Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - Juli/August 2018 Jahrgang 70 www.tjv.at - Tiroler Jägerverband
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ZUM GELEIT Von Neid und anderen bedenklichen Faktoren, vor denen die Jagd nicht gefeit ist! N eid ist bekanntlich eine nicht zu unterschätzende Triebfeder für allerlei Bösartig- keiten. Auch das Weidwerk ist vor derlei „Emotionen“ nicht gefeit. Damit haben wir alle mehr oder weniger umzugehen gelernt. Bedenklich ist allerdings, wenn man selbst verdienten Persönlichkeiten nach deren Abgang noch die ein oder andere Gemeinheit antut. Für mich ist es jedenfalls nicht verständlich, wie man bei unseren Nachbarn einem Landeshauptmann, der über Jahrzehnte sein Leben dem bonum commune gewidmet hat, nun gerichtlich übel mitspielt, weil er die Tiroler Landeskultur aufrechterhalten hat. Dies nicht aus Eigeninteresse, sondern im Interesse der Südtiroler Jägerschaft und vieler Tausend Almbauern. Dies wird umso unverständlicher, wenn man die jagdrechtlichen Gegebenheiten der beiden Länder vergleicht. Verblüffend ist auch die Festlegung des Ausmaßes des angeblichen Schadens ... Missgunst mag wohl auch für jene Antrieb gewesen sein, die einem in den Ruhestand befindlichen Beamten, der ohne jeden Zweifel stets korrekt agiert hat, nun sogar ein Präsent der Anerkennung schlechtmachen und gar die Korruptionsstaatsanwaltschaft ins Spiel gebracht haben. Der Tiroler Jägerverband wird jedenfalls seinen Weg konse- quent weitergehen und stets so agieren, wie es einer korrekten Arbeit zum Wohle der Jagd dient und jeder Missgunst standhält. Wir werden immer all jenen, die im Interesse des Landes und der Jagd in Tirol handeln, gegenüber fair bleiben. Wenn schließlich ein Jagdpächter über Kontakt des Verbandes einen Abschuss gratis zur Verfügung stellt, dann hat das nichts mit Korruption zu tun, sondern mit aufrechter Wertschätzung. Wertschätzung und Respekt bleiben auch weiterhin Grundlage unseres Handelns – ich erinnere an Oskar von Riesenthals Ehrenschild – für Mensch und Wild! „Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich‘s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“ (Oskar von Riesenthal, 1830-1898) ❙ Weidmannsheil! Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Kirchmair (1) JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 3
Federwild: Wo der Wald endet … 10 22 Schneehasen: Fortpflanzungsstrategie 31 Waffenpflege: Leitfaden zur Waffenpflege 16 Gamswild: Projekt Gamswilduntersuchung ■ JAGD & RECHT – Was macht unser Gamswild krank? 18 Serie Wildtierkrankheiten: 44 Jagderlaubnis: Jagd & Jagderlaubnis 3 ZUM GELEIT Tuberkulose (TBC) 22 Schneehasen: Fortpflanzungsstrategie 6 FOTO DES MONATS weiblicher Alpenschneehasen – Anpassung ■ JAGD & GESCHICHTE an verschiedene Höhenstufen? ■ FORSCHUNG & PRAXIS 46 Kunst: Ludwig Ganghofer ■ WALD & LEBENSRAUM 49 Nostalgische Fundgrube 08 Neues Zuhause für Bartgeier Caeli und 50 Kunst: Sonderausstellung Trophäe Kasimir im Nationalpark Hohe Tauern 29 Pflanzenserie: Weißer Germer und Aberglaube – Jagdliche Heil- 08 Rehkitzrettung mit der Drohne (Veratrum album L.) und Wundermittel 09 Metallionenfreisetzung aus Schrotmunition in Gewässern ■ JÄGER & REVIER 09 Reviere: Albino-Rehkitz in der Wildschönau markiert 31 Waffenpflege: Leitfaden zur Waffenpflege ■ INFO & SERVICE 09 Reviere: Amraser Rehbock auf Besuch 34 Murmeljagd: Handwerk und ein 52 Mitteilungen der Geschäftsstelle im Innsbrucker Stadtteil Reichenau kulinarischer Höhepunkt 55 Jubilare im Juli 2018 40 Belletristik: Mit Jagdfreund Erhard auf 56 Jubilare im August 2018 ■ WILD & ÖKOLOGIE der Hirschjagd 57 Aus- und Weiterbildung 42 Jägerwissen auf dem Prüfstand: 58 TJV-Akademie 10 Federwild: Wo der Wald endet … Testen Sie Ihr Wissen 62 Trophäenschauen 4 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Fotos: Daniel Dunca/shutterstock (1), Chanonry/shutterstock (1), Ballistol (1)
INHALT WILD| IMPRESSUM & ÖKOLOGIE 77 Jagdhunde: Tiroler Jagdhundewesen 34 Murmeljagd: Handwerk und ein kulinarischer Höhepunkt 44 Jagderlaubnis: Jagd & Jagderlaubnis IMPRESSUM Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177 63 Aus den Bezirken Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at 70 Vereine Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) 71 Jagdkultur Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 71 Jägerinnen Hersteller und Anzeigenverwaltung: 72 Veranstaltungen Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6, 73 TJV-Shop 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111, 74 Autotest: ISUZU D-Max Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Juli/August 2018 • Jahrgang 70 www.tjv.at Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com 76 Kulinarium: Filetpfännchen vom Reh Redaktion: mit Pfifferlingen und Cognac TJV (Martin Schwärzler, Martina Just, Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger), Bezirksblätter Tirol ■ JAGDHUNDE Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder 77 Tiroler Jagdhundewesen „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- 78 Vereine bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut- barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- ■ HUMORVOLLES sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist 80 Klavinius der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich Das Titelbild dieser Ausgabe stammt oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe- 81 JAGDMARKT-ANZEIGEN von Manfred Hörl. dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Fotos: Kirchmair (1), Rudigier (1), Paumgarten (1) JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 5
Balancekünstler Das Steinwild ist eine sehr sozial lebende Tier- art. Junge Böcke erlernen spielerisch die Ges- tik und Mimik für ihren weiteren Lebensweg. Die dabei zufällig entstehenden Balanceakte sind für sie vom Kitzalter an eine Kleinigkeit. Das Foto des Monats wurde von Eick Rösch aus Kassel aufgenommen. 6 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018
JULI/AUGUST 2018 FOTO WILDDES & ÖKOLOGIE MONATS Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „JAGD IN TIROL“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden. Die Aufnahme sollte ein inte- ressantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revierbetreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wären wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffent- lichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JAGD IN TIROL, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein Victorinox HUNTER Taschenmesser mit TJV-Logo. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte un- eingeschränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbesondere bei der Dar- stellung von Personen versichern die Teil- nehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nutzen und zu ver- öffentlichen. JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 7
FORSCHUNG & PRAXIS AKTUELLES Neues Zuhause für Bartgeier Caeli und Kasimir im Nationalpark Hohe Tauern S eit 32 Jahren wird der Bartgeier wieder in den Alpen angesiedelt – Caeli und Kasi- mir bekamen im Mallnitzer Seebachtal mit 8. Juni ein neues Zuhause. Dies war inzwi- schen die sechste Freilassung im Kärntner Teil des Nationalparks. Bevor die beiden als Nestlinge in ihren Horst kamen, wurden Flü- gel- und Schwanzfedern gebleicht, um sie bis zur ersten Vollmauser nach drei Jahren leicht von der Ferne aus erkennen zu können. Zusätzlich wurden die Geier beringt und mit GPS-Sendern bestückt. Einer der bei- den Junggeier stammt aus Haringsee/NÖ, der zweite aus Andalusien. In ihrem Horst kann das Heranwachsen der beiden Jungvö- gel, von den ersten Flugversuchen bis zum Bevor die Geier in die Freiheit entlassen werden konnten, wurden sie mit GPS-Sendern ausgestattet und posierten endgültigen Verlassen des Horstes, ab sofort mit Peter Rupitsch, Günther Novak, Sara Schaar, Michael Knollseisen, Hans Frey, Alfred Tiefnig und Hermann Stotter. täglich beobachtet und miterlebt werden. Am Fuße des Freilassungsplatzes wurde ein gen, Bauern und Touristen können Bartgeier ausgewilderten Junggeier können unter betreuter Beobachtungsstand eingerichtet. so weiter kontrolliert werden. Bartgeiermel- https://hohetauern.at/de/online-service/ Dank der Mitarbeit der lokalen Bevölkerung, dungen bitte an: beobachtung@gmx.net. bartgeier-online.html mitverfolgt werden.❙ Nationalpark-Mitarbeiter, Jäger, Ornitholo- Die aktuellen Flugbewegungen der bisher Nationalpark Hohe Tauern Rehkitzrettung mit der Drohne J ährlich fallen in Österreich laut Schät- zungen 25.000 Rehkitze den Mäh- werken zum Opfer. Seit einigen Jahren Flächen in der Leutasch getestet. Um die Rehkitze in den Feldern zu finden, wer- den diese in den frühen Morgenstunden, Auf Grund des Temperaturunterschiedes können Objekte, die wärmer sind als die umgebende Vegetation, deutlich erkannt werden immer häufiger mit Wärmebild- nach einer zuvor festgelegten und gespei- werden. Wird ein wärmeres Objekt ent- kameras ausgestattete Drohnen zur Reh- cherten Route oder manuell gesteuert, mit deckt, wird die Drohne angehalten und kitzrettung eingesetzt. Auf Initiative von einer Drohne überflogen. Die Aufnahmen gegebenenfalls die Flughöhe reduziert, Manfred Neuner hat der Tiroler Jägerver- der Wärme- und Luftbildkamera wer- um genauer untersuchen zu können, ob es band diese Methode im Juni auf mehreren den in Echtzeit auf Monitore übertragen. sich tatsächlich um ein Kitz handelt. An den identifizierten Stellen wird schließlich nach dem Kitz gesucht und dieses aus der Fläche geholt und in Sicherheit gebracht. Die Testflüge haben gezeigt, dass der Ein- satz einer Drohne mit Wärmebildkamera sehr effizient sein kann. Von der Morgen- dämmerung bis in den frühen Vormittag waren die Testflüge äußerst erfolgreich. Später wird der Boden und die umlie- gende Vegetation zu warm, um eine effizi- ente Suche mithilfe der Wärmebildkamera durchzuführen. Da die Testflüge erfolgreich waren und mehrere Kitze geortet werden konnten, soll diese Technik künftig in Tirol ver- mehrt zum Einsatz kommen und vom In bis zu 50 Metern Flughöhe verrichtet die Drohne ihre Arbeit und sendet Daten an die Bodenstation, wie TJV unterstützt werden. ❙ beispielsweise die Wärmebildaufnahme eines Kitzes (re.). TJV 8 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Fotos: Schober (1), TJV (2)
AKTUELLES | REVIERE FORSCHUNG & PRAXIS Metallionenfreisetzung aus Schrotmunition in Gewässern W egen der Vergiftungsgefahr für Vögel und Umwelt ist die Jagd mit Blei- schrot inzwischen in vielen Ländern stark die Metallionenabgabe in die Lösung sehr unterschiedlich ist: Während Schrote aus Wolfram, Wismut und ein beschichteter nach aktuellem Wissensstand unbedingt auch die Metalle Kupfer und Zink für die Schrotherstellung verboten werden, so das eingeschränkt oder ganz verboten. Doch Bleischrot fast keine Metallionen in die Fazit der Studie. Da in der Natur sehr ver- muss alternative Munition nicht unbe- Wasserlösung abgaben, wurden für Schrote schiedene Bedingungen der Wasserqualität denklich sein, belegt ein Team der Tech- aus Kupfer und Zink bedenklich hohe Kon- vorkommen, sind unbedingt weitere Stu- nischen Universität München (TUM) in zentrationen gemessen. Zum anderen stell- dien nötig, um Entscheidungen über Al- einer aktuellen Studie. ten die Forscherinnen und Forscher fest, ternativen zu Bleischrot auf eine gesicherte Aufgrund ihrer ballistischen Eigenschaf- dass nicht unbedingt die Hauptkomponen- Grundlage zu stellen. ❙ ten galten Bleischrote bislang als optimale te des Schrotmaterials die Ionenfreisetzung TU München Munition für die Jagd auf Wasservögel. In dominiert. Besonders auffällig war hier ein die Kritik geriet dieses Material, als Blei- Eisenschrot, der große Mengen an Zink vergiftungen bei Enten und Seeadlern freisetzte, welches offensichtlich aus einer beobachtet wurden, die die Schrotkugeln aufgenommen hatten. Inzwischen bieten Beschichtung stammte. In einem standardisierten Test mit dem Albino-Rehkitz in die Munitionshersteller eine Reihe alter- nativer Jagdschrote an, die Eisen, Kupfer, Großen Wasserfloh gilt die Mobilität der Tiere als Indikator für ihre Vitalität. Wie der Wildschönau Zink, Wolfram oder Wismut als deklarierte die Studie zeigte, führten schon geringe markiert Hauptbestandteile enthalten. Ein Team der Mengen von Kupfer und Zink zu einer sehr TU München um Prof. Dr. Axel Göttlein hohen bis totalen Immobilisierung der Was- und Prof. Dr. Jürgen Geist kommt jedoch serflöhe, während Schrote aus reinem Eisen, zum Ergebnis, dass einige der Alternativen Wismut und Wolfram die Mobilität der für Gewässerorganismen sogar toxischer Wasserflöhe nicht beeinflussten. Auch Blei- sind als die konventionelle Bleimunition. schrote führten zu keiner signifikanten Be- Im Rahmen der Studie wurden Schrotku- einträchtigung der Mobilität der Wasserflö- geln der verschiedenen Materialtypen unter he im Vergleich mit einer Kontrollgruppe. jeweils gleichen Bedingungen in Wasser Wenn aus Umweltschutzgründen ein Ver- getestet. Dabei zeigte sich zum einen, dass bot von Bleischrot gefordert wird, müssten Amraser Rehbock auf Besuch im Innsbrucker Stadtteil Reichenau D ie Berufsfeuerwehr wurde am 4. Juni, um 06.45 Uhr, zu A m 18. Juni 2018 wurde in der Ge- nossenschaftsjagd Wildschönau VI beim Ausmähen von Jungfichten die- einem nicht alltäglichen Einsatz ses Albino-Rehkitz gefunden. Bisher in die Klappholzstraße gerufen. konnte in diesem Revier kein anderes Dort befand sich ein 3-jähriger Albino-Reh beobachtet werden. Albi- Rehbock vom Paschberg aus der nismus beruht auf einer Stoffwechsel- Genossenschaftsjagd Amras-Pradl störung der Pigmentzellen, die für die bei bester Gesundheit in einer In- dunkle Färbung von Haut, Fell und nenhof-Grünanlage. Gemeinsam Augen zuständig sind. Auf Grund eines mit der Polizei, dem Wasenmeister Gendefekts produzieren die Pigment- und Jagdpächter Herbert Fürrutter zellen jedoch keinen Farbstoff. Der konnte der Rehbock von der Be- Jagdpächter Markus Riedmann hat das rufsfeuerwehr eingefangen, in sein Kitz, wie auch 10 weitere Kitze, für das angestammtes Revier am Paschberg Projekt „Rehkitzmarkierung Tirol“ mit transportiert und dort wieder in die der entsprechenden Ohrmarke mar- Natur freigelassen werden. ❙ kiert und gemeldet. ❙ Hans Zimmermann TJV Fotos: Riedmann (1), Zimmermann (1) JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 9
WILD & ÖKOLOGIE FEDERWILD Wo der Wald endet … ... finden sich für manche Vogelarten ideale Lebensräume. Sie alle haben Eigenschaften, die sie im Hochgebirge mit Temperaturextremen, kurzen Sommern – also wenig Zeit für die Fortpflanzung – und Wetter- stürzen mit Schnee- und Kälteeinbrüchen überleben lassen. Die bei jeder Art verzeichneten Höhenangaben sind nur ungefähre Richtwerte. Autorin: Mag. Kathrin Herzer, Schutzgebietsbetreuung Stubaier Alpen 10 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Foto: Kirchmair (1)
FEDERWILD WILD & ÖKOLOGIE
WILD & ÖKOLOGIE FEDERWILD STEINSCHMÄTZER – DER WEITFLIEGER (Oenanthe oenanthe) Höhenverbreitung im Hochgebirge: von 1.400 bis 2.600 Meter Der Steinschmätzer ist ein eher seltener Brutvogel. Im Flug ist er gut zu erken- nen: er hat einen auffallend weißen Bür- zel und weiße Schwanzseiten, die sich von einem umgekehrten schwarzen T von der Schwanzmitte zum Ende hin abheben. Ger- ne sitzt er auf Felsen und zuckt dabei mit Schwanz und Flügeln. Am Boden hüpft er in kleinen, schnellen Sprüngen und rennt auch über kürzere Distanzen. Dieser ex- Bergpieper (Anthus spinoletta) treme Langstreckenzieher verbringt den Mauerläufer (Tichodroma muraria) Winter südlich der Sahara. Zurück in den Alpen treffen in den Brutrevieren zuerst die menschlichen Aktivität im Hochgebirge Männchen ein, die Weibchen erscheinen ab. Extensive Nutzung, Düngung, wenn MAUERLÄUFER – erst Tage später. Oft finden sich bei den re- überhaupt im richtigen Maß, und nicht DER SIGNALSETZER viertreuen Vögeln auch immer wieder die- zu viele Weidetiere bereiten ihm den ge- (Tichodroma muraria) selben Partner wieder. Das Männchen sucht eigneten Lebensraum. Sein Bodennest geeignete Brutplätze, die es dem Weibchen platziert er ab der Waldgrenze bis in die Höhenverbreitung: in der Regel zeigt. Die endgültige Entscheidung trifft Subnivalstufe an Hängen oder kleinen zwischen 1.000 und 2.000 Metern, sie. Entweder wird das Nest auf dem Bo- Geländekanten. Der ideale Aufenthaltsort bis maximal 2.500 Meter den angelegt oder knapp darüber in kleinen für den Bergpieper stellt ein Mosaik aus Felshöhlen und Spalten. Der Bestand des früh ausapernden Bereichen, Vegetation Der Kleiberverwandte bewohnt die Regi- Vogels gilt in Österreich als gefährdet. und feuchten Stellen dar. Als Sitzwar- onen der Kletterer und Bergsteiger und ver- ten benötigt er erhabene Felsblöcke. Be- hält sich nicht gerade unauffällig. In steilen, sonders auffällig in den Brutgebieten ist senkrechten Felswänden klettert oder hüpft der Singflug vor allem der unverpaarten er von Vorsprung zu Vorsprung. Glatte Männchen, der einem ganz bestimmten Wandabschnitte überwindet er flatternd, Flugmuster folgt. Die steigenden Tempe- oft spiralig aufwärts fliegend. In diesen Re- raturen treiben den kleinen Vogel in letz- gionen sucht er nach Insekten, die er mit ter Zeit in größere Höhen beziehungswei- seinem langen, leicht gebogenen Schnabel se in Nordhänge. Außerhalb der Brutzeit aus tieferen Felsritzen holt. Oder er stellt ih- sucht er feuchte Wiesen und die Nähe von nen mit seinen kunstvollen Flugmanövern Gewässern auf. In dieser Zeit können sich nach. Hat er die Flügel angelegt, schimmern manchmal mehrere 100 Vögel zu Schlaf- die Seiten zwar leicht rötlich, spreizt er die gemeinschaften zusammenfinden. Schwingen aber ganz, dann kommen die leuchtend roten Federn mit den hellen wei- ßen Punkten zwischen schwarzem Gefieder zum Vorschein. Der territoriale Vogel be- Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) HAUSROTSCHWANZ – nützt die Signalwirkung dieser auffälligen DER UNEMPFINDLICHE Zeichnung und droht damit allzu kecken (Phoenicurus ochruros) Eindringlingen. Sein Brutgeschäft erledigt der Mauerläufer in vor Bruträubern ge- BERGPIEPER – Höhenverbreitung: schützten Felsregionen mit Gras- und DER KURZRASENFETISCHIST von 1.900 bis in etwa 3.200 Meter Pflanzenbändern. Ab etwa Mitte März kann (Anthus spinoletta) man Männchen beobachten, wie sie Weib- Wie der Name schon sagt, erwartet man chen durch auffällige Sturz- und Aufwärts- Höhenverbreitung: ihn eher in der Nähe von Häusern als im flüge auf potentielle Nistplätze aufmerksam zwischen 1.200 und 2.700 Metern rauen Hochgebirge. Tatsächlich war der machen. Zum Überwintern bleiben Mauer- Hausrotschwanz ursprünglich ein reiner läufer zum Teil in der Nähe der Brutregion, Der Bergpieper, ein häufiger Brutvo- Felsbewohner, der sich aber mit mensch- manchmal aber suchen sie auch Ruinen, gel in den Alpen, braucht zur Brut und lichen Siedlungen arrangieren konnte und Steinbrüche und sogar Gebäude in größe- Nahrungssuche kurzrasige Hochweiden. vor allem größere Stein- und Industrie- ren Städten auf. Damit hängt sein Vorkommen von der bauten mit vielen Nischen als Ersatz für 12 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Fotos: Erni/shutterstock (1), Craig Nash CC BY 2.0/shutterstock (1), taviphoto/shutterstock (1), Andrew M. Allport/shutterstock (1), Rudigier (1)
FEDERWILD WILD & ÖKOLOGIE auf Bodenerhöhungen. Neben Insekten tut Jausenresten ab. Weggeschleuderte Happen er sich auch an Beerenfrüchten, vor allem wie Apfelputzen erhaschen sie zielgenau vom Holunderstrauch, gütlich. im Flug. Sie sind zudem hervorragende Gleit- und Segelflieger. So können sie die Windströmungen zwischen Steilwänden und Hängen wie kaum ein anderer Vogel ALPENDOHLE – nutzen. Ihre geschickte Flugtechnik trägt DIE FLUGAKROBATIN sie mit dem Aufwind in große Höhen. Die (Pyrrhocorax graculus) Fluggeschwindigkeit liegt zwischen 70 und 80 Kilometer pro Stunde, im Sturzflug errei- Höhenverbreitung: chen sie über 200 Kilometer pro Stunde. In zwischen 1.400 und 3.000 Metern Sachen Brutplatz führen Alpendohlen ein sehr verstecktes Dasein. Sie errichten ihre Dort, wo es Alpendohlen gibt – und in den Nester in Spalten, Nischen und Höhlen un- Alpen sind sie häufig – ist man auch auf zugänglicher Felswände, die für eventuelle einsamen Bergpfaden und Gipfeln selten Nesträuber unerreichbar sind. Bezüglich Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) allein. Die Vögel scheuen den Menschen Kommunikation sind sie wiederum sehr of- kaum und suchen Rastplätze gerne nach fen. Denn Schwärme von Alpendohlen sind seine felsige Heimat wählte. In der Stadt ist Alpendohle (Pyrrhocorax graculus) er zudem noch sehr unempfindlich gegen- über Lärm, Gerüchen und Bewegung et- wa von Geräten oder Menschen. Dennoch brütet er immer noch in Regionen bis über 3.000 Metern Höhe in offenen, baumlosen Fels- und Geröllregionen. Die Männchen des Hausrotschwanzes lassen sich mitun- ter mit zwei Weibchen ein, was zur Folge hat, dass sie dann oft an beide Nester Futter abliefern müssen. Bei der Paarbildung und der Reviermarkierung nimmt der Gesang eine wichtige Rolle ein. Man kann ihn meist schon lange vor Sonnenaufgang und selbst in mondhellen Nächten hören. Neben sei- nem auffallend rotbraunen Schwanz zeigt der Vogel ein charakteristisches Knicksen und Schwanzzittern. Oft hüpft oder sitzt er
WILD & ÖKOLOGIE FEDERWILD Vergleich: Alpendohle (li.) – Alpenkrähe (re.) das ganze Jahr über keine Seltenheit. Und Der Lebensraum dieses sperlingsgroßen ter Höhe. Damit ist er der extremste unter wer gesellig ist, ist meistens auch geschwät- Vogels ist mitunter auch im Sommer von unseren Singvögeln. Selbst im Winter und zig. Mit ihrem beachtlichen Repertoire an Kälte, Stürmen und Schneefällen geprägt. bei rauen Bedingungen verlässt er seinen Warn- und Kontaktrufen können sie sich Und die Vögel verharren meist auch im hochgelegenen Lebensraum kaum. Dabei sehr gut untereinander verständigen. Winter dort. Ihre Nahrung finden sie dann kommen ihm Bergrestaurants sehr entge- Um Verwechslungsmöglichkeiten zu auf schneefreien Felsbändern und windex- gen, da er sich nicht scheut, hier nach Futter nennen: die bis zu 40 Zentimeter große, ponierten Hängen. Vor allem die Männ- Ausschau zu halten. Abgesehen von solchen schwarze Alpendohle hat einen kurzen, chen bleiben im Brutgebiet und verteidigen Zufalls-Leckerbissen ernährt er sich von In- gelben Schnabel und orangene bis hellrote schon im Winter die besten Reviere. Gebrü- sekten oder Pflanzensamen. Er hält sich vor Füße. Damit unterscheidet sie sich unver- tet wird in geneigtem bis steilem, felsigem allem an felsigen Hängen und Schluchten kennbar von der wesentlich selteneren Al- Gelände, in dem alpine Polster mit kurzra- auf. Nach der Schneeschmelze legt er sein penkrähe, die einen deutlich gebogenen, siger Vegetation abwechseln. Ihr Fortpflan- Nest meist in einer Nisthöhle, die sich tief rötlichen Schnabel hat. zungssystem ist erstaunlich vielfältig. Es in einer Felswand befindet, an. Durch einen reicht von der Einehe für eine Saison über langen, engen Gang erreicht er sein Gele- Männchen, die sich mit mehreren Weib- ge, das in der Regel aus vier bis fünf Eiern chen und Weibchen, die sich mit mehreren besteht. Auch für die Jungvögel sind die ALPENBRAUNELLE – Männchen paaren. Oft werden die Brut- Bedingungen gleich von Anfang an hart. DIE WIDERSTANDSFÄHIGE paare noch von mitfütternden Helfern un- (Prunella collaris) terstützt. Dadurch ist die Arterhaltung in Schneesperling (Montifringilla nivalis) hohem Maße gesichert. Wenn es die Bedin- Höhenverbreitung: gungen zulassen, werden bis zu zwei Bruten von etwa 1.500 bis 3.200 Meter pro Saison bewerkstelligt. SCHNEESPERLING – DER EXTREME (Montifringilla nivalis) Höhenverbreitung: ab etwa 1.900 bis an die 3.500 Meter Schneefink wird er auch genannt. Er ist je- doch mit dem Haussperling verwandt, so ist der Name Schneesperling der korrekte. Der einstige Einwanderer aus der Arktis nistet gemäß seiner Vorliebe für kalte Ver- Alpenbraunelle (Prunella collaris) hältnisse in den Alpen bis in fast 3.500 Me- 14 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Fotos: kook03/shutterstock (1), Erni/shutterstock (1), Martin Pelanek/shutterstock (1), Hain (1), Kirschner (1)
FEDERWILD WILD & ÖKOLOGIE Obwohl das Nest mit Gras, Moos, Federn zum letzten Augenblick in ihrem Versteck, und Haaren ausgepolstert wird, sind die erst dann setzen sie auf schnelle Flucht, Temperaturen nicht gerade gemütlich. Vor denn diesen Energieverlust können sie Vielfalt bewegt allem im Flug kann man ihn an den auffal- durch ihre kärgliche Kost kaum mehr wett- Der Österreichische Alpenverein betreibt lend weißen Flügelbinden erkennen. machen. Bei häufigen Störungen kann auch seit 2015 ein Biodiversitätsmonitoring der Fortpflanzungserfolg im kommenden über der Waldgrenze, „Vielfalt bewegt! Jahr leiden. Der Höhepunkt der Balz, die Alpenverein“, und freut sich über im März beginnt, vollzieht sich im Mai. Beobachtungen von Alpendohle, ALPENSCHNEEHUHN – Die Hennen ziehen durch die Territorien Alpenschneehuhn, Steinadler, Schneefink EIN SCHNEESCHUHWANDERER der balzenden Männchen und treffen ihre und Tannenhäher. (Lagopus muta) Entscheidung. Im Sommer zieht die Henne fünf bis neun Küken auf. ❙ Die Beobachtungen können mittels App Höhenverbreitung: im Winter 1.500, (kostenlos verfügbar im Play- und im Sommer bis über 3.500 Meter Alpenschneehuhn (Lagopus muta) App-Store) oder über ein Webportal (https://vielfaltbewegt.alpenverein.at) Das Schneehuhn ist ein Tarnkünstler. Sei- eingegeben werden. ne Gefiederfärbung ist zu jeder Jahreszeit der jeweiligen Umgebung angepasst und Weitere Infos dazu unter: deshalb wechselt es bis zu viermal im Jahr www.alpenverein.viefaltbewegt.at das Federkleid. Nur im Winter ist es fast ganz weiß. Beim Männchen allerdings sind die roten Überaugenstreifen in der Balzzeit gut zu erkennen. Es zählt zu den Raufuß- hühnern, weil seine Beine, Füße und Zehen dicht befiedert sind. Dadurch sind sie einer- seits vor Kälte geschützt, andererseits haben sie dadurch eine Art „Schneeschuhe“. Selbst ihre Nasenlöcher sind mit Federn bewach- sen. Den Winter verbringen die Hühnervö- gel in Höhlen, etwa einen halben Meter tief unter dem Schnee. Bei strengem Frost ru- hen sie dort an die 20 Stunden pro Tag und verlegen sich aufs Energiesparen. Morgens und abends verlassen sie nur möglichst kurz ihr Versteck, um Pflanzennahrung zu sich zu nehmen. Flüge vermeiden sie weit- gehend. Wenn Gefahr droht, bleiben sie bis NEU *alle Varianten ab Lager erhältlich solange Vorrat reicht mit Zfr. Zeiss V4 mit Zfr. Zeiss Victory HT 3 –12 x 56, LA 3 –12 x 56, Abs. 60 oder Sattelmontage Ring 2,5 –10 x 50, Abs. 60 Blaser R8 Professional Success (montiert + eingeschossen) (montiert + eingeschossen) Repetierbüchse Standardkaliber A K T I O N S A N G E B O T * Büchsenmachermeisterwerkstatt mit hauseigenem 100 m-Schießstand JAKELE Jagd + Natur GmbH & Co. KG · Am Werkhaus 8 · D-87480 Weitnau-Hofen · www.jakele.de · Tel. +49 (0) 83 75 / 20 60 200
WILD & ÖKOLOGIE GAMSWILD Projekt Gamswilduntersuchung: Was macht unser Gamswild krank? Dass Wildtiere an Krankheiten verenden, gehört zum Lauf der Natur und ist fixer Bestandteil einer jeden Wildtierpopulation. Auch beim Gamswild werden immer wieder verschiedene Krankheiten festgestellt, welche durch infektiöse Erreger wie Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze ausgelöst werden oder in Form von nicht infektiösen Krankheiten, wie beispielsweise Tumoren oder Missbildungen, auftreten. Einige Krankheiten können wieder ausheilen, andere hingegen führen unweigerlich zum Tod des Einzeltieres oder gar zu größeren Verlusten innerhalb einer Population. Autoren: Martina Just, Dr. Walter Glawischnig, ROJ Robert Prem 16 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Foto: Zauser (1)
GAMSWILD WILD & ÖKOLOGIE Um mehr über die Krankheiten des Gamswildes in Tirol zu erfahren, wird die Jägerschaft aufgefordert, Fallwild und Hegeabschüsse bei der AGES Innsbruck U zur Untersuchung abzugeben. nter den in Tirol heimischen alpi- figer werden beziehungsweise auch bisher nen Wildtieren ist das Gamswild eher seltene Krankheitsbilder vermehrt (Rupicapra rupicapra) als gesellige auftreten, und dies trotz der Tatsache, dass Wildart für eine rasche Ausbreitung von die Bestände seit einigen Jahren rückläu- Tiroler Jägerschaft auf, Fallwild oder Hege- Infektionskrankheiten und Parasitosen fig sind. Inwieweit für diesen Rückgang abschüsse am besten unaufgebrochen oder innerhalb eines Rudels besonders anfäl- auch Krankheiten und Seuchenausbrüche gegebenenfalls auch nur die auffälligen lig. Krankheiten sind beim Gamswild re- verantwortlich sind, ist unklar, da bis dato oder veränderten Organe bei der AGES in lativ häufig und haben oft die Tendenz zu kein abgesichertes Datenmaterial über den Innsbruck abzugeben. Das Formular zur seuchenhaftem, endemischem Auftreten, Gesundheitsstatus des Tiroler Gamswilds Einsendung der Proben ist auf der Home- so beispielsweise Lungenentzündungen, vorliegt. Daraus haben sich von der Seite page des TJV unter Service/Downloads für Räude oder Gamsblindheit. Stressfaktoren der Veterinärmedizin, des Wildtierma- Jäger zu finden. wie erhöhte Nahrungskonkurrenz, falsche nagements und der Jägerschaft einige Fra- Die Probeeinsender werden mittels schrift- Alters- und Geschlechtsstrukturen, aber gen aufgetan: Wie oft tritt welche Krank- lichem Befund und gegebenenfalls telefo- auch der verstärkte Freizeittourismus sowie heit auf? Wo kommen diese vor? Welche nischem Beratungsgespräch über die Un- anthropogen bedingte Veränderungen des krankheitsbedingten Veränderungen wer- tersuchungsergebnisse informiert. Sämt- Lebensraums stellen beim Gamswild prä- den beim Gamswild in den Revieren fest- liche Kosten der Untersuchung der AGES disponierende Faktoren für Krankheiten gestellt? Fragen wie diese sollen nun im werden vom TJV getragen. und Seuchenausbrüche dar. Rahmen des hier vorgestellten Projekts, Der Versand des Fragebogens zur Erhe- welches in Zusammenarbeit mit dem In- bung der revierbezogenen Daten erfolgt zu stitut für veterinärmedizinische Untersu- einem späteren Zeitpunkt. ❙ Werden Krankheiten häufiger? chungen der AGES Innsbruck durchge- Es macht zudem den Anschein, dass beim führt wird, erörtert werden. Gamswild einige Krankheiten immer häu- Proben einsenden und mithelfen! Im Rahmen des Projekts soll durch die ver- stärkte Untersuchung von erkrankten und verdächtigen Stücken sowie durch eine Fra- gebogenerhebung unter der Tiroler Jäger- AGES – Institut für schaft statistisch gut gesichertes Datenma- veterinärmedizinische terial über den aktuellen Gesundheitsstatus Untersuchungen Innsbruck der Tiroler Gamswildpopulation gesam- melt und eine fundierte wissenschaftliche Technikerstraße 70, 6020 Innsbruck Erhebung der wichtigsten Krankheits- und Tel.: +43 (0) 50 555 71111 Todesursachen durchgeführt werden. Öffnungszeiten für Probeanlieferung Um dies zu erreichen, sollen während den Montag bis Freitag: 8.00 bis 16.00 Uhr Die abgegebenen Stücke werden bei der AGES Jagdjahren 2018 bis 2021 rund 300 Stück In dringenden Fällen (Seuchenverdacht) pathoanatomisch, mikrobiologisch, parasitologisch Gamswild beider Geschlechter und sämt- auch außerhalb der Öffnungszeiten nach und gegebenenfalls auch histologisch und mole- licher Altersklassen aus ganz Tirol unter- telefonischer Absprache unter 0664 kularbiologisch auf verschiedene Krankheitserreger sucht werden. Zu diesem Zweck rufen der 8398043 rund um die Uhr. untersucht. Tiroler Jägerverband und die AGES die Fotos: Prem (2), TJV (1) JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 17
WILD & ÖKOLOGIE WILDTIERKRANKHEITEN Serie Wildtierkrankheiten: Tuberkulose (TBC) Die Tuberkulose ist eine der ältesten Krankheiten der Menschheitsgeschichte. Bereits vor unserer Zeitrechnung wurden Krankheitsbilder beschrieben, die mit Tuberkulose in Einklang zu bringen sind. Über viele Jahrhunderte waren Mensch und Tier ihr gleichermaßen hilflos ausgeliefert. Autor: Mag. Christian Messner, Sprengeltierarzt Schwaz 18 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Foto: Messner (1)
WILDTIERKRANKHEITEN WILD & ÖKOLOGIE M it der Entdeckung des „Tuberkel- bazillus“ im Jahre 1882 durch Ro- bert Koch und den Versuchen, die er damit anstellte, wurden die Ursache und der infektiöse Charakter dieser Krankheit bewiesen. Während der Kriegszeiten des 1. und 2. Weltkrieges erlebte die Tuberku- lose einen neuerlichen Aufschwung, ehe sie durch Röntgenreihenuntersuchungen und die Errichtung von Lungenheilanstalten sowie die Entwicklung von Kombinati- onstherapien mit potenten Medikamenten in Mitteleuropa stark eingedämmt wurde. Weltweit spielt sie aber nach wie vor eine bedeutende Rolle. Laut Schätzungen der WHO sind ca. ein Drittel aller Menschen auf der Erde latent mit Tuberkulosebakte- rien infiziert. Weil die TBC-Erreger bei Rindern und Wildtieren regional ident sind, ist die Möglichkeit der gegenseitigen Übertragung sehr wahrscheinlich. TBC bei Nutz- und Wildtieren Seit 1952 werden bei den Rinder- und Zie- immer wieder beobachtet, ohne aber mit genbeständen in Österreich Tuberkulo- Tuberkulose in Verbindung gebracht zu sebekämpfungsprogramme durchgeführt. werden. 1999 gelangten zeitgleich Organe gionen vereinzelt TBC festgestellt werden Mithilfe der Tuberkulinisierung konnten von Rotwild aus dem Außerfern und dem kann. Aber auch in anderen Ländern wie Reagenten ermittelt und ausgemerzt wer- bayrischen Karwendel an die AGES Inns- Belgien, Großbritannien, Frankreich und den, sodass es nur mehr sehr selten zu spo- bruck, bei denen Tuberkulose festgestellt Spanien sind Rot- und Schwarzwildbestän- radischen Ausbrüchen dieser Erkrankung wurde. Somit erhielt diese Erkrankung, die de, in Afrika die riesigen Wildtierherden so- kam. 1998 wurde die gesamte EU für tuber- eigentlich als ausgestorben gegolten hatte, wie in Neuseeland ein großer Teil der Gat- kulosefrei erklärt. erneut Aufmerksamkeit. terhirsche von dieser Erkrankung befallen. In den Wildtierbeständen dürfte sich die Krankheit jedoch vor allem bei Rot- und Schwarzwild über all die Jahrzehnte latent Zähe Mykobakterien gehalten haben. Sogenannte „Kugelhirsche“ Die Erreger der Tuberkulose sind Myko- wurden während der gesamten Zeitspanne bakterien. Dabei handelt es sich um säure- feste, gram-positive, abgerundete Stäbchen, welche mittels Ziehl-Neelsen-Färbung mi- Stark vergrößertes Kurzwildbret kroskopisch am besten darstellbar sind. Sie legt einen TBC-Verdacht nahe. sind wenig wirtsspezifisch, also leicht zwi- schen verschiedenen Arten übertragbar, und in der Außenwelt sehr widerstandsfä- hig. Intensive direkte Sonneneinstrahlung tötet die Bakterien zwar innerhalb weniger Stunden ab, doch bei kühlen Temperaturen können sie dank eines wachsartigen Über- zugs in eingetrocknetem Sputum oder Kot über einige Monate infektiös bleiben. Meh- rere Arten können unterschieden werden: Mycobacterium tuberculosis, Mycobacterium bovis, Mycobacterium avium u.v.m. Beim Rotwild ist Mycobacterium caprae der für Ti- rol relevante Erreger. Dabei können mittels genetischer Fingerprintings verschiedene Typen unterschieden werden (Typ Lechtal, Typ Karwendel, Typ Allgäu). Die Namens- gebung dieser Typen gibt bereits Auskunft über das derzeitig bekannte häufigere Auf- treten von Tuberkulose, man kann jedoch Hühnereigroßer, mit rahmigem Eiter gefüllter davon ausgehen, dass bei eingehenden Un- Lymphknoten im Rachenbereich. Hochgradig geschwollene, eitergefüllte Darmlymphknoten. tersuchungen des Rotwildes in vielen Re- Fotos: Messner (4) JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 19
WILD & ÖKOLOGIE WILDTIERKRANKHEITEN den Einstandsgebieten fördern die Akti- vierung einer latenten Tuberkulose sowie das Auswechseln in andere Gebiete und sind daher für die Bekämpfung der Tuber- kulose kontraproduktiv. Lunge als Hauptsitz Bei einem Ausbruch der Tuberkulose ent- stehen in den verschiedensten Organen eitrige Herde, die oftmals verkäst sind und in großer Anzahl auftreten können. Solan- ge diese Herde keine Verbindung mit der Außenwelt über das Bronchialsystem oder über das Darmlumen haben, spricht man von einer geschlossenen TBC. Sie ist in Tuberkulöse Herde im lympha- diesem Stadium nicht ansteckend. Besteht tischen Gewebe des Skrotums. jedoch ein Einbruch in die Bronchien oder in den Darm, dann handelt es sich um eine die Herde winzig sind und die Keime in offene TBC und die Erreger werden in gro- Anzeigepflicht bei TBC diesem Zustand keine Verbindung mit ßer Anzahl ausgeschieden. Da die Erregertypen regional beim Rot- der Außenwelt haben, ist dieses Stadium Der bevorzugte Sitz der Tuberkulose ist die wild und bei den Rindern ident sind, ist nicht ansteckend. Bei einer Veränderung Lunge mit den zugehörigen Lymphknoten. davon auszugehen, dass eine gegenseitige der Lebensumstände und damit auch der Am nächsthäufigsten ist der Dünndarm Ansteckung erfolgt. Der Eintrag in die Abwehrlage können diese jedoch jederzeit befallen, wobei sich die Gekröselymphkno- Haustierbestände erfolgt mit großer Wahr- wieder aufflammen und den Ausbruch der ten als mehrere Zentimeter große kugelige scheinlichkeit durch erregerausscheidendes Krankheit hervorrufen. Beim Menschen Gebilde darstellen, die mit rahmigem Eiter Rotwild. Durch die Stallhaltung kommt es kann dies durch Stresssituationen gesche- gefüllt sind und bis zur Kindskopfgröße sodann zu einer Übertragung innerhalb hen, in Kriegsgebieten oder durch Hun- anschwellen können. Daher kommt auch der Herde. Auch der Mensch kann sich so gersnöte sowie, im Falle des Auftretens der Name „Kugelhirsch“. Wenn die serösen mit TBC infizieren. Gegen Therapeutika von zusätzlichen Erkrankungen, die die Häute (Brust- und Bauchfell) tuberkulöse resistente Stämme können eine Behand- Immunabwehr schwächen, bei Kortison- Herde aufweisen, spricht man bei einem lung sehr erschweren. Tiere können nicht gaben oder bei der Immunsuppression im massiven Befall von Perlsucht. In der Le- therapiert werden und müssen ausgemerzt Gefolge von Organtransplantationen. ber und dem Leberlymphknoten, in der werden. Die Tuberkulose ist eine anzeige- Bei den Wildtieren kommt es ebenso Milz und nicht selten auch in den Nieren pflichtige Krankheit. stressbedingt infolge von hohem Jagd- und den dahinterliegenden Lymphknoten Die Ansteckung mit der Tuberkulose druck oder hungerbedingt zu einer Ak- an der Wirbelsäule lassen sich tuberkulöse beim Wild erfolgt in erster Linie durch tivierung von Primärherden, oder auch Veränderungen ausmachen. Ebenso kön- Tröpfcheninfektion über die Atemluft so- durch Verletzungen, Erschöpfungszustän- nen die lymphatischen Gebilde im Bereich wie durch alimentäre Aufnahme über die de sowie durch innerartlichen Druck. Das von Gesäuge und Hoden eitrige Einschmel- Nahrung. Gelingt es den Erregern, sich in Auflauern beim abendlichen Anwechseln zungen aufweisen. Bevorzugte Manifesta- der Schleimhaut festzusetzen, so reagie- zur Fütterung, der Abschuss an der Füt- ren alsbald die zugehörigen Lymphknoten terung selbst sowie der ständige Ansitz in und man spricht von einem vollständigen Der bevorzugte Sitz der Tuber- Primärkomplex. Bei für den Wirt ungüns- kulose ist die Lunge mit den zugehörigen Lymphknoten. Ver- tigen Bedingungen kann sich der Erreger käste TBC-Herde in der Lunge. über den Lymph- und Blutstrom und auch kanalikulär in benachbarte Bereiche im Organismus ausbreiten und so zu einem schnellen Verlauf der Krankheit mit töd- lichem Ausgang führen. Stress führt zum Ausbruch Sehr viel häufiger jedoch werden bei einer guten Abwehrlage des Wirtes die TBC- Erreger abgekapselt und jahrelang oder auch über Jahrzehnte von der Körperab- wehr in Schach gehalten. Man spricht hierbei von einer latenten Infektion. Da 20 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Fotos: Messner (2)
WILDTIERKRANKHEITEN WILD & ÖKOLOGIE tionsorte sind auch die Lymphknoten im weil die Hinterextremitäten nicht rich- größert und nach der Brunft zeigen viele oberen Halsbereich. So kann es vorkom- tig abgebeugt werden. Bei männlichem abgebrunftete Hirsche einen klammen, men, dass beim Absetzen des Hauptes Rotwild sind deutliche Vergrößerungen steifen Gang, weil die überstrapazierten rahmartiger Eiter austritt, wenn ein derar- der Hoden verbunden mit einem Durch- Gelenke schmerzen. Für die Bekämpfung tiger Lymphknoten angeschnitten wird. hängen des Hodensackes ein dringlicher der Tuberkulose ist aber neben einem an- Hinweis für das Vorliegen von TBC, gemessenen Wildstand und Hygiene bei insbesondere dann, wenn diese Symp- der Fütterung die frühzeitige Entnahme Symptome liefern tomatik in den Wintermonaten bestehen potentieller Ausscheider von besonderer sichtbare Hinweise bleibt. Geschwollene Milchdrüsen bei Bedeutung. Deshalb muss man im Falle Solange keine größeren Herde in den nichtführenden Tieren und eitrige Entlee- des Auftretens von Tuberkulose im Revier Organen vorhanden sind, verläuft die rungen von aufgebrochenen Euterlymph- vorrangig auf das Vorhandensein solcher Tuberkulose vollkommen symptomlos. knoten zwischen den Schenkeln sollten Anzeichen achten und verdächtige Tiere Im Falle des Fortschreitens der Erkran- beim weiblichen Rotwild den Verdacht möglichst schonend entfernen, noch bevor kung stellt sich zunehmende Abmage- auf das Vorliegen von TBC aufkommen sie bei der Winterfütterung die Krankheit rung ein (Schwindsucht), das Haarkleid lassen. Bei einem Hirsch konnte man übertragen können. ❙ wird struppig und die Tiere wirken träge beim Strecken des Hauptes bei der Nah- Die Tuberkulose ist und teilnahmslos. Deshalb werden sie rungsaufnahme deutliche knappende Ge- in Zeiten sehr hoher nicht selten von Artgenossen attackiert räusche ähnlich dem Koppton bei Pferden und weisen Forkelverletzungen auf. Bei vernehmen. Sie entstanden durch das An- Wilddichten vor einem stärkeren Befall der Lunge husten schlagen am Kehlkopf der am Unterkiefer 30 bis 40 Jahren nicht die Tiere häufig. Bei jeder Anstrengung ansetzenden Halsmuskeln, nachdem sie aufgeflammt, aber und vor allem beim Flüchten leiden sie über die geschwollenen Halslymphknoten auch in Zeiten mit unter Atemnot. Kopf und Hals werden geglitten waren. vorgestreckt gehalten. Abszesse in der niedrigen Dichten nach Leber sind schmerzhaft, was sich in ei- dem 2.Weltkrieg nie ner zusammengezogenen Körperhaltung Tiere beobachten und potenti- erloschen. Aus diesem mit gekrümmtem Rücken äußert. Bei der elle Ausscheider entnehmen Grunde werden wir Darmtuberkulose und besonders, wenn Natürlich gibt es viele Erkrankungen, die trotz aller Bemühungen die retroperitonäalen Lymphknoten befal- sehr ähnliche Symptome aufweisen. Wenn len sind, werden die Haare im Bereich des ein Tier das Kalb verliert, schwillt anfäng- noch lange mit dieser Kreuzbeines und des Spiegels gesträubt. lich das Gesäuge stark an, bei einem Leis- Erkrankung umgehen Der Gang dieser Tiere erscheint klamm, tenbruch erscheint der Hodensack ver- müssen. JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 21
WILD & ÖKOLOGIE SCHNEEHASEN Fortpflanzungsstrategie weiblicher Alpenschneehasen: Anpassung an verschiedene Höhenstufen? Aufgrund ihrer Verbreitung auf dem gesamten Erdball sind Hasen perfekt als Modell geeignet, um den Einfluss der geographischen Breite, Höhe und klimatischen Bedingungen auf die Fruchtbarkeit zu untersuchen. Autoren: Dr. Stéphanie C. Schai-Braun1, Johanna Gander1, Hannes Jenny2 und Prof. Dr. Klaus Hackländer1 1 Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft, Universität für Bodenkultur Wien, Gregor-Mendel-Straße 33, A-1180 Wien, Österreich 2 Amt für Jagd und Fischerei Graubünden, Loëstrasse 14, 7001 Chur, Schweiz 22 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Foto: Chanonry/shutterstock (1)
XXX WILD & ÖKOLOGIE
WILD & ÖKOLOGIE SCHNEEHASEN Die Wurfgröße bei Hasen – erkennbare Muster Bei Hasen hängt die Länge der Fortpflanzungsperiode umgekehrt proportional mit der Wurfgröße zusammen. Dies führt bei fast allen Hasenarten zu einer gleichbleibenden jährlichen Produk- tion von ungefähr zehn Jungtieren pro Weibchen. Im äußersten Norden ist nur ein Wurf mit einer Wurfgröße von 6-7 Jungtieren pro Jahr möglich (z. B. beim Alaska-Hasen oder beim Polarha- sen). Eine Fortpflanzungsperiode von ungefähr einem halben Jahr mit 3-4 Würfen und einer durchschnittlichen Wurfgröße von 2-5 Jungtieren ist üblich in den mittleren Breiten (z. B. beim Feldha- sen und beim Schneeschuhhasen). Am Äquator findet die Fort- pflanzung während des ganzen Jahres statt und es werden acht Abb. 1: Gebärmutter mit Narben. Jede Narbe entspricht einem aus- Würfe mit 1-2 Jungtieren gesetzt (z. B. beim Kaphasen). getragenen Embryo aus der vorangehenden Fortpflanzungsperiode. Bei Schneeschuhhasenpopulationen in den zentralen Rocky Mountains ist in höheren Lagen die Fortpflanzungsperiode kürzer und die Wurfgröße umfangreicher als in niedrigeren Lagen. Dem- allen anderen Schneehasenpopulationen abgeschnitten sind, ent- zufolge scheint der Schneeschuhhase eine ähnliche Fortpflan- wickelten sie sich zu einer Unterart, den Alpenschneehasen. Der zungsstrategie in Gebieten hoher Lage wie hoher geographischer Alpenschneehase ist generell kleiner als seine Verwandten aus Breite anzuwenden. Innerhalb der Fortpflanzungsperiode steigt dem Norden. Es gibt nur wenige Untersuchungen zum Alpen- bei Hasen die Wurfgröße nach dem ersten Wurf an und sinkt zum schneehasen und diese beschränken sich hauptsächlich auf gene- letzten Wurf hin wieder ab. tische oder ökologische Aspekte. Untersuchungen zur Fortpflan- zung des Alpenschneehasen fanden bis dahin fast nur in Zoos an gefangenen Tieren statt. Alpenschneehasenweibchen setzten Wenige Studien existieren demnach zwischen Ende Februar und Anfang August 2-3 Würfe über den Alpenschneehasen mit je 2-3 Jungtieren. Schneehasen kommen einerseits im Norden Europas vor, von Schottland, Irland und Skandinavien bis nach Russland, und an- dererseits in den Alpen. Da die Schneehasen in den Alpen von Vorgehensweise In den Jahren 2003-2005 wurden während der Jagdsaison im Ok- tober und November die Gebärmütter und die Augenlinsen von 89 erlegten Alpenschneehäsinnen im Kanton Graubünden in der Die Fortpflanzungsperiode des Alpenschneehasen wird durch das raue Klima seines Lebensraumes beschränkt. Die Weibchen haben sich zur optimalen Jungenaufzucht mit ihrer Wurfanzahl an die in ihrem Lebensraum herr- schenden Klimabedingungen angepasst. 24 JAGD IN TIROL 07-08 | 2018 Fotos: Mark Medcalf/shutterstock (1), Schai-Braun (1); Grafik: Schai-Braun (1)
SCHNEEHASEN WILD & ÖKOLOGIE Schweiz gesammelt. Eine Untersuchung der Gebärmutter am En- de der Fortpflanzungsperiode gibt Aufschluss über die Anzahl Jungtiere, Menge an Würfen und Wurfgrößen, die eine Häsin während der vorhergehenden Fortpflanzungsperiode ausgetragen hat (Abb. 1). Dies ist nur möglich, da weibliche Hasen zwischen zwei Fortpflanzungsperioden, das heißt vom Spätherbst bis zum frühen Winter, die Gebärmutterwände vollständig regenerieren. Dabei verschwinden alle Narben der vorhergehenden Fortpflan- zungsperiode. Bei der Untersuchung wird die Gebärmutter angefärbt und die Anzahl der Narben unter dem Binokular gezählt. Deren Dicke beziehungsweise Färbung informiert über das Alter der Narben, das heißt, um den wievielten Wurf es sich handelt. Die Schweiz wird aufgrund der vorkommenden Flora und Fauna in sechs bi- ogeographische Regionen eingeteilt. Der Kanton Graubünden ist biogeographisch besonders reich, da er drei dieser Regionen umfasst. Jung- oder Adulttier? Um Junghasen von Adulthasen zu unterscheiden, wird von Jägern meist das Stroh’sche Zeichen verwendet. Bei Junghasen ist beim Betasten mit der Hand an der Elle gleich oberhalb des Handge- Abb. 2: Die Häufigkeitsverteilung des Augenlinsengewichts von 89 Alpenschnee- lenks ein kleines Knötchen – vergleichbar mit einer Kugelschrei- häsinnen weist zwei Gipfel auf. Die Unterteilung zwischen Jung- und Adulthasen berspitze – spürbar. Im Alter von 6 bis 8 Monaten verschwindet wurde am Ende des ersten Gipfels bei 210 mg vorgenommen. beim Prozess der Verknöcherung diese Verdickung und man spricht von Adulttieren. Da die Niederwildjagd im Herbst stattfindet, entsteht bei der Altersbestimmung eine Ungenauigkeit. In der Jagdstrecke befin- zwei Gipfel mit einer dazwischenliegenden Lücke erkennbar. den sich Junghasen mit und ohne Stroh’schem Zeichen, entspre- Der linke Gipfel umfasst alle Jungtiere aus demselben Jahr und chend ob sie jünger oder älter als 6 bis 8 Monate sind. Früh ge- der rechte Gipfel alle Adulttiere. Die Lücke dazwischen entsteht setzte Junghasen werden deshalb zu den Adulttieren gezählt und aus dem Grund, dass vom Spätherbst bis zum Frühwinter keine nicht als Junghasen aus demselben Jahr erkannt. Eine genauere, Junghasen gesetzt werden und deshalb keine Augenlinsen mit wenn auch aufwändigere Methode der Altersbestimmung erfolgt diesem Gewicht in der Population vorkommen. Entsprechend anhand des Augenlinsengewichts. Das Augenlinsengewicht von wurde in unserer Schneehasenuntersuchung die Unterscheidung jedem Hasen wird gewogen und eine Abbildung mit der Vertei- zwischen Junghasen und Adulthasen bei einem Augenlinsenge- lung der Augenlinsengewichte hergestellt (Abb. 2). Dabei sind wicht von 210 mg festgelegt. Wildfutter darauf legen wir Wert: 9 Kompetente Fachberatung durch unsere Fütterungsspezialisten 9 Umfangreiche Futterpalette 9 Herrlich schmackhaft 9 Gesundes Wild und kapitale Trophäen 9 Verlässliche und rasche Belieferung Neu Deine Ansprechpartner in Tirol W 76 Hegestolz Faser Georg GWIGGNER +43 (0) 664 / 847 05 09 Christoph SEIDLBÖCK, Sanatoriumstr. 42, 6511 Zams +43 (0) 664 /883 278 49 Aufbaufasermüsli mit Futtermittel SOMMEREGGER, Seebühel 6, 6233 Kramsach +43 (0) 5337 / 62478 optimaler Faserstruktur für vitales Wild Lager NAVIS, Oberweg 28, 6155 Navis +43 (0) 664/416 38 51 Entspricht dem Tiroler Jagdgesetz Lager PFUNDS, Dorf Nr. 474, 6542 Pfunds +43 (0) 688 810 86 24
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