Planungsbericht des Regierungsrates an den Kantonsrat über die Kulturförderung des Kantons Luzern
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Planungsbericht des Regierungsrates an den Kantonsrat über die Kulturförderung des Kantons Luzern Vernehmlassungsversion Fassung vom 8. März 2013 für die Vernehmlassung bei Parteien, kantonalen Departemen- ten, betroffenen Organisationen und Akteuren, Partnern und der interessierten Öffentlichkeit
Übersicht Der Regierungsrat unterbreitet dem Kantonsrat einen Planungsbericht über die kantonale Kulturförderung. Mit der am 29. Juni 2010 erheblich erklärten Motion M 664 verlangten die Motionäre einen Planungsbericht zur Kulturförderungsstrategie des Kantons Luzern. Ausgelöst wurde die Motion durch die Diskussion um die Salle Modulable. Inzwischen wurde die angekündigte Donation zurückgezogen. Der Planungsbericht soll trotzdem vor dem Hintergrund einer Aus- legeordnung und Analyse der heutigen Kulturförderung sowie im Gesamtzusammenhang der Entwicklungsbedürfnisse anderer Kulturbereiche die Zukunft des (Musik-)Theaterstandorts Luzern darlegen. Der Kanton Luzern konnte seine Kulturförderungstätigkeit in den letzten 20 Jahren mit dem Kulturförderungsgesetz von 1994, der Aufgabenteilung im Rahmen der Finanzreform 2008 und dem interkantonalen Kulturlastenausgleich ab 2010 profilieren und weiterentwickeln. Zur Erfüllung ihrer gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben verfügt die kantonale Kulturförderung über eine breite Palette von Förderinstrumenten. Die verschiedenen staatlichen Organe und Gremien sowie die regionalen, interkantonalen und nationalen Partnerschaften garantieren eine solide Basis. Dennoch gibt es sowohl auf der Ebene der Kulturbetriebe und des Kultur- schaffens als auch auf der Ebene der Förderung Handlungsbedarf. Bei der Weiterentwicklung seiner Tätigkeit verfolgt der Kanton Luzern folgende Ziele: Er will auf der Basis der in der Kantonsstrategie formulierten Ziele ein punktuell international wett- bewerbsfähiges Kulturangebot und eine vielfältige, auch regional breit verankerte Kulturland- schaft ermöglichen. Der Kanton will dazu die Kultur in ihrer zentralen gesellschaftlichen Funktion stärken und allen Bewohnerinnen und Bewohnern des Kantons Luzern die Mög- lichkeit der Mitgestaltung von Kultur und Gesellschaft sowie den Zugang zu Kultur gewähr- leisten. Er strebt nach einer gegenseitig gewinnbringenden Integration des Kulturschaffens in den Innovationsmotor von Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft sowie nach einem Kulturan- gebot, das Stadt und Land erreicht, inspiriert und verbindet. Gestützt auf die Leitplanken (Kapitel 1.2), die gesetzlichen Grundlagen (Kapitel 2.2) und Ziele (Kapitel 2.3) sowie die Er- gebnisse der Analysen (Kapitel 4, 5 und 6), schlägt der Regierungsrat für die Weiterentwick- lung der kantonalen Kulturförderung drei Massnahmen im Bereich der grossen Kulturinstitu- tionen, vier Massnahmen für das freie Kulturschaffen ausserhalb der grossen Kulturinstituti- onen und zwei weitere Massnahmen im Bereich der Zusammenarbeit mit Partnern vor. Massnahme I: Das Projekt Neue Theater Infrastruktur Luzern (NTI) (Kapitel 4.4): Der infra- strukturelle Erneuerungsbedarf am Luzerner Theater und die strukturelle Unterfinanzierung der freien Theater- und Tanzszene sind erkannt. Eine Neukonzeption des Theaterplatzes Luzern bildet eine wichtige Voraussetzung zur Sicherung seiner Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Der Kanton Luzern will im Rahmen der vom Zweckverband Grosse Kulturbe- triebe getragenen Erarbeitung eines Konsenskonzepts Neue Theater Infrastruktur Luzern NTI die Weiterentwicklung des Luzerner Theaters gewährleisten. Dies soll unter Einbezug weiterer Kulturbetriebe sowie der freien Luzerner Theater- und Tanzszene geschehen. Massnahme II: Verhandlungen Kulturfinanzierung (Kapitel 4.5): Für die Zeitperiode der nächsten 15 Jahre hat das KKL Luzern einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von 31 Mio. Franken berechnet. Die Subventionen und Erträge aus dem KKL-Betrieb reichen für die De- ckung der anfallenden Kosten nicht aus. Zudem ersuchte die Stadt Luzern den Kanton um eine weitere Entlastung im Bereich der grossen Kulturinstitutionen. Die Ergebnisse wurden in einer Absichtserklärung festgehalten. Der Kanton leistet entsprechend dieser Absichtserklä- rung einen Beitrag zur Substanzerhaltung des KKL Luzern. Mit der Weiterentwicklung des Zweckverbands Grosse Kulturbetriebe gewährleistet er den langfristigen Bestand weiterer Kulturinstitutionen und entlastet die Stadt auf diesem Weg zugunsten von Investitionen in andere kulturelle Bereiche. 2
Massnahme III: Sicherung der Bundesfinanzierung für das Verkehrshaus der Schweiz (VHS) (Kapitel 4.6): Die Standortbeiträge von Stadt und Kanton Luzern für die Jahre 2014– 2017 werden im Jahr 2013 neu verhandelt. Stadt und Kanton Luzern beabsichtigen, den Subventionsvertrag zu aktualisieren. Parallel liegt der Fokus auch bei der Museumspolitik des Bundes. Der Kanton setzt sich weiterhin dafür ein, dass der Bund seine Verantwortung gegenüber dem Verkehrshaus der Schweiz kohärent wahrnimmt und dass die Finanzierung der kernmusealen Leistungen des VHS durch den Bund in Zukunft sichergestellt ist. Massnahme IV: Selektive Produktionsförderung (Kapitel 5.4): Der Kanton setzt künftig einen Schwerpunkt im Bereich der Produktionsförderung durch Werkbeiträge per Ausschreibung und überlässt die laufende Projektförderung auf Gesuch hin den Gemeinden und der regio- nalen Kulturförderung. Neben der selektiven Produktionsförderung per Ausschreibung enga- giert sich der Kanton entsprechend seinen Kriterien in ergänzenden Förderbereichen. Massnahme V: Ebenfalls Teil der oben genannten Verhandlungen zwischen Kanton und Stadt ist entsprechend der Massnahme IV eine Erweiterung der Aufgabenteilung in Bezug auf die Projekt- und Einzelförderung (Kapitel 5.5). In gewissen Bereichen der Kulturförderung herrscht bei den Gesuchstellern Unklarheit in Bezug auf die Rollen und Aufgaben der ver- schiedenen Förderinstanzen. Der Kanton will seine Förderung stärker auf die kommunalen und regionalen Förderinstanzen abstimmen und seine Rolle klarer definieren. Massnahme VI: Weiterentwicklung und Stärkung der Zentralschweizer Filmförderung (Kapitel 5.6): Eine erfolgreiche Filmszene Luzern/Zentralschweiz braucht ein Fördergremium, das mit genügend finanziellen Mitteln und den nötigen Entscheidungskompetenzen ausge- stattet ist. Der Kanton Luzern passt daher in Absprache mit den anderen Zentralschweizer Kantonen die Förderstrukturen an und erhöht die Mittel der Filmförderung. Massnahme VII: Lancierung einer kantonalen Auszeichnung (Kapitel 5.7): Der Kanton Lu- zern will einzelne Kultur- und Kunstschaffende für herausragende Verdienste auszeichnen und ihnen damit zu einer grösseren öffentlichen Aufmerksamkeit und Anerkennung verhel- fen. Dazu lanciert er mehrere kantonale Auszeichnungen. Massnahme VIII: Stärkung der Kultur auf der Luzerner Landschaft: Regionale Förderfonds (Kapitel 6.3): Die vom Kanton angestrebte Regionalisierung der Kulturförderung ausserhalb von Stadt und Agglomeration hat bisher zu keinen Ergebnissen geführt. Die Zusammenarbeit der Gemeinden ist für ein lebendiges Kulturleben und eine effiziente Kulturförderung im Kan- ton jedoch notwendig. Der Kanton will die Kultur und die Regionalisierung der Kulturförde- rung auf der Luzerner Landschaft durch die Schaffung von regionalen Förderfonds stärken. Massnahme IX: Partnerschaften mit Kulturvertretern – Kulturdialog (Kapitel 6.4): Auch die öffentliche Auseinandersetzung mit Kultur ist ein Anliegen des Kantons. Der Kanton Luzern will den Austausch mit Kulturschaffenden und die Vermittlung zwischen der Kultur und deren Wirkungsbereichen (Wirtschaft, Tourismus, Bildung usw.) stärken. Dafür lanciert er einen kantonalen Kulturdialog mit regelmässigen Veranstaltungen. Die Ausgaben der Kulturförderung des Kantons haben in den letzten Jahren zugenommen. Dies in erster Linie jedoch nicht aufgrund eines Angebotsausbaus, sondern aufgrund der Umverteilung der Kulturlasten von den Gemeinden (insbesondere der Stadt und Agglomera- tion Luzern) auf den Kanton. In vielen Bereichen (z. B. Förderung auf Gesuch hin, Filmförde- rung, Werkbeiträge) hat kein nennenswerter Ausbau stattgefunden, der den gestiegenen Gesuchszahlen der letzten Jahre und den heutigen Bedürfnissen der Kulturschaffenden ent- sprechen würde. Eine Weiterentwicklung gemäss den oben genannten Zielen und Prioritäten braucht daher die notwendigen finanziellen Ressourcen (Kapitel 7). Zudem führen auch die Entlastung der Stadt im Bereich des Zweckverbands Grosse Kulturbetriebe und die Beteili- gung des Kantons an den Investitions- und Betriebskosten des KKL Luzern zu einer stärke- ren Belastung des Kantons. Eine finanzielle Mehrbelastung des Kantons ist aus Sicht des 3
Regierungsrates aufgrund der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und bildungspolitischen Bedeutung der Kultur und im Sinne einer zukunftsgerichteten Kulturpolitik vertretbar. Die Massnahmen auf einen Blick 4
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Leitplanken 8 1.1 Planungsbericht zur kantonalen Kulturförderung 8 1.1.1 Der Auftrag 8 1.1.2 Das Vorgehen 8 1.1.3 Der Aufbau und Inhalt des Berichts 9 1.2 Leitplanken der kantonalen Kulturförderung 9 1.2.1 Luzern steht für Lebensqualität 9 1.2.2 Luzern ist ein Innovationsmotor 10 1.2.3 Stadt und Land stärken sich gegenseitig 11 2 Die Kulturförderung des Kantons Luzern 11 2.1 Kulturbegriff 12 2.2 Grundlagen und Entwicklungen der kantonalen Kulturförderung 12 2.2.1 Der kantonale Planungsbericht von 1991 und dessen Vorgeschichte 12 2.2.2 Das Kulturförderungsgesetz und die Verordnungen 13 2.2.3 Der Kanton als Mitträger der Kulturraumentwicklung 13 2.2.4 Aufgabenteilung Kultur im Rahmen der Finanzreform 2008 14 2.2.5 Der Interkantonale Kulturlastenausgleich 14 2.2.6 Salle Modulable 15 2.2.7 Die Standortbestimmung der Stadt Luzern: Kulturagenda 2020 16 2.2.8 Neuerungen auf Zentralschweizer Ebene 16 2.2.9 Neuerungen auf nationaler Ebene: Kulturförderungsgesetz und Kulturbotschaft 17 2.3 Ziele, Kriterien und Arten der Kulturförderung 17 2.3.1 Ziele der kantonalen Kulturförderung und Kulturpolitik 17 2.3.2 Kriterien der kantonalen Kulturförderung 18 2.3.3 Arten der kantonalen Kulturförderung 18 2.4 Staatliche Organe und Gremien 20 2.5 Partner 21 2.6 Finanzielle Aufwendungen 21 2.6.1 Historische Entwicklung 21 2.6.2 Herkunft der Mittel 22 2.6.3 Verteilung der Mittel 23 3 Das Umfeld und die Rahmenbedingungen des Kulturlebens 24 3.1 Kultur und gesellschaftliche Herausforderungen 24 3.1.1 Stadt und Land 24 3.1.2 Raum‐ und Nutzungskonflikte in der Agglomeration 25 3.1.3 Zugang zu Kultur 25 3.1.4 Das Publikum der Zukunft 26 3.1.5 Der Wandel der Medienlandschaft 27 3.1.6 Digitalisierung als Herausforderung und Chance 27 3.2 Kultur und ihr ökonomisches Potenzial 28 3.2.1 Private und Staat fördern gemeinsam Kultur 28 3.2.2 Potenzial Kreativwirtschaft 29 3.2.3 Potenzial Kulturtourismus 29 3.3 Ein Blick in die Zukunft 30 4 Die grossen Kulturinstitutionen: Analyse, Szenarien und Massnahmen 32 4.1 Analyse der Lage der grossen Kulturinstitutionen 32 5
4.1.1 Luzerner Theater 32 4.1.2 Luzerner Sinfonieorchester 33 4.1.3 Kunstmuseum Luzern 33 4.1.4 KKL Luzern 34 4.1.5 Lucerne Festival 34 4.1.6 Verkehrshaus der Schweiz 35 4.1.7 Sammlung Rosengart 35 4.1.8 Andere bedeutende Museen 36 4.2 Analyse der Förderinstrumente 36 4.3 Ergebnisse der Analyse: Grosse Kulturinstitutionen 36 4.3.1 Handlungsbedarf und mögliche Massnahmen 37 4.3.2 Zukunftsszenarien 38 4.3.3 Setzung der Prioritäten 38 4.4 Massnahme I: Das Projekt Neue Theater Infrastruktur Luzern NTI und Förderkonzept für die professionelle Freie Theater‐ und Tanzszene 39 4.4.1 Das Projekt NTI 39 4.4.2 Die Vision „Theater Werk Luzern“ 40 4.5 Massnahme II: Absichtserklärung über eine gemeinsame Kulturfinanzierung von Kanton und Stadt Luzern 41 4.5.1 Ausgangslage 41 4.5.2 Substanzerhalt KKL Luzern 42 4.5.3 Weiterentwicklung Zweckverband Grosse Kulturbetriebe 43 4.5.4 Weitere Verhandlungsergebnisse 44 4.6 Massnahme III: Sicherung der Bundesfinanzierung für das Verkehrshaus der Schweiz (VHS) 45 5 Professionelle freie Szene und Laienkultur: Analyse, Szenarien und Massnahmen 46 5.1 Analyse der Lage des Kulturschaffens ausserhalb der grossen Kulturinstitutionen 46 5.1.1 Ehrenamtliches Engagement, Laienkultur und freie Szene 46 5.1.2 Veränderte Produktions‐ und Veranstaltungsbedingungen 47 5.1.3 Spartenspezifische Übersicht 48 5.2 Analyse der Förderinstrumente 49 5.2.1 Strukturbeiträge an kleine und mittlere Institutionen 49 5.2.2 Investitionsbeiträge 50 5.2.3 Programm‐ und Veranstaltungsbeiträge 50 5.2.4 Einzel‐ und Projektförderung 50 5.2.5 Redundanzen in der Förderung 51 5.3 Ergebnisse der Analyse: Kulturleben ausserhalb der grossen Kulturinstitutionen 52 5.3.1 Handlungsbedarf und mögliche Massnahmen 52 5.3.2 Zukunftsszenarien 54 5.3.3 Setzung der Prioritäten 55 5.4 Massnahme IV: Selektive Produktionsförderung 55 5.4.1 Weiterentwicklung der Werkbeiträge zur selektiven Produktionsförderung 55 5.4.2 Ergänzende Förderbereiche 56 5.5 Massnahme V: Neue Rollenteilung zwischen Kanton, Stadt und Gemeinden 57 5.6 Massnahme VI: Zentralschweizer Filmförderung 58 5.6.1 Vorgeschlagenes Förderkonzept 59 5.6.2 Filmfonds Zentralschweiz 59 5.7 Massnahme VII: Lancierung kantonaler Auszeichnungen 60 6 Die Zusammenarbeit mit Partnern: Analyse, Szenarien und Massnahmen 61 6.1 Analyse der Zusammenarbeit mit Partnern 61 6.1.1 Kantonale Verwaltung 61 6
6.1.2 Stadt und Agglomeration Luzern 61 6.1.3 Gemeinden Landschaft 62 6.1.4 Zentralschweizer Kantone KBKZ und restliche Kantone KBK 63 6.1.5 Bund – Kulturdialog 63 6.1.6 Interessenvertreter Kultur 63 6.2 Ergebnisse der Analyse: Zusammenarbeit, Rollenteilung und Austausch 63 6.2.1 Handlungsbedarf und mögliche Massnahmen 64 6.2.2 Zukunftsszenarien 64 6.2.3 Prioritäten bei der Zusammenarbeit, Rollenklärung und Austausch 64 6.3 Massnahme VIII: Stärkung der Kultur auf der Luzerner Landschaft: regionale Förderfonds 65 6.3.1 Die Rolle des Kantons in der Kulturförderung auf der Landschaft 65 6.3.2 Kantonale Förderfonds als Anreiz für die Regionalisierung der Kulturförderung 65 6.3.3 Aufbauprozess der regionalen Kulturförderung 66 6.4 Massnahme IX: Partnerschaften mit Kulturvertretern – Kulturdialog 67 7 Planung der Kulturförderung bis 2020 67 7.1 Finanzplan 67 7.1.1 Handlungsbedarf und mögliche Massnahmen 67 7.1.2 Zukunftsszenarien 68 7.1.3 Setzung der Prioritäten 68 7.1.4 Mittelbedarf 68 7.1.5 Finanzierungsplan des erhöhten Mittelbedarfs 69 7.2 Zeitplan 70 Verzeichnis der Beilagen 71 Anhang 1 72 Anhang 2 73 Anhang 3 76 Anhang 4 77 Anhang 5 80 Anhang 6 81 Anhang 7 87 Anhang 8 88 Anhang 9 90 7
1 Einleitung und Leitplanken 1.1 Planungsbericht zur kantonalen Kulturförderung 1.1.1 Der Auftrag Am 29. Juni 2010 hat der Kantonsrat die Motion über einen Planungsbericht zur Kulturförde- rungsstrategie1 auf Antrag des Regierungsrates erheblich erklärt. Damit wird dieser aufge- fordert, einen solchen Planungsbericht zu erstellen, bevor er aufgrund des Projekts „Salle Modulable“ konzeptionelle, strukturelle oder inhaltliche Änderungen an der bisher gültigen Kulturförderungsstrategie vollzieht. Die Realisierungschancen des im Dezember 2010 vorgelegten Gesamtkonzepts „Salle Mo- dulable“ sind seit dem Rückzug der in Aussicht gestellten Donation von über 100 Mio. Fran- ken unwahrscheinlich. Unter den beteiligten Partnern bei Stadt, Kanton und den grossen Kulturinstitutionen Luzerner Theater, Luzerner Sinfonieorchester und Lucerne Festival wie auch dem KKL Luzern hat sich dennoch die gemeinsame Überzeugung durchgesetzt, dass es eine neue Theater-Infrastruktur in Luzern braucht. Im Sinn des Motionärs soll die Planung des (Musik-)Theaterplatzes Luzern vor dem Hintergrund einer Auslegeordnung und Analyse der heutigen Kulturförderung sowie im Gesamtzusammenhang mit den Entwicklungsbedürf- nissen anderer Kulturbereiche erfolgen. Das Bildungs- und Kulturdepartement bzw. die Dienststelle Hochschulbildung und Kultur, Abteilung Kulturförderung, wurde im Dezember 2010 mit der Erarbeitung dieses Planungsbe- richts beauftragt. 1.1.2 Das Vorgehen Wie sind das Kulturleben und die Kulturförderung im Kanton Luzern aufgestellt? Wo sind die grössten Herausforderungen zu verorten? Welche kulturpolitischen Massnahmen und Part- nerschaften benötigt der Kanton Luzern dafür? Welche finanziellen Mittel sind für die Umset- zung der Massnahmen einzusetzen? Diese Fragen bilden die Grundlage dieses Planungsberichts, der im Auftrag des Regierungs- rates durch die Abteilung Kulturförderung zwischen März 2011 und Februar 2013 erstellt wurde. Der Bericht basiert auf internen Analysen, die die Abteilung Kulturförderung und die kantonale Kulturförderungskommission im Frühjahr/Sommer 2011 vorgenommen haben. Weiter stützt sich der Bericht auf Gespräche mit Exponenten des Luzerner Kulturlebens und Förderverantwortlichen in den verschiedenen Regionen des Kantons. Dabei wurden anhand verschiedener Leitfragen Stärken und Schwächen sowie Bedürfnisse und Lösungsansätze im Kulturleben des Kantons wie auch in der kantonalen Kulturförderung diskutiert. In den Bereichen Film und Freie Theaterszene wurden zudem externe Mandate zur Erarbei- tung von Förderkonzepten erteilt: Gemeinsam mit den Zentralschweizer Kantonen gab der Kanton Luzern ein Konzept zur Zentralschweizer Filmförderung in Auftrag. Zusammen mit der Stadt Luzern beauftragte er Vertreterinnen des Berufsverbands der freien Theaterschaf- fenden ACT mit der Erstellung eines Förderkonzepts zur Freien Theaterszene.2 Weiter wur- den im Frühjahr 2012 in den Bereichen Chormusik sowie improvisierte Musik Gespräche mit Experten und Vertretern der Szene geführt, um die Förderanstrengungen des Kantons zu optimieren. Die Visarte Zentralschweiz, der Berufsverband der bildenden Künste, wurde zu- dem aufgefordert, zur Förderung der bildenden Kunst durch die kantonale Kulturförderung Stellung zu nehmen. 1 Motion über einen Planungsbericht zur Kulturförderungsstrategie von Nino Froelicher und Mit. (M 664, eröffnet am 10. Mai 2010) http://www.lu.ch/download/gr-geschaefte/2007-2011/m_664.pdf. 2 Genauere Angaben dazu finden sich im Anhang 1. 8
Bei der Ausarbeitung des Berichts hat ausserdem die Zusammenarbeit mit der Abteilung Kultur und Sport der Stadt Luzern wertvolle Anregungen eingebracht. Die Stadt Luzern hat im Jahr 2011 ebenfalls einen kulturpolitischen Standortbericht verfasst (Kapitel 2.2.7). Von den Resultaten der partizipativen Prozesse (Fachgespräche mit Kulturschaffenden) konnte dieser Bericht profitieren. Auch die Arbeit des Zweckverbands Grosse Kulturbetriebe von Kanton und Stadt Luzern ist essenziell für diesen Bericht, da dieser das Mandat für die Erarbeitung eines Konsenskon- zepts für eine Neue Theater Infrastruktur Luzern NTI trägt und dafür per Januar 2012 eine Projektleiterin mit der Erarbeitung der Projektierungsgrundlagen beauftragt hat. Der Bericht beinhaltet einen Projekt-Zwischenstand, wie er am 15. April 2013 der Öffentlichkeit vorge- stellt wurde. 1.1.3 Der Aufbau und Inhalt des Berichts Im ersten Kapitel des Berichts werden entlang der in der Kantonsstrategie formulierten stra- tegischen Ziele die Leitplanken der kantonalen Kulturförderung skizziert. Im zweiten Kapitel wird die Kulturförderung des Kantons Luzern porträtiert (Arten der Förderung, Kriterien, Or- gane/Gremien, Mittel usw.). Das dritte Kapitel beinhaltet die Analyse der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen des kulturellen Schaffens im Kanton. Das vierte Kapitel widmet sich den grossen Kulturinstitutionen im Kanton Luzern, das fünfte Kapitel dem freien Kulturschaffen und das sechste Kapitel den Partnerschaften der kantona- len Kulturförderung: Dabei wird jeweils zuerst die Lage der verschiedenen Akteure, Instru- mente und Beziehungen analysiert. Darauf folgen eine Zusammenfassung des Handlungs- bedarfs und eine Auflistung der möglichen Massnahmen. Anhand eines Negativ- und eines Positivszenarios werden anschliessend pro Bereich die Prioritäten gesetzt und mehrere Massnahmen zur Umsetzung vorgeschlagen. Zum Schluss werden in Kapitel 7 die kultur- und finanzpolitischen Planungsschritte bis 2020 aufgezeigt. Dieser Bericht setzt sich mit dem Kulturleben und der Kulturförderung im Kanton Luzern auseinander. Nicht Teil des Berichts sind bildungspolitische Themen wie die Ausbildung von Kunstschaffenden und das Bibliothekswesen. Auch Soziokultur und Jugendförderung wer- den in diesem Bericht nicht dargestellt. Ebenfalls nicht Teil dieses Berichts sind die Tätigkei- ten des Kantons im Bereich der Archäologie und Denkmalpflege sowie die Arbeit der kanto- nalen Museen (Historisches Museum und Natur-Museum). 1.2 Leitplanken der kantonalen Kulturförderung Mit der Kantonsstrategie ab 2011 setzt sich der Kanton langfristige und übergreifende Ziele. Die Strategie umfasst drei Hauptziele, die das staatliche Handeln in den nächsten Jahren bestimmen sollen: Luzern steht für Lebensqualität. Luzern ist ein Innovationsmotor. Stadt und Land stärken sich gegenseitig. Diese Ziele werden für diesen Bericht als Leitplanken aufgearbeitet und in Bezug auf die Kultur konkretisiert. 1.2.1 Luzern steht für Lebensqualität Um dieses Ziel zu erreichen, stärkt der Kanton Luzern verschiedene Pfeiler: Dazu gehören „harte“ Qualitätsfaktoren wie intakte Naturräume, attraktive Wohnanlagen, eine leistungsfä- hige Verkehrsinfrastruktur oder moderate Lebenshaltungskosten. Ebenfalls ein „harter" Qua- litätsfaktor ist das Kulturangebot auf international wettbewerbsfähigem Niveau. International wettbewerbsfähiges Kulturangebot Ein international wettbewerbsfähiges Kulturangebot lässt zuerst an kulturelle Leuchttürme wie das KKL Luzern, das Lucerne Festival, das Luzerner Theater oder das Luzerner Sinfo- 9
nieorchester denken. Sie haben Luzern den Ruf einer Musikstadt eingetragen und sind ge- meinsam mit weiteren Kulturangeboten im Kanton prioritär, wenn es um die Attraktivität der Kultur im Umfeld des Tourismus oder des Standortwettbewerbs geht. Dieses international ausstrahlende Angebot des Kantons Luzern kann jedoch nur auf der Basis eines regional und national bedeutenden Kulturlebens bestehen. Die Verankerung der Angebote, die im internationalen Wettbewerb stehen, geschieht zum einen über deren Verbindung und ergänzende Funktion zu anderen regional und national ausstrahlenden Angeboten. Zum anderen finden auch der kulturelle Nachwuchs und die Ab- gänger der Hochschulen im und ausserhalb des Kantons Luzern eine Heimat in diesen Insti- tutionen und tragen zu einer nachhaltigen Verwurzelung des Kulturlebens bei. Ebenso zum Fundament der kulturellen Leuchttürme gehört die kulturell interessierte Bevölkerung des Kantons, die ein breites Interesse an einer vielgestaltigen Kultur hat. Diese hat das Selbst- verständnis, in einem vielseitigen Kulturkanton zu leben und schenkt kleineren Kulturanläs- sen oder Nischenangeboten genauso gerne ihre Aufmerksamkeit wie den grossen. Kultur als Plattform für Wertediskussionen Zu den „harten“ Faktoren kommen etliche „weiche“ Aspekte hinzu, die den Kanton Luzern zu einem attraktiven Lebensraum machen: Dazu gehören die intakten gesellschaftlichen Struk- turen sowie eine gute soziale Durchmischung. Der Kanton setzt sich dafür ein, diese Werte zu sichern. Er will zudem, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner als Einzelne und die Gesellschaft als Ganzes optimal entfalten können. Dies geschieht in einem nicht einfachen Umfeld: Die Bevölkerung wächst stark und wird immer vielfältiger. Gesamtgesellschaftlicher Konsens wie gemeinsame Werte werden häufiger infrage gestellt. Kultur ist ein Feld, das Diskussionen über Werte und Normen der Gesellschaft nicht nur zu- lässt, sondern geradezu fordert. Kultur spürt gesellschaftliche Entwicklungen auf, begleitet und verstärkt oder reflektiert sie. Die Fähigkeit des kulturellen Schaffens, relevante und aktu- elle Themen aufzugreifen sowie Vergessenes oder Verdrängtes wieder sichtbar zu machen, ist in unserer Gesellschaft essenziell. Gerade im Zusammenhang mit gesellschaftlichen He- rausforderungen wie Migration bzw. Integration oder dem Phänomen der Globalisierung hat Kultur eine identitätsstiftende und vermittelnde Funktion. Sie festigt und prägt die Identität einer Region und regt gleichzeitig den Dialog zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Traditionen an. Kultur formt somit unsere Gesellschaft in elementarer Weise. Um diese Aufgabe überneh- men zu können, braucht es ein aktives, engagiertes und gut sichtbares Kulturleben im Kan- ton Luzern. Austausch und Mitgestaltung stiften Zusammenhalt Kultur ist ein Teil der Freizeitgestaltung: Der Besuch von Konzerten, Kinos, Museen und Theateraufführungen ist für viele ein Ausgleich zum Arbeitsalltag und eine Möglichkeit, sich zu unterhalten und zu entspannen. Sie ist ein Ort, an dem Gesellschaft „stattfindet“: Man trifft sich, tauscht sich aus, diskutiert und wird teilweise auch selber aktiv. Gerade der letzte As- pekt ist zentral für die gesellschaftliche Rolle der Kultur: Der Kanton Luzern ist auch dadurch ein lebenswerter Kanton, dass Einwohnerinnen und Einwohner das gesellschaftliche und kulturelle Leben mitgestalten können. Die Laienkultur bildet dafür eine wichtige Basis. Damit die Kultur diese aktive Rolle als Stifterin von Zusammenhalt übernehmen kann, braucht es einen Zugang zu kulturellen Themen und Ausdrucksformen. Dieser Anspruch verlangt nach einem offenen und für alle Bevölkerungsschichten zugänglichen Kulturleben sowie nach einer starken Kultur der Vermittlung. 1.2.2 Luzern ist ein Innovationsmotor Luzern soll gemäss Kantonsstrategie auch ein Kanton sein, in dem Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung zu einem starken Innovationsmotor verknüpft sind. Kultur ist sehr eng mit dem 10
Begriff der Innovation verknüpft: Innovation ist einer der Leitbegriffe des künstlerischen Schaffens unserer Zeit. Kulturelles Schaffen zeigt neue Perspektiven auf und kreiert Ideen. Kultur denkt über das Bestehende hinaus und entwirft Visionen. Diese wiederum fliessen zurück in gesellschaftliche, wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen. Zwischen den beiden Feldern Wirtschaft und Kultur besteht ein besonders reger Austausch: Die Kulturschaffenden übernehmen Prinzipien der Unternehmensführung und der Marktori- entierung, liefern Inputs für die sogenannte Kreativwirtschaft oder die Wirtschaft entdeckt die Kultur für Sponsoring, Wertschöpfung, Ideen, Arbeitskräfte, Standortpromotion. Auch kultu- relle Institutionen jenseits der Kreativindustrie steuern einen relevanten Beitrag zur volkswirt- schaftlichen Wertschöpfung bei. Damit dieses Zusammenspiel gewinnbringend für beide Seiten ist, braucht es eine Wirt- schaft, die dem kulturellen Schaffen offen und mit Respekt vor dessen Freiheit begegnet. Und es braucht eine Kultur, die wirtschaftliches Denken nicht aus prinzipiellen Gründen ab- lehnt, sondern es sich mit einer ebenso offenen Haltung zunutze macht. 1.2.3 Stadt und Land stärken sich gegenseitig Die gegenseitige Stärkung von Stadt und Land gehört ebenfalls zu den übergreifenden Zie- len des Kantons Luzern: Stadt und Land ergänzen sich in ihren unterschiedlichen Funktio- nen. Die Unterschiede zwischen ländlichen Lebensräumen und urbanen Ballungsräumen lassen sich nur durch eine gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren überwinden und produktiv nutzen. Dabei ist es wichtig, dass man sich auf gemeinsame Wer- te stützen und gemeinsame Ziele verfolgen kann. Hier kann Kultur einen wichtigen Beitrag leisten. Es geht darum, die gemeinsame Identität des Kantons Luzern trotz der Unterschiede der verschiedenen Lebens- und Wirtschaftsräu- me zu erkennen und zu pflegen: Dazu gehören Traditionen und Bräuche genauso wie das aktuelle kulturelle Schaffen. Auch wenn nicht jeder Bewohner und jede Bewohnerin des Kan- tons sich zu denselben kulturellen Formen hingezogen fühlt, ergibt sich aus der Vielfalt doch wieder eine gewisse Einigung auf Geteiltes und Gemeinsames. Diese übergreifende kulturel- le Identität macht eine Gesellschaft einzigartig. Dabei sind die Dokumentation und Überliefe- rung des kulturellen Erbes sowie das aktuelle kulturelle Schaffen wiederum zentral. Dafür braucht es zu Stadt und Land ein starkes und vielfältiges Kulturleben, das die Men- schen trägt, integriert und inspiriert. Vor Ort geschaffene Kultur darf kein Privileg der Zent- rumsbewohner sein. Die kulturellen Angebote sollten sich wiederum nicht nur an ein Publi- kum vor Ort richten, sondern offen für alle Interessierten sein. Nur so kann Kultur Zentren und Landschaft, das Urbane und das Ländliche verbinden und zu so etwas wie einer „Luzer- ner Kultur“ werden. 2 Die Kulturförderung des Kantons Luzern Die staatliche Förderung von Kultur gewinnt ihre Legitimation aus der zentralen Stellung der Kultur in unserer Gesellschaft und deren Einfluss auf verschiedenste Bereiche des Zusam- menlebens. Der Staat muss die nötigen Grundlagen für eine zeitgemässe Kulturförderung schaffen und mit seiner Tätigkeit den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen. Die Kulturförderung des Kantons Luzern hat sich denn auch seit dem letzten Standortbericht im Jahr 1991 stark entwickelt. In der Folge wird zuerst der Kulturbegriff geklärt und danach werden die zentralen Veränderungen sowie der Kontext dieser Entwicklungen aufgezeigt. Die Instrumente und Kriterien der kantonalen Kulturförderungstätigkeit werden zusammen- fassend dargestellt. Zum Schluss folgt eine Auslegeordnung der verschiedenen involvierten Gremien und Partner. 11
2.1 Kulturbegriff Es gibt unzählige Definitionen des Begriffs „Kultur“. Und dieser Kulturbegriff ist einem steti- gen Wandel unterworfen. Forschende der verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen versuchen immer wieder von Neuem, Kultur im Spannungsfeld ihrer gesellschaftlichen Rah- menbedingungen zu definieren. Der Kulturbegriff im Bereich der Kulturförderung war lange Zeit stark von historisch bedingten Beschränkungen bestimmt: Kultur war nur das Etablierte; lediglich traditionelle Institutionen wie Orchester oder Theater konnten auf öffentliche Unter- stützung zählen. Inzwischen hat sich der Blick jedoch für die Vielfalt des kulturellen Schaf- fens geöffnet. Die Kulturdefinition der UNESCO (1983) ist eine der am häufigsten verwendeten Definitio- nen. Sie hält fest: „Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigar- tigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schliesst nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“3 Somit umfasst Kultur auch vieles, was sich aus- serhalb von Kultur im Sinne von „Kunst“ abspielt. Kulturförderung engagiert sich für die künstlerischen Ausdrucksformen von Kultur wie Musik, Theater, Tanz, Literatur, Film, Fotografie, bildende Kunst, Architektur usw. und deren Ver- mittlung. Diese künstlerischen Ausdrucksformen sind der Ort, an welchem jene Werte eine erlebbare Form finden, die unsere Gesellschaft im Kern zusammenhalten. Im Bericht wird der Begriff Kultur in diesem engeren Sinne von künstlerischen Ausdrucksformen verwendet. 2.2 Grundlagen und Entwicklungen der kantonalen Kulturförderung 2.2.1 Der kantonale Planungsbericht von 1991 und dessen Vorgeschichte Im Mai 1980 genehmigte der Zürcher Stadtrat 60 Mio. Franken für die Renovation des Opernhauses, lehnte jedoch die Forderungen von Kulturschaffenden nach einem autonomen Jugendzentrum ab. Darauf folgten die sogenannten „Opernhauskrawalle“, welche die städti- sche Politik zum Dialog zwangen und dazu führten, dass der geforderte Raum für alternative kulturelle Aktivitäten zur Verfügung gestellt wurde. Auch der Kanton bzw. die Stadt Luzern reagierte: Luzerner Musikbands erhielten in der ehemaligen kantonalen Strafanstalt Sedelhof ausserhalb der Stadt Musikproberäume. Daraus entwickelte sich in der Folge das Musik- und Atelierzentrum Sedel. 1980 wurde zudem der schlechte bauliche Zustand des alten Kunst- und Kongresshauses von Architekt Armin Meili aus den Jahren 1933/34 bekannt. Während der folgenden 1980er-Jahre wurden Kulturräume und die Förderung von Kulturpro- jekten auch in Luzern zunehmend öffentlich thematisiert. 1988 wurde die Stiftung Konzert- haus gegründet und eine „Hayek-Studie“ zur Optimierung der Kulturräume der Stadt Luzern in Auftrag gegeben. 1989 beauftragte die Luzerner Regierung eine Arbeitsgruppe, Vorarbei- ten für einen Planungsbericht zur kantonalen Kulturförderung zu erstellen. Der Planungsbericht von 1991 präsentierte eine Bestandsaufnahme der kulturellen Projekte im Kanton Luzern und skizzierte ein Wachstum für die folgenden Jahre. Integraler Bestand- teil war die künftige Finanzierung der neuen Kulturraumbauprojekte. Der Bericht zeigte zu- dem die Notwendigkeit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die kantonale Kultur- förderung auf. Dem Planungsbericht folgten das erste kantonale Kulturförderungsgesetz und diverse Kulturraumprojekte, an denen sich der Kanton beteiligte. 3 Siehe: Weltkonferenz über Kulturpolitik. Schlussbericht der von der UNESCO vom 26. Juli bis 6. August 1982 in Mexiko-Stadt veranstalteten internationalen Konferenz. Hrsg. von der Deutschen UN- ESCO-Kommission. München: K. G. Saur 1983. (UNESCO-Konferenzberichte, Nr. 5), S. 121. 12
2.2.2 Das Kulturförderungsgesetz und die Verordnungen Das Kulturförderungsgesetz vom 13. September 19944 baut auf dem im Planungsbericht von 1991 skizzierten Kriterien- und Massnahmenkatalog auf. Es dient seit der Inkraftsetzung am 1. Januar 1995 neben den Verordnungen über die Kulturförderungskommission5 und über Beiträge des Kantons Luzern und der Stadt Luzern an Künstlerinnen und Künstler6 als ge- setzliche Grundlage für die Tätigkeit der kantonalen Kulturförderung. Im Kulturförderungsgesetz ist festgelegt, dass der Kanton und die Gemeinden das kulturelle Leben und kulturelle Werte zu Stadt und Land fördern, erhalten und vermitteln sollen. Dabei ist die Freiheit der Kunstschaffenden zu achten. Auch Kriterien sind im Gesetz benannt: a. Qualität, b. Bedeutung für den Kanton Luzern, c. Vermittlung an möglichst viele und ver- schiedene Bevölkerungsgruppen. Es wird festgehalten, dass der Kanton die verschiedenen kulturellen und regionalen Interessen angemessen zu berücksichtigen hat. Für die Erfüllung der im Gesetz benannten Aufgaben stehen dem Kanton verschiedene Instrumente zur Ver- fügung, die im Gesetz verankert sind (siehe Kapitel 2.3.3). Für die Kulturpflege im Kanton Luzern sind die Abteilung Denkmalpflege und Archäologie sowie die beiden vom Kanton Luzern betriebenen Museen (Historisches Museum und Natur- Museum) zuständig. Erstere widmen sich hauptsächlich der Erforschung und der Erhaltung von überlieferten, vor allem immobilen Kulturgütern. Letztere erforschen, pflegen, unterhalten und präsentieren Sammlungen und vermitteln den Besucherinnen und Besuchern eine breite Palette von historischen und naturwissenschaftlichen Themen. Das Kulturförderungsgesetz behandelt auch die Zusammenarbeit des Kantons mit Partnern wie Gemeinden, Gemeindeverbänden, anderen Kantonen, Bund, Kirchen oder Privaten mit dem Ziel der Koordination der Kulturförderungstätigkeiten der verschiedenen Akteure. Die kantonale Kulturförderung ist gemäss Gesetz gegenüber Leistungen von Privaten, Gemein- den und Gemeindeverbänden subsidiär und bemüht sich um gute Rahmenbedingungen für das Kulturschaffen und die Kulturförderung. Sie regt zudem zur Zusammenarbeit unter Kul- turträgern an und fördert den Kulturkontakt und den Kulturaustausch. 2.2.3 Der Kanton als Mitträger der Kulturraumentwicklung Im Zentrum der im Planungsbericht aufgezeigten Kulturraumentwicklung stand das Kultur- und Kongresszentrum Luzern, dessen Bau beträchtliche Investitionen vonseiten der öffentli- chen Hand erforderte. Für das KKL Luzern sicherte der Kanton Luzern der Trägerschaft mit Dekret einen Staatsbeitrag von insgesamt 25 Mio. Franken zu.7 Im Zuge der Entwicklungen war der Kanton Luzern gefordert, für einen Ausgleich zwischen den grossen Kulturbetrieben in der Stadt Luzern und den kleinen und mittleren Akteuren im Kanton zu sorgen. Infolgedessen wurde der Kanton nicht allein zum Beiträger von finanziellen Mitteln an Infra- strukturprojekte, sondern zum Mitträger diverser Kulturinstitutionen zu Stadt und Land. Als solcher übernahm er bei grossen kulturellen Zentrumsaufgaben gemeinsam mit den jeweili- gen Zentrums- und Agglomerationsgemeinden sowie privaten Organisationen die Verantwor- tung. Diese Mitträgerschaft bedurfte einer klar geregelten Mitsprache auf kantonaler Seite und einer Mitentscheidung in allen Projektphasen. Insgesamt investierte der Kanton über 10 Mio. Franken in kulturelle Räume ausserhalb der grossen Kulturbetriebe. 4 Kulturförderungsgesetz http://www.lexfind.ch/dta/24018/2/402.pdf. 5 Verordnung über die Kulturförderungskommission http://www.lexfind.ch/dta/23896/2/598.pdf. 6 Verordnung über Beiträge des Kantons Luzern und der Stadt Luzern an Künstlerinnen und Künstler http://www.lexfind.ch/dta/23895/2/599.pdf. 7 Siehe: Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat B 94 zu einem Grossratsbeschluss über die Genehmigung der Abrechnung über die Teilnahme des Kantons Luzern an der Stiftung für die Trägerschaft des Kultur- und Kongresszentrums am See, Luzern, die Widmung von 3 Mio. Franken und einen Baubeitrag an das Kultur- und Kongresszentrum am See www.lu.ch/PublicationenCM/pdf/botschaften/b_094.pdf. 13
2.2.4 Aufgabenteilung Kultur im Rahmen der Finanzreform 2008 Ein weiterer Meilenstein in der Organisation und Ausrichtung der kantonalen Kulturförderung war die Finanzreform von 2008. Sie hatte zum Ziel, die Zuständigkeiten bei den Aufgaben der öffentlichen Hand zu klären, Doppelspurigkeiten abzubauen und die Effizienz zu stei- gern.8 Im Kanton Luzern mussten folglich über 350 Aufgaben analysiert und zwischen Kan- ton und Gemeinden neu aufgeteilt werden. Der Bereich der Kulturförderung wurde als Teilprojekt der Finanzreform behandelt. Die Kul- turförderung ist in hohem Mass durch die Subsidiarität, d. h. durch das Zusammenwirken von Privaten, Gemeinden, Kantonen und Bund geprägt. Die Teilung von freiwilligen Verbund- Aufgaben erwies sich in der Erarbeitung der Aufgabenteilung als schwierig. Dennoch bot das Aufgabenteilungsprojekt die Chance, bei der Kulturförderung auf der regionalen Ebene sowie im professionellen und institutionellen Bereich der grossen Kulturbetriebe (Luzerner Theater, Luzerner Sinfonieorchester, Verkehrshaus der Schweiz, Kunstmuseum Luzern, KKL Luzern) mehr Verbindlichkeit in der Aufgabenerfüllung durch Gemeinden und Kanton zu erzielen und das bestehende Kulturförderungsgesetz entsprechend zu ergänzen. Der Kanton übernahm in der Folge die Hauptverantwortung für die grossen Kulturbetriebe. Der Verteilschlüssel zwischen Kanton und Stadt Luzern wurde auf 70 Prozent zu 30 Prozent festgelegt, welcher in Etappen bis zum Jahr 2012 zu erreichen war. Für die Finanzierung der drei grossen Kulturbetriebe Luzerner Theater, Luzerner Sinfonieorchester und Kunstmuseum Luzern wurde von Kanton und Stadt ein Zweckverband gegründet. Der Kanton übernahm folglich von den zwölf Regionsgemeinden den bisherigen 10-Prozent-Anteil an der Theater- und Orchester-Subvention. Dies führte bei den Gemeinden zu einer Entlastung im Umfang von 2 Mio. Franken. Zudem entlastete der Kanton im Sinn einer älteren Pendenz aus dem kantonalen Finanzausgleich die Stadt Luzern bei den zentralörtlichen Kulturlasten um 4 Mio. Franken. Die Entlastung der Gemeinden wurde teilweise mit einem grösseren Engagement der Ag- glomerationsgemeinden in der regionalen Kulturförderung kompensiert. 16 Gemeinden und die Stadt Luzern engagieren sich seither im Umfang von insgesamt 800’000 Franken in der Regionalkonferenz Kultur Luzern RKK.9 Auch diese Aufgabenteilung führte zu einer Anpas- sung des Kulturförderungsgesetzes. In § 4 Absatz 3 wurde die Zuständigkeit und Zusam- menarbeit der Gemeinden bei der Förderung der lokal und regional bedeutenden Kultur fest- gehalten. Die Bildung regionaler Trägerschaften sollte also künftig von den Gemeinden ge- fördert werden. Die Gemeinden sollen sich in bestimmten, regional bedeutsamen Bereichen der Kulturförderung zusammenschliessen und gemeinsam ein Kulturangebot in der Region bzw. im Zentrum mitfinanzieren. Die Praxis der frei bestimmbaren Einzelprojektförderung von Produktionen und Veranstal- tungen auf Gesuch hin wurde weitergeführt, ebenso die Zusammenarbeit zwischen Gemein- den sowie die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kanton bei kantonal bedeutenden Projekten. Der Kanton Luzern kann nach wie vor im subsidiären Sinn bei überregional be- deutsamen Projekten und Veranstaltungen sowie im Sinn einer Ausgleichsfunktion zwischen städtischen und ländlichen Gebieten mitwirken. 2.2.5 Der Interkantonale Kulturlastenausgleich Mit der Inkraftsetzung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen NFA wurde es möglich, für überregionale Kultureinrichtungen rechtlich verbindliche Abgeltungszahlungen der mitbenutzenden Kantone vorzusehen. Die 8 Siehe: Vernehmlassungsbotschaft zum Entwurf eines Gesetzes über den Erlass, die Änderung und die Aufhebung von Gesetzen zur Umsetzung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) und zur Gemeindereform 2000+ (Finanzreform): http://www.lu.ch/vn_finanzreform_botschaft.pdf. 9 Siehe: http://www.regionalkonferenzkultur.ch/. 14
Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kulturein- richtungen10 setzte dies um und war ein bedeutendes Ereignis in der Kulturpolitik des Kan- tons Luzern. Sie trat auf den 1. Januar 2010 in Kraft und integrierte neben den beiden Standortkantonen Zürich und Luzern auch Uri, Schwyz, Zug und Aargau. Die Kantone Nid- und Obwalden leisten auf der freiwilligen Basis eines Rahmenkredits Zahlungen. Insgesamt fliessen pro Jahr 4,4 Mio. Franken aus dem Interkantonalen Kulturlastenausgleich an den Kanton Luzern (netto Berechnungsperiode 2010–2012). Das Ziel der Vereinbarung ist die Entlastung der beiden Standortkantone Luzern und Zürich von den Kosten der überregional ausstrahlenden und stark benutzten Kultureinrichtungen. Diese Kultureinrichtungen tragen nicht nur zu einem positiven Image der Standortkantone als Kulturzentren bei, sondern erhöhen auch die Lebens- und Wohnqualität der umliegenden Kantone. Entsprechend wird das überregionale Kulturangebot auch bei der Standortpromoti- on dieser Kantone verwendet. Für die Standortkantone haben diese Kultureinrichtungen einerseits hohe finanzielle Lasten, andererseits aber auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen zur Folge. Dies wird mit einem Standort-Abzug von 25 Prozent berechnet. Die öffentliche Hand in Zürich und Luzern – ne- ben den Kantonen zahlen auch die beiden Städte – investiert pro Jahr rund 130 Mio. Fran- ken (Zürich) bzw. 35 Mio. Franken (Luzern) in die überregionalen Kultureinrichtungen (Inves- titionen und Betriebsbeiträge). Diese Kosten werden gemäss der kantonalen Herkunft des Publikums – die sich aus der Auswertung von Abonnementen und der Erhebung von Stich- proben bei den Einzeleintritten ergibt – auf die Kantone verrechnet. Abgeschlossen werden die Berechnungen mit der Berücksichtigung der in den Zusatzprotokollen der Vereinbarung festgehaltenen Reduktionen und Beschränkungen. Der Kulturlastenausgleich stellt für den Kanton Luzern eine wichtige Entlastung im Bereich der Kulturausgaben dar und ist ein zentrales Element der interkantonalen Zusammenarbeit im Bereich der Kulturfinanzierung und -förderung. 2.2.6 Salle Modulable Im September 2007 wurde von privater Seite nach einer Idee von Pierre Boulez (Komponist) und Michael Haefliger (Intendant Lucerne Festival) und mit einer privaten Schenkung von über 100 Mio. Franken das Projekt „Salle Modulable“ ins Leben gerufen. Geplant war, für Luzern einen weltweit einzigartigen Musiktheatersaal zu bauen. In diesem Saal beabsichtigte das Lucerne Festival Musiktheater mit internationaler Ausstrahlung zu produzieren. Zudem sollte der Jahresbetrieb des Luzerner Theaters integriert werden und dadurch dessen infra- strukturellem Entwicklungsbedarf begegnet werden. Im Oktober 2010 wurde die private Schenkung überraschend zurückgezogen. Die Stiftung Salle Modulable hat rechtliche Schrit- te dagegen ergriffen. Ein Gerichtsprozess ist zurzeit auf den Bermudas hängig. Die Projekt- arbeit um das Gesamtkonzept „Salle Modulable“ wurde im Dezember 2010 vorerst beendet. Das Projekt „Salle Modulable“ hat verschiedene Kulturinstitutionen (Lucerne Festival, Luzer- ner Theater, LSO, Hochschule Luzern – Musik) an einen Tisch geholt und eine intensive kul- turpolitische Diskussion angeregt. Die wichtigsten kulturpolitischen Themen waren der Er- neuerungsbedarf der Infrastruktur des Luzerner Theaters und das Ungleichgewicht in der Verteilung der Fördermittel im Bereich Theater und Tanz zwischen den grossen Kulturinstitu- tionen und der Freien Szene. Vor diesem Hintergrund hat der Kantonsrat am 29. Juni 2010 die Motion über einen Pla- nungsbericht zur Kulturförderungsstrategie auf Antrag des Regierungsrates erheblich erklärt und damit den vorliegenden Bericht initiiert. Mit Beschlüssen vom 15. und 16. Juni 2011 ha- 10 Siehe: Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kultureinrichtungen (Interkantonale Kulturlastenvereinbarung): http://www.lexfind.ch/dta/30346/2/495.010.pdf. 15
ben der Stadtrat und der Regierungsrat dem Zweckverband Grosse Kulturbetriebe Kanton Luzern den Auftrag erteilt, zusammen mit den relevanten Partnern Luzerner Theater, Luzer- ner Sinfonieorchester, Lucerne Festival, KKL sowie mit der professionellen Freien Szene (vertreten durch den Berufsverband der freien Theaterschaffenden ACT und durch den Süd- pol) die Vorarbeiten für die Projektierung einer neuen Theater Infrastruktur NTI zu leisten. Per Januar 2012 hat der Zweckverband eine Projektleitung eingesetzt (siehe Kapitel 4.4). 2.2.7 Die Standortbestimmung der Stadt Luzern: Kulturagenda 2020 Nachdem die Stadt Luzern in den Jahren 2000/2001 einen letzten Grundlagenbericht zur kulturpolitischen Standortbestimmung verfasst hatte, ordnete der Stadtrat zehn Jahre später erneut die Durchführung einer kulturpolitischen Standortbestimmung an. In den Jahren 2011/2012 wurde entsprechend eine Situationsanalyse der Kultur in der Stadt Luzern durch- geführt. In diese wurden neben den direkt betroffenen Stakeholdern auch die interessierte Öffentlichkeit und weitere Kreise einbezogen. So erfolgte der Prozess auch in enger Zu- sammenarbeit mit der kantonalen Kulturförderung. Ein reger Austausch koordinierte die Er- arbeitung des städtischen Standortberichts mit dem kantonalen Planungsbericht, damit für beide Parteien relevante Ergebnisse und Erkenntnisse beidseits in die Berichte einfliessen konnten. Im Rahmen der Standortbestimmung wurde eine Befragung der Kulturorganisationen und Kulturbetriebe in der Stadt Luzern durchgeführt. Diese hat u. a. gezeigt, dass Luzern über eine engagierte Kulturszene verfügt, welche pro Jahr rund 150 Mio. Franken umsetzt. Da die Umfrage keinen hundertprozentigen Rücklauf hatte, wird diese Zahl in der Realität sogar übertroffen. Die grossen Organisationen erhalten rund 95 Prozent aller Beiträge der öffentli- chen und privaten Kulturförderung und bestreiten rund 90 Prozent des jährlichen Betriebs- aufwands aller befragten Kulturbetriebe. Die kleinen und mittelgrossen Organisationen erhal- ten 5 Prozent von den öffentlichen und privaten Fördergeldern. Trotzdem erarbeiten sie bei- nahe die Hälfte aller Produktionen und Veranstaltungen und sind in der Stadt Luzern fest verankert. Themen des Berichts sind die Stadtentwicklung, die Nutzung von kreativem Potenzial, Zwi- schennutzungen von Gebäuden, die konzeptionelle „Neuerfindung“ des Luzerner Theaters, die teils prekären Produktionsbedingungen der freien Szene, das KKL Luzern als Symbol des Aufbruchs sowie das Entwicklungspotenzial der Musikstadt Luzern. Auf der kulturpolitischen Agenda der Stadt stehen entsprechend den Ergebnissen des Be- richts u. a. die Aufgabenteilung zwischen Kanton, RKK und Stadt bei der Kulturförderung, die Diskussion des Lastenausgleichs Kultur zwischen Kanton und Stadt, die Zukunftssicherung des KKL Luzern oder die Konkretisierung der Neuen Theater Infrastruktur NTI. Die Stadt Luzern präsentierte ihren Standortbericht im März 2012 der Öffentlichkeit und führ- te eine Vernehmlassung durch. Um die Strategie der neuen Stadtregierung im Bereich der Kultur zu erarbeiten, wurden im Winter 2012 mehrere runde Tische mit Kulturschaffenden aller Sparten und Bereiche durchgeführt. Die Resultate dieser Gespräche sollen in die Erar- beitung des strategischen Teils der Kulturagenda 2020 einfliessen. Die parlamentarische Behandlung des strategischen Berichts soll im Januar 2014 parallel zur Behandlung des kan- tonalen Planungsberichts erfolgen. 2.2.8 Neuerungen auf Zentralschweizer Ebene Die Zentralschweizer Kantone arbeiten seit Jahren auch in der Kulturförderung zusammen. Die zuständigen Bildungs- und Kulturdirektoren BKZ setzten dazu die Zentralschweizer Kul- turbeauftragtenkonferenz KBKZ ein. In den letzten Jahren konnte diese Zusammenarbeit im Interesse einer starken Kulturregion weiter verbessert werden, insbesondere durch ein geeintes Auftreten gegenüber anderen Schweizer Regionen und dem Bund. Dies geschah zum Beispiel bei der Entwicklung der 16
neuen gesetzlichen Grundlagen beim Bund oder durch die gemeinsame Umsetzung von nationalen Projekten, wie der Zentralschweizer Umsetzung der UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes. Mit dem Ziel der Schaffung einer verbindlicheren und stärkeren gemeinsamen Zentralschweizer Filmförderung (Fondslösung) möchte die KBKZ nun noch einen Schritt weitergehen (siehe Kapitel 5.6). 2.2.9 Neuerungen auf nationaler Ebene: Kulturförderungsgesetz und Kultur- botschaft Die Eidgenössischen Räte haben am 11. Dezember 2009 das Bundesgesetz über die Kultur- förderung (Kulturförderungsgesetz, KFG) verabschiedet. Dieses trat am 1. Januar 2012 in Kraft.11 Das KFG regelt die Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Bundesakteuren und definiert deren Aufgaben. Entsprechend werden darin auch die Zuständigkeiten des Bundes gegenüber den in der Kulturförderung primär zuständigen Kantonen sowie den Ge- meinden abgegrenzt. 2011 hat der Bundesrat in Ergänzung zum Kulturförderungsgesetz die Kulturbotschaft über die strategische Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes für die Kreditjahre 2012 bis 2015 dem Parlament überwiesen.12 Kernziele der Kulturpolitik des Bundes sind die Pflege der kul- turellen Vielfalt und die Verbesserung des Zugangs zur Kultur sowie die Förderung des Aus- tauschs und die Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Der Bund verstärkt laut der Kulturpolitik auch die Zusammenarbeit mit den Kantonen, Städ- ten und Gemeinden in einem nationalen Kulturdialog mit dem Ziel, den Informationsaus- tausch zu verbessern, parallele oder komplementäre Interessen der Partner zu verfolgen, die Zusammenarbeit zu verstärken und das gegenseitige Verständnis und Vertrauen zu fördern. Als ersten Schritt der Umsetzung der Kulturbotschaft haben Bund, Kantone, Städte und Ge- meinden am 25. Oktober 2011 eine Vereinbarung für einen Nationalen Kulturdialog unter- zeichnet.13 Die Vereinbarung hat namentlich zum Ziel, eine allgemeine kulturpolitische De- batte zu fördern, die Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen zu verstärken, den Infor- mationsaustausch zu verbessern und die Tätigkeiten der verschiedenen Staatsebenen bes- ser aufeinander abzustimmen. 2.3 Ziele, Kriterien und Arten der Kulturförderung Wie im Kulturförderungsgesetz festgehalten, stehen dem Kanton Luzern zur Erfüllung seiner Ziele und gesetzlichen Aufgaben verschiedene Instrumente zur Verfügung. Auch die Krite- rien der Kulturförderung sind im Gesetz festgehalten. 2.3.1 Ziele der kantonalen Kulturförderung und Kulturpolitik Der Kanton Luzern setzt sich für den Schutz und die Pflege des überlieferten Kulturgutes ein, fördert das aktuelle Kunst- und Kulturschaffen als subsidiäre Förderinstanz entsprechend seinen gesetzlich festgeschriebenen Kriterien und seiner Ausgleichsfunktion zu Stadt und Land. Der Kanton stärkt die grossen Kulturangebote im nationalen Standort-Wettbewerb und fördert das freie Kulturschaffen. Er hilft, die kulturelle Qualität und Vielfalt vor einseitigem ökonomischem und kommerziellem Druck zu bewahren und unterstützt eine möglichst wir- kungsvolle Vermittlung kultureller Werte an die gesamte Bevölkerung. Der Kanton Luzern will zudem auf der Basis der in der Kantonsstrategie formulierten Ziele - in bestimmten Bereichen ein international wettbewerbsfähiges Kulturangebot und zugleich eine vielfältige, auch regional breit verankerte Kulturlandschaft ermöglichen, 11 Siehe: Bundesgesetz über die Kulturförderung (Kulturförderungsgesetz KFG, SR 442.1) http://www.bak.admin.ch/themen/04128/index.html?lang=de. 12 Siehe: Kulturbotschaft 2012–2015: http://www.bak.admin.ch/aktuelles/03123/03124/03706/index.html?lang=de. 13 Siehe: Nationaler Kulturdialog: http://www.bak.admin.ch/themen/04577/index.html?lang=de. 17
Sie können auch lesen