                  Wer bekommt ein myelodysplas-
                                                           Vorläuferzellen im Knochenmark reifen die soge-   Syndrome ?                                                   tisches Syndrom ?
     Die unspezifische Immunantwort des Körpers dient      nannten B-Zellen (B-Lymphozyten) heran. Die
     der Abwehr von Bakterien und Viren, manchmal          T-Zellen (T-Lymphozyten) wachsen im Thymus.                                                                    Myelodysplastische Syndrome können primär ent-
     auch dem Abbau körpereigener Stoffe, beispiels-       Bereits im embryonalen bzw. frühkindlichen                                                                     weder ohne ersichtlichen Grund de novo ent-
     weise der Entsorgung von Resten der roten Blut-       Alter lernen die Zellen zwischen eigenem Gewebe                                                                stehen oder sekundär bedingt sein durch
     zellen. Die unspezifische Immunantwort setzt sich     und fremden »Eindringlingen« zu unterscheiden.                                                                 Strahlen- oder Chemotherapie (sekundäre MDS).
     zusammen aus Eiweißen, Signalstoffen, aggres-         Im Erwachsenenalter kreisen beide Typen von                                                                    Es gibt ebenfalls Hinweise darauf, dass manche
     siven Verbindungen, Fresszellen (Phagozyten) und      Lymphozyten, von der Milz und den Lymph-                                                                       giftigen Substanzen MDS hervorrufen können (z.B.
     neutrophilen Granulozyten. Letztgenannte stellen      knoten ausgehend, im Blutgefäß – und Lymph-                                                                    Benzol). Bei 40 bis 50 Prozent aller MDS-Patien-
     eine Untergruppe der weißen Blutzellen (Leukozy-      system durch den Körper, bis sie entweder                                                                      ten werden auch Erbgutveränderungen festge-
     ten) dar, die im Knochenmark gebildet werden. Die     abgebaut werden oder ihre Aufgaben bei der        Myelodysplastische Syndrome sind Erkrankun-                  stellt, die sich allerdings nur in den Zellkernen
     Granulozyten sind nicht nur im Blut und im Gewebe     Immunabwehr wahrnehmen.                           gen, bei denen die Zellen des Knochenmarks ihre              der entarteten Knochenmarkzellen befinden.
     aktiv, sondern auch auf den Schleimhäuten des                                                           Fähigkeit verlieren, reife Blutzellen zu bilden.             Dieser genetische Defekt kann also nicht
     Körpers, z.B. im Mund. Dringen Bakterien in den       Immunglobuline (Antikörper) werden von Plasma-    Gleichzeitig kann die Anzahl unreifer Knochen-               weitervererbt werden.
     Körper ein, schütten die so genannten T-Zellen        zellen (siehe Abb. S. 14-15) gebildet, die aus    markzellen (Blasten) steigen. Analysen von Gewe-
     (siehe Abb. S. 14-15) Signalstoffe in das Blut aus,   aktivierten (alarmierten) B-Lymphozyten hervor-   beproben zeigen, dass die roten und weißen Blut-
     welche die Granulozyten zum Ort der Gefahr            gehen. Wie der Schlüssel zu seinem Schloss        zellen nicht ausgereift sind.
     locken. Dort machen diese die Erreger unschädlich,    passen sie zu den Antigenen der eindringenden
     indem sie sie »auffressen«.                           Fremdstoffe, erkennen und binden diese, damit
                                                           sie dann von speziellen Fresszellen entsorgt
                                                                                                                Fettzellen                        Blutbildungszellen                           reife Blutzellen
     Die spezifische Immunantwort                          werden können. Neben den Plasmazellen pro-           (gelbes Knochenmark)              (rotes Knochenmark)                          (Ausschwemmung ins Blut)
                                                           duzieren B-Lymphozyten auch Gedächtniszellen,                 rotes Knochenmark
                                                                                                                         (Ort der Blutbildung)
     Die Fresszellen (Phagozyten) sind sehr wirksam        die sich die Bauweise und Eigenart des Antigens               gelbes Knochenmark

                                                                                                                                                                                   präzise
                                                                                                                         (Fettzellen)

     gegen viele Bakterien. Es gibt jedoch auch solche,    merken und somit bei einer erneuten Attacke
                                                                                                                                                 unreife Blutzellen              Steuerung
     gegen die sie nichts ausrichten können. Auch bei      des gleichen Erregers sehr     schnell den ent-                                       (Knochenmark,                      durch
     den meisten Viren ist die unspezifische Abwehr        sprechenden Antikörpertyp produzieren. Neben                                          lymphatisches System)          Wachstums-
                                                                                                                                                                                  faktoren   überalterte Blutzellen
     des Körpers machtlos. Hier greift die spezifische     dieser humoralen Immunantwort existiert noch                                                                                      (funktionsuntüchtige Blutzellen)
     Immunantwort des Körpers effektiv ein. Sie wird       eine zelluläre Ergänzung der Immunantwort in
     aus Makrophagen, Antikörpern, Enzymen und             Form von T-Lymphozyten. Gemeinsam mit den
     anderen Substanzen gebildet, die in den Körper-       Makrophagen sind die T-Zellen in der Lage, be-                                                         Abbau
                                                                                                                                                                  Milz, Leber
     flüssigkeiten gelöst (humoral) vorliegen, sowie       stimmte Erreger wirkungsvoll abzutöten.

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Was sind die Symptome der                         Wie werden die myelodysplastischen                                                                        Wie werden die myelodysplastischen
     myelodysplastischen Syndrome ?                    Syndrome diagnostiziert ?                                                                                 Syndrome eingeteilt?

     Patienten suchen meist ihren Arzt auf, wenn sie   Die benannten Symptome der MDS sind nicht spezi-      Liegen die Blutwerte nicht im Normbereich, muss     Die   myelodysplastischen    Syndrome     werden
     sich schlapp, kurzatmig und müde fühlen, also     fisch und können daher auf vielerlei verschiede-      über das Knochenmark festgestellt werden, ob        unter dem Mikroskop nach dem Erscheinungs-
     die Symptome einer Anämie aufweisen. Bei          ne Befindlichkeitsstörungen oder schwerwiegende       die Abweichungen durch eine Fehlproduktion          bild der Blutzellen eingeteilt. Man unterscheidet
     anderen ist die Produktion von Leukozyten ein-    Krankheiten hindeuten. Eine genaue Diagnose           des blutbildenden Systems bedingt sind. Eine        dabei fünf Typen nach Art und Anteil an unreifen
     geschränkt. Sie sind daher anfälliger gegen-      kann nur durch eine differenzierte Untersuchung       Knochenmarkprobe muss untersucht werden, die        Blutzellen im Blut selbst und im Knochenmark.
     über Infektionen, die manchmal auch unter Gabe    des Blutes sowie des Knochenmarks gestellt            durch die Punktion des Beckenkamms gewonnen            Normalerweise sind weniger als zwei, maximal
     von Antibiotika nicht zurückgehen.                werden.                                               wird. Liegt eine Veränderung im Knochenmark         fünf Prozent der Zellen im Knochenmark Zel-
        Ein Mangel an Thrombozyten, der auch eine                                                            vor, kann auch der Untertyp der MDS bestimmt        len, die noch nicht fertig ausgereift sind. Diese
     Folge eines myelodysplastischen Syndroms sein                                                           werden.                                             nennt man Blasten. Beim Überschreiten des Blas-
     kann, macht sich dadurch bemerkbar, dass die                                                              Besonders wichtig für die spätere Therapie-       tenanteils von 20 Prozent im Knochenmark oder
     Patienten häufig Blutergüsse haben oder bei                                                             entscheidung des Arztes sind auch zytogene-         auch im periphären Blut spricht man von einem
     kleineren Verletzungen stark bluten.                                                                    tische Tests. In diesen wird bestimmt, ob das       Übergang in eine akute Leukämie. Leukämie ist
                                                                                                             Erbgut der Knochenmarkzellen verändert ist.         aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet
                                                                                                             Liegen alle Ergebnisse vor, sucht der behandelnde   »weißes Blut«. Bei Leukämie-Patienten sieht man
                                                                                                             Arzt nach der für die entsprechende Situation       dieses »weiße Blut« im Labortest deutlich: Wenn
                                                                                                             geeigneten Behandlungsmöglichkeit.                  ein Röhrchen mit Blut länger stehenbleibt, son-
                                                                                                                                                                 dert sich deutlich eine weiße Schicht von Blutzel-
                                                                                                                                                                 len ab, die zur Namensgebung der Leukämie
                                                                                                                                                                 führte.
                                                       Zuerst wird ein Blutbild erstellt, bei dem unter-
                                                       sucht wird, ob im Blut alle Blutzellen im richtigen
                                                       Verhältnis zueinander und in der richtigen Gesamt-
                                                       zahl vorhanden sind. Dabei wird auch geprüft,
                                                       ob die Anzahl der undifferenzierten Zellen (Blas-
                                                       ten) im Normbereich liegt. Um die unterschied-
                                                       lichen Untergruppen von weißen Blutzellen zu
                                                       bestimmen, veranlasst der behandelnde Arzt ein
                                                       so genanntes Differenzialblutbild (»großes« Blut-
                                                       bild).

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Die FAB-Klassifikation* unterscheidet:                                                                                        Die WHO-Klassifikation* unterscheidet:

        MDS-Subtypus                                             Blasten                                     Blasten                  MDS-Subtypus                                             Blastenanzahl
                                                                 (unreife Blutzellen)                        (unreife Blutzellen)
                                                                 im periphären Blut                          im Knochenmark           Refraktäre Anämie (Blutarmut), RA                        < 5 % Blasten im Knochenmark

        Refraktäre Anämie (Blutarmut)                                    < 1%                                      < 5%               Refraktäre Anämie (Blutarmut)                            < 5 % Blasten im Knochenmark
                                                                                                                                      mit Ringsideroblasten, RARS                              und >
                                                                                                                                                                                                   _ 15% Ringsideroblasten
        Refraktäre Anämie (Blutarmut)                                    < 1%                                      < 5%
        mit Ringsideroblasten (mind. 15%)                                                                                             Refraktäre Zytopenie mit
                                                                                                                                      multiplen Dysplasien ohne oder
        Refraktäre Anämie (Blutarmut)                                                                                                                                                          < 5 % Blasten im Knochenmark
                                                                         < 5%                                     5 – 20 %            mit Ringsideroblasten-
        mit Blastenüberschuss                                                                                                         vermehrung, RCMD
        Refraktäre Anämie (Blutarmut)
                                                                                                                                      Refraktäre Anämie (Blutarmut)
        mit Blastenüberschuss in                                        5 – 30 %                                  21 – 30 %                                                                    5 – 9 % Blasten im Knochenmark
                       +                                                                                                              mit Blastenüberschuss I, RAEB-I
        Transformation
                                                                                                                                      Refraktäre Anämie (Blutarmut)
        Chronische myelomonozytäre                                                                                                                                                             10 – 19% Blasten im Knochenmark
                                                                         < 5%                                      5 – 20 %           mit Blastenüberschuss II, RAEB-II
        Leukämie
                                                                                                                                                                                               < 5 % Blasten und Mikromegakaryozyten,
                                                                                                                                      5q- Syndrom
                                                                                                                                                                                               isolierte 5q-Deletion
        * FAB = Französisch-Amerikanisch-Britisches Klassifikationssystem der Myelodysplastischen Syndrome
        +
          wird nun als akute myeloische Leukämie (AML) eingestuft
                                                                                                                                      * Weltgesundheitsorganisation 1999

       Bei ca. einem Viertel der Patienten mit einem                         Ringsideroblasten sind rote Blutzellen, bei denen      Wie werden die myelodysplas-                       throzyten in ihrem peripheren Blut aufweisen.
     myelodysplastischen Syndrom tritt zu einem spä-                         das Spurenelement Eisen (gr.: ho sideros) nicht        tischen Syndrome behandelt?                        Ein Thrombozytenkonzentrat kann über eine Nadel
     teren Zeitpunkt eine akute myeloische Leukämie                          richtig in das Hämoglobin eingebaut ist. Es                                                               in die Blutbahn eingebracht werden. Die Behand-
     auf (AML). Die wirksamste Behandlung hierfür ist                        lagert sich stattdessen ringförmig um den Zell-        Die meisten Therapien bei MDS dienen der Ver-      lung erfolgt ambulant im Krankenhaus oder in
     eine Chemotherapie, deren Art und Zusammen-                             kern ab, was im Mikroskop sichtbar ist. Dies           besserung der Lebensqualität des Patienten durch   einer dafür ausgestatteten hämatologischen
     setzung jedoch vom individuellen Gesundheits-                           führt zu einer Fehlfunktion. Zu wenig rote Blut-       eine Linderung der Symptome. Heilen kann man       Praxis. Für Patienten mit niedrigen Thrombozy-
     zustand des Patienten abhängt.                                          zellen bedingen eine Unterversorgung des               MDS bis heute nicht.                               tenwerten ist es wichtig, vorbeugende Maßnahmen
       Aufgrund fehlender Zellreifung gehen die MDS                          Körpers mit Sauerstoff und damit verminderte                                                              zu ergreifen, um Verletzungen und Blutergüsse
     meist mit schweren Anämien einher. Diejenigen                           Leistungsfähigkeit und andauernde Müdigkeit.                                                              zu vermeiden. Medikamente, die die Blutgerin-
     Syndrome, die die roten Blutzellen betref-                              Durch Blutersatz, d.h. häufige Bluttransfusionen,      Supportive Therapie (Bluttransfusionen)            nung herabsetzen, sollten wenn möglich nicht ein-
     fen, sind refraktäre Anämien, refraktäre Anämien                        können diese Symptome meist gemildert, jedoch                                                             genommen werden. Daher gilt: Auch nichtver-
     mit Ringsideroblasten und refraktäre Anämien mit                        nicht kuriert werden.                                  Bluttransfusionen können nötig werden, wenn die    schreibungspflichtige Substanzen müssen mit dem
     Blastenüberschuss.                                                                                                             Patienten zu wenig Thrombozyten oder Ery-          behandelnden Arzt abgesprochen werden.

20                                                                                                                                                                                                                                         21
Der Mangel an roten Blutzellen wird als Anä-           Zytokintherapie
     mie bezeichnet. Die auftretenden Symptome
     wirken sich nicht nur einschränkend auf die            Die Blutbildung wird durch Hormone, in diesem
     Lebensqualität eines Menschen aus, sondern kön-        Fall so genannte Wachstumsfaktoren, ganz prä-
     nen auch schwerwiegende medizinische Kompli-           zise gesteuert. Einige davon gibt es mittlerweile
     kationen nach sich ziehen. Daher kann es notwen-       dank der Möglichkeiten der modernen Biotech-
     dig sein, die betroffenen Patienten mit Bluttrans-     nologie in rekombinanter Form. Das bedeutet, die
     fusionen zu behandeln. Das Spenderblut muss in         Substanzen können nach körpereigenem Vorbild
     seinen individuellen Eigenschaften genau mit           in großem Maßstab hergestellt und als Medika-
     denen des Empfängerblutes übereinstimmen               mente angeboten werden, um eine fehlgesteuerte
     (vgl. Abstoßungsreaktionen). Wenn dies der Fall ist,   Blutbildung teilweise zu korrigieren. Die Substan-
     werden dem Patienten nur die roten Blutzellen          zen heißen rekombinantes humanes Erythro-
     in die Armvene verabreicht (Erythrozytenkonzen-        poetin (r-Hu-EPO), rekombinanter granulozyten-
     trate). Bluttransfusionen erfordern häufige ambu-      kolonien-stimulierender Faktor (r-Hu-G-CSF) und
     lante Arztbesuche der Patienten. Sie lindern nur       rekombinanter granulozytenkolonien-makropha-
     die Symptome der Erkrankung, die Ursachen              gen-stimulierender Faktor (r-Hu-GM-CSF).
     bekämpfen sie jedoch nicht.                               Bei manchen Patienten mit myelodysplas-
        Eisen, ein lebensnotwendiges Spurenelement,         tischen Syndromen kann eine Therapie mit diesen
     ist giftig, wenn es im Überschuss vorhanden ist.       Wachstumsfaktoren indiziert sein. Dazu müssen
     Der menschliche Körper verfügt über ein sensi-         jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
     tives System, das es ihm ermöglicht, überschüs-        Bitte befragen Sie gegebenenfalls ihren behan-
     siges Eisen aus der Blutbahn zu binden und             delnden Arzt dazu.
     zu speichern, bis er es wieder benötigt. Mit den
     Blutübertragungen gelangt jedoch viel freies
     Eisen in den Körper des Empfängers. Wenn alle          Immunmodulatorische und immunsup-
     Eisenspeicher gesättigt sind, kommt es zu einer        pressive Behandlungsansätze
     Überladung des Körpers mit diesem Element
     und damit zu Schäden in verschiedenen Organ-           Durch Immunmodulation und Immunsuppression
     sytemen. Um dies zu verhinden, muss das über-          versucht man auf unterschiedliche Weise, das
     schüssige Eisen medikamentös wieder aus dem            durch die Krankheit aus dem Gleichgewicht gera-
     Körper entfernt werden.                                tene Verhältnis zwischen entarteten und ausdif-
                                                            ferenzierten Zellen wiederherzustellen.

22                                                                                                               23
Chronische Erkrankungen – Seelisches

     Immunmodulation                                       Überschuss an unreifen Zellen abzutöten. Die       Viele Menschen geraten häufig in Panik, Wut
                                                           indizierten Substanzen werden dabei entweder       oder Verzweiflung, wenn sie erfahren, dass sie
     Verschiedene pharmazeutische Substanzen kön-          einzeln oder in Kombination verabreicht.           chronisch erkrankt sind. Zu den körperlichen Ein-
     nen unreife Zellen dazu stimulieren, sich auszudif-                                                      schränkungen kommen soziale und psychische
     ferenzieren und dadurch zu gesunden reifen Zellen                                                        Probleme hinzu. Auf quälende Fragen finden sie
     heranzuwachsen. Sie werden derzeit in klinischen      Blutstammzelltransplantation (SZT)                 zunächst keine Antworten. Sie fühlen sich oft
     Studien getestet.                                                                                        minderwertig, ziehen sich zurück. Depressionen
                                                           Bei Patienten mit einem guten allgemeinen Ge-      entstehen. Bei der Aufklärung über die körper-
                                                           sundheitszustand stellt die allogene Blutstamm-    lichen Aspekte der Erkrankung sind also auch drin-
     Immunsuppression                                      zelltransplantation (oder Knochenmarktransplan-    gend die psychischen und sozialen Auswirkungen
                                                           tation) eine weitere Behandlungsoption dar. Als    zu berücksichtigen. Patienten können selbst viel
     Bei der Immunsuppression versucht man, die            einzige Therapieoption bietet sie die Chance auf   dazu beitragen und Komplikationen verhindern,
     unreifen, entarteten Zellen des Knochenmarks un-      Heilung. Wegen der damit verbundenen hohen         die mit einem MDS verbunden sein können, in-
     schädlich zu machen, bevor sie die Blutbahn er-       gesundheitlichen Risiken kommt diese Art der       dem sie ihren Lebensstil an die neuen Gegeben-
     reichen und überschwemmen. Antilymphozyten-           Therapie jedoch für die Mehrheit der Patienten     heiten anpassen.
     serum neutralisiert z. B. diese Zellen und schafft    nicht in Frage. Bei der SZT werden im ersten
     damit Platz für die gesunden, reifen Zellen. So       Schritt durch eine hochdosierte Chemotherapie      Suchen Sie Hilfe bei Ihrem behandelnden Arzt
     können diese lebenswichtige Funktionen erfüllen.      und / oder Strahlentherapie die Zellen des Kno-    und / oder einem Psychologen und sprechen
                                                           chenmarks im Körper zerstört. Danach erfolgt       Sie die Dinge an, die Ihnen auf der Seele lasten.
                                                           die Übertragung gesunder Stammzellen von           Auch Selbsthilfeorganisationen können Ihnen
     Chemotherapie                                         einem gesunden Spender. Weitere Informationen      Unterstützung bieten. Versuchen Sie, die gute
                                                           zu dieser Therapieoption gibt es u.a. bei der      Seite in allem zu erkennen.
     Bei einer refraktären Anämie mit Blastenüber-         Deutschen Leukämie- und Lymphom-Hilfe e.V. in
     schuss in Transformation und bei chronischer          Bonn.
     myelomonozytärer Leukämie (s. Tabelle S. 20)
     kann eine Chemotherapie indiziert sein, um den

24                                                                                                                                                                 25
Chronische Erkrankungen – Soziales

                                                             Chronische Erkrankungen führen in der Regel zu         und erhält einen entsprechenden Ausweis. Dieser
     Weitere Informationen erhalten Sie unter anderem bei:   massiven Einschränkungen im täglichen Leben.           garantiert Rechte, Vergünstigungen und steuer-
                                                             Als schwerwiegend chronisch krank gelten Men-          liche Vorteile.
     Deutsche Leukämie- und                                  schen, die sich seit mindestens einem Jahr in ärzt-
     Lymphom-Hilfe e.V.                                      licher Dauerbehandlung befinden und wegen der-         Seit    Einführung    des      Gesundheitsmoderni-
     Thomas-Mann-Straße 40                                   selben Erkrankung mindestens einmal pro Quartal        sierungsgesetzes im Januar 2004 werden Pa-
     53111 Bonn                                              den Arzt aufsuchen müssen. Eines der folgenden         tienten stärker an ihren Behandlungskosten
     0228-338-89-200 (Telefon)                               Kriterien muss zusätzlich dazu erfüllt sein:           beteiligt. Für schwerwiegend chronisch erkrankte
     0228-338-89-222 (Fax)                                                                                          Menschen gilt eine finanzielle Belastungs-
     www.leukaemie-hilfe.de                                  1. Ohne eine kontinuierliche medizinische Ver-         obergrenze: Die Ausgaben für Zuzahlungen zu
                                                               sorgung ist nach Einschätzung des behandeln-         medizinischen Kassenleistungen dürfen 1 Prozent
     The Leukemia & Lymphoma Society, USA                      den Arztes mit einer lebensbedrohlichen Ver-         des    Familien-Bruttojahreseinkommens       nicht
     1311 Mamaroneck Ave.                                      schlimmerung der Erkrankung, mit einer Ver-          übersteigen. Damit sind die Kosten der Behand-
     White Plains, NY 10605                                    minderung der Lebenserwartung und / oder mit         lungen gedeckelt. Bei nicht schwerwiegend
     001 – 914 – 949 - 5213 (Telefon)                          einer dauerhaften Beeinträchtigung der Lebens-       chronisch Kranken liegt die Obergrenze der
     001 – 914 – 949 – 6691 (Fax)                              qualität zu rechnen.                                 Zuzahlungen bei 2        Prozent des Familien-
     www.leukemia.org                                                                                               Bruttojahreseinkommens.
                                                             2. Es   liegen   nachweislich    mindestens     ein
     MDS-Foundation, USA                                       60-prozentiger Grad der Behinderung und / oder       Wenden Sie sich bei Fragen zu den sozialen Aus-
     P.O. Box 353                                              eine mindestens 60-prozentige Einschränkung          wirkungen Ihrer Erkrankung an Ihr zuständiges
     Crosswicks, NJ 08515                                      der Erwerbsfähigkeit vor.                            Versorgungsamt. Ihre Krankenkasse kann Ihnen
     001 – 609 – 298 – 6746 (Telefon)                                                                               ebenfalls Auskunft erteilen.
     001 – 609 – 298 – 0590 (Fax)                            3. Die betroffene Person bedarf der Pflege in Pfle-
     www.mds-foundation.org                                    gestufe 2 oder 3.

                                                             Jeder Mensch mit einer chronischen Erkrankung
                                                             kann einen Antrag auf Schwerbehinderung beim
                                                             zuständigen Versorgungsamt stellen. Liegt ein
                                                             Grad der Behinderung (GdB) von mindestens
                                                             50 Prozent vor, gilt der Patient als schwerbehindert

26                                                                                                                                                                       27
Glossar

     Abstoßungsreaktion                              Beckenkamm                                    Computertomographie                            Erythrozyten
     Der menschliche Körper kann zwischen            Der obere Bereich des Hüftknochens, aus dem   Röntgendiagnostisches computergestütztes       Rote Blutzellen, die den Sauerstoff von der
     fremd und eigen unterscheiden und stößt         bei einer Punktion Knochenmarkproben ent-     bildgebendes Verfahren                         Lunge zu den Körperzellen und das durch die
     fremdes Gewebe oft ab                           nommen werden (meist im Rückenbereich)                                                       Zellatmung entstehende Kohlendioxid aus
                                                                                                   Depression                                     dem Körper zurück zu den Lungen transpor-
     Anämie                                          Biopsie                                       Krankheit der Psyche                           tieren
     Der Körper verfügt nicht über genügend rote     Die Entnahme und Untersuchung eines
     Blutzellen und ist daher nicht ausreichend      kleinen Gewebestücks aus dem Körper (zur      Differenzialblutbild                           Erythrozytenkonzentrate
     mit Sauerstoff versorgt. Symptome einer         genauen Diagnosestellung)                     Beim Differenzialblutbild wird die prozen-     Bluttransfusionen, bei denen die roten Blut-
     Anämie: Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Schwäche,                                                   tuale Verteilung der verschiedenen weißen      zellen angereichert werden
     Antriebslosigkeit, Verlust an Leistungsfähig-   Blasten                                       Blutkörperchen untersucht. Es untergliedert
     keit                                            Unreife Zellen im Allgemeinen; hier die un-   weiße Blutkörperchen u.a. in Granulozyten,     Granulozyten
                                                     reifen Zellen im Knochenmark, aus denen die   Lymphozyten und Monozyten                      Eine Kategorie weißer Blutzellen, welche für
     Antibiotikum – Antibiotika                      Blutzellen hervorgehen                                                                       das Abtöten von Bakterien zuständig ist
     Medikament – Medikamente zur Bekäm-                                                           Differenzierung
     pfung von Infektionen                      Blutbildung                                        Im Kontext von Zellen: die Reifung einer Vor- Hämatochromatose
                                                Prozess der Bildung und Reifung von Blut-          läuferzelle zu einer gesunden erwachsenen Eisenüberladung des Blutes
     Antigene                                   zellen                                             Zelle mit speziellen Aufgaben, die von Gewebe
     Strukturen, die eine Immunreaktion hervor-                                                    zu Gewebe unterschiedlich sein können         Hämatologe
     rufen können                               Blutplättchen                                                                                    Facharzt für Bluterkrankungen
                                                Kleine, scheibenförmige Blutzellen; spielen        Embryonalentwicklung
     Antikörper                                 beim Wundverschluss eine wichtige Rolle            Die ersten 3 Monate der Entwicklung eines Hämatopoese
     Eiweiße, die spezifische Antigene erkennen (Thrombozyten)                                     Menschen im Mutterleib                        Die biologischen Prozesse, die der Blutbildung
     und binden können, Teile des Immunsystems                                                                                                   dienen
                                                Blutzellen                                         Enzyme
     allogen                                    Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten          In Zellen gebildete Stoffe, welche den Ablauf Hämatokrit
     Nicht vom Patienten selbst, sondern von                                                       zahlreicher biochemischer Vorgänge im Der Anteil des gesamten Blutvolumens, der
     einem anderen Spender stammend             B-Zellen                                           Organismus bestimmen                          sich aus roten Blutzellen zusammensetzt
                                                Siehe Lymphozyten
     autolog                                                                                       Eosinophile                                    Hämoglobin
     Vom Patienten selbst stammend              Chemotherapie                                      Eine Kategorie weißer Blutzellen, welche       Roter Blutfarbstoff, der in den Erythrozyten
                                                Behandlungsart, bei der Krebszellen durch          Parasiten bekämpfen und eine wichtige Rolle    für den Transport des Sauerstoffs zuständig
     Basophile                                  die Gabe spezieller Medikamente (Zellgifte =       bei allergischen Reaktionen spielen            ist
     Eine Kategorie von weißen Blutzellen, die Zytostatika) abgetötet werden
     eine wichtige Rolle bei allergischen Reak-                                                    Erythropoetin                                Immunantwort
     tionen spielen                             Chromosomen                                        Erythropoetin ist ein Blutwachstumsfaktor, Reaktion des Körpers auf körperfremde
                                                Träger des Erbgutes                                der in der Niere erzeugt wird. Erythropoetin Stoffe/Eindringlinge
                                                                                                   steuert die Bildung der roten Blutzellen

28                                                                                                                                                                                                29
Immunkompetenz                             Leukozyten                                         Phagozyten                                      supportiv
     Fähigkeit bestimmter Zellen des Immunsys- Weiße Blutzellen; sie spielen eine wichtige         Fresszellen des Immunsystems                    Unterstützend
     tems, körperfremde Stoffe zu erkennen und Rolle bei der unspezifischen Immunabwehr
     unschädlich zu machen                                                                         Plasma                                          Transfusion
                                                lymphatisches System                               Die flüssige, nichtzelluläre Komponente des     Eine Methode, Spenderblut oder Spender-
     Immunmodulation                            Mandeln, Milz, Thymus, Lymphknoten und             Blutes                                          blutplättchen in die Blutbahn einzubringen;
     Beeinflussung der Immunantwort des Kör- Gefäße (Lymphbahnen)                                                                                  nicht zu verwechseln mit einer Infusion, bei
     pers                                                                                          Prognose                                        der Lösungen mit arzneilichen Bestandteilen
                                                Lymphozyten                                        Der voraussichtliche Verlauf einer Erkrankung   in die Blutbahn eingebracht werden
     Immunsystem                                B- und T-Zellen, spielen eine wichtige Rolle       und die damit verbundene Lebenszeit
     Abwehrsystem des Körpers gegen Eindring- bei der Immunabwehr                                                                                  Thrombozytopenie
     linge, an dem verschiedene Organe des Kör-                                                    Prophylaxe                                      Mangel an Blutplättchen
     pers beteiligt sind                        Makrophagen                                        Vorbeugung
                                                Fresszellen des Immunsystems                                                                       T-Zellen
     Knochenmarkbiopsie                                                                            psychisch                                       Siehe Lymphozyten
     Entnahme von Knochenmarkgewebe zur wei- Mikroliter (µl)                                       Die Seele betreffend
     teren Untersuchung und genauen Diagnose- Ein Tausendstel Milliliter                                                                           unspezifisch
                                                                                                   rote Blutzellen                                 Nicht arteigen
     stellung                                   Monozyten                                          Siehe Erythrozyten
     Knochenmarkpunktion                           Eine Kategorie weißer Blutzellen, die für die                                                   Wachstumsfaktoren
                                                   Abwehr von Bakterien zuständig ist              somatisch                                       Hormone, die Entwicklungsprozesse im
     Entnahme von flüssigem Knochenmark zur                                                        Den Körper betreffend
     genauen Diagnosestellung                                                                                                                      Körper steuern. Blutwachstumsfaktoren
                                                   Mutation                                                                                        steuern die Blutbildung, z. B. Erythropoetin
                                                   Sprunghafte, richtungslose      Veränderung     spezifisch
     Knochenmarktransplantation                                                                    Arteigen                                        oder G-CSF
                                                   einer Erbanlage
     Übertragung von Knochenmark; entweder
                                                                                                                                                   weiße Blutzellen
     wird Knochenmark eines Spenders (allogen) Mutationsstatus                                     Stammzellen                                     Siehe Leukozyten
     oder des Patienten selbst (autolog) verwen- Aussage darüber, ob das Gen mutiert ist oder      Spezielle Art von Körperzellen, welche sich
     det. Vor der Transplantation wird eine Chemo- nicht                                           entweder in zwei gleiche Tochterzellen          zytogenetische Tests
     therapie durchgeführt                                                                         teilen oder zu unterschiedlichen Zellen mit     Untersuchungen der Chromosomen mit dem
                                                   Myelosupression                                 verschiedenen Aufgaben ausdifferenzieren        Mikroskop, um eventuelle Veränderungen am
     Leukämie                                      Krankhafte Veränderung des Knochenmarks,        können; die für die Blutbildung wichtigen       Erbgut feststellen zu können
     Bösartige Erkrankung, bei der ein Überschuss bei der die Produktion aller oder einzelner
                                                                                                   Stammzellen sitzen im Knochenmark
     an weitgehend funktionslosen weißen Blut- Blutzelltypen vermindert ist                                                                      Zytokine
     zellen produziert wird                                                                        Stoffwechselprozesse                          Signalstoffe des menschlichen Körpers, die
                                                   neutrophile Granulozyten                        Prozesse im Körper, die letztlich seiner Ver- Wachstumsprozesse steuern
     Leukopenie                                    Eine Kategorie der weißen Blutzellen, welche    sorgung mit Energie und der Ausscheidung
     Ein Mangel an weißen Blutzellen               bei der Infektionsabwehr des Körpers eine       von Abfallstoffen dienen
                                                   wichtige Rolle spielt

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