Wieviel weniger darf s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas

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Wieviel weniger darf s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas
Zeitschrift für Fischerei
Perspektiven                                                                  Erstes deutschsprachiges OpenAccess-Journal der Fischereiforschung

                                                                                                                                                   ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                   FÜR FISCHEREI

Wieviel weniger darf´s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die
Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas

Jan Baer1, Alexander Brinker1

 1
  Fischereiforschungsstelle Baden-       Zusammenfassung
 Württemberg, Argenweg 50/1,             Die Berufsfischerei am Bodensee steht vor großen Herausorderungen, denn aufgrund
 88085 Langenargen                       mehrerer Faktoren sinken die Fangmengen stark. Einer besonderen Bedeutung kommt
                                         dabei der veränderten Nährstoffsituation zu: Vergleicht man die Zeitspanne von 2006
 Korrespondierender Autor
 Jan Baer                                bis heute (oligotropher Zustand, TPmix-Gehalt < 10 µg L-1) mit der letzten mesotrophen
 jan.baer@lazbw.bwl.de                   Phase (1990 bis 2005, TPmix-Gehalt 35 - 10 µg L-1), dann hat sich der Ertrag der Hauptwirt-
                                         schaftsart, der Felchen, um mehr als 50 % reduziert. Durch die Invasion des Dreistach-
 Eingereicht: 18.10.2021                 ligen Stichlings, der als Nahrungskonkurrent zum Felchen seit 2013 im Freiwasser des
 Begutachtet: 15.12.2021                 Sees zu finden ist, kam es zu einer weiteren Reduktion des Nahrungsangebotes und zu
 Erhalt Überarbeitung: 21.12.2021

                                                                                                                                                                   Binnenfischerei
 Akzeptiert: 21.12.2021                  zusätzlichen Ertragseinbußen. Seit 2013 wird daher nur noch 25 % der Menge an Felchen
                                         gefangen, die während der letzten mesotrophen Phase angelandet wurde. Auch liegt die
 Zitierhinweis                           Felchenfangmenge seit der Stichlingsinvasion 35 % unter dem eigentlich zu erwartenden
 Baer, J., Brinker, A. (2022): Wieviel   Wert bzw. ca. 100 t unter dem Durchschnittswert der letzten oligotrophen Phase von
 weniger darf´s denn sein? Düstere
 Zukunftsaussichten für die Boden-       1910 bis 1955. Aufgrund der sinkenden Fangmengen pro Fischer ist die Zahl an aktiven
 seefischerei, eine der größten Bin-     Berufsfischern am See stark rückläufig, die bisherigen fischereilichen Managementan-
 nenfischereien Europas. Zeitschrift     sätze konnten diesen Trend nicht stoppen. Es steht zu befürchten, dass in Folge der Ein-
 für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13.       schleppung der Quagga-Muschel im Jahre 2016 dem Nahrungsnetz im Freiwasser des
 DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
                                         Bodensees zukünftig noch mehr Nährstoffe entzogen werden und damit dessen Ertrags-
 Verantwortlicher Redakteur:             fähigkeit noch weiter sinken wird. Zusätzlich steigt der Bestand an Kormoranen in der
 Robert Arlinghaus                       Bodenseeregion in bisher nie registrierte Höhen und somit auch der Prädationsdruck
 ra@zeitschrift-fischerei.de             auf andere Wirtschaftsfischarten. Die Bodenseeberufsfischerei, eine der nachhaltigsten
 Finanzierung                            Formen der Erzeugung von tierischen Lebensmitteln überhaupt, steht daher zumindest
 Keine                                   in ihrer bekannten Dimension kurz vor dem Aus. Überregionale, behördenübergreifende
                                         und mehrere Disziplinen verbindende Hilfskonzepte sind notwendig, um diesen Trend
 Interessenkonflikt                      aufzuhalten und wenn möglich zumindest in Teilen umzukehren.
 Keiner

 Copyright                               Schlagworte: Coregonen, Felchen, Produktivität, Berufsfischerei, invasive Arten, Stichling, Kormoran
 © Autor(en) 2022, veröffentlicht
 unter der creative commons Lizenz       Abstract
 CC-BY-NC 4.0
 www.zeitschrift-fischerei.de            The professional fishermen of Lake Constance are facing challenging times. Due to de-
                                         creasing nutrient levels their yields are constantly declining. In comparison to former mes-
                                         otrophic times during 1990 to 2005 with TPmix-levels from 35 to 10 µg L-1, the yield of
                                         whitefish, their main target species, has reduced during recent years (2006 until today)
                                         with TPmix-levels < 10 µg L-1 by half. In addition, due to the pelagial invasion of the non-na-
                                         tive three-spined stickleback in 2013 and its competition for food with whitefish, a further
                                         decrease in growth and yield was observed. Since 2013 only 25 % of the amount of white-
                                         fish formerly caught during the last mesotrophic phase was generated by local fishermen.
                                         This yield is nearly 100 t below the mean value of the last oligotrophic phase during 1910
                                         and 1955 and therefore 100 t below the expected yield for recent days. Thus, the num-
                                         ber of active fishermen at Lake Constance are constantly declining and actual fisheries
                                         management decisions could not stop this trend. Due to the fact that in 2016 the invasive
                                         quagga mussel was introduced in the lake, further decreases in nutrient level and yield
                                         are expected. Secondary, the local stock of cormorants is increasing dramatically, leading
                                         to increasing predation pressure on fish species targeted by fishermen. All in all, one of
                                         the most environmentally sustainable forms of animal food production, namely inland
                                         fisheries of Lake Constance, is shortly before extinction. New management decisions with
                                         the help of all involved stakeholders at Lake Constance are needed to reverse this trend.

                                         Keywords: Coregonids, whitefish, productivity, commercial fishermen, invasive species, three-spined
                                         stickleback, cormorant
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Wieviel weniger darf s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas
Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei                                  Baer & Brinker
                  ZEITSCHRIFT
                  FÜR FISCHEREI

                  Fazit für die Praxis
                  Die biologische Gesetzmäßigkeit, dass der Gehalt des limitierenden Nährstoffs eines Gewässers maßgeblich für das Ertrags-
                  vermögen verantwortlich ist, gilt auch am Bodensee. Zusätzlich ist zu bedenken, dass auch nicht-heimische Arten das fische-
                  reiliche Ertragsvermögen eines Gewässers nachhaltig schmälern können: Die Invasion des Stichlings in das Freiwasser des
                  Bodensees seit 2013 und das damit verbundene rückläufige Wachstum der Felchen belegt dies eindrucksvoll. Die Historie
                  am Bodensee zeigt aber auch, dass sich die negativen Auswirkungen von Nährstoffrückgang und Stichlingsinvasion kaum
                  durch fischereiliche Maßnahmen kompensieren lassen. Trotz einer stark reduzierten Anzahl an ausgegebenen Fanglizenzen
                  liegt der aktuelle Fangertrag der verbliebenden Bodenseefischer in einem Bereich, der kein wirtschaftliches Auskommen
                  ermöglicht. Parallel zur Stichlingsinvasion und Nährstoffreduktion findet derzeit eine Bestandsexplosion von Quagga-Mu-
                  scheln im und Kormoranen am Bodensee statt. Auch beim Umgang mit diesen fischbestandsreduzierenden Faktoren sind
                  dem fischereilichen Management Grenzen gesetzt. Daher sind neuartige und multidisziplinäre Hilfskonzepte von Nöten,
                  die Akteure von außerhalb der Fischereiverwaltung und angewandten Fischereiforschung einbeziehen sollten, um eine der
                  größten Binnenfischereien Europas am Leben zu erhalten.

                  1.         Ausgangslage

                  Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit der Berufsfi-                         gutturosus). Der Kilch verschwand zwischen 1970 und 1980,
                  scherei am Bodensee-Obersee. Dieser große Voralpensee                              bedingt durch die damals stattfindende Eutrophierung und
                  (472 km², maximale Tiefe = 251,1 m, mittlere Tiefe = 101 m)                        einer daraus folgenden geringeren Sauerstoffverfügbar-
Binnenfischerei

                  grenzt an Österreich, Deutschland und die Schweiz. Zu-                             keit im Hypolimnion (Eckmann & Rösch, 1998). Diese Art
                  sammen mit dem kleineren Untersee (63 km², mittlere Tie-                           wurde auch in der Zeit der Re-Oligotrophierung (1990 bis
                  fe = 16 m) ist er der drittgrößte See in Europa. Er beherbergt                     heute) nicht wiederentdeckt. Neben den Felchen kommen
                  mehr als 30 Fischarten (Rösch, 2014). Der Fischbestand des                         im Bodensee-Obersee als fischereilich relevante Arten auch
                  Freiwassers wird derzeit vom gebietsfremden Dreistachligen                         Barsch (Perca fluviatilis), verschiedene Cyprinidenarten, ein-
                  Stichling (Gasterosteus aculeatus) dominiert (Gugele et al.,                       schließlich Brachse (Abramis brama) und Rotauge (Rutilus
                  2020), welcher in den 1940er Jahren in den Bodensee ein-                           rutilus), und verschiedene räuberische Fischarten, insbe-
                  geschleppt wurde (Roch et al., 2018). Bis 2013 war diese Art                       sondere Seeforelle (Salmo trutta), Seesaibling (Salvelinus
                  nur am Ufer zu finden (Eckmann & Engesser, 2019). Vor der                          alpinus) und Hecht (Esox lucius) vor.
                  Stichlings-Invasion wurde das Freiwasser vorwiegend von
                  Felchen (Coregonus spp.) bewohnt (Thomas et al., 2010).                            Die verschiedenen Felchenarten waren im vergangenen
                  Vier Felchen-Arten kamen ursprünglich im See vor: der im                           Jahrhundert die Grundlage der regionalen Fischerei und da-
                  Freiwasser laichende Blaufelchen (Coregonus wartmanni),                            mit der „Brotfisch“ der Fischerfamilien, die ihren Beruf zum
                  der ufernah laichende Gangfisch (Coregonus macrophthal-                            Teil schon in der 13ten Generation ausüben. Der Barsch
                  mus), der größere Sandfelchen (Coregonus arenicolus) und                           wurde durch die Bestandszunahme während der Eutrophie-
                  eine kleinwüchsige Tiefwasserform, der Kilch (Coregonus                            rung und neu gewählter Verarbeitungsformen (Herstellung
                                                                                                                                       grätenfreier Filets ohne
                                                                                                                                       Haut) ab den 1950er Jah-
                                                                                                                                       ren die zweitwichtigste
                                                                                                                                       Art.

                                                                                                                                        Die Regulierung der Fi-
                                                                                                                                        scherei im Bodensee-
                                                                                                                                        Obersee begann auf lo-
                                                                                                                                        kaler Ebene etwa 1350,
                                                                                                                                        doch erst im Jahre 1893,
                                                                                                                                        mit der sogenannten
                                                                                                                                        „Bregenzer        Überein-
                                                                                                                                        kunft“, erschuf man eine
                                                                                                                                        ganzheitliche Regelung
                                                                                                                                        für alle Fischer (Zeheter,
                                                                                                                                        2015). Als Kondominium
                                                                                                                                        hat der See keine Gren-
                                                                                                                                        zen und daher ist der ge-
                                                                                                                                        samte See, mit Ausnah-
                                                                                                                                        me der Halde (so wird
                                                                                                                                        der Uferbereich mit Was-
                  Abbildung 1                                                                                                           sertiefen kleiner 25 m
                  Die Fischerei mit dem Klus- oder Zuggarn, eine Art Zugnetz, war in den oligotrophen Jahren bis 1955 die gängige       genannt), für alle Fischer
                  Fangmethode im Freiwasser des Bodensees (Foto: A. Blum).

                  Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13                              Seite 2 / 13                                               © Autor(en) 2022
                  DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Wieviel weniger darf s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas
Baer & Brinker                                           Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei
                                                                                                                                                       ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                       FÜR FISCHEREI

zugänglich, unabhängig von der Nationalität. Seit der Bre-                      (hier: gemessen als Gesamtphosphor während der Durchmi-
genzer Übereinkunft werden die fischereilichen Regelun-                         schungsphase im Februar/März, TPmix) stieg von 7 µg L-1 im
gen für den Bodensee-Obersee durch die IBKF (Internatio-                        Jahr 1951 auf > 80 µg L-1 um 1980 (Stich & Brinker, 2010).
nale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei;                       Diese Veränderungen im Nährstoffgehalt hatten tiefgreifen-
Url1) beschlossen. Bis in die 1950er Jahre hinein erfolgte                      de Auswirkungen auf die Lebewelt des Sees. Im Besonderen
eine Befischung des Freiwassers nahezu ausschließlich mit                       bewirkte der Anstieg des Nährstoffgehalts ein verstärktes
Zugnetzen (am Bodensee „Klusgarn“ genannt, Abb. 1),                             Algenwachstum, das wiederum die Lichtdurchlässigkeit des
diese wurden Mitte der 1950er Jahre durch monofile Kie-                         Wassers und damit auch die Struktur und Funktion des Nah-
mennetze ersetzt (Abb. 5 und 6). Die Fischereistatistik der                     rungsnetzes veränderte (Gaedke, 1998). Aufgrund des „bot-
Berufsfischerei wird seit 1910 geführt, die Zahl der aus-                       tom up“ Effekts in der Nahrungskette (Downing et al., 1990;
gegebenen Fischereilizenzen, am Bodensee „Fischereipa-                          Thomas & Eckmann, 2007) stieg der fischereiliche Ertrag
tente“ genannt, seit 1982 genau dokumentiert. Zwischen                          anfangs stark an. Jedoch wurden auch bald negative Auswir-
1990 und 2010 fischten ca. 120-160 Haupterwerbsfischer                          kungen der Eutrophierung offensichtlich, auf die zuerst die
am Bodensee (Baer et al., 2017). Unabhängig von der Zahl                        Fischer hinwiesen (Baer et al., 2017). Im Besonderen und
an Berufsfischern am See wird der Brotfisch Felchen seit                        augenscheinlich waren dies Algenblüten und eine verringer-
Jahrzehnten mit einem hohen Aufwand befischt und ein                            te Sichttiefe (Nümann, 1972). Daher wurden verschiedene
Jahrgang nahezu komplett ausgefischt (derzeit hauptsäch-                        Maßnahmen initiiert, um den Nährstoffeintrag in den See
lich als 4 Jahre alte Fische, Felchen älter als 5 Jahre sind                    zu reduzieren. Hierzu gehörten der Bau von Kanalisationen,
kaum zu finden, Näheres siehe Rösch et al., 2020). Daher                        um die Abwässer zu sammeln, der Bau von Kläranlagen im

                                                                                                                                                                       Binnenfischerei
spiegeln die Ertragswerte der Berufsfischerei, unabhängig                       gesamten Bodenseeeinzugsgebiet und auch die Einführung
vom Fischereiaufwand, die Größe und Beschaffenheit des                          der Phosphatfällung in den Kläranlagen, um den Phosphor-
Bestandes relativ gut wider (Kugler, 2021). Vergleiche der                      eintrag weiter zu minimieren. Bis heute wurden ca. fünf Mil-
Felchenbestände anhand der Ertragswerte zwischen ge-                            liarden € in die Abwasserreinigung investiert (Url2). Parallel
eigneten Zeitabschnitten sind somit möglich und werden                          dazu wurde die Verwendung von Phosphat in den Wasch-
nur sehr begrenzt von schwankender Befischungsintensi-                          mitteln verboten. All diese Maßnahmen führten dazu, dass
tät beeinflusst.                                                                der See zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder ein oligo-
                                                                                tropher See wurde.

1.1. Phosphor: Das eigentliche Regulativ                                        Aufgrund dieser Genese und der damit verbundenen ver-
                                                                                änderten Ertragslage unterteilen sich die letzten 100 Fische-
Der Bodensee-Obersee war ein nährstoffarmer See. Wie bei                        reijahre in unterschiedliche Abschnitte (Baer et al., 2017):
den meisten Süßwassern ist auch am Bodensee der pflan-                          in eine erste oligotrophe Phase (TPmix < 10 µg L-1) von 1910-
zenverfügbare Phosphor der limitierende Nährstoff. Doch                         1955, als der jährliche Felchenertrag im Durchschnitt bei
kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Nährstoffgehalt                        knapp 300 t lag (Tab. 1, Abb. 1). Danach folgte das „erste
des eigentlich oligotrophen Bodensee-Obersees durch ver-                        goldene Zeitalter“ (Baer et al., 2017) der Bodenseefischer,
stärkten Eintrag von Siedlungsabwasser und Austrägen aus                        die erste 10 Jahre dauernde mesotrophe Phase des Sees,
der Landwirtschaft stark zu. Die Phosphor-Konzentration                         in welcher der Felchenertrag im Vergleich zur Vorperiode
Tabelle 1
Auswirkungen des Nährstoffgehaltes des Bodensees auf den Ertrag an Felchen.

     Periode (Zeit-          Nährstoffgehalt          Dominierende Fischart                     Felchenertrag in   Prozentuale Veränderung
         raum)                                            im Pelagial                         Tonnen ± Standard-        zur Vorperiode
                                                                                                  abweichung

                               Oligotroph;
       1910-1955                                                Felchen                              289 ± 100 t                     -
                             TPmix < 10 µg L-1
                              Mesotroph;
       1956-1965                                                Felchen                              525 ± 258 t                +82 %
                            TPmix 10-35 µg L-1
                                Eutroph;
       1966-1990                                                Felchen                              469 ± 270 t                 -11 %
                            TPmix 35-87 µg L-1
                              Mesotroph;
       1991-2005                                                Felchen                              760 ± 186 t                +62 %
                            TPmix 10-35 µg L-1
                               Oligotroph;                   Felchen,
       2006-2020                                                                                     340 ± 190 t                 -55 %
                             TPmix < 10 µg L-1           ab 2013 Stichling
                               Oligotroph;                                                                         -75 % (im Vergleich zum
       2013-2020                                               Stichling                             189 ± 82 t
                             TPmix < 10 µg L-1                                                                       Zeitraum 1991-2005)

© Autor(en) 2022                                                       Seite 3 / 13                                   Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13
                                                                                                                              DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Wieviel weniger darf s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas
Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei                                 Baer & Brinker
                  ZEITSCHRIFT
                  FÜR FISCHEREI

                  um 82 % zunahm (Tab. 1, Abb. 2). An-                                                               andauernde P-Rücklösungsraten aus
                  schließend, in der eutrophen Phase                                                                 seinen Sedimenten den schnelleren
                  des Sees von 1966-1990, wurden die                                                                 P-Verbrauch im Freiwasser und damit
                  Nachteile des hohen Nährstoffeintrags                                                              dessen Produktivität ab (Carpenter
                  in den See offensichtlich, so wurde z. B.                                                          et al., 2001; Schindler et al., 1996).
                  die Naturverlaichung von Felchen und                                                               Neuere Untersuchungen zeigen folge-
                  Saiblingen in der Tiefe durch Sauer-                                                               richtig einen zeitlichen Versatz von ca.
                  stoffmangel über Grund beeinträchtigt.                                                             10 Jahren, mit der die Phytoplankton-
                  Die Folge: der Felchenertrag ging zu-                                                              biomasse dem zurückliegenden P-Ge-
                  rück (-11 %). Parallel profitierten wäh-                                                           halt im Bodensee folgt (Jochimsen et
                  rend dieser eutrophen Zeit bestimmte                                                               al., 2013). Für das Zooplankton und
                  Cyprinidenarten von der Entwicklung                                                                die Fische, die im Nahrungsnetz höher
                  und bildeten große Bestände aus (Abb.                                                              stehen, ist eine entsprechend träge
                  3). In der daran anschließenden zwei-                                                              Reaktion ebenfalls erwartbar. Dem zu
                  ten mesotrophen Phase mit TPmix-Ge-                                                                Folge ist der Felchenertrag im Falle
                  halten von 35 bis > 10 µg L-1, dem                                                                 sich ändernder P-Werte sowohl in Ab-
                  „zweiten goldenen Zeitalter“ der Bo-                                                               hängigkeit vom aktuellen Nährstoffge-
                  denseefischer“ (Baer et al., 2017), stieg                                                          halt, als auch mindestens der fünf bis
                  der Felchenertrag wieder um 62 % auf                                                               zehn Jahre davor zu sehen.
Binnenfischerei

                  einen durchschnittlichen Jahresertrag
                  von 760 t (Tab. 1, Abb. 4). Im Anschluss
                  an dieses Zeitalter, seit 2005, befindet       Abbildung 2                                         1.2. Die Invasion des Stichlings:
                  sich der Phosphorgehalt im See wieder          Die erste mesotrophe Phase des Sees, zwischen            Ein zusätzlicher Wirkfaktor
                                                                 1956 und 1965, brachte den Berufsfischern, die
                  unter 10 µg L-1. In dieser Phase halbier-      seit Mitte der 1950er Jahre nahezu ausschließ-
                  te sich der Felchenertrag (-55 %, Tab. 1,      lich mit monofilen Kiemennetzen fischen, volle      Im Jahre 2013 wurden erstmals Stich-
                  Abb. 5).                                       Felchennetze (Foto: A. Blum).                       linge im Freiwasser des Bodensees in
                                                                                                                     den Felchennetzen der Berufsfischer
                  Bei den dargestellten Abschnitten der                                                              und des fischereilichen Monitorings
                  letzten 100 Fischereijahre gilt zu be-                                                             nachgewiesen (Rösch et al., 2018).
                  denken, dass die Übergänge fließend                                                                2014, bei einer mehrwöchigen wissen-
                  sind bzw. rückläufige P-Gehalte sich                                                               schaftlichen Befischung, waren 96 %
                  zeitverzögert auf den Ertrag auswir-                                                               aller im Pelagial gefangenen Fische
                  ken. Denn aufgrund der Tatsache, dass                                                              Stichlinge (Alexander et al., 2016).
                  Felchen als drei bis sechs Jahre alte                                                              Bestandsaufnahmen mit dem Echolot
                  Fische gefangen werden, beeinflus-                                                                 und parallele Schleppnetz- und Kie-
                  sen zunächst noch die P-Gehalte der                                                                mennetzfischereien bestätigten diese
                  zurückliegenden drei bis sechs Jahre                                                               Beobachtung: Stichlinge sind seit 2013
                  den Ertrag eines bestimmten Jahres.                                                                die dominierende Fischart im Freiwas-
                  Außerdem muss auch der Laicher-                                                                    ser des Sees (Abb. 6), teilweise wurden
                  folg eines Jahrganges berücksichtigt                                                               bis zu 10.000 Individuen pro Hektar re-
                  werden, der ebenfalls von Nährstoff-                                                               gistriert (Eckmann & Engesser, 2019;
                  gehalt und Ernährungszustand der                                                                   Gugele et al., 2020). Warum die Stich-
                  Felchen abhängig ist (Kugler, 2021).                                                               linge das Freiwasser aufsuchen, ist bis
                  Bei einem Vergleich der heutigen oli-                                                              heute unbekannt. Die Vermutungen,
                  gotrophen Phase mit der letzten me-                                                                dass eventuell ein geringerer Parasi-
                  sotrophen Phase muss man daher be-                                                                 tendruck oder eine qualitativ bessere
                  denken, dass in den Jahren 2005 bis                                                                Nahrung (Felchenlarven, größeres Zoo-
                  2010 entsprechend Fische gefangen                                                                  plankton o. Ä.) im Freiwasser die Fische
                  wurden, die aus den „fetten Jahren“                                                                zu dieser Wanderung verleitet, wer-
                  (der mesotrophen Phase) stammten.                                                                  den derzeit noch genauer untersucht.
                  Auch der Laicherfolg der Laichfische                                                               Mageninhaltsuntersuchungen sowie
                  aus den Jahren 2000 bis 2005 war                                                                   Laborstudien zeigen jedoch bereits
                  noch signifikant höher als die der Fi-                                                             heute die negativen Folgen dieser Po-
                  sche der nachfolgenden Jahrgänge                                                                   pulationsexplosion auf: Stichlinge fres-
                  (Kugler, 2021). Des Weiteren wirkt                                                                 sen, genauso wie Felchen, bevorzugt
                  der Flachwasserbereich eines Sees              Abbildung 3                                         Zooplankton im Freiwasser (Roch et
                  in den Freiwasserbereich hinein und            Ein Fischerboot voller Brachsen – während           al., 2018). Diese Nahrungskonkurrenz
                  dieser puffert über höhere und länger          der eutrophen Phase von 1966 bis 1990 keine         führt wiederum zu schlechter wach-
                                                                 Seltenheit (Foto: A. Blum).

                  Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13                         Seite 4 / 13                                               © Autor(en) 2022
                  DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Wieviel weniger darf s denn sein? Düstere Zukunftsaussichten für die Bodenseefischerei, eine der größten Binnenfischereien Europas
Baer & Brinker                                             Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei
                                                                                                                                                       ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                       FÜR FISCHEREI

senden Felchen: ein drei-
jähriger Felchen wiegt
seit dem Aufkommen der
Stichlinge nur noch 270 g,
und nicht mehr 350 g wie
noch kurz vor der Stich-
lingsinvasion - über alle
Altersklassen       hinweg
wird der Gewichtsrück-
gang auf 33 % beziffert
(Rösch et al., 2018).
Stichlinge haben nicht
nur ein ähnliches Nah-
rungsspektrum wie Fel-
chen, sondern sie fressen
auch Felcheneier (Baer et
al., 2021a) und Felchen-
larven (Roch et al., 2018;
Ros et al., 2019). Eine

                                                                                                                                                                       Binnenfischerei
aktuell zu beobachtende
Abnahme der nachwach-
senden Dichte an jungen
Felchen wird daher mit Abbildung 4
dieser Prädation in Ver- Eine Kiste voller großgewachsener Felchen – ein typisches Bild für die zweite mesotrophe Phase von 1990 bis 2005,
bindung gebracht (Rösch als der Felchenfang am Bodensee seinen Höhepunkt erlebte (Foto: FFS).
et al., 2018). Neben dem
Nährstoffgehalt muss demgemäß auch der Stichling als ein da Stichlinge auf die Laichgründe dieser Arten ziehen und
zusätzliches Regulativ angesehen werden, das die Größe dann dort deren Laich und Larven fressen (Bergström et
des Felchenbestandes und seine Wachstumsleistung be- al., 2015; Byström et al., 2015; Ljunggren et al., 2010). Auf-
grenzt. Erwähnt werden muss an dieser Stelle, dass die Mas- grund der hohen Stichlingsdichte in der Ostsee wird schon
senvermehrung des Stichlinges im Bodensee kein Einzelfall die Befischung dieser Bestände für die Biogasproduktion
ist: Auch in der Ostsee, insbesondere an ihrer schwedischen diskutiert (Bergström et al., 2015).
Ostküste, wird eine Bestandsexplosion des Stichlinges seit
einigen Jahren dokumentiert und in diesem Gebiet mit dem
Rückgang von Barsch und Hecht in Verbindung gebracht, 1.3. Konsequenzen für die Binnenfischerei

                                                                                                                     Im Vergleich zur meso-
                                                                                                                     trophen Phase (1991-
                                                                                                                     2005) halbierte sich
                                                                                                                     der Felchenertrag der
                                                                                                                     Fischer in der jetzigen
                                                                                                                     oligotrophen      Phase
                                                                                                                     (2006-2020) von 760 t
                                                                                                                     auf nun mehr 340 t.
                                                                                                                     Von einem heutigen
                                                                                                                     Felchen-Mindestertrag
                                                                                                                     von jährlich etwa 300 t
                                                                                                                     sollte man auch theore-
                                                                                                                     tisch ausgehen können,
                                                                                                                     denn dieser wurde be-
                                                                                                                     reits im Zeitraum 1910-
                                                                                                                     1955, also zu einem
                                                                                                                     Zeitraum mit vergleich-
                                                                                                                     baren Phosphorwerten
                                                                                                                     (TPmix < 10 µg L-1), er-
                                                                                                                     zielt. Hinzu kommt, dass
Abbildung 5                                                                                                          dieser Wert mit den
Seit 2006, dem Anbruch der zweiten oligotrophen Phase, bleiben die Felchennetze der Berufsfischer immer öfter leer   damals üblichen Baum-
(Foto: J.-M. Delettre).

© Autor(en) 2022                                                         Seite 5 / 13                                 Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13
                                                                                                                              DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei                              Baer & Brinker
                  ZEITSCHRIFT
                  FÜR FISCHEREI

                  wollnetzen und unter
                  Nutzung nicht motori-
                  sierter, leichter Ruder-
                  boote erfolgte, also
                  mit einer schlechteren
                  technischen Ausstattung
                  als die heute üblichen
                  monofilen Kunstfaser-
                  netze und Aluboote mit
                  GPS, Echolot und star-
                  ken Außenbordmotoren.
                  Doch allein die Betrach-
                  tung eines Mittelwertes
                  der letzten 15 Jahre und
                  ein Vergleich zu frühe-
                  ren Fangzeiten wird der
                  aktuellen Entwicklung
                  nicht gerecht: seit dem
                  Auftreten der Stichlinge
Binnenfischerei

                  2013 wird ein weiterer
                  drastischer       Ertrags-
                  rückgang offensichtlich
                  (Abb. 7). Denn seit dem Abbildung 6
                  Erscheinen dieser für Ein Netz voller Stichlinge. Seit 2013, seit der Invasion des Stichlings im Freiwasser, ein nahezu „normales“ Bild
                  den Bodensee invasiven (Foto: FFS).
                  Art wird eine Abfolge
                  von historisch niederen Ertragswerten festgestellt: 2015 lität auseinandersetzen. Anzumerken ist hierbei jedoch,
                  (152 t), 2017 (128 t) und 2019 (52 t) waren die niedrigs- dass sich die sinkende Produktqualität bisher nicht auf den
                  ten Felchenfangjahre seit Beginn der Statistikführung ab Verkaufspreis auswirkt bzw. durch das sinkende Angebot
                  1910. Auch der durchschnittliche Fangertrag seit 2013 sogar steigende Erzeugerpreise durch die Gastronomie to-
                  (189 t) liegt 75 % unter dem Durchschnittswert der letz- leriert werden. Wie weit die Berufsfischer den Preis noch
                  ten mesotrophen Phase (Tab. 1) und auch 100 t und da- anheben können, ist unklar, denn bereits heute schon
                  mit ca. 35 % unter dem „Erwartungswert“ von 289 t, also suchen Gastronomen nach Alternativen und importieren
                  dem Durchschnittswert der letzten oligotrophen Phase große Mengen an Felchen mit hoher Produktqualität und
                  von 1910-1955. Vereinfacht ausgedrückt (da eine genaue niedrigeren Preisen aus Italien, Finnland oder osteuropäi-
                  Quantifizierung der Ertragsminderung durch reduzier- schen Staaten.
                  ten Phosphoreintrag und Stichlingsinvasion derzeit nicht
                  möglich ist): der Nährstoffrückgang im Bodensee-Obersee
                  führte seit 2005 mindestens zu einer Halbierung des heuti- 1.4. Managementansätze
                  gen Felchenertrages - und der Stichling seit seinem Auftre-
                  ten 2013 durch seine Nahrungskonkurrenz und Prädation Dass grundsätzlich in Phosphor-limitierten Gewässern ein
                  von Felchenlarven und -laich zu einem zusätzlichen Drittel rückläufiger Phosphorgehalt zu sinkenden Fischbiomassen
                  an Ertragsverlust (Abb. 7).                                          führt, ist seit Jahrzehnten bekannt (Downing et al., 1990;
                                                                                       Mills, 1985; Mills & Chalanchuk, 1987). Ebenso ist belegt,
                  Hinzu kommt, dass die heute gefangenen Fische                        dass ein Absenken unter einen Phosphorgehalt von 10 µg L-1
                                                                                       (hier: PO4-P) zu besonders dramatischen Ertragseinbrüchen
                  • mit einem Durchschnittsgewicht von 270 g nicht mehr bei Felchen führt (Müller, 1992; Müller & Bia, 1998; Müller
                       der vom Restaurantbetreiber und Endkunden ge- et al., 2007). Daher wurde schon vor 10 Jahren in den Gre-
                       wünschten Größe von mindestens 350 g entsprechen mien, die über die Vorgehensweise in der Bodenseefischerei
                       sowie                                                           entscheiden, darüber diskutiert, wie diese Entwicklung in das
                                                                                       Fischereimanagement integriert werden könnte (IBKF, Url1).
                  • immer geringere Fettreserven aufweisen und daher im Mangels Alternativen wurde entschieden, die Zahl der aus-
                       Geschmack und Eignung für den Räuchervorgang von gegebenen Fischereipatente zu reduzieren. Grundgedanke
                       der bekannten Qualität abweichen.                               hinter dieser Entscheidung war, den verbleibenden fische-
                                                                                       reilichen Ertrag unter weniger Berufsfischern aufzuteilen,
                  Beide Punkte erschweren die Vermarktung der Felchen. damit so der Ertrag pro Fischer ansteigt und dieser kosten-
                  Neben sinkenden Fängen muss sich daher der Berufsfi- deckend arbeiten kann. Es wurde daher 2015 der Entschluss
                  scher derzeit auch mit einer sich ändernden Produktqua- gefällt, dass ab 2020 nur noch 80 Bodenseefischer mit dem

                  Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13                       Seite 6 / 13                                            © Autor(en) 2022
                  DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Baer & Brinker                                             Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei
                                                                                                                                                          ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                          FÜR FISCHEREI

                                                                                                                                                                          Binnenfischerei
Abbildung 7
Felchenertrag und Phoshor-Gehalt (P, hier dargestellt als TPmix) im Bodensee-Obersee von 1990 bis 2020. Nach dem Auftreten der invasiven Stichlinge
wurde ein mittlerer Ertrag von ca. 190 Tonnen (2013-2020) festgestellt, der ca. 75 % unter dem Ertrag der Jahre 1990-2005 (760 Tonnen) liegt.

vollen Netzkontingent fischen dürfen (am Bodensee „Hoch-                          lebt, erst bei einem Jahresfang von 6 bis 7 t möglich ist (Land-
seepatente“ genannt). Die Zahl der Fischer, die mit weniger                       tag von Baden-Württemberg, 2013). Der Zukauf von Fisch
Netzen fischen, da sie z. B. im Nebenerwerb fischen oder als                      und die Veredelung diverser Produkte ist daher mittlerweile für
Pensionäre noch mit geringerem Aufwand ihrem alten Beruf                          viele Fischer am Bodensee ein wirtschaftliches Muss, um durch
nachgehen wollen (am Bodensee werden diese Patente Hal-                           Steigerungen in der Wertschöpfungskette die Mindereinnah-
den- und Alterspatente genannt) wurden entweder nicht be-                         men durch die sinkenden Fänge ausgleichen zu können.
schnitten (Haldenpatent) oder hinsichtlich ihrer „Wertigkeit“
als ein Fünftel Hochseepatent eingestuft (Alterspatent) und                       Dem Ansinnen der Berufsfischer, dem See durch eine re-
auf die zulässige Gesamtzahl an Hochseepatenten pro Ufer-                         duzierte Phosphatrückhaltung in den Kläranlagen in mo-
staat angerechnet. 2015 ging man davon aus, dass der Bo-                          deraten Mengen Nährstoffe zuzuführen, wurde durch Ge-
densee-Obersee mit einem Phosphorgehalt-Gehalt von unter                          wässerschutz und Politik eine Absage erteilt (Landtag von
10 µg L-1 eine Ertragsfähigkeit von mindestens knapp 300 t Fel-                   Baden-Württemberg, 2016). Dass auf dem aktuell niedri-
chen aufweisen müsste sowie noch zusätzlich weitere 100 t                         gen Phosphor-Gehalt beharrt wird, liegt an grundlegenden
an Nebenfischarten, wie Barsch, Hecht und Aal, angelandet                         Bedenken, insbesondere hervorgerufen durch den Klima-
werden sollten. Dieser Rückschluss basiert auf dem Vergleich                      wandel. Denn mit steigenden Temperaturen und stärkerer
mit der vorangegangenen oligotrophen Phase (1910-1955),                           Schichtung im See nimmt die Wahrscheinlichkeit einer
da damals neben den bereits erwähnten 289 t Felchen auch                          Durchmischung am Ende des Winters ab. Rechenmodelle
noch weitere 130 t andere Fischarten, also im Schnitt jährlich                    sagen voraus, dass dieser Umstand zu niedrigeren Sauer-
ca. 420 t Fisch angelandet wurden (Baer et al., 2017). Mit den                    stoffgehalten im Hypolimnion führen wird (Landtag von
kalkulierten 400 t jährlichen Gesamtfang würde jeder Fischer                      Baden-Württemberg, 2013; Wahl & Peeters, 2014).
im Schnitt ca. 3,75 t Felchen sowie 1,25 t andere Fischarten,
also ca. 5 t Bodenseefisch im Jahr fangen und vermarkten und                      Die Idee, den Stichlingsbestand mit fischereilichen Me-
somit zumindest ein gewisses finanzielles Grundeinkommen                          thoden zu bekämpfen, wurde untersucht (Gugele et al.,
erwirtschaften können. Dazu sei angemerkt, dass ein wirt-                         2020). Dabei zeigte sich, dass mit den am Bodensee vor-
schaftliches Bestehen eines Berufsfischers am Bodensee, der                       handen Methoden (Kiemennetze, kleine Schleppnetze)
ausschließlich vom Fang und dem Verkauf von Bodenseefisch                         der Bestand nur bei einer zeitlich sehr intensiven Fischerei

© Autor(en) 2022                                                         Seite 7 / 13                                    Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13
                                                                                                                                 DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei                                         Baer & Brinker
                  ZEITSCHRIFT
                  FÜR FISCHEREI

                  (mehr als 1.000 Nächte Einsatzdauer) nachhaltig reduziert                            Zum anderen stellten die Fischer natürlich auch in den letz-
                  werden könnte. Aufgrund dieses Aufwandes und der Ge-                                 ten Jahren fortlaufend fest, dass die Ertragsfähigkeit des
                  fahr hoher Beifänge anderer Arten (insbesondere in den                               Sees rückläufig ist. Insbesondere nach 2005, also seit dem
                  Kiemennetzen) wurde daher der Einsatz von Fangmetho-                                 Unterschreiten des TPmix-Gehaltes auf unter 10 µg L-1, be-
                  den der Kleinen Küstenfischerei (Schleppnetz mit Öffnung                             antragten immer weniger Berufsfischer eine Fischereilizenz
                  ≥ 40 m2) empfohlen (Gugele et al., 2020). Ob dazu Mittel                             am Bodensee-Obersee (Abb. 8). Zu der Zeit wurde über
                  für eine Umsetzung bereitgestellt werden, wird die Zu-                               eine aktive Reduktion der Fischereilizenzen noch gar nicht
                  kunft zeigen.                                                                        gesprochen, doch die Fischer waren zu diesem Schritt ge-
                                                                                                       zwungen, da seit dieser Zeit der Ertrag pro Patent unterhalb
                                                                                                       der wirtschaftlichen Minimalschwelle von 6 - 7 t Jahreser-
                  2.         Derzeitige Realität                                                       trag lag (Abb. 8). Das Aufkommen des Stichlings ab 2013 tat
                                                                                                       sein Übriges und drückte den Ertrag pro Patent, trotz rück-
                  Das Ziel der IBKF, die Zahl der Hochseepatente bis 2020 auf                          läufiger Zahlen an Berufsfischern, in nie zuvor registrierte
                  80 zu reduzieren, wurde bereits 2018 mit 79 ausgegebenen                             Bereiche von unter 3 t pro Jahr und Fischer (Abb. 8). Der
                  Patenten erreicht (plus 23 Fischer mit Halden bzw. Alters-                           Managementansatz, den Ertrag pro Fischer durch eine ge-
                  patenten) (Abb. 8). Dieser Rückgang hat zwei Gründe: zum                             ringere Anzahl an ausgegebenen Fanglizenzen anzuheben,
                  einen wurde die prekäre Lage sowie die angedachte Reduk-                             war somit durch das Auftauchen des Stichlings zum Schei-
                  tion der Patente mit den Vertretern der Berufsfischerei in                           tern verurteilt. Erst 2020, mit einer historisch niedrigen An-
                  den verschiedenen Gremien fortlaufend besprochen. Einige                             zahl von 68,4 ausgegebenen Patenten (65 Hochsee- und 17
Binnenfischerei

                  Fischer schwenkten daher bereits 2018 von einem Hoch-                                Halden- bzw. Alterspatenten), wurde erstmals wieder ein
                  seepatent auf ein Patent mit geringerem Netzkontingent                               leichter Anstieg auf knapp über 4 t Ertrag pro Patent fest-
                  um und gingen in den Nebenerwerb oder in den Ruhestand.                              gestellt (Abb. 8). Ob sich dieser Trend bestätigt oder ob

                  Abbildung 8
                  Ertrag pro Patent (Fischereilizenz am Bodensee-Obersee) zwischen 1990 und 2020 (hier: Hochsee- und Haldenpatente zusammen). Die rote Fläche gibt
                  den Ertragsbereich an, welcher ein Fischereibetrieb für ein wirtschaftliches Überleben realisieren sollte (6 - 7 t/a). Der mit einer schwarz gestrichelten
                  Linie umgebene Bereich ist der Zeitraum mit einem Gesamtphosphorgehalt von unter 10 µg L-1, der mit einer rot gestrichelten Linie umgebene Bereich
                  der Zeitraum mit dem Auftreten des Stichlings im Freiwasser.

                  Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13                                Seite 8 / 13                                                      © Autor(en) 2022
                  DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Baer & Brinker                                            Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei
                                                                                                                                                        ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                        FÜR FISCHEREI

                                                                                                                                                                        Binnenfischerei
Abbildung 9
Anzahl der übersommernden Kormorane am Bodensee (hier: Anzahl der Brutvögel plus zwei Jungvögel und einem Nichtbrüter pro Brutpaar und
Brutjahr) sowie der dort überwinternden Kormorane (hier: Mittelwerte der internationalen Wasservogelzählungen pro Jahr von Januar bis April und
September bis Dezember).

2020 durch die jährlichen Schwankungen innerhalb der                             1.     der Stichlingsbestand zeigt keine Anzeichen eines dau-
Jahrgangsstärken von Felchen und Barsch kurzfristig positiv                             erhaften Zusammenbruchs. Neue Zahlen lassen zwar
beeinflusst wurde, werden die nächsten Jahre zeigen.                                    eine leichte Bestandsabnahmen vermuten (Bader et
                                                                                        al., 2021), aber diese Tendenz spiegelt möglicherweise
Um die Berufsfischerei weiter zu stärken, wurden in den letz-                           nur die auch für den Stichling rückläufige Nahrungs-
ten Jahren unterschiedlichste Maßnahmen ergriffen. Man ei-                              grundlage wider, da
nigte sich rund um den See darauf, den Fischern die Nutzung
zusätzlicher Netze und Großreusen zuzugestehen, um andere                        2.     die invasive Quagga-Muschel (Dreissena rostriformis
Nebenfischarten effektiver befischen zu können. Der Zugang                              bugensis) seit 2016 im Bodensee auftritt (Hydra, 2021).
zum Beruf wird zukünftig vereinfacht (über neue Ausbildungs-                            Diese Muschel bindet durch ihre Filtriertätigkeit gro-
lizenzen) und die Stützung wichtiger Wirtschaftsfische (durch                           ße Mengen an Nährstoffen aus dem Wasser am Ge-
Schutzprojekte, Besatzmaßnahmen, etc.) vorangetrieben.                                  wässergrund und entzieht diese so dem pelagischen
                                                                                        Nahrungsnetz (Karatayev et al., 2015), wodurch die
                                                                                        Nahrungsgrundlage für die Felchen, aber auch für die
3.     Zukunftsaussichten                                                               Stichlinge, weiter sinkt. In anderen großen und tiefen
                                                                                        Seen folgte nach einer Quagga-Invasion ein starker
Ob diese zuvor genannten, die Berufsfischerei stützenden                                Wachstumseinbruch bei den Felchen und damit parallel
Maßnahmen zukünftig Früchte tragen und die Ertragslage                                  ein eklatanter Ertragseinbruch bei der kommerziellen
nachhaltig verbessern, muss aus mehreren Gründen ange-                                  Felchenfischerei (Fera et al., 2017; Hoyle et al., 2008;
zweifelt werden:                                                                        Rennie et al., 2009). Da sich in den letzten drei Jahren

© Autor(en) 2022                                                        Seite 9 / 13                                   Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13
                                                                                                                               DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei                                 Baer & Brinker
                  ZEITSCHRIFT
                  FÜR FISCHEREI

                            die Quagga-Muschel großflächig im gesamten Boden-                  diese Maßnahme zu Verfügung gestellt werden. Eine Be-
                            see verbreitet hat (Hydra, 2021) und von einer Dichte              kämpfung der Quagga-Muschel ist ohne Kollateralschäden
                            von über 2.000 Individuen/m², in manchen Bereichen                 nicht möglich und weltweit noch in der Erprobungsphase
                            sogar von über 4000 Muscheln/m² ausgegangen wird                   (Wimbush et al., 2009); einfach und schnell übertragbare
                            (Url3), ist eine ähnliche Entwicklung auch für den Bo-             Bekämpfungsmaßnahmen mit fischereilichen Methoden
                            densee anzunehmen. Des Weiteren breitet sich                       sind nicht verfügbar. Ein Kormoranmanagement hätte aus
                                                                                               heutiger Sicht noch am ehesten das Potential, den Ertrag
                  3.        der Kormoran (Phalacrocorax carbo sinensis) am Bo-                 von verschiedenen Nebenfischarten der Berufsfischer, wie
                            densee immer stärker aus. Dieser Vogel hat am Boden-               z. B. Rotauge, Barsch oder Hecht, anzuheben. Der Schutz
                            see zu historischen Zeiten nachweislich nie gebrütet,              von Quagga-Muscheln fressenden Fischarten wie Rotau-
                            doch mittlerweile haben sich mindestens sieben Brut-               ge und Hasel (Leuciscus leuciscus) vor starkem Fraßdruck
                            kolonien mit mehr als 700 Brutpaaren etabliert. Daher              durch Kormorane könnte außerdem ein Ansatz sein, die
                            sind in den Sommermonaten über 3.500 Kormorane am                  Quagga-Muschel über einen natürlichen Weg zu bekämp-
                            See bei der Nahrungsaufnahme zu beobachten - in den                fen – doch auch hier ist die Möglichkeit der Einflussnahme
                            Wintermonaten sind über 1.500 Kormorane anwesend                   und Beschleunigung des Entscheidungsprozesses, wie und
                            (Abb. 9). Dass durch diese Fraßaktivität auch Fischar-             wann ein Kormoranmanagement gestartet werden kann,
                            ten dezimiert werden, die im Fokus der Berufsfischerei             außerhalb des Einflussbereichs der Fischereiverwaltung.
                            stehen, belegen Mageninhaltsuntersuchungen von am
                            Bodensee-Untersee geschossenen Kormoranen: dem-                    Trotz dieser düsteren Vorzeichen sollte man dennoch alles
Binnenfischerei

                            nach bestand in den Herbst- und Wintermonaten der                  daransetzen, die Berufsfischerei am Bodensee zu erhalten,
                            Jahre 2011-2013 die gefressene Fischmenge zu 47 %                  denn die Bewertungsmaßstäbe für den ökologischen Fuß-
                            aus Schleien und zu 23 % aus Hechten (Gaye-Siesseg-                abdruck eines Nahrungsmittels, wie z. B. der Proteingewinn
                            ger, 2014). Anzumerken ist hierbei, dass die Felchen im            pro investierte Energieeinheit, die Emittierung von Treib-
                            Obersee, aufgrund ihrer bevorzugten Aufenhaltstiefe                hausgasen und die Landnutzung (Hilborn et al., 2018; Ty-
                            im See von 20-50 m, einem deutlich geringeren Präda-               edmers, 2004) belegen eindeutig, dass der regionale Fang
                            tionsdruck unterliegen, als die fischereilich relevanten           und die regionale Vermarktung von Wildfisch eine der nach-
                            Arten des Flachwassers (Barsch, Hecht, Schleie, etc.).             haltigsten Formen der Erzeugung von tierischen Lebensmit-
                            Dennoch, aktuelle Hochrechnungen zeigen, dass die                  teln überhaupt ist (Lynch et al., 2016). Die lokale Nachfrage
                            Kormorane heute eine vergleichbare Mengen an Fisch                 nach Fisch ist aufgrund der großen, am Bodensee lebenden
                            aus dem See entnehmen, wie die Berufsfischerei (Url1;              Bevölkerungszahl und den Millionen an Touristen, die die
                            Rey & Becker, 2017).                                               Bodenseeregion jedes Jahr besuchen und die Bodenseefi-
                                                                                               scherei als Wahrzeichen der Region verstehen, sehr hoch.
                  Derzeit wird eine Vorstudie am Bodensee erarbeitet, die                      Diese Nachfrage wird derzeit überwiegend durch Importe
                  den Einfluss des Kormorans sowie weitere relevante Fak-                      gedeckt (Dressler, 2013), welche gekühlt oder gefrostet
                  toren auf Fischbestände, Fischarten und Fangertrag ab-                       weitgehend über Flugzeuge und Lastwagen an den See ge-
                  schätzt, um die Notwendigkeit eines Kormoranmanage-                          langen und somit im Hinblick auf den ökologischen Fußab-
                  ments beurteilen zu können. Ob dies gelingt und welche                       druck deutlich belastet sind. Die weltweiten Entwicklungen
                  Effizienz dann ein Kormoranmanagement im Erfolgsfall                         zeigen eindrücklich, dass ein Externalisieren (hier: Import
                  haben wird, ist derzeit nicht abzusehen. Da außerdem ak-                     der fehlenden Fische) keine nachhaltige, tragfähige Lösung
                  tuell weder der Einfluss der Stichlinge noch der Bestand                     darstellt (Madin & Macreadie, 2015), sondern das Gegen-
                  an Quagga-Muscheln stark rückläufig ist, muss mit weiter                     teil, die Nutzung der eigenen, lokalen naturräumlichen Op-
                  sinkenden Gesamterträgen am Bodensee gerechnet wer-                          tionen, ein Lösungsweg sein sollte (Lynch et al., 2016). Ein
                  den. Wie viele Berufsfischer von diesen heute und zukünf-                    indirekter Ansatz, diesen Weg am Bodensee zu gehen und
                  tig noch zu erzielenden Fängen leben können, ist derzeit                     regionale Fangfischerei und Versorger zu stützen, wurde ge-
                  insbesondere aufgrund der fortschreitenden Invasion der                      sellschaftlich abgelehnt: Die Aquakultur von Felchen im See
                  Quagga-Muschel nicht kalkulierbar. Auch ist zweifelhaft,                     direkt, in z. B. größeren Netzgehegen, fand rund um den See
                  wie bei der derzeitigen Ausgangslage mit klassischen                         bei der Mehrheit der Bevölkerung, den Berufsfischern und
                  fischereilichen Managementmaßnahmen der Berufsstand                          Entscheidungsträgern nicht die notwendige Unterstützung
                  noch gestützt werden kann. Die Nahrungsgrundlage der                         (Baer et al., 2021b). Die Antwort auf die Frage nach „wie-
                  Felchen ist rückläufig und damit „bröckelt“ auch eine der                    viel weniger an natürlich erzeugten, nachhaltig gefangenen
                  tragenden Säulen des fischereilichen Ertragsvermögens                        Fisch darf es denn sein?“ sollte jedoch immer die ökologi-
                  des Sees – daran werden auch andere Maschenweiten,                           schen Vorteile einer lokalen Fangfischerei bzw. Erzeugung
                  größere Netzkontingente oder intensivere Besatzmaß-                          berücksichtigen (Cooke et al., 2016). Kommt man zu dem
                  nahmen nichts ändern können. Ein Eingriff in den Stich-                      Schluss, dass die ökologischen Kosten dafürsprechen, die
                  lingsbestand mit Methoden der Kleinen Küstenfischerei                        Berufsfischerei am Bodensee und ihre Jahrhunderte wäh-
                  könnte zur Entlastung der Situation beitragen, jedoch                        rende Tradition zu erhalten, dann müssen die relevanten
                  müssen hier Abstimmungen hinsichtlich des vertretbaren                       Akteure und Entscheidungsträger am See zusammenarbei-
                  Aufwandes und des Beifanges getroffen sowie Mittel für                       ten und überregionale, behördenübergreifende und Diszi-

                  Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13                        Seite 10 / 13                                              © Autor(en) 2022
                  DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Baer & Brinker                                                    Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei
                                                                                                                                                                ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                                FÜR FISCHEREI

plinen verbindende Hilfskonzepte entwerfen. Die Fische-
reiverwaltung und angewandte Fischereiforschung alleine
wird aufgrund der eingeschränkten Einflussnahme einen
derartigen Prozess nicht bewerkstelligen können. Gelingt
kein integrierender Ansatz, wird in wenigen Jahren die Be-
rufsfischerei am Bodensee ein Nischendasein fristen und ihr
Schaffen und Wirken längerfristig nur noch im Museum zu
bestaunen sein – einen anderen Rückschluss lässt die dra-
matische Entwicklung der Fangzahlen nicht zu.

Literaturverzeichnis
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Bader, S., Vonlanthen, P., Scholz, B., und Brinker, A. (2021):                           Cooke, S. J., Allison, E. H., Beard, T. D., Arlinghaus, R., Art-
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        Erfassung der Fischbestände im Bodensee–Be-                                             C., Leonard, N. J., Lorenzen, K., Lynch, A. J., Nguyen,
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© Autor(en) 2022                                                                Seite 11 / 13                                  Zeitschrift für Fischerei 2: Artikel 1: 1-13
                                                                                                                                       DOI: 10.35006/fischzeit.2022.17
Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei                                   Baer & Brinker
                  ZEITSCHRIFT
                  FÜR FISCHEREI

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Binnenfischerei

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                         drucksache-16-wahlperiode-des-abg-klaus-hoher-                               und Möglichkeiten für ein koordiniertes Kormoran-
                         fdp-dvp.html                                                                 management. Studie im Auftrag der Internationa-
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Baer & Brinker                                       Düstere Zukunft für die Bodenseefischerei
                                                                                                                                                ZEITSCHRIFT
                                                                                                                                                FÜR FISCHEREI

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                                                                                                                                                                Binnenfischerei
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Internetquellen:
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