Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen
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6 Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Johannes M. Basch & Klaus G. Melchers Universität Ulm Zusammenfassung Der technologische Fortschritt und zuletzt die Corona-Pandemie haben dazu geführt, dass technolo- gie-mediierte Vorstellungsgespräche vermehrt zur Personalauswahl eingesetzt werden. Der folgende Artikel soll einen Überblick über den Status Quo der Forschung zu technologie-mediierten Interviews bis zur Mitte des Jahres 2021 geben. Zum einen werden aktuelle Erkenntnisse zu Leistungs- und Akzeptanz- unterschieden im Vergleich zu persönlichen Vorstellungsgesprächen zusammengefasst. Zudem wird insbesondere auf die Ursachen dieser Unterschiede eingegangen, und neue Erkenntnisse zur Validität von technologie-mediierten Interviews werden geschildert. Basierend auf den verschiedenen Erkennt- nissen werden abschließend Empfehlungen für die Praxis gegeben und weitere Lücken im Bereich von KI-gestützten Auswertungen von Videoaufzeichnungen skizziert. Schlüsselwörter: technologie-mediierte Interviews, Video-Interviews, asynchrone Video-Interviews, Be- werberreaktionen Technology-mediated Interviews: Lessons Learned and Open Questions Abstract Technological progress and, most recently, the Corona pandemic have led to the increased use of tech- nology-mediated interviews for personnel selection. The following article aims to provide an overview of the current state of the art (until mid-2021) concerning research on technology-mediated interviews. First, recent findings on performance and acceptance differences compared to face-to-face interviews are summarized. Then, the causes of these differences will be specifically addressed and recent findings on the validity of technology-mediated interviews will be described. Based on the different findings, recommendations for practice and lines for future research will be provided and knowledge gaps con- cerning AI-assisted evaluations of video interviews will be briefly described. Keywords: technology-mediated interviews, video-interviews, asynchronous video-interviews, applicant reactions
J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 7 Die Digitalisierung ist in vollem Gange, und ei- 1 Formen technologie- ner der Bereiche, der ebenfalls einen deutlichen mediierter Interviews Digitalisierungsruck erfahren hat, ist die Perso- nalauswahl. Online-Einstellungstests, Online- Bewerbungsformulare und Profil-Checks in sozi- Vorstellungsgespräche gehören zu den am mei- alen Medien werden natürlich schon seit langem sten eingesetzten und beliebtesten Auswahlver- genutzt. Mit Hinblick auf Vorstellungsgespräche fahren überhaupt (Huffcutt & Culbertson, 2011). gehören Telefon- und Videokonferenz-Interviews Dies liegt einerseits daran, dass sie oft einen für auch schon seit längerem zum Repertoire von Bewerberinnen und Bewerber hohen Tätigkeits- Personalabteilungen. Doch während diese früher bezug aufweisen. Andererseits können sie für oftmals nur zur Vorauswahl von Bewerberinnen Unternehmen eine sehr gute Vorhersagekraft der und Bewerbern eingesetzt wurden oder wenn die zukünftigen Arbeitsleistung ermöglichen, wenn sie Anreise zu weit war, führten die flächendeckenden standardisiert und anforderungsbezogenen gestal- Kontaktbeschränkungen während der Corona- tet sind (Huffcutt, Culbertson & Weyhrauch, 2014). Pandemie dazu, dass technologie-mediierte In- Neben dem klassischen Face-to-Face (FTF)- terviews plötzlich nicht mehr nur Alternativen zum Interview wurden durch den Einsatz von Tech- persönlichen Vorstellungsgesprächen waren, son- nologien im Lauf der Zeit mehrere Alternativen dern an vielen Stellen als alternativlos betrachtet entwickelt: Telefon-Interviews, Interactive-Voice- wurden. Response (IVR)-Interviews, Videokonferenz-Inter- Nicht erst durch den vermehrten Einsatz wäh- views und asynchrone Video-Interviews (AVIs). rend der Corona-Pandemie steht jedoch die Frage Telefon-Interviews werden schon seit länge- im Raum, ob verschiedene Formen der Interview- rem eingesetzt – vor allem zur Vorauswahl von durchführung überhaupt miteinander vergleichbar Bewerberinnen und Bewerbern (Straus, Miles & sind und ob die technologie-basierte Durchfüh- Levesque, 2001). Bewerbende und Interviewende rung die psychometrischen Eigenschaften und die unterhalten sich dabei zu einem vorher festgeleg- Wahrnehmung von Interviews beeinflusst. Im Zuge ten Termin per Telefon. IVR-Interviews funktionie- dieses Artikels soll deshalb ein Überblick über den ren vom Prinzip her wie Anrufe in Kundenhotlines, aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung d. h. Bewerberinnen und Bewerber antworten bei zu diesem Thema gegeben werden. Dabei sollen diesen Interviews auf zuvor aufgenommene Fra- verschiedene Fragen beantwortet werden: Wie gen durch verschiedene Antwortoptionen, die verbreitet sind technologie-mediierte Interviews? entweder mündlich oder durch das Drücken eines Wie akzeptiert sind sie, und welche Faktoren tra- Knopfes gegeben werden können (z. B. Bauer, gen zur Akzeptanz dieser Interviews bei? Werden Truxillo, Paronto, Weekley & Campion, 2004). Frü- Bewerberinnen und Bewerber in den verschie- her wurden diese Interviews vor allem in den USA denen Interviewformen unterschiedlich bewertet, in der ersten Screening-Phase eingesetzt. In ihnen und welche Faktoren tragen zu möglichen Be- wurden in erster Linie Informationen eingeholt, die wertungsunterschieden bei? Unterscheiden sich im deutschen Sprachraum eher über Online-Be- technologie-mediierte und persönliche Interviews werbungsformulare erfasst werden. Mittlerweile auch darin, wie sie die spätere Arbeitsleistung vor- werden diese Interviews aufgrund der fortschrei- hersagen können? Im Anschluss daran sollen ba- tenden Entwicklung bei anderen Formen der In- sierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen terviewdurchführung aber nur noch eher selten praktische Implikationen abgeleitet und dringende eingesetzt. Lücken der bisherigen Forschung aufgezeigt wer- Eine weitere Form von technologie-mediierten den. Vorstellungsgesprächen sind Videokonferenz-In- Einige der angesprochenen Fragen wurden terviews (Basch, Melchers, Kurz, Krieger & Miller, bereits in früheren Überblicksartikeln behandelt 2021c). Sie sind vermutlich von den verschiedenen (Basch & Melchers, 2020; Blacksmith, Wilford & Arten, wie Vorstellungsgespräche geführt wer- Behrend, 2016). Die Metanalyse von Blacksmith et den, mittlerweile die naheliegendste Alternative al. umfasst jedoch nur Artikel, die zum Zeitpunkt zu persönlichen Vorstellungsgesprächen. Dabei der Analyse alle mindestens 10 Jahre alt waren. hat sich durch die Corona-Pandemie nicht nur Dementsprechend spiegelt diese Metaanalyse die Bekanntheit der Anbieter für Videokonferenz- den neuesten Stand der Forschung nicht ange- Technologien verbessert, sondern durch die tech- messen wieder. Und der Überblicksartikel von nologische Entwicklung der letzten Jahre auch die Basch und Melchers (2020) fasst zwar aktuellere Gesprächsqualität. Mit Hilfe von hochauflösenden Ergebnisse zu Leistungs- und Akzeptanzunter- Webcams, hochwertigen Mikrofonen und High- schieden zusammen, jedoch liegen mittlerweile Speed-Internet kann mittlerweile eine Gesprächs- einerseits weitere Erkenntnisse zu den Ursachen situation erzeugt werden, die der in FTF-Interviews dieser Unterschiede vor sowie andererseits eine sehr nahekommt – nur mit dem Unterschied, dass Reihe neuer Studien zu technologie-mediierten In- sich die Gesprächspartner nicht im gleichen Raum terviews in echten Auswahl-Settings. befinden.
8 Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Eine der neuesten Formen von Interviews stellen Interviews die naheliegendste Alternative zu schließlich AVIs dar, die vor allem zur Vorauswahl FTF-Interviews – auch unter Berücksichtigung der von Bewerberinnen und Bewerbern eingesetzt Media Richness Theory, denn es werden die glei- werden (Lukacik, Bourdage & Roulin, 2020). Die- chen Kanäle der Informationsübertragung genutzt se Interviews werden ebenfalls über das Internet wie in FTF-Interviews, und die Kommunikation ist durchgeführt. In ihnen bekommen Bewerberinnen deshalb als ähnlich effektiv einzuschätzen. Zentra- und Bewerber auf dem Bildschirm Fragen gezeigt, ler Unterschied ist jedoch, dass die Übertragung die vorher vom Unternehmen festgelegt wurden, non-verbalen Verhaltens auf einen kleinen Bild- und nehmen ihre Antworten mittels Webcam und ausschnitt reduziert ist und die Kommunikation Mikrofon auf. Dafür haben die Bewerberinnen und durch Lag-Times in der Internetverbindung unter- Bewerber für jede Frage eine bestimmte Vorberei- brochen werden könnte (Wegge, 2006). In Tele- tungs- und Antwortzeit. Das Adjektiv „asynchron“ fon-Interviews hingegen entfällt die non-verbale deutet bereits an, dass es zu keiner direkten In- Kommunikation komplett, und in AVIs ist die Über- teraktion kommt, sondern das eigentliche Inter- tragung nur einseitig, was die Interaktion und da- view von der Bewertung durch Interviewerinnen mit einhergehend die tatsächliche Kommunikation und Interviewer zeitlich getrennt wird. Sowohl Be- von Gesprächspartnern erschwert. Dadurch, dass werbende als auch Interviewende können dabei in Videokonferenz-Interviews und FTF-Interviews selbst entscheiden, wann sie das Interview durch- die gleichen Kanäle der Informationsübermittlung führen beziehungsweise bewerten. genutzt werden (verbal, non-verbal, para-verbal), Die Vorteile technologie-mediierter Interviews würde die Media Richness Theory kaum Unter- zeigen sich nicht nur in der Einsparung von Kon- schiede zwischen diesen beiden Formen der In- takten während der Corona-Pandemie. Unter- terviewdurchführung erwarten. nehmen schätzen vor allem die Zeit- und Ko- Im Gegensatz zur Media Richness Theory argu- steneinsparung, die sich durch den Einsatz von mentiert die Social Presence Theory (Short, Wil- technologie-mediierten Interviews ergeben, denn liams & Christie, 1976) jedoch, dass die technolo- bei all diesen Interviews entfällt die Anreise für Be- gische Barriere dazu führt, dass Gesprächspartner werberinnen und Bewerber, was auch eine flexib- sich gegenseitig mit Hinblick auf Mimik, Gestik, lere Terminplanung ermöglicht (Basch & Melchers, etc. nur beschränkt wahrnehmen können. Die 2021). Zudem bieten AVIs Unternehmen und Be- Wahrnehmung der anderen Person über ein Me- werbenden weitere zusätzliche Vorteile: So kann dium (Bildschirm, Telefon-Leitung) basiert schließ- durch die Unabhängigkeit von Zeitzonen ein grö- lich nicht auf der Anwesenheit der Person selbst, ßerer Pool an Bewerbenden erschlossen werden. sondern nur auf einer technischen Abbildung der Bewerberinnen und Bewerber können außerdem Realität. Diese Wahrnehmung wird auch als sozi- selbst entscheiden, wann sie die Interviews absol- ale Präsenz bezeichnet. Dementsprechend bieten vieren möchten und können diese entsprechend FTF-Interviews das größte Maß an sozialer Prä- ihrer persönlichen Präferenzen deshalb besser in senz, gefolgt von Videokonferenz-Interviews und ihren Tagesablauf integrieren. Ein weiterer Vorteil Telefon-Interviews und zuletzt den AVIs, da dort von AVIs ist, dass sie hochstandardisiert sind und keine Anwesenheit eines Gegenübers verspürt mit allen Bewerberinnen und Bewerbern auf die werden kann. Zusammengefasst bieten also FTF- gleiche Art und Weise durchgeführt werden, was Interviews trotz technischer Fortschritte die höch- generell günstig für die Reliabilität und Validität ste Kommunikationsbreite und soziale Präsenz. von Interviews ist (Huffcutt et al., 2014; Schmidt & Aufgrund der niedrigeren sozialen Präsenz unter- Zimmerman, 2004). Außerdem kann die Trennung scheiden sich Videokonferenz-Interviews gemäß von Interview und Bewertung zu einer Verringe- der Social Presence Theory merklich von FTF-In- rung von Verzerrungen führen (Kanning & Schuler, terviews. Bei Telefon-Interviews und insbesonde- 2014). re bei AVIs sollten diese Unterschiede nochmals Neben den technischen Eigenheiten der ver- stärker sein, da sie entweder keine Übertragung schiedenen technologie-mediierten Interviews non-verbaler Signale ermöglichen oder die Kom- kann man sich Unterschieden zwischen den In- munikation unter der mangelnden direkten Inter- terviews auch über kommunikationspsycholo- aktion leidet. gische Modelle nähern. So kann man auf Basis der Annahmen der Media Richness Theory (Daft & Lengel, 1986) beispielsweise davon ausgehen, dass Kommunikation umso verständlicher ist, je mehr Kanäle der Informationsübermittelung be- dient werden. Bei FTF-Interviews kann man bei- spielsweise auf alle Kanäle zurückgreifen: verbale, non-verbale (Gestik, Mimik) und auch para-verbale (Stimmhöhe, Sprechgeschwindigkeit) Informatio- nen. Wie bereits erwähnt, sind Videokonferenz-
J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 9 2 Wie verbreitet sind ßeren Umfrage von e-fellows (2020) geben 81% technologie-mediierte der Befragten an, ihre persönlichen Vorstellungs- gespräche während der Pandemie auf Videokon- Interviews? ferenz-Interviews umgestellt zu haben, während nur 3% an persönlichen Gesprächen festgehalten Während fast alle Unternehmen persönliche Vor- haben. Dass die Veränderungen durch die Coro- stellungsgespräche zur Personalauswahl nut- na-Pandemie auch langfristig beibehalten werden zen, variieren die Zahlen über die Verbreitung könnten, zeigen die Umfrageergebnisse ebenfalls. technologie-mediierter Interviews stark. Aus einer Die konkreten Erfahrungen von Unternehmen Studie von Armoneit, Schuler und Hell (2020), und Bewerbenden während der Pandemie könn- die die Verbreitung von Personalauswahlverfah- ten zusätzlich dazu beitragen, dass der Einsatz ren in Deutschland im Laufe der letzten 35 Jah- auch nach Abklingen der Pandemie beibehalten re untersucht, weiß man, dass zum Zeitpunkt der oder sogar zunehmen wird. In Einklang damit gab letzten Umfrage im Jahr 2018 ca. 41% der Unter- knapp die Hälfte der von e-fellows befragten Un- nehmen strukturierte Telefon-Interviews für die ternehmen (44%) an, dass die Umstellung langfri- Personalauswahl nutzen. Außerdem gaben 12% stig Bestand haben soll, während nur 28% sagten, der Unternehmen an, strukturierte Videokonfe- dass nach der Pandemie wieder der gleiche Zu- renz-Interviews für die Personalauswahl zu nut- stand wie vorher erreicht würde. zen. Eine neuere Umfrage aus dem Jahr 2019 vom Stifterverband der deutschen Wirtschaft und McKinsey (2019) zeigt, dass 28% der Unter- 3 Wie werden technologie- nehmen technologie-mediierte Interviews für die Personalauswahl nutzen und 48% planen, dies in mediierte Interviews von den nächsten fünf Jahren zu tun. Die Umfrage un- potenziellen Bewerberinnen terschied jedoch nicht nach verschiedenen Arten und Bewerbern technologie-mediierter Interviews. Aus einer aktu- ellen Unternehmensbefragung kurz vor dem Aus- wahrgenommen? bruch der Corona-Pandemie (Basch & Melchers, 2021) ergab sich, dass 67% der antwortenden Wie bereits erwähnt, werden Vorstellungsgesprä- 98 Unternehmen Telefon-Interviews nutzen und che von Bewerberinnen und Bewerbern in der 46% Videokonferenz-Interviews. Lediglich 4% der Regel gut akzeptiert. Dies ist ein für Unternehmen Unternehmen gaben an, asynchrone Video-Inter- wichtiger Punkt, denn werden Auswahlverfahren views in ihren Personalauswahlprozess zu inte- gut akzeptiert, geht dies mit für sie wichtigen Kon- grieren. In dieser Umfrage zeigte sich auch, dass sequenzen einher, wie der Motivation der Bewer- Unternehmen Videokonferenz-Interviews oftmals berinnen und Bewerber, überhaupt am Auswahl- als Ersatz für FTF-Interviews einsetzen, wenn eine verfahren teilzunehmen, der Wahrscheinlichkeit, Anreise sonst zu weit wäre. Andere Studien wie ein mögliches Stellenangebot anzunehmen oder von Langer, König und Papathanasiou (2019) fan- positiven Berichten über das Auswahlverfahren den einen Anteil von 13% an Bewerberinnen und (Truxillo & Bauer, 2011). Allerdings zeigen metaana- Bewerbern mit Erfahrung mit technologie-mediier- lytische Befunde auf Basis älterer Primärstudien, ten Interviews. Teilnehmende in einer älteren Stu- dass Bewerberinnen und Bewerber technologie- die von Brenner, Ortner und Fay (2016), die AVIs mediierten Interviews im Durchschnitt skeptischer untersuchte, gaben zu diesem Zeitpunkt keinerlei gegenüberstehen als traditionellen FTF-Gesprä- Erfahrung mit asynchronen Video-Interviews an. chen (Blacksmith et al., 2016). Auch in aktuelleren Im Vergleich zu diesen älteren Daten hat die Co- Studien, die nicht in die Metaanalyse von Blacks- rona-Pandemie dazu beigetragen, dass technolo- mith und Kollegen eingeflossen sind, fanden sich gie-mediierte Interviews einen Aufschwung erlebt negativere Einstellungen gegenüber technologie- haben. In einer von den Autoren selbst durchge- mediierten Interviews (Basch, Melchers, Kegel- führten Umfrage unter 83 Praktikern und Forschern mann & Lieb, 2020; Melchers, Petrig, Basch & Sau- im Personalbereich im Jahr 2021 – während der er, 2021; Sears, Zhang, Wiesner, Hackett & Yuan, Corona-Pandemie – gaben beispielsweise 83% 2013). Dabei zeigten potenzielle Bewerberinnen an, schon Erfahrungen mit Telefon-Interviews ge- und Bewerber gegenüber asynchronen Video- macht zu haben, 93% mit Videokonferenz-Inter- Interviews nochmals schlechtere Reaktionen als views, 14% mit AVIs – und eine Person gab an, gegenüber Videokonferenz-Interviews (Basch et bereits Erfahrungen mit IVR-Interviews gemacht al., 2020; Langer, König & Krause, 2017). Dieses zu haben. Daten von Gibson, Van Iddekinge und Muster zeigt sich ebenfalls in einer weltweit an- Vaughn (2021) zeigen, dass kurz nach Ausbruch gelegten Studie über verschiedene Kulturen und der Corona-Pandemie im April 2020 sechsmal Länder hinweg (Griswold, Phillips, Kim, Mondrag- so viele technologie-mediierte Interviews genutzt on, Liff & Gully, 2021). wurden wie im April 2019. In einer weiteren grö-
10 Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen An dieser Stelle muss jedoch betont werden, stellungsgesprächen kleiner wurde, wenn Bewer- dass der Vergleich von AVIs mit anderen For- berinnen und Bewerber die Gespräche tatsächlich men von Interviews etwas hinkt, da AVIs eher zur absolviert hatten (Basch et al., 2021c; Melchers et Vorauswahl von Bewerberinnen und Bewerbern al., 2021). Damit einhergehend erscheint es auch genutzt werden und damit in der Regel nicht im vorstellbar, dass die Corona-Pandemie und der gleichen Auswahlschritt wie FTF-Interviews oder bereits erwähnte vermehrte Einsatz von techno- Videokonferenz-Interviews. Vor diesem Hinter- logie-mediierten Interviews während ihr dazu bei- grund ist in Bezug auf AVIs eher ein Vergleich tragen, dass mehr Bewerberinnen und Bewerber mit anderen Vorauswahl-Instrumenten relevant. Erfahrungen mit Alternativen zum persönlichen In einer kürzlich durchgeführten Studie (Basch, Gespräch gesammelt haben und als Folge davon Melchers & Büttner, 2021b), bei der ansonsten ein die generelle Skepsis ihnen gegenüber abnimmt. sehr ähnliches Vorgehen wie in der Studie von Allerdings können die Erfahrung der Corona- Basch et al. (2020) verwendet wurde, ergaben Pandemie auch negativ auf die Wahrnehmung von sich für AVIs im Vergleich mit Online-Bewerbungs- technologie-mediierten Interviews wirken. So fand formularen oder Online-Leistungstests so gut wie eine groß angelegte Studie von McCarthy, Truxil- keine nennenswerten Unterschiede in Bezug auf lo, Bauer, Erdogan, Shao, Wang, Liff und Gardner die Wahrnehmung unterschiedlicher Fairness-As- (2021), dass Sorgen rund um die Corona-Pandemie pekte. mit mehr Interview-Angst während einem AVI und Im Hinblick auf Gründe, warum technologie-me- negativeren Bewerberreaktionen einhergingen. diierten Interviews im Vergleich zu FTF-Interviews Neben der Erfahrung mit technologie-mediier- von potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern ten Interviews lässt sich die Akzeptanz dieser In- kritischer wahrgenommen werden, argumentier- terviews auch durch Erklärungen verbessern. So ten Melchers, Ingold, Wilhelmy und Kleinmann konnte in einer Studie von Basch und Melchers (2015), dass die technologische Barriere in ihnen (2019) gezeigt werden, dass die Erklärung poten- dazu führt, dass diese soziale Situation im Inter- zieller Vorteile von asynchronen Video-Interviews view beeinträchtigt wird. In Einklang damit und durch Unternehmen, wie deren hohe zeitliche und mit der Social Presence Theory (Short et al., 1976) örtliche Flexibilität oder das hohe Maß an Stan- konnten Basch und Kollegen sowohl in Umfragen dardisierung, zu Verbesserungen der wahrge- als auch in Studien mit tatsächlich durchgeführten nommenen Fairness und der wahrgenommenen Interviews zeigen, dass die Durchführung über ein Nützlichkeit dieser Interviews führen kann. Außer- technisches Medium (Videokonferenz, AVIs) dazu dem wirkte die dadurch erhöhte wahrgenommene führt, dass die wahrgenommene soziale Präsenz Fairness auch indirekt auf die organisationale At- tatsächlich leidet (Basch et al., 2020; Basch et al., traktivität und Verhaltensintentionen wie der Wei- 2021c). Dies wiederum führt dazu, dass Bewerbe- terempfehlung des Unternehmens. rinnen und Bewerber beeinträchtigt dabei sind, Impression Management zeigen, also Verhaltens- weisen, die sie üblicherweise nutzen, um sich in 4 Wirkt sich die Art der ein gutes Licht zu rücken. Dies führt letztendlich auch dazu, dass technologie-mediierte Interviews Interviewdurchführung auf das als weniger fair wahrgenommen wurden (Basch et Abschneiden von al., 2020; Basch et al., 2021c). Bewerberinnen und Zusätzlich zu allgemeinen Effekten des Inter- view-Mediums auf die Wahrnehmung von Inter- Bewerbern aus? views spielen differentielle Aspekte ebenfalls eine relevante Rolle. So fanden Studien, dass Offenheit Ähnlich wie bei den Bewerberreaktionen fand die für Erfahrung (Brenner et al., 2016) und Extraver- Metaanalyse von Blacksmith et al. (2016) auch, sion (Hiemstra, Oostrom, Derous, Serlie & Born, dass Interviewteilnehmende in technologie-me- 2019) positiv mit der Wahrnehmung von asynchro- diierten Interviews schlechter beurteilt werden nen Video-Interviews zusammenhängen. Außer- als in traditionellen Vorstellungsgesprächen. Die- dem fanden sich auch Zusammenhänge zwischen ses Ergebnismuster zeigt sich auch in aktuelle- Technikaffinität und genereller Selbstwirksam- ren Studien (Basch et al., 2021c; Melchers et al., keitserwartung einerseits mit der Akzeptanz von 2021) und in Studien, die nicht in der Metaanalyse Videokonferenz-Interviews andererseits (Basch et eingeschlossen wurden (Sears et al., 2013). D. h. al., 2020). trotz besserer Kommunikationstechnik, schnelle- Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in Zusammen- rem Internet und damit trotz Verbesserungen der hang mit der Akzeptanz technologie-mediierter Gesprächsqualität in Videokonferenz-Interviews Interviews steht, ist Erfahrung. So fanden ver- wurden Personen in ihnen nach wie vor schlechter schiedene Studien, dass die anfängliche Skepsis bewertet als in FTF-Interviews. Hingegen fand die gegenüber Videokonferenz-Interviews und damit Studie von Melchers et al. (2021), dass zwischen der Akzeptanz-Unterschied zu traditionellen Vor- Telefon- und Videokonferenz-Interviews keine Un-
J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 11 terschiede bestehen, obwohl letztere mehr Infor- ihrer Übertragungsqualität manipuliert. Dabei mationskanäle übertragen. zeigte sich, dass Bewerberinnen und Bewerber in Gründe für die Unterschiede zwischen Video- Interviews mit mehr Störungen (Lag-Times) und ei- konferenz- und FTF-Interviews liegen sowohl auf ner schlechteren Bildqualität schlechter bewertet Seiten der Bewerbenden als auch auf Seiten der wurden als in Interviews mit guter Qualität. Selbst Interviewenden. Auf Seiten der Bewerberinnen wenn die Beurteilerinnen und Beurteiler einen und Bewerber fand eine Studie von Basch et al. Hinweis erhielten, dass technische Störungen (2021c), dass es sowohl die Einschränkung von nicht in die Bewertung einfließen sollten, bewer- sozialer Präsenz als auch des wahrgenommenen teten sie Videos in der Bedingung mit Störungen Blickkontakts indirekt zu schlechteren Leistungs- schlechter. bewertungen führen. Zum einen führt die Techno- Neben Studien zu Leistungsunterschieden logie-Mediation zu einer zuvor bereits erwähnten zwischen FTF-Interviews und Videokonferenz- Einschränkung der sozialen Präsenz, was – ähn- Interviews gibt es mittlerweile auch interessante lich wie dem Wirkmechanismus bezüglich der Befunde zu AVIs. Aufgrund der zuvor erwähnten Akzeptanz – zu weniger Einsatz von Impression- Annahmen in kommunikationspsychologischen Management-Taktiken führt. Der Einsatz solcher Modellen wäre aufgrund der mangelnden Inter- Taktiken trägt jedoch zu besseren Leistungsbe- aktivität und einseitigen Informationsübertragung wertungen in Interviews bei (Barrick, Shaffer & De- eigentlich davon auszugehen, dass die Interview- Grassi, 2009). Zum anderen zeigte sich ein wei- leistungen von Bewerberinnen und Bewerbern in terer Wirkmechanismus über den Blickkontakt. In AVIs am schlechtesten sein müsste. Jedoch zeigen Videokonferenzen Blickkontakt herzustellen und Befunde, dass die Durchführung ein und dessel- gleichzeitig das Gesicht des Gesprächspartners zu ben Interviews als AVI (also mit den exakt gleichen fixieren, ist nur schwer möglich, denn blickt man Interviewfragen) zu besseren Leistungsbeurtei- direkt in die Kamera, verliert man den Gesprächs- lungen führte als in Videokonferenz-Interviews partner aus den Augen. Fixiert man jedoch die Au- (Langer et al., 2017) oder in FTF-Interviews (Castro gen des Gegenübers im Videofenster, suggeriert & Gramzow, 2015). Langer et al. vermuteten, dass der Kamerawinkel fehlenden Blickkontakt. Au- eine Ursache für diese Unterschiede die für AVIs ßerdem fand eine Studie von Horn und Behrend typische Vorbereitungszeit für jede Frage ist. In (2017), dass die Aktivierung der Selbstansicht in einer Studie, bei der die Studienteilnehmenden Videokonferenz-Interviews zwar nicht mit schlech- entweder ein AVI mit oder ohne Vorbereitungs- teren Bewertungen einhergeht, aber zu einer er- zeit absolvieren sollten, konnten Basch, Brenner, höhten kognitiven Belastung der interviewten Per- Melchers, Krumm, Dräger, Herzer und Schuwerk sonen führen kann. Außerdem fand die Studie von (2021a) diese Vermutung bestätigen und fanden, McCarthy et al. (2021), dass negative Erfahrungen dass die Vorbereitungszeit zu signifikant besse- in Bezug auf die Corona-Pandemie die interview- ren Leistungsbeurteilungen führte. Gründe für die bezogene Angst erhöhen, was letztendlich auch besseren Beurteilungen waren, dass die Teilneh- zu schlechteren Interviewleistungen führen kann. merinnen und Teilnehmer die Vorbereitungszeit Auf Seite der Interviewerinnen und Interviewer aktiv nutzten, um sich Notizen zu machen und ihre konnte die Studie von Basch et al. (2021c) zeigen, Antworten gedanklich vorzustrukturieren, und sich dass auch diese sich von der veränderten sozialen diese Vorbereitung positiv auf ihre Leistung aus- Situation in technologie-mediierten Interviews wirkte. beeinflussen lassen. In der Studie wurden alle Interviews – egal ob FTF oder Videokonferenz – aufgezeichnet und zweimal bewertet, einmal live 5 Gibt es Unterschiede in der während des Interviews und einmal im Nachgang auf Basis der Aufzeichnung. Für die FTF-Interviews Kriteriumsvalidität von FTF- zeigte sich, dass die Zweitbewertungen auf Basis Interviews vs. technologie- der Aufzeichnung signifikant schlechter ausfielen vermittelten Interviews? als die Erstbewertungen. Für Videokonferenz-In- terviews zeigte sich hingegen kein vergleichbarer Effekt. Dies spricht dafür, dass der fehlende Prä- Angesichts der Befunde zu Leistungsunterschie- senz-Kontakt verantwortlich für die Unterschiede den zwischen verschiedenen Durchführungsfor- ist, also die Änderung der sozialen Situation bzw. men von Interviews kommt schnell die Frage auf, der sozialen Präsenz. ob diese sich auch in Unterschieden bezüglich der Zusätzlich zur Änderung der sozialen Situation Kriteriumsvalidität niederschlagen. Grundsätzlich fand eine Studie von Fiechter, Fealing, Gerrard und erscheint es naheliegend, dass jede Durchfüh- Kornell (2018), dass auch die Qualität der audio-vi- rungsform für sich eine sehr gute Vorhersage be- suellen Übertragung eine Rolle bei der Bewertung ruflicher Arbeitsleistung ermöglicht und dass dies von Interviews spielt. In einem Experiment wurden für strukturierte FTF-Gespräche der Fall ist, ist be- dabei die Aufnahmen von Interviews hinsichtlich kannt und auch metaanalytisch wiederholt belegt
12 Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen (Huffcutt et al., 2014; McDaniel, Whetzel, Schmidt Darüber hinaus sind Erkenntnisse notwendig, & Maurer, 1994; Taylor & Small, 2002). Bisher gibt inwiefern bestimmte Merkmale oder verzerrende es jedoch noch kaum Studien, die die Kriteriums- Faktoren die Kriteriumsvalidität von technologie- validität von technologie-mediierten Interviews mediierten Interviews beeinflussen könnten. Ei- untersucht haben. Einzelbefunde zu technologie- nerseits ist bisher ungeklärt, welchen Einfluss mediierten Interviews zeigen jedoch, dass eine die visuelle Information – wie beim Vergleich von Vorhersage der beruflichen Leistung durch sie Videokonferenz- und Telefon-Interviews – auf ebenfalls gut möglich ist. die Kriteriumsvalidität hat. Anderseits könnte bei- Eine Studie von Schmidt und Rader (1999) fand spielsweise die konkrete Ausgestaltung von AVIs beispielsweise, dass per Telefon durchgeführte ebenfalls Einfluss auf deren Validität haben. So Interviews, die anschließend transkribiert und auf fand eine Studie von Basch et al. (2021a) Hinwei- Basis der Transkription bewertet wurden, eine se, dass sich AVIs mit und ohne Vorbereitungszeit Kriteriumsvalidität aufweisen, die mit der von FTF- hinsichtlich ihrer Intelligenzsättigung unterschei- Interviews vergleichbar ist. Und in einer Studie den könnten, denn mit Vorbereitungszeit war die von Van Iddekinge, Eidson, Kudisch und Goldblatt Leistung signifikant mit der Intelligenz der Teilneh- (2003) fand sich außerdem, dass durch IVR-Inter- merinnen und Teilnehmer korreliert, ohne Vorbe- views eine gute Vorhersage von Leitungsbeurtei- reitungszeit jedoch nicht. lungen von Supermarkt-Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern möglich war. Aktuelle Studien im Bereich von asynchronen 6 Welche Konsequenzen Video-Interviews zeigten ebenfalls positive Ergeb- nisse. So fanden zahlreiche Studien aus den USA ergeben sich für die mit echten Bewerberinnen und Bewerbern, dass Personalauswahl? AVIs bei der Auswahl von Ärztinnen und Ärzten mit anderen Variablen korrelieren, die die spätere Mit Hinblick auf Leistungs- und Akzeptanzunter- Arbeitsleistung vorhersagen können, wie Leistun- schiede gibt es sowohl für Unternehmen als auch gen im Medizin-Studium (Bird, Hern, Blomkalns, für Bewerbende verschiedene Dinge zu beachten. Deiorio, Haywood, Hiller, Dunleavy & Dowd, 2019), Einerseits sollten Unternehmen die geringere Ak- Leistungen in anderen Auswahlverfahren zur Me- zeptanz von technologie-mediierten Interviews im diziner-Auswahl (Hopson, Regan, Bond, Branzetti, Vergleich zum traditionellen Pendant bedenken, Samuels, Naemi, Dunleavy & Gisondi, 2019) oder da eine negativere Wahrnehmung eines Aus- Kommunikations-Skills (Hopson, Dorfsman, Bran- wahlverfahrens schließlich auch mit verändertem zetti, Gisondi, Hart, Jordan, Cranford, Williams & Bewerberverhalten einhergehen kann, wie der Regan, 2019). Ähnlich fand auch eine deutsche Wahrscheinlichkeit, dass Bewerbende ein Stellen- Studie mit Bewerberinnen und Bewerbern, dass angebot annehmen oder dass sie das Unterneh- die Leistung in AVIs die Leistung in einem später men an Freunde und Bekannte weiterempfehlen durchgeführten Assessment Center vorhersagen (Hausknecht, Day & Thomas, 2004). Dies heißt kann (Brenner, 2019), was die Brauchbarkeit die- jedoch nicht, dass Unternehmen diese Interviews ser Art von Interviews als Vorauswahlinstrument trotz ihrer zahlreichen anderen Vorteile von ihrer unterstreicht. Und schließlich fand eine Studie mit Agenda streichen müssen. Im Einklang mit meta- simulierten AVIs Zusammenhänge mit selbstein- analytischen Befunden, dass Erklärungen die Ak- geschätzter Arbeitsleistung (Gorman, Robinson & zeptanz von Auswahlverfahren verbessern können Gamble, 2018). (Truxillo, Bodner, Bertolino, Bauer & Yonce, 2009) Was bis dato jedoch fehlt, ist ein direkter Ver- fand die Studie von Basch und Melchers (2019) gleich der Kriteriumsvalidität verschiedener Inter- beispielsweise positive Effekte von Erklärungen view-Formen. Gerade in der Corona-Krise haben zu AVIs: Wenn Unternehmen ihren Bewerberinnen viele Unternehmen vor allem Videokonferenz-In- und Bewerbern die Vorteile von technologie-me- terviews als Ersatz für FTF-Interviews verwendet. diierten Interviews erklären, kann dies die wahrge- Leistungsunterschiede zwischen diesen Interview- nommene Fairness verbessern und dadurch auch Formen (vgl. Basch et al., 2021c) könnten jedoch die wahrgenommene organisationale Attraktivität auch ein erster Hinweis darauf sein, dass sich steigern. Außerdem sollten Unternehmen Bewer- auch deren Validität unterscheiden könnte. In die- berinnen und Bewerbern auch die Möglichkeit sem Zusammenhang sind auch Effekte von verzer- geben, Erfahrungen mit der jeweiligen Art von In- renden Faktoren wie technischen Störungen oder terviews zu sammeln. Sind unbekannte Auswahl- mangelnde Videoqualität interessant (Fiechter et situationen erst einmal durchlebt, verringert sich al., 2018). Zukünftige Forschung in diesem Bereich auch die Skepsis (Basch et al., 2021c; Melchers et ist definitiv notwendig, um abschätzen zu können, al., 2021). ob die Verwendung von technologie-mediierten In jedem Falle sollten Unternehmen die Art der Interviews die Vorhersage der späteren berufli- Interviewdurchführung angesichts der wiederholt chen Leistung beeinträchtigt. gefundenen Leistungsunterschiede standardisie-
J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 13 ren. Auch wenn es verlockend erscheint, Bewer- na-Krise freistellen, ob sie persönlich oder per Vi- berinnen und Bewerber mit einer weiten Anreise deokonferenz interviewt werden möchten, sollten per Videokonferenz-Interview zu interviewen Bewerberinnen und Bewerber in jedem Falle das und damit vermeintlich sogar zuvorkommend zu persönliche Gespräch wählen, um ihre Chancen erscheinen, benachteiligen Unternehmen diese auf eine Einstellung zu vergrößern. Bewerberinnen und Bewerber dadurch systema- Sollten Bewerberinnen und Bewerber Video- tisch. Unternehmen sollten deshalb für alle Be- konferenz-Interviews durchlaufen, sollten sie be- werberinnen und Bewerber der gleichen Stufe züglich des mangelnden Blickkontakts und dessen im Auswahlprozess die gleiche Art der Interview- Zusammenhang mit niedrigeren Leistungsbewer- Durchführung verwenden. Wenn Unternehmen je- tungen versuchen, Blickkontakt mit ihrem Gegen- doch nicht auf die Vorteile von technologie-medi- über so gut es geht herzustellen bzw. zu halten. ierten Interviews verzichten möchten, können sie Wie bereits erwähnt, ist dies in Videokonferenzen auch alle Bewerberinnen und Bewerber mit tech- oft nur schwer möglich, da man entweder in die nologie-mediierten Interviews auswählen. Beim Kamera blickt, um Blickkontakt herzustellen, oder Wechsel von standardisierten FTF-Interviews zu das Gesicht des Gesprächspartners fixiert, um technologie-mediierte Interviews kann es jedoch Reaktionen im Gesicht des Gesprächspartners aufgrund der schlechter bewerteten Interviewlei- erfassen zu können. Eine Lösung ist eine Verän- stung wichtig sein, dass etablierte Cut-Off-Werte derung des Kamera-Setups, bei der man das Vi- angepasst werden, die herangezogen werden, um deofenster minimiert und möglichst nahe an die zu entscheiden, ob Bewerberinnen und Bewer- Kameralinse schiebt, sodass zumindest die Illusion ber für den nächsten Schritt im Auswahlprozess von Blickkontakt entsteht. Außerdem empfiehlt es berücksichtigt werden bzw. ein Stellenangebot sich angesichts der Ergebnisse aus der Studie von bekommen oder nicht. Zudem empfiehlt es sich Fiechter et al. (2018), die Rahmenbedingungen für für Unternehmen natürlich, sich bei der Durchfüh- Videokonferenz-Interviews so optimal wie mög- rung von technologie-mediierten Interviews an die lich zu gestalten: eine ungestörte Atmosphäre mit allgemeinen Empfehlungen zu Inhalt und Durch- neutralem Hintergrund, eine stabile Internetver- führung von Interviews zu halten, sodass die In- bindung und wenn möglich eine hochauflösende terviews auf einer Anforderungsanalyse basieren Webcam. Zusätzlich sollten Bewerberinnen und und dass sie strukturiert durchgeführt und stan- Bewerber die Selbstansicht in Videokonferenzen dardisiert ausgewertet werden (Campion, Palmer deaktivieren, da diese mit mehr Ablenkung und & Campion, 1997). einer größeren kognitiven Belastung einhergehen Darüber hinaus sollten Interviewerinnen und kann (Horn & Behrend, 2017). Interviewer wie bisher auch geschult werden, um Im Falle von asynchronen Video-Interviews eine einheitliche Durchführung und Bewertung sollten Bewerberinnen und Bewerber aufgrund sicherzustellen. Inwieweit in einer solchen Schu- des zuvor erwähnten Befunds, dass die aktive lung weitere Inhalte eingebaut werden müssen, Nutzung der Vorbereitungszeit zu einer besseren die auf besondere technische Herausforderun- Leistungsbewertung führt (Basch et al., 2021a), die gen und Probleme eingehen, muss dabei noch gegebene Vorbereitungszeit für jede Frage voll untersucht werden. Zwar sprechen die Befunde ausnutzen, sich Notizen machen und die Antwor- von Fiechter et al. (2018) dafür, dass Hinweise ten gedanklich vorstrukturieren. Außerdem sollten für Interviewerinnen und Interviewer nur bedingt sie auch die Antwortzeit voll ausschöpfen, da in helfen, technische Störungen nicht in die Bewer- ebendieser Studie auch gefunden wurde, dass die tung einfließen zu lassen. Trotzdem erscheint es Antwortlänge positiv mit der Bewertung korrelier- sinnvoll, Interviewerinnen und Interviewer im Zuge te, was dafür spricht, dass umfassendere Antwor- von Interviewer-Trainings für die geändertem Her- ten positiver bewertet werden. ausforderungen zu sensibilisieren. Wie dies mög- lichst ideal geschehen kann, muss allerdings noch untersucht werden. 8 Ausblick 7 Welche Konsequenzen Im Bereich der technologie-mediierten Interviews kann die Forschung mit den rasanten technolo- ergeben sich für gischen Entwicklungen oft nur schwer mithalten. Bewerberinnen und Bewerber? Eine weitere spannende Entwicklung, die über diesen Artikel hinausgeht, betrifft den Einsatz von Auf Basis der vorgestellten Befunde lassen sich für künstlicher Intelligenz zur automatischen Analyse Bewerberinnen und Bewerber verschiedene Emp- des Bewerbendenverhaltens in Interviews. Insbe- fehlungen ableiten. Sollten Unternehmen auf die sondere bei der Verwendung von AVIs erscheint bereits erwähnte Standardisierung verzichten und es nicht überraschend, dass Unternehmen über- es Bewerberinnen und Bewerbern nach der Coro- legen, diese Interviews automatisiert auszuwerten
14 Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen oder dies bereits tun (z. B. McCarthy et al., 2021). 9 Fazit Dazu, wie brauchbar aktuelle Algorithmen sind, gibt es bisher jedoch nur wenige Studien, und die Die fortschreitende Digitalisierung und deren Be- Kriteriumsvalidität entsprechender Verfahren im schleunigung durch die Corona-Krise werden ver- Hinblick auf die Vorhersage von Arbeitsleistung ist mutlich dazu führen, dass technologie-mediierte noch ungeklärt. Interviews auf Dauer vermehrt zur Personalaus- Was es bisher gibt, sind Studien, die belegen, wahl eingesetzt werden. Unter Berücksichtigung dass es möglich ist, dass Algorithmen auf Basis der aktuellen Forschungsergebnisse zu Unter- aufgezeichneter Interviews Persönlichkeitsvariab- schieden bezüglich Bewerberreaktionen und len (Hickman, Bosch, Ng, Saef, Tay & Woo, 2021) Leistungsbewertungen und der einhergehenden oder auch Hirability-Ratings (Naim, Tanveer, Gild- Ableitung von Empfehlungen für die Praxis ist da- ea & Hoque, 2018; Nguyen, Frauendorfer, Schmid gegen auch nichts einzuwenden. Es sollte jedoch Mast & Gatica-Perez, 2014) vorhersagen. Zudem Aufgabe zukünftiger Forschung sein, die beschrie- gibt es gelegentlich einzelne Berichte wie von Su, benen Wissenslücken zu schließen, um mit den Suen und Hung (2021), die behaupten, dass eine rasanten Entwicklungen in der Praxis Schritt zu künstliche Intelligenz, die die Gesichtsausdrücke halten und diese kritisch zu überprüfen. von Bewerbenden analysiert, Verhaltenstenden- zen in hohen Ausmaß vorhersagen könne. Die Vorhersagekraft bei Su et al. ist dabei besser ist als Literatur in der langjährigen Forschung zu strukturierten In- terviews, Persönlichkeitsfragebögen oder Assess- ment Centern. Dass dann jedoch viele der analy- Armoneit, C., Schuler, H., & Hell, B. (2020). Nut- sierten Punkte im Gesicht an Stellen liegen, die die zung, Validität, Praktikabilität und Akzeptanz Kopfform beschreiben bzw. die keine Informatio- psychologischer Personalauswahlverfahren in nen über Emotionen abbilden, weckt zusammen Deutschland 1985, 1993, 2007, 2020. Zeitschrift mit der nur mäßig nachvollziehbaren Methodik für Arbeits-und Organisationspsychologie, deutliche Zweifel an den berichteten Ergebnissen. 64, 67-82. https://doi.org/10.1026/0932-4089/ Unternehmen sollten in diesem Zusammen- a000311 hang beachten, dass der Einsatz von künstlicher Barrick, M. R., Shaffer, J. A., & DeGrassi, S. W. Intelligenz mit negativen Bewerberreaktionen (2009). What you see may not be what you get: einhergehen kann. So fanden Studien von Lan- Relationships among self-presentation tactics ger und Kollegen, dass hoch automatisierte In- and ratings of interview and job performance. terviews zu niedrigerer wahrgenommener so- Journal of Applied Psychology, 94(6), 1394-1411. zialer Präsenz und niedrigerer Fairness dieser https://doi.org/10.1037/a0016532 Interviews sowie zu niedrigerer organisationaler Basch, J. M., Brenner, F. S., Melchers, K. G., Krumm, Attrivität der Unternehmen, die diese Interviews S., Dräger, L., Herzer, H., & Schuwerk, E. (2021). einsetzen, führen können (Langer et al., 2019; A good thing takes time: The role of preperation Langer, König, Sanchez & Samadi, 2020). Und time in asynchronous video interviews. Inter- weitere Studien fanden, dass die Ankündigung, national Journal of Selection and Assessment, dass eine Einstellungsentscheidung von einer 29(3-4), 378-392. https://doi.org/10.1111/ijsa.12341 künstlichen Intelligenz getroffen wird, zu signifi- Basch, J. M., & Melchers, K. G. (2019). Fair and fle- kant niedrigeren Fairness-Einschätzungen führt xible?! Explanations can improve applicant re- als bei einem menschlichen Entscheidungsträger actions toward asynchronous video interviews. (Gonzalez, Capman, Oswald, Theys & Tomczak, Personnel Assessment and Decisions, 5(3), 1-11. 2019; Langer, Baum, König, Hähne, Oster & Speith, https://doi.org/10.25035/pad.2019.03.002 2021). In der Studie von Langer et al. (2021) führte Basch, J. M., & Melchers, K. G. (2020). Technolo- die Bereitstellung von zusätzlichen Informationen gie-mediierte Einstellungsinterviews: Ein Über- zur automatisierten Auswahl zudem zu höheren blick über Befunde und offene Fragen. Gruppe. datenschutzrechtlichen Bedenken, niedrigeren Interaktion. Organisation., 51(1), 71-79. https:// Fairnessbeurteilungen und negativen emotiona- doi.org/10.1007/s11612-020-00497-y len Reaktionen bei potenziellen Bewerberinnen Basch, J. M., & Melchers, K. G. (2021). The use of und Bewerbern. Außerdem erhöhten zusätzliche technology-mediated interviews and their per- Informationen zum Auswahlprozess nicht einmal ception from the organization’s point of view. die wahrgenommene Transparenz des Auswahl- International Journal of Selection and Assess- verfahrens, die eigentlich als Regel prozeduraler ment, 29(3-4), 495-502. https://doi.org/10.1111/ Fairness gilt (Gilliland, 1993). ijsa.12339
J. M. Basch & K. G. Melchers Technologie-mediierte Interviews: Lessons learned und offene Fragen Wirtschaftspsychologie Heft 4-2021 15 Basch, J. M., Melchers, K. G., & Büttner, J. (2021). e-fellows.net. (2020). Wie gehen Sie während der Pre-selection in the digital age: A comparison of Corona-Krise mit Bewerbungsgesprächen um? perceptions of asynchronous video interviews [Data set]. https://de.statista.com/statistik/daten/ with online tests and online application docu- studie/1120215/umfrage/bewerbungsgesprae- ments. Manuscript submitted for publication. che-in-zeiten-der-corona-krise/ Basch, J. M., Melchers, K. G., Kegelmann, J., & Lieb, Fiechter, J. L., Fealing, C., Gerrard, R., & Kornell, N. L. (2020). Smile for the camera! The role of so- (2018). Audiovisual quality impacts assessments cial presence and impression management in of job candidates in video interviews: Eviden- perceptions of technology-mediated interviews. ce for an AV quality bias. 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