Rede im Deutschen Bundestag: Zum Mindestlohn - Kai Whittaker Mitglied des Deutschen Bundestages

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Kai Whittaker
                                  Mitglied des Deutschen Bundestages

Rede im Deutschen Bundestag:
      Zum Mindestlohn

 Gehalten am 21.03.2014 zu TOP 17 Mindestlohn
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    Herr Präsident, meine Damen und Herren!

                              Wir wandern in der Frühlingszeit
                                 Und tanzen Ringelreihen.
                                  Es blüht die ganze Welt
                                   Und keiner ist allein.

    Das war extra für Sie, liebe Kollegen von der Linksfraktion! Zum heutigen UNESCO
    Welttag der Poesie schien mir ein Frühlingsgedicht die passende Antwort auf Ihren
    lyrischen Antrag zum Mindestlohn.

    Dieser Antrag reiht sich in Ihre märchenhaften Forderungen zur Mütterrente und zur
    „Rente mit 60“ ein.

-   Erst wollten Sie die Mütterrente gar nicht. Nachdem wir sie nun beschlossen haben,
    geht Sie Ihnen natürlich nicht weit genug!
-   Die Rente mit 63 überbieten Sie durch die Rente mit 60, verschweigen aber die
    höheren Kosten!
-   Nun also ein Mindestlohn von 10 Euro.

    Schauen wir uns diesen Antrag ernsthaft an:

    Sie fordern drei Dinge:
-   Erstens wollen Sie einen Mindestlohn von 10 Euro.
-   Zweitens soll dieser Mindestlohn der Lohnentwicklung angepasst werden.
-   Und drittens soll der Mindestlohn für jedes Arbeitsverhältnis gelten.
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Die eigentliche Frage heute ist doch: Sind 8,50 Euro genug oder nicht?Sie sagen
immer wieder, dass es außer bei uns in ganz Europa Mindestlöhne gibt. Das ist aber
nicht die ganze Wahrheit.

Denn was zählt, ist der effektive Mindestlohn. Also das Verhältnis zwischen dem
Mindestlohn und dem mittleren Einkommen. Und der liegt in Luxemburg, wo man
den höchsten Mindestlohn zahlt, bei lediglich 42%. Mit einem Mindestlohn von 10
Euro läge aber dieser Wert in Deutschland bei sagenhaften 70% - der höchste
weltweit.

Damit schaden Sie der deutschen Wirtschaft!

Die Unternehmer in Ihren eigenen Reihen können davon schon ein Lied singen.Ihre
Bundestagskollegin Kerstin Kassner betreibt eine kleine Pension auf der Insel Rügen.
Bedauerlicherweise musste Sie im Wahlkampf einräumen, dass sie den Mindestlohn
von 10 Euro nicht zahlen kann. Gerne würde Sie mehr geben - aber leider, leider sind
die Einnahmen zu gering! So stand’s zumindest im Focus. Wenn Ihnen schon Ihre
Unternehmer suspekt sind, dann hören Sie wenigstens auf die Gewerkschaften.

In Ihrem Antrag verweisen Sie aber lediglich auf die NGG, Saar-Arbeitskammer und
Verdi, die mehr als 8,50 Euro fordern. Schön wäre aber gewesen, wenn Sie
gleichzeitig darauf hingewiesen hätten, dass der DGB, die IG Bergbau und die IG
Metall mit 8,50 Euro einverstanden sind.

Aber offensichtlich sind Ihnen selbst die Gewerkschaften zu neoliberal. Deshalb
wollen Sie die auch gleich an die Kandare nehmen.

Ich zitiere aus der Märkischen Allgemeinen von letzter Woche: „Die Gewerkschaften
sind für höhere Löhne da und basta. Es geht nicht, dass Gewerkschafter als politische
Lohndrücker unterwegs sind.“
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    Das klingt ja richtig trotzig! Ihr Parteichef Bernd Riexinger macht scheinbar keinen
    Heel daraus, was er von unabhängigen Gewerkschaften hält.

    Im alten Griechenland wusste aber schon Sophokles: „Im Unglück ist Trotz nicht
    förderlich.“

    Gleich zweimal befolgen Sie dieses Sprichwort nicht. In Ihrem Antrag fordern Sie,
    dass sich der Mindestlohn der Lohnentwicklung in Deutschland anpassen muss.
    Wenn ich mir aber Ihre Parteitagsbeschlüsse anschaue, komme ich zu einem ganz
    anderen Ergebnis: Mit immer höheren Mindestlohnforderungen kompensieren Sie
    anscheinend ihre schrumpfenden Wahlergebnisse.

-   2006 haben Sie 8 Euro gefordert.
-   2010 haben Sie bereits 10 Euro gefordert.
-   Und für 2017 stellen Sie 12 Euro in Aussicht.

    Das ist eine Steigerung von 50% in 11 Jahren. Nennen Sie mir einen Arbeitnehmer,
    der auch nur ansatzweise eine solche Lohnsteigerung hatte! In Wahrheit wollen Sie
    doch einen politischen Mindestlohn! Das ist mit uns nicht zu machen.

    Der Mindestlohn muss von der wirtschaftlichen Lage abhängig sein, da sind wir uns
    in der Großen Koalition einig. Deshalb definieren wir Leitplanken für die
    Entwicklung des Mindestlohns.

    In Ihrer dritten Forderung wollen Sie den Mindestlohn für alle Beschäftigten gelten
    lassen. Und genau da zeigt sich der fundamentale Unterschied zwischen Ihnen und
    uns. Der Mindestlohn ist kein verteilungspolitisches Allheilmittel. Er soll für fairen
    Wettbewerb und faire Löhne sorgen. Fair heißt aber nicht gleich.
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Sie wollen jeden Menschen gleich machen. Für uns ist aber jeder Mensch einzigartig.
Daher ist es unsere Pflicht, allen Menschen den Weg in den Arbeitsmarkt offen zu
halten, auch jungen Erwachsenen und Langzeitarbeitslosen.

Deshalb halten wir die geplanten Ausnahmen für sinnvoll. Die Bürger verlassen sich
darauf, dass wir nicht stupide Parteiprogramme umsetzen, sondern dass wir für sie
arbeiten und nachdenken.

Darum haben Sie uns, als Große Koalition, in die Regierung gewählt – und nicht Sie!
Zum Schluss, Herr Präsident, möchte ich meinen Kollegen aus der Linksfraktion aber
doch noch etwas Hoffnung machen. Sie sollen nicht den Eindruck gewinnen, dass
wir von Ihnen nicht auch lernen können:

Ihr großer Vorsitzender Gregor Gysi hat einmal gesagt: „Ich bin eh kein Freund des
Tolerierens. Entweder man sagt richtig „Ja“ oder richtig „Nein“. Wir in der Großen
Koalition sagen zu Ihrem Antrag richtig „Nein“.

Herzlichen Dank.
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