Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - September 2016 Jahrgang 68 www.tjv.at
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Die klassische Alternative Abgabe von Waffen und Munition nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis. BRANDMARK © 2016 R8 Classic Sporter Liebhaber edler Schafthölzer und stilvollen Büchsendesigns müssen nicht auf moderne, hochpräzise Jagdwaffentechnik verzichten. Der R8 Classic Sporter mit einteiliger Holzschäftung besitzt alle genialen Eigenschaften des R8 Repetierers. Er ist damit eine klassische Alternative innerhalb der R8 Modellreihe. Import & Fachhandels-Auskunft: Idl GmbH | Südbahnstr. 1 | A-9900 Lienz | office@waffen-idl.com
Zum Geleit Neuaufstellung auf der Zielgeraden! G eschätzte Weidkameradinnen und Weidkameraden, werte Jägerschaft. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne… Dieser Spruch wurde in letzter Zeit immer wieder gehört und von politischen Strategen verwendet. Nun, wenn man die An- fangsphase unseres neuen Jagdgesetzes analysiert, dann hat man eher den Ein- druck, es war ein böser Zauber, der diesem Gesetz innegewohnt hat. Viel wurde gemutmaßt, noch mehr wurden Gerüchte gestreut und zuletzt sogar die Einheit der Tiroler Jägerschaft auf eine harte Probe gestellt. Aufgrund dieser hartnäckigen Querschüsse könnte man gar die Leistungen des Jägerverbandes übersehen, die er vollbrachte, wenn es um das „Ziehen der Giftzähne“ des neuen Gesetzes ging. Es waren die Bezirksjägermeister, die Vorstandsmitglieder und die Mitarbeiter des Jägerverbandes, die viele Stunden damit verbrachten, korrigierend einzugreifen. Das funktioniert aber nur, wenn man die Ruhe bewahrt und aus dem Verhand- lungstisch keinen Stammtisch macht. Dasselbe gilt, wenn es um die Anpassung der Jagdkarten-Gebühren geht und ins- gesamt um die Neuaufstellung unseres Verbandes. Wir mussten uns nicht neu erfinden, wir mussten nur in kurzer Zeit aufholen, was über Jahre nicht als vor- dringlichste Aufgabe definiert wurde. Wir hatten mit gehörigem internen Gegenwind zu arbeiten, aber auch hier gilt: Was dich nicht umbringt, macht dich stärker! Auch die wachsende kritische Öf- fentlichkeit und die wenigen, aber umso lauteren militanten Jagdgegner werden uns nicht umbringen, sondern stärker machen! Ich erlaube mir diese Prognose in aller Bescheidenheit, weil ich in den letzten Jahren neben den vielen Prügeln, die bisweilen von der Seite angeflogen kamen, die starke Seite der Tiroler Jäger- schaft kennenlernen durfte. Die Seite der vielen ehrenamtlichen Funktionäre, der Berufsjäger und Jagdaufseher und nicht zuletzt die der Jagdpächter, die diesem unserem Heimatland nicht nur die Treue halten, sondern dazu beitragen, dass wir alle die Fahne der alpenländischen Jagdkultur noch viele Jahre hochhalten können. Ich wünsche Ihnen allen eine erfolgreiche und spannende Hirschbrunft und ein kräftiges Weidmannsheil! ❙ Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Rudigier (1) Jagd in Tirol 09 06 | 2016 2015 3
Rotwild: Von Hormonen, Angebern und den Auserwählten 10 20 Haselwild: Versteckte Waldgeister 28 Steinwild: Ein Horn sagt mehr als tausend Worte! 3 zum geleit 20 Haselwild: Versteckte Waldgeister 46 Fuchsbandwurm: Erreger der 26 Fuchsprojekt Tirol - Teil 1: Vorkommen gefährlichsten Parasitose in Mitteleuropa 6 Foto des Monats von Salmonellen bei Füchsen in Tirol 48 Portrait: Herbert Rupprechter – Wildmeister, 28 Steinwild: Ein Horn sagt mehr als Revier Brandenberg/Kaiserhaus/Rumpf ■ Forschung & Praxis tausend Worte! 50 Jägerwissen auf dem Prüfstand: Testen Sie Ihr Wissen 08 Aktuelles: Das Wandern ist des Hirsches Lust… ■ Wald & Lebensraum 08 Aktuelles: Projekt „Roadkill“ – Erfassung ■ JAGD & GESCHICHTE von toten Tieren im Straßenverkehr 31 Pflanzenserie: Sommer-Linde 52 Kunst: Steinzeitliches Jagdpfeiferl 09 Aktuelles: Grünfinkbestand durch (Tilia platyphyllos Scop.) Parasitenkrankheit halbiert 33 Lebensraum: Die Heide – 09 Aktuelles: EU warnt vor CWD Lebensraum mit Geschichte ■ Info & Service 09 Reviere: Ein seltener Anblick 54 Mitteilungen der Geschäftsstelle ■ Jäger & Revier 58 Jubilare im September 2016 ■ Wild & Ökologie 59 TJV-Akademie 36 Wildbret: Wildbrethygienische Risiken 62 Aus den Bezirken 10 Rotwild: Von Hormonen, Angebern bei der Jagd im Alpenraum 64 Veranstaltungen und den Auserwählten 40 Leseprobe: Das „Ansprechen“ 67 Vereine 4 Jagd in Tirol 09 | 2016 Fotos: Billiani (1), Kirchmair (1), Rudigier (1)
INHALT Wild| Impressum & Ökologie Lebensraum: Die Heide – Lebensraum mit Geschichte 33 40 Leseprobe: Das „Ansprechen“ Impressum Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177 Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at 68 Jäger in der Schule Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) 70 Bücherecke Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 72 Kulinarium: Rehgulasch aus dem Schlögel Hersteller und Anzeigenverwaltung: mit Pfifferlingrisotto Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes September 2016 • Jahrgang 68 www.tjv.at Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6, 74 Autotest: Range Rover Evoque 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111, Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com Redaktion: ■ JAgDHUNDE TJV (Martin Schwärzler, Martina Just, Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger), 76 Tiroler Jagdhundetag Bezirksblätter Tirol 77 Vereine Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder 79 Krankheiten: Erkrankungen der Zähne „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- und des Rachenraumes bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut- barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet ■ Humorvolles des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist 80 Klavinius der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich Das Titelbild dieser Ausgabe stammt oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe- 81 Jagdmarkt-Anzeigen von Jonas Niepmann. dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Fotos: Thorsten Schier/Shutterstock (1), Kirchmair (1) Jagd in Tirol 09 06 | 2016 2015 5
Hör mal, wer da hämmert Der Dreizehenspecht, oder auch „Bergspecht“ genannt, ist in unseren Nadelwäldern heimisch und ernährt sich vorzugsweise von Raupen und Würmern, die er unter der Baumrinde hervorpickt. Wie der Name schon erraten lässt, besitzt der Dreizehenspecht nur drei Fußzehen, durch die er in der Lage ist, rückwärts den Stamm hinauf- und hinunterzuklettern oder mit Leichtigkeit Drehbewegungen darauf auszuführen. Das Foto des Monats wurde von Dr. Hanspeter Neuner aus Jenbach aufgenommen. 6 Jagd in Tirol 09 | 2016
september 2016 FOTO DES MONATS Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „Jagd in Tirol“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden. Die Aufnahme sollte ein interessantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revierbetreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wäre wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffentlichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JiT, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein Gutschein im Wert von 50 Euro für den TJV-Shop. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte uneinge- schränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbesondere bei der Darstellung von Personen versi- chern die Teilnehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit ei- ner Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nutzen und zu veröffentlichen. Jagd in Tirol 09 | 2016 7
Forschung & Praxis Aktuelles Das Wandern ist des Hirsches Lust … A nfang Juli erreichte den TJV die Mel- dung einer Sichtung eines markierten Hirsches in Innervillgraten, Nähe Kalkstein. wildarten ist die Markierung ein äußerst hilfreiches Werkzeug, um Alter und Raum- verhalten nachzuverfolgen. Meldungen von wünscht (+43 (0)512 571093, info@tjv.at), wichtig dabei sind Farbe, Seite und wenn möglich die Kennziffer der Marke. ❙ Ein IIIer Hirsch mit einer weißen Ohrmar- markierten Tieren sind daher jederzeit er- Miriam Traube ke im rechten Lauscher konnte ganz in der Nähe der Stelle, wo sich damals das Wil- dererdrama abspielte, beobachtet werden. Mit Unterstützung des Nationalparks Hohe Tauern konnte der Markierungsort ermit- telt werden: Im strengen Winter 2013/14 wurde er als Kalb zusammen mit einem Hirsch und einem Tier in der Nähe von Un- tertilliach (Bereich Aue) markiert. Letztes Jahr wurde er in Südtirol im Gsieser Tal beobachtet. Die Luftlinie zwischen Markie- rungsort und diesjährigem Sichtungspunkt beträgt alleine 30 km, ins Gsieser Tal sogar noch mehr. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die gewanderte Strecke noch weiter ist. Vielen Dank auch hier nochmal dem Beob- achter für die Meldung der Sichtung. Ausgeprägte Wanderungen sind beim Rot- wild keine Seltenheit. Bei unseren Schalen- Projekt „Roadkill“ – Erfassung von toten Tieren im Straßenverkehr D ie Habitatfragmentierung, also die Zer- schneidung der Lebensräume durch Straßen und Bahnlinien, ist nichts Neues. Auch dass jähr- lich viele Tiere, nebst Schalen- und Raubwild vor allem auch Amphibien und Reptilien, dadurch zu Tode kommen, ist bekannt. Unfälle mit größeren Tieren sowie mit Sach- oder Personenschaden werden der Polizei gemeldet und dadurch erfasst. Android Aber Daten zu jenen Arten, deren Zusammen- stoß mit einem Fahrzeug keine Schäden verurs- acht oder die nicht zum jagdbaren Wild zählen, fehlen meist. Mit dem Projekt „Roadkill“ möch- ten Forscher der BOKU Wien einen Überblick über Anzahl, Umfang und Verbreitung der tie- rischen Verkehrsopfer bekommen, um dadurch mögliche „Hotspots“ zu entschärfen und die An- iPhone zahl zu Tode kommender Tiere im Straßenver- kehr zu reduzieren. Jeder kann an diesem Forschungsprojekt mitarbei- ten und auf Straßen zu Tode gekommene Tiere mit- tels einer App oder auch mit dem Online-Formular auf der Homepage www.roadkill.at erfassen. ❙ Martina Just 8 Jagd in Tirol 09 | 2016 Fotos: Greßmann, BOKU Wien
Aktuelles | Reviere Forschung & Praxis Ökologie Grünfinkbestand durch EU warnt vor CWD Parasitenkrankheit halbiert L ockstoffe werden oft auf Basis von Hirschu- rin hergestellt. Ist dieser aus Nordameri- ka importiert, ruft die EU zur Vorsicht auf, da W ährend der heißen Sommermonate tritt seit 2012 eine Vogelkrankheit bei Grünfinken auf, die sich hauptsächlich über Futterstellen und Vogelträn- ken verbreitet. Bis 2012 gehörte der Grünfink mit rund 235.000 Brutpaaren dort die neulich auch in Europa nachgewiesene Tierseuche CWD (Chronic Wasting Disease) bei Hirschen verbreitet ist. Wie bereits berich- in Österreich zu den Top 15 der heimischen Brutvögel. Seither haben sich die tet, diagnostizierte das Norwegische Veteri- Bestände des Finken halbiert. Die Vogelschutzorganisation BirdLife empfiehlt närinstitut bereits zwei Fälle der Chronic Was- daher, Futterstellen während des Sommers regelmäßig zu kontrollieren. Sollten ting Disease bei Elchen und einen bei Rentieren kranke oder gar tote Vögel beobachtet werden, muss die Fütterung sofort ein- in Norwegen. Dieses Jahr wurde diese Krankheit gestellt werden, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Ein Zusammenhang erstmals in Europa nachgewiesen. zwischen dem massiven Grünfinken-Rückgang und der Vogelkrankheit Tricho- Nun warnt die EU vor einer möglichen Ausbrei- moniasis gilt als wahrscheinlich. „Bei freilebenden Tieren kann man nicht aktiv tung der Tierseuche über den Import von Hir- gegen den Parasiten vorgehen. Die wichtigste Maßnahme ist, die Ansteckungs- schurin aus Nordamerika. Urin von Weißwedel- kette bei den Vögeln zu unterbrechen und große Vogelansammlungen wie bei- hirschen, Maultierhirschen oder Wapitis kann spielsweise an Futterplätzen zu verhindern. Auch Vogeltränken sind bevorzugte nämlich in Lockstoffen, welche für den jagdlichen Übertragungsorte dieser Krankheit“, so Mag. Rene Brunthaler, Pathologe an der Gebrauch vertrieben werden, enthalten sein. Die Veterinärmedizinischen Universität Wien. nordamerikanischen Vertreter der Hirsche sind Ist ein Vogel erst einmal infiziert, ist das sein Todesurteil. „Die Parasiten befallen schon seit Jahren von CWD betroffen. Da die Er- den vorderen Verdauungstrakt und rufen schwerwiegende Entzündungen her- krankung vermutlich über die Ausscheidungen vor. Sie können kein Futter mehr zu sich nehmen und sterben“, so Brunthaler. übertragen werden kann, gilt auch der Urin er- Ein Einstellen der Fütterung führt zu keinem erheblichen Schaden, da die Vö- krankter Tiere als ansteckend. Die EU fordert da- gel im Sommer selbstständig ausreichend Nahrung finden. Mit dem Beginn her eine deutliche Kennzeichnung der Herkunft der kalten Jahreszeit, bei Frost und Schnee, kann mit der Fütterung wieder be- von Hirschurin und ruft zur Vorsicht bei der Ver- gonnen werden, da ein Auftreten der Krankheit bei niedrigen Temperaturen wendung von Lockstoffen auf. Die Krankheit äh- unwahrscheinlich ist. BirdLife nelt BSE bei Rindern und endet für das erkrankte bittet alle Trichomoniasis- Tier tödlich. Bislang ist jedoch keine Übertragung Verdachtsfälle zu melden, auf Menschen nachgewiesen. ❙ denn je mehr Informationen Christine Lettl zum Grünfinkensterben vorlie- gen, umso mehr kann die Orga- nisation dem besorgniserregenden Rückgang auf den Grund gehen. ❙ Ein seltener Anblick BirdLife Österreich Kontakt: E-Mail: office@birdlife.at Tel.: 01/5234651 Bei einem morgendlichen Reviergang hatte ich den sel- tenen Anblick, dass ein Hase ohne Gefährdung, freiwillig schwimmend einen Gebirgsbach überquerte. Manchmal sind die kleinen Anblicke die schönsten! Christine Kahlhofer (Kahlhofer Jagd Telfs) Seit 2012 wird ein starker Rückgang des Grünfinkbestandes verzeichnet. Fotos: Samwald (1), BirdLife (1), Kahlhofer (2) Jagd in Tirol 09 | 2016 9
Rotwild Wild & Ökologie Von Hormonen, Angebern und den Auserwählten Wir haben nun Anfang September, die Abende werden wieder kühler und wenn man genau in die Baumkronen schaut, erkennt man, dass der Herbst nun langsam Einzug hält. Das satte Grün der Laubbäume beginnt sich zu wandeln, der Wald wird bunt und lebendig. Der Herbstbeginn ist für viele Jäger ein Synonym für die atemberaubendste Zeit im Rotwildrevier, die Rothirschbrunft. Meist werden mit diesem Spektakel nur das Röhren der Hirsche und die faszinierenden Brunftkämpfe verbunden. In Wirklichkeit steckt aber viel mehr dahinter als nur ein paar Tage Akustik und enorme Prachtkörper. Autoren: Miriam Traube und Martina Just Foto: Hain (1) Jagd in Tirol 09 | 2016 11
Wild & Ökologie rotwild D er Gipfel des Brunftgeschehens wird hier herrscht Damenwahl. Klar ist, dass für schaft der Hirsche ist jedoch stark indi- je nach Höhenlage und Witterung in eine optimal ablaufende Brunft beide Ge- viduenabhängig und so gibt es auch hier den meisten Bergregionen zwischen schlechter synchron zur Fortpflanzung be- die Angeber, welche sich in Szene setzen Ende September und Anfang Oktober er- reit sein müssen, was wiederum durch eine müssen und sich selbst bei vorhandenem reicht, jedoch bringen die Hormone bereits Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden Harem immer wieder mit den benachbar- jetzt Bewegung in die Sache. Es kommt kann. Es bleibt jedoch unumstritten, dass ten Platzhirschen anlegen. Leben in die Feisthirschrudel. Die traute der Hirsch das ganze Jahr über in der Lage Geselligkeit zwischen den Hirschen weicht ist, Nachkommen zu zeugen, das Alttier einer gewissen Konfrontationsbereitschaft jedoch dem durch Hormone gesteuerten Imponieren, was das Zeug hält bzw. Aggressivität, ausgelöst durch den weiblichen Zyklus folgt. Auch wenn die Bevor es nun allerdings zum tatsächlichen Anstieg des Testosteronspiegels. Der nette alten Herren die Ersten sind, die die Ge- Beschlag der Tiere kommt, umfasst die Nachbar von nebenan wird zum Erzriva- meinschaft der Feisthirschrudel verlassen, Brunft eine Vielzahl von Verhaltensweisen, len und die Feisthirschrudel beginnen sich sind sie dennoch in der Regel nicht von welche feste Bestandteile einer erfolgreichen langsam, aber sicher aufzulösen. Anfang an für den Beobachter an Brunft- Fortpflanzung einzelner Individuen darstel- plätzen sichtbar. Wie durch eine innere len. Alles beginnt schon mit der Feistzeit Uhr gesteuert tauchen sie meist erst dann der Hirsche, es gilt Reserven aufzubauen, „Die Letzten werden am Ort des Geschehens auf, wenn es zur um die energieaufwendige Brunftzeit über- die Ersten sein“ Sache geht und es sich sozusagen lohnt, stehen zu können. Die Körpermaße der Waren die jungen Hirsche bis dato im- Einsatz zu zeigen, zuvor halten sie sich im Hirsche verändern sich, ihr Erscheinungs- mer eine Nasenlänge voraus und zogen Hintergrund. Ganz anders verhalten sich bild wird imposanter. Dies stellt einen ganz meist lebhaft zwischen den Einständen da die mittelalten Hirsche, sie sind gleich entscheidenden Faktor in Bezug auf das und Äsungsflächen an vorderster Front zu Beginn mit von der Partie und versu- Imponierverhalten bei den Brunftkämpfen hin und her, wohingegen die Alten eher chen, sich ihren Harem zusammenzuhal- dar. In vielen Fällen wird alleine durch das träge wirkend hinter den Junghirschen ten. Mit vollem Körpereinsatz treten sie Erscheinungsbild und die Körpersprache herzogen, so gilt nun das Sprichwort „Die jedem auftauchenden Kontrahenten ent- der Hirsche die Lage zwischen zwei oder Letzten werden die Ersten sein“. Die ältes- gegen, was auch ein Grund dafür sein mag, auch mehreren Rivalen geklärt. Erst wenn ten Hirsche verlassen als erste die Feist- dass sie beim Erscheinen der alten weißen sich zwei annähernd gleich starke Hirsche einstände und machen sich auf den zum Herrschaften, welche sich ihre Kraftreser- auf dem Brunftplatz gegenüberstehen, kann Teil beachtlichen Weg zu den Damen ih- ven aufgespart haben, schon oft, bevor es rer Wahl. Ein Irrglaube, dem so manches zum eigentlichen Brunftkampf kommt, Mannsbild schon erlegen ist, denn auch den Kürzeren ziehen. Die Kampfbereit- Während der Feistzeit leben die Hirsche im Rudel gesellig und friedlich beisammen. Mit Beginn der Brunft steigt dann aber die Konfrontationsbereit- schaft und die Feisthirschrudel beginnen sich aufzulösen. 12 Jagd in Tirol 09 | 2016 Fotos: Mächler (1), Hain (1)
Rotwild Wild & Ökologie Die jungen Hirsche erlernen durch Nachahmung und Zuschauen das vollständige Verhaltensmuster und den korrekten Ablauf eines Brunftkampfes. es zu einem Kampf kommen. Dieser soge- Verhaltensmuster durchführen. Auch die- Noch werden sie von den Platzhirschen nannte Brunftkampf ist eingebettet in ein se Kenntnisse müssen durch Nachahmung nicht als ernsthafte Rivalen wahrge- nommen und als Beihirsche geduldet. Arsenal an Verhaltensweisen. Hier spielt und Zuschauen erlernt werden. Es ist da- auch das Alter der Herrschaften eine ent- her nicht verwunderlich, dass die jungen scheidende Rolle. Die jungen Wilden müs- Hirsche für gewöhnlich als Beihirsche vom sen erst noch lernen und sich ein Repertoire Platzhirsch geduldet werden, sobald sie haften Mitbewerbers vom Platz verwiesen an Imponier- und Drohgebärden aneignen, jedoch ein gewisses Alter erreicht haben, zu werden. In der Zeit, in der ihnen das wodurch auch zu erklären ist, warum sich werden sie als Rivalen eingestuft und beim Brunftgeschehen bereits anzusehen ist und die Hirsche erst ab einem bestimmten Al- Unterschreiten einer gewissen Distanz zum sich eine gewisse Mündigkeit bei den Platz- ter aktiv am Brunftgeschehen beteiligen Kahlwildrudel gnadenlos verjagt. Aber auch hirschen einstellt, kann der ein oder andere und in der Regel erst mit fünf, sechs Jahren für die Alten gibt es eine Zeit, in der sie Ge- kahlwildlose Hirsch als Sieger aus seinem die ersten Brunftkämpfe mit vollständigem fahr laufen, beim Auftauchen eines ernst- Eroberungskampf hervorgehen.
Wild & Ökologie ROTWILD Nach dem Brunftkampf wird der Unterlegene über eine kurze Strecke vom Gewinner verfolgt und mit dem Sprengruf vertrieben. Alles nur Show? niermarsch, wie er oft genannt wird, ist ein Beim Brunftkampf handelt es sich um eine wesentlicher Bestandteil dieser Kampfzere- ritualisierte Verhaltensweise des Rothir- monie. Fühlt sich hier keiner der Hirsche sches, welche nicht die Absicht verfolgt, unterlegen und gibt nach, kommt es zum über ein sehr sozial lebender Wiederkäuer. sein Gegenüber zu töten, sondern als Kom- Kampf, bis sich der Unterlegene zurück- In den Monaten September und Oktober mentkampf aufgebaut ist, in dem sich die zieht und nur eine kurze Strecke vom Ge- ändert sich dieses Verhalten allerdings bei Kontrahenten durch die ritualisierten Im- winner verfolgt und mittels Sprengruf ver- den Platzhirschen. Sie werden sehr platz- ponier- und Drohgebärden immer weiter trieben wird. einnehmend, man könnte sie beinahe als einander annähern und aufeinander ab- Aber nicht nur der Brunftkampf erfolgt territorial bezeichnen, denn sie weichen stimmen, wobei sie sich gleichzeitig ver- ritualisiert, auch das Verhalten des Platz- ihrem Harem nicht mehr von der Seite und suchen einzuschätzen. Der parallele Impo- hirsches, um seine Konkurrenten aus der verteidigen diesen gegen jeden fremden Ferne zu beeindrucken, folgt gewissen Ri- Eindringling. Der Unterschied zur Terri- tualen. Der Rothirsch ist das ganze Jahr torialität liegt jedoch darin, dass es beim Wenn zwei etwa gleich starke Hirsche aufeinander treffen, kommt es zum Kommentkampf, bei welchem sich die Kontrahenten nach einem ritualisierten Ablauf annähern und, falls sich keiner unterlegen fühlt, auch kämpfen. 14 Jagd in Tirol 09 | 2016 Fotos: Markus P. Stähli - wildphoto.ch (2), Billiani (1), Kirchmair (1)
ROTWILD Wild & Ökologie Mittels akustischer, olfaktorischer und optischer Markierungen versucht der Hirsch das Gebiet, in welchem sich das Kahlwild aufhält, gegenüber möglichen Konkurrenten abzugrenzen. Platzhirsch nur den Anschein macht, dass er ein bestimmtes Gebiet gegen das gleiche Geschlecht verteidigt. Dies liegt allerdings daran, dass sich Kahlwild zu dieser Zeit sehr punktuell an guten Äsungsplätzen aufhält. Zieht das Kahlwild aber aus ir- gendeinem Grund weiter, wird der Hirsch folgen, somit wird nicht der Ort des Ge- schehens, sondern die Ressource „Fort- pflanzung“ bzw. „Vererbung der eigenen Gene“ verteidigt. Der Duft der Tanzarena Daher sind die Brunftplätze meist mit einem guten Äsungsangebot ausgestattet, einigermaßen eben und gut überschaubar. Der Hirsch hat dadurch die Möglichkeit, sich optimal zu präsentieren, wenn nö- tig zu kämpfen, und vor allem erleichtert ihm eine offene Fläche den Überblick über das Kahlwild. Der Hirsch versucht das Ge- biet, in welchem sich das Kahlwild aufhält, mittels akustischer, olfaktorischer und op- tischer Markierungen abzugrenzen. Die akustische Abgrenzung ist für die mögliche Konkurrenz über weite Distanzen hörbar. Auch die olfaktorische Markierung, oder besser gesagt das Parfüm der Hirsche, ist DAS NEUE EL FINDEN SIE UNSERE PRODUKTE IM EXKLUSIVEN FACHHANDEL UND ONLINE AUF WWW.SWAROVSKIOPTIK.COM deutlich wahrnehmbar. Um das optimale Das Fachgeschäft mit Beratung, Service und Qualität DIE GRENZENLOSE PERFEKTION Sonderkonditionen auf alle SWAROVSKI Produkte bei Vorlage des Jagdausweises (gültig bis 31. 12. 2016) DAS NEUE EL DIE GRENZENLOSE PERFEKTION Das neue EL von SWAROVSKI OPTIK ist das beste EL aller Zeiten. Mit seinem FieldPro Paket hebt es Komfort und Funktionalität auf eine neue Stufe. Seine optische Perfektion und Präzision, die ausgezeichnete Ergonomie sowie das Das Fachgeschäft mit Beratung, Service und Qualität. aufgefrischte Design vollenden dieses fernoptische Meisterwerk. 6020 Innsbruck, Meraner Straße 3 • Tel. 0512/59438 Wenn Augenblicke entscheiden – SWAROVSKI OPTIK. SEE THE UNSEEN Sonderkonditionen auf alle SWAROVSKI Produkte bei Vorlage des Jagdausweises. WWW.SWAROVSKIOPTIK.COM
Wild & Ökologie Rotwild Brunft-Parfüm zu erhalten, werden flache, notwendigen Verhaltensweise kaum mehr gen. Die Anzahl gewonnener Kämpfe, das feuchte Stellen verwendet oder durch Beachtung geschenkt. Die Nahrungsauf- stundenlange Röhren bzw. das ganze Re- Plätzen neue Mulden geschaffen und die- nahme geht bei den Platzhirschen gegen pertoire an Verhaltensweisen während der se danach durch Nässen, das Verspritzen null, aber auch konkurrenzstarke kahl- Brunft haben einen nicht unwesentlichen von Samenflüssigkeit und Samen, parfü- wildlose Hirsche nehmen zur Hauptzeit Einfluss auf das Kahlwild in puncto Part- miert und anschließend als Suhle genutzt. des Brunftgeschehens kaum mehr Äsung nerwahl. Die Voraugendrüsen produzieren zudem auf. Das tägliche Zeitbudget für die Nah- Nun rückt auch das Geweih in den Mittel- ein Sekret, welches ebenfalls zur olfak- rungsaufnahme liegt bei nunmehr 0 bis punkt der Betrachterin, denn es liefert ein torischen Gebietsmarkierung eingesetzt 20 Prozent. Dafür wird nach der Brunft Indiz für die Fruchtbarkeit beziehungs- wird. Beim Setzen weiterer optischer Mar- dieser Verhaltensweise wieder mehr Auf- weise die Spermienmenge und -qualität kierungen wird das Sekret zusätzlich an- merksamkeit geschenkt und neben Ruhen des Hirsches. Das heißt, dass die Größe gebracht. Dabei schlagen die Hirsche mit und Wiederkauen findet eigentlich nichts und Vielseitigkeit des Geweihs den Damen ihrem Geweih Sträucher und Stämme bis anderes mehr statt, da die Fettreserven zeigt, bei welchem Herr die Wahrschein- zum Abbrechen der Zweige beziehungs- für den Winter aufgebaut werden müssen. lichkeit eines erfolgreichen Beschlags am weise bis zum Abreiben der Rinde, damit Die Brunftzeit ist somit auch eine physio- größten ist. Oder um es mit anderen Wor- der hell leuchtende Splint aus der Ferne logische Meisterleistung der Hirsche. Bei ten zu sagen: Hirsche, die attraktiver sind, gut sichtbar ist. fast keiner Energiezufuhr eine körperliche sollten demnach auch eine bessere Sper- Höchstleistung zu erbringen – der Mensch mienqualität liefern. Ein Punkt, der bei der wäre dazu nicht in der Lage. Fortpflanzung im ersten Moment nur im Kraft aus den Reserven schöpfen Hintergrund steht, jedoch bei genauerem Dieser Fortpflanzungswahn hat auch einen Hinschauen nicht unwesentlich ist, denn enormen Einfluss auf das Aktivitätsver- Das Geweih – das Austragen und Aufziehen eines Kalbes halten der Hirsche. Während die Alttiere ein optisches Signal? bedeutet für die Mutter einen erhöhten größtenteils ihrem normalen Tagesablauf Erreicht der weibliche Zyklus seinen Hö- Energiebedarf, welchen es sich natürlich folgen, sorgt das Testosteron der Hirsche hepunkt, ist es für die Tiere an der Zeit, nur lohnt einzugehen, wenn auch etwas dafür, dass diese nicht wirklich zur Ruhe einen passenden Partner auszusuchen. Die Passables dabei entsteht. kommen. Nimmt die Nahrungsaufnahme Hirsche haben sich im Verlauf der Brunft vor und auch nach der Brunft einen Groß- bereits von ihrer besten Seite gezeigt und teil der täglichen Aktivität ein, wird zur versucht, die Rolle des Platzhirsches ein- Wann der optimale Zeitpunkt für Brunftzeit dieser eigentlich überlebens- zunehmen beziehungsweise zu verteidi- den Beschlag ist und welcher Hirsch zum Zug kommt, ist die alleinige Entscheidung des Tieres. Für die Auswahl ist nicht nur das Brunft- verhalten der Hirsche sondern auch die Größe und Vielseitigkeit des Geweihs ausschlaggebend. 16 Jagd in Tirol 09 | 2016 Foto: Markus P. Stähli - wildphoto.ch (1)
ROTWILD Wild & Ökologie Der Platzhirsch versucht sein Kahlwildrudel beisammen zu halten und verteidigt es gegenüber möglichen, ernst zu nehmenden Rivalen. Dies verlangt viel Aufmerksamkeit Ennstaler Wildfutter mit und Körpereinsatz, wodurch kaum Zeit für die Nahrungs- aufnahme übrig bleibt. SesamKombi und Luzerneheu ENNSTALER WILDFUTTER Eine Frage des energetischen Aufwandes Daher ist die Brunft viel mehr als eines der spektakulärsten Schau- mIT SESAMKOMBI spiele der Natur, so geht es doch für jedes Individuum um die Ver- erbung und den Erhalt seiner eigenen Gene. Die Damen können UND LUZERNEHEU ihre Gene zwar beinahe jährlich weitergeben, jedoch jeweils nur an ein Kalb. Somit ist der weibliche Lebenszeitfortpflanzungser- folg begrenzt. Anders ist es bei den Hirschen, wobei der Platz- Erhältlich in Säcken hirsch mit den besten Karten spielt, da er seine Gene gleich an ➠ Erhältlich zu 30 in kgSäcken (990 mehrere Kälber weitergeben kann. Erreicht ein Hirsch den Status zu 30 kg des Platzhirsches nicht, dann kann er seine Gene nur vereinzelt oder sogar gar nicht weitergeben. Aus genetischer Sicht lohnt sich (990kg/Palette) kg/Palette) das Mannsein vor allem dann, wenn man es schafft, Platzhirsch zu werden und damit einhergehend einen hohen Lebenszeitfort- Big Big ➠ BagsBags zu 550 zu 550 kg kg pflanzungserfolg hat. Ob sich nach dem Beschlag während der nächsten 34 Wochen bis 600 kg kg bis 600 ein Wildkalb oder ein Hirschkalb entwickelt, ist von verschie- denen Faktoren, wie dem sozialen Rang und der Kondition des ➠ Preis auf Anfrage Tieres, den Umweltfaktoren, der Wilddichte und dem Platzhirsch abhängig. Ein starkes Tier, welches über eine gute körperliche Preise auf Anfrage Verfassung verfügt und einen hohen sozialen Rang hat, kann es «sich leisten», viel Energie in das Austragen eines Hirschkalbes DI Peter Göldner Tel.: 0 35 34 / 20 140 zu stecken. Einen Sohn in die Welt zu setzen, macht demnach Consulting - Agrarmarketing Fax: 0 35 34 / 20 192 nur dann Sinn, wenn dieser einen guten Start ins Leben hat und Predlitzwinkel 171 Mobil: 0664 / 44 54 74 2 dadurch die Möglichkeit erhält, in einigen Jahren die Rolle eines A-8863 Predlitz-Turrach Mail: goeldner@oekogold.at Platzhirsches einzunehmen. Verfügt das Tier nicht über die kör- www.oekogold.at perlichen Ressourcen, diese Kosten zu tragen, oder hat es in der DI Peter Göldner Tel.: 0 35 34 / 20 140 Foto: Markus P. Stähli - wildphoto.ch (1) Consulting - Agrarmarketing Fax.: 0 Jagd 35 34 / 2009192 in Tirol | 2016 17 Predlitzwinkel 171 Mobil: 0664 / 44 54 74 2
Wild & Ökologie ROTWILD Den zuvor kräftigen und imposanten Hirschen ist die kräftezehrende Brunft deutlich anzusehen. Die erhöhte körperliche Aktivität und die reduzierte bzw. fehlende Nahrungsaufnahme führen zu einem massiven Gewichtsverlust. Sie müssen sich anschließend, noch vor den ersten starken Schnee- fällen, von dieser physiologischen Meisterleistung erholen und die Fettdepots wieder auffüllen. rate, die bedingt ist durch die besseren Um- weltbedingungen, welche einen positiven Einfluss auf die Kondition der Kälber und Schmaltiere haben. Eine hohe Wilddichte zieht eine höhere Sterblichkeit der Kälber, Schmaltiere und älteren Tiere mit sich und erhöht das Durchschnittsalter der Tiere beim Setzen des ersten Kalbes. Bei hohen Dichten werden zudem vermehrt Wildkäl- ber gesetzt, so bedeutet dies für die Mutter einen geringeren Energieaufwand. Ende gut, alles gut Nach Abschluss der Brunft bleiben die Brunftrudel noch eine Weile bestehen, be- vor sich die Hirsche wieder in ihre alten Einstände zurückziehen und sich das Kahl- wild wieder zu den bekannten Rudeln ver- eint. Wie kräftezehrend die Brunft für die Hirsche ist, lässt sich nun deutlich am op- tischen Erscheinungsbild erkennen. Denn die ständige Bewegung, das Röhren und die Kämpfe sind sehr energieintensiv. Da die Hirsche in ihrem Liebeswahn kaum Nah- rung aufnehmen und der Körper die zuvor angelegten Fettreserven anzapft, kommt es dementsprechend zu einem deutlichen Ge- wichtsverlust von bis zu 20-30 kg. Für den bereits vor der Türe stehenden Winter sind die Fettreserven aber überlebenswichtig. Von nun an nutzen die Hirsche die langen Nächte zur Nahrungsaufnahme und ver- suchen, die verlorenen Feistdepots so gut wie möglich wieder aufzufüllen. Sie streben also den von uns Menschen gefürchteten, jedoch nach so einer Radikaldiät auftre- Sozialstruktur einen tiefen Rang, dann ter und die Fütterungen, weisen die Tiere tenden Jo-Jo-Effekt an. Um den Winter zu setzt es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein meist eine gute Kondition auf und ebenfalls überleben, müssen sie dieses Ziel vor dem Wildkalb. Die körperliche Verfassung, also die Schmaltiere sind meist so gut beisam- ersten kräftigen Schneefall erreichen. Wie die Kondition der Tiere, hat aber auch auf men, dass auch sie zu einem Großteil be- die meisten Tiere verfügt aber auch das weitere Faktoren einen Einfluss. Ist das Tier schlagen werden. Rotwild über einen meteorologischen Sinn in guter Kondition, so setzt es in der Regel Ferner hat die Wilddichte ein Wörtchen und zieht noch vor den starken Schneefäl- zu einem früheren Zeitpunkt sowie stärkere mitzureden, wenn es um die Kondition der len in die Wintereinstände. Für die Hirsche Kälber. Für das Überleben der Kälber sind Tiere und Kälber sowie das Geschlecht des ist die Brunft des letzten Herbstes in Ver- das Geburtsgewicht und die verbleibende Nachwuchses geht. Auch bei der Zuwachs- gessenheit geraten und sie bereiten sich in Zeit bis zum Wintereinbruch von großer rate hat die Wilddichte ihre Finger im Spiel. friedlicher Geselligkeit zusammen mit den Bedeutung. Durch die günstigen Umwelt- Denn desto geringer die Wilddichte ist, um- vorherigen Rivalen erneut auf den Höhe- bedingungen, vor allem die milderen Win- so höher ist im Verhältnis die Nachwuchs- punkt im Herbst vor. ❙ 18 Jagd in Tirol 09 | 2016 Fotos: Markus P. Stähli - wildphoto.ch (2)
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Wild & Ökologie haselwild Haselwild Versteckte Waldgeister 20 Jagd in Tirol 09 | 2016
haselwild Wild & Ökologie Im September macht sich langsam aber doch der Herbst im Revier bemerkbar. Beim Ansitz sind meist die unerwarteten Anblicke die schönsten. Mit etwas Glück trifft man auch auf einen ganz besonderen Bewohner des Alpenraums, das Haselhuhn (Tetrastes bonasia ). Autorin: Christine Lettl D er relativ kleine Vertreter der Raufußhühner ver- rät sich im Herbst durch das charakteristische „Spissen“ der Hähne. Eine Folge hoher Töne weist auf die Anwesenheit eines Haselhahnes hin. Im Dickicht des Waldes verliert sich der Gesang allerdings schnell und ist daher meist maximal über 100 Meter zu hören. Trotz des unscheinbaren leisen und hohen Gesangs gibt es individuelle Unterschiede zwischen den Gesängen der Hähne zu hören. Akustische Untersuchungen haben gezeigt, dass über die syntaktischen Merkmale der Stro- phen Hähne individuell unterschieden werden können. Dabei ist die erste Hälfte des Eingangselements stets gleich, während die Variationen zwischen den einzelnen Hähnen in den folgenden Strophen zunimmt. Herbstgefühle Haselwild lebt territorial und zeichnet sich zudem durch seine Standorttreue aus. Hähne besetzen ihre Reviere das ganze Jahr und stecken die Grenzen vorrangig mit ihrem Gesang ab. Besonders intensiv geschieht dies im Frühjahr und im Herbst während der Balz. Beim Ha- selwild hat die Herbstbalz noch eine wichtige Funktion: mit dem Balzgesang soll eine passende Partnerin ange- lockt werden. Die Paarbildung findet beim Haselwild nämlich bereits vor dem Winter statt. Anschließend Haselhuhn Körpergröße 35 – 40 cm Balzzeit Frühjahr und Herbst Gelege 5 – 10 Eier Brutdauer 25 Tage Balzgesang Hahn „spissen“ Lockruf Henne „bisten“ Jagdzeit (Tirol) 15.9. – 15.10. Foto: Fotolia (1) Jagd in Tirol 09 | 2016 21
Wild & Ökologie Haselwild Die Küken sind Nestflüchter, sie folgen nach dem Schlüpfen sofort ihrer Mutter. Diese führt sie an Stellen, an denen die Küken ihre wichtigste Eiweißquelle finden: Insekten verbringen Hahn und Henne den Winter schließt, allerdings ist das eher selten der Den Lebensraum des Haselhuhns bilden und das Frühjahr gemeinsam. Im Gegen- Fall. Im September, wenn der Nachwuchs nämlich vor allem die untersten 2 Meter satz zum Birk- und Auerwild bilden Hahn ausgewachsen ist, trennen sich die Jungen eines verjüngten, strukturreichen Waldes. und Henne über diese Zeit ein monogames von der Henne. Rechtzeitig zur Herbstbalz Ausreichend Deckungsmöglichkeiten zwi- Paar. Aber nicht nur die Hähne verraten ist die Henne somit wieder alleine unter- schen Schlafplatz und Nahrungsquellen sich über ihre typischen Rufe, auch die wegs und schließt sich wiederum einem gehören zu den wichtigsten Faktoren für Haselhenne ist durch ihr „Bisten“ für auf- Hahn an. einen sicheren Haselwild-Lebensraum. In merksame Zuhörer zu entdecken. strukturlosen Wäldern mit hohem Holzan- Die Eiablage erfolgt nach der Frühjahrs- teil findet das Haselwild nicht genug Schutz balz zwischen April und Mai. Das Gele- Meister der Tarnung vor seinen zahlreichen Fressfeinden und ge wird etwa 25 Tage lang von der Henne Wie bei den Schneehühnern sind auch verschwindet aus solchen Einständen. sorgsam bebrütet. Anschließend schlüp- beim Haselwild Henne und Hahn sehr ähn- fen aus den etwa 5 bis 10 Eiern die Küken. lich gefärbt. Anhand der schwarz-bläulich Als Nestflüchter ist das Gesperre von der schimmernden Kehle unterscheidet sich Hohe Ansprüche Führung der Mutter abhängig. Manchmal der Hahn jedoch deutlich von der Henne. Generell ist Haselwild an Wälder gebun- kann beobachtet werden, dass sich auch Charakteristisch ist beim Haselwild zudem den, ist dabei aber nicht von bestimmten der Hahn zwischendurch der Familie an- die Federholle, welche bei Erregung ge- Waldgesellschaften oder Höhenstufen an sträubt wird. Mit dem weiß-braun-schwarz sich abhängig. Während es in den Wald- gefärbten Gefieder sind sie im Dickicht gebieten der europäischen und asiatischen des Waldes jedoch beinahe unsichtbar Taiga weit verbreitet ist, ist das Vorkom- unterwegs. Genau hier liegt auch die men in Mitteleuropa stark zurückgegan- größte Stärke des Haselwilds: die Tar- gen. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt nung. Da es großteils in Bodennähe un- hier in den Alpen. terwegs ist, muss sich das Haselwild vor Ausschlaggebend für das Vorkommen des zahlreichen Räubern in Acht nehmen. Haselwilds sind jedoch die Art der Waldbe- Im Dickicht gelingt die Flucht jedoch wirtschaftung und Waldnutzung. Negativ oft nicht schnell genug, eine perfekte auf das Vorkommen von Haselwild wirken Tarnung ist daher die beste Vorsorge. sich etwa die Reduktion des Flächenanteils junger Waldstadien, die aktive Reduktion der Nahrungspflanzen (beerentragende Gehölze, Pioniergehölze) und deren Be- Das Gelege des Haselwilds schattung sowie die Zunahme des Holz- umfasst meist 5 bis 10 vorrates der Wälder aus. Aber auch andere rot-bräunlich gefleckte Eier. Faktoren wie Klima, Jagd und Weidewirt- 22 Jagd in Tirol 09 | 2016 Fotos: Strigl (1), Zangerl (1), Descouens CC-BY-SA 4.0 (1), Rudigier (1)
Haselwild Wild & Ökologie schaft nehmen Einfluss auf den Haselwild- bestand. Infolge des Rückgangs dieser Art kann auch die Isolation eines Bestandes zu dessen Rückgang führen, selbst wenn ein geeigneter Lebensraum vorhanden wäre. Denn wie auch bei anderen Tierarten sind ausreichender genetischer Austausch und Vermeidung von Inzucht auf lange Sicht für stabile Bestände ein Muss. Hier spielt hinzu, dass das Haselhuhn ein sehr stand- orttreues Wild ist. Das Streifgebiet eines Haselhuhn-Paars umfasst im Normalfall etwa 30 bis 80 ha, bedingt auch durch das territoriale Verhalten der Vögel. Jungvögel suchen nach der Trennung von der Mutter meist in einer Entfernung zwischen 1 und 2 Kilometern nach einem eigenen Revier. Die Tendenz, neue Lebensräume zu besie- Das Hudern in Sandbädern deln, ist bei sehr niedrigen Bestandsdich- dient der Parasitenabwehr und Gefiederpflege. ten daher eher gering. Insekten den Hauptanteil der Nahrung ausmachen. Genauso sind Sandkuhlen Was darf‘s heute sein? gefragt, welche etwa an Forstwegen gefun- die Haselhähne am besten während der Das richtige Nahrungsangebot ist ebenfalls den werden. Hier werden einerseits gerne Balz über das Spissen zu bestimmen. Mit bedeutend für einen stabilen Bestand. Als kleine Steine aufgenommen, welche die Hilfe eines Spissers werden die Hähne da- Nahrung können praktisch alle Laubholz- Verdauung unterstützen, vor allem aber zu verführt, auf die Rufe zu antworten oder arten dienen, besonders aber die Früchte gönnen sie sich wie andere Raufußhühner sich den vermeintlichen Rivalen zu nähern. von Sträuchern. Speziell im Spätwinter regelmäßig ein Sandbad. Dieses ist nicht Doch wegen des verhältnismäßig leisen sind jedoch kätzchentragende Pionier- nur ein scheinbar angenehmes Vergnügen, Rufs und dem unauffälligen Verhalten ist baumarten wie Hasel, Birke, Erle und Zit- das „Hudern“ ist ein wichtiger Bestandteil selbst während der Balz der Nachweis eher terpappel eine bevorzugte Nahrungsquel- der Gefiederpflege und Parasitenabwehr. aufwendig. Bei flächendeckenden Aufnah- le. Kräuter und Grassamen werden gerne men besteht die Standardmethode daraus, im Sommer und Herbst aufgenommen. das Gelände in parallelen Linien von etwa Die Hauptnahrung in dieser Zeit bilden al- Wer suchet, der findet 100 Meter Abstand abzugehen und dabei lerdings diverse Früchte. Für die Entwick- Der heimliche Waldbewohner ist oft lange alle 100 Meter stehenzubleiben, um mit der lung der Jungtiere sollten, gleich wie bei Zeit unentdeckt im Revier unterwegs. In Lockpfeife 5 bis 6 Mal etwa alle 30 Sekun- den anderen heimischen Raufußhühnern, Hinblick auf die Bestandeserhebung sind den den Gesang des Hahnes nachzuahmen 05337 - 62478 Wildfutter ert darauf legen wir W unsere Fütterungsspe zialisten Seebühel 6 | 6233 Kramsach office@futtermittel-sommeregger.at tung durch 9 kompetente Fachbera www.futtermittel-sommeregger.at alette 9 umfangreiche Futterp t 9 herrlich schmackhaf lge 9 herzeigbare Hegeerfo he Belieferung 9 verlässliche und rasc
Wild & Ökologie Haselwild Haselwild nutzt Bestände aus lichtem Laub- und Nadelholz mit nötigem Unterwuchs, der ausreichend Deckung und Äsung bietet. plätze als Nachweisstelle dienen. Hier ist die Die Jagd, eine beinahe Chance, Federn und Losung in der näheren vergessene Kunst und auf eine Antwort zu warten. Nach der Umgebung zu finden, relativ groß. Die Jagd auf den scheuen Haselhahn gilt Herbstbalz können die Spuren im Schnee, In seinem bevorzugten Lebensraum hält seit Jahrhunderten als besondere Kunst Schneehöhlen und die charakteristische sich Haselwild gerne im Stangengehölz auf. des Weidwerks. Heute ist sie auf Grund des Winterlosung Nachweise des Haselwilds Aber auch natürliche Bachläufe werden zurückgegangenen Vorkommens eine Sel- liefern. Problematisch ist dabei, dass sich häufig aufgesucht – daher lohnt es sich, im- tenheit. Gejagt wird im Herbst meist durch Haselwild im Winter bevorzugt im Geäst mer auch diese auf der Suche nach Hasel- Spissen vom Schirm aus. Es gilt nicht um- oder in Schneehöhlen aufhält. Spuren und wild ins Auge zu fassen. Bevorzugt werden sonst die alte Weisheit „Der Hahn hat auf Losung sind daher oft schwer zu finden. Im hier Bereiche mit Streifen von mindestens jedem Federl ein Aug“. Um den Hahn zum Sommerhalbjahr können dafür Sandbade- 10 bis 20 Metern natürlicher Vegetation. Zustehen zu veranlassen, wurde ursprüng- lich mit Lockern aus Knochen von Gans oder Hasenlauf gespisst. Heute sind auch Instrumente aus Metall oder Kunststoff erhältlich. Die Gesangsstrophe lautet in etwa „tsiiii-ü-IIH si, si-si-si-sui“. Ist Dia- na guter Laune, so der steht der Hahn mit dem typischen „Burren“ zu und markiert sein Revier gegenüber dem Eindringling. Es gilt jedoch Acht zugeben, mancher Das Verbreitungsgebiet des Haselwildes erstreckt sich über den gesamten Waldgürtel Europas und Asiens. In Mitteleuropa ist das Vorkommen haupt- sächlich auf die Alpen und das Alpenvorland beschränkt. 24 Jagd in Tirol 09 | 2016 Foto: Schwärzler; Grafik: Vicpeters CC BY-SA 3.0
Hahn kommt vorsichtig am Waldboden gelaufen, um den ver- meintlichen Konkurrenten auszukundschaften. Vor dem Schuss ist genaues Ansprechen oberstes Gebot, um eine Henne nicht mit einem Hahn zu verwechseln. Denn während der Balzzeit kann auch die Henne einem erfolgreichen Spisser zustehen. Hege: Wo Haselwild sich wohlfühlt Vielerorts sind durch veränderte Techniken und Ziele in der Wald- nutzung Haselwildbiotope verschwunden oder gefährdet. Um diesen heimlichen aber auch faszinierenden Bewohner im Revier zu fördern, können zahlreiche kleine Maßnahmen durchgeführt werden. Oft kommt Haselwild neben Auerwild vor, da es zum Großteil ähnliche Ansprüche an den Lebensraum stellt. Daher können beinahe alle Hegemaßnahmen für das Auerwild auch für das Haselwild angewandt werden. Speziell beachten muss man al- lerdings, dass Haselwild vor allem von den untersten 2 Metern des Waldes abhängig ist. Die beiden wichtigsten Faktoren sind Licht und Nahrung. Gerne nutzt Haselwild Übergangszonen zwischen Verjüngung, Lichtungen oder Böschungen. Ratsam ist etwa, dass auf Freiflächen (etwa auf Windwurf-, Schneebruch- oder Schlag- flächen) nicht rein die Zielbaumarten gesetzt werden, sondern dass man auch den natürlichen Pionierstadien des Waldes Platz lässt. Hier findet das Haselwild nämlich ausreichend Nahrungsquellen. Während der Brutperiode von April bis Mitte Juli sollten zudem forstliche Eingriffe vermieden werden, um den Tieren möglichst viel Ruhe zu gewährleisten. Der Balzgesang des Haselhahns und Lockrufe der Haselhenne kön- nen auf der Webseite des TJV nachgehört werden: www.tjv.at/portfolio/haselhuhn/ ❙ Während die Federholle bei beiden Geschlechtern aus- geprägt ist, hat nur der Hahn die schwarz gefärbte Kehle. Bei der Jagd geht es um PURE MOMENTE. JAGDHUND setzt auf funktionelle Naturmaterialien, die echte Freude im Revier bringen! jagdhund.com Foto: Kirchmair (1)
Wild & Ökologie FUCHSPROJEKT Fuchsprojekt Tirol – Teil 1 Vorkommen von Salmonellen bei Füchsen in Tirol Im Zuge der vom Tiroler Jägerverband in Auftrag gegebenen Studie über Häufigkeit und Verbreitung des fünfgliedrigen Fuchsbandwurms bei Füchsen in Tirol wurden die eingesandten Füchse auch auf das Vorkommen von Salmonellen untersucht. Im folgenden Beitrag werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen vorgestellt. Autor: Dr. Walter Glawischnig, Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Innsbruck (AGES) 1. Salmonellen kontaminiert sein und zu Erkrankungen österreichische Salmonellenzentrale der Salmonellen sind Bakterien, die in der Um- beim Menschen führen. Für die Anste- AGES in Graz zur weiteren Abklärung und welt weit verbreitet sind und weltweit vor- ckung gesunder Tiere sind meist sogenann- zur Bestimmung des genauen Salmonellen- kommen. Diese Mikroorganismen leben im te latente (lat. latere = verborgen sein) Sal- Serotyps geschickt. Darm von Tier und Mensch und sind au- monellen-Ausscheider verantwortlich. Da- ßerhalb des menschlichen bzw. tierischen runter versteht man jene Tiere, welche die Körpers unter bestimmten Umständen Bakterien, ohne sichtbar erkrankt zu sein, 3. Ergebnisse lange überlebensfähig. Sonnenlicht (UV- im Kot ausscheiden und dadurch Neuinfek- Salmonellen wurden bei 9 (2,1%) Füchsen Strahlung) beschleunigt das Absterben der tionen bei anderen Tieren verursachen. unterschiedlicher Alters- und Geschlechts- Erreger, im getrockneten Kot sind sie jedoch Über Vorkommen und Verbreitung von gruppen gefunden (Tabelle 1). Insgesamt über 2 Jahre lang nachweisbar. Durch Ein- Salmonellen bei den verschiedenen Wild- konnten bei den positiven Füchsen fünf frieren werden Salmonellen nicht abgetötet. tieren in Österreich liegen bis dato nur we- verschiedene Salmonellen-Serotypen diffe- Von Bedeutung sind diese Bakterien, da nige Informationen vor. Durch die Einsen- renziert werden, wobei der Typ Salmonella Mensch und Tier an einer Salmonellenin- dung von Füchsen im Rahmen des Fuchs- Dublin (S. Dublin) am häufigsten nachge- fektion (Salmonellose) erkranken können. bandwurmprojekts ergab sich die Möglich- wiesen wurde. In 5 der 9 Tiroler Bezirke Typische Symptome dieser Krankheit sind keit, diese Tiere auch auf Salmonellen zu wurden positive Füchse festgestellt (Ab- beim Menschen dabei Bauchschmerzen, untersuchen. Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Fieber. Erkrankte Personen können nach einer Anzahl Salmonellen-Serotyp Bezirke überstandenen Infektion die Krankheitser- 2. Einsendungen Füchse (Anzahl der Isolate) reger oft über längere Zeit (im Stuhl) aus- Im Zuge des vom Tiroler Jägerverband ➠ S. Dublin (3) scheiden. Salmonellosen sind zumeist le- organisierten Fuchsbandwurmprojektes Kitzbühel 61 ➠ S. Abony (1) bensmittelbedingte Erkrankungen, wobei wurden im Zeitraum November 2014 bis sich Menschen häufig durch den Verzehr Jänner 2016 insgesamt 434 Füchse aus ➠ S. Dublin (1) Kufstein 59 ➠ S. Typhimurium (1) roher Lebensmittel tierischer Herkunft (z. B. ganz Tirol an das Institut für veterinärme- Eier, Faschiertes, Rohwürste) oder durch dizinische Untersuchungen der Agentur ➠ monophasischer Imst 53 kontaminierte Verarbeitungsprodukte (z. B. für Gesundheit und Ernährungssicherheit Stamm B (1) Tiramisu, Mayonnaisen, Kartoffelsalate) (AGES) in Innsbruck zur Probenentnahme Reutte 46 ➠ S. Dublin (1) infizieren. In den Sommermonaten steigen und Untersuchung übermittelt. Die Füchse die Infektionen bedingt durch Salmonellen waren mit einem Anhänger versehen, auf ➠ S. enterica subsp. Lienz 42 oft sprunghaft an; Grund dafür sind häufig welchem relevante Daten wie Herkunftsge- diarizonae (1) Fehler bei der Küchenhygiene wie z. B. das meinde, Revier, Schussdatum u. a. schrift- Schwaz 53 negativ Schneiden von rohem Fleisch und Salat auf lich festgehalten waren. Für die Salmonel- Landeck 36 negativ demselben Schneidbrett. lenuntersuchung wurde jedem Fuchs ein IBK-Stadt 4 negativ In der Tierwelt haben Salmonellen vor Stück der Leber sowie ein Stück Losung aus allem in der Nutztierproduktion große Be- dem Enddarm entnommen. Dieses Proben- IBK-Land 80 negativ deutung. Einerseits können Nutztiere ana- material wurde im Labor mikrobiologisch Gesamt 434 9 (2.1%) log dem Menschen an einer Salmonellose auf Salmonellen untersucht. Konnten bei Tabelle 1: Anzahl der Füchse mit Untersuchungser- erkranken, andererseits können Lebens- einem Fuchs Salmonellen nachgewiesen gebnissen pro Bezirk sowie den einzelnen nachgewie- mittel tierischer Herkunft mit Salmonellen werden, so wurden die Bakterien an die senen Salmonellen-Serotypen 26 Jagd in Tirol 09 | 2016
FUCHSPROJEKT Wild & Ökologie Da Salmonellen auch beim Menschen zu Erkrankungen führen können, sollten im Umgang mit möglichen infizierten Tieren die grundsätzlichen Verhaltensweisen der Vorsicht und der Hygiene beachtet werden. Füchse können ein Reservoir für verschie- dene – auch für den Menschen gefähr- liche – Krankheitserreger sein. Aus diesem Grund ist das richtige Verhalten im Kontakt und im Hantieren mit diesen Wildtieren wichtig, um Ansteckungsmöglichkeiten im Vorhinein zu unterbinden. Die interessanten Ergebnisse von Salmo- nellennachweisen bei Füchsen in Tirol un- terstreichen die Bedeutung von gezielten Studien zur Wissenserweiterung über das Abbildung 1: Ungefähre geographische Darstellung der Salmonellen-positiven Füchse in den einzelnen Bezirken Vorkommen von für Mensch und Tier wichtigen Krankheitserregern bei unseren Wildtieren. Die aktive Überwachung des Gesundheitsstatus der Wildtierbestände bildung 1). Im Zuge der Probenentnahme ken meist an schwerem Durchfall mit hohem ist ein wichtiges Werkzeug für die Jäger- waren bei positiven Füchsen keine beson- Fieber, trächtige Tiere können verwerfen. In schaft, aber auch für den einzelnen Jäger deren Hinweise auf eine akute Salmonellen- Tirol wurde S. Dublin bei Rindern verein- oder Revierbetreuer, um frühzeitig Infor- Erkrankung erkennbar. zelt in den Bezirken Kufstein und Kitzbühel mationen über das Auftreten von Krank- nachgewiesen. Von großer Bedeutung sind heits- oder Seuchenerregern bei Wildtie- dabei jene Rinder, welche die Krankheitskei- ren im Revier zu erhalten, um daraus re- 4. Schlussfolgerungen me über den Kot ausscheiden, ohne sichtbar sultierend erfolgreich Gegenmaßnahmen Füchse sind primär Fleischfresser (Carnivo- erkrankt zu sein. Dadurch können Weide- einleiten zu können. ❙ ren). Neben Abfällen und vereinzelt pflanz- fläche oder beispielsweise Wasserstellen mit licher Kost stehen auf ihrem Speiseplan vor diesen Bakterien kontaminiert werden und allem auch tote Tiere sowie verwestes tie- zu Neuinfektionen von anderen Tieren (u. a. risches Organmaterial, also Aas. Krankheits- auch Wildtieren) führen. Besonders auf Seit Jahrzehnten beschäftigt keime von verendeten Tieren können auf Almgebieten, wo Rinder aus verschiedenen sich Thalhammer Wildfutter Füchse übertragen werden und sind bei die- Herkunftsbetrieben aufgetrieben werden, sen unter Umständen nachweisbar. Für be- können Übertragungen und Neuinfekti- mit der Herstellung von stimmte infektiöse Erreger wie beispielswei- onen durch latente Krankheitsausscheider se Salmonellen sind Füchse daher gute Indi- stattfinden. Dass dabei nicht nur Rinder er- katortiere, die über das Vorkommen und die kranken können, zeigte vor einigen Jahren Verbreitung dieser Bakterien im Tierreich auf einem Almgebiet im Bezirk Kufstein ein und in der Umwelt Auskunft geben. seuchenhafter Krankheitsausbruch in einer Bei 2,1% der von uns untersuchten Füchse Gamswildkolonie mit dramatischen Folgen. konnten Salmonellen nachgewiesen werden. Als vermutliche Ansteckungsquelle wurden Obwohl Füchse an einer Salmonellose er- auf dem Almgebiet mehrere S. Dublin-posi- kranken können (schwere Allgemeinerkran- tive Wasserstellen identifiziert, die mit groß- kung mit hoher Sterblichkeit, u. a. Durchfall er Wahrscheinlichkeit von Rindern, die am sowie Totgeburten oder Aborte bei trächtigen Beginn der Almperiode an schwerem, fie- Fähen), waren bei den positiven Füchsen in berhaftem, durch Salmonellen verursachten unserer Untersuchung keine spezifischen Durchfall erkrankten waren, verschmutzt Hinweise auf ein akutes Krankheitsgesche- wurden. Dass bei unseren Untersuchungen Zusammensetzung: hen auffindbar. Vermutlich waren diese po- S. Dublin-infizierte Füchse vor allem in den 50 % Pellets und 50 % Müsli sitiven Tiere nur Ausscheider, bei denen die Bezirken Kufstein und Kitzbühel festgestellt Bakterien zwar nachweisbar waren, aber kei- wurden, überrascht daher nicht und be- ne schwere Krankheit verursacht haben. Be- stätigt einen direkten oder indirekten Zu- merkenswert ist, dass am häufigsten der Sal- sammenhang mit infizierten Rindern. Wo monellen-Serotyp S. Dublin bei den Füchsen sich die Füchse mit S. Dublin angesteckt festgestellt wurde. S. Dublin ist besonders an haben, beispielsweise über kontaminierte Brixnerstraße 4 | 6020 Innsbruck Rinder angepasst und in vielen Ländern der Wasserstellen, über verendete Wildtiere, Tel. 0512/575154 oder 0664/1117418 Welt ein Problemkeim, der zu großen wirt- über infiziertes Abortmaterial von erkrank- Fax 0512/585489 schaftlichen Verlusten in der Rinderhaltung ten Rindern oder andere bis dato noch un- thalwild@gmail.com http://picasaweb.google.com/thalwild führt. Mit S. Dublin infizierte Rinder erkran- bekannte Infektionsquellen, bleibt unklar. Grafik: AGES Jagd in Tirol 09 | 2016 27
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