NRVP 2020 - Welche Kosten verursachen verschiedene Verkehrsmittel wirklich?
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(c) Stadt Kassel (c) Stadt Kassel NRVP 2020 – Welche Kosten verursachen verschiedene Verkehrsmittel wirklich? Unfallkosten M.Sc. Assadollah Saighani Abschlussworkshop zum Forschungsprojekt (VB1513) Kassel, 28.11.2017 Gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020
Programm 11:00 Uhr Begrüßung und thematischer Einstieg Anwendung des Verfahrens 11:15 Uhr Verwaltungsinterne Abstimmungsprozesse vor einer eigenständigen Anwendung 12:00 Uhr Erfahrungsbericht der eigenständigen Anwendung aus Sicht der Praxis 12:45 Uhr Mittagspause Weiterentwicklung des Verfahrens: Lösungsansatz und Ergebnisse 13:45 Uhr Berücksichtigung des Lkw-Verkehrs 14:15 Uhr Externe Kosten: Klimafolgekosten und Luftverschmutzungskosten 14:45 Uhr Externe Kosten: Lärmbelastungskosten 15:05 Uhr Kaffeepause 15:20 Uhr Externe Kosten: Unfallkosten 15:40 Uhr Externe Nutzen: Nutzen im Fuß- und Radverkehr 16:00 Uhr Zusammenfassung, Ausblick und Diskussion 2
Unfallkosten Einführung • Ein Verkehrsunfall kann weitreichende Folgen haben. Je nach Unfallart kommt es zu Sachschäden, Verletzten oder sogar Todesfällen • Sachschäden (Materialschäden) an Fahrzeugen und Infrastrukturen werden nicht berücksichtigt, da diese von Versicherungen etc. getragen werden • Berücksichtigt werden Personenschäden nach der internationalen dreigliedrigen Klassifizierung: – Kat 1: Unfall mit Getöteten Verkehrsunfälle mit Personenschäden in Kassel 2009 (Datengrundlage Polizeidirektion Kassel) – Kat 2: Unfall mit Schwerverletzten – Kat 3: Unfall mit Leichtverletzten • Datengrundlage: polizeilich erfasste Verkehrsunfälle mit Personenschäden (z.B. EUSKa-System) differenziert nach Schwerekategorie, Beteiligte Verkehrssysteme und Hauptunfallverursacher 3
Unfallkosten Externe Kostenkomponenten (1) • Bei Unfallkosten ist zunächst die Frage der externen Komponenten zu klären • Abgrenzung zwischen internen und externen Kosten ist nicht ganz scharf • Gewisse Bestandteile werden durch Versicherungen und Eigenleistungen bereits internalisiert und werden daher von den Verkehrsteilnehmern selbst getragen • Grundlage bildet das Verfahren der BASt (2010), das in regelmäßigen Abständen die volkswirtschaftlichen Kosten durch Straßenverkehrsunfälle in Deutschland ermittelt – Unfallkosten werden durch die BASt anhand des Schadenskostenansatzes ermittelt 4
Unfallkosten Externe Kostenkomponenten (2) • Reproduktionskosten – Direkt: medizinische Heilungskosten, Kosten für stationäre und ambulante Behandlung, Krankentransport, Rehabilitation, Nachbehandlung und sonst. Hilfsmittel. – Indirekt: administrative Kosten z.B. Polizei-, Rechtssprechungs-, Versicherungs- und Neubesetzungskosten. • Ressourcenausfallkosten – Verluste durch Produktionsausfälle (dauerhafte oder auch vorübergehende Arbeitsunfähigkeit) • Immaterielle Kosten (Humanitäre Kosten) – Persönliche Betroffenheit von Unfallopfern und deren Angehörigen (Schmerz, Leid, psychische Beeinträchtigung etc.) – Bewertung auf Grundlage von „Value of Statistical Life“ (VSL) (vgl. u.a. Van Essen et al. (2011), Neumann (2016), Becker et al. (2002)). – Todesfall (1.670.000 EUR), Schwerverletzte (217.000 EUR, 13,3% von VSL), Leichtverletzte (16.700 EUR, 1,0% von VSL). 5
Unfallkosten Externe Kostenbereiche und Einbeziehung Haftplicht • Außermarktliche Kosten – Verluste in der Wertschöpfung der inoffiziellen Wirtschaft: Haushalts- und Selbstversorgungswirtschaft (unbezahlte Arbeit) (z.B. Eigenleistungen im Haushalt, Kinderbetreuung, Nachbarschaftshilfe usw.) Schattenwirtschaft (z.B. Erstellung von legalen Gütern unter illegalen Umständen, zählt nach BASt, 2010 zu den volkswirtschaftlichen Kosten) • Einbeziehung der Haftungspflicht des Unfallverursachers (Fahrer) gegenüber dem Nichtunfallverursacher – Verpflichtung über Inanspruchnahme der Haftpflichtversicherungen – Erstatte Kosten seitens der Nichtunfallverursacher sind daher intern und müssen von den gesamten Unfallkosten abgezogen werden (vgl. u.a. Becker et al., 2002) 6
Unfallkosten Kostensätze Kostensätze für Verunglückte bei Verkehrsunfällen nach Verletzungsgrad und Unfallverschulden aus Neumann (2016) nach BASt (2010); Becker et al. (2002); Van Essen et al. (2011) Getötete Schwerverletzte Leichtverletzte EUR/Verunglückter Nicht- Nicht- Nicht- Verursacher Verursacher Verursacher Verursacher Verursacher Verursacher Reproduktionskosten 16.264 16.004 20.451 20.199 1.037 1.003 Ressourcenausfallkosten 105.846 105.846 52.735 52.735 798 798 Außermarktliche Kosten 431.048 431.048 27.299 27.299 428 428 Immaterielle Kosten (Humanitäre Kosten) --- 1.670.000 --- 217.100 --- 16.700 Minderung um Zahlungen der Haftpflicht --- -354.086 --- - 22.201 --- - 7.326 Summe 553.158 1.868.812 100.485 295.132 2.263 11.603 7
Unfallkosten Bewertungsverfahren • Jeder polizeilich erfasster Verkehrsunfall im Stadtgebiet (ohne BAB) wird anhand von spezifischen Kostensätze monetarisiert • Kostenallokation erfolgt nach dem Verursacherprinzip (Unfallverschulden) mit Berücksichtigung der ausgehenden Gefahrenpotentiale der Verkehrssysteme: – Unfallverursacher trägt seine eigenen externen Unfallkosten (Fahrer und Mitfahrer) und anteilig die externen Unfallkosten der Nicht-Unfallverursachenden Verkehrssysteme – Aufteilung der externen Nicht-Unfallverursachenden Kosten erfolgt auf Grundlage der kinetischen Energie als Aufprallkraft (ohne Bremsverzug) je Unfallereignis: Anteil je Verkehrssystem (vs) kinetische Energie eines und Unfallereignis Verkehrssystems (vs) E kin, vs λAC vs E vs kin, vs Summe kinetische Energien aller Verkehrssysteme die am Unfall beteiligt waren 1 mit: E kin m v2 2 mittlere Geschwindigkeit eines Verkehrssystems [m/s] Masse eines Verkehrssystems [N] Saighani (2018) 8
Unfallkosten Allokationsrechnung Beispiel Verursacher (Pkw) Nicht-Verursacher (Lkw) Fahrer leichtverletzt Fahrer leichtverletzt Mitfahrer leichtverletzt Verunglückte Externe Kosten in EUR Verursacher (Pkw) Fahrer (leichtverletzt) 2.263 Verursacher (Pkw) Mitfahrer (leichtverletzt) 11.603 Nicht-Verursacher (Lkw) Fahrer (leichtverletzt) 11.603 Summe externe Kosten 25.469 Gesamte kin. Energie als Aufprallkraft beim Unfallereignis in (N/m*s²): 1.298.160 (Pkw) + 5.450.000 (Lkw) = 6.748.160 N/m*s² Aufteilung: Pkw = 1.298.160 / 6.748.160 = 19,2% Lkw = 5.450.000 / 6.748.160 = 80,8% externe Kosten Unfallverursacher Kostenallokation: Aufteilung externer Kosten Nichtverursacher Verursacher (Pkw): 2.263 + 11.603 + (11.603 * 19,2%) = 16.098 EUR (63%) Nichtverursacher (Lkw): (11.603 * 80,8%) = 9.371 EUR (37%) Ext. Kosten gesamt: = 25.469 EUR Saighani (2018) 9
Unfallkosten Ergebnis Stadt Kassel 1,90 Mio. EUR 5% Unfallkosten differenziert nach Verkehrssystem in der 2,09 Mio. EUR Stadt Kassel (Mio. EUR) 5% (ohne BAB, gemittelt aus den Jahren 2009 bis 2011) 0,67 Mio EUR 2% 3,14 Mio. EUR 7% 33,94 Mio. EUR 81% Kosten Absolut* Anteil pro Verkehrssystem (Mio. EUR) (%) Einwohner (EUR/Ew) ÖPNV (Linienbus, Straßenbahn) 1,90 5% 9,7 Lkw-Verkehr 3,14 7% 16,0 Pkw-Verkehr 33,94 81% 173,5 Radverkehr 2,09 5% 10,7 Fußverkehr 0,67 2% 3,4 Gesamt 41,73 100% 213,4 Saighani (2018) * Gemittelt aus den Jahren 2009 bis 2011 10
Unfallkosten Ergebnisse der drei Beispielstädte Anteile der Verkehrssysteme an den Unfallkosten in den drei untersuchten Städten (ohne BAB) 5% 5% 5% 5% 13% 0,3% 2% 5% 17% 2% 7% 68% 81% 8% 77% Bremen* Kassel** Kiel*** * gemittelt aus 2012 bis 2014 ** gemittelt aus 2009 bis 2011 *** Wert aus 2012 (keine weiteren Werte verfügbar) Saighani (2018) 11
Unfallkosten Diskussion Dunkelziffer • Berücksichtigung von Dunkelziffern: – Nicht alle Verkehrsunfälle werden gemeldet und dementsprechend nicht polizeilich erfasst (Korrekturfaktoren) Korrekturfaktor Verletzungsschwere Verkehrsmittel nach Hautzinger et al., 1993 Motorisiert* 1,00 Getötete Fahrrad 1,00 Fuß 1,00 Motorisiert* 1,82 Schwerverletzte Fahrrad 3,33 Fuß 2,00 Motorisiert* 2,00 Leichtverletzte Fahrrad 5,00 Fuß 2,86 * Beziehen sich auf den Straßenverkehr ohne die Verkehrsmittel des ÖPNV. Unfälle mit Beteiligung des ÖPNV werden immer polizeilich erfasst – Hohe Dunkelziffer bei Radfahrern durch hohen Anteil an Alleinunfällen 12
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Quellen- und Literaturverzeichnis • Baum, Herbert; Kranz, Thomas; Westerkamp, Ulrich (2010): Volkswirtschaftliche Kosten durch Straßenverkehrsunfälle in Deutschland. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Mensch und Sicherheit, Heft M 208. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, Verl. für neue Wissenschaft. • Bäumer, Marcus; Hautzinger, Heinz; Pfeiffer, Manfred; Stock, Wilfried; Lenz, Barbara; Kuhnimhof, Tobias; Köhler, Katja (2017): Fahrleistungserhebung 2014 – Inlandsfahrleistung und Unfallrisiko. In Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Verkehrstechnik Heft V 291. Bremen: Fachverlag NW in der Carl Schünemann Verlag GmbH. • Becker, Udo J.; Gerike, Regine; Rau, Andreas; Zimmermann, Frank (2002): Ermittlung der Kosten und Nutzen von Verkehr in Sachsen. Hauptstudie, Abschlussbericht, Lehrstuhl für Verkehrsökologie, Technische Universität Dresden. Dresden. • Hautzinger, H. (1993): Dunkelziffer bei Unfällen mit Personenschaden. Berichte der BASt, Heft M13 (Reihe Mensch und Sicherheit). Bremerhaven. • Neumann, Alexander (2016): Ermittlung der externen Kosten des Verkehrs. Diplomarbeit an der Professur für Verkehrsökologie, TU Dresden (2014). In: Verkehrsökologische Schriftenreihe (3/2016). ISSN 2367-315X. Dresden. • SAIGHANI, A. (2018): Ökonomischer Vergleich städtischer Verkehrssysteme, Entwurf der Dissertation am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen der Universität Kassel, Institut für Verkehrswesen, Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme. Kassel. • van Essen, Huib; Schroten, Arno; Otten, Matthijs; Sutter, Daniel; Schreyer, Christoph; Zandonella, Remo et al. (2011): External Costs of Transport in Europe - Update Study for 2008. Publication code: 11.4215.50. Delft. 14
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