Streetwork goes online - Aufsuchende Arbeit in und mit Social Media Kurzvortrag Mara Stieler - Fachforum Onlineberatung

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Streetwork goes online - Aufsuchende Arbeit in und mit Social Media Kurzvortrag Mara Stieler - Fachforum Onlineberatung
Streetwork goes online
                       Aufsuchende Arbeit in und mit
                              Social Media

     Kurzvortrag

     Mara Stieler
     Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für E-Beratung
     Zertifizierte Onlineberaterin

19.09.2022
Streetwork goes online - Aufsuchende Arbeit in und mit Social Media Kurzvortrag Mara Stieler - Fachforum Onlineberatung
Digitale Streetwork – ein Thema, das boomt?
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Warum Digital Streetwork?

         Zunehmend                  Social Media als     Hybridisierung
       digitalisierte und           Raum für soziale           von
         hybridisierte                 Aktivitäten,       Lebenswelten
        Lebenswelten                 Identitäts- und    als pädagogische
      junger Menschen               Meinungsbildung       Aufforderung
                                                             (Weber & Roeske 2020,
      (Mpfs 2021, ARD & ZDF 2021)       (Bollig 2019)        Tillmann 2020)
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Definition Streetwork vs. Digital Streetwork

„Streetwork bezeichnet einen Arbeitsansatz in der sozialen Arbeit,
der die Tätigkeit in die Lebenswelten der zu erreichenden
Personengruppen verlagert. Dort werden Kontakte zu Personen
aufgebaut, die das etablierte Hilfesystem nicht nutzen, es werden
Veränderungsprozesse angestoßen und begleitet.“ (Gusy, 2020)

„Digital Streetwork” ist ein zusätzliches Zugangs- und
Kontaktangebot, das sich als Ergänzung des bisherigen Spektrums
aufsuchender Arbeit versteht. Es soll Streetworker*innen ermöglichen
auch in stark mediatisierten Lebenswelten zu agieren.“ (JFF-Institut
für Medienpädagogik, o.D.)
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Auswahl virtueller Orte

•   Soziale Netzwerke oder digitale Plattformen
•   Messenger-Dienste
•   Virtuelle Spielewelten bzw. digitale Spiele
•   Online-Marktplätze/Shoppingmalls– bisher selten (Bollig, 2019)

 Um Vor- und Nachteile verschiedener Plattformen bzw. Kommunikationstools
  abzuwägen, gibt es erste Arbeitshilfen (u.a. Ballaschk & Wiechers, 2022)

 Nutzungspräferenzen einzelner Zielgruppen ändern sich häufig:
   „Denn was gestern Facebook war und heute Tik-Tok und Snapchat sind, können
   morgen Plattformen sein, deren Bedeutung für die Lebenswelten von Jugendlichen
   erst erkennbar ist, wenn die Etablierung in selbigen Lebenswelten bereits in vollem
   Gange ist.“ (Weber & Roeske, 2020, S. 5)
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Spezifika auf Plattformen
Unterschiedliche Nutzungsmotive und -
weisen:

- Beispiel: Das Konsumieren und
  Produzieren von Inhalten ist auf TikTok
  stärker ausgeprägt als auf Facebook
  (Omar und Dequan, 2020)

- Nicht jede Fachkraft muss Expert*in für
  jede Plattform sein:

     Wichtig ist eher die Fähigkeit „sich
    auch auf unsicherem Gelände sicher
    bewegen zu können“ (Müller, 2013, S.
                                             Plattformspezifika aus Twitter-Perspektive ;-)
    34).
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Arbeitsschritte der Digital Streetwork

   Identifikation von                                                           Aufsuchende Beratung
                                      Einrichten von
    Netzwerken und                                         Reputationsaufbau          und/oder
                                  Berater*innen-Accounts
        Themen                                                                 Informationsvermittlung

  Eigene Darstellung nach Bădulescu et al, 2019, S. 2
Kontaktaufnahme mit User*innen

• Aktives Angebot auf Plattformen

• Bezug auf konkrete Fragen oder Themen der User*innen, die in den
  Beratungsbereich fallen  Beantwortung im öffentlichen Raum oder im
  Privatchat

• Relevant bei Kontaktaufnahme u.a.: Länge der Ansprache beachten, adäquate
  Vorstellung der eigenen Person und Institution, Niedrigschwelligkeit, Dialog auf
  Augenhöhe (Dinar & Heyken, 2017)
Formen der Kontaktaufnahme

Abbildung: Stieler & Zauter, 2022

Formen der Kontaktaufnahme vom Analogen adäquat ins Digitale übertragbar:
 Defensive Kontaktaufnahme z.B. durch gezielte platzierte Beiträge in Online
Lebenswelten (Neuburg et al., 2020)
Praxisbeispiel: Erstansprache durch ConAction auf Reddit
Praxisbeispiel Verweisberatung JMD Digital

                                             Antwort auf Beitrag in
                                             einer virtuellen
                                             Community, User*in
                                             fragte nach
                                             Möglichkeiten der
                                             Wohnungssuche
Content based Online-Streetwork
Def:
• Kontaktaufnahme durch eigene Inhalte (engl. content)
• z.B. Videos, Bilder oder Texte auf eigener Webpräsenz oder in relevanten Gruppen
  (Hagemaier & Stuiber, 2020).

„Das sind ja Themen, die alle aus Erfahrung und aus Beratungsgesprächen entstanden
sind. (…) Das ja diese Probleme oder Problemfelder, die die Jugendlichen beackern
müssen und wir sehen es ja dann und sagen, okay das ist deren Sicht und versuchen die so
zu verpacken, dass die sich wieder sehen, (…) dass die sich wieder erkennen in dem, was
sie tun.“

Interviewausschnitt aus BeSiN (Begleitforschung zu Streetwork im Netz)
Content based Online-Stretwork:
Zielgruppenspezifische Inhalte & Themen am Beispiel ConAction
Content based Online-Stretwork:
Zielgruppenspezifische Inhalte & Themen am Beispiel JMD digital
Erste Erkenntnisse im Projekt BeSiN (Begleitforschung zu
Streetwork im Netz)

• Begleitende Evaluation der digitalen Streetwork von ConAction,
  Condrobs .e.V. (https://www.condrobs.de/hilfe/streetwork-im-
  netz/)

• Modellprojekt zur Qualitätssicherung und möglichem Transfer
  der webbasierten aufsuchenden Sozialarbeit (gefördert vom
  Bundesministerium für Gesundheit 2021 bis 2023)

• Mehrdimensionales Projektdesign
Wissenschaftliche Herangehensweise
Befragungen von Fachkräften: Herausforderungen
In der praktischen Arbeit:

•   Abgrenzung
•   Krisenbewältigung online
•   Adaption von Methoden ins Digitale
•   Anzweifeln der Identität der Streetworker*innen
•   Fehlende nonverbale Kommunikation
•   Shitstorm/Hate Speech

Strukturelle Herausforderungen:

• Datenschutz
• Personelle & finanzielle Ressourcen
• In seltenen Fällen Zugangsbarrieren der Jugendliche durch digital
  divide (kein mobiles Endgerät vorhanden o.ä.)
Nutzerdatenanalyse des Instagram-Profils: Einblick

Quantitative Analyse:                      Erfolgsfaktoren für Postings
Überblick zu KPIs und
Follower*innen: u.a.      • Thematischer Bezug, der Zielgruppe und Fachkräfte
                            gleichermaßen anspricht
Altersstruktur,
                          • Aufgreifen aktueller, z.T. gesellschaftspolitischer Themen
Geschlecht, Reichweite
                          • Postings mit präventiven bzw. aufklärendem Charakter
des Accounts
                          • Aufeinander aufbauende Postings
Qualitative Analyse:      • Einblicke in die digitale und analoge Arbeitsweise
Qualitative               • Humor
Inhaltsanalyse beliebte   • Zielgruppengerechter Schreibstil: authentisch & transparent
Postings                  • Optisch ansprechende Gestaltung
Erstes Zwischenfazit der Begleitforschung
• Hohe Dynamik und Schnelllebigkeit im Sozialraum Internet: Streetworker*innen müssen
  sich diesen kurzfristigen Veränderungen schnell und flexibel anpassen

• Authentische Präsentation der Streetworker*innen im Netz erforderlich

• Beziehungsgestaltung als ein zentraler Einflussfaktor, entscheidend ist hier laut den
  Interviewpartner*innen insbesondere die Transparenz bei der Gestaltung der
  Kontaktaufnahme und unterschiedliche Methoden der Gesprächsführung

• Durch tragfähige Beziehung ergibt sich häufig Wechsel aus Komm- und Gehstruktur:

    „Und da ist einfach schon so eine gute Beziehung aufgebaut, dass die einfach wissen,
    hey wenn ich Probleme habe, dann kann ich anrufen, kann ich eine E-Mail schreiben,
    kann in den Chat schreiben.“

    Interviewausschnitt aus BeSiN (Begleitforschung zu Streetwork im Netz)
Qualitätsstandards (nach Bollig, 2019)

• Personelle und zeitliche Ressourcen

•   hier u.a. Qualifizierung von Mitarbeitenden zu folgenden Punkten:

     − Grundlagen zur Mediennutzung von Adressat*innen,
     − Überblick über Chancen und Risiken in
       der Nutzung von digitalen Medien
     − Rechtliche Grundlagen (Datenschutz, Datensicherheit, Strafrecht, Urheberrecht etc.)
     − Dokumentation, Evaluation digitaler Kommunikationsangebote

• Materielle bzw. technische Voraussetzungen

• Strukturelle Settings und Rahmenbedingungen: Sozialraumanalyse, Erarbeitung einer
  Social-Media-Policy
Arbeitsprinzipien

              Freiwilligkeit                Niedrigschwelligkeit               Akzeptanz

                                                               Vertraulichkeit und
                                 Transparenz
                                                                  Datenschutz

(LAG Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg e.V., 2013)
Datenschutz vs. Lebensweltorientierung?

• Datenschutz und Datensicherheit ist in der Digital Streetwork von hoher Bedeutung

 Gleichzeitig ist die „Vereinbarkeit zwischen fachlichen Standards, rechtlichen Grundlagen
und den auf Algorithmen basierenden Programmen und Angeboten kommerzieller
Anbieter“ in der Praxis häufig Herausforderung (Bollig, 2019, S. 52)

• datenschutzrechtliche Mindeststandards: z.B. Nutzung von Dienstgeräten

• Erste Leitfäden für den Umgang mit datenschutzrechtlichen Herausforderungen (Bollig,
  2019; Gouma, 2021)

• Erste Arbeitshilfen für die datenschutzkonforme Praxis (Ballaschk & Wiechers, 2022)
Ausblick
• Eine lebenswelt- und sozialraumorientierte Soziale Arbeit muss die Hybridisierung des
  Alltags der Zielgruppen berücksichtigen

• Praxis häufig durch learning by doing geprägt, Arbeitsfeld aktuell noch in Pionierphase

• Forschung noch in ihren Anfängen, Herausforderung liegt hier auch in der Schnelllebigkeit
  des Internets

 Systematische fachliche Diskussion und Einordnung der Digital
  Streetwork sollte weiter vorangetrieben werden

(Neuburg et al., 2020)
Literatur
ARD/ZDF-Forschungskommission (2021). ARD/ZDF-Onlinestudie 2021. Kernergebnisse und Methode. https://www.ard-zdf
onlinestudie.de/files/2021/ARD_ZDF_Onlinestudie_2021_Publikationscharts_final.pdf.

Bădulescu, N., Ferchichi, R., Pfeffer-Hoffmann, C. ,Skwarek, A. & Wehr, M. (2019). Migrationsberatung 4.0 – Gute Arbeit in Deutschland.
Aufbau von digitalen Präsenzen in den sozialen Medien am Beispiel von Facebook. Berlin: Minor Projektkontor für Bildung und Forschung.

Ballaschk, L. & Wiechers, F. (2022). Digitale Kommunikationstools für die (aufsuchende) Jugendsozialarbeit. Ein Vergleich verschiedener
Messenger-Dienste, Chat- und Videoplattformen. Berlin: Minor Projektkontor für Bildung und Forschung.

Bollig, C. (2019). Digital.Total?! Handreichung. Zum Umgang mit Social Media in der Mobilen Jugendarbeit. Hrsg.:
Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg e. V.

Dinar, C. & Heyken, C. (2017). Digital Streetwork – Pädagogische Interventionen im Web 2.0. Berlin: Amadeu Antonio Stiftung.

Gouma, V. (2021). Datenschutzkonformität von Digital Streetwork. Kurzgutachten im Lichte der aktuellen Entwicklungen über die
datenschutzrechtliche Konformität von Facebook-Fanpages. Berlin: Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung.

Gusy, B (2020). Streetwork/Aufsuchende soziale Arbeit. Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Köln: Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung.

Hagemeier, A. & Stuiber, A. (2020). Online Streetwork. Ein erweiterter Ansatz der aufsuchenden Jugendarbeit &
Radikalisierungsprävention. Berlin: streetwork@online.
Literatur
JFF-Institut für Medienpädagogik (2021). Digital Streetwork. Online verfügbar unter https://www.jff.de/kompetenzbereiche/digitaler-
wandel/details/digital-streetwork/.

Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg e.V. (2013). Virtuell-aufsuchende Arbeit in der
Mobilen Jugendarbeit/Streetwork.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs). 2021. JIM-Studie 2021.
https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2021/JIM-Studie_2021_barrierefrei.pdf.

Müller, B. (2013). Siedler oder Trapper? Professionelles Handeln im pädagogischen Alltag der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. In: U.
Deinet & B. Sturzenhecker (Hrsg.): Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit, S. 23–36. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Neuburg, F., Kühne, S., & Reicher, F. (2020). Soziale Netzwerke und Virtuelle Räume: Aufsuchendes Arbeiten zwischen analogen und
digitalen Welten. In Streetwork und Aufsuchende Soziale Arbeit im öffentlichen Raum, S. 167-181. Wiesbaden: Springer VS.

Omar, B. & Dequan, W. (2020). Watch, share or create: The influence of personality traits and user motivation on TikTok mobile video
usage. International Journal of Interactive Mobile Technologies, 14(4), S 121-137.

Stieler, M. & Zauter, S. (in Druck). Digital Streetwork. Aufsuchende Arbeit mit und in Sozialen Medien. FORUM Sozialarbeit & Gesundheit, 4.

Tillmann, A. (2020). Veränderte Lebenswelten im Zuge gesellschaftlicher Digitalisierungsprozesse. S. 89-100. In: N. Kutscher, T. Ley, U.
Seelmeyer, F. Siller, A. Tillmann & I. Zorn (Hrsg.): Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim: Beltz Juventa.

Weber, J. & Roeske, A. (2020). Erreichbarkeit von Jugendlichen im Digitalen: Zugänge für Soziale Arbeit. Jugend heute, 46, S. 5 -13.
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