Trends und Perspektiven in der Neurologie Neuro-COVID - Neurologische Symptome bei SARS-Cov-2-Infektion
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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Trends und Perspektiven in der Homepage: Neurologie Neuro-COVID – www.kup.at/ Neurologische Symptome bei JNeurolNeurochirPsychiatr SARS-Cov-2-Infektion Online-Datenbank mit Autoren- Baumgartner C, Pirker-Kees A und Stichwortsuche Journal für Neurologie Neurochirurgie und Psychiatrie 2020; 21 (3), 107-110 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
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For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. Trends und Perspektiven in der Neurologie Neuro-COVID – Neurologische Symptome TRENDS UND PERSPEKTIVEN IN DER NEUROLOGIE bei SARS-Cov-2-Infektion C. Baumgartner, A. Pirker-Kees Ein neuer Corona-Virus-Stamm – COVID-19 oder SARS- (3) para- oder postinfektiöse, vermutlich immunme- Cov-2 (SARS ist dabei ein Akronym für „Severe Acute Re- diierte Prozesse (Guillain-Barre-Syndrom [GBS] und spiratory Syndrome“) –, der erstmals im Dezember 2019 Varianten sowie akute demyelinisierende Enzephalo- in Hubei, China, auftrat, hat zu einer weltweiten Pande- myelitis [ADEM]). mie mit mehr als 19,7 Millionen Infizierten und mehr als 728.000 Todesfällen geführt (COVID-19 Dashboard by Derzeit ist es aber noch unklar, in welchem Ausmaß the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) neurologische Symptome durch das SARS-Cov-2-Virus at Johns Hopkins University (JHU) – Stand 08.08.2020). selbst, die überschießende Cytokinreaktion, die es aus- SARS-Cov-2 ist dabei das 7. Virus in einer Reihe von Co- löst und/oder durch den hyperkoagulatorischen Zustand ronaviren, die für den Menschen pathogen sind. mit der Bildung von Blutgerinnseln im gesamten Körper inkl. dem Gehirn verursacht werden. SARS-Cov-2 verursacht eine systemische Infektion, die unterschiedliche Organsysteme einschließlich des Ner- Im folgenden sollen häufige neurologische Symptome vensystems über direkte und indirekte Wege betreffen bei SARS-Cov-2-Infektionen kurz zusammengefasst kann. Eine Affektion des Nervensystems ist insofern werden: nicht unerwartet, als bereits für Infektionen mit ande- ren, früheren Coronaviren, nämlich SARS und MERS Geruchs- und/oder Geschmackstörungen sind häufige („Middle East Respiratory Syndrome“), neurologische und typische Symptome einer SARS-Cov-2-Infektion. Komplikationen beschrieben wurden. Geruchsstörungen treten bei 81–86 % der Patienten auf, bei 10–20 % sind isolierte Geschmackstörungen ohne Mittlerweile wurden auch bei SARS-Cov-2-Infektionen Geruchsstörungen zu beobachten. Geruchs- und/oder unterschiedliche Affektionen des zentralen und peri- Geschmackstörungen sind häufiger bei milden Infektio- pheren Nervensystems beschrieben, sodass in der inter- nen als bei schweren Infektionen sowie bei Frauen als bei nationalen Fachwelt bereits der Begriff „Neuro-COVID“ Männern. Bei ca. 70 % kommt es innerhalb von 8 Tagen geprägt wurde. Die Häufigkeit neurologischer Symptome zu einer kompletten Rückbildung der Symptomatik. In bei SARS-Cov-2-Infektionen ist derzeit noch unklar und vielen Fällen sind Geruchs- und/oder Geschmackstörun- hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab – insbeson- gen die einzigen Symptome einer SARS-Cov-2-Infektion, dere, ob es sich um ambulante, stationäre oder Intensiv- speziell bei gering oder ansonsten asymptomatischen patienten handelt. Die Inzidenzraten reichen dabei von jungen Patienten in der 3. Lebensdekade. Deshalb soll- 21–36 % für stationäre Patienten bis zu 84 % bei Inten- ten alle Patienten mit einer isolierten Geruchs- und/oder sivpatienten. Neurologische Symptome treten häufiger Geschmackstörung auf das Vorliegen einer SARS-Cov- bei (respiratorisch) schwerer erkrankten Patienten auf. 2-Infektion gescreent werden. Bis zu 20 % der intensivpflichtigen COVID-19-Patienten bedürfen aus neurologischen Gründen einer Intensiv- Enzephalopathien wurden bei 6–23 % der hospitali- behandlung. Zudem haben intensivpflichtige COVID- sierten und bei 69 % der Intensivpatienten mit einer 19-Patienten mit neurologischen Symptomen eine hö- SARS-Cov-2-Infektion beobachtet. Klinisch kommt es heres Mortalitätsrisiko als solche ohne neurologische dabei zu transienten Delirien, Agitationen, Verwirrt- Symptome. heitszuständen, Psychosen und dysexekutiven Syndro- men. Enzephalopathien treten häufiger bei Patienten mit Neurologische Symptome bei SARS-Cov-2-Infektionen schweren Erkrankungen, bestehenden Komorbiditäten, sind vielgestaltig und können grundsätzlich in 3 große Hinweisen auf Multiorganversagen (inkl. Hypoxien, Kategorien eingeteilt werden: Nieren- und Leberfunktionsstörungen) und stark erhöh- (1) Neurologische Komplikationen im Rahmen der pul- ten Entzündungsparametern auf. Pathophysiologisch monalen und der systemischen Infektion (Enzepha- dürfte die Sepsis, eine Hypoxie und/oder eine überstei- lopathien und Schlaganfälle), gerte Immunreaktion im Sinne eines Cytokinsturms (2) direkte Invasion des zentralen Nervensystems durch (einzeln oder in Kombination) ursächlich zu Grunde das Virus (Enzephalitiden), sowie liegen. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2020; 21 (3) 107
Trends und Perspektiven Akute zerebrovaskuläre Erkrankungen wurden in sierende Enzephalomyelitiden (ADEM), die in einer 3–6 % der COVID-19-Patienten berichtet, wobei vor rezenten englischen Studie bei 21 % der Neuro-COVID- allem ischämische Schlaganfälle auftreten. Überwiegend Patienten beobachtet wurden, wobei insbesondere eine waren dabei ältere Patienten mit anderen Risikofaktoren hohe Inzidenz von hämorrhagischen Veränderungen be- wie Hypertonie, Diabetes, Hyperlipidämie etc. betroffen. merkenswert war. Das Auftreten einer ADEM korrelierte TRENDS UND PERSPEKTIVEN IN DER NEUROLOGIE Hier dürften die Schlaganfälle als Komplikation der sys- dabei nicht mit der Schwere der pulmonalen SARS-Cov- temischen Infektionen und des hyperinflammatorischen 2-Infektion. Zustands mit Cytokinsturm aufgetreten sein. Anderer- seits wurde ischämische Schlaganfälle auch bei jüngeren Periphere neurologische Komplikationen bestehen Patienten ohne die genannten Risikofaktoren berichtet, vorwiegend in Guillain-Barre-Syndromen mit kranialen wobei bei diesen Patienten ein hyperkoagulatorischer und peripheren Neuropathien, die über post-infektiöse Zustand mit u.a. erhöhten D-Dimer- und Ferritin-Wer- immunvermittelte Mechanismen erklärt werden können. ten im Sinne einer Sepsis-induzierten Koagulopathie („sepsis induced coagulopathy“, SIC) ursächlich ver- Von Fotuhi et al. [J Alzheim Dis 2020; 76: 3–19] wurde antwortlich gemacht werden dürfte. Generell kann ein Neuro-COVID-Staging entsprechend dem Schwere- das Outcome von schwer kranken, intensivpflichtigen grad der neurologischen Symptome vorgeschlagen: COVID-19-Patienten durch eine hochdosierte Throm- z Bei Neuro-COVID Stadium I (Stage I) beschränkt sich boseprophylaxe verbessert werden. die Bindung des Virus auf die ACE2-Rezeptoren an den Nasen- und Geschmacks-Epithelzellen, der durch Zudem konnten zerebrale Mikroblutungen bei COVID- das Virus verursachte Cytokinsturm bleibt gering und 19-Patienten nachgewiesen werden, die durch eine Bin- begrenzt. Klinisch bestehen nur Geschmacks- und/ dung des Virus an die an Endothelzellen exprimierten oder Geruchsstörungen, die sich auch ohne Therapie ACE2-Rezeptoren und eine daraus resultierende Endo- im Allgemeinen komplett zurückbilden. thelzellschädigung verursacht sein könnten. z Bei Neuro-COVID Stadium II (Stage II) aktiviert das SARS-Cov-2-Virus eine robuste Immunantwort mit Enzephalitiden, verursacht durch ein Eindringen des hohen Cytokinwerten, die wiederum zu einem An- Virus in das ZNS-Kompartment mit dokumentiertem Vi- stieg der Ferritin-, CRP- und D-Dimer-Werte füh- rusnachwies im ZNS, wurden bisher nur in wenigen Ein- ren. Der daraus resultierende hyperkoagulatorische zelfällen berichtet. Klinisch zeigten die Patienten Nacken- Zustand triggert die Bildung von Blutgerinnseln, die steifigkeit, Irritabilität, Verwirrtheitszustände, Psychosen, über arterielle Verschlüsse oder venöse Thrombosen Bewusstseinsstörungen und Anfälle. Allerdings könnte zu Schlaganfällen führen können. Die überschießen- der fehlende Virusnachweis auch auf eine geringe Sensiti- de Immunantwort verursacht zudem Vaskulitiden in vität der angewendeten Nachweismethoden zurückzufüh- Nerven und Muskeln, die zusammen mit einem im- ren sein. Das neuro-invasive Potential von SARS-Cov-2 munmediierten ‚Molecular Mimicry‘ zu Läsionen an wird wahrscheinlich über ACE2-Rezeptoren vermittelt, Hirnnerven, peripheren Nerven und/oder Muskeln die auch im ZNS exprimiert werden. Das Spike-Protein führen können. Klinisch reichen die entsprechenden (S-Protein) an der Oberfläche von SARS-CoV-2 dockt Symptome von Doppelbildern bis hin zu Tetraplegien. dabei wie bei einer Schlüssel-Schloss-Interaktion an die z Bei Neuro-COVID Stadium III (Stage III) zerstört ACE2-Rezeptoren an. Ein weiterer möglicher Weg einer der durch das SARS-Cov-2-Virus verursachte Cyto ZNS-Invasion von SARS-Cov-2 könnte über den Ner- kinsturm die Blut-Hirnschranke, dadurch kommt vus vagus aus der Lunge in den Hirnstamm erfolgen. In es zu einem Eindringen von Cytokinen und von diesem Zusammenhang wurde die Hypothese aufgestellt, anderen Blutbestandteilen (einschließlich Viruspar- dass eine SARS-Cov-2-vermittelte Dysfunktion von kar- tikeln) in das ZNS-Kompartment, was wiederum zu diorespiratorischen Zentren im Hirnstamm zu einem töd- einem Hirnödem und einer Hirnschädigung führt. lichen Verlauf bei COVID-Infektionen beitragen könnte. Klinische Symptome umfassen epileptische Anfälle, Verwirrtheitszustände, Delirien und Bewusstseins- Entzündlichen Liquorveränderungen mit Pleozytose störungen bis zum Koma. Hohe Titer von Viruslast und erhöhtem Liquoreiweiß bei fehlendem Virusnach- besetzen einen hohen Anteil der ACE2-Rezeptoren weis könnten als Autoimmunenzephalitiden interpre- im Blut, wodurch es zu einem Anstieg der Angioten- tiert werden. Tatsächlich konnten bei schwer erkrankten sin-II-Spiegel kommt. Daraus resultiert ein Anstieg COVID-Patienten Autoantikörper gegen verschiedene des peripheren Gefäßwiderstands mit Anstieg des Oberflächen- und intrazelluläre Antigene an Nerven-, arteriellen Blutdrucks, was wiederum das Risiko von Glia- und Endothelzellen im ZNS nachgewiesen werden. intrakraniellen Blutungen erhöht. Für diese Hypothese würden auch die bei diesen Patien- ten beobachteten klinischen Symptome wie Opsoklonus, In einer italienischen Studie konnten persistierende Myoklonien und Anfälle sprechen. Zudem würden sich Symptome nach einer klinikbedürftigen COVID-19- daraus unmittelbare klinische Konsequenzen im Sinne Erkrankung dokumentiert werden. Im Mittel 60 Tage eine Immuntherapie ergeben. nach Erkrankungsbeginn waren nur 12,6 % der Patienten komplett beschwerdefrei. Die häufigsten persistierenden Eine weitere entzündliche ZNS-Affektion im Rahmen Symptome waren Müdigkeit bzw. Fatigue (ca. 53 %) und von SARS-Cov-2-Infektionen sind akute demyelini- Atemnot (43 %), die häufigsten persistierenden neuro- J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2020; 21 (3) 109
Trends und Perspektiven logischen Symptome Geruchsstörungen (ca. 16 %), Korrespondenzadresse: Geschmacksstörungen (ca. 11 %), Kopfschmerzen (ca. Prim. Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner 10 %) und Schwindel (ca. 5 %). Neurologische Abteilung, Klinik Hietzing Karl Landsteiner-Institut für Klinische Epilepsieforschung Auf Grund der weltweiten Häufigkeit der SARS-Cov- und Kognitive Neurologie TRENDS UND PERSPEKTIVEN IN DER NEUROLOGIE 2-Infektionen, der multiplen pathogenetischen Mecha- Medizinische Fakultät, Sigmund-Freud-Privatuniversität nismen für Affektionen des zentralen und peripheren A-1130 Wien, Wolkersbergenstraße 1 Nervensystems und der möglichen Langzeitfolgen stellt E-mail: cs.baumgartner@gmail.com Neuro-COVID ein relevantes Problem für die Neurolo- gie dar, wobei wir derzeit erst am Beginn eines umfassen- den Verständnisses von Neuro-COVID stehen. 110 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2020; 21 (3)
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