Sichere KI-Systeme durch Zertifizierung? - Zur Konzeption der Entwürfe zur MaschinenVO und zum AI Act - Institut für ...
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Sichere KI-Systeme durch Zertifizierung? Zur Konzeption der Entwürfe zur MaschinenVO und zum AI Act We b Ta l k : K I - R e g u l i e r u n g m a d e i n E u r o p e , 1 4 . S e p t e m b e r 2 0 2 1
Prof. Dr. Georg Borges ▪ Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Rechtsinformatik, deutsches und internationales Wirtschaftsrecht sowie Rechtstheorie, Universität des Saarlandes ▪ Geschäftsführender Direktor, Institut für Rechtsinformatik, Universität des Saarlandes ▪ Richter am Oberlandesgericht Hamm a. D. ▪ Gründungsmitglied und Sprecher des Vorstands, Arbeitsgruppe Identitätsschutz im Internet e.V. (a-i3) ▪ Mitglied des Vorstands, Deutscher EDV-Gerichtstag e.V. ▪ Mitglied des Verwaltungsrats, Stiftung Datenschutz ▪ Mitglied EU-Kommission Expert Group on Liability and New Technologies
Institut für Rechtsinformatik – Ausbildung und Wissenstransfer ▪ Lehrangebote im IT-Recht − Schwerpunktbereich „IT-Recht und Rechtsinformatik“ − Summer School IT Law and Legal Informatics summerschool-itlaw.org − weiterbildender LL.M. „Informationstechnologie und Recht“ llm.rechtsinformatik.saarland − Zertifikatsstudium „IT-Recht und Rechtsinformatik“ ▪ Dienste für die Öffentlichkeit − GesetzMobil − JuraPush, BGH-Push − IT-Recht.Karriere INSTITUT FÜR RECHTSINFORMATIK UNIVERSITÄT DES SAARLANDES
Institut für Rechtsinformatik – Forschungsportfolio ▪ Themenfelder und Projekte − KI / autonome Systeme − eJustice / eGovernment Amtsgericht 4.0 − Datenschutz − IT-Sicherheit − Industrie 4.0 / Cloud Computing − Rechtsinformatik / Legal Tech − Big Data / Datenwirtschaft ▪ www.rechtsinformatik.saarland
Masterstudium (LL.M.) Informationstechnologie & Recht ▪ seit Wintersemester 2019/2020 ▪ Interdisziplinäre Inhalte in 13 Modulen: − 1 Grundlagenmodul − 12 frei wählbare Module − Neu: KI und Recht (SoSe2021) − Geplant: LegalTech (SoSe 2022) ▪ Flexible Modulzusammenstellung ▪ Betreuung der Studierenden durch Universitätsprofessoren als Mentoren
Mehr Interesse? Zertifikat IT-Recht und Rechtsinformatik » Praxisbezogen » Interdisziplinär: Technik & Recht » Studienbegleitend oder » als berufliche Weiterbildung www.rechtsinformatik.saarland/zertifikat
Agenda I. Einführung II. Test und Zertifizierung III. Zertifizierung in MaschinenVO und KI-Gesetz IV. Leistungen und Lücken der Regelungsentwürfe
Sicherheit und Recht Sicherheit = akzeptiertes Maß an Gefahren für definierte Schutzgüter ▪ Schutzperspektive / Verursacherperspektive → Anforderungen an Produkte / Dienste Sicherheit
Aufgabe des Rechts ▪ Durchsetzung / Gewährleistung von Sicherheit ▪ Definition der Schutzgüter ▪ Definition des akzeptierten / erlaubten Maßes an Gefahren ▪ Anreize für Gestaltung von Produkten / Diensten ▪ Gefahrenabwehr
Anreize für Sicherheit von Produkten / Diensten durch Recht ▪ Verbot (Produktion / Nutzung) von Produkten ▪ Rechtsfolgen bei Überschreitung des erlaubten Gefahrenmaßes − Sanktionen − Zivilrechtliche Haftung ▪ Positive Folgen bei Einhaltung des erwünschten Gefahrenmaßes − Haftungsbefreiung − Zugang zu Nutzungen / Märkten (Vergaberecht) − Reputationsmerkmale (Gütezeichen)
Test und Zertifizierung
Begriffe Test = Versuch zur Feststellung bestimmter Eigenschaften / Leistungen einer Person oder eines Gegenstandes Zertifizierung = Bescheinigung / Bestätigung zu einer Aussage (Information) über eine Person oder einen Gegenstand
Der Zoo der Zertifizierungen ▪ Bewertungsmaßstab − Gütesiegel (beliebige Kriterien) − Konformitätsbewertungen (Einhaltung gesetzlicher Vorgaben) ▪ Urheber − „Selbst-Zertifizierung“ − Dritt-Zertifizierung
Vorteile und Nachteile von Zertifizierung ▪ Vorteil: ggf. Erkenntnis über Risiken des Produkts − Erfordernis hoher Qualität von Test und Zertifizierung ▪ Nachteil: Kosten − Gefahr prohibitiver Wirkung von Zertifizierungskosten − Notwendigkeit der Abwägung bei gesetzlicher Anordnung von Test / Zertifizierung
Zertifizierung in MaschinenVO und KI-Gesetz
Entwurf MaschinenVO ▪ Titel: Verordnung über Maschinenprodukte ▪ Entwurf v. 21.04.2021 ▪ Soll Maschinenrichtlinie ersetzen ▪ Regelungsinhalt: − Markteintrittsregelung: Art. 10 Abs. 2 MVO-E Kein Marktzugang ohne Konformitätserklärung / CE-Kennzeichen − Konformitätserklärung aufgrund von • Bei Hochrisiko-Maschinenprodukten: EU- Baumusterprüfverfahren oder umfassende Qualitätssicherung, Art. 21 Abs. 2 MVO-E • Bei sonstigen Maschinen: Selbsteinschätzung (interne Fertigungskontrolle) Art. 21 Abs. 3 MVO-E − Marktüberwachung, Art. 41 ff. MVO-E
Hochrisiko-Maschinenprodukte, Art. 5 MVO-E ▪ Risiko für menschliche Gesundheit, Art. 5 Abs. 3 ▪ Aufnahme in Anhang I (Blacklist- Verfahren), Art. 5 Abs. 1 ▪ Umfangreiche Liste, 25 Kategorien ▪ Neu: Betonung von Sicherheitsfunktionen ▪ Einbeziehung von Cobots unklar − Vager Begriff von KI − Vager Begriff der Sicherheitsfunktion
Entwurf KI-Gesetz ▪ Titel: Gesetz über Künstliche Intelligenz ▪ Entwurf v. 21.04.2021 ▪ Soll spezifische Aspekte von KI adressieren ▪ 3 Stufen der Regelung − Verbot von KI-Anwendungen (Art. 5 KIG-E) − Pflicht zu Test und Zertifizierung für „Hochrisiko-KI“ (Art. 16 ff. KIG-E) − Transparenzanforderungen (Art. 52 KIG-E) ▪ Nicht: Haftung
Der Begriff der Hochrisiko-KI Klassifikation der ExamAI HR Use Cases ▪ Komplexe Regelung, gemischter Ansatz − Sicherheitskomponenten, UC 1 (Vorschlagssysteme auf Hochrisiko Personalplattformen) Art. 6 Abs. 1 KIG-E UC 2 (Persönlichkeitsbewertung) Hochrisiko − Systeme nach Anhang III, Art. 6 Abs. 2 KIG-E UC 3 (Background-Checks) Hochrisiko ▪ In HR → fast alles UC 4 (Chatbot) Kein Hochrisiko ▪ Fazit: Weiter Anwendungsbereich für Regelung zu Test / Zertifizierung UC 5 (interne Jobprofil-Matchings) Hochrisiko UC 6 (Vorhersage Hochrisiko Kündigungsbereitschaft) UC 7 (Arbeitszeitzuweisung) Hochrisiko
Test und Zertifizierung im Entwurf des KI- Gesetzes ▪ 3 unterschiedliche Verfahren, Art. 43 KIG-E ▪ Bei Systemen lt. Anhang III Nr. 1 (biometrische Erkennung), (Abs. 1) − Interne Kontrolle (bei harmonisierten Normen) oder − Qualitätsmanagementsystem mit notifizierter Stelle ▪ Bei Systemen lt. Anhang III Nr. 2–8 (alle anderen Systeme), Abs. 2 − interne Kontrolle (ohne Beteiligung einer notifizierten Stelle) ▪ Bei Systemen i.S. anderer Rechtsakte, Abs. 3 → Verfahren nach den jew. Rechtsakten
Leistungen und Lücken der Regelungsentwürfe
Leistungen ▪ Großflächige Unterwerfung von KI unter Sicherheitsanforderungen ▪ Vermeidung von Markteintrittsbarrieren − Kostengünstige Konformitätserklärung für die meisten KI-Systeme − Kostenvorteile für KMU bei Dritt- Zertifizierung, Art. 55 KIG-E − Reallabore, Art. 53 KIG-E
Lücken ▪ Schwache Durchsetzung der Anforderungen − Durchsetzung ausschließlich durch Behörden − keine Auskunftsrechte etc. für Betroffene ▪ Keine Regelungen für Tests als solche − Zugang zu Produkten für Testzwecke − Zugang zu Test- und Zertifizierungsergebnissen ▪ Zertifizierung und Rechtsfolgen − Unklare Verbindung zu Haftung → Verzicht auf Haftung als Anreiz ▪ Abstellung auf harmonisierte Normen → Mangel an schnell verfügbaren Normen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Georg Borges georg.borges@uni-saarland.de www.rechtsinformatik.saarland
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