Strategie Kanton Aargau energieAARGAU - Departement Bau, Verkehr und Umwelt
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Strategie Kanton Aargau energieAARGAU Beschlossen vom Grossen Rat am 2. Juni 2015 Departement Bau, Verkehr und Umwelt 1 Kolumnentitel
Vorwort Vorwort Gutes Klima für den Aargau Der Name Energiekanton ist Auftrag und Ruf zugleich. Seit rund hundert Jahren produziert der Aargau mit seinen Flusskraftwerken an Rhein, Aare, Reuss und Limmat das wertvolle Gut Strom. Während für die Generation unserer Eltern und Grosseltern die ausreichende Energieversorgung im Zentrum des Interesses stand, geht es heute viel- Stephan Attiger mehr um Aspekte, die den Schutz der Umwelt, des Regierungsrat Lebens und der natürlichen Ressourcen betreffen. So stellen sich für die Politik, die Wissenschaft und die Gesellschaft ganz neue Aufgaben. Sorgen bereiten die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und damit verbunden die Erwärmung der Erdatmosphäre sowie die steigende Nachfrage nach Energie. Kaum ein anderes Thema hat derzeit das Potenzial, so einschneidende politische Verände- rungen hervorzubringen wie die nachhaltige Energie- versorgung unserer Gesellschaft. Auch die Kantone stehen in der Pflicht, in der Schweiz nachhaltige Veränderungen herbeizuführen. Sie sind neben dem Bund die Schlüsselakteure beim Erreichen der klima- und energiepolitischen Ziele. Für die Sicherung und Weiterentwicklung unseres Energiesystems sind neue Technologien und Lösungen gefragt. Als Energiekanton trägt der Aargau dabei besondere Verantwortung. Jedoch wäre es zu einseitig, das Etikett «Energiekanton» bloss der Stromproduktion zuzuschreiben, nimmt doch der Aargau seit jeher eine starke Stellung in der Elektro- und Elektronikindustrie ein. Diese Position wollen wir im Rahmen des Programms Hightech Aargau weiter ausbauen. Wie jede Strategie weist auch die vorliegende kantonale Energiestrategie in die Zukunft. Mit ihr stellen wir die Weichen für die bevorstehenden Veränderungen. Stephan Attiger Regierungsrat 3
Inhalt Inhalt Seite Vorwort 3 Zusammenfassung 7 1 Einleitung 8 1.1 Ausgangslage 8 1.2 Rahmenbedingungen 9 1.3 Energiestatistik und Potenziale 13 1.4 Ziele des Bundes 16 1.5 Handlungsbedarf 17 2 Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik 18 2.1 Die drei kantonalen Leitlinien 18 2.2 Die vier kantonalen Hauptziele 20 3 Handlungsfelder und Strategien 24 3.1 Handlungsfeld: Wasserkraft (erneuerbare Energien) 25 3.2 Handlungsfeld: Neue erneuerbare Energien 30 3.3 Handlungsfeld: Nicht erneuerbare Energien 37 3.4 Handlungsfeld: Gebäude 43 3.5 Handlungsfeld: Prozesse 49 3.6 Handlungsfeld: Mobilität 53 3.7 Handlungsfeld: Versorgungssicherheit und Energiespeicherung 57 3.8 Handlungsfeld: Querschnittsaufgaben 64 4 Umsetzung 67 4.1 Gestalterische Freiräume der Kantone 67 4.2 Zusammenarbeit mit Dritten 67 4.3 Auswirkungen auf das Energiegesetz 68 Abbildungsverzeichnis und Anhang 70 4
Zusammenfassung Zusammenfassung Die vorliegende Energiestrategie energieAARGAU Der modulare Aufbau in Form von acht Handlungs- zeigt die Stossrichtung der kantonalen Energiepolitik feldern – welche grösstenteils der energetischen für einen Zeithorizont von zehn Jahren auf. Sie ersetzt Wertschöpfungskette folgen – soll die zukünftige den Planungsbericht aus dem Jahr 2006. Planung und Beratung im Parlament erleichtern. Jedes Handlungsfeld ist möglichst selbsterklärend Bei der Überarbeitung der Strategie wurden der Ent- und eigenständig dargestellt und enthält – neben scheid von Bundesrat und Parlament zum Ausstieg den bereits erwähnten Strategien – jeweils Ziele und aus der Kernenergie, die Energiestrategie 2050 des Zielpfade sowie Massnahmen. Dadurch können Bundes, die Entwicklungen der Energie- und CO2 - einzelne Massnahmen in mehreren Handlungsfeldern Märkte und weitere nationale und internationale vorkommen. Entwicklungen berücksichtigt. Die Strategie ist abgestimmt mit den übrigen kantonalen Strategien Die aufgeführten Massnahmen zeigen auf, wie der und Konzepten in den Gebieten der Raumplanung, Kanton Aargau in Zukunft die ihm übertragenen der Mobilität und der Umwelt. Aufgaben angehen wird. Die Unterscheidung von bereits laufenden bzw. von weiterführenden Mass- Die Energiepolitik wird in wesentlichen Teilen vom nahmen soll verdeutlichen, in welchen Bereichen Bund bestimmt. Der Kanton Aargau will aber in der Kanton Aargau bereits aktiv ist und wo es noch seinen Kompetenzbereichen die Möglichkeiten nutzen, Potenziale gibt, um die Ziele einer nachhaltigen die übergeordneten Zielsetzungen des Bundes Gesellschaft zu erreichen. zu unterstützen. Im Zentrum stehen die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau der erneuer- baren Energien mit einem Schwerpunkt im Gebäude- bereich. Aus diesem Grund orientiert sich die Aargauer Energiepolitik an Leitlinien, welche auf den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit basieren und auf den Erhalt der Versorgungssicherheit abzielen, aber auch auf die Stärkung des Energiekantons. 18 Strategien in den Bereichen Strom- und Wärme- erzeugung, Energieverbrauch sowie übergreifende Aufgaben bilden hierfür die Grundlage. Die in Kapitel 2 präsentierten Leitlinien definieren den Rahmen für die vier übergeordneten kantonalen Ziele, welche auf den Zielen der Energiestrategie 2050 des Bundes basieren. Im Kapitel 3 werden die 18 Strategien – eingebettet in acht Handlungsfelder – vorgestellt und erläutert. 5
Einleitung 1 Einleitung 1.1 Ausgangslage zusammengefasst, sodass eine koordinierte Beratung durch den Grossen Rat vereinfacht wird. Das Die Energiestrategie energieAARGAU als Planungs- Energiegesetz sieht eine Überprüfung und allfällige bericht gemäss § 8 GAF 1 zeigt die Stossrichtung Anpassung der kantonalen Ziele und Massnahmen der kantonalen Energiepolitik für einen Zeithorizont mindestens alle fünf Jahre vor. von zehn Jahren auf. Sie basiert auf dem kantonalen Entwicklungsleitbild 2013 – 2022 und ersetzt energie- Kompetenzbereich der Kantone AARGAU aus dem Jahr 2006. Gleichzeitig erfüllt Die Kantone verfügen in der Energiepolitik über einen sie den Auftrag von § 13 des Energiegesetzes, wonach beschränkten Handlungsspielraum, da sie in wesent- der Regierungsrat eine kantonale Energieplanung lichen Teilen vom Bund bestimmt wird. Der Kanton auszuarbeiten hat. Obwohl im Energiebereich gegen- Aargau will aber die ihm zustehenden Kompetenzen – wärtig noch zahlreiche politische Fragen offen insbesondere im Gebäudebereich, bei der Wasserkraft, sind, soll mit der Erstellung einer kantonalen Energie- der Energieversorgung und -nutzung und im Bereich planung nicht länger zugewartet werden. der Information und Kommunikation – nutzen. Er unter- stützt damit auch die Zielsetzungen des Bundes. Im Die Strategie aus dem Jahr 2006 hat in ihrer Grund- Rahmen seines Kompetenzbereichs kann der Kanton ausrichtung nach wie vor Gültigkeit. Wichtige direkt im Sinne der kantonalen Energiestrategie Rahmenbedingungen haben sich jedoch mit der Ener- Einfluss nehmen. Wo der Kanton über keine direkten giestrategie 2050 des Bundes und dem Entscheid Kompetenzen verfügt, kann er mit Stellungnahmen zum Ausstieg aus der Kernenergie geändert, sodass versuchen, seinen Einfluss geltend zu machen. eine Aktualisierung der Energiestrategie des Kantons Aargau angebracht ist. Zielpublikum Der Grosse Rat bestimmt mit diesem Planungsbericht Die Energiestrategie und die kantonale Energie- die strategische Ausrichtung im Energiebereich planung sind als Planungsbericht in einem Dokument (§ 8 Abs. 1 GAF). Er legt damit die mittelfristigen Ziele Abbildung 1: Zeithorizont Energiestrategie 2010 2020 2030 2040 2050 Energiestrategie Bund 2050 Erstes Massnahmenpaket Bund 2035 Kantonales Entwicklungsleitbild 2013 – 2022 Kantonale Energiestrategie 10 Jahre (energieAARGAU) Überprüfung der Zielerreichung (kantonale Energieplanung) 5 Jahre Aufgaben- und Finanzplanung (AFP) 1 + 3 Jahre fortlaufend 1 612.300 – Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF). 6
Einleitung in Anlehnung an die Vorgaben des Bundes fest und Er fördert die Entwicklung von Energietechniken, zeigt auf, mit welchen Massnahmen der Kanton die insbesondere in den Bereichen der Energieeffi- Ziele im Aufgabenbereich AB 615 (Energie) erreichen zienz und der erneuerbaren Energien. Die Kantone will (§§ 2 Abs. 2 und 13 EnergieG). sind vor allem für den Gebäudebereich zuständig. Die kantonale Energiestrategie richtet sich aber auch an die Gemeinden, die Bevölkerung, die Wirtschaft 1.2.1 Verbindung mit bestehenden Konzepten und Organisationen, die alle von einer sicheren, wirt- schaftlichen und nachhaltigen Energieversorgung Entwicklungsleitbild abhängig sind. Mit dem Entwicklungsleitbild 2013 – 2022 hat der Regierungsrat ein übergeordnetes Planungs- Energiekanton Aargau instrument geschaffen. Darin ist das Ziel verankert, Der Kanton Aargau ist in der Schweiz als Energie- die Energiepolitik nachhaltig zu gestalten. Die kanton bekannt. Als Pionier der Wasserkraftnutzung überarbeitete Energiestrategie richtet sich daher nach und Gründungsmitglied der heutigen Axpo kann er wie vor in sämtlichen Themen nach den Prinzipien auf eine mehr als 100-jährige Geschichte im der Nachhaltigkeit. Die Strategien versuchen jeweils Energiebereich zurückblicken. Seit dem Einstieg der eine Balance zwischen wirtschaftlichen, gesell- Schweiz in die Kernenergie 1969 wurden drei der schaftlichen und ökologischen Interessen zu finden. fünf Kernkraftwerke auf dem Kantonsgebiet gebaut. Diese decken rund 35 % des gesamtschweize- Frühere kantonale Konzepte rischen Strombedarfs. So überrascht es nicht, dass Das erste Energiekonzept des Kantons Aargau von sich der Aargau zu einem einzigartigen Standort 1975 /76 wurde parallel zur Energiekonzeption mit Energieforschungsinstituten, Fachhochschule, des Bundes erarbeitet. Als Folge der Erdölkrise 1973 Energie- und Elektrotechnik-Unternehmen und sollte die einseitige Abhängigkeit der Schweiz zahlreichen innovativen KMU entwickelt hat. Damit vom Erdöl (damals basierten 80 % des Endenergie- besitzt der Kanton Aargau gute Voraussetzungen, verbrauchs auf Erdölprodukten) reduziert werden. einen wesentlichen Beitrag zur Energiestrategie 2050 Ein weiterer Eckpfeiler bestand darin, eine wirtschaft- des Bundes zu leisten. liche und sichere Energieversorgung zu gewährleisten. Das Energiekonzept von 1987 wurde im Hinblick auf einen zweiten Anlauf zu einem kantonalen 1.2 Rahmenbedingungen Energiegesetz in Auftrag gegeben. Mit dem Ziel, die Akzeptanz für ein überarbeitetes Energiegesetz zu Die Kompetenzen von Bund und Kantonen in verbessern, wurde das Konzept im Wesentlichen auf Energiefragen werden in Artikel 89 der Bundes- der ersten Ausgabe von 1975 /76 aufgebaut. verfassung beschrieben: Bund und Kantone setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für Mit der Energiestrategie energieAARGAU aus eine sichere, breit gefächerte, wirtschaftliche dem Jahr 2006 wurde die Energiepolitik dann an die und umweltverträgliche Energieversorgung sowie Entwicklungen im Bereich der Strommarktlibera- für einen sparsamen und rationellen Energie- lisierung und der Klimapolitik angepasst. Basierend verbrauch ein. Der Bund legt dabei die Grundsätze auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit wurden strate- fest und erlässt Vorschriften für den Energie- gische Schwerpunkte und Umsetzungsmöglich- verbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten. keiten für die aargauische Energiepolitik festgelegt. 7
Einleitung Energiestrategie 2050 Bund welche ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Am 28. September 2012 hat der Bund im Rahmen der Folgen durch die Umsetzung entstehen. Die vorliegen- Energiestrategie 2050 ein erstes Massnahmenpaket de Energiestrategie des Kantons Aargau nimmt die für den schrittweisen Umbau der schweizerischen Resultate und Erkenntnisse des Energie Trialogs auf. Energieversorgung in die Vernehmlassung geschickt. Der Bundesrat will damit den Energieverbrauch Hightech Aargau pro Person senken, den Anteil fossiler Energie redu- Hightech Aargau ist ein breit abgestütztes Programm zieren und die nukleare Stromproduktion durch zur Unterstützung des Wirtschaftsstandorts Aargau. Effizienzgewinne und den Zubau erneuerbarer Energie Es fördert in erster Linie den Austausch und die ersetzen. Die Energieforschung soll verstärkt, und Zusammenarbeit zwischen KMU, international aus- mögliche Stromlücken sollen vorübergehend durch gerichteten Unternehmen, Hochschulen sowie For- Gaskraftwerke und Stromimporte gedeckt werden. schungseinrichtungen mit dem Ziel, den Unternehmen einen optimalen Zugang zu den besten verfügbaren Für die Zeit nach 2020 plant der Bundesrat eine Technologien zu ermöglichen. Mit gesteigerter Inno- weitere Etappe, in der die Klima- und die Energie- vation soll die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit politik gemeinsam neu ausgerichtet werden sollen. der Aargauer Wirtschaft erhöht werden. Mit einer ökologischen Steuerreform soll das Förder- system kontinuierlich in Richtung eines Lenkungs- Die kantonale Energiestrategie gibt mit den strate- systems entwickelt werden. Steuerliche Instrumente gischen Zielen vor, wie der Kanton Aargau die sollen einen Anreiz schaffen, die Energieeffizienz zukünftige Energieversorgung nachhaltig gestalten zu verbessern und den Energieverbrauch zu senken. will. In sämtlichen Bereichen, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energie- Energie Trialog «Neue Energiepolitik» effizienz, sind beträchtliche Herausforderungen Der Kanton Aargau, economiesuisse und der zu meistern. Neue Märkte entstehen, bestehende WWF Schweiz haben in den Jahren 2012 / 2013 einen werden umgestaltet. Dazu werden im Bereich der zweiten Energie Trialog 2 durchgeführt und rund Energietechnologie dringend innovative Produkte 15 Verbände und NGOs zu einem fachlichen Austausch und Dienstleistungen benötigt. Mit Hightech Aargau zur bundesrätlichen Energiestrategie eingeladen. soll der Kanton Aargau diese Herausforderung als Ziel war es, auf Basis der Energiestrategie 2050 wirtschaftliche Chance nutzen können. einen breit abgestützten, sachlichen Beitrag zur politischen Meinungsbildung und Entscheidungs- findung in Parlament und Gesellschaft zu erarbeiten. 1.2.2 Internationale Entwicklungen Der Schlussbericht vom 23. August 2013 enthält Die Schweizer Energieversorgung ist heute zu rund die gemeinsam erarbeiteten Erkenntnisse, die 80 % von Importen aus dem Ausland abhängig. Einschätzungen der teilnehmenden Verbände und Daher ist die Schweiz eng mit den internationalen benennt offene Fragen zuhanden des Bundes. Energiemärkten verflochten und stark von deren Es zeigte sich, dass die Energiestrategie 2050 von Entwicklung abhängig. Die Schweizer Energiepolitik allen Beteiligten grundsätzlich als technisch mach- ist somit vor grosse internationale Herausforderungen bar betrachtet wird. Eine erfolgreiche Umsetzung gestellt. Für die Aufrechterhaltung der Schweizer ist aber in hohem Mass von noch zu treffenden Versorgungssicherheit und das Erreichen der Nach- politischen Entscheiden und deren Akzeptanz in der haltigkeitsziele ist daher eine enge Zusammenarbeit Bevölkerung abhängig. Noch wird nicht aufgezeigt, mit dem Ausland unabdingbar. 2 Der erste Energie Trialog wurde 2009 durchgeführt. Vgl. www.energiestrategie.ch 8
Einleitung Globale Nachfrageentwicklung Globale Preisentwicklung Der globale Verbrauch an Primärenergie hat sich Die Preise für die Energierohstoffe Rohöl, Kohle zwischen 1973 und 2012 mehr als verdoppelt und Erdgas unterliegen unterschiedlich starken und beträgt heute etwa 12 476 Millionen Tonnen Schwankungen und haben sich in den vergangenen Öläquivalente (Mtoe) 3. Der weltweit wichtigste Jahren verschieden entwickelt. Während beim Energieträger ist nach wie vor Erdöl (33 %), gefolgt Erdöl seit Langem steigende Preise zu beobachten von Kohle (30 %) und Erdgas (24 %). Die Kern- sind, führen beim Erdgas neue Fördertechniken energie (4 %) spielt global eine untergeordnete Rolle. und neu entdeckte Ressourcen vor allem in Nord- Erneuerbare Energien decken weltweit 8,6 % des amerika in den letzten Jahren zu tieferen Preisen. Verbrauchs 3. Während der Primärenergieverbrauch Als Folge davon ist auch der Preis für Kohle unter der OECD-Staaten, zu denen auch die Schweiz zählt, Druck geraten. leicht rückläufig war, nahm er in den Nicht-OECD- Staaten in den letzten 10 Jahren um etwa 4,5 % zu. In Europa hat sich in den vergangenen Jahren ein Der gesamtschweizerische Anteil am globalen Primär- funktionierender Erdgasmarkt entwickelt, dessen energiebedarf beträgt mit 14,2 Mtoe rund 0,1%. Preisbildung von globalem Angebot und Nachfrage nach Erdgas beeinflusst wird. In der Folge hat sich Trotz aller Bemühungen in den Industrieländern, über dadurch die klassische Preisbindung von Erdgas an Effizienzverbesserungen und Energiesparprogramme das Erdöl gelockert. Importe von billiger Kohle nach den Energieverbrauch zu senken, wird erwartet, dass Europa beeinflussen zudem die aktuelle Strompreis- der globale Energieverbrauch durch den Nachhol- entwicklung. bedarf, die wirtschaftliche Entwicklung und den hohen Bevölkerungsanstieg in den Schwellenländern bis Rohstoffreserven 2035 drastisch steigen wird. Nach Schätzungen der Vor dem Hintergrund des rasanten Anstiegs des internationalen Energieagentur (IEA) könnte er bis Weltenergiebedarfs und dem damit verbundenen 2035 um mehr als ein Drittel ansteigen 4. Etwa 60 % Preisanstieg für Energierohstoffe stellt sich die dieser Zunahme entfallen dabei auf China, Indien Frage nach den noch gewinnbaren Vorräten. Dabei und den Nahen Osten (siehe Abbildung 2). ist es sinnvoll, zwischen Reserven und Ressourcen Abbildung 2: Erwarteter Anstieg des globalen Primärenergiebedarfs bis 2035 5 Mtoe 4500 China 4000 Indien 3500 sonstiges Asien 3000 Russland 2500 Naher Osten 2000 übrige Welt 1500 OECD 1000 500 0 2000 2010 2015 2020 2025 2030 2035 3 Vgl. «BP Statistical Review of World Energy» Juni 2013. 4 Vgl. IEA World Energy Outlook 2012. 5 Vgl. IEA World Energy Outlook 2011. 9
Einleitung zu unterscheiden. Als Reserven gelten nachgewie- sogenannten «20-20-20-Ziele», die bis zum Jahr sene Vorkommen, die unter den aktuellen Rahmen- 2020 Folgendes anstreben: bedingungen wirtschaftlich gefördert werden können. Ressourcen hingegen basieren vorwiegend – eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um auf Schätzungen und können gegenwärtig noch mindestens 20 % gegenüber 1990 nicht wirtschaftlich gefördert werden. – eine Steigerung der Energieeffizienz um rund 20 % – sowie einen Anteil der erneuerbaren Energien am Aufgrund der vorhandenen Reserven, Ressourcen Gesamtenergieverbrauch von 20 % und Infrastrukturen sollte die Versorgung mit fossilen Rohstoffen für die nächsten Jahre gesichert sein. Mit ihrer Energiestrategie stützt sich die EU seit 2010 Politische Instabilitäten in den Förderländern, eine weiterhin auf die Schwerpunkte Energieeffizienz, Unterbrechung der Transportwege und eine zu Energiebinnenmarkt, Verbraucherschutz, Forschung starke Abhängigkeit von den Förderländern können und Entwicklung sowie die Stärkung der Energie- jedoch zu einem rasanten Preisanstieg oder einer aussenbeziehungen der EU. temporären Verknappung führen. Der Schaffung und Vollendung eines europaweiten Entwicklungen in Europa Energiemarkts kommt auf allen Ebenen eine wesent- Die EU-Mitgliedstaaten verabschiedeten 2007 die liche Rolle zu. Damit der Binnenmarkt für Strom Abbildung 3: Gesamtpotenzial der Energierohstoffe 2012 6 7902 3102 2083 1418 8151 4884 17379 98 175 194 653 2247 4249 10 666 3152 1223 7632 2204 7473 854 1936 187 670 8097 Reserven (39 910 EJ) kumulierte Förderung 2012 (508,5 EJ) Ressourcen (521 521 EJ) 6 1 Exajoule [EJ] = 1000 Petajoule [PJ] = 1018 Joule [J]. 10
Einleitung und Gas funktioniert und der notwendige grenzüber- Gesprächen mit der EU die Absicherung ihrer schreitende Netzausbau und die Integration der Stellung im europäischen Energiemarkt im Vorder- Ländernetze gefördert werden, wurden auf europä- grund. Seit 2007 verhandelt die Schweiz mit der ischer Ebene entsprechende Rahmenbedingungen EU über ein Stromabkommen. Fernziel der Verhand- geschaffen. lungen ist ein umfassendes Energieabkommen mit der EU, welches neben Elektrizität auch Themen Schweiz / EU wie Energieinfrastruktur, Energieeffizienz und Erdgas Durch die Verflechtung der Energiemärkte ist die umfassen soll. Schweiz von der europäischen Entwicklung im Energiebereich (Europäischer Energiebinnenmarkt) unmittelbar betroffen. Der Grundsatzentscheid des Bundesrates vom 25. Mai 2011 zum schrittweisen 1.3 Energiestatistik und Ausstieg aus der Kernenergie bedingt eine Neuaus- richtung der Schweizer Energieversorgung. Dem Potenziale Stromaustausch mit den Nachbarländern wird dabei eine noch bedeutsamere Rolle zukommen. 1.3.1 Entwicklung von Produktion Die Schweiz hat daher grosses Interesse an einer und Verbrauch Abstimmung zwischen den schweizerischen und den europäischen Energiemärkten. Die Themen der Nationale Ebene Zusammenarbeit reichen dabei von der Sicherung Mit Ausnahme von Wasserkraft und Energieholz der Versorgung in Europa über die Förderung verfügt die Schweiz über geringe Vorkommen an erneuerbarer Energien bis hin zu Fragen der Energie- klassischen Energierohstoffen. Sie ist damit zu 80 % effizienz und der Forschungszusammenarbeit. auf Importe angewiesen. Importiert werden Erdöl (Rohöl, Brenn- und Treibstoffe), Erdgas, Kohle und Da die Schweiz ihrerseits als Stromdrehscheibe und Kohleprodukte, nukleare Brennelemente und im Transitland im europäischen Energiemarkt bereits Winterhalbjahr Elektrizität. Der gesamtschweizeri- seit Jahren eine Schlüsselrolle spielt, steht bei den sche Energieverbrauch hat sich seit den 1950er Abbildung 4: Endenergieverbrauch nach Energieträgern 7 Endverbrauch nach Energieträgern [TJ] 1 000 000 Übrige erneuerbare Energien Fernwärme 800 000 Elektrizität Gas 600 000 Erdöltreibstoffe Erdölbrennstoffe 400 000 Müll und Industrieabfälle 200 000 Kohle und Koks Holz und Holzkohle 0 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 7 Quelle: BFE, Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012. 11
Einleitung Jahren mehr als verfünffacht (vgl. Abbildung 4). Im Kantonale Ebene Jahr 2012 lag der Endverbrauch bei rund 874 PJ Die vollständige Importabhängigkeit bei den fossilen (243 TWh), wovon die elektrische Energie knapp ein Energieträgern und den Kernbrennstoffen gilt Viertel ausmacht (rund 60 TWh). auch für den Kanton Aargau. Die drei Kernkraftwerke Beznau I und II sowie Leibstadt erzeugten in den Rund 20 % des schweizerischen Endenergieverbrauchs letzten Jahren rund 15 TWh elektrische Energie pro sind erneuerbar, wobei die Wasserkraft dominiert. Jahr, während die Stromproduktion aus der Wasser- Demgegenüber stammten im Jahr 2012 rund 700 PJ kraft im Kanton ca. 3 TWh pro Jahr betrug. Damit der nationalen Endenergienutzung aus nicht erneuer- trägt der Kanton Aargau gut ein Viertel zur gesamt- baren Quellen. schweizerisch produzierten Elektrizität bei. Mit dem Entscheid des Bundesrates, schrittweise aus der Die Aufteilung des Endverbrauchs nach Verbraucher- Kernenergie auszusteigen, nimmt die Bedeutung der gruppen hat sich in der Schweiz seit über 30 Jahren erneuerbaren Stromproduktion künftig erheblich zu. kaum verändert: Die Sektoren Industrie / Dienstleistung, Die Stromproduktion aus erneuerbarer Wasserkraft Verkehr und private Haushalte verbrauchen jeweils deckt den aktuellen kantonalen Stromverbrauch zu etwa ein Drittel der nachgefragten Energiemenge. rund 60 %. Mit dem Wegfall der Kernenergie wird Abbildung 5: Anteil erneuerbarer Energien am schweizerischen Endenergieverbrauch 8 Nicht erneuerbarer Endverbrauch 79 % Erneuerbarer Endverbrauch 21 % Abbildung 6: Stromerzeugung und -verbrauch im Kanton Aargau Elektrische Energie [TWh] 20 Strom aus Kernkraftwerken 18 Strom aus Wasserkraftwerken 16 Stromverbrauch Aargau 14 12 10 8 6 4 2 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 8 Quelle: BFE, Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012. 12
Einleitung der Kanton damit zu einem Stromimporteur. Um die Energien noch von einem deutlich grösseren Aus- Lücke zu schliessen, hat auch der Kanton Aargau ein baupotenzial ausgegangen. Mit über 10 TWh weist starkes Interesse an der Steigerung der Stromeffi- die Photovoltaik das grösste Zubaupotenzial auf. zienz und am Ausbau der erneuerbaren Energien. Dasjenige von Geothermie und Windenergie liegt jeweils bei etwa 4 TWh. Abwasserreinigungs- (ARA) und Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) 9 sowie 1.3.2 Potenziale im Energiebereich Biomasse-Anlagen weisen ein wesentlich geringeres Zubaupotenzial auf. Der Fokus im Rahmen der Energiestrategie des Bundes auf den Ausbau der Strom- und Wärme- Potenziale im Kanton Aargau produktion aus erneuerbaren Energien bedeutet Die Produktion von Strom aus Wasserkraft ist im für ein rohstoffarmes Land wie die Schweiz mehr Kanton Aargau bereits stark ausgebaut. Die Zubau- Unabhängigkeit von Importen als auch die Chance, potenziale sind unter den gesetzlichen Rahmen- sich mit innovativen Technologien für die Zukunft bedingungen marginal. neu zu positionieren. Der Kanton Aargau hat eine Solarpotenzialanalyse Stromproduktionspotenziale in der Schweiz erstellt, welche die Sonneneinstrahlung auf die Gebäudedachflächen im Kantonsgebiet berechnet. Stromproduktionspotenzial Erwartet Die Analyse zeigt, dass allein auf den gut geeigneten der erneuerbaren Energien in 2050 Dachflächen (jene mit «hoher» bis «sehr hoher» Wasserkraft 39,0 TWh Sonneneinstrahlung) jährlich über 2,3 TWh elektrische Energie 10 erzeugt werden könnten. Photovoltaik 10,4 TWh Windenergie 4,0 TWh Im Richtplan sind fünf mögliche Standorte für Gross- Geothermie 4,4 TWh windkraftanlagen ausgewiesen. An diesen Standorten liessen sich jährlich rund 50 GWh elektrische Energie Biomasse (Holz) 1,1 TWh produzieren. Biogas 1,4 TWh Das Biomassepotenzial wird im Kanton Aargau ARA + KVA 2,1 TWh mit den bestehenden Anlagen bereits gut genutzt. Bei den Abwasserreinigungsanlagen verfügen von Im Juni 2012 veröffentlichte der Bund eine Studie 49 kantonalen Anlagen 30 über eine Biogasnutzung. zur «Abschätzung des Ausbaupotenzials der Wasser- Die übrigen, kleineren Anlagen sollen gemäss kanto- kraftnutzung im Rahmen der Energiestrategie 2050» nalem Umweltkonzept Abwasserreinigung vom für die Stromproduktion. Darin rechnet der Bund, Juni 2014 zusammengeschlossen oder aufgehoben dass unter optimierten Nutzungsbedingungen – werden. Potenzial besteht noch bei der energe- ohne Lockerung der Umwelt- und Gewässerschutz- tischen Nutzung von Holz und Hofdünger. Eine erste bestimmungen, aber mit verbesserten wirtschaftli- Potenzialabschätzung geht davon aus, dass damit chen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen – jährlich etwas über 100 GWh elektrische Energie die Jahresproduktion der Wasserkraft bis 2050 produziert werden könnten. um 3,2 TWh auf 39 TWh erhöht werden kann. In den Grundlagen für die Energiestrategie des Bundes Das theoretische Potenzial der Tiefengeothermie ist (vom Mai 2011) wird bei den neuen erneuerbaren sehr gross. Zurzeit befindet sich die Tiefengeo- 9 Bei der Kehrichtverbrennung wird nur der erneuerbare Anteil der Stromproduktion (50 % biogen) berücksichtigt. 10 Die zur Wärmeproduktion benötigte Dachfläche wurde mit 2 m2 pro Person berücksichtigt. 13
Einleitung thermie jedoch noch in der Forschungs- und Ent- darin in erster Linie auf eine konsequente Erschliessung wicklungsphase. Zudem ist die Wirtschaftlichkeit der vorhandenen Energieeffizienzpotenziale und in der Tiefengeothermie in der Schweiz zurzeit noch zweiter Linie auf eine ausgewogene Ausschöpfung fraglich und die Realisierung von Projekten mit der vorhandenen Potenziale der Wasserkraft und der finanziellen Risiken verbunden. Eine grössere Strom- neuen erneuerbaren Energien. In einer zweiten produktion ist in den nächsten zehn Jahren Etappe der Energiestrategie 2050 will der Bundesrat (Betrachtungshorizont) deshalb kaum zu erwarten. das bestehende Fördersystem durch ein Lenkungs- system ablösen. Im Aargau ist mindestens ein grosser Permo- Karbon-Trog mit Kohlevorkommen nachgewiesen. Der durchschnittliche Energieverbrauch pro Person Zudem werden im Mittelland Schiefergasvor- und Jahr soll gegenüber dem Referenzjahr 2000 bis kommen vermutet, deren Förderungsmethode 2020 um 16 % und bis 2035 um 43 % gesenkt werden. (Fracking) jedoch umstritten ist. Auch Erdgas- Im selben Zeitraum ist vorgesehen, dass der durch- vorkommen werden auf dem Kantonsgebiet ver- schnittliche Stromverbrauch pro Person und Jahr mutet. Für genauere Potenzialabschätzungen gegenüber dem Referenzjahr 2000 um 3 % (bis 2020) sind jedoch Voruntersuchungen notwendig. Diese respektive um 13 % (bis 2035) gesenkt wird. unterstehen der Bewilligungspflicht nach dem Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds Die Stromproduktion aus neuen erneuerbaren und die Gewinnung von Bodenschätzen (GNB). Energien soll bis 2020 mindestens 4,4 TWh betragen, bis 2035 sollen es mindestens 14,5 TWh sein. 2013 lag der Anteil der neuen erneuerbaren Energien an der Netto-Elektrizitätsproduktion bei insgesamt 1.4 Ziele des Bundes 3,4 % oder rund 2,25 TWh. Bei der Produktion von Elektrizität aus Wasserkraft wird ein Ausbau Bundesrat und Parlament haben im Jahr 2011 einen der durchschnittlichen inländischen Produktion Grundsatzentscheid für einen schrittweisen Ausstieg auf mindestens 37,4 TWh im Jahr 2035 angestrebt. aus der Kernenergie gefällt: Die bestehenden fünf Kernkraftwerke sollen am Ende ihrer sicherheitstech- Diese Ziele sind noch nicht durch das Bundespar- nischen Betriebsdauer nicht durch neue Kernkraft- lament verabschiedet worden, bilden aber dennoch werke ersetzt werden. Der Bundesrat hat als Folge die Grundlage der vorliegenden Energiestrategie. davon die Energiestrategie 2050 erarbeitet. Er setzt Die Ziele des Bundes werden vom Energie Trialog Im Gesetzesentwurf zur Energiestrategie 2050 sind folgende Ziele aufgeführt: Stromproduktionsziele des Bundes 2020 2035 Elektrizität aus neuen erneuerbaren Energien 4,4 TWh 14,5 TWh Elektrizität aus Wasserkraft – 37,4 TWh Energieverbrauchsziele des Bundes Reduktion des jährlichen Pro-Kopf-Energieverbrauchs 16 % 43 % Reduktion des jährlichen Pro-Kopf-Elektrizitätsverbrauchs 3% 13 % 14
Einleitung Schweiz grundsätzlich als technisch machbar betrach- Die dafür entscheidenden Entwicklungen finden tet. Eine erfolgreiche Umsetzung ist aber in hohem weder im Kanton Aargau noch in der Schweiz statt. 11 Mass von noch zu treffenden politischen Entscheiden und deren Akzeptanz in der Bevölkerung abhängig. Spezifische Herausforderungen im Kanton Aargau Mit gutem Vorbild voranzugehen und mit den passenden Innovationen Lösungen für die Zukunft 1.5 Handlungsbedarf zu entwickeln ist eine der grössten Herausforde- rungen. Die Umsetzung zukünftiger Energie- und Zwischen der Energie- und der Klimapolitik bestehen Klimastrategien soll dabei den Wirtschaftsstandort grosse Synergien. Mit der Weiterverfolgung der und die Innovationskraft des Kantons Aargau klimapolitischen Ziele und der Berücksichtigung des stärken. Aufbauend auf den beschriebenen allge- gesamten Energiesystems sollen diese Synergien meinen Herausforderungen ergeben sich für in der Aargauer Energiepolitik genutzt werden. den Kanton Aargau folgende spezifische Aufgaben: energieAARGAU konzentriert sich mit seinen Zielen und Massnahmen zwar primär auf den Bereich – Sicherstellung der Versorgungssicherheit Energie. Mit den Zielen in den Bereichen Energie- (Erhalt und Weiterentwicklung der Energienetze, effizienz und erneuerbare Energien kann jedoch Integration neuer erneuerbarer Energien) gleichzeitig der Anteil der fossilen Energieträger – Integration dezentraler Produktionsanlagen in vermindert werden. Zudem unterstützt der Kanton die bestehende Netzinfrastruktur Aargau die aktive Klimapolitik des Bundes, welche – Schrittweise Dekarbonisierung der Mobilität auf die Einhaltung des international anerkannten sowie der Wärmebereitstellung in Gebäuden und 2-Grad-Zieles des Weltklimarates IPCC zielt. Prozessen (Treib- und Brennstoffe). Speziell bei der Mobilität soll dies in Abstimmung mit dem Allgemeine Herausforderungen Bund geschehen. Damit eine nachhaltige Energieversorgung auf – Schaffung stabiler Rahmenbedingungen für die Basis der heutigen Klimaziele erreicht werden kann, langfristige Gewährleistung der Investitions- sind eine Reihe allgemeiner Herausforderungen zu sicherheit (Gebäude, Energienetze, erneuerbare meistern. Zum Beispiel: Energieproduktion) – Kompetenzen-Regelung zwischen Bund, Kantonen – Entkoppelung des Energiebedarfs vom Brutto- und Gemeinden inlandprodukt (BIP) und Stabilisierung – Optimaler Mix der einzusetzenden energie- beziehungsweise Senkung des Energieverbrauchs politischen Instrumente (regulative, finanzielle, – Abstimmung von Energie- und Klimapolitik persuasive, strukturelle) – Abstimmung der Tätigkeiten mit der EU – Umgestaltung der Energiemärkte (Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Konkurrenzfähigkeit, Systemwechsel von Fördermassnahmen hin zu Lenkungsmassnahmen) Dabei muss berücksichtigt werden, dass die grössten energiewirtschaftlichen Herausforderungen nicht von der Energiewirtschaft allein gelöst werden können. 11 vgl. Abbildung 2: Erwarteter Anstieg des globalen Primärenergiebedarfs 2035. 15
Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik 2 Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik 2.1 Die drei kantonalen Leitlinien erneuerbaren Energien unter Einhaltung der Klimaziele richten sich nach folgenden Die Klimaproblematik und die Endlichkeit der fossilen Leitlinien: Ressourcen erfordern eine nachhaltige Energie- versorgung, wie sie unter anderem in der Vision der – Nachhaltige Entwicklung 2000-Watt-Gesellschaft angestrebt wird. Mit der – Stärkung des Energiekantons Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundes – Erhaltung der Versorgungssicherheit werden die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft noch nicht erreicht, sie führt jedoch in diese Richtung. Die aargauische Energiepolitik leistet mit einer ratio- 2.1.1 Leitlinie Nachhaltige Entwicklung nellen Energienutzung und der Förderung von erneuerbaren Energien ihren Beitrag dazu. Der Kanton Aargau hält im Rahmen der Revision der kantonalen Energiestrategie an den Klimazielen Bei der Erreichung der Ziele sind die Wettbewerbs- fest und verfolgt das Ziel der langfristigen Substitution vorteile des Aargaus konsequent zu nutzen. Der der fossilen Brenn- und Treibstoffe. Aargau ist Standortkanton einer schweizweit einzig- artigen Kombination aus Energieforschung, Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen Fachhochschule, Energie- und Elektrotechnik-Unter- auch für die kommenden Generationen kann nur nehmen, energieintensiver Industrie (Kunststoff-, gelingen, wenn alle Nutzer von natürlichen Ressourcen Maschinen- und Metallindustrie) und vieler innova- ihren Beitrag leisten. Dazu gehört ein effizienter tiver KMU. Diese einmalige Konstellation soll genutzt Umgang mit Ressourcen sowie die Schliessung von werden, um eine Vorreiterrolle einzunehmen, Themen Stoffkreisläufen. Die Aufgabe des Kantons muss es aktiv vorzugeben und «intelligente» Lösungen für sein, private Haushalte, die Wirtschaft, aber auch die die Zukunft zu entwickeln, welche die Umsetzung Gemeinden frühzeitig in den Prozess einzubinden. der Energiestrategie 2050 ermöglichen. Die Rahmenbedingungen sind so zu gestalten, dass die ambitionierten Ziele von allen partizipierenden Die Strategien der kantonalen Energieplanung zur Interessengruppen erreicht werden können. Steigerung der Energieeffizienz und zum Ausbau der Im Rahmen einer nachhaltigen Energiepolitik sind Abbildung 7: Verflechtung und Zusammenhänge der Leitlinien Erhaltung der Nachhaltige Versorgungs- Entwicklung sicherheit Steigerung Energieeffizienz und Energie- Erreichen der Klimaziele strategie Ausbau erneuerbarer Energien Stärkung des Energiekantons 16
Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik dabei die sozialen, ökonomischen und ökologischen Entwicklung und Schaffung von Technologiegütern, Aspekte zu berücksichtigen. Dies beinhaltet eine Verfahren und Dienstleistungen bis zur Produktion, vermehrte Betrachtung über den gesamten Lebens- Speicherung, Übertragung, Verteilung und Nutzung zyklus: von der Herstellung bis hin zur Entsorgung von Energie. Aufgabe des Kantons ist es, diesen respektive zum Recycling oder Rückbau. Dabei ist es Unternehmen günstige Rahmenbedingungen zu z. B. wichtig, das Produktdesign für das Recycling zu bieten. Dazu gehört neben Massnahmen wie der optimieren, sodass die ökonomischen, ökologischen Schaffung des Programms «Hightech Aargau» oder und sozialen Auswirkungen möglichst gering sind. des Innovationsparks «PARK innovAARE» auch die Sicherstellung des Fachkräfteangebots, v. a. durch entsprechende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. 2.1.2 Leitlinie Stärkung des Energiekantons Die hoch spezialisierten Unternehmen im Bereich der Durch die grosse Bedeutung der Energie stellt die Energie- und Elektrotechnologie sind im Kanton Neuausrichtung der Energiepolitik eine grosse Aargau wirtschaftlich besonders stark vertreten und Herausforderung für den Energiekanton Aargau dar. werden mit guten künftigen Entwicklungschancen Der Ausstieg aus der Kernenergie betrifft langfristig bewertet, weil dieser Wirtschaftssektor weltweit ein zahlreiche hoch qualifizierte Arbeitsplätze. Er bietet grosses Marktpotenzial aufweist. aber auch neue Chancen. Auf dem Gebiet des Kantons sind bedeutende Einrichtungen aus dem Mit einem Standortquotienten 13 von 4,4 sind die gesamten Energieumfeld angesiedelt. Neben Unter- Hersteller von elektrischer Ausrüstung im Kanton nehmen aus den Bereichen Energie- und Elektro- Aargau viermal stärker vertreten als im Schweizer technik, dem Anlagen- und Maschinenbau zählen Durchschnitt. Dabei verfügen die im Aargau und hierzu auch schweizweit führende Forschungsinsti- in den Nachbarregionen angesiedelten Unternehmen tute. Mit dieser überaus bedeutsamen (Energietech- dieses Sektors über erfolgreiche Positionen im nologie-)Branche kann der Kanton von der Trans- internationalen Markt. formation im Energiesektor überdurchschnittlich profitieren. Der Tätigkeitsbereich der Unternehmen In Zukunft soll der Energiekanton nicht nur mit der und Institutionen in dieser Branche reicht von der Elektrizitätserzeugung verbunden werden. Vielmehr Abbildung 8: Chancen-Risiken-Profil Aargau 12 Grosshandel Elektrotechnik hoch Gesundheitswesen Detailhandel Öffentliche Verwaltung Maschinenbau Branchenbewertung Autogewerbe Dienstleistungen Unterrichtswesen Metallerzeugnisse Land- und Forstwirtschaft Heime Bau und Industrie Landwirtschaft Ausbaugewerbe Öffentlicher Sektor –1,4 % – 0,4 % 0,6 % 1,6 % 2,6 % 3,6 % niedrig Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt 12 Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research. 13 Der Standortquotient ist der Branchenanteil Region zum Branchenanteil Schweiz. Ein Quotient von über 1 zeigt eine grössere Bedeutung der Branche in der Region im Vergleich zur Schweiz. 17
Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik müssen die exportstarke Energie- und Elektrotech- Versorgungssicherheit ist zusammen mit der Wirt nologiebranche, die Bedeutung als Transitkanton bei schaftlichkeit und der Umweltverträglichkeit der leitungsgebundenen Energieträgern sowie die Energieversorgung eines der zentralen energiepoli- Bereiche Forschung und Entwicklung in den Vorder- tischen Ziele des Bundes. Dem Kanton fallen lediglich grund gestellt werden. Der Kanton Aargau nimmt unterstützende Aufgaben zu. dabei seine Vermittlungs-, Vernetzungs- und Koordi- nationsfunktion (unter anderem mit dem Hightech Die kantonale Energiepolitik verfolgt das Ziel einer Zentrum) wahr. umfassenden, sicheren und wirtschaftlich tragbaren Energieversorgung mit leitungsgebundener Energie – insbesondere Elektrizität, aber auch Erdgas. Der 2.1.3 Leitlinie Erhaltung der Kanton Aargau unterstützt den Bund und die Energie- Versorgungssicherheit wirtschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und setzt sich für eine geordnete Integration der erneuerbaren Die Versorgungssicherheit ist ein umfangreiches und Energien und eine abgestimmte Gestaltung der komplexes Thema. Eine ausschliesslich regionale zukünftigen Energiemärkte ein. Betrachtung auf kantonaler oder nationaler Ebene führt bei der heutigen, stark importabhängigen und vernetzten Energieversorgung kaum zu befriedi- genden Resultaten. Wie die Vergangenheit gezeigt 2.2 Die vier kantonalen hat, kann bereits eine einfache lokale Störung rasch Hauptziele zu einer grossräumigen, gar länderübergreifenden Unterbrechung der Energieversorgung führen 14. Aus den energiepolitischen Zielen des Bundes werden Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf die Strom- für den Kanton Aargau zwei Effizienzziele, ein versorgung zu richten. Die beträchtliche Abhängig- Produktions- und ein Versorgungssicherheitsziel als keit unserer Gesellschaft von einer funktionierenden kantonale Hauptziele übernommen respektive Stromversorgung sowie die limitierte Speichermög- abgeleitet. Die Reihenfolge orientiert sich an der lichkeit machen dieses System besonders anfällig. Beeinflussbarkeit der kantonalen Energiepolitik. Eine Abbildung 9: Energiekanton Aargau Energieintensive Innovative KMU Industrien Unternehmen Energieforschung Energie- und Hochschulen Elektrotechnik PARK innovAARE Hightech Zentrum 14 28. September 2003: Ein Lichtbogen zwischen Leitung und Baum an der Lukmanierleitung führt während der frühen Morgenstunden zu einem Stromausfall in Italien und der Südschweiz. 22. Juni 2005: Das SBB-Netz fällt infolge mangelhaften Leistungsmanagements während der Hauptverkehrszeit für drei Stunden aus. 4. November 2006: In Teilen von Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich, Spanien fällt für zwei Stunden der Strom aus. Auslöser war die geplante Abschaltung einer Übertragungsleitung für die Ausschiffung eines Kreuzfahrtschiffes. 18
Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik Wertung hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen Der Energieverbrauch pro Kopf hat im Aargau seit Ziele ist damit nicht verbunden. 1990 bereits um rund 7 % abgenommen. 2012 betrug er 26 201 kWh (dies entspricht dem Energieinhalt von rund 3000 Liter Erdöl). Mit einem Pro-Kopf-Ziel ist 2.2.1 Hauptziel 1 Energieeffizienz: die Zielerreichung nicht von der Bevölkerungs- Energieverbrauch pro Kopf senken entwicklung abhängig. Die Reduktionsziele des Bundes im Energiebereich sind spezifisch pro Person definiert und können 2.2.2 Hauptziel 2 Stromeffizienz: durch den Kanton Aargau direkt übernommen Stromverbrauch pro Kopf senken werden. Der durchschnittliche Endenergieverbrauch pro Person und Jahr soll gegenüber dem Referenz- Elektrizität als Energieform nimmt eine Schlüsselrolle jahr 2000 bis 2020 um 16 % und bis 2035 um 43 % ein. Mit dem schrittweisen Ausstieg aus der Kern- gesenkt werden. energie kommt der Steigerung der Stromeffizienz Abbildung 10: Endenergieverbrauch pro Kopf im Kanton Aargau kWh 35 000 erhobene Daten 30 000 Prognose 29 072 27 700 25 000 26 201 24 400 20 000 15 000 16 500 Mittel Mittel 10 000 g g Ho Ho in in Ger Ger ch ch 5 000 0 Steuerbarkeit Steuerbarkeit 2000 2010 2012 2020 2035 Abbildung 11: Stromverbrauch pro Kopf im Kanton Aargau kWh 9000 erhobene Daten 8000 Prognose 7970 7982 7722 7700 7000 6900 6000 5000 4000 Mittel Mittel 3000 g g Ho Ho in in 2000 Ger Ger ch ch 1000 Steuerbarkeit Steuerbarkeit 0 2000 2010 2012 2020 2035 19
Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik eine noch grössere Bedeutung zu. Das Effizienz- Energien zu leisten. Die Wasserkraft ist im Aargau potenzial beim Strom ist zwar ebenfalls gross, bereits weitgehend ausgebaut. Verbleibende Poten- es muss aber berücksichtigt werden, dass der ziale sollen jedoch konsequent genutzt werden. zunehmende Ersatz fossiler Energieträger Der Bund hat für den Ausbau der neuen erneuerbaren durch Elektrizität (zum Beispiel beim Ersatz von Stromproduktion die kostendeckende Einspeise- Ölheizungen durch Wärmepumpen) zu einer vergütung (KEV) eingeführt. Im Kanton Aargau sollen Zunahme des Stromverbrauchs führen wird. die vom Bund gesetzten Ziele für den Ausbau der Entsprechend sind die Einsparziele beim Strom, neuen erneuerbaren Stromproduktion proportional verglichen mit den Einsparzielen des Gesamt- zur Bevölkerung übernommen werden. Die Strom- energieverbrauchs, kleiner. produktion aus neuen erneuerbaren Energien soll bis 2020 mindestens 340 GWh betragen, bis 2035 Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Kopf sollen es mindestens 1130 GWh sein. und Jahr soll gegenüber dem Referenzjahr 2000 bis 2020 um 3 % und bis 2035 um 13 % gesenkt werden. 2.2.4 Hauptziel 4 Versorgungssicherheit: Sichere Energieversorgung beibehalten 2.2.3 Hauptziel 3 erneuerbare Stromproduktion: Erneuerbare Stromproduktion ausbauen Eine sichere Energiever- sorgung ist von grosser Mittel Der Kanton Aargau ist dank seiner Wasserkraft, Bedeutung für Gesell- g Ho in Ger ch Ge vor allem aber aufgrund der drei Kernkraftwerke in schaft und Wirtschaft, Beznau I, Beznau II und Leibstadt, der grösste denn bei einem Ausfall Steuerbarkeit Stromproduzent in der Schweiz. Mit dem schritt- stehen die grund- weisen Ausstieg aus der Kernenergie wird er legendsten und unent- diese Position nicht halten können. Das vorhandene behrlichsten Errungenschaften unserer Gesellschaft Potenzial im Kanton soll aber genutzt werden, um nicht mehr zur Verfügung. Die Versorgungssicherheit einen Beitrag zum Ausbau der neuen erneuerbaren hat daher oberste Priorität. Abbildung 12: Stromproduktionsziele aus erneuerbaren Energien im Kanton Aargau GWh 3500 Wasserkraft 3000 Neue erneuerbare Energien 3000 3005 3025 2500 2000 1500 Mittel Mittel 1000 1130 g g Ho Ho in in Ger Ger ch ch 500 G 156 340 0 Steuerbarkeit Steuerbarkeit 2012 2020 2035 20
Leitlinien und Hauptziele der Aargauer Energiepolitik Sie ist primär Aufgabe der Energiewirtschaft und subsidiär Aufgabe des Bundes. Ist die Versorgungs- sicherheit gefährdet, übernimmt der Bund die entsprechenden Massnahmen, um sie wieder herzu- stellen. Derzeit wird die Versorgungssicherheit mit Strom jedoch noch nicht umfassend erhoben oder überwacht. Die Eidgenössische Elektrizitätskom- mission (ElCom) erhebt periodisch Daten bei Verteil- netzbetreibern und Stromproduzenten und konzen- trierte sich damit in der Vergangenheit vorwiegend auf die technische Versorgungssicherheit 15 und die Überwachung der Stromtarife. Der im Juni 2014 veröffentlichte Bericht zur Stromversorgungssicher- heit beinhaltet erstmals Beobachtungsgrössen wie zum Beispiel Netzengpässe, regionale Ausgewogen- heit, Mehrjahresplanungen und die Auswirkungen des EU-Rechts auf die Schweizer Stromversorgung. Ein Echtzeit-Monitoring mit Berücksichtigung voreilender geopolitischer Beobachtungsgrössen befindet sich beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung im Aufbau. Der Kanton Aargau kann die Energiewirtschaft und den Bund in der Erfüllung ihrer Aufgaben in den Gebieten Energieeffizienz, erneuerbare Strom- produktion und Netzverstärkung aktiv unterstützen und setzt sich für die Aufrechterhaltung der energetischen Versorgungssicherheit ein. Strom hat dabei eine Schlüsselrolle 16. Die übrigen leitungs- gebundenen Netze sind aber im Gesamtsystem ausreichend zu berücksichtigen. Insbesondere der Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung und die dezentrale Stromproduktion stellen das Strom- netz vor grosse Herausforderungen. Bei deren Lösung können Erdgas-, Wärme- und Kommunika- tionsnetze einen wichtigen Beitrag leisten. 15 Die durchschnittliche Unterbrechungsdauer pro Endverbraucher lag im Jahr 2013 bei 25 Minuten und erreichte den tiefsten Wert der vergangenen vier Jahre. 16 siehe Kapitel 2.1.3, Leitlinie Erhaltung der Versorgungssicherheit. 21
Handlungsfelder und Strategien 3 Handlungsfelder und Strategien Ausgehend von den energiepolitischen Leitlinien und erleichtern und eine allfällige Überarbeitung (in fünf den vier kantonalen Hauptzielen gemäss Kapitel 2 Jahren) vereinfachen. Jedes Handlungsfeld ist ergeben sich für den Kanton in folgenden Bereichen möglichst selbsterklärend und eigenständig darge- Handlungsfelder und Strategien: stellt. Nach einer einführenden Erläuterung der Ausgangslage folgen die dem jeweiligen Handlungs- – Strom- und Wärmeerzeugung (Kapitel 3.1 bis 3.3) feld zugeordneten Strategien (vgl. Abbildung 13). – Energieverbrauch (Kapitel 3.4 bis 3.6) Anschliessend werden Ziele / Zielpfad, Massnahmen – Übergreifende Aufgaben (Kapitel 3.7 bis 3.8) sowie weiterführende Massnahmen dargelegt. Letztere sind Ideen respektive Möglichkeiten, wie Aufbau der Handlungsfelder die bereits durchgeführten Massnahmen bei Nicht- Der modulare Aufbau mit acht Handlungsfeldern soll erreichen der Ziele / Zielpfad ergänzt werden die zukünftige Planung und Beratung im Parlament könnten. Da jedes Handlungsfeld wie oben erwähnt Abbildung 13: Übersicht der Strategien und Handlungsfelder Strom- und Wärmeerzeugung Energieverbrauch Handlungsfeld: Handlungsfeld: Wasserkraft (erneuerbare Energien) Gebäude Strategie: Wasserkraft a) Grosswasserkraftwerke Strategie: Gebäude b) Kleinwasserkraftwerke Handlungsfeld: Handlungsfeld: Neue erneuerbare Energien Prozesse Strategie: Sonnenenergie Strategie: Holz Strategie: Prozesse / Energie- Strategie: Windkraft Strategie: Biomasse anwendung Strategie: Geothermie Strategie: Abwärmenutzung Handlungsfeld: Handlungsfeld: Nicht erneuerbare Energien Mobilität Strategie: Erdgas Strategie: Kernenergie Strategie: Mobilität Strategie: Erdöl Strategie: Wärmekraftkopplung Übergreifende Aufgaben Handlungsfeld: Handlungsfeld: Versorgungssicherheit und Energiespeicherung Querschnittsaufgaben Strategie: Versorgungssicherheit Strom Strategie: Information und Beratung Strategie: Versorgungssicherheit Erdgas Strategie: Vorbildfunktion 22
Handlungsfelder und Strategien in sich abgeschlossen ist, kann es vorkommen, dass monate infolge der geringeren Wasserführung einige Massnahmen in mehreren Handlungsfeldern kleiner. Kleinwasserkraftwerke (Anlagen bis zu einer genannt werden. Leistung von 10 MW) werden vom Bund finanziell gefördert. Anlagen kleiner 1 MW sind zusätzlich vom Wasserzins befreit (Artikel 49 des Wasserrechts- gesetzes). Das Bundesparlament prüft zurzeit auch 3.1 Handlungsfeld: Wasserkraft eine Förderung für Grosswasserkraftwerke (Anlagen (erneuerbare Energien) mit einer Leistung mehr als 10 MW). Ziele des Bundes 3.1.1 Ausgangslage Mit der Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundes gewinnt die erneuerbare Wasserkraft Wasserkraft als wichtigster Teil zusätzlich an Bedeutung. Die Wasserkraft soll auch der erneuerbaren Energien in Zukunft wesentlich zur Stromversorgung der Die Schweiz bietet dank ihrer Topographie und der Schweiz beitragen. Das Bundesamt für Energie beträchtlichen Niederschlagsmengen ideale Bedin- veröffentlichte im Juni 2012 eine Studie zum Aus- gungen für die Wasserkraftnutzung. Die derzeit über baupotenzial bis 2050. Diese weist unter heutigen 550 Schweizer Wasserkraftwerke produzieren pro Nutzungsbedingungen ein Ausbaupotenzial für Jahr durchschnittlich 36 TWh Strom (Abbildung 14). die Wasserkraft von rund 1,5 TWh aus. Unter opti- Davon werden rund 45 % in Laufwasserkraftwerken mierten Nutzungsbedingungen – ohne Lockerung und die restlichen 55 % in Speicherkraftwerken der Umwelt- und Gewässerschutzbestimmungen, erzeugt. Etwa zwei Drittel dieser Energie stammen aber mit verbesserten wirtschaftlichen und gesell- aus den Bergkantonen Uri, Graubünden, Tessin und schaftlichen Rahmenbedingungen – kann die jähr- Wallis. Beachtliche Beiträge liefern aber auch die liche Stromproduktion aus Wasserkraft bis 2050 Kantone Aargau und Bern. Laufwasserkraftwerke um 3,2 TWh ausgebaut werden. Im Entwurf des produzieren Bandenergie zur Deckung der Grundlast neuen Energiegesetzes des Bundes (EnG) werden als und lassen sich nur sehr beschränkt regeln. Die quantitatives Produktionsziel bis 2035 insgesamt produzierte Energiemenge ist während der Winter- 37,4 TWh/a angegeben. Abbildung 14: Stromproduktion Schweiz nach Erzeuger 17 GWh 80 000 Landesverbrauch 70 000 Speicherkraftwerke Laufkraftwerke 60 000 Kernkraftwerke 50 000 Konventionell thermische 40 000 und andere Kraftwerke 30 000 20 000 10 000 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 17 Vgl. Schweizerische Elektrizitätsstatistik 2013. 23
Handlungsfelder und Strategien Situation Aargau Der Anteil des Kantons Aargau an den Ausbauzielen Die Wasserkraft wird im Energiekanton Aargau des Bundes bei der Wasserkraft ist deshalb bereits seit Beginn der Elektrifizierung Ende des bescheiden. Dieses Potenzial besteht vorwiegend 19. Jahrhunderts für die Stromerzeugung genutzt. beim Ausbau der bereits realisierten kleineren Mit insgesamt 26 Gross- und Kleinwasserkraft- Flusskraftwerke und bei den projektierten neuen werken an den Flüssen und 24 Kleinwasserkraft- Kraftwerken an der Suhre. Am Aabach, der Wigger werken an den Bächen ist die Wasserkraft bereits inklusive Tych, am Rotkanal sowie am Unterlauf der weitgehend ausgebaut und das vorhandene Ausbau- Suhre (ab Schöftland) sind die Erneuerung bestehen- potenzial mehrheitlich ausgeschöpft. Mit einer der Anlagen sowie Neubauten für Kleinkraftwerke installierten Leistung von ca. 560 MW werden rund nur unter der Voraussetzung zulässig, dass dadurch 3 TWh erneuerbare Energie pro Jahr produziert 18. die Vernetzung der Flussläufe verbessert wird. Produktionssteigerungen sind an den Flüssen im Die wenigen noch freien Fliessstrecken an Rhein und Rahmen von Effizienzmassnahmen und der Optimie- Reuss sind ökologisch wertvoll und sollen erhalten rung von Ausbauwassermengen möglich. bleiben. Wichtige Abschnitte gehören zum Auen- schutzpark und sind mit gewässerbezogenen Schutz- Vergabe von Konzessionen zielen belegt. Eine umfassende energetische Nutzung In Form von Wasserzinsen, Gebühren und Heimfall- dieser Fliessstrecken ist damit praktisch ausgeschlos- verzichtsentschädigungen fliessen dem Kanton sen. Die Nutzungs- und Schutzstrategie der Ober- Aargau bedeutende Geldmittel zu. Die finanziellen flächengewässer ist im Richtplan Kapitel E verankert. Interessen des Kantons sollen auch in Zukunft Abbildung 15: Übersicht Wasserkraftwerke Aargau 19 Erneuerung bestehender Anlagen und Neubauten von Kleinwasserkraftwerken gemäss Wassernutzungsgesetz (WnG) und Wassernutzungsverordnung (WnV) zulässig, sofern die Vernetzung der Flussläufe verbessert wird. Wasserkraftwerke an Flüssen Dotierkraftwerke an Flüssen Wasserkraftwerke an Bächen Kraftwerke mit mechanischer Nutzung der Wasserkraft Stillgelegte Wasserkraftwerke Gewässer 18 Die Zahlen entsprechen dem kantonalen Anteil an der Wasserhoheit. Ausserkantonale oder ausländische Anteile sind in den Angaben nicht berücksichtigt. 19 Vgl. Richtplan Kanton Aargau, Kapitel E 1.2, Wasserkraftwerke. 24
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