Reflexion zum Vermittlungsprojekt - Kulturschwatz - Alltag, Kunst und Gäste
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Kulturschwatz - Alltag, Kunst und Gäste Reflexion zum Vermittlungsprojekt Ursula Friz – 2011 – Kuverum Lehrgang Kulturvermittlung 1 der Kulturschwatz – das Projekt Der Kulturschwatz schlägt eine Brücke zwischen Alltag und Kunst. Jede Ausstellung birgt eine Fülle von Lebensthemen, jeder Kulturschwatz knüpft an eines dieser Themen mit einer persönlichen Einladung an. Die Gäste passen zu den Themen oder umgekehrt, sie kennen sich vorher schon oder auch nicht. Im magischen Viereck zwischen Werk, Thema, Gästen und Gastgeberin werden Fäden gespannt. Im Hin und Her entstehen Gewebe von ungeahnten Perspektiven, verborgenen Erinnerungen und persönlichen Reflexionen. Eine gemeinsame Auszeit in den Schatztruhen der Museen eröffnet neue Zugänge zu Kunst.
2 das magische Viereck – der Rahmen Menschen kommunizieren – untereinander und mit Gegenüberstehendem, mit der Natur, mit Werken aller Art. Sie erschaffen aber auch stets für sich selbst und für andere kleine und grosse Veränderungen in der unmittelbaren Umwelt. Diese wiederum lassen neue Auseinandersetzungen entstehen, zwischen Menschen und Werken, zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit der eigenen Biographie. Dieses den Menschen auszeichnende Unterwegssein macht sich der Kulturschwatz zunutze, indem er zum Spiel zwischen Werk – Lebensthema – Gast – Vermittlung auffordert. Auf meinen Streifzügen durch unterschiedliche Ausstellungen bleibe ich dort stehen, wo eine Resonanz entsteht, ein Lebensthema anklingt. Weil ich gerne mit anderen Menschen hin- und her denke und diskutiere, lade ich jene ein, von denen ich annehme, dass sie mit denselben Themen entweder auch in Berührung stehen oder sich darauf einlassen mögen. Möglich ist auch die entgegengesetzte Richtung, dass ich mich für Gäste nach ihnen entsprechenden Themen und Werken in einer Ausstellung auf die Suche mache. www.kuverum.ch Seite 2
3 Begegnungen – die Beteiligten Der Kulturschwatz ist ein unabhängiges “Einfrau-Projekt“. Die Auswahl von Orten und Werken sowie die Vorbereitung eines Anlasses geschehen in meiner Freizeit, nach Hinweisen aus der Presse oder von FreundInnen und nach persönlichen Interessen und Affinitäten. Zu Beginn lasse ich mich alleine auf die Begegnung mit einem Werk ein. Meinen Fragen gehe ich in der Literatur und/oder in einer kunsthistorischen Führung nach. Im themenbezogenen Rundgang mit Gästen durch eine Ausstellung stehen mir kleine Gruppen von maximal zehn TeilnehmerInnen gegenüber; sie bestimmen den Verlauf eines Anlasses partizipativ mit. Die Einladungen zum Dialog erfolgen persönlich. www.kuverum.ch Seite 3
4 Alltag und Kunst – das Besondere In jedem Kulturschwatz wechseln die Eckpunkte, konstant bleibt nur die Ver- mittlungsperson. Zwischen Alltag und Kunst entsteht ein grosses Experimentierfeld. Der vierte Eckpunkt, ein (Lebens-)Thema, macht das Besondere meines Vermittlungsansatzes aus. *** Freundinnen tauschen sich in der Ausstellung “yesterday will be better“ darüber aus, wie sie zwischen Vergangenheit und Zukunft das Heute erleben und gestalten. *** Unter dem Titel “pARTizipation“ stellen HeilpädagogInnen ihre alltäglichen Berufs-Schlagwörter in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses in einen unerwarteten Rahmen. *** Im langsamen Umkreisen einer Bilderserie der Sammlung Königsfelden wird assoziierend zum “Stoff, aus dem die Träume sind“ eine behutsame Annäherung an die Seelenwelt eines psychisch kranken Menschen gesucht. *** Frisch gebackene Berufsleute lade ich ein, in der Ausstellung von Christian Rothacher über ihre Zukunft zu diskutieren, rund um das Thema “Schuster, bleib bei deinem Leisten oder wie man sich selber treu bleibt“. Den unterschiedlichen Anlässen gemeinsam ist das Persönliche - in Bezug auf meinen Input in der Einladung, meine Vorschläge im Museum und meine Auswahl der Gäste. Persönlich ist auch der jeweilige Verlauf, denn die Gäste gestalten ihn im Dialog mit, was viel Improvisationsfreude verlangt. In der Beiz werden die Gespräche weiter geführt, da ist der Rahmen bereits alltäglicher, die Sprache der Gäste unmittelbarer, das Kunsterlebnis wird sozial verstärkt. www.kuverum.ch Seite 4
5 der persönliche Fokus – die Relevanz Mit der Einladung zum Kulturschwatz bin ich aufsuchend unterwegs. Ich hole Menschen über Themen ab, die Potenzial sowohl für eine individuelle Resonanz als auch für ein gemeinsames, verbindendes Erlebnis enthalten. Die niederschwellig eingefädelte Begegnung mit Kunst ermöglicht persönliche und soziale Reflexion und Entwicklung. Für das Museum erweitert sich das Spektrum der Gäste. Diese werden bald wieder kommen, denn sie wollen mehr erfahren, entdecken, in die Tiefe gehen. Und sie werden ihre Eindrücke und Erfahrungen hinaustragen und davon erzählen, möglicherweise in einem weiteren Schritt ihrerseits Kunst mit anderen Menschen teilen. www.kuverum.ch Seite 5
6 Netze knüpfen – die Motivation Seit einem Jahr hat sich meine Beziehung zum Kunsthaus meines Wohnkantons intensiviert. Als Kultur-Attachée zeige ich Gästen “meine“ Highlights in Aarau, eine wunderbare Erfahrung. Im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass ein persönlicher Input Menschen unmittelbar anspricht und einfache Zugänge zu unterschiedlichen Werken schafft. Der Kulturschwatz initiiert vielfältige Begegnungen mit Kunst und lässt Menschen untereinander ins Gespräch kommen. Das solchermassen zustande gekommene Gewebe ist für alle Beteiligten mehr als die Summe der einzelnen Fäden. Neben Berufs- und Familienleben, ebenfalls Netzwerkarbeit, ist mir mein Vermittlungsprojekt eine willkommene Bereicherung. In dieser Nische finde ich eine Tätigkeit, die meine Aufmerksamkeit mir selbst und anderen Menschen gegenüber schärft, an meine Ressourcen anknüpft und mir neue Horizonte erschliesst. www.kuverum.ch Seite 6
7 frei schaffend – die Herausforderung Inspirationen in Ausstellungen, persönliche Erfahrungen und Feedbacks der Gäste fliessen in die Planung und Durchführung eines weiteren Anlasses ein. Jeder Kulturschwatz ist einmalig. Deshalb ist in der Vorbereitung wenig Generalisierung möglich. Der Aufwand ist nicht unbeträchtlich und nur dann leicht zu erbringen, wenn eine innere Notwendigkeit dafür spricht und Freude mitschwingt. Ein freies Kulturengagement hat für mich den Vorteil, dass ich mich je nach Berufsbelastung meinen Kräften entsprechend mehr oder weniger intensiv meinem Vermittlungsprojekt widmen kann. Im Alltag einen ausserberuflichen Termin zu finden, der für Gäste und Gastgeberin passt, ist nicht immer einfach – da würde ich mir doch ab und zu verlängerte Öffnungszeiten der Museen wünschen. www.kuverum.ch Seite 7
8 vermittelnd unterwegs – Erkenntnisse Der Kulturschwatz ist weder wissenschaftlich noch geschwätzig. Viele Menschen besuchen heute eine Ausstellung nicht primär, um einem Bildungsanspruch gerecht zu werden, sondern mit der Bereitschaft, Bilder zu erleben. Eine sorgfältige Vorbereitung ist unabdingbar, ebenso eine klare Abgrenzung zu kunsthistorischen Führungen oder philosophischen Diskursen. Die achtsam initiierte Kommunikation zeigt mögliche Pfade auf, der tatsächlich gemachte Weg ist nie vollständig voraussehbar. Die bisherigen Feedbacks sind vielfältig und ermutigend. Stichworte sind: unkomplizierter Eintritt in eine bisher unbekannte Welt, schöner Zugang zu Werken und Menschen, Anregungen zur Auseinandersetzung mit inneren Bildern, Ideen für eigenes Gestalten und Freude an der persönlichen Prägung des Anlasses. Mir selbst bringt dieses Vermittlungsprojekt neue Farben in meinen Alltag, ebenso eine gute “Work-Life-Balance“. www.kuverum.ch Seite 8
9 der Dialog – vielfältig erlebbar Ein überzeugendes Vermittlungskonzept auf der Grundlage des Dialoges lernte ich im Kunstmuseum Liechtenstein kennen. -> www.kunstmuseum.li Die Möglichkeit, als Kultur-Attachée frei im Aargauer Kunsthaus ein- und auszugehen, bot mir ein breites Erfahrungsfeld. -> www.prohelvetia.ch / www.aargauerkunsthaus.ch Lebensthemen fliessen heute auch in Titel von Ausstellungen ein, so beispielsweise aktuell im Museum Rietberg “Mystik – Die Sehnsucht nach dem Absoluten“. -> www.rietberg.ch Zu Fragen der Resonanz in der Bildbetrachtung erhielt ich im Buch “Bilder als Sprache der Seele“ viele Antworten. -> Linda Briendl, PATMOS, 2008 Assoziationen zu grundlegenden Lebensthemen ermöglichen Zugänge zu Werken und ihren ErschafferInnen, solchermassen vorgeschlagen am Museumstag 2011 in der Sammlung Königsfelden. -> www.museums.ch / www.pdag.ch Frei und oft auch freiwillig unterwegs zu sein, bedarf sorgfältiger Reflexion. Im Umfeld der Geschichtsvermittlung stiess ich auf die Arbeit “Zierde? Bürde? Würde? - Freiwillige im Museum“ von Eva Roth-Kleiner (Kuverum 4). -> www.kuverum.ch Auch wandernd lässt sich Kulturelles gemeinsam entdecken und erschliessen. -> www.adrianfahrlaender.ch Das Buch “Muscheln und Blumen“ des Aargauer Kunsthauses rührt in mir die Freude der spartenübergreifenden Vernetzung an, hier zwischen Bild und Text – ein Feld, dem ich mich in naher Zukunft annähern möchte. -> Hrsg. Beat Wismer, Ammann Verlag, 2003 Dass sich auch Musik und Bild im Dialog begegnen können, zeigen verschiedene Projekte auf, als Beispiel sei “Klang und Bild“, eine Veranstaltungsreihe im Jahr 2005 im Aargauer Kunsthaus genannt. -> www.gong-aarau.ch www.kuverum.ch Seite 9
10 eigenständig – getragen Ideen entstehen selten auf einer Insel. Geistesblitze treffen uns in Begegnungen, sie werden aufgenommen, geprüft, verworfen, entwickelt und stets verändert - in ständiger Interaktion mit einem Vis-à-vis. Kuverum 6 war mir in diesem Sinn ein rundum anregendes Gegenüber. Ich bedanke mich bei allen an dieser Weiterbildung Beteiligten für die wunderbar vielseitigen Erfahrungen und Anregungen: der Leitung und dem Beirat von Kuverum, der Fachhochschule Nordostschweiz FHNW Institut Weiterbildung und Beratung, der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel (D), Mediamus, dem VMS, dem ICOM und der EB-Zürich. Dass ich mit dem “Kulturschwatz“ ein in vielfältiger Hinsicht passendes Projekt aufgenommen habe, verdanke ich Franziska Dürr. Sie schlug mir vor, als Kultur-Attachée in “ihrem“ Kunsthaus zu wirken, wo ich reiche Erfahrungen und Erkenntnisse zum Thema Kulturvermittlung gewinnen konnte. In der Sammlung Königsfelden gab mir Jacqueline Fahrni im Rahmen eines kurzen Praktikums Einblick in bisher verborgene Objekte und deren Entstehung. Im gemeinsam gestalteten Museumstag 2011 erhielten Menschen aus der Psychiatrie und ihre Werke eine Stimme. Auch als Mentorin für das vorliegende persönliche Vermittlungsprojekt war sie mir in Gesprächen unter der Platane ein wertvolles Gegenüber. Mein Arbeitgeber, zeka (Zentren Körperbehinderte Aargau), liess mir grosszügig Freiraum für eine ausserberufliche Weiterbildung. Ich hoffe, im Gegenzug einen Beitrag an ein gutes Miteinander in der Institution leisten zu können. Dankbar bin ich auch all meinen Gästen, die sich auf Einladungen mit eher ungewohnten Titeln einliessen und in lebhafte Diskussionen einstiegen. Besonders danken möchte ich an dieser Stelle meiner Familie und meinen FreundInnen, die mich in meinen Ideen und deren Realisation stets unterstützt haben. Sie werden selbstverständlich zu einem eigens für sie gestalteten Kulturschwatz eingeladen. der Kulturschwatz - das Video www.kuverum.ch Seite 10
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