Umwandlung der Augenabteilung des Krankenhauses Hietzing in Wien in eine Wochenklinik - pia veronika vécsei-marlovits
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originalarbeit Spektrum Augenheilkd (2011) 25: 363–370 DOI 10.1007/s00717-011-0048-7 spektrum der © Springer-Verlag 2011 Printed in Austria augenheilkunde Umwandlung der Augenabteilung des Krankenhauses Hietzing in Wien in eine Wochenklinik P.V. Vécsei-Marlovits1, 2, C. Vécsei2, B. Weingessel1, 2 1 Augenabteilung, KH Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien 2 Karl Landsteiner Institut für Prozessoptimierung und Qualitätsmanagement in der Kataraktchirurgie Eingegangen am 1. August 2011, angenommen am 16. November 2011 Transformation of the Department of Ophthalmo- Zusammenfassung. Hintergrund: Die Augenabteilung des logy, Hospital Hietzing Vienna, from a 7-Days Krankenhauses Hietzing sollte mit 1. November 2010 von ei- Care Unit to a 5-Days Care Unit ner 365-Tage-PatientInnenkontakt anbietenden Institution in eine Abteilung umgewandelt werden, die am Wochenende Summary. Background: To On November 1st, 2010 the Depart- geschlossen ist und im Gegenzug ihre Operationszeiten aus- ment of Ophthalmology was transformed from a 7-days care- dehnt. unit to a 5-days care-unit, closed on weekends. Simultaneously Material und Methode: Seit 2008 wurde ein Abteilungsmodell working time in the operating theatre was extended. entwickelt, das nicht nur den wirtschaftlichen Aspekten Ge- Material and Methods: Since 2008 a model for the Department nüge tut, sondern auch die PatientInnenzufriedenheit und die of Ophthalmology has been developed, which considered both, Zufriedenheit der MitarbeiterInnen steigert. Eine genaue Be- economical aspects as well as patient and staff satisfaction. stimmung des IST-Zustandes aller Abteilungsabläufe und Ab- Therefore an exact identification of the actual state of all opera- teilungsstrukturen wurde abgebildet. Darauf folgend waren tional sequences and structures was necessary, followed by the eine detaillierte Erarbeitung und Beschreibung des SOLL-Zu- development and detailed description of the nominal state to standes im Bezug auf Struktur, MitarbeiterInnen und abtei- allow a smooth transition. lungsinterne Ablauforganisation notwendig, um einen rei- Results: The start of the 5-days care-unit lead to a heavy rise in bungsfreien Übergang in eine Wochenklinik zu gewährleisten. patient’s admissions. Nevertheless by implementing an “admis- Resultate: Mit Beginn der Wochenklinik und Bespielung eines sion route” admissions can be done more quickly and more zusätzlichen Nachmittag-OP-Blocks ist die Zahl der Aufnah- structured. There was a 40 % rise of cataract-surgeries and more men und der Operationen deutlich gestiegen. Durch die Im- than a doubling of day surgeries since November 2010. The uti- plementierung einer „Aufnahmestraße“ laufen die Aufnah- lisation rate of the day clinic reached the 100 % level in February men trotzdem deutlich strukturierter und damit schneller ab. 2011. The mean residence time was reduced to 1.3 days. The Die Anzahl der durchgeführten Katarakt-Operationen ist seit waiting period for cataract-surgery was minimised to 3 to 4 Beginn der Wochenklinik um durchschnittlich 40 % gestiegen. weeks. Der Anteil der tagesklinisch durchgeführten Kataraktoperati- Conclusions: The establishment of a 5-days care unit resulted in onen hat sich auf 59 % mehr als verdoppelt. Die Auslastung a significant rise in the number of surgeries and a significant re- der Tagesklinik erreichte im Februar 2011 die 100 % Marke. duction of the waiting period for a cataract-surgery for patients Die Verweildauer konnte auf 1,3 Tage reduziert werden. Die at the same time. Closing down outpatient department and in- Wartezeit auf eine Katarakt-Operation wurde auf 3–4 Wochen patient department on weekends helped to reduce personnel verringert. costs and therefore to satisfy economical aspects. Schlussfolgerung: Durch Einführung einer Wochenklinik wur- den die Operationszahlen deutlich gesteigert und die Warte- Key words: 5-Days Care-Unit, Cataract Surgery, Admission zeit auf Operationen im Sinne der PatientInnen wesentlich re- Route, Reduction of Waiting Period, Day-Surgery duziert. Dem wirtschaftlichen Aspekt wurde Genüge getan, indem die an Wochenenden ohnedies weniger frequentierte Ambulanz und Station geschlossen wurden, was zu einer Ein- sparung an Personalkosten im Verhältnis zur Leistungssteige- rung führte. Korrespondenz: Prima. Univ. Dozin. Drin. Pia Veronika Vécsei-Marlovits, Schlüsselwörter: Wochenklinik, Katarakt-Operation, Aufnah- MSc, MBA, Augenabteilung, Krankenhaus Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wolkersbergenstraße 1, 1130 Wien, mestraße, Wartezeitreduktion, Tagesklinische Operationen E-mail: veronika.vecsei-marlovits@wienkav.at Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik © Springer-Verlag 6/2011 Spektrum Augenheilkd 363
originalarbeit Einleitung Hintergrund Die steigenden Kosten im Gesundheitswesen, vor allem ver- Die Augenabteilung des KH Hietzing sollte von einer 365-Tage- ursacht durch die deutlich gestiegene Lebenserwartung, die PatientInnenkontakt anbietenden Institution in eine Abtei- Zunahme der teuren medizinisch-technischen Behandlungs- lung umgewandelt werden, die am Wochenende geschlossen verfahren und der steigende Anspruch an die Leistungen der ist und im Gegenzug ihre Operationszeiten ausdehnt. Medizin [1], zwang Politik und Kostenträger dazu, Einsparpo- Dadurch würden die Operationszahlen deutlich gesteigert tentiale ausfindig zu machen. und die Wartezeit auf Katarakt-Chirurgie im Sinne der Patien- Durch die zunehmende Forderung der Wirtschaftlichkeit tInnen wesentlich reduziert. Dem wirtschaftlichen Aspekt und dem daraus resultierenden Wunsch nach Effizienzsteige- würde Genüge getan, indem die an Wochenende ohnedies we- rung bei Erhaltung der Qualität in der medizinischen Versor- niger frequentierte Ambulanz und Station geschlossen würde, gung, müssen neue Konzepte der PatientInnenbehandlung was zu einer wesentlichen Einsparung an Personalkosten füh- entwickelt werden. So können viele augenchirurgische Leis- ren würde. Die PatientInnenversorgung am Wochenende sollte tungen aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts in von den drei anderen Augenabteilungen des Wiener Kranken- gesteigertem Maße tagesklinisch durchgeführt werden [2–6], anstaltenverbundes übernommen werden. Am Wochenende eine stationäre Aufnahme über mehrere Tage ist deshalb im- nicht entlassbare PatientInnen würden auf die HNO-Abteilung mer seltener erforderlich. In diesem Sinne sollte von der Ge- des KH-Hietzing als Partnerabteilung transferiert werden. neraldirektion des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) in Zusammenarbeit mit der dualen Abteilungsführung (ärzt- Die Ziele im Detail waren: liche Abteilungsleiterin und Oberschwester) der Augenabtei- ■ ■ Implementierung einer Wochenklinik mit Aufbau eines lung des KH-Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosen- Nachmittags-OP-Blocks bis 18 Uhr hügel ein Abteilungsmodell entwickelt werden, das nicht nur ■ ■ Steigerung der tagesklinischen Katarakt-Operationen diesen wirtschaftlichen Aspekten Genüge tut, sondern auch ■ ■ Personalkosteneinsparung die PatientInnenzufriedenheit und die Zufriedenheit der Mit- ■ ■ Reduktion der Wartezeiten auf eine Katarakt-Operation arbeiterInnen steigern sollte. Der Beginn der Wochenklinik wurde mit 1. November 2010 festgelegt. UZ 3 WR 1 Stat OA WR 3 WR 2 IVOM plastische WR 1 Cat – Warten auf Untersuchung IVOM WR 2 Cat – Warten auf Zimmer, plastische STP UZ 2 WR 3 Tagesklinische Cat-OP UZ 1 Tagesklinische Laser, plast, IVOM Stat OA Stat Arzt UZ 2 Cat-Aufnahmen: Stat. Arzt, Stat. Ass Stat DGKSOA UZ 3 Visite, Cat-Aufnahmen: OA 07:00 8 TK-Cat Stat Ass 08:00 Tagesklinische Cat. OP Stat. Aufnahme, TK Voruntersuchung 08:30 4 TK VU / Do Stat Ass Tagesklinisch: Laser, plast, IVOM 09:00 4 Laser dienst Ass 09:30 2 plast dienst Ass 10:00 5 Stat für Do Stat Ass UZ 1 10:30 8 IVOM dienst Ass Dienst-Ass. 11:00 5 WA Stat Ass Laser Aufnahmen 36 14 Stand 15 (ev. Nark.) 14 + 8 Abb. 1. Beispiel für eine Aufnahmestraße an einem Mittwoch, verwendete Abkürzungen: Cat – Katarakt, DGKS – Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester, dienst. Ass – diensthabende/r AssistenzärztIn, Do – Donnerstag, IVOM – intravitreale operative Medikamentenapplikation, Nark – Narkose, plast – plastische Operation, Stat – stationäre/r PatientIn, Stat.Arzt – StationsärztIn, Stat.Ass – StationsassistenzärztIn, Stat.OA – StationsoberärztIn, STP – Stützpunkt, TK – Tagesklinik, TK-Cat – tagesklinische Katarakt-Operation, UZ – Untersuchungszimmer, VU – Vorun- tersuchung, WA – Wiederaufnahme, WR – Warteraum 364 Spektrum Augenheilkd 6/2011 © Springer-Verlag Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik
originalarbeit Tabelle 1 IST-Zustand und den SOLL-Zustand für die jeweiligen Bereiche Bereich IST-Zustand SOLL-Zustand Personal FachärztInnen/ OberärztInnen 7,5 9,5 AssistenzärztInnen 6 6 StationsärztIn 0,5 0,75 Orthoptistin 2,25 3 Biomedizinische Analytikerin 0,75 0 DGKP Ambulanz 2,625 2,625 Pflegehelferin Ambulanz 1 1 DGKP Station 9,875 12,95 Pflegehelferin Station 2 2 Abteilungshelferin Station 3 3 DGKP OP 9,25 9,72 Abteilungshelferin OP 1 2 OP-Gehilfe 1 2 Hausarbeiterinnen 4 5 Kanzleibedienstete 3 5 Öffnungszeiten Ambulanz Mo – Fr: 08:00–13:00 Mo – Fr: 08:00–13:00 Ambulanz Notfälle 7 Tage/ 24 Stunden 5 Tage/ 24 Stunden Station 7 Tage/ 24 Stunden 5 Tage/ 24 Stunden OP 1 08:00–13:00 08:00–18:00 OP 2 08:30–15:30 08:30–15:30 OP Notfälle 7 Tage/24 Stunden 5 Tage/24 Stunden Räumlichkeiten Ambulanz der Abteilungsleiterin Ein Raum mit Netzhautambulanz Eigener Bereich im Sekretariatsbereich Raum Abteilungsleiterin Sekretariatsbereich Bibliothek Sekretariate Sekretariatsbereich Plus ehemaliger Raum Abteilungsleiterin Bettenstation 20 Betten 18 Betten Bettenstation 2 2-Bett Zimmer 1 2-Bettzimmer wird zu zusätzlichem 4 1-Bett Zimmer Untersuchungsraum 4 3-Bett Zimmer Leistungen Katarakt-OP pro Jahr 2.700 4.100 Anteil Tagesklinische Kat. OP 2% 33 % Wartezeit Kat. OP 3 Monate 6 Wochen Gesamtaufnahmen pro Jahr 4.450 8.900 Eintagespflegen pro Jahr 2.400 6.300 Entlassungsbriefe pro Woche 192 300 Abzuschließende Krankenakten pro Woche 140 250 Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik © Springer-Verlag 6/2011 Spektrum Augenheilkd 365
originalarbeit – Material und Methode Wochenklinik bis Sa: Mo–Fr OP 1 bis 18:00 + OP 2 bis 15:30 Seit 2008 wurde ein Abteilungsmodell entwickelt, dass nicht 1 FA 5h 1 FA 5h nur die wirtschaftlichen Aspekte berücksichtigen sollte, son- 1 TA 5h OP 1 dern auch die PatientInnenzufriedenheit durch vermehrte ta- 1 OP-Gehilfe 11 h gesklinische Chirurgie, vermehrte OP-Möglichkeit und Ope- OP 1+2 1 OP-Hausarbeiter 11h 1 OP-Abteilungshelfer 11h rationen auch am Nachmittag und die Zufriedenheit der 1 FA 5h MitarbeiterInnen durch einen Wegfall der Wochenenddienste CP 2 1 OP-Gehilfe 8,5 h Journal- dienst und klare und transparente Arbeitsstrukturen steigern sollte. 1 FA Aufnahmen 5h 1 FA 5h 2 TA Aufnahmen 10h Mo-Fr Für die Form der Umsetzung wurde der Grundwert Quali- Station 1 FA Visite 2h 13:00–19:00 Visite tät × Akzeptanz angenommen: Die Qualität würde durch das Aufnahmen 1 Stationsarzt 8h 1 FA 20h 3 Stat-Abt. Helfer Mo-Fr (Präsenz variabel: siehe PBB) neue Konzept garantiert, die Akzeptanz müsste durch die Zu- 3 Stat-Hausarbeiter Mo-Fr (Präsenz variabel: siehe PBB) 1 TA 20h friedenheit von PatientInnen und MitarbeiterInnen erreicht 1 FA 5h Amb werden. NH-Amb 3 FA 15h 1 FA NH-Amb 5h Spez. Amb Akzeptanz wird durch Information, Transparenz und Invol- 1 FA Spezialamb vierung der Betroffenen erzielt. Hier wurde als Mittel zur Errei- Administration 1 Adm/Sekretariatskraft 10h 2 Adm/Sekretariatskräfte 16h chung der Akzeptanz ein interdisziplinäres Kommunikations- konzept generiert. 7:00 7:30 8:00–10:00 11:00–13:00 14:00 15:00 15:30 16:00 16:30 18:00 18:30 19:00 Diese neuen Ziele betrafen mehrere Berufsgruppen und FA = Facharzt, TA = Turnusarzt in Ausbildung mussten interdisziplinär transparent in Kleingruppen und PP = Pflegeperson, NH-Amb = Netzhautambulanz Großgruppen so besprochen werden, dass jede/r einzelne be- troffene MitarbeiterIn in der Lage war, das gleiche Bild von den Abb. 2. Wochen-Zuteilung der einzelnen Berufsgruppen zu erreichenden Zielen hochzuziehen. Die Sinnhaftigkeit und der Mehrwert der Ziele für die PatientInnen und die betroffe- nen MitarbeiterInnen mussten so kommuniziert werden, dass sie für alle Beteiligten klar, transparent und verständlich waren 14 und so auch akzeptiert werden konnten. Eine genaue Bestimmung des IST-Zustandes aller Abtei- nein ja 20 15 lungsabläufe und Abteilungsstrukturen wurde abgebildet. Dar- Andere Disziplin HNO-TAA auf folgend waren eine genaue Erarbeitung und Beschreibung Medizinisches Medizinisches Konsil notwendig Konsil anfordern des SOLL-Zustandes im Bezug auf Struktur, MitarbeiterInnen ja Augen und abteilungsinterne Ablauforganisation notwendig, um ei- 21 nein 23 Konsiliarärztin nen reibungsfreien Übergang in eine Wochenklinik zu gewähr- 16 Konsiliarbesuch HNO-OA Fragestellung leisten. Die Hauptfaktoren, die es dabei zu berücksichtigen galt, telefonisch auf HNO telefonische beantwortbar waren: Kontaktaufnahme mit Abteilungsleiterin ■ ■ Personalbedarfsplanung ja 24 HNO-OA/-PP/-TAA ■ ■ Zusätzliches Personal durch Nachmittags-Block notwendig 18 Medizinische ■ ■ Umstellung der Dienstpläne 17 Behandlung und Abt-Leiterin nein Pflege der ■ ■ Wegfall der Wochenend-Dienste, zusätzlicher Nachmittags- 22 Fragestellung PatientInnen Konsiliarbesuch HNO-TAA telefonisch durchführen auf HNO Block beantwortbar Telefonische ja ■ ■ Deutliche Steigerung der Aufnahme- und OP-Zahlen Anordnung dokumentieren ■ ■ Re-Organisation der Abteilungsabläufe, Implementierung 19 von „Aufnahmestraßen“, gestaffelte Bestellung der Patien- HNO-OA tInnen nach Aufnahmeart, Abbildung der verschiedenen Telefonische Anordnung Aufnahmemodalitäten in OPERA dokumentieren und ausführen ■ ■ Sekretariat 25 ■ ■ Mehr Entlassungsbriefe, mehr Terminvergaben ■ ■ HNO als Partnerabteilung HNO-Station Montag ■ ■ Erarbeitung der Abläufe bei notwendigen Transferierun- 26 Augen-Station Stat-PP gen am Wochenende Montag Rücktransferierung ■ ■ Niedergelassene KollegInnen [7], andere Abteilungen, Öf- der PatientInnen auf Augenstation fentlichkeit, etc. 27 GP stationäre ■ ■ Information über geänderte Abläufe durch die Abteilung Abt-Leiterin Entlassung 1.0 (Briefe, E-Mails, persönlicher Kontakt, Informationsveran- Chefvisite mit ev Entlassung staltung, Internet, Intranet, Poster, Informationsfolder, etc.) an niedergelassene ÄrztInnen, andere Abteilungen, andere 29 Ende Krankenhäuser, PatientInnen, Ärztekammer, Medien, etc. Den IST- und den geplanten SOLL-Zustand für die jeweiligen Abb. 3. Ausschnitt aus dem Geschäftsprozess Transferierung auf Bereiche der Augenabteilung zeigt Tab. 1. HNO Station 366 Spektrum Augenheilkd 6/2011 © Springer-Verlag Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik
originalarbeit Anzahl Aufnahmen 2010/2011 Anzahl Cat.-OP 2010/2011 vor Beginn der Wochenklinik vor Beginn der Wochenklinik 700 nach Beginn der Wochenklinik 400 nach Beginn der Wochenklinik 600 350 500 300 250 Anzahl Anzahl 400 200 300 150 200 100 100 50 0 0 Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Monate Monate Abb. 4. Anzahl der Aufnahmen Jänner 2010 bis Februar 2011 Abb. 5. Anzahl der Katarakt-Operationen von Jänner 2010 bis Februar 2011 Mit Beginn der Wochenklinik und Bespielung eines zusätz- Kriterien für einen möglichen tagesklinischen Aufenthalt infor- lichen Nachmittags-OP-Blocks würde die Zahl der Aufnah- miert werden und somit die PatientInnen entsprechend bereits men deutlich steigen. Dadurch würde eine Re-Organisation als „tagesklinisch“ oder „stationär“ anmelden. der Abteilungsabläufe notwendig, um die Wege sowohl für Pa- Die tagesklinischen PatientInnen sollten bei der Terminver- tientInnen als auch für MitarbeiterInnen so kurz und über- gabe auch einen Voruntersuchungstermin erhalten. sichtlich wie möglich zu halten. Durch die Implementierung einer „Aufnahmestraße“ würden die Aufnahmen deutlich Personaleinsatzplanung strukturierter und damit schneller ablaufen. Die PatientInnen würden zuerst am Schwestern-Stützpunkt registriert, tageskli- Der Einsatzplan in Abb. 2 zeigt die Zuteilung der einzelnen nische Katarakte und stationäre Aufnahmen würden in unter- Berufsgruppen über die gesamte Woche: schiedliche Aufenthaltsräume begleitet, von wo sie dann von den AssistenzärztInnen in die Untersuchungsräume abgeholt Resultate würden. Abb. 1 gibt ein Beispiel für eine Aufnahmestraße, zeitliche Staffelung, PatientInnenwege und ärztliche Zutei- Mit 1.11.2010 wurde die Bettenstation der Augenabteilung lungen auf der Station. vom vollstationären Betrieb auf Wochenklinik umgestellt, und Mit Beginn der Wochenklinik sollten rund ein Drittel der Ka- damit werden jetzt auch nachmittags bis 18 Uhr Operationen tarakt-Operationen tagesklinisch durchgeführt werden. Für die durchgeführt. Dadurch wurden die Operationszahlen deut- meisten PatientInnen ist die tagesklinische Aufnahme ange- lich gesteigert und die Wartezeit auf Operationen im Sinne der nehm, weil sie die Nacht bereits wieder in Ihrer häuslichen, ge- PatientInnen wesentlich reduziert: Von 4 -6 Monaten auf ca. wohnten Umgebung verbringen können. PatientInnen mit re- 3–4 Wochen. duziertem Allgemeinzustand, hohem Alter, komplizierten Dem wirtschaftlichen Aspekt wurde Genüge getan, indem Operationen, frühen postoperativen Komplikationen, Komor- die an Wochenenden ohnedies weniger frequentierte Ambu- bidität und geographischer und sozialer Indikation würden lanz und Station geschlossen wurden, was zu einer Einsparung selbstverständlich weiterhin stationär aufgenommen werden. an Personalkosten im Verhältnis zur Leistungssteigerung führt. Die niedergelassenen ärztlichen KollegInnen sollten über die Die PatientInnenversorgung am Wochenende wird seither von Tabelle 2 Verweildauer in Tagen für Kataraktoperationen für die Jahre 2007–2011 Verweildauer 2007 2008 2009 2010 2011 0 0,0 % 0,7 % 3,2 % 28,7 % 56,8 % 1 0,0 % 3,1 % 4,8 % 18,5 % 26,5 % 2 0,0 % 49,0 % 44,7 % 36,6 % 16,4 % 3 12,5 % 5,6 % 6,7 % 2,5 % 0,2 % 4 12,5 % 10,3 % 17,1 % 3,7 % 0,1 % 5 50,0 % 25,7 % 20,8 % 9,3 % 0,1 % 6 12,5 % 3,8 % 2,3 % 0,6 % 0,0 % 7 12,5 % 1,9 % 0,4 % 0,1 % 0,0 % Gesamtergebnis 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 % Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik © Springer-Verlag 6/2011 Spektrum Augenheilkd 367
originalarbeit Anteil tagesklinische Katarakt-OP Tagesklinische Katarakt-Operationen Stationäre Katarakt-Operationen 26 46 38 54 62 74 2010 Jänner 2011 Februar 2011 Abb. 6. Anteil tagesklinischer Kataraktoperationen 2010, Jan. 2011 und Feb. 2011 den drei anderen Augenabteilungen des Wiener Krankenan- werden. Tagesklinische PatientInnen nehmen gleich vor Unter- staltenverbundes übernommen. Am Wochenende nicht ent- suchungszimmer 1 Platz, wo nach Aufnahme durch den/die lassbare PatientInnen werden auf die HNO-Abteilung des KH- diensthabende/n Assistenzärztin/-arzt die Therapie erfolgt. Hietzing als Partnerabteilung transferiert, was von November Die Wochenklinik verfügt über 18 Betten. Durch kontrollier- 2010 bis Februar 2011 bei nur 4 PatientInnen an insgesamt 4 tes Bettenbelagsmanagement konnte eine Belagsquote von Wochenenden notwendig war. Der Transferierungsprozess 89,6 % (inklusive Eintagespflegen) für das Jahr 2010 erreicht dazu wurde als Geschäftsprozess in ADONIS® (Prozessmanage- werden bzw. für Dezember 2010 für die neue Wochenklinik ment Werkzeug) abgebildet und mit der HNO-Abteilung akkor- eine Quote von 85,1 % und für Jänner 2011 von 86,9 %. Die Zahl diert (Abb. 3). der Pflegetage ist von 10.744 (2009) auf 9.998 (2010, minus 7 %) Für Notfalleingriffe steht der Augen-OP von Montag – Frei- gesunken. tag rund um die Uhr zur Verfügung. An Wochenenden findet Auf der Augenstation wurde ein neuer OberärztInnenar- seit Beginn der Wochenklinik kein OP-Betrieb mehr statt. beitsplatz mit Spaltlampe eingerichtet, sodass eine Sekretärin Mit Beginn der Wochenklinik und Bespielung eines zusätz- bereits direkt bei der Visite um 7.30 Uhr Briefe schreiben kann lichen Nachmittag-OP-Blocks ist die Zahl der Aufnahmen deut- und damit die PatientInnen schneller entlassen werden können. lich gestiegen: von 4.400 (2009) auf 5.264 im Jahr 2010 (Ver- Nach der postoperativen Visite können die PatientInnen das gleich November 2009:2010 = 370:621 – ein Plus von 68 %, Krankenhaus verlassen. Die Nachsorge erfolgt in aller Regel Dezember 2009:2010 = 350:547 – ein Plus von 56 %, Vergleich durch die/ den zuweisenden FachärztIn. Jänner 2010:2011: 325:585 – ein Plus von 80 %, Vergleich Feb- ruar 2010:2011: 390:621 – ein Plus von 60 %) (Abb. 4). Katarakt-Operationen Durch die Implementierung einer „Aufnahmestraße“ laufen die Aufnahmen, trotz drastisch erhöhter Aufnahmezahl, deut- Wurden im Jahr 2010 von Jänner bis Oktober durchschnittlich lich strukturierter und damit schneller ab. Die PatientInnen 231 Katarakte pro Monat operiert, waren es in den Monaten No- werden zuerst am Schwestern-Stützpunkt registriert, tageskli- vember 2010, Dezember 2010, Jänner 2011 und Februar 2011 nische Katarakte und stationäre Aufnahmen werden in unter- nach Einführung eines Nachmittags-OP-Blocks bis 18 Uhr durch- schiedliche Aufenthaltsräume begleitet, von wo sie dann von schnittlich 322 Operationen und somit ein Plus von 40 % (Abb. 5). den AssistenzärztInnen in die Untersuchungsräume abgeholt Anzahl Eintagespflegen 2010/2011 Verweildauer 2010/2011 vor Beginn der Wochenklinik vor Beginn der Wochenklinik 500 nach Beginn der Wochenklinik 2,50 nach Beginn der Wochenklinik 450 400 2,00 350 300 1,50 Anzahl Anzahl 250 200 1,00 150 100 0,50 50 0 0,00 Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Monate Monate Abb. 7. Anzahl der Eintagespflegen und Verweildauer der PatientInnen Jänner 2010 bis Februar 2011 368 Spektrum Augenheilkd 6/2011 © Springer-Verlag Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik
originalarbeit Tagesklinische Katarakt-Operationen Verweildauer auf und hatten in den Jahren 2008–2010 die Hälfte aller PatientInnen eine Verweildauer von 2 Tagen, so konnten Der Anteil von tagesklinisch durchgeführten Kataraktoperati- im Jahr 2011 mehr als die Hälfte aller PatientInnen tageskli- onen betrug im Jahr 2010 26 %. nisch betreut werden (Tab. 2, Abb. 8). Im Jänner 2011 lag der Anteil von tagesklinisch durchge- Die Einführung von OP-Tagen pro Operateur/in garantiert führten Kataraktoperationen bereits bei 54 %, im Februar 2011 regelmäßige Operationen. Da der/die Operateur/in an seinem/ bei 59 % (Abb. 6). ihrem OP-Tag für keine weiteren Aufgaben eingeteilt ist, kann Die Anzahl der Eintagespflegen ist stark gestiegen (Abb. 7): er/sie sich ausschließlich auf die Operationen konzentrieren. von 2.401 (2009) auf 3.222 (2010), ein Plus von 34 %. Im Jänner BeginnerInnen in der Katarakt-Chirurgie werden die ers- 2011 kam es zu einer weiteren Steigerung: 429 TagespatientIn- ten 50–100 Eingriffe routinemäßig von der Abteilungsvorstän- nen, ein Plus von 60 % und im Februar 2011 waren es 480 Tages- din assistiert. patientInnen ein Plus von 78 % im Vergleich zum Mittelwert Durch die Einführung einer von der Pflege erstellten Sicher- von 269 Tagespatienten pro Monat im Jahr 2010. heits-Checkliste für Operationen ist es gelungen, im Sinne des 56,8 % aller Katarakt-PatientInnen konnten im Jahr 2011 als Risikomanagements Risiken, Verwechslungen und Fehlern vor- Eintagespflegen behandelt werden. zubeugen. Durch effizientes intraoperatives Komplikationsma- Die Auslastung der Tagesklinik lag im Jänner 2011 bei 98,8 % nagement durch die Abteilungsvorständin konnten Re-Opera- und im Februar 2011 bei 100 %. tionen in den meisten Fällen vermieden werden. 2010 gab es 11 Die Verweildauer ist durch die Steigerung der tagesklinischen Re-Operationen bei Katarakt Operationen, das entspricht einer Frequenz und den Wegfall der über das Wochenende liegenden Re-Operationsrate von 0,48 %. Seit 2007 konnte die Re-Operati- PatientInnen deutlich reduziert worden (Abb. 7): von 2,5 Tagen onsrate bei Katarakten um 73,4 % gesenkt werden. (2009) auf 1,9 Tage (2010), das entspricht einem Minus von 24 %. PatientInnenzufriedenheit: Auch 2010 gab es in der Befra- Nach Einführung der Wochenklinik kam es zu einer weiteren Re- gung des Wiener Krankenanstalten Verbundes zur PatientIn- duktion der Verweildauer (Mittelwert Verweildauer Monate Jän- nenzufriedenheit für die Augenabteilung durchwegs sehr gute ner bis Oktober ist 2,06, Mittelwert Verweildauer November, De- Noten (Abb. 9). Im Vergleich mit den anderen Abteilungen des zember ist 1,5, ein Minus von 25 %). Die Verweildauer im Jänner KH-Hietzing wurde die Augenabteilung (die Augenabteilung 2011 betrug 1,4 Tage, im Februar 2011 sogar nur noch 1,3 Tage. war die Abteilung mit der zweithöchsten Rückantwortquote) in Wies ein Großteil der PatientInnen im Jahr 2007 noch 5 Tage fast allen Bereichen am besten bewertet. Verweildauer in Tagen Schlussfolgerung 2011 2008 2010 2007 Durch die Umwandlung der Augenabteilung des KH-Hietzing 60 2009 in eine Wochenklinik konnten alle Vorgaben erfüllt werden: 50 ■ ■ Pro Woche können 48 stationäre und 37 tagesklinische Ka- 40 tarakt-Operationstermine angeboten werden. Prozent 30 ■ ■ Steigerung der Aufnahmen um 62 % 20 ■ ■ Durch die Implementierung einer Aufnahmestraße laufen die 10 Aufnahmen deutlich strukturierter und damit schneller und 0 für die PatientInnen und MitarbeiterInnen angenehmer ab. 0 1 2 3 4 5 6 7 ■ ■ Eine Reduktion der durchschnittlichen Verweildauer der Tage PatientInnen von 2,5 Tagen auf 1,3 Tage konnte durch ver- mehrte tagesklinische Operationen erzielt werden. ■ ■ Eine Steigerung der Eintagespflegen von durchschnittlich Abb. 8. Verweildauer in Tagen für Kataraktoperationen für die Jahre 242 pro Monat auf 480 (plus 78 %) wurde erreicht. 2007 - 2011 ■ ■ Die Zahl der Katarakt Operationen wurde um 40 % gesteigert. ■ ■ Der Anzahl tagesklinischer Katarakt-Operationen konnte Patientenzufriedenheit 2010 von 61 auf 766 vervielfacht werden. Der Anteil tageskli- Augenabteilung Sehr Gut Genügend nisch durchgeführter Kataraktoperationen wurde von 26 % Gut Nicht Genügend 100 Befriedigend auf 59 % mehr als verdoppelt. 90 ■ ■ Die Wartezeit auf eine Katarakt-Operation konnte von 4–6 80 70 Monaten auf 3–4 Wochen reduziert werden. ■ ■ Die hohe PatientInnenzufriedenheit mit der Augenabtei- Prozent 60 50 40 lung konnte erhalten werden. 30 20 Interessenskonflikt 10 0 Es besteht kein Interessenskonflikt. zte e kt n i C d er n rt g it Z m se te un Ba po it W e eg Är sp ah eu Es ke är ns Pfl it Re ke fn ap fkl ke er ra Au er ub Au er er nt ub Th ub ke Sa Sa an Sa Kr Abb. 9. PatientInnenzufriedenheit 2010 an der Augenabteilung Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik © Springer-Verlag 6/2011 Spektrum Augenheilkd 369
originalarbeit Literatur 4. Touzri A, Romdhane B, Boussen M et al. Ambulatory Cataract Surge- ry. Tunis Med. 2000; 78 (10):576–9. 1. Henke KD, Reimers L. Zum Einfluss von Demographie und medizi- 5. Fan Y, Boldy D, Bowen D. Comparing patient satisfaction, outcomes nisch-technischem Fortschritt auf die Gesundheitsausgaben. 2006; and costs between cataract day surgery and inpatient surgery for el- 8. Diskussionspapiere der Fakultät VIII, Wirtschaft und Management derly people. Aust Health Rev. 1997;20(4):27–39. der Technischen Universität Berlin. 6. Weingessel B, Richter-Mueksch S, Vécsei-Marlovits PV et al. Tages- 2. Fedorowicz Z, Lawrence D, Gutierrez P. Day care versus in-pati- klinische Katarakt-Chirurgie – attraktiv für PatientInnen? Spektrum ent surgery for age-related cataract. Cochrane Database Syst Rev. Augenheilkd 2008; 22(3):148–52. 2005;1:CD004242. 7. Vécsei-Marlovits PV, Weingessel B, Gnad H. Wer beeinflusst die Entschei- 3. Cillino S, Casuccio A, Di Pace F et al. Day care cataract surgery in dung zur Katarakt-Chirurgie? Spektrum Augenheilkd 2008, 22(3):153–57. Central and Southern Italy: a multicentric survey. BMC Health Serv Res. 2007;7:16. 370 Spektrum Augenheilkd 6/2011 © Springer-Verlag Umwandlung der Augenabteilung in eine Wochenklinik
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