Sportklinik Stuttgart - OPARU

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Sportklinik Stuttgart
 Department Obere Extremität

 Chefarzt Priv. Doz. Dr. Frieder Mauch

Klinische Untersuchung nach Refixation der
 distalen Bizepssehne mittels Single-
 Inzisionstechnik und Fadenanker

 Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin
 der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm

 Julia Zenner

 geb. in Saarbrücken

 2019
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Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth

1. Berichterstatter: PD Dr. Frieder Mauch
2. Berichterstatter: PD Dr. Stefan Schmidt

Tag der Promotion: 14.02.2020
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Teile dieser Dissertation wurden bereits in folgendem Fachartikel
veröffentlicht:
Krickl, V. und Zenner, J. und Huth, J. und Mauch F.
„Distale Bizepssehnenruptur.“ Obere Extremität (2020),
https://doi.org/10.1007/s11678-019-00552-1
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I

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis II
1.Einleitung 1
 1.1 Anatomie 1
 1.2 Die distale Bizepssehnenruptur 4
 1.3 Therapie der distalen Bizepssehnenruptur 7

2. Material und Methodik 11
 2.1 Patientenkollektiv 11
 2.2 Behandlungsmethode 12
 2.3 Auswertung der Krankenakten 16
 2.4 Anamnese 16
 2.5 Körperliche Untersuchung 18
 2.6 Fragebögen 21
 2.7 Statistische Auswertung 25

3. Ergebnis 26
 3.1 Auswertung der Patientendaten 26
 3.2 Kraft 29
 3.3 Sport 31
 3.3.1 Sportart 31
 3.3.2 Aktivitätslevel 31
 3.3.3 Rückkehr zum sportlichen Niveau 32
 2.3.4 Sport-Modul des Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand Score 33
 3.4 Alltag 35
 3.4.1 Score von Broberg und Morrey 35
 3.4.2 Mayo Elbow Performance Score 36
 3.4.3 Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH)-Score 36
 3.4.4 Patientenzufriedenheit 38
 3.5 Komplikationen 40

4. Diskussion 49
5. Zusammenfassung 63
6.Literaturverzeichnis 65
Danksagung 73
Lebenslauf 74
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II

Abkürzüngsverzeichnis

A. Arteria

Abb. Abbildung

DASH- Score Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand – Score

et al. lateinisch: und andere

FABS-Position (Flexion/Abduktion/Supination) - Position

M. Musculus

Meps Mayo Elbow Performance Score

Mrt Magnetresonanztomographie

N. Nervus

N. cut. antebrachii lat. Nervus cutaneus anterbrachii lateralis

Proc. Processus

R. Ramus

ROM Range of motion

Tub. rad. Tuberositas radii

V. Vena

Z.n. Zustand nach
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EINLEITUNG 1

1.Einleitung

„Die distale Bizepssehnenruptur […] wird mit zunehmender Inzidenz beobachtet.“
(Krickl und Zenner et. al 2020). Während 2002 die Anzahl der Erkrankungen auf 1,2
pro 100.000 Einwohner pro Jahr geschätzt wurde (Safran u. Graham 2002), berichtete
Kelly 2015 von einem deutlich höheren Aufkommen von 2,55 pro 100.000 Einwohner
pro Jahr (Kelly et al. 2015).

Mehrheitlich sind aktive Männer zwischen 40 und 60 Jahren betroffen (Kelly et al.
2015). In der Regel reißt die Sehne traumatisch im Rahmen einer exzentrischen Kraft
von etwa 40 kg, die entgegen der Zugrichtung des gebeugten M. biceps brachii wirkt.
Die Ruptur geschieht am häufigsten im Sehnenansatzbereich an der Tuberositas radii
(Hughes und Morrey 2009). Ein frühzeitiges operatives Vorgehen, führt in der Regel zu
einem funktionell besseren Outcome (Haverstock 2017).

An der Sportklinik Stuttgart erfolgt die operative Refixierung der Sehne an die
Tuberositas radii mittels zweier Fadenanker. In Rahmen dieser Arbeit wurden 29
Patienten im Mittel 36 Monate nach der Operation nachuntersucht
(Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et. al 2020). Das funktionelle
postinterventionelle Ergebnis sollte anschließend in Hinblick auf die Alltagsfunktionen
und Sportfähigkeit untersucht, diskutiert und bewertet werden.

1.1 Anatomie
Der lange Kopf des M. biceps brachii entspringt am Tuberculum supraglenoidale der
Scapula und verläuft nach Passage des Schultergelenks im Sulcus intertubercularis des
Humerus nach distal. Auf seinem Weg schließt sich ihm von medial das vom Proc.
coracoideus kommende Caput breve an. Gemeinsam ziehen sie als M. biceps brachii zu
ihrem Ansatzpunkt, der Tuberositas radii. Dort inserieren distal vorwiegend die vom
Caput breve kommenden Fasern und proximal eher die Fasern des Caput longum.
Vor der gemeinsamen Insertionsstelle zweigt ein Teil vom Caput breve als Aponeurosis
bicipitalis in die Unterarmfaszie ab (Athwal 2007et al., Wurzinger 2010). Im Mittel ist
die Ansatzfläche an der Tuberositas radii 21 mm lang und 7 mm breit. Das Caput breve
nimmt davon den größeren Anteil ein (ungefähr 56 %) (Athwal et al. 2007).
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EINLEITUNG 2

Abb. 1: Ansatzstelle des M. biceps brachii an der Tuberositas radii
Hier zeigt sich die distale Bizepssehne auseinanderpräpariert in ihre zwei Anteile: dem Caput breve und
Caput longum. Das Caput breve inseriert sichtbar distal des Caput longum (Reprinted from Journal of
Shoulder and Elbow Surgery Vol. 21, Jarrett, C. D. and Weir, D. M. and Stuffmann, E. S. and Jain, S. and
Miller, M. C. and Schmidt, C. C., „Anatomic and biomechanical analysis of the short and long head
components of the distal biceps tendon“, P. 942-948, Copyright (2012), with permission from Elsevier.)

Diese Tatsachen wurden in einer Studie von Jarrett et al. 2012 biomechanisch näher
untersucht. Es zeigte sich bezüglich ihrer Funktion Folgendes:
Bei proniertem Unterarm ist das Caput breve der effizientere Supinator. Mit steigender
Supination wird das Caput longum stetig effektiver.
Ebenso ist die Höhe der Supinationskraft insgesamt abhängig von der Ellbogenhaltung.
Mit zunehmender Pronationshaltung und steigendem Grad der Ellenbogenbeugung in
Richtung 90° nimmt die Kraft zu. Je mehr der Unterarm proniert, desto mehr bewegt
sich die Tuberositas radii zusammen mit der distalen Bizepssehne nach dorsal und
desto stärker dreht sich die Sehne um den Radius ein. Dies ermöglicht eine deutliche
Vorspannung des Bizepses und nachfolgend eine gesteigerte Kraftentwicklung. Wird
der Ellenbogen nun zusätzlich um 90° gebeugt, gelangt die Rotationsachse des
Unterarms senkrecht zum Verlauf des Bizepses und die Kontraktionskraft kann
optimal in eine Supinationsbewegung umgesetzt werden. In gestreckter
Ellenbogenhaltung bewirkt hautsächlich der M. supinator die Supination. Insgesamt ist
eine maximale Supination von 80-90° des Ellebogens möglich (Elser 2010). Die
wichtigsten Gegenspieler der Supination sind der M. pronator teres und M. pronator
quatratus. Sie können den Unterarm um 80-90° pronieren.
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EINLEITUNG 3

Abb. 2: Lage der distalen Bizepssehne nach vollständiger Pronation
Dieses Schema zeigt, wie sich die Bizepssehne bei 90° Ellenbogenbeugung und vollständiger Pronation
um den Radius wickelt und nach dorsal gelangt. SH steht für das Caput breve und LH für das Caput
longum (Reprinted from The Journal of Hand Surgery Vol. 38, Schmidt, C. C. and Jarrett, C. D. and Brown,
B. T., „The distal biceps tendon“, P. 811-821, Copyright (2013), with permission from Elsevier.)

Neben der Ellbogensupination kommt dem M. biceps brachii eine wichtige Rolle als
einer der Hauptbeugemuskeln zu. Zusammen mit dem M. brachialis und M.
brachioradialis erlaubt er eine Flexion von bis zu 150° (Elser 2010). Die Beugekraft der
einzelnen Muskeln unterliegt der Supinations- bzw. Pronationsstellung des Unterarms.
In Pronationshaltung ist der M. brachialis stärkster Flexor. Bei maximaler Supination
entwickelt der M.biceps brachii das höchste Drehmoment und somit die stärkste
Beugekraft (Elser 2010).
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EINLEITUNG 4

1.2 Die distale Bizepssehnenruptur
Bei 3-10% aller Bizepssehnenrupturen reißt die distale Bizepssehne (Hughes u.
Morrey 2009). Die restlichen sind proximale Sehnenrisse. Am häufigsten rupturiert die
distale Sehne bei Männern im mittleren Alter von 40-60 Jahren (Kelly 2015). Die Sehne
des dominaten Arms reißt tendentiell häufiger. In der Studie von Kelly et al. war sie zu
52,1% und in der Arbeit von Safran und Graham zu 85,7% betroffen. Das
Verletzungsrisiko wird besonders durch körperliche Arbeit und sportliche Betätigung,
insbesondere Gewichtheben, erhöht (Keener 2011). Die Inzidenz wird auf ungefähr 1,2
(Safran u. Graham 2002) bis 2,55 (Kelly et al. 2015) pro 100.000 Einwohner pro Jahr
geschätzt. Der zugrundeliegende pathophysiologische Prozess ist bisher nicht
ausreichend erforscht und wird im Allgemeinen auf einen degenerativen Prozess der
Bizepssehne zurückgeführt. Als Risikofaktoren wurden u.a. der Gebrauch von
anabolischen Steroiden und Nikotinabusus identifiziert (Hughes u. Morrey 2009). Zum
Abriss führt schließlich ein Trauma in Form einer exzentrisch, entgegen der
Zugrichtung des kontrahierten Bizepses, wirkenden Kraft (Sutton et al. 2010, Hughes
u. Morrey 2009). In den meisten Fällen reißt die Sehne am Ansatzbereich an der
Tuberositas radii. Dabei werden vollständige Rupturen häufiger beobachtet als
Teilrupturen. Reißt neben der Bizepssehne die Aponeurosis bicipitalis, so kommt es zu
einer sichtbaren Proximalisierung des Muskelbauchs und Beuge- und Supinations-
schwäche nehmen deutlich zu (Hughes u. Morrey 2009). Betroffene berichten teilweise
von einem initialen Knall und einem danach einsetzenden Schmerz in der Ellenbeuge
(Hughes u. Morrey 2009). Im Verlauf bildet sich dort eine Schwellung. „Dem
Untersucher gelingt es im sog. Hook-Test nicht, die Bizepssehne von lateral mit dem
Zeigefinger im Bereich der Ellenbeuge zu unterfahren.“ (Krickl ünd Zenner et. al 2020)
(s. Abb. 3, S. 5). Dieses Testergebnis ist pathognomonisch für eine distale
Bizepssehnenruptur. In einer Studie von O’Driscoll et al. mit 45 Teilnehmern konnten
mit ihm die 33 vollständigen Rupturen erfolgreich von den partiellen Rupturen
unterschieden werden (O’Driscoll et al. 2007).
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EINLEITUNG 5

Abb. 3: Der Hook-Test
Der Zeigefinger hakt sich von lateral unter die intakte Bizepssehne des linken Oberarms.

Zum Frakturausschluss wird initial ein Röntgenbild des Ellbogens in zwei Ebenen
angefertigt. Die distale Bizepssehne kann anschließend sonographisch und kernspin-
tomographisch begutachtet werden. Im Ultraschall ist häufig ein Hämatom
nachweisbar. Teilweise kann hier schon zwischen einer partiellen und kompletten
Ruptur unterschieden werden (Da Gama Lobo et al. 2013).

 A B
Abb. 4: Ultraschallbild einer partiellen (A) und vollständigen (B) Bizepssehnen-
ruptur (De la Fuente et al. 2018)
A zeigt den Längsschnitt einer partiellen Ruptur von proximal (P) nach distal (D), erkennbar an der
Hypoechogenität und Unregelmäßigkeit des Sehnenrandes (s. Pfeile). B zeigt den Längsschnitt einer
vollständigen Ruptur. Man sieht die gerissene Sehne (weiße Pfeilspitzen) retrahiert oberhalb des M.
brachialis und echoarme Flüssigkeit und Hämatombildung in ihrem ursprünglichen Verlaufsweg
(Stern). (De La Fuente, J and Blasi, M. and Martínez, S. and Barcélo, S. and Cachán, K and Miguel, M. and
Pedret, C. „Ultrasoünd classification of traümatic distal biceps brachii tendon injüries.“ Skeletal Radiol
47 (2018): 519-532. The figure is reprinted under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0
Internationel License (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/).
EINLEITUNG 6

Die sichere Abgrenzung gelingt allerdings nur mit Hilfe der Kernspintomographie als
Mittel der Wahl. In der sog. FABS (Flexion/Abduktion/Supination)-Position lässt sich
der Sehnenansatz optimal darstellen.

Abb. 5: FABS (Flexion/Abduktion/Supination)-Position
Die Abbildung zeigt die FABS (Flexion/Abduktion/Supination)-Position. Durch Flexion im Ellenbogen-
gelenk und Abduktion im Schultergelenk mit Supination des Unterarms gelangt der Arm in die FABS-
Position.

Typische MRT-Befunde einer Ruptur sind (Festa et al. 2010):
 • Sehnendiskontinuität
 • Peritendinöse Signalanhebung
 • Erhöhte Signalintensität intratendinös im Bizepsmuskel oder umgebenden
 Gewebe
 • Ödembildung im Bereich der Tuberositas radii
EINLEITUNG 7

 A B
Abb. 6: Mrt-Bilder in FABS-Position einer gesunden (A) und vollständig
rupturierten (B) distalen Bizepssehne (Chew u. Guiffrè 2005)
A zeigt den geraden Verlauf einer gesunden Sehne vom muskulotendineusen Übergang (kleiner Pfeil)
zur Tuberositas radii (großer Pfeil). B zeigt den kompletten Abriss einer Bizepssehne mit
entsprechender Sehnendiskontinuität (kurzer Pfeil), der peri- und intratendinösen Signalanhebung und
dem abnormal verdickten proximalen Teil der Sehne (langer Pfeil). (Reprinted from Radiographics Vol.
25, Chew, M. L. and Guiffrè, B. M., „Disorders of the distal biceps brachii tendon“, P. 1227-1237, Copyright
(2005), with permission from Radiological Society of North America.)

1.3 Therapie der distalen Bizepssehnenruptur
Die distale Bizepssehnenruptur kann sowohl konservativ, als auch operativ mit
unterschiedlichen Operationsverfahren behandelt werden. Die konservativen
Konzepte setzen sich aus körperlicher Schonung, analgetischer Therapie und
Physiotherapie zusammen. Obwohl sich die Flexionskraft um 10-40% und die
Supinationskraft um 37 bis 44% am betroffenen Arm verringert (Hansen et al. 2014),
sind die Patienten häufig zufrieden mit dem Ergebnis (Hetsroni et al. 2008). Ein
operatives Vorgehen liefert dagegen funktionell bessere Ergebnisse. Es resultiert
lediglich eine um ca. 1- 13% geminderte Flexionskraft und eine um etwa 7-20%
reduzierte Supinationskraft (Hansen et al. 2014, Haverstock et al. 2017, McGee et al.
2015, McKee et al. 2005, Schmidt et al. 2016, Suda et al. 2017). Die Entscheidung, ob
eine konservative oder operative Behandlung erfolgen sollte, ist in Abhängigkeit des
EINLEITUNG 8

Patientenalters und körperlichen Aktivität im Sinne einer Risiko-Nutzen Abwägung zu
treffen. Während bei jüngeren Patienten der Nutzen in Form einer besseren
Funktionalität überwiegt, dominiert bei älteren Patienten das steigenden Narkose- und
Komplikationsrisiko. Dies hat zur Folge, dass mit zunehmendem Patientenalter
vordringlich die konservative Behandlung bevorzugt wird.

In der Regel sind aber jüngere, körperlich aktive Personen von einer Ruptur betroffen,
so dass eine operative Refixation favorisiert wird. Diese sollte möglichst frühzeitig
erfolgen. Wird verspätet operiert, erschwert Narbengewebe die Mobilisierung der
Bizepssehne und die Komplikationsrate steigt (Bisson et al. 2008, Cain et al. 2012, Kelly
et al. 2000).
„Welche Operationsmethode zu bevorzugen ist, wird […] kontrovers diskutiert. Mit
dem Ziel, die Sehne möglichst minimalinvasiv, komplikationslos und anatomisch
korrekt zu reinserieren, sind im Verlauf zahlreiche Operationsmethoden entstanden.“
(Krickl und Zenner et. al 2020)

Als gängige Operationsverfahren haben sich zwei Methoden durchgesetzt:

 • Die in dieser Studie verwendete Single-Inzisionstechnik mit Fadenanker,
 welche im Material und Methoden Teil S.12 näher erläutert wird.
 • Die von der Mayo Klinik modifizierte Zwei-Inzisionstechnik nach Boyd-
 Anderson (1961)

In der Zwei-Inzisionstechnik erfolgt der erste operative Zugang gleich der Single-
Inzisions-Technik, über eine s-förmige Inzision in der Ellenbeuge. Nachdem unter
Schonung des N. cutaneus antebrachii lateralis in die Tiefe zur Tub. radii präpariert
wurde, beginnt die Vorbereitung des zweiten dorsalen Zugangswegs.
Der Operateur ertastet die Tub. radii und führt eine nach radial ausgerichtete,
gebogene Kocherklemme zwischen Elle und Speiche hinter diese. Auf der Gegenseite
kann anschließend die Spitze der Klemme palpiert werden. Hier wird bei maximal
proniertem Unterarm dorsolateral inzidiert. Nach Spaltung des Musculus supinator
und extensor carpi ulnaris erreicht man die Kocherklemme an der Tuberositas radii.
EINLEITUNG 9

Die Tuberositas radii wird dargestellt und der Knochen für die Aufnahme der Sehne
präpariert.

 A B

 C D
Abb. 7: Die Doppel-Inzisionstechnik
Diese Abbildung zeigt den zeitlichen Ablauf der Doppelinzisionstechnik. A Die dorsolaterale Inzision
erfolgt oberhalb der von ventral eingeführten Kocherklemme bei maximaler Pronation. B Die
Tuberositas radii wird über den dorsalen Zugang dargestellt und nach Einlassen einer Knochensenke
mit drei transossären Löchern versehen. C Die Bizepssehne wird über den ventralen Zugang am Radius
vorbei nach dorsal geführt und D an der Tuberositas radii fixiert (Source: AO Surgery Reference,
www.aosurgery.org, Copyright by AO Foundation, Switzerland,
https://surgeryreference.aofoundation.org/orthopedic-trauma/adult-trauma/proximal-
forearm/radius-extraarticular-avulsion-of-bicipital-tuberosity/biceps-reinsertion#option-1-tendon-
through-bone-tunnel-two-incision-approach- 13.05.2020)

1.4 Ziele der Studie
„Unabhängig von der Operationstechnik und deren Komplikationen ist bisher kein
Verfahren in der Lage, die Supinationskraft wieder vollständig herzustellen.“ (Krickl
und Zenner et. al 2020). Typischerweise ist die Kraft auf 80% bis 90 % reduziert. In
einer Studie von Siebenlist et al. 2014 mit 49 Patienten wurde sogar ein
durchschnittlicher Kraftverlust von 36,4% gemessen (Siebenlist et al. 2014). Dennoch
waren 86% der Patienten zufrieden mit dem Operationsergebnis.
EINLEITUNG 10

„Die Patientenzufriedenheit scheint trotz der Komplikationen und Krafteinschränkung
sehr hoch zu sein.“ (Krickl und Zenner et. al 2020). Es stellt sich die Frage, ob das
Kraftdefizit in der Supination für den Patienten relevant ist. Erwarten den Betroffenen
daraus wirklich Nachteile in seiner normalen Alltagsbewältigung?

Eine Möglichkeit, die Einschränkungen im Alltag zu quantifizieren, ist der Disabilities
of the Arm, Shoulder and Hand (DASH) Fragebogen. Da Sport zunehmend zum Alltag
vieler Personen gehört, sollte die Sportfähigkeit zusätzlich berücksichtigt werden.
Aus diesen Gegebenheiten ließen sich folgende Studienziele ableiten:

 • Messung der Supinationskraft in der Neutral-Null-Supinationsstellung
 • Erhebung klinischer Scores, inbesondere des DASH-Scores, zur Einschätzung
 der Alltagsbewältigung
 • Bestimmung der wöchentlichen sportlichen Aktivität und Beantwortung der
 Frage, inwieweit das ursprüngliche Sportniveau wieder erreicht wurde.
 • Erfassung der Komplikationen

Wir stellten die Hypothese auf, dass es zwar zu einem signifikanten Verlust an
Supinationskraft kommt, die Patientenzufriedenheit davon aber unbeeinflusst sehr
hoch bleibt. Wir postulierten zudem, dass in den Scores zur Alltagsbewältigung und zur
Sportfähigkeit gute bis sehr gute Ergebnisse erreicht werden und die Single-
Inzisiontechnik mit Verwendung zweier Fadenanker ein sicheres Operationsverfahren
mit einem geringen Risiko für schwerwiegende Komplikationen ist.
MATERIAL UND METHODIK 11

2. Material und Methodik
Der erforderliche Ethikantrag (Aktenzeichen F–2015.090) wurde an die Landes-
ärztekammer Baden-Württemberg gestellt und das erteilte Ethikvotum den Vorgaben
entsprechend umgesetzt.

2.1 Patientenkollektiv
Zwischen 2011 und 2013 wurden 63 distale Bizepssehnenrupturen von 62 Patienten
an der Sportklinik Stuttgart operiert (Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et. al
2020). Nach Prüfung der Ein- und Ausschlusskriterien konnten, von den 60
verbliebenen Patienten, 29 (48,5%) in die Studie eingeschlossen und an der
Sportklinik untersucht werden. 18 Patienten (30%) hatten, trotz Zufriedenheit über
das Operationsergebnis, kein Interesse an einer Studienteilnahme. Bei acht Patienten
gelang keine telefonische Kontaktaufnahme. Fünf Patienten lehnten die Teilnahme
aufgrund der großen Entfernung von Stuttgart zu ihrem Wohnort ab
(Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et. al 2020). Sobald ein Patient sich zur
Teilnahme bereit erklärte, wurde mit ihm ein Untersuchungstermin an der Sportklinik
Stuttgart vereinbart. Am Tag der Untersuchung wurde der Patient erneut über den
genauen Ablauf der Studie aufgeklärt und die Freiwilligkeit der Studienteilnahme
betont. Im Anschluss erhielt er ein Informationsblatt über die Studie, eine
Einwilligungserklärung und eine Datenschutzerklärung zur Unterschrift. Nachdem der
Patient diese unterschriftlich akzeptierte, wurden die Ein- und Ausschlusskriterien der
Studie vom Untersucher überprüft.

Einschlusskriterien:
• männliche Patienten mit refixierter distaler Bizepssehne mittels Ein-Inzisionstechnik
 und Fadenanker
• Die Operation erfolgte in den Jahren 2011, 2012 oder 2013 an der Sportklinik
 Stuttgart.

Ausschlusskriterien:
• Alter unter 18 Jahren
• Alter über 80 Jahre
MATERIAL UND METHODIK 12

Die Problematik einer distalen Bizepssehnenruptur betrifft fast ausschließlich Männer.
Bei Safran and Graham waren 92,8% (Safran and Graham 2002) und bei Kelly et al.
95,7% (Kelly et. al 2015) der Betroffenen männlichen Geschlechts. Daher wurde die
Studie auf dieses Patientenkollektiv ausgerichtet und nur männliche Patienten
eingeschlossen.
Schließlich wurden 29 Patienten im durchschnittlichen Alter von 53 Jahren
(Altersspanne von 36 bis 75 Jahren) und 30 reinserierte distale Bizepssehnen
eingeschlossen (Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et. al 2020). Bei zwei
Patienten gab es eine zweite Operation nach Reruptur.

2.2 Behandlungsmethode
Alle Patienten wurden mit Hilfe der Single-Inzisionstechnik unter der Verwendung von
zwei Mitek-G2 Fadenankern operiert (Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et. al
2020).

Der operative Zugang erfolgt bei dieser Methode mit einer s-förmigen Inzision in der
Ellenbeuge. Der N. cutaneus antebrachii lateralis wird aufgesucht und im weiteren
Verlauf geschont.

Abb. 8: Der operative Zugang
Links dargestellt ist die s-förmige Schnittführung in der Ellenbeuge. Im rechten Bild wurde bereits
weiter in die Tiefe präpariert. Die hier zur Darstellung kommenden nervalen Bahnen mit dem N.
cutaneus antebrachii lateralis (oben im Bild) werden im Folgenden vorsichtig zur Seite gehalten,
während mittig die Tuberositas radii aufgesucht wird.

Anschließend wird der Arm maximal supiniert, die Tuberositas radii gelangt möglichst
weit nach ventral und die umliegenden Strukturen werden freigelegt. Auf diese Weise
kommt die Tub. radii bestmöglichst zur Darstellung. Es ist darauf zu achten, den N.
radialis, insbesondere den R. profundus, die A. radialis und den N. medianus zu
MATERIAL UND METHODIK 13

schonen. Die Tuberositas radii wird von degenerativem Material befreit und zwei
Löcher für die Fadenanker vorgebohrt. Ein Anker wird proximal, einer distal an der
Tuberositas radii eingebracht.

Abb.9: Einbringen der Fadenanker
Nachdem in A die Tuberositas radii angeraut wurde, werden in B Bohrlöcher für Fadenanker
eingelassen. Abbildung C zeigt das Einbringen des ersten Ankers. In D sind links die Fäden des
proximalen und rechts die Fäden des versenkten distalen Fadenankers zu sehen. Reprinted by
permission from Springer Nature Customer Service Centre GmbH: Springer Obere Extremität „Distale
Bizepssehnenrüptür“, Krickl, V., Zenner, J., Huth, J. und Mauch F., Copyright 2020, advance online
publication, 19. März 2020 (doi: 10.1007/s11678-019-00552-1 Obere Extrem)

Anschließend wird der Sehnenstumpf der Bizepssehne aufgesucht, der bei einer
Komplettruptur oft nach proximal retrahiert ist. Je früher die Erkrankung
diagnostiziert und operiert wird, umso leichter lässt sich die Sehne vom umliegenden
Gewebe mobilisieren. Vorliegende Adhäsionen werden gelöst und degenerative Areale
entfernt. Mit Hilfe der Krackow-Naht wird das Sehnenende fest durchflochten. Die vom
Caput longum stammenden Fasern werden mit dem proximalen Anker verbunden. Der
MATERIAL UND METHODIK 14

Sehnenanteil des Caput breve wird am distalen Fadenanker befestigt. Auf diese Weise
wird die Sehne entsprechend ihres ursprünglichen Verlaufs reinseriert.

 A B

 C D
Abb.10: Single Inzisionstechnik
Darstellung der Single-Inzisionstechnik, nachdem bereits zwei Fadenanker in die Tuberositas radii
eingelassen wurden. Abbildung A zeigt die frei mobilisierte distale Bizepsehne. Sie wird in Bild B mit der
Krakownaht durchflochten und in C mit den Fadenankern verbunden. D stellt schließlich die refixierte
Bizepssehne dar.

Postoperativ wurden alle Patienten entsprechend des Nachbehandlungsschemas der
Sportklinik Stuttgart therapiert, welches in den ersten sechs Wochen eine
Ruhigstellung des Ellenbogengelenks in einer Oberarmgipsschiene beinhaltet. In
dieser Zeit erfolgt eine assistierte Mobilisation aus der Schiene heraus. Anschließend
wird es aktiv, mit langsam zunehmender Intensität, mobilisiert. Bis drei Monate nach
der Operation ist eine sportliche Belastung unbedingt zu vermeiden.
MATERIAL UND METHODIK 15

Tabelle 1: Nachbehandlungsschema der Sportklinik Stuttgart nach Operation
einer distalen Bizepssehnenruptur
© Sportklinik Stuttgart, Abt. Physiotherapie, Taubenheimstraße 8, 70372 Stuttgart, Tel.: 0711/5535-135

 Phase I Phase II Phase III Phase IV
 1. –3. Woche 4. – 6. Woche 7. – 12.Woche ab der 12.Woche
 Ziele Ziele Ziele Ziele
 Mobilisation Mobilisation Mobilisation Mobilisation
 aus Gips heraus aus Gips heraus schmerzadaptiert Schmerzadaptiert
 assistiv Schmerz- und assistiv Schmerz- und Übergang zur aktiven Übergang zur
 spannungsfrei spannungsfrei Mobilisation aktiven Mobilisation
 Pro/ Supi 45-0-45 Pro/ Supi 45-0-45
 Ext/ Flex 0-30-100 Ext/ Flex 0-10-120

 Belastung Belastung Belastung Belastung
 keine Belastung keine Belastung Aktive Belastung bis 5 Erarbeiten einer
 Ossifikations- kg reizfreien, vollen
 prophylaxe für 2 Belastbarkeit unter
 Wochen Vermeidung größerer
 sportlicher Belastung
 für 3 Monate
 auf Wettkampfniveau
 für 6 Monate
 Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen
 1. –3. Woche 4. – 6. Woche 7. – 12.Woche ab der 12.Woche

 OA- Gipsschale für 6 Wochen

 Physiotherapie Physiotherapie Physiotherapie Physiotherapie

 1. post – OP – Tag - heisse Rolle - aktive Mobilisation - Manuelle Therapie
 - Hochlagerung / Eis Schulter / Ellenbogen/
 - Kompression - bei Bedarf man. - PNF – direktes Hand
 - Isometrie Lymphdrainage Scapula- Pattern
 - Prophylaxen - PNF – direktes
 - aktive Mobilisation - Zugapparat und/oder Pattern mit
 ab d. 2. post. OP – Tag über Antagonisten Theraband zur angemessenen
 - man. Lymphdrainage unter Kräftigung der Widerstand
 - assist. Mobilis. aus Berücksichtigung der Antagonisten
 dem Gips heraus, Belastbarkeit → absolüte Schmerz – - Elektrotherapie
 Pro/ Supi 45-0-45 u. Spannungsfreiheit
 Ext/ Flex 0-30-100 - PNF indirektes der Bizepssehne
 - Elektrotherapie Pattern über gesunde
 - aktive Mobilisation Seite - Elektrotherapie
 der angrenzenden
 Gelenke im Gips - Elektrotherapie Trainingstherapie
 - Training zunächst im
 Achtung aeroben Bereich
 Wundheilung anschließend
 kein Alkohol u. Belastung
 Nikotin für 2 Wochen angemessen steigern

 keine direkte → ü.a. Crosstrainer,
 Sonnen- Zugapparat, therapeut.
 einstrahlung oder Kletterwand,
 Sauna für 6 Wochen Kurzhantel
MATERIAL UND METHODIK 16

2.3 Auswertung der Krankenakten
Die Aktensichtung lieferte folgende Daten:
 • Unfalldatum
 • Unfallhergang
 • Zeit bis zur Operation
 • Operationsverlauf
 • Krankenhausliegezeit

2.4 Anamnese
Erhebung allgemeiner Patientendaten:
 • Alter
 • Händigkeit
 • Erkrankung an der Gegenseite, welche nicht von der Ruptur betroffen war
 • Fragen zu den Risikofaktoren (u.a. der Gebrauch von Tabak, Cortison oder
 Anabolika) für die Bizepssehnenruptur.

Nachfolgend sollte sich der Patient über mögliche Langzeitfolgen, wie z.B. Schmerz,
Empfindungsstörungen oder Kraftverlust äußern:
Tabelle 2: Schmerzmerkmale
 Schmerz Lokalisation
 Häufigkeit
 Schmerzstärke in Vas Analog Skala
 Qualität
 In Ruhe/ unter Belastung

Tabelle 3: Sensibiliät
 Parästhesien Lokalisation
 Häufigkeit
 Qualität

Insbesondere war auch das Auftreten von objektivierbaren Komplikationen von
Interesse. Vor diesem Hintergrund wurden Röntgenbilder aus der Nachbehandlungs-
zeit betrachtet und auf das Vorliegen von heterotopen Ossifikationen untersucht.
MATERIAL UND METHODIK 17

Tabelle 4: Graham und Hastings Klassifikation für heterotope Ossifikation
(Hastings u. Graham 1994, Hong et al. 2015)

 Klasse Beschreibung
 I Radiologische Evidenz für heterotope Ossifikation
 ohne funktionelle Einschränkung
 II A Einschränkung in Ellbogenflexion/-extension
 B Einschränkung in Unterarmpronation/-supination
 C Einschränkung in Flexion/Extension und Pronation/Supination
 III Ankolyse im Unterarm, Ellbogen oder beidem

Die Zufriedenheit des Patienten mit dem Operationsergebnis wurde in „zufrieden“,
„eher zufrieden“, „eher unzufrieden“ und „unzufrieden“ unterteilt.

Abschließend wurde der Patient näher zu seinen sportlichen Interessen befragt.
Von Bedeutung waren:
 • Sportart
 • Gesamtdauer der wöchentlichen Aktivität
 • Vergleich des aktuellen mit dem früheren Aktivitätsniveau

Mit Hilfe der Gesamtdauer der wöchentlichen Aktivität konnte der Aktivitätslevel
nach Valderrabano (Valderrabano et al. 2006) festgestellt werden. Dieser wird in
Aktivitätsniveaus von 0-4 unterteilt.

Tabelle 5: Sportlevel nach Valderrabano et al. (Valderrabano et al. 2006)
0 Keine sportliche Aktivität
1 Geringe sportliche Aktivität in der Freizeit (< 1h/Woche)
2 Normale sportliche Aktivität in der Freizeit (< 1-5h/Woche)
3 Hohe sportliche Aktivität in der Freizeit (> 5h/Woche)
4 Leistungssport

Von Bedeutung war zusätzlich die Frage, in welchem Maß der Patient zu seinem
ursprünglichen sportlichen Aktivitätsniveau zurückkehren konnte. Rhee et al. teilt
diese Rückkehr in 5 Level ein (Rhee et al. 2006).
MATERIAL UND METHODIK 18

Tabelle 6: Rückkehr zum Aktivitätsniveau nach Rhee et al. (Rhee et al. 2006)
1 Sportfähigkeit wird komplett wiedererreicht
2 90% der Sportfähigkeit wird wiedererlangt
3 70% moderate Einschränkung der Sportfähigkeit
4 50% Sportfähigkeit stark eingeschränkt
5 Kein Wiedererlangen der Sportfähigkeit, Probleme bei alltägl. Belastungen

2.5 Körperliche Untersuchung
Die klinische Untersuchung des Ellenbogens begann an der Rupturseite mit Inspektion
der Hautfarbe, der Hautbeschaffenheit und der Narbe.
Bei 90 Grad gebeugtem und supiniertem Arm wurde die distale Bizepssehne mit Hilfe
des Zeigefingers ertastet und unterfahren (siehe Abbildung 3). Dieser sog. Hook-Test
(O’Driscoll et al. 2007) identifizierte die Sehne als intakt. Der Test wurde an beiden
Extremitäten durchgeführt.
Im weiteren Verlauf folgte die Beurteilung der Ellenbogenstabilität beider Arme mit
Valgus- und Varusstresstest.

Abb. 11: Valgusstresstest – Stabilität der medialen Kollateralbänder
Die Pfeile zeigen die Kraftrichtung an. Der zu untersuchende Arm wird vollständig gestreckt und
supiniert. Anschließend drückt der Untersucher den Oberarm nach medial und den Unterarm nach
lateral.
MATERIAL UND METHODIK 19

Abb. 12: Varusstresstest – Stabilität der lateralen Kollateralbänder
Die Pfeile zeigen die Kraftrichtung an. Der zu untersuchende Arm wird vollständig gestreckt und
supiniert. Anschließend drückt der Untersucher den Oberarm nach lateral und den Unterarm nach
medial.

Die körperliche Untersuchung beinhaltete anschließend die Messung des Bewegungs-
umfangs beider Ellenbogengelenke mit der Neutral-0-Methode. Mit Hilfe eines
Goniometers wurde die aktive Beweglichkeit der Supination, Pronation, Flexion und
Extension gemessen. Anschließend folgte die Einschätzung der Flexions-, Extensions-,
Supinations- und Pronationskraft beider Arme mit Hilfe der Pareseskala des Medical
Research Council (MRC) in Kraftgraden von 0-5 (Medical Research Council 1976).

Die Pareseskala des Medical Research Council (MRC) ist in sechs Stufen (von 0 bis 5)
eingeteilt [2]:
Tabelle 7: Die Pareseskala des Medical Research Council (MRC) (Medical Research
Council 1976)
0 keine Kontraktion sicht- oder fühlbar
1 sicht- oder tastbare Kontraktion
2 Bewegung ohne Einfluss der Schwerkraft möglich
3 Bewegung gegen Schwerkraft möglich
4 Bewegung gegen Schwerkraft und Widerstand möglich
5 normale Muskelkraft
MATERIAL UND METHODIK 20

Messung der Supinationskraft mit Hilfe des IsoForceControl V1.1
Bei dem IsoforceControl V1.1 handelt es sich um ein Dynamometer der Herkules
Kunststoff Oberburg AG aus der Schweiz (Herkules Kunststoff Oberburg AG
13.05.2020). Er wurde entwickelt, um Muskelkräfte während eines Zeitraums von drei
bis fünf Sekunden zu messen und ist in der Lage, Kräfte bis 400 N zu bestimmen.
Innerhalb der gewählten Zeitspanne wird die Kraft zehn Mal pro Sekunde gemessen.
Aus allen Messungen werden die Anfangskraft, Endkraft, Durchschnittskraft und
Maximalkraft bestimmt. Die Supinationskraft wurde dreimal pro Arm gemessen. Aus
den Messungen wurde jeweils die Maximalkraft notiert und der Mittelwert gebildet. So
erhielt man für die betroffene und die gesunde Seite je drei Werte für die Maximalkraft
und daraus je einen Mittelwert. Vor jeder Messung führte das Gerät eine Kalibrierung
durch. In Abbildung 14 ist der Messaufbau dargestellt. Zuerst wurde die ursprünglich
von der Ruptur betroffene Seite untersucht. Das Gerät wurde in Ellenbogenhöhe des
Patienten an der Wand befestigt. Anschließend stellte der Patient sich seitlich mit der
gesunden Seite zur Wand hinter das Gerät. Mit der Hand des zu untersuchenden Arms
umfasste er mittig den kleinen Holzstab, der am Gerät befestigten Schlaufe. Nun beugte
der Patient den Arm aus der Neutral-Null-Position um 90 und legte den Ellenbogen fest
an den Körper an. Zusätzlich wurde dieser mit einem Band fest am Körper fixiert, um
eine Abduktionsbewegung im Schultergelenk zu verhindern. Auf diese Weise befand
sich die Handfläche des zu untersuchenden Arms parallel zur Wand und die Schlaufe
führte senkrecht vom Gerät zur Hand des Patienten.

Abb. 13: Der Isoforce Control V1.1
Dynamometer zur Messung der Muskelkraft (Mit Erlaubnis der Herstellungsfirma: Herkules Kunststoff
Oberburg AG / Switzerland, http://www.isoforcecontrol.ch/de/produkt1.asp 13.05.2020)
MATERIAL UND METHODIK 21

Abb. 14: Versuchsaufbau zur Messung der Supinationskraft
a. Foto, b. schematische Darstellung von oben
Reprinted by permission from Springer Nature Customer Service Centre GmbH: Springer Obere
Extremität „Distale Bizepssehnenrüptür“, Krickl, V., Zenner, J., Huth, J. und Mauch F., Copyright 2020,
advance online publication, 19. März 2020 (doi: 10.1007/s11678-019-00552-1 Obere Extrem)

Sobald das Dynamometer die Kalibrierung durchgeführt hatte, wurde der Patient
gebeten diese Grundhaltung einzunehmen und den Unterarm nach außen zu drehen.
Nach drei Wiederholungen erfolgte die Messung der Gegenseite zum Vergleich. Der
statische Aufbau ließ lediglich eine isometrische Kraftmessung aus der Neutral-
Nullstellung von Pro- und Supination zu. Konnte der Patient die Bewegung nicht wie
gewünscht ausführen, wurde er aus der Kraftmessung ausgeschlossen.

2.6 Fragebögen
Score von Broberg und Morrey
Der Score von Broberg und Morrey (Broberg u. Morrey 1987) setzt sich aus der
Selbsteinschätzung des Patienten, einer körperlichen Untersuchung und einer
biomechanischen Krafttestung zusammen.
Aus der Summe der vier Bereiche Schmerz (35 Punkte), Stabilität (5 Punkte),
Beweglichkeit (40 Punkte) und Kraft (20 Punkte) ergibt sich ein maximaler Punktwert
von 100. Ein hoher Punktwert bedeutet ein gutes Operationsergebnis. Die Stabilität im
Ellenbogen wurde mit Hilfe des Valgusstresstest und des Varusstresstest, wie bereits
auf Seite 18 beschrieben, untersucht. Anschließend verwendete der Untersucher ein
MATERIAL UND METHODIK 22

Goniometer, um das Bewegungsausmaß der Flexion (max. 27 Punkte), der Pronation
(max. 6 Punkte) und der Supination (max. 7 Punkte.) zu bestimmen. Daraus wurde der
Punktwert für die Beweglichkeit (max. 40 Punkte) wie folgt berechnet:
(∢Flexionswinkel x 0,2) + (∢Pronationswinkel x 0,1) + (∢Süpinationswinkel x 0,1)

Tabelle 8: Score nach Broberg und Morrey (Broberg u. Morrey 1987)
 Punkte
 Schmerz Keiner 35
 Mild 28
 Mäßig 15
 Stark 0
 Stabilität Normal 5
 Leicht vermindert (geschätzt durch den Patienten, keine Einschränkung) 3
 Mäßig vermindert (Einschränkung bei gewissen Tätigkeiten) 2
 Starker Verlust (Einschränkungen bei alltäglichen Tätigkeiten) 0
 Bewegung Grad der Flexion (0,2 x arc) max 27

 Grad der Pronation (0,1 x arc) max 6
 Grad der Supination (0,1 x arc) max 7
 Stärke Normal 20
 Leicht vermindert (geschätzt, nicht einschränkend, 80% der Gegenseite) 13
 Mäßig vermindert (beschränkt manche Tätigkeiten, 50% der Gegenseite) 5
 Stark vermindert (beschränkt alltägliche Tätigkeiten) 0
 Gesamt 100

Tabelle 9: Auswertung der Score nach Broberg und Morrey
 95 -100 Sehr gut
 80 – 94 Gut
 60 – 79 Mittelmäßig
 0 – 59 Schlecht
MATERIAL UND METHODIK 23

Mayo Elbow Performance Score
Die Mayo Elbow Perfomance Score (Morrey u. An 2009) ist ein häufig verwendetes
Instrument, um die Ellenbogenfunktion zu evaluieren. Es handelt sich um ein 100-
Punkte Bewertungssystem, bestehend aus vier Domänen. Diese Domänen gliedern sich
in die zwei subjektiven Bereiche Schmerz und Funktion und die zwei objektiv
erfassbaren Kriterien Bewegungsumfang und Stabilität. Die Gelenkstabilität (Valgus-
und Varusstresstest) ist graduiert in stabil (10 Punkte), leicht instabil (5 Punkte) und
instabil (0 Punkte). Zur Messung des Bewegungsumfangs wurde ein Goniometer
verwendet. Während der Patientenbefragung beschrieb der Patient, ob er keine (45
Punkte), leichte (30 Punkte), mittelschwere (15 Punkte) oder starke (0 Punkte)
Schmerzen hat.
Im Unterpunkt Funktion wurde er nach der Fähigkeit befragt fünf bestimmte
Tätigkeiten des alltäglichen Lebens auszuführen (Haare kämmen, selbstständiges
Essen, die Körperpflege, die Fähigkeit sich ein Shirt und Schuhe anzuziehen). Für jede
Fähigkeit wurden fünf Punkte vergeben. Auf diese Weise waren maximal 25 Punkte im
Bereich Funktion möglich. Die Punkte der vier Domänen wurden summiert und man
erhielt als Ergebnis Score-Werte zwischen 5 und 100.
Tabelle 10: Mayo Elbow Performance Score
 Punkte
 Schmerz Kein 45
 Geringer 30
 Moderater 15
 Starker 0
 Stabilität Stabil 10
 Etwas instabil 5
 Völlig instabil 0
 Bewegungs- ROM > 100 Grad 20
 umfang ROM 50 – 100 Grad 15
 (sagittal) ROM < 50 Grad 5
 Funktion Fähig, Haare zu kämmen 5
 Fähig, sich zu ernähren 5
 Fähig, die persönliche Hygiene auszuüben 5
 Fähig, Shirt anzuziehen 5
 Fähig, Schuhe anzuziehen 5
 Gesamt 100
MATERIAL UND METHODIK 24

Tabelle 11: Auswertung der Mayo Elbow Performance Score
 90 – 100 Hervorragend
 75 - 89 Gut
 60 – 74 Mittelmäßig
 0 – 59 Mangelhaft

Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH) Score
Der DASH-Fragebogen wurde 1996 entwickelt (Hudak et al. 1996) und ist seitdem ein
häufig verwendetes Mittel, um den Einfluss einer Verletzung oder einer bestimmten
Therapie an der oberen Extremität auf das alltägliche Leben des Patienten
einzuschätzen. Zu dem Hauptmodul des DASH-Fragebogen, bestehend aus 30 Fragen,
gehören zusätzlich die zwei optionalen Module Sport/Musik und Arbeit/Beruf aus je
vier Fragen. In den Fragen des Hauptmoduls werden neben den Einschränkungen
bestimmter Fähigkeiten, Beschwerden der oberen Extremität berücksichtigt.
Für jede Frage stehen die Zahlen 1 bis 5 als Ankreuzmöglichkeiten zur Verfügung.

Tabelle 12: Ankreuzoptionen des DASH-Score (Hudak et al. 1996)
 1 keine Schwierigkeiten/Symptome bzw. überhaupt nicht
 2 geringe Schwierigkeiten/Symptome bzw. ein wenig
 3 mäßigen Schwierigkeiten/Symptomen bzw. für mäßig
 4 erhebliche Schwierigkeiten/Symptome bzw. ziemlich
 5 nicht möglich bzw. sehr

Der Patient sollte den Fragebogen eigenständig gemäß seinem Zustand der
vergangenen Woche ausfüllen. Wurde eine Tätigkeit in der vergangenen Woche nicht
ausgeübt, sollte er die am ehesten zutreffende Antwort auswählen. Mit folgender
Formel wurde der DASH-Score berechnet, wobei n der Anzahl beantworteten Fragen
entspricht:
 Summe der n Antworten
DASH-Score = [( ) − 1] × 25
 
Wurden mehr als drei Fragen nicht beantwortet, so durfte ein DASH-Wert nicht
berechnet
werden.
MATERIAL UND METHODIK 25

Die optionalen Module Sport/Musik und Arbeit/Beruf wurden wie folgt berechnet:
 Summe der n Antworten
Modul-Score = [( ) − 1] × 25
 4
Für die Auswertung eines optionalen Moduls durften keine Antworten fehlen.
Die berechnete Gesamtscore des jeweiligen Moduls kann zwischen 0 und 100
einnehmen. Ein Ergebnis von 0 bezeichnet geringste Einschränkungen und der Wert
100 ist verbunden mit stärksten Einschränkungen.

2.7 Statistische Auswertung
Die gesammelten Patientendaten und Ergebnisse wurden in Excel-Tabellen gesammelt
und ausgewertet. Es handelte sich um eine nicht-normalverteilte Stichprobe, so dass
nicht-parametrische Tests angewandt wurden. Zur Berechnung der Signifikanz einer
Aussage bei einem p-Wert unter 0,05 wurde der Mann-Whitney-U-Test genutzt. Die
Korrelation zweier Merkmale wurde mit Hilfe des Rangkorrelationskoeffizienten nach
Spearman bewertet. Die mittels Excel erstellten Balken- und Kreisdiagramme dienten
der graphischen Darstellung der Resultate.
ERGEBNIS 26

3. Ergebnis
3.1 Auswertung der Patientendaten
Alter
Am Untersuchungstag waren die Patienten durchschnittlich 53,7± 9,4 Jahre alt
(Altersspanne von 36 bis 75 Jahre).

Das mittlere Patientenalter am Operations- und Verletzungstag betrug 50,7± 9,4 Jahre.
(Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et. al 2020).

20 Patienten (66,6%) waren im typischen Erkrankungsalter von 40 bis 60 Jahren. Je
fünf Patienten (16,6%) waren jünger als 40 Jahre und älter als 60 Jahre.

 14
 12
 12
 10 10
 10
 8
 8
 Anzahl

 6 5 5
 4
 4 3

 2 1 1

 0
 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80

 Alter am Op-/Verletzungstag Alter am Untersuchungstag

Abb. 15: Die distale Bizepssehnenruptur in Altersgruppen (Sportklinik Stutt-
gart, 2015) n=29

Händigkeit
Es wurden 4 (14%) Linkshänder und 25 (86%) Rechtshänder in der Studie untersucht.
In 16 Fällen (55%) war der rechte, in 12 Fällen (41%) der linke und in einem Fall waren
beide Arme (3%) betroffen. Insgesamt war in 62% die dominante Seite
(Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et al. 2020) und in 34,5% die nicht-
dominante Seite von der Ruptur betroffen.
ERGEBNIS 27

 20 18
 18
 16
 14
 12 10
 Anzahl

 10
 8
 6
 4
 2 1
 0
 dominanter Arm undominanter Arm beide Arme

Abb. 16: Von der distalen Bizepssehnenruptur betroffene Seite (Sportklinik
Stuttgart, 2015) n=29

Weitere Bizepserkrankungen und Risikofaktoren
Zwei Patienten hatten in ihrer Vorgeschichte eine Ruptur der distalen Bizepssehne der
gleichen Seite. Ein Patient hatte einen beidseitigen Sehnenabriss. Zur Gewährleistung
einer weiterhin ausreichend großen Studienpopulation, wurden die Patienten nicht
ausgeschlossen. Zudem gehört die Reruptur der Bizepssehne zu den schweren
Komplikationen einer Bizepsehenenruptur. Der entsprechende klinische Outcome
nach erneuter Refixierung ist kaum untersucht und deshalb von Interesse. Sonstige
relevante Nebenerkrankungen lagen nicht vor. Der Gebrauch von Cortison oder
Anabolika wurde von allen Patienten verneint.

 16 15

 14

 12

 10 9
 Anzahl

 8

 6
 4
 4

 2 1

 0
 Raucher Ex-Raucher Gelegenheitsraucher Nichtraucher

Abb. 17: Tabakkonsum im Rahmen einer distalen Bizepssehnenruptur
(Sportklinik Stuttgart, 2015) n=29
ERGEBNIS 28

Etwa die Hälfte der Patienten konsumierte in unterschiedlichem Maße Nikotin.
Im Mittel lag ihr Konsum bei 28,4±22,9 pack years (2 - 68 pack years).

Ursache des Sehnenabrisses

 anderes
 2
 Drehen 7%
 2
 7% Heben
 Abfangen 10
 2 33%
 7%

 Sturz
 3
 10%

 Sport
 4
 13%
 Ziehen
 7
 23%

Abb. 18: Kreisdiagramm zur Abrissursache der Bizepssehenruptur (Sportklinik
Stuttgart, 2015)
Bei 29 Studienpatienten kam es einmalig zu einer bilateralen Ruptur und somit zu insgesamt 30
Abrissen.

Am häufigsten führte das Heben (30%) und Ziehen (27%) eines schweren
Gegenstandes oder Sport (13%; Skifahren, Boxen, Fußball) zum Abriss der Bizeps-
sehne. Bei dem restlichen Drittel waren u.a. Stürze, Dreh- und Abfangbewegungen
ursächlich für die Verletzung.

Die zwei Rerupturen der Bizepssehne geschahen jeweils bei einer Bagatellbewegung
(Reißverschluss zuziehen, Drehung des Unterarms).
ERGEBNIS 29

Präoperative und postoperative Zeitintervalle
Das Intervall präoperativ zwischen Unfall und Operation betrug im Mittel 12,5± 18,5
Tage bei einem Median von 7 Tagen.

 100%
 17%
 Anteil der nachuntersuchten

 90%
 80%
 70% 23%
 Patienten

 60%
 50%
 30%
 40%
 30%
 20%
 30%
 10%
 0%

 Zeitraum zwischen Sehnenriss und Operation
 bis 4 Tage bis 7 Tage bis 11 Tage später

Abb. 19: Säulendiagramm über die präoperative Zeitdauer einer distalen
Bizepssehnenruptur (Sportklinik Stuttgart, 2015) n=29

Insgesamt wurden 60% der Sehnen innerhalb von sieben Tagen, 23% innerhalb elf
Tage und die restlichen 17% nach mehr als zwei Wochen operiert
(Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et al. 2020). Der Zeitraum zwischen
Operation und Nachuntersuchung betrug im Mittel 36±18,7 Monaten (16 - 117
Monate). 26,7% der Bizepssehnen wurden ein bis zwei Jahre, 30% zwei bis drei Jahre,
30% drei bis vier Jahre und 13,3% nach vier Jahren postoperativ untersucht.

Die Behandlung im Krankenhaus dauerte zwischen zwei und vier Tage und betrug
durchschnittlich 2,6 ±0,7 Tage. Der Entlassungstag wurde, wie in der Berechnung
üblich, nicht mitgezählt.

3.2 Kraft
Die Untersuchungen erfolgten im Seitenvergleich. Der Messwert des gesunden Arms
sollte die ursprüngliche Kraft vor dem Bizepssehnenabriss repräsentieren. Daher
wurde der Studienteilnehmer mit beidseitiger Ruptur von diesen Messungen
ausgeschlossen.
ERGEBNIS 30

Mit Ausnahme eines Patienten erreichten alle Studienteilnehmer in der körperlichen
Untersuchung den Kraftgrad 5, d.h. volle Muskelkraft, in allen Bewegungsachsen. Ein
Patient zeigte den Kraftgrad 4 am operierten Arm in der Flexions- und
Supinationsbewegung.

Kraftmessung der Supination mit einem Dynamometer
„Die Kraft des nicht-betroffenen Arms betrug im Mittel 61±13,7 N und die des
betroffenen Arms 50,5N±15,5. Mit einem p-Wert von 0,005 war dieser
Kraftunterschied signifikant.“ (Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et al. 2020)
Betrachtet man die Kraft des gesunden Arms, als die ursprüngliche Kraft des von der
Ruptur betroffenen Arms, so wurde mit Hilfe der Operation durchschnittlich 83% der
ursprünglichen Kraft zurückerlangt. Fünf Patienten (18%) erreichten ihre
ursprüngliche Kraft im Seitenvergleich vollständig zurück (Erstveröffentlichung in
Krickl und Zenner et al. 2020).

 70 p=0,005
 61
 60

 50,5
 Supinationskraft in Newton

 50

 40

 30

 20

 10

 0
 nicht-betroffener Arm betroffener Arm

Abb. 20: Supinationskraft nach refixierter distaler Bizepssehnenruptur im
Seitenvergleich (Sportklinik Stuttgart, 2015) n=29
Basierend auf einer Abbildung aus Springer Obere Extremität „Distale Bizepssehnenrüptür“, Krickl, V.,
Zenner, J., Huth, J. und Mauch F., Copyright 2020, advance online publication, 19. März 2020 (doi:
10.1007/s11678-019-00552-1 Obere Extrem)
ERGEBNIS 31

3.3 Sport
Die Mehrheit der Studienteilnehmer (83%, 24 Patienten) waren in den Wochen vor der
Untersuchung sportlich aktiv. Fünf Patienten (17%) betrieben gar keinen Sport. Ihre
Angaben zu den folgenden Stichpunkten wurden daher nicht berücksichtigt.

3.3.1 Sportart
Es konnten mehrere Sportarten gleichzeitig genannt werden (maximal 3).
 18
 16
 16
 14
 12
 Anzahl

 10
 8
 6 5 5
 4
 4 3 3
 2 2
 2 1 1 1 1 1 1
 0

Abb. 21: Übersicht aller postoperativ nach distaler Bizepssehnenruptur
ausgeübten Sportarten (Sportklinik Stuttgart, 2015) n=29
Eine Mehrfachnennung verschiedener Sportarten war möglich.

Die größten Defizite sind in Sportdisziplinen zu erwarten, welche mit den Armen
ausgeübt werden. Sie sind in dieser Studienpopulation gut repräsentiert: 15 von 24
sportlich tätigen Studienteilnehmern (62,5%) nannten eine solche Disziplin.

3.3.2 Aktivitätslevel
Die meisten Patienten (15 Patienten, 52%) trieben 1-5 Stunden pro Woche Sport und
zeigten somit eine mittlere sportliche Aktivität nach Valderrabano. 21% der Patienten
trieben geringfügig Sport. Nur 2 Teilnehmer (7%) waren sportlich gering aktiv. Der
Mittelwert des Sportgrades war 1,9±0,9.
ERGEBNIS 32

 1
 3% 5
 6 17%
 21%
 2
 7%

 15
 52%

 Grad 0 = keine sportliche Aktivität
 Grad 1 = geringe sportliche Aktivität (< 1h/Woche)
 Grad 2 = mittlere sportliche Aktivität (1-5h/Woche)
 Grad 3 = hohe sportliche Aktivität (>5h/Woche)
 keine Angabe

Abb. 22: Sportlicher Aktivitätsgrad postoperativ nach distaler
Bizepssehnenruptur enstprechend der Einteilung von Valderrabano, gemessen
an der sportlichen Aktivität in Stunden pro Woche (Sportklinik Stuttgart, 2015)
n=29

3.3.3 Rückkehr zum sportlichen Niveau

 2
 1 8%
 4%

 7
 29% 14
 59%

 Sportfähigkeit wird zu 100% wiedererlangt= Stufe 1
 Sportfähigkeit wird > 90% wiedererlangt = Stufe 2
 Sportfähigkeit wird > 70% wiedererlangt = Stufe 3
 keine Angabe

Abb. 23: Rückkehr zur Sportfähigkeit nach Rhee postoperativ nach distaler
Bizepssehnenruptur (Sportklinik Stuttgart, 2015)
Von 29 Studienpatienten, waren 24 Teilnehmer sportlich aktiv.
ERGEBNIS 33

88 %, d.h. 21 Patienten erreichten mehr als 90% ihres ursprünglichen Niveaus. 59%
erreichten die komplette Sportfähigkeit zurück (Erstveröffentlichung in Krickl und
Zenner et al. 2020).

 16
 14
 12
 10 7
 Anzahl

 8
 6
 3
 4
 7
 2 4
 0 1
 Sportfähigkeit wird zu 100% Sportfähigkeit wird > 90% Sportfähigkeit wird > 90%
 wiedererlangt = Stufe 1 wiedererlangt = Stufe 2 wiedererlangt = Stufe 2

 armbetonte Sportart genannt nur beinbetonte Sportart genannt

Abb. 24: Rückkehr zur Sportfähigkeit nach Rhee mit Angabe der Sportart
postoperativ nach distaler Bizepssehnenruptur (Sportklinik Stuttgart, 2015)
Die Abbildung stellt dar, in welchem Maße 22 von 29 Studienteilnehmern ihre Sportfähigkeit
wiedererlangten.

Im Mittel hatten die Patienten den Wert 1,4±0,6 in der Sportstufe. Auch Teilnehmer,
welche Disziplinen mit Armgebrauch angaben, hatten ein ähnliches Ergebnis. Ihr
Mittelwert betrug 1,5±0,7.

2.3.4 Sport-Modul des Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand
Score
Das Ergebnis des DASH-Score befindet sich in Kapitel 3.4.3 auf Seite 36.

Im Sportmodul des DASH-Score gaben die Patienten die vordringlich ausgeübte
Sportart an und füllten den Fragebogen dann in Bezug dazu aus. Insgesamt füllten 21
Patienten (72%) den Fragebogen korrekt aus.
ERGEBNIS 34

 6

 5

 4
 Anzahl

 3
 5 1
 2
 3 1
 1 2 2
 1 1 1 1 1 1 1
 0

 Sport-DASH = 0 Sport-DASH ≥ 0

Abb. 25: Übersicht der bevorzugten Sportarten mit Sport-DASH-Wertung des
Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH)-Score nach distaler
Bizepssehnenruptur postoperativ (Sportklinik Stuttgart, 2015) n=29

18 Patienten (86%) konnten ihre bevorzugte Disziplin in gewohnter Art und Weise,
ohne Schmerzen, mit gleicher Leistung und in gleichem Umfang wie vor ihrer
Verletzung ausüben. Die anderen drei hatten diesbezüglich Einschränkungen. Sie
betrieben Sportarten, in denen eine überdurchschnittliche Belastbarkeit und
Funktionstüchtigkeit der Arme wichtige Voraussetzung sind. Es erreichte je einer den
Wert 18,75 bei Boxen; 31,3 im Fitnesstraining und maximal 37,5 bei Tennis (Insgesamt
Mittelwert= 4,2, SD=10,9, Median=0). Je höher das Ergebnis, desto mehr
Schwierigkeiten gab es bei der jeweiligen Sportausübung.

„Betrachtet man nur die Sportarten, welche auch einen Armgebrauch voraussetzen
(wie Fitness, Tennis, Boxen, Schwimmen, Tischtennis, Golf und Handball), so konnten
70 % dieser Patienten ohne Einschränkungen ihren Sport betreiben.“
(Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et al. 2020).

Sportarten ohne Armgebrauch sind von einer Bizepssehnenruptur vollständig
unbeeinträchtigt.
ERGEBNIS 35

3.4 Alltag

3.4.1 Score von Broberg und Morrey
 120

 97 100
 100

 80
 Score-Wert

 60

 40

 20

 0
 betroffener Arm gesunder Arm

Abb. 26: Mittelwerte des Broberg und Morrey Score beider Arme postoperativ
nach distaler Bizepssehnenruptur (Sportklinik Stuttgart, 2015) n=29
Der Fragebogen, untergliedert in Schmerz, Stabilität, Bewegung und Stärke, bewertet das
Operationsergebnis und konnte höchstens 100 Punkte erreichen.

Der Broberg und Morrey Score betrug am operierten Arm im Mittel 97±4,7 und am
gesunden 100±0 (Werteintervall 84-100). Es gab keinen signifikanten Unterschied
(p=0,3) (Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et al. 2020).

 9
 32%

 19
 68%

 sehr gut (95-100 Punkte) gut (80-94 Punkte)

Abb. 27: Ergebnis des Broberg und Morrey Score des betroffenen Arms
postoperativ nach distaler Bizepssehnenruptur (Sportklinik Stuttgart, 2015)
n=29
Somit hatten 68% der Studienteilnehmer ein sehr gutes und 32% ein gutes Ergebnis
ERGEBNIS 36

3.4.2 Mayo Elbow Performance Score
Der Score erfasst dauerhafte Schmerzen in Ruhe, den Flexionswinkel, die
Ellbogenstabilität und bestimmte alltägliche Fähigkeiten (Haare kämmen, sich
ernähren, sich waschen, Shirt anzuziehen, Schuhe anzuziehen). Kein Patient hatte in
diesen Bewertungskriterien Einschränkungen, so dass alle Patienten im Mayo Elbow
Performance Score am nicht-operierten und operierten Arm den Wert 100 (Mittelwert
100±0) erreichten. Dies ist das bestmögliche Resultat.

3.4.3 Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH)-Score
28 DASH-Fragebögen wurden korrekt bearbeitet und anschließend ausgewertet. 39%
der Patienten hatten den Wert Null, 50% Werte von null bis fünf und 11% Werte
zwischen 10 und 20 als Ergebnis. Die Ergebnisse lagen zwischen 0 und 17,1. Der
Mittelwert betrug 2,81±4,39 (Erstveröffentlichung in Krickl und Zenner et al. 2020).

 Dash-Wert > 10 3

 5 < Dash-Wert ≤ 10 0

 0 < Dash-Wert ≤ 5 14

 Dash-Wert = 0 11

 0 2 4 6 8 10 12 14 16
 Anzahl

Abb. 28: Ergebnis des Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH)-Score
postoperativ nach distaler Bizepssehnenruptur (Sportklinik Stuttgart, 2015)
n=29
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