Praxis ohne Profession? - Zwischenbilanz SGB VIII Reform Ethik und Zeugnis-verweigerung Neu: Aktuelle Film-besprechungen - Netzwerk ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
FORUM sozial Die berufliche soziale arbeit 3/2019 Praxis ohne Profession? Zwischenbilanz SGB VIII Reform Ethik und Zeugnis- verweigerung Neu: Aktuelle Film- besprechungen Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. Tariffähige Gewerkschaft Mitglied der IFSW (International Federation of Social Workers)
Praxis 63 Praktisch pleite photosforyou auf Pixabay Projektgruppe: Ellen Bogorinsky, Marc Hilling, Simon Hilmes, Torsten Mössner, Thomas Vornkahl „Damit nicht die durch das so- kungen auf die Auswahl und Dif- hat sich 2013 in Berlin das „Netz- ziale Netz fallen, die es knüpfen ferenzierung der unterschiedlichen werk prekäres Praktikum“ (nachfol- sollen!“ Studiengänge der Sozialen Arbeit gend NPP genannt), bestehend aus Die berufliche Laufbahn vieler (vgl. Erath; Balkow 2016: 404f). Studierenden der drei Hochschulen angehender Fachkräfte der So- für Soziale Arbeit in Berlin, gegrün- zialen Arbeit startet prekär, wo- Ein anzuführendes Beispiel ist das det. Um die sozioökonomische Si- bei diese das soziale Netz knüp- Berufsanerkennungsjahr. In den tuation der Studierenden wissen- fen sollen. Die Ergebnisse zweier meisten Bundesländern ist die- schaftlich zu erfassen, führte das Studien, die in den letzten Jah- ses in den Hochschulcurricula der NPP eine Befragung an den drei ren an Münsteraner und Berliner Bachelorstudiengänge nicht mehr Berliner Hochschulen durch (vgl. Hochschulen für Sozialwesen verankert und somit für angehen- NPP 2014). Mit den Ergebnissen entstanden sind, verdeutlichen de SozialarbeiterInnen nicht mehr der Umfrage und ihrem sozialpoli- die prekäre finanzielle Situation vorgesehen. Zum Erwerb der staat- tischen Engagement erreichte das von Studierenden der Sozialen lichen Anerkennung reichen Pra- NPP die Wiedereinführung des An- Arbeit und zeigen auf, welchen xisphasen während des Studiums FUSSNOTE erkennungsjahres in Berlin und so- Einfluss unbezahlte studienin- (vgl. FBTS 2012). Da jedoch studi- mit eine finanzielle Vergütung für tegrierte Praxisphasen auf diese enbegleitende Praktika vom Min- 1. Das Praxissemester kann Studierende in studienintegrierten als ein Element im Bachelor- haben. destlohn ausgeschlossen sind (vgl. studiengang Soziale Arbeit Praxisphasen. BMAS 2019: 10), entfällt für die benannt werden und umfasst Auch in Nordrhein-Westfalen Der Bolognaprozess und damit die Studierenden das gesicherte Gehalt in Münster ein 640-Stunden entwickelte sich aus der Hoch- umfassendes, verpflichtendes Vereinheitlichung der Studiengän- im Anerkennungsjahr. Praktikum in einer Praxisstelle schulgruppe des Jungen DBSH ge Anfang der 2000er hat auch die Diese fehlenden Einnahmen stel- der Sozialen Arbeit (vgl. FH Münster im Wintersemester Münster 2015:.40). Dieses Berufsausbildung von angehenden len für die Studierenden der Sozi- Praxissemester kann zwar auf 2015/2016 die „Projektgruppe Pre- Fachkräften der Sozialen Arbeit ale Arbeit einen schwerwiegenden zwei Semester mit einem re- käres Praktikum“, welche sich mit maßgeblich beeinflusst. Seit 2007 Verlust dar. duzierterejn Stundenumfang dem Thema Vergütung im Praxis- von 15-20 Std./Woche ge- sind alle Studiengänge der Sozialen streckt werden (vgl. FH Müns- semester1 an der Fachhochschule Arbeit ausnahmslos in das neue Ba- Um auf diesen Missstand aufmerk- ter 2014: 3), ist so allerdings Münster auseinandersetzt. Nach im idealtypischen Studienver- chelor-Master-System eingepflegt sam zu machen und eine Vergütung laufsplan nicht vorgesehen dem Austausch mit KommilitonIn- worden. Dies hatte große Auswir- sozialer Praktika durchzusetzen, (vgl. FH Münster 2015: 9). nen, den eigenen Erfahrungen im FORUM sozial 3/2019
64 Report Praxissemester sowie den Dialogen menbedingungen und ökonomi- mit PraxisvertreterInnen wurden schen Veränderungen im Praxisse- folgende Thesen von der Projekt- mester. Hierfür wurde eine weitere gruppe in Münster aufgestellt: Gruppierung gebildet, die nur noch Daten von Studierenden mit auf- • Ein Großteil der Studierenden nahm, die bereits ein Praxissemes- finanziert ihr Studium und ih- ter absolvierten oder bereits absol- ren Lebensunterhalt durch viert hatten. Für die Auswertung Erwerbsarbeit. wurden ausschließlich die Ergeb- • Die deutliche Mehrheit der Stu- nisse der PraktikantInnen verwen- dierenden erhält keine Vergü- det, die sich mindestens im vierten tung im Praxissemester. Fachsemester befanden. Damit lag • Studierende müssen während die Teilnehmerzahl bei n=276 Stu- des Praxissemesters die Er- dierende, diese Gruppe wird im werbsarbeit reduzieren oder nachfolgenden „Studierende im aufgeben. Praxissemester“ genannt (vgl. Ab- • Dadurch geraten die Studieren- bildung 2). Der Altersdurchschnitt den in eine ökonomisch prekäre der Befragten lag bei 25 Jahren. Situation, da längere Praxis- phasen weniger Flexibilität zu- Forschungsergebnisse lassen als die klassischen Vorle- sungs- und Seminarzeiten. Münsteraner Studierende geben im • Die ökonomisch prekäre Situ- Monat 848 € aus und liegen damit ation im Praxissemester wirkt knapp 30 € über dem deutschen sich negativ auf den weiteren Studierendendurchschnitt 3, allein Verlauf des Studiums bzw. die die Wohnungskosten liegen 25 persönliche Situation der Stu- € über diesem Durchschnitt (vgl. dierenden aus. Abbildung 3). Zum Vergleich: Ber- liner Studierende geben an, durch- Zur Überprüfung der Thesen wurde schnittlich 745 € auszugeben. in Anlehnung an die Arbeit des NPP Knapp die Hälfte von ihnen ge- ein Fragebogen erstellt, welcher im nerierten demnach Einnahmen Wintersemester 2017/18 als Hyb- zwischen 401 – 800 €. 27% haben ridumfrage online und in Präsenz- geringere Einnahmen und liegen vorlesungen durchgeführt wurde. damit unter 400 €, 26% erhalten Insgesamt wurde eine Stichprobe mehr als 800 € und 10% gehören von n=847 Studierenden erfasst. zu den „Spitzenverdienern“ im Stu- Dies sind, bei rund 2100 Studie- dium der Sozialen Arbeit mit mehr renden in den beiden Bachelorstu- als 1.000 € Einnahmen im Monat. diengängen Soziale Arbeit (1450 dere der Wohn- und Familiensitu- Damit liegen mindestens ¾ der FH Münster und 650 Katholische ation, sowie dem monatlich ver- Münsteraner Studierenden unter Hochschule NRW Standort Müns- fügbaren Einkommen und der Höhe dem Bundesdurchschnittseinkom- ter), ca. 40% der möglichen Ziel- der monatlichen Ausgaben. Diese men von 918 € (vgl. DZHW 2017: gruppe in Münster. Der Frauenan- werden im nachfolgenden „Müns- 39). Mit Blick auf das errechnete teil der Befragten ist wesentlich teraner Studierende“ genannt.N FUSSNOTE Existenzminimum von 758 € kann größer als der Männeranteil und icht nur in Berlin, sondern auch in festgestellt werden, dass mindes- 2. Um die erhobenen ökonomi- bildet damit auch das Geschlech- Münster sind z.B. die Ausgaben für schen Daten der angehenden tens die Hälfte von ihnen Einnah- terverhältnis des Studiengangs Wohnen eine besondere Belastung. SozialarbeiterInnen realistisch ein- men unter diesem Wert haben. Das schätzen zu können, wurde bei der der Sozialen Arbeit wieder. Bei der Die Rheinische Post führt Münster Auswertung des ersten Teils eine Existenzminimum errechnete sich Hybridumfrage konnten Daten von auf Platz zwei der „angespanntes- Gruppierung gebildet, welche nur aus den durchschnittlich angege- Studierenden aus sämtlichen Se- ten Unistädte“ in NRW mit einem Studierende miteinbezog, die eine ben Wohnkosten, sowie dem Hartz Haushaltsform außerhalb der Her- mestern erhoben werden (vgl. Ab- durchschnittlichen Mietniveau von kunftsfamilie im Fragebogen an- VI-Regelsatz aus dem Jahr 2017. bildung 1). 8.90 € pro Quadratmeter und ei- gegeben haben. Somit wurden die Sowohl in der Münsteraner und ökonomischen Daten realistischer Die durchgeführte Hybridumfra- nem durchschnittlichen monatli- in Bezug auf die Lebensgestaltung der Berliner Studie als auch in der ge gliedert sich in zwei Teile. Der chen WG-Zimmer-Preis von 310 € und tatsächlichen Ausgaben einge- Sozialerhebung konnte in den drei erste Teil befasst sich mit der so- (vgl. Rheinische Post o.J.: 2). schätzt. Durch diese Gruppierung Haupteinnahmequellen unabhän- reduzierte sich der Anteil der zioökonomischen Lebenssituation Der zweite Teil der Befragung er- Stichprobe um knapp ¼ auf n=641 gig voneinander eine Triangulation der Studierenden2, wie insbeson- fasst Daten zu strukturellen Rah- Studierende. zwischen BAföG, Elternunterstüt-
Praxis 65 zung und Jobeinnahmen festge- zusetzen. Während des Praxisse- stellt werden. Auffallend ist dabei mesters zusätzlich einer Erwerbs- die andere Einnahmeverteilung in tätigkeit nachzugehen, ist für viele Berlin und Münster im Vergleich Studierende unmöglich. Das Pra- zur bundesweiten Sozialerhebung. xissemester in Verbindung mit dem So ist die häufigste, vertretene Begleitseminar an der Hochschule Einnahmequelle von Studierenden kommt einer Vollzeitbeschäftigung in Deutschland normalerweise die gleich. Es ist diesbezüglich nicht Elternunterstützung. Diese steht in verwunderlich, dass fast die Hälf- Münster jedoch an zweiter und in te der Studierenden im Praxisse- Berlin sogar erst an dritter Stelle. mester angaben, dass sie bereits Stattdessen steht in der Münstera- im Vorfeld des Praktikums Geld für ner als auch der Berliner Studie die die Praxisphase ansparen mussten. Erwerbstätigkeit an erster Stelle, Denn eine Praktikumsvergütung diese steht im Bundesdurchschnitt stellt eine absolute Ausnahme dar. hingegen an zweiter Stelle. Das Nur ein Viertel der Studierenden im BAföG steht sowohl im Bundes- Praxissemester erhielten eine fi- durchschnitt als auch in Münster nanzielle Vergütung, während drei an dritter Stelle, bei den Berlinern Viertel der Studierenden im Praxis- an zweiter Stelle. Mehrfachnen- semester leer ausgingen (vgl. Ab- nungen waren hier möglich (vgl. bildung 6). Abbildung 4). Bei den Berliner Studierenden Ein Erklärungsansatz, weshalb sah dies ähnlich aus. Die Quote die finanzielle Unterstützung durch für ein unentgeltliches Praktikum das Elternhaus bei angehenden So- lag hier bei 70%. Die Münsteraner zialarbeiterInnen im Vergleich zu Studierenden im Praxissemester, allgemeinen Studierenden geringer die tatsächlich vergütet wurden, ist, ist hier naheliegend. Studie- erhielten im Modalwert 200 €. Die- rende der Sozialen Arbeit bringen sen Wert verdienten etwa ein Drit- weniger ökonomisches Kapital mit, tel der Befragten monatlich (vgl. da sie in der Regel Bildungsaufstei- Abbildung 7). ger_innen sind, die aus einem klas- Das Praxisbüro der Fachhoch- sischen Arbeitermilieu durch den schule Münster empfiehlt den Trä- Erwerb einer akademischen Be- gern im Praktikumsvertrag eine rufsausbildung aufsteigen. Die Kor- Vergütungszahlung zwischen 300- relation aus Studienfachwahl und 400 € (vgl. FH Münster 2017: 5). Schichtzugehörigkeit beschrieben Diesen Empfehlungswert erhalten Becker, Haunberger und Schubert ist, desto niedriger ist statistisch nur 17 Studierende im Praxisse- 2009 sowie Schmitt 2010. Studie- das Einkommensniveau des Eltern- mester als tatsächliche Vergütung. rende aus akademisch geprägten hauses (vgl. Schmitt 2010: 78 ff.). Folglich zahlen nur 6% der Träger Herkunftsfamilien bevorzugen sta- Die Erwerbstätigkeit für Sozial- in und um Münster die vom Praxis- tistisch häufiger ein Medizin- oder arbeitsstudierende kann als exis- FUSSNOTE büro empfohlene Vergütungshöhe. Jurastudium, während pädagogi- tenzielle Notwendigkeit betrachtet 3. Die 21. Sozialerhebung wurde Dahingegen zahlen 93% der sozi- vom Bundesministerium für Bil- sche und sozialwissenschaftliche werden. Nach Angaben der Müns- dung und Forschung zusammen alen Organisationen weniger oder Studienfächer von Studierenden teraner Studierenden mit einem mit dem Deutschen Stundenwerk keine Vergütung. präferiert werden, welche aus Ar- Nebenjob benötigen 53% dieser sowie dem deutschen Zentrum für Angesicht der sozioökonomi- Hochschul- und Wissenschafts- beiterfamilien stammen (vgl. Be- Kohorte notwendigerweise ihre Er- forschung durchgeführt (vgl. schen Situation wurden abschlie- cker, Haunberger, Schubert 2009: werbstätigkeit für das Bestreiten DZHW 2017: 7). Diese befragte ßend alle Studierenden im Praxis- Studierende zur wirtschaftlichen 292 ff. und auch Schmitt 2010: 73 ihres Lebensunterhalts (vgl. Abbil- sowie sozialen Lage und fand ein semester befragt, ob sich die Fi- ff.). Eine ähnliche Korrelation zeigt dung 5). Jahr vor der Befragung in Münster nanzierung des Lebensunterhalts sich auch bei der Finanzierung ei- statt. Mithilfe des sogenannten durch das Praktikum verändert hat. Fokustyps zeigt diese Umfrage nes Studiums und den Finanzie- Folglich bieten die Einnahmen die Einnahmen und Ausgaben Rund zwei Drittel der Studierenden rungsmotiven. Die Abhängigkeit durch den Nebenjob den Studieren- der Studierenden an. Damit hat im Praxissemester stimmten dieser vom eigenen Verdienst oder BAföG den eine Existenzgrundlage für das die Gruppierung „Fokustyp“ der Frage zu. 13% der Befragten gaben Umfrage des Bundesministeriums sinkt, je besser das Elternhaus fi- Studium und das Leben in Müns- fast identische Merkmale wie die an, dass sich die finanzielle Situati- nanziell gestellt ist. Des Weiteren ter. Ein Wegfall einer solchen Ein- Gruppierung der Alleinwirtschaf- on verbessert hat. 87% der Befrag- tenden in Münster, womit die lässt sich feststellen: Je höher der nahmequelle ist einem Wegfall der Daten eine hohe Vergleichbarkeit ten gaben an, dass sich diese Situ- Verdienst durch Erwerbstätigkeit existenziellen Grundlage gleich- aufzeigen (vgl. ebd., 12). ation entsprechend verschlechtert FORUM sozial 3/2019
66 Report hat. Die gravierendsten Verände- Arbeit prekär. Das haben die Er- rungen waren dabei in der Verwen- hebungen in Berlin und Münster dung von Ersparnissen (52%), der ergeben. Für den Erhalt des sozi- Reduzierung des Lebensstandards oökonomischen Status der Stu- (51%), der finanziellen Unterstüt- dierendenschaft Sozialer Arbeit zung durch Dritte (36%) und einem während studienintegrierter Pra- Jobwechsel/einer Kündigung des xisphasen ist die Vergütung dieser Nebenjobs (30%) zu sehen. Im- von äußerster Relevanz und Not- merhin 1% der Befragten wurde im wendigkeit. Es besteht dringender Praktikum in einer Höhe vergütet, Handlungsbedarf, um weitere Stu- die ausreichte, um die Nebentätig- dierende vor prekären finanziellen keit einschränken oder aufgeben Situationen zu bewahren. Struk- zu können. Mehrfachnennungen turelle Gegebenheiten sind zurzeit waren in dieser Frage möglich (vgl. maßgeblich dafür verantwortlich, Abbildung 8). dass Studierende der Sozialen Ar- beit kurz vor ihrem Berufseinstieg Ist die Situation der Studierenden „praktisch pleite“ sind. in der Sozialen Arbeit eine Armuts- lage? Die Erkenntnisse aus den ge- Daher fordern wir eine angemesse- wonnenen Daten der Berliner und ne und wertschätzende finanzielle Münsteraner Studien sowie dem Vergütung für Studierende der So- Vergleich mit der Sozialerhebung zialen Arbeit während studieninte- von 2016 lässt folgenden armuts- grierter Praxisphasen. Nur so kann theoretischen Diskurs zur Beant- es gelingen, dass nicht genau die wortung dieser Frage zu. Butter- durchs soziale Netz fallen, die es wegge beschreibt den Begriff der später knüpfen sollen. n Armut als einen politisch-normati- ven, der „sich bloß äußerst schwer und nicht ein für alle Mal definie- ren lässt“ (Butterwegge 2016: 10). Armut ist ein Begriff, der abhängig gleichsweise höher als in ande- AutorInnen: von den natürlichen und gesell- ren Hochschulstädten. schaftlichen Gegebenheiten defi- niert wird. Armut bedeutet, „dass Es ist letztlich nicht geklärt, ob eine eine Person deutlich schlechter ge- klassische „Armut“ in der Studie- stellt ist als üblich“ (Wagner 1991: rendenschaft Sozialer Arbeit vor- 30; vgl. auch Butterwegge 2012: 19) liegt. Dennoch wird deutlich, dass Zur Vergleichbarkeit dient die angehende SozialarbeiterInnen vor gängige EU-Definition für Armuts- einem großen Dilemma stehen. gefährdung, diese besagt, dass Das Studium der Sozialen Arbeit diejenigen als armutsgefährdet sieht längere Praxisphasen vor, gelten, die weniger als 60% des die zweifelsfrei für eine reflexive Medianeinkommen zur Verfügung Handlungswissenschaft notwen- hat. Dabei ist aus Sicht der Müns- dig sind. Zugleich gestaltet sich die teraner Projektgruppe allerdings zu sozioökonomische Situation der beachten, dass Studierenden der Sozialer Arbeit • die Festlegung von 60% eine anders als bei Durchschnittsstudie- willkürliche Festlegung zur sta- renden. Während die finanziellen tistischen Erfassung ist. Ausgaben gleichzusetzen sind mit • dies keine Definition von Armut, denen des Durchschnittsstudieren- sondern von Armutsgefährdung den, liegen die Einnahmen hinge- darstellt, was den Eindruck er- gen deutlich unter denen anderer weckt, als gäbe es keine Armut Studierenden. in der EU. • die Definition auch keinerlei Fazit Die Projektgruppe prekäres Praktikum besteht aus Münsteraner Bache- Ausgaben berücksichtigt. Da- lor- und Masterstierenden, sowie Berufseinsteigenden der Sozialen Ar- bei sind wie o.g. die Ausgaben Lange unbezahlte Praxisphasen beit: Simon Hilmes, Ellen Bogorinsky, Marc Hilling. Nicht auf dem für das Wohnen in Münster ver- sind für Studierende der Sozialen Bild: Torsten Mössner und Thomas Vornkahl
Praxis 67 Literatur Becker, Rolf; Hauberger, Sigrid; Schubert, Frank (2009): Studien- länder zur Erlangung der staatlichen Anerkennung. Online im Internet: fachwahl als Spezialfall der Ausbildungsentscheidung und Berufswahl. https://bit.ly/2lPZI3v Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2009. Springer Verlag. FH Münster (2014): Wissenswertes zum Praxismodul. Bachelor „Soziale BMAS (2019): Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hg.). Der Min- Arbeit“, Prüfungsordnung 2014. Online im Internet: https://bit.ly/2kKqmKSf destlohn. Fragen und Antworten. Online im Internet: https://bit.ly/1uVcYBv FH Münster (2015): Handbuch Bachelor (B.A.) Soziale Arbeit (reakkredi- Butterwegge, Christoph (2016): Armut. 1. Auflage. PapyRossa Verlag. tierter Studiengang 2014). Online im Internet: https://bit.ly/2mfANqb Köln FH Münster (2017): Praktikumsvertrag. Begleitetes Praktikum II. Online Butterwegge, Christoph (2012): Armut in einem reichen Land: Wie das Pro- im Internet: https://bit.ly/2kLxWEVf blem verharmlost und verdrängt wird. 3. Auflage. Campus Verlag. Frankfurt Huster, Ernst Ulrich (1996): Armut in Europa. Leske + Budrich. Opladen. DZHW, Middendorff, E., Apolinarski, B., Becker, K., Bornkessel, P., NPP (2014): Netzwerk prekäres Praktikum. Eine empirische Studie über die Brandt, T., Heißenberg, S. & Poskowsky, J. (2017): Die wirtschaftli- sozioökonomische Lebenssituation Studierender. Berlin. Online im Internet: che und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016. 21. Sozi- https://bit.ly/2mh0d6Q alerhebung des Deutschen Studentenwerks – durchgeführt vom Deut- schen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Berlin: Rheinische Post (o.J.) Online im Internet: https://bit.ly/2lUWQ56) Bundesministerium für Bildung und Forschung. Online im Internet: ht- Schmitt, Lars (2010): Bestellt und nicht abgeholt. Soziale Ungleichheit tp://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_hauptbericht.pdf und Habitus-Struktur, Konflikte im Studium. VS Verlag für Sozialwissen- Erath, Peter; Balkow, Kerstin (2016): Einführung in die Soziale Arbeit. schaften. Marburg Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag. Wagner, Wolf (1991): Angst vor der Armut: Eine Einführung in die Sozi- FBTS (2012): Fachbereichstag Soziale Arbeit. Regelungen der Bundes alpolitik. Rotbuch. Berlin. FORUM sozial 3/2019
Sie können auch lesen