Tauchgänge zur German Theory
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Interface supported by Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022 https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022 © Author(s) 2022. This work is distributed under the Creative Commons Attribution 4.0 License. Tauchgänge zur German Theory Benedikt Korf1 , Eberhard Rothfuß2 , and Wolf-Dietrich Sahr3 1 Geographisches Institut, Universität Zürich, Winterthurerstraße 190, 8032 Zürich, Schweiz 2 GeographischesInstitut, Universität Bayreuth, Universitätsstraße 30, 95440 Bayreuth, Deutschland 3 Departamento de Geografia, Universidade Federal do Paraná (UFPR), Curitiba, Brazil Correspondence: Benedikt Korf (benedikt.korf@geo.uzh.ch), Eberhard Rothfuß (eberhard.rothfuss@uni-bayreuth.de), and Wolf-Dietrich Sahr (wolf.sahr@gmail.com) Received: 14 July 2021 – Revised: 10 January 2022 – Accepted: 18 January 2022 – Published: 10 February 2022 Kurzfassung. In this editorial, we sketch the intellectual agenda for a themed issue on German Theory. We understand German Theory as a creative and dialogical space to engage a multitude of thought styles, common in the Geisteswissenschaften and to bring them into conversations with anglophone, as much as francophone, lusophone, Italian, Spanish and other forms of Theory. This agenda promotes a ,provincialization‘ of anglophone Geography that is connecting these thought styles rather than confining them to bounded provinces in debate. „German Theory“, thus understood, is ultimately an entangled theory. 1 Provinzialisierung Der Begriff der „Provinzialisierung“ geht auf die bahnbre- chende Arbeit des indischen Historikers Dipesh Chakrabar- Ist es nicht erstaunlich und bedauerlich, dass in der jünge- ty (2000) in der postkolonialen Theorie zurück. „Provinzia- ren deutschsprachigen Humangeographie eine Auseinander- lisierung“ bedeutet für Chakrabarty, den Universalisierungs- setzung mit Denkerinnen und Denkern deutscher Sprache anspruch westlicher Theorie einzugrenzen und zu unterlau- wie Theodor W. Adorno, Hans Blumenberg, Ernst Cassirer, fen, indem die Kontextbedingungen ihrer Entstehung auf- Helmuth Plessner, Hannah Arendt oder Walter Benjamin nur gezeigt werden. Für das akademische Fach der Geographie selten stattfindet, vermutlich weil diese in der anglophonen steht diese „Provinzialisierung“ noch weitgehend aus: Nicht Geographie nicht so sehr en vogue sind? In diesem Themen- nur besteht weiterhin eine grosse Kluft in der akademischen heft fragen wir uns: Was geht dabei an intellektueller Kreati- Wissensproduktion zwischen globalem Norden und Süden vität verloren? Und: Wie könnte diese Debatte auf die epis- (Santos und Meneses, 2020); auch die theoretischen Debat- temologische Situation bereichernd wirken? ten innerhalb des Nordens verdecken oft sprachliche Hier- Eine Beschäftigung mit der deutschsprachigen Geistestra- archien und Asymmetrien in der Wissensproduktion. Zwar dition wäre sicher kein selbstbezogenes „Einigeln“ in eine warnt Ulrich Best (2009) zu Recht davor, beide Formen der heile intellektuelle Vergangenheit nationalsprachlicher Wis- „Peripherisierung“ auf die gleiche Stufe zu stellen, doch soll- senschaften, sondern eher ein Blick „Zurück in die Zu- ten dabei die diskursiven Relationen der Ungleichheit inner- kunft“ – Rekonstruktion und Wiederaneignung verschütte- halb des Nordens selbst nicht verschüttet werden. ter und untergegangener intellektueller Denkwege. Inspiriert Während die internen Diskursgeographien der frühen Na- von Diskussionen, die ihren Ausgangspunkt 2017 in Semi- tionalstaaten Frankreich und England sich vor allem auf narräumen am Ufer des Zürichsees genommen haben, ver- die Zentren London (mit Oxford/Cambridge) und Paris (mit suchen wir, im Dialog mit der dominanten Theoriespra- dem Quartier Latin) konzentrierten, haben die späten Natio- che des anglophonen Mainstreams die deutschsprachige Hu- nalstaaten Deutschland und Italien eine multipolarere Dis- mangeographie zu provinzialisieren, um damit wieder mehr kursgeographie entwickelt, welche sich in Italien auf Ve- Pluralität und Gleichwertigkeit zwischen den sprachlichen nedig, Mailand, Florenz, Rom und Neapel verteilte, oder Denkprovinzen herzustellen (vgl. Fall, 2013; Korf et al., in Deutschland auf das „nationale“ Weimar und Leipzig, 2013; Houssay-Holzschuch und Milhaud, 2013; Houssay- aber auch Königsberg, Breslau, Göttingen, Bonn, Heidel- Holzschuch, 2020; Minca, 2000). Published by Copernicus Publications for the Geographisch-Ethnographische Gesellschaft Zürich & Association Suisse de Géographie.
86 B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory berg, Marburg, Freiburg, Tübingen usw. In Deutschland bil- ry wird hier zum Baustein einer entangled theory1 , die deten diese Mittelstädte eines vom Adel geförderten Kul- einen kreativen und dialogischen Raum für vielfältige An- turbürgertums neben den spätgeborenen Universitäten der eignungsstile geisteswissenschaftlicher Theorien, „Denksti- preussischen Hauptstadt Berlin und der bayerischen Haupt- le“ und „Denkstimmungen“ (Fleck, 1980) schafft. Dies ist stadt München wichtige intellektuelle Austrahlungspunkte. zugleich ein Versuch, mit der anglophonen Theorie (und an- Insofern ergibt sich aus dem historischen Potential der Multi- deren) ins partnerschaftliche Gespräch zu kommen. Dazu polarität durchaus eine Möglichkeit, intellektuelle Asymme- möchten wir die in der deutschsprachigen Geistesgeschich- trien besser zu verstehen, da sie Bestandteil auch der eigenen te entstandenen Denkstile und -stimmungen bewusster und Geschichte sind. für sich autonomer herausstellen. Bemerkenswert ist auch, dass sich durch die Dispersion Das Projekt einer Provinzialisierung bleibt also nicht im der deutschen Intellektuellen mit ihrem sprachlich isolier- Formulieren eines klagenden Unbehagens gegenüber der an- ten Diskurs Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts glophonen Hegemonie stehen, sondern versteht sich als ein eine ungeheure internationale Wirkung entfaltete, v. a. in Angebot, atmosphärische und zeitgeschichtliche Zusammen- die USA. Dieser Effekt, der z. B. auch die Geographen hänge von Theory offenzulegen und ins internationale dis- Franz Boas und Karl Sauer einschloss, wurde später durch kursive Feld einzubringen. Dieser Ansatz scheint uns wichtig die kulturelle und politische Diskriminierung der jüdisch- für eine kosmopolitische Geographie (Korf et al., 2013; Min- deutschen Geistestradition verstärkt, die mit der nationalso- ca, 2013). Doch dazu bedarf es zunächst der Aneignung oder zialistischen Machtergreifung zu einem Massenexodus jüdi- Wiederaneignung des bislang vernachlässigten Repertoires. scher Intellektueller und deren Denktraditionen in die USA Die meisten Beiträge in diesem Themenheft werden sich und andere vermeintlich sichere Länder führte. Prominente mit der German Theory auf einer Meta-Ebene beschäftigen – Beispiele sind hier die Frankfurter Schule oder der Wiener als einem aus der Tradition der „Geisteswissenschaften“ her- Kreis. vorgehenden Denkstil. Sie sprechen deshalb eine Sprache, Auch die intellektuelle Entwicklung des anglophonen Dis- welche nicht immer direkt an den anglophonen Diskurs an- kurses weist ihre besondere „Provinzialität“ auf. Dies hat der schlussfähig ist. So ist z. B. das Fehlen eines adäquaten Be- britische Literaturwissenschaftler Raymond Williams in sei- griffes für Leib im Neu-Englischen, das nur die Semantik des nen beiden Werken „Culture and Society 1780–1950“ (Wil- body als Übersetzung von Leib und Körper zugleich kennt, liams, 1960) und „The Long Revolution“ (Williams, 1961) ein ganz wesentliches Hindernis, um in Englisch phänome- herausragend dargestellt. Auf den britischen Inseln (und in nologisch zu denken. Hier wäre eine lecture croisée geradezu Neuengland) zeigt sich dabei, wie auch allgemeine Volksbil- fundamental für die Debatte. dungsprozesse (Alphabetisierung, Grundschulbildung, impe- Deshalb konzentrieren wir uns in diesem Themenheft zu- rialistische Ideologie etc.) Geistestraditionen beeinflussten, nächst auf Ideen und Theorien, die aus diesem „geisteswis- so dass die Wissenschaft im anglophonen Bereich stärker senschaftlichen“ Denkstil entstanden sind, der vor allem in popularisiert ist als in den elitären Wissenschaftstraditionen der Hermeneutik, Phänomenologie und Philosophischen An- Frankreichs und Deutschlands (vgl. hierzu Lepenies, 1985). thropologie verortet ist. Hier sehen wir einen besonders gros- Heute erscheinen die Rezeptionsmuster des anglophonen sen Nachholbedarf. Zwar wird Martin Heidegger, wichti- Diskurses „global“, und deutschsprachige Denkerinnen und ger, aber auch politisch kompromittierter Denker einer der Denker sind für die deutschsprachige Geographie meist erst Hermeneutik und der Phänomenologie anverwandten Phi- dann satisfaktionsfähig, wenn diese in der anglophonen Geo- losophie, gerne in der anglophonen Geographie rezipiert, graphie reüssiert haben. So entstand z. B. das deutschsprachi- meist aber ohne genauere Kenntnis des geistesgeschichtli- ge Themenheft zu Peter Sloterdijk in der Geographica Hel- chen oder politischen Horizonts seines Wirkens (Korf und vetica erst, nachdem Sloterdijk von Stuart Elden (2011) und Rowan, 2020; Hepach, 2021). Ein weiteres Desiderat wäre Nigel Thrift (2009) prominent in den anglophonen Theorie- auch die Wiederaneignung der Kritischen Theorie der Frank- diskurs eingebracht worden war. Zugleich erfolgte das Auf- furter Schule, die vereinzelt zwar in der anglophonen und greifen der Arbeiten von Peter Sloterdijk in der anglophonen auch deutschsprachigen Geographie aufgegriffen wird, meist Geographie (Elden, 2011) meist ohne intensivere Beschäf- jedoch ohne deren religionsphilosophischen Reflektionshori- tigung mit dessen Verankerung im Denken der Philosophi- zont, welcher über eine klassisch historisch-materialistische schen Anthropologie (v. a. Max Scheler und Helmuth Pless- Rezeption hinausgeht. ner) und der Phänomenologie (vgl. Boos und Runkel, 2018). Vor diesem Hintergrund möchten wir mit diesem Themen- heft eine hegemoniale Dynamik unterlaufen, die anglophone 1 In der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft hat sich die- Geographie unhinterfragt als „internationalen“ Standard und ser Begriff schon seit längerem im Rahmen der Globalgeschichte state-of-the-art akzepiert, dabei aber eigene Denktraditionen eingebürgert, vgl. z. B. die Übersicht von Pernau (2011) zu unter- negiert. Dabei verstehen wir Provinzialisierung nicht als schiedlichen Verflechtsansätzen wie connected history, Transferge- Rückzug in einen homogenen sprachlichen Diskursraum, schichte, histoire croisée, entangled history (Conrad und Randeria, sondern als interkonnektiven Provinzialismus. German Theo- 2002) oder Translokalität (S. 36–85). Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022 https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022
B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory 87 Provinzialisierung muss unseres Erachtens über mehrere chigen Wissenschaft (und auch der Humangeographie) wäh- Stufen erfolgen. Da ist zum einen die Wiederentdeckung des rend der beiden Weltkriege sukzessive – und politisch ge- Untergegangenen oder Verschütteteten durch die Vereinseiti- wollt – verloren, zumal sich auch andere, vorher eng mit der gung des Eigenen, angesichts der Vereinseitung des hegemo- deutschsprachigen Geographie verbundene Wissenschafts- nialen Anderen. Dann erfolgt die Entselbstverständlichung systeme, z. B. im skandinavischen Sprachraum, aber auch dieses kolonialen Anderen. In einem weiteren Schritt er- in den Niederlanden, zunehmend der englischen Sprache als möglicht die relationale Verflechtung ein eher gleichwertiges lingua franca zuwandten. Dadurch wurde aber nicht nur der Gespräch, um schliesslich über ein erweitertes Bewusstsein anglophone Denkstil aufgenommen, sondern es wurden auch (Geist) auch die Möglichkeit einer Transzendenz zum Ande- anglophone Theorien, Thematiken und Debatten bevorzugt. ren zu eröffnen, so wie das Transzendente des Unbekannten Katalysator dieser Entwicklungen war dann schliesslich die und Übermächtigen in der Religion eingegrenzt wird, um den extreme Konzentration der englischsprachigen Verlagshäu- Raum zu öffnen für die Verbalisierung bisher verschlossener ser, welche diese anglophone Hegemonie nicht nur kommer- Konnektivitäten (Massey, 2005). ziell stützen, sondern auch bewusst fördern und instrumenta- lisieren. So zeigt sich in der kontinentaleuropäischen Geographie, 2 Vereinseitigung(en) insbesondere in jenen europäischen Ländern, die über eine relativ eigensprachliche geistesgeschichtliche Tradition ver- Ausgangspunkt unserer Provinzialisierung ist die zunehmen- fügen, v. a. in Deutschland, Frankreich, Italien und Spani- de Hierarchisierung des akademischen Wissens in der Hu- en, immer wieder ein gewisses Unbehagen über die „anglo- mangeographie unter dem Primat der anglophonen Geogra- phone Hegemonie“, welche die in den Milieus anglopho- phie. Eine solche Hegemonie betrifft seit dem zweiten Welt- ner Geographie(n) und Nachbarfächern gepflegten Denkstile krieg viele Sozial- und Kulturwissenschaften sowie teilwei- (Theorien, Schreibstile usw.) als universale Norm der „Inter- se auch die Geisteswissenschaften. Wie oben erwähnt, ist nationalität“ in der Geographie einfordern (Aalbers und Ros- der Einfluss deutscher Geisteswissenschaften vor allem über si, 2007; Houssay-Holzschuch und Milhaud, 2013; Houssay- den brain-drain jüdisch-deutscher Intellektueller während Holzschuch, 2020; Korf et al., 2013; Kitchin, 2005; Minca, der Zeit des Nationalsozialismus in die USA und teilweise 2000; Paasi, 2005). Martin Müller (2021) hat detailliert das auch nach Großbritannien dafür mitverantwortlich. Nicht nur „linguistische Privileg“ aufgezeigt, welches sich in der Do- die Mitglieder der Frankfurter Schule migrierten, sondern minanz anglophoner Personen in den entscheidenden Schalt- auch angesehene Denkerinnen und Denker aus dem Umfeld stellen der Disziplin zeigt (z. B. editorships in journals oder des Wiener Kreises, einige Neukantianer wie Ernst Cassirer, von handbooks). Diese Personen bestimmen auch darüber aber auch Schülerinnen und Schüler Heideggers wie Han- (wenn auch vielleicht ungewollt), welche Form und welcher nah Arendt, Hans Jonas, Karl Löwith, oder neo-konservative Inhalt von Text zu Wort kommt. Denker, z. B. Leo Strauss und Eric Voegelin. Auch in der Dabei geht es nicht nur darum, richtiges Englisch zu Geographie gab es einen solchen brain-drain: erinnert sei schreiben, sondern auch im Sinne der Doxa nach Bour- nur an Alfred Philippson (Sandner, 1990) und Leo Waibel dieu (1978) implizite Schreibregeln zu befolgen und elo- (Schenk, 2013), deren Exilierung bis heute nur wenig in quent herrschende Diskursbezüge zu bedienen. Die implizite der deutschsprachigen Geographie debattiert wird. In diesem Leseerwartung anglophoner Akademikerinnen und Akade- Prozess ging das genuin deutschsprachige intellektuelle Mi- miker zeigt sich, so Juliet Fall (2013), in der Erwartung, wie lieu teilweise verloren, denn nur wenige – am prominentes- ein adäquater Text zu formulieren und zu strukturieren sei, ten wohl Theodor W. Adorno und Max Horkheimer als Be- und welche oft modischen, d. h. die Journals in den letzten gründer der Frankfurter Schule oder Karl Löwith, der einem zwei bis drei Jahren bestimmenden Debatten bedient werden Ruf an die Universität Heidelberg folgte – kehrten nach dem sollen. Sind frankophone oder deutschsprachige Denkstile zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurück. hiermit nicht kompatibel, werden sie gern als „provinziell“, Parallel dazu entwickelte sich Englisch als Kolonialspra- „old hat“ oder „old-fashioned“, ja vielleicht sogar als „out che (und in einem geringeren Masse auch Französisch, of date“ entwertet bzw. schlicht ignoriert. Dieser Vereinseiti- Spanisch und Portugiesisch) mit dem Commonwealth und gung des (theoretischen) Denkstils setzen wir als Taktik der den (ehemaligen) Kolonien und Dominions zu einem multi- Provinzialisierung eine Vereinseitung auf der anderen Seite lokalen und multiethnischen Resonanzraum. Dieser ist zwar entgegen, die sich diese eigensprachlichen Denkstile bewusst auch von internen Ungleichgewichten und postkolonialen wiederaneignet. Abhängigkeiten geprägt, bietet aber bis heute Akademike- rinnen und Akademikern aus den ehemaligen Kolonien ein sprachlich kompatibles Forum, in dem sie ihre eigene Positi- 3 Entselbstverständlichung on als entangled history (Conrad und Randeria, 2002) in kri- tischer Abgrenzung mit der ehemaligen Kolonialmacht ein- Ein Problem ist sicherlich, dass anglophone Geographinnen bringen. Ein ähnlicher Resonanzraum ging der deutschspra- und Geographen die Folgen ihrer Vereinseitigung des Denk- https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022 Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022
88 B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory stils für die Theoriearbeit kaum bedenken. Die Provinziali- ten der frankophonen Kulturgeographie – kurioserweise über sierung der anglophonen Geographie erfordert deshalb Tak- den Umweg der New Cultural Geography – größere Akzep- tiken zur Entselbstverständlichung ihres Denkstils. Schlott- tanz (Chivallon, 2003; Fall, 2007; Graefe, 2013; Housssay- mann und Hannah (2016) sind diesen Fragen auf interessan- Holzschuch und Milhaud, 2013). Auch Yves Lacoste ging te Art nachgegangen. Sie praktizierten eine lecture croisée: es nicht anders mit seinem bahnbrechenden Interview mit Schlottmann las als deutschsprachige Geographin einen an- Michel Foucault, dem Arbeitskollegen aus Vincennes, wel- glophonen Schlüsseltext der geographischen Tradition (von ches in der ersten Nummer von Hérodote 1977 veröffentlicht John Wiley) und Hannah als anglophoner Geograph einen wurde und lange in der französischen Geographie unbeachtet deutschsprachigen (von Ulrich Eisel). Dabei zeigten sich bei- blieb (Calbérac, 2021). de immer wieder irritiert über den Denk- und Schreibstil der Nun kann man mit dieser Situation der Hegemonie einer jeweils „anderen“ Tradition. Auch wenn sie diese Irritation anglisierten Theory auf zweierlei Weise umgehen: Entweder als eine potenzielle Bereicherung ihres eigenen Denkens se- führt es zur Klage über einen „Verlust“, mit dem Wunsch, hen, erscheinen einige Asymmetrien: Für Matthew Hannah die ursprüngliche „Tiefe“ der französischen Denker wieder ist das Aufgreifen der Irritation nur optional, während es an die Oberfläche zu holen, oder man begreift es als eine Be- für Schlottmann selbstverständlich ist, sich mit anglophonen reicherung der Theoriediskussion in alle Richtungen, hori- Texten auseinanderzusetzen, um international gehört und ge- zontal und vertikal. Wir plädieren für den zweiten Weg, wol- lesen zu werden (Schlottmann und Hannah, 2016:98). len jedoch nicht bei der anglophonen Rezeption stehen blei- Auch das Projekt einer German Theory schlägt Takti- ben und diese unhinterfragt als internationalen Standard ak- ken der Entselbstverständlichung der anglophonen Geogra- zeptieren. Stattdessen möchten wir im Sinne einer entangled phie vor. German Theory wird nicht einfach als deutschspra- theory der anglophonen Rezeption anderssprachige Diskurs- chige Theorie oder als in der deutschsprachigen Geistesge- geographien an die Seite stellen. schichte verankerte Theorie verstanden, wie dies z. B. Stein- metz (2006) vorschlägt, sondern wir wollen German Theory als entangled theory verstehen – als eine Theorie, die sich im 4 Verflechtungen: Entangled Theory Dialog verflicht, jedoch eingebettet bleibt in die deutschspra- chige Geistesgeschichte2 . Dabei spielt der Terminus German Theory im Allgemeinen kann nach unserem Dafürhalten in Theory auf eine Rezeptionsdynamik an, welche im Kontext der heutigen globalen Situation immer nur als entangled des Poststrukturalismus unter dem Titel French Theory de- theory verstanden werden. Dabei kommt der Ausdruck battiert wurde: Hier war es die Rezeption wichtiger franzö- entangled theory dem nahe, was Claudio Minca als cosmo- sischsprachiger poststrukturalistischer Autorinnen und Auto- politan theory bezeichnet hat. In Analogie zur French Theory ren (Deleuze, Derrida, Foucault, Lacan etc.), welche die eng- schlägt Minca für die Rezeption von Agamben, Negri, Es- lischsprachigen Cultural Studies inspirierten, wobei die zitie- posito und anderen italienischen Denkerinnen und Denkern renden Autorinnuen und Autoren von den originalen Entste- in den anglophonen Cultural Studies den Begriff der Itali- hungskontexten abstrahierten und eine eigene, oft einseitige an Theory vor und betont: „Italian Theory, is (. . . ) ultimately, Interpretation der Texte vorgeschlagen hatten, sozusagen als a ,cosmopolitan‘ theory that has travelled and been shaped Oberflächenphänomen des Textes, welches den originalen fundamentally through its travels“ (Minca, 2018:11). Minca Kontext in den Untergrund verbannte (Bruckner, 2021:14). zeigt, dass die anglophone Aneignung anderssprachiger Mi- Diese Operation ist entscheidend, um die internationale Deu- lieus auch neue Impulse für die theoretische Diskussion ins- tungshoheit für die sogenannte French Theory zu beanspru- gesamt geben kann und in diesem speziellen Fall auch wieder chen; denn eigentlich ist diese Theory nicht „französisch“, die italienische Politische Philosophie inspirierte. Auch Itali- sondern „anglophon“ (vgl. dazu Cusset, 2008). an Theory ist also keine theoretische Einbahnstraße, sondern Interessanterweise wurden „Michel Foucault“ und post- vielmehr genau das, was wir als entangled theory bezeichnen strukturalistische Theorien gerade in der frankophonen Geo- möchten. graphie lange mit grosser Zurückhaltung bzw. Abwehr an- In der Tat sind Italian Theory oder French Theory auch gegangen (Claval and Staszak, 2004:319). So beschreibt Ju- eng mit Denkanstössen aus der geisteswissenschaftlichen liet Fall (2007) eingehend, wie der Genfer Geograph Clau- German Theory verflochten. So wurden die Arbeiten von de Raffestin mit seiner Foucault-Rezeption nur wenig Re- Agamben, Derrida, Foucault und anderer Denkerinnen und sonanz in der frankophonen Geographie fand. Erst nachdem Denker der French und Italian Theory ganz wesentlich durch auch in der französischen Akademia die Bedeutung der Re- die Schriften Martin Heideggers, Friedrich Nietzsches, aber zeption der „internationalen Theoriedebatte“ als Gütekrite- auch Walter Benjamins beeinflusst. Nicht vergessen wer- rium angenommen wurde, erfuhr „Foucault“ in den Debat- den sollte hier auch die verspätete Rezeption Georg Wil- helm Friedrich Hegels in Frankreich, welche durch die ein- 2 Eher in unserem Sinn verwendet Hannes Bajohr den Be- flussreichen Vorlesungen des russischstämmigen Philoso- griff „German Theory“ in einer Rezension zu einem Buch über phen Alexandre Kojève an der Ecole Pratique des Hautes Hans Blumenbergs Mythentheorie (vgl. Bajohr, 2015:358). Etudes einer ganzen Generation französischer Intellektuel- Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022 https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022
B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory 89 ler vermittelt wurden (Eribon, 1993; Dosse, 2017). Jean- gen, es handelt sich nach dem Hype um Foucault und die Luc Nancy spricht in diesem Zusammenhang davon, dass French Theory um eine „Rückkehr zur Zukunft“, eine Pro- sich „Frankreich zwischen den beiden Weltkriegen tatsäch- vinzialisierung des britischen Kontexts. lich sehr stark philosophisch eingedeutscht hat“ (Badiou und Nancy, 2017:12), und nennt in diesem Zusammenhang auch 5 Leerstellen die Nähe Batailles zu Heidegger. Und Alain Badiou erkennt in diesen Konstellationen einen „französisch-deutschen Mo- Als Vorbereitung zum Versuch einer Wiederaneignung ment . . . , [der] sich langsam in einen französischen verwan- möchten wir noch kurz über die Gründe für die Nichtrezepti- delt hat, bis zu dem Punkt, Frankreich in Amerika zu re- on der deutschsprachigen Geistesgeschichte in der Geogra- präsentieren“ (das wäre dann die French Theory). In jün- phie spekulieren (vgl. dazu auch: Korf und Verne, 2016). gerer Zeit haben sich auch zwischen der deutschsprachigen Die Tradition der „Geistesgeschichte“ hat ihre Urspünge im und französischsprachigen Geographie interessante Vernet- Denken des Idealismus (Hegel und seine „Phänomenologie zungen und debats croisées ergeben, u. a. in der Disziplin- des Geistes“) und der Romantik (Schelling mit seiner Polari- geschichte oder in der Kulturgeographie (z. B. Germes et al., tät zwischen Natur und Geist in seiner „Naturphilosophie“). 2011). Diesen Kontrast hat schliesslich Wilhelm Dilthey (1970) zu Betrachtet man mit der Brille der entangled theory jünge- einem methodologischen Gerüst ausgebaut und sich damit re Theoriedebatten in der anglophonen Geographie, könnte für den tiefen Graben zwischen Natur- und Geisteswissen- man auch von einer British Theory sprechen. So greift zum schaften verantwortlich gemacht, der auch althergekommene Beispiel Nigel Thrift einerseits die French Theory auf (vor al- Brücken in der Geographie einriss. lem die Arbeiten von Gilles Deleuze), verknüpft diese ande- Schon seit den 1960er Jahren haben es deshalb vor al- rerseits aber mit Ludwig Wittgenstein (z. B. in Thrift, 2007), lem die geisteswissenschaftlichen Denkstile in der deutsch- wobei zu diskutieren wäre, welcher Theory-Baustein des ur- sprachigen Geographie besonders schwer. Dies hängt sicher sprünglich österreichischen Wittgenstein hier gemeint ist. zum einen mit der Fachgeschichte zusammen, welche im Doreen Massey (2005) wiederum beschäftigt sich in ihren 19. Jahrhundert, noch vor Friedrich Ratzel, die Geographie Arbeiten eingehend mit Henri Bergson, bezieht aber gleich- als (materialistische) Erdwissenschaft verstand. Erst die Ein- zeitig auch Alfred North Whitehead (1979 [1929]) ein. Auch führung des Raumparadigmas durch Friedrich Ratzel selbst, hier handelt es sich also um eine entangled theory, welche zum Beispiel in der „Anthropogeographie“, Kapitel 11 (Rat- die Anregungen aus der French Theory mit eigenen Denksti- zel, 1921 [1882]:148–164), in der „Politischen Geographie“ len verflicht, besonders aus dem Feld der analytischen Phi- (Ratzel, 1923 [1987]:249–343) oder im nachträglich heraus- losophie, dem u. a. auch Bertrand Russell zuzurechnen ist gegebenen „Raum und Zeit in der Geographie und Geolo- (vgl. Akehurst, 2010). gie“ (Ratzel, 1907), hat zu einer philosophischen Weitung Eine Auseinandersetzung mit einer solchen British Theo- der Geographie geführt. Der primitiv-positivistische Ansatz ry beschäftigt sich, viel mehr als die French und German des Dritten Reichs und dessen kurzsschlussartige Synthe- Theory, auch eingehender mit dem sozialtheoretischen Mi- se von Boden, Volk und Raum, welche fatalerweise schon lieu, neben dem geistesgeschichtlichen. Dies hat, wie oben von Ratzel in Teilen vorgedacht wurde (vgl. Klinke, 2022; erwähnt, vor allem Raymond Williams in grosser Ausführ- Schultz, 1998), hat dann jedoch jegliche theoretische Debat- lichkeit getan, der auch ein prägender Autor der New Cul- te innerhalb der deutschsprachigen Geographie zum Einsturz tural Geography war (Mitchell, 2000; Horton und Kraftl, gebracht. 2014), was wiederum den meisten Mitgliedern der deutsch- Nach dem Krieg, der totalen Niederlage und dem intel- sprachigen „Neuen Kulturgeographie“ entgangen ist. Beson- lektuellen Ruin weiter Teile der deutschen Hochschulgeo- ders interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Bri- graphie (trotz des anderslautenden Verdikts von Carl Troll) tish Theory, im Gegensatz zur kontinentalen, sich vor allem wurde theoretisches Arbeiten erst wieder über einen szien- mit Fragen des Materialismus, Empirismus und der Mathe- tistischen Ansatz möglich, welcher aus dem englischsprachi- matik auseinandersetzt und dabei nicht den französischen gen Diskurs rückimportiert werden musste (Bartels, 1968; Strukturalismus zum Vorbild nimmt, sondern klassische Au- Sedlacek, 1982). Markantestes Beispiel dafür ist sicher die toren des Empirimus (Locke, Hume, Hobbes) und dann vor Zentrale-Orte-Theorie Walter Christallers. Auch im Folgen- allem A. N. Whitehead. Aus dieser Tradition wird auch der den wurden fast alle theoretisch gewandeten Ansätze in der neu-materialistische Ansatz in der British Theory verständ- deutschsprachigen Geographie zunächst über den englisch- lich, dem v. a. in den Debatten um das Anthropozän (Ca- sprachigen Diskurs zurückgeholt, wie die Triade von quanti- stree, 2017) und die Non-representational Theory (Lorimer, tativer, marxistischer und humanistischer Geographie in den 2008) eine besondere Rolle zukommt3 . Fast könnte man sa- pologie (z. B. Plessner, 1980 [1928]; Scheler, 2016 [1928]), 3 Hier ergeben sich wiederum neue Anknüpfungspunkte an die hier jedoch nicht näher ausgeführt werden können. die „Theoretische Biologie“ (von Uexküll, 1920) und die mit ihr verbundenen Überlegungen zur Philosophischen Anthro- https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022 Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022
90 B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory 1960er und 1970er Jahren zeigt. Dem traditionellen deutsch- aus dem Feld der Bewusstseinskonzepte. Im material turn sprachigen Diskurs der Geographie dagegen blieb das „nicht- nun hat der Begriff mind seinen Platz über die Tradition theoretische“ Feld eines traditionalistischen Konventionalis- G. H. Meads (1973 [1934]), Whiteheads (1979 [1929]) oder mus vorbehalten. Batesons (1985 [1971]) gefunden, und so führt dieser Import In der Weimarer Republik gab es jedoch eine durchaus in der deutschsprachigen Geographie (inklusive seiner fran- lebhafte geisteswissenschaftliche Debatte in der Geographie, zösischen Grundlagen à la Bruno Latour) dazu, dass die wei- welche in stillerer Form auch in Fragmenten durch die Zeiten tergehende deutsche Konnotation von „Geist“ inkompatibel des nationalsozialistischen Regimes hindurchgerettet wur- mit einer Rematerialisierung der Humangeographie (Kazig de (Sahr und Arantes, 2012). Dies wurde jedoch von den und Weichhart, 2009) erschien. Nachkriegsgeographen und den ganz wenigen Geographin- Stattdessen scheint derzeit eher das Gespenst eines anti- nen rundweg ignoriert, ja, vielleicht waren diese Debatten- humanistischen Affekts die Rezeptionsdynamik in der Hu- kontexte nicht einmal bekannt. Die Situation ähnelt also mangeographie zu bestimmen. Sicher kann dies zunächst durchaus dem oben erwähnten Verhältnis der französischen auf eine anti-humanistische Lesart Foucaults aus seiner mitt- Geographinnen und Geographen zum Poststrukturalismus in leren Phase zurückgeführt werden, so vor allem auf sein den 1970er und 1980er Jahren. Die Einbeziehung der An- berühmtes Schlussdiktum aus „Die Ordnung der Dinge“: gewandten Geographie schliesslich führte nach Wardenga et „[. . . ] der Mensch verschwindet wie am Meeresufer ein Ge- al. (2011) in den 1980er Jahren zur Präferenz der Fachver- sicht im Sand“ (Foucault, 1971:462), welches für die Grün- bände für eine szientistisch und pragmatisch orientierte So- dungsphase der Neuen Kulturgeographie stilbildend war cial Theory (z. B. in der Regional Science, vgl. auch Wirth, (vgl. z. B. Gebhardt et al., 2003:15; Sahr, 2003b; Glasze und 1979), welche in den Diplomstudiengängen explizit ange- Mattissek, 2009:28; kritisch dazu: Hannah, 2010). Anderer- wandt wurde. seits wird dieser anti-humanistische Affekt auch im Denkstil Auch in der seit der Jahrtausendwende stattfindenden Re- des material turn, more-than-human und posthuman geogra- zeption des cultural turn wurden die Geisteswissenschaften phies fortgesetzt (vgl. Schurr und Strüver, 2016). wieder vorschnell ignoriert, weil die Debatte hier über den Eine solche post-humanistische, materialistische Lesart Import der French Theory, ausgeborgt von der anglophonen von Subjektivität und Bewusstsein, wie sie in der anglopho- Geographie, geführt wurde (vgl. Korf, 2021). Hermeneuti- nen Geographie weit verbreitet ist, entwickelte sich insbe- sche Ansätze dagegen schienen out of date zu sein und fristen sondere im Umkreis von Steve Pile und Nigel Thrift (1995) bis heute in der Humangeographie ein Schattendasein, aus- in engem Austausch mit den Neurowissenschaften. So be- genommen einige vereinzelte Interpretationsansätze von Bir- treibt die non-representational theory eine Art „Neuro- kenhauer (1987), Pohl (1986) und Tzschaschel (1986), wel- Kulturgeographie“ (Korf, 2012). Diese erklärte nicht nur dis- che selbst kurioserweise die Humanistic Geography impor- kurstheoretische Ansätze schon vor einiger Zeit für „tot“ tierten. Erst der etwas differenziertere Blick auf die Pluralität (Thrift und Dewsbury, 2000; Lorimer, 2008), sondern ver- „epistemologischer Inseln“ (Sahr, 2003a) und die dezidier- zichtete auch auf eine Auseinandersetzung mit der Bewusst- ten Versuche zur Inkorporierung hermeneutischer Traditio- seinsphilosophie (Husserl) und mit der Philosophischen An- nen durch Rothfuß (2009), Verne (2012) oder Zahnen (2015) thropologie (Dörfler und Rothfuß, 2018). eigneten sich deutschsprachige Geistesgeschichte explizit an. Dadurch ist eine wichtige Einsicht der Lehre der Bewußt- Beide Rezeptionsdynamiken, der Szientismus und die Angli- seinsphilosophie seit Hegel (1970/86 [1807]) sowie jene der fizierung, verhinderten jedoch, so zumindest unser Eindruck, Phänomenologie seit Husserl (1976 [1936]) verloren gegan- eine grundlegendere Auseinandersetzung mit den Geistes- gen. Beide haben auf ihre je spezifische (und unterschied- wissenschaften und blockierten einen nachhaltigen Einzug in liche) Weise darzulegen versucht, daß einzig und allein der humangeographisches Denken und Forschen. Mensch ein Bewußtsein über sich, andere und die Natur ausbilden könne, was als rein menschliche Fähigkeit begrif- fen werden müsse. Welt sei subjektive Verarbeitung objek- 6 Körper, Bewusstsein und Geist tiver Zusammenhänge: Diese Idee ist schon bei Fichte an- gedacht, wird bei Hegel in das Selbstbewußtsein übersetzt In der jüngeren Theoriedebatte hat der material turn dazu ge- und nimmt von hier aus seinen Weg als einzigartige reflexive führt, dass das, was in den klassischen Geisteswissenschaf- Aufmerksamkeitsstruktur des Menschen auf sich selbst und ten als Geist bezeichnet wurde, als inkompatibel mit der seine „Stellung im Kosmos“ (Scheler, 2016 [1928]). neuesten Theoriediskussion angesehen wird. „Geist“ wird, Zugleich sei auch erwähnt, dass in der philosophischen wie oben erwähnt, mit Hegel in Verbindung gebracht. Hier Anthropologie von Helmuth Plessner die Bewußtseinsphilo- jedoch taucht – ähnlich wie beim Leib/Körper-Problem – sophie von Husserl durchaus kritisch betrachtet wird. Pless- zum Englischen ein Übersetzungsgraben auf. Denn das, was ner charakterisiert zwar Bewußtsein nicht nur als die we- deutsch als „Geist“ verstanden wird, teilt sich im Engli- sentliche Eigenschaft des Menschen, sondern als Grundla- schen in zwei Begriffe auf: in spirit (eine eher noch reli- ge menschlichen Seins per se; er ist sich aber gewahr, nicht giös beeinflusste Konnotation) und in mind, ein Terminus das körperliche Sein des Menschen idealistisch zu negie- Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022 https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022
B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory 91 ren, wie er dies bei Husserl am Werk sieht. Die menschli- ges Canguilhem, 1979) mit ihrer Forderung einer sozialen che Existenz entzieht sich einer rein bewußtseinsimmanenten Einbettung der Wissenschaft und ihrer Diskurse einen ganz Betrachtung, ebenso wie einer objektivierenden Sichtweise. anderen Weg einschlug als die wissenschaftstheoretisch- In der „exzentrischen Positionalität“ wird die alleinige Fä- methodischen Überlegungen des in Deutschland dominieren- higkeit des Menschen real, Ich zu sich sagen zu können. Der den Neukantianismus, der sich auf methodologische Wahr- Mensch als einzige Lebensform ist eine Person (Plessner, nehmungsfragen konzentrierte, so z. B. bei Nicolai Hartmann 1980 [1928]; Lindemann, 2011). und Hermann Cohen. Diese neukantianischen Debatten kon- Der österreichische Philosoph Alfred Schütz wiederum trastierten mit den damals noch geläufigen monistischen An- zieht aus Husserls Wesenhaftigkeit der Dinge die Konse- sätzen, z. B. des Leipziger „Positivistenkränzchens“, dem quenz, dass es eine zwar subjektiv erfahrene, aber objektiv auch Ratzel angehörte, welche den Neukantianismus, aber erkennbare soziale Typik des Alltags gäbe, welche es ermög- auch verschiedene Formen des dialektischen Hegelianismus liche, die Typisierung der Lebenswelt auch auf andere „Sinn- ablehnten. Hans Blumenberg sieht diese „deutsche philoso- provinzen“ wie Wissenschaft, Traum oder Kunst zu übertra- phische Situation zu Anfang der zwanziger Jahre bestimmt gen, welche sich durch eine je spezifische, unterschiedlich in- durch die Viererkonstellation von Neukantianismus, Phäno- tensive „Gerichtetheit“ des Bewußtseins – sogenannten „Be- menologie, Lebensphilosophie und Positivismus Prager Her- wußtseinsgraden“ – auszeichneten (Schütz, 1993 [1932]). kunft“ (Blumenberg, 2010:22). Ohne subjektive Gerichtetheit des menschlichen Bewußt- Der „Materialismus“ war in diesem Diskurs immer schon seins gäbe es folglich kein objektives Wissen von der Welt. konstitutiv und wurde besonders bei geisteswissenschaftli- Dieses Wissen ist subjektiv-leiblich organisiert, da der Leib chen Fragen der Hermeneutik und Phänomenologie themati- Träger solchen Bewußtseins ist. siert. Aus unserer Sicht ist es deshalb bedauerlich, dass wei- Der Leib steht also an der Grenzschicht zwischen inne- te Teile der Humangeographie seit dem cultural turn diese rem Bewusstsein des minds – ein Gedanke, der sich auch philosophischen Elemente und Kontroversen der Geistesge- bei A. N. Whitehead (1979 [1929]) findet – und den empi- schichte schlicht übersprungen oder ignoriert haben. Denn rischen Erfahrungen des Bewußtsein in der äußeren Welt. die Frage nach Körper und Geist als konstitutive Bestand- Somit ist der Leib keine abgetrennte „kognitive Zentrale“ teile des Leibes war ein zentrales Feld dieser Auseinander- des Menschen, wie dies der Cartesianismus nahegelegt hat, setzungen, die auch heute noch in den Debatten einer post- sondern ein „Zwischenraum“. Es kann so kein „abstraktes“ humanistischen Geographie anklingen. und „diskursives“ vom Subjekt losgelöstes Wissen (von) der Unser Eindruck ist, dass die diskurstheoretische Fokussie- Welt geben, da alle Wissensformen in Subjekten gründen, rung, welche die Anfangsphase der Neuen Kulturgeographie die diese erst erkannt und „verarbeitet“ haben (vgl. Dörfler stark geprägt hatte, zunächst den Materialismus ausblendete und Rothfuß, 2021). Die englischsprachige Nähe von mind („there is nothing outside the text“) und dann auch nur sehr zu Bewusstein könnte hier eigentlich eine Brücke schlagen wenig mit einer Leibtheorie anfangen konnte („Tod des Sub- zu den leibtheoretischen Erwägungen, die in der neueren jekts“; vgl. auch Dörfler und Rothfuß, 2013). Mit der „Wie- deutschsprachigen Philosophie wieder zum Tragen kommen derentdeckung“ des „Materialismus“ (Kazig und Weichhart, (z. B. Böhme, 2019; Schmitz, 2007). In der deutschsprachi- 2009) – nun in avantgardistischem Duktus des new mate- gen Geographie ist dies jedoch wegen der Anglozentrik noch rialism – folgte ein Ausschlag in die andere Richtung: Die nicht der Fall (bis auf wenige Ausnahmen: z. B. Runkel, Rezeption – wieder über die anglophone Geographie – führ- 2018). te nun dazu, dass erneut eine engere Auseinandersetzung Leib als körperlichen Geist zu verstehen, ist dabei die mit der Leib- und Bewußtseinsphilosophie ausblieb. Um die- große Herausforderung. Die Leibphilosophie beruft sich da- ses Versäumnis aufzuarbeiten, legt dieses Themenheft einen für v. a. auf Arbeiten aus der Philosophischen Anthropo- Schwerpunkt auf die Aufarbeitung dieser Denktradition. logie (Scheler, Gehlen, Plessner) und der Phänomenolo- gie (Husserl, Schütz, später Waldenfels) sowie der Neophä- nomenologie (Schmitz, 2007; vgl. auch Gugutzer, 2017). 7 Transzendierung durch Theologie? Auch wenn diese leibtheoretischen Arbeiten verschiedent- lich in der deutschsprachigen Geographie diskutiert wurden Genauso wichtig wie die Wiederbelebung der (vgl. dazu: Dickel und Keßler, 2019; Dörfler und Rothfuß, hermeneutisch-phänomenologischen Debatte erscheint 2018, 2021; Ernste, 2004; Hasse, 2014; Korf, 2012; Mar- uns eine neue Interpretation des Denkens der „Frankfurter quardt, 2015), wurden sie in der Diskussion zum material Schule“. Hier hat die Geographische Zeitschrift gerade turn nur randständig beachtet. ein eigenes Themenheft zur „Geographie mit Adorno“ Bis heute ist es nicht gelungen, dieses Diskurstableau der (Belina und Reuber, 2021) vorgelegt. Darin (und anderswo) 1900–1930er Jahre epistemologisch-historisch ausreichend liest Chris Philo (2017, 2021) Adorno als Inspiration für zu rekonstruieren. Diese phänomenologischen Ansätze ent- mikrologische Untersuchungen einer „Geographie des standen zu einer Zeit, als die französischspachige Episte- Kleinen“. Bernd Belina (2020) wiederum hat besonders den mologie (z. B. Gaston Bachelard, 1987 [1938] und Geor- Historischen Materialismus im Denken Adornos und Hork- https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022 Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022
92 B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory heimers betont und als vornehmliches Deutungsangebot Die heftigen Kontroversen, die das theologisch grundier- unterbreitet. Doch hat die „Frankfurter Schule“ insgesamt te Vokabular bei Adorno und Horkheimer, Benjamin, auch weder in der anglophonen noch in der deutschsprachigen Kracauer (1979)5 und Ernst Bloch (1985) in „Das Prin- Geographie eine grosse Resonanz gefunden. Besonders in zip Hoffnung“6 unter linken Theoretikerinnen und Theore- Hinsicht auf den für die Frankfurter Schule zentralen Begriff tikern in der Bundesrepublik Deutschland in den 1960 und der Totalität, sei es als über allem stehenden Gesetz, sei es 1970er Jahren ausgelöst hat, sollten zumindest nicht leicht- als die Vernunft übersteigende Sphäre der Göttlichkeit, gibt fertig übergangen werden, ebenso wenig wie die vielfältigen es wenig Überlegungen. Diskussionen im Umkreis von Jacob Taubes, die sich mit re- Vielleicht liegt diese zögerliche Rezeption daran, dass Mi- ligionsphilosophischen Hintergründen auch der Frankfurter chel Foucault, der in der kritischen Geographie lange eine Schule (z. B. über ihren vermeintlichen Gnostizismus) aus- zentrale theoretische Bezugsperson war (und noch ist), sein einandersetzen. Taubes ist auch wegen seiner Auslegungen ambivalentes Verhältnis zur Frankfurter Schule dahingehend der Paulus-Briefe ein wichtiger Anknüpfungspunkt jünge- zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Immanenz des Hu- rer theoretischer Debatten. Von seinen Lektüren aus lassen manen betonte (Wolf, 2014:207 ff.). Diese Ambivalenz wur- sich wieder vielfältige Verbindungslinien zurück in die Itali- de auch von der anderen Seite geteilt: So bezeichnete Jür- an Theory knüpfen, z. B. zu Giorgio Agamben in Die Zeit, gen Habermas Foucaults genealogischen Ansatz als „relati- die bleibt (Agamben, 2006), und erneut spinnt sich ein po- vistische und kryptonormative Scheinwissenschaft“ (Haber- lylogisches Netz als entanglements der German Theory, nun mas, 1985:324). Erst Axel Honneth, dessen Arbeiten ebenso auch zur French Theory, z. B. zu Alain Badious „Paulus“ wie diejenigen von Rahel Jaeggi in der Geographie verein- (Badious, 2002), oder auch zu Slavoj Žižek (2000) und des- zelt aufgegriffen worden sind (z. B. Hannah, 2019; Rothfuß, sen Relektüren der Pauluslektüren linker Theoretikerinnen 2012; Boamah und Rothfuß 2020), hat eine erneute Annähe- und Theoretiker. rung zwischen der Frankfurter Schule und Foucaults genea- Anscheinend haben diese Autorinnen und Autoren weit logischem Ansatz möglich gemacht (Honneth, 1985, 2005, weniger Hemmschwellen, sich eine theologische und religi- 2007). Dies könnte aus unserer Sicht auch Aufforderung für onsphilosophische Geistesgeschichte für eine dezidiert lin- eine erneuerte Rezeption der Frankfurter Schule in der Kriti- ke Theorie anzueignen, als es in der deutschsprachigen oder schen Geographie sein. anglophonen Humangeographie üblich ist, wo diese Theo- Während der säkuläre sozialwissenschaftliche Diskurs oft retiker sehr wohl rezipiert werden, deren religionsphiloso- im dialektischen Materialismus stecken bleibt, wird der tran- phische Aneignungspraxis aber nicht weiter vertieft oder szendentale Aspekt der Debatte ausgeblendet, weil er zu sehr gegengelesen wird. Gleiches gilt auch für die Aneignung „stört“, vielleicht auch belastet. Die religionsphilosophische des Denkens Carl Schmitts, dessen theologische Grundie- Grundierung der Kritischen Theorie wird deshalb kaum re- rung (und gnostizistische Denkweise, die auch seinen tief- flektiert, noch deren theologisches Umfeld4 . In seinen ge- sitzenden Antisemitismus begründet) kaum berücksichtigt schichtsphilosophischen Thesen bezeichnet Walter Benjamin wird, wenn sein – politisch höchst problematisches – Den- den „historischen Materialismus“ mit dem Bild einer „Puppe ken für linke Theorie fruchtbar gemacht wird (Korf und Ro- in türkischer Tracht“. Ein unsichtbarerer „buckliger Zwerg“ wan, 2020). Diese fehlende „Musikalität“ für religionsphi- lenke „die Puppe an Schnüren“. Der Zwerg ist hier die Theo- losophische Resonanzräume in diesen Theoriedebatten mag logie, „die heute bekanntlich klein und hässlich ist“ (Ben- mit einer Marginalisierung der Religionsgeographie im Fach jamin, 1977:251). Doch sollten wir den Zwerg nicht un- zusammenhängen (vgl. hierzu Henkel, 2011; Korf, 2018), terschätzen, lenkt dieser doch die Puppe (den Historischen die jedoch dringend hinterfragt werden sollte. Dann eröff- Materialismus). Zugleich gibt es hinreichende Indizien, dass nen sich auch bei der Lektüre der Frankfurter Schule neue auch Adorno und Horkheimer auf theologische Figurationen Perspektiven einer entangled theory. zurückgegriffen haben, um ihrer Hoffnung auf Utopie und vielleicht sogar Erlösung Ausdruck zu verleihen (vgl. Brum- 8 Have Fun lik, 2014:103 ff.; Nagl-Docekal, 2020). So formulierten sie in der Dialektik der Aufklärung: „Nicht um die Konservie- Die Leerstellen, welche wir in diesem Themenheft um- und rung der Vergangenheit, sondern um die Einlösung der ver- beschreiben, liegen wie Wrackteile versunkener Schiffe am gangenen Hoffnung ist es zu tun“ (Horkheimer und Adorno, Meeresgrund in den Sedimenten kontinentaler Geistestradi- 1971 [1969]:4). tionen. Leerstellen sind immer kontingent, das heisst, die Er- innerung an sie verändert sich ständig und verändert auch die 4 Zum Umfeld der Kritischen Theorie gehört v. a. die Theolo- 5 Eine besonders interessante Studie von Kracauer ist „Der gie von Paul Tillich, die auf dem Entfremdungsgedanken zwischen dem Zeitlichen und Ewigen beruhte, und die sogenannte „Dialek- Detektiv-Roman. Ein philosophisches Traktat“ (Kracauer, 1979), tische Theologie“ Karl Barths, welche – ohne direkten Bezug zur der voller religiöser und geographischer Anspielungen ist. Frankfurter Schule – einer Theologie des Wortes Gottes die Krisen- 6 Ernst Bloch stellt sogar einen direkten Zusammenhang zwi- phänomene der Moderne gegenüberstellte. schen geographischen und religiösen Utopien her. Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022 https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022
B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory 93 Traditionen selbst. In der Geschichte des Faches sind deshalb Literatur Rezeptionsdynamiken und das Vergessen auch umkehrbar, so dass Schiffwracks mitunter auch wieder geborgen und re- Aalbers, M. B. und Rossi, U.: A coming community: young stauriert werden können, ja manchmal gelingt es sogar, da- geographers coping with multi-tier spaces of academic pu- blishing across Europe, Soc. Cult. Geogr., 8, 233–302, htt- bei auch versunkene Schätze zu heben. Taktiken der Pro- ps://doi.org/10.1080/14649360701360220, 2007. vinzialisierung sind dann nichts anderes als Tauchgänge zu Agamben, G.: Die Zeit, die bleibt: Ein Kommentar zum Römer- geistesgeschichtlichen Grundlagen, in diesem Fall zur Ger- brief, Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-518-12453-6, man Theory. Sie öffnen Möglichkeitsräume der entangled 2006. theory, in denen die Wrackteile archäologisch freigelegt, ge- Akehurst, T. L.: The Cultural Politics of Analytic Philosophy: borgen, restauriert, renoviert und neu in Wert gesetzt wer- Britishness and the Spectre of Europe, Contiuum, London, den. Dazu versteht sich unser Editorial als Ermunterung und ISBN 978-1-441-12657-3, 2010. Einladung. Theoriearbeit zu provinzialisieren bedeutet hier, Bachelard, G.: Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes. Beitrag einen interkonnektiven und horizontalen Provinzialismus zu zu einer Psychoanalyse der objektiven Erkenntnis, Suhrkamp, entwickeln, in der Erwartung gegenseitiger Bereicherung. Frankfurt, ISBN 978-3-518-28268-7, 1987 [1938]. Die Früchte dieses Themenheftes zur German Theory stellen Badiou, A.: Paulus. Die Begründung des Universalismus, Diapha- nes, Zürich, ISBN 978-3-935-30048-3, 2002. deshalb ein konstruktives Angebot dar, Theorie in der Hu- Badiou, A. und Nancy, J.-L.: Deutsche Philosophie: Ein Dialog, mangeographie dialogisch zu befruchten. So kann entangled Matthes & Seitz, Berlin, ISBN 978-3-957-57350-6, 2017. theory inspirieren und Spass machen – ganz im Sinne von Ju- Bajohr, H.: Book Review: Angus Nicholls. Myth and the Human liet Falls Diktum: „Isn’t the diversity, helped by bridges and Sciences: Hans Blumenberg’s Theory of Myth, 2015, Ger. Rev., go-betweens, rather fun, too?“ (Fall, 2013:58). 90, 358–361, https://doi.org/10.1080/00168890.2015.1096176, 2015. Bartels, D.: Zur wissenschaftstheoretischen Grundlegung einer Datenverfügbarkeit. Für diesen Artikel wurden keine Datensätze Geographie des Menschen, Steiner, Wiesbaden, ISBN 978-3- genutzt. 515-00526-5, 1968. Bateson, G.: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psycholo- gische, biologische und epistemologische Perspektiven, Suhr- Autorenmitwirkung. Alle drei Autoren haben gleichwertig an der kamp, Frankfurt, ISBN 978-3-518-28171-0, 1985 [1971]. Konzeption, der Ausarbeitung, Verschriftlichung und Überarbei- Belina, B.: Die geographischen Grenzen abstrakter Gleichheit, Geo- tung des Textes mitgewirkt. gr. Helv., 75, 371–380, https://doi.org/10.5194/gh-75-371-2020, 2020. Belina, B. und Reuber, P.: Geographie mit Adorno: Editorial zum Interessenkonflikt. Die Autor*innen erklären, dass kein Interes- Themenheft, Geogr. Z., 109, 67–72, 2021. senkonflikt besteht. Benjamin, W.: Illuminationen: Ausgewählte Schriften, Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-518-36845-9, 1977. Best, U.: The invented periphery: constructing Europe in debates about „Anglo hegemony“ in geography, Soc. Geogr., 4, 83–91, Haftungsausschluss. Anmerkung des Verlags: Copernicus Pu- https://doi.org/10.5194/sg-4-83-2009, 2009. blications bleibt in Bezug auf gerichtliche Ansprüche in veröffent- Birkenhauer, J.: Hermeneutik: Ein legitimer wissenschaftlicher An- lichten Karten und institutionellen Zugehörigkeiten neutral. satz in der Geographie?, Geogr. Z., 75, 111–121, 1987. Bloch, E.: Das Prinzip Hoffnung, 3 Bde., Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-518-28154-3, 1985. Danksagung. Wir danken allen Kolleginnen und Kollegen, die Blumenberg, H.: Theorie der Lebenswelt, Suhrkamp, Berlin, sich am Zürichsee und in Würzburg zu Gesprächskreisen zusam- ISBN 978-3-518-58540-5, 2010. mengefunden haben und sich mit uns German Theory durch viel- Boamah, F. und Rothfuß, E.: Practical recognition as a suitable pa- fältige Lektüren und Diskussionen angeeignet haben: Tobias Boos, thway for researching just energy futures: Seeing like a modern Jos de Mul, Mirca Dickel, Peter Dirksmeier, Thomas Dörfler, Pas- electricity user in Ghana, Energ. Res. Social Sci., 60, 1–12, htt- cal Goeke, Olivier Graefe, Matt Hannah, Holger Jahnke, Nadi- ps://doi.org/10.1016/j.erss.2019.101324, 2020. ne Marquard, Johannes Quack, Simon Runkel, Antje Schlottmann, Böhme, G.: Leib. Die Natur die wir selbst sind, Suhrkamp, Berlin, Raji Steineck, Julia Verne. Auch danken wir allen Beitragenden ISBN 978-3-518-29870-1, 2019. und Mitdiskutierenden auf der Fachsitzung „German Theory“, die Boos, T. und Runkel, S.: Einführung: Die ungeheuerliche Raum- wir auf dem Deutschen Kongress für Geographie in Kiel im Ok- philosophie von Peter Sloterdijk, Geogr. Helv., 73, 261–272, htt- tober 2019 moderiert haben. Sie haben dazu beigetragen, German ps://doi.org/10.5194/gh-73-261-2018, 2018. Theory in einem anderen Diskussionszusammenhang weiterzufüh- Bourdieu, P.: Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen ren. Urteilskraft, Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-518- 28258-8, 1978. Begutachtung. This paper was edited by Nadine Marquardt and reviewed by one anonymous referee. https://doi.org/10.5194/gh-77-85-2022 Geogr. Helv., 77, 85–96, 2022
94 B. Korf et al.: Tauchgänge zur German Theory Bruckner, P.: Ein nahezu perfekter Täter: Die Konstruktion des Ernste, H.: The pragmatism of life in poststructuralist times, Envi- weißen Sündenbocks, Tiamat, Berlin, ISBN 978-3-893-20281-2, ron. Plan. A, 36, 437–450, https://doi.org/10.1068/a3653, 2004. 2021. Fall, J. J.: Lost geographers: power games and the cir- Brumlik, M.: Vernunft und Offenbarung: Religionsphilosophische culation of ideas within Francophone political geo- Versuche, EVA, Hamburg, ISBN 978-3-825-70189-5, 2014. graphies, Prog. Hum. Geogr., 31, 195–216, htt- Calbérac, Y.: Close Reading Michel Foucault’s and Yves Lacoste’s ps://doi.org/10.1177/0309132507075369, 2007. Concepts of Space Through Spatial Metaphores, Le Foucauldien, Fall, J. J.: Thinking spaces of writing and engagement, Geogr. Helv., 7, 1–21, https://doi.org/10.16995/lefou.90, 2021. 68, 57–59, https://doi.org/10.5194/gh-68-57-2013, 2013. 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