Abstimmungsbotschaft Änderung des Wahl- und Abstimmungsgesetzes der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz zur Einführung eines Stimm- und ...

 
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Römisch-katholische Kantonalkirche Schwyz

Referendumsabstimmung
vom 27. Juni 2021

Abstimmungsbotschaft

Änderung des Wahl- und
Abstimmungsgesetzes der
Römisch-katholischen
Kantonalkirche Schwyz zur
Einführung eines Stimm-
und Wahlrechts für Katholiken
ohne Schweizer Bürgerrecht
vom 23. Oktober 2020
Sehr geehrte römisch-katholische Mitbürgerinnen und Mitbürger

An der Abstimmung vom 27. Juni 2021 können Sie entscheiden, ob die volljährigen rö-
misch-katholischen Mitglieder der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz auch
ohne Schweizer Bürgerrecht, jedoch mit der Niederlassungsbewilligung C, stimm- und
wahlberechtigt werden. Unsere Mitgläubigen ohne Schweizer Bürgerrecht sind getaufte,
vollwertige Mitglieder der römisch-katholischen Kirche, die keine Staatsangehörigkeit
kennt. Sie zahlen Kirchensteuern, können aber bis jetzt in den Kirchgemeinden und in
der Kantonalkirche weder mitbestimmen, noch in Ämter gewählt werden.

Die Evangelisch-reformierte Kantonalkirche Schwyz und andere Kantonalkirchen im Bis-
tum Chur kennen bereits ein Mitbestimmungsrecht, das vom staatlichen Bürgerrecht
unabhängig ist. Die jetzige Vorlage bezweckt, dass niedergelassene Gläubige ohne
Schweizer Bürgerrecht, die das 18. Altersjahr erfüllt haben und über die Niederlassungs-
bewilligung C verfügen, in den Kirchgemeinden und in der Kantonalkirche das volle Mit-
wirkungsrecht erhalten.

Der Kantonskirchenrat als Parlament der Kantonalkirche hat an seiner Session vom
23. Oktober 2020 eine Ergänzung des kantonalkirchlichen Wahl- und Abstimmungsge-
setzes einstimmig genehmigt, wonach ein Mitglied der Kantonalkirche und der Kirchge-
meinde seines Wohnsitzes ohne Schweizer Bürgerrecht, welches das 18. Altersjahr
zurückgelegt hat, stimm- und wahlberechtigt ist, sobald es die Niederlassungsbewilli-
gung C erhalten hat. Damit wird das Mitspracherecht der Kirchenmitglieder unabhängig
vom Bürgerrecht geregelt, wie es in der Kirche der Fall ist.

Mit der Voraussetzung der Niederlassungsbewilligung C für volljährige Katholiken ohne
Bürgerrecht sind nebst der Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche auch Kennt-
nisse der hiesigen Verhältnisse, Sitten und Gebräuche verbunden. Denn für diese Bewil-
ligung müssen Personen aus dem EU/EFTA-Raum mindestens fünf Jahre und Personen
aus anderen Ländern mindestens zehn Jahre in der Schweiz leben. Es geht weder um
die Einführung eines allgemeinen Ausländerstimmrechts im Kanton Schwyz, noch um
Stimmrechte für Angehörige anderer Religionsgemeinschaften oder konfessionslose
Personen, sondern ausschliesslich um die Mitsprachemöglichkeit in staatskirchlichen
Belangen der hier lebenden Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht, die grösstenteils
aus Europa stammen.

Gegen den Beschluss des Kantonskirchenrats wurde von mehr als 700 stimmberechtig-
ten Katholiken das Referendum ergriffen. Damit ist diese Referendumsabstimmung vom
27. Juni 2021 durchzuführen.

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Der Kantonskirchenrat und der Kantonale Kirchenvorstand befürworten die Einführung
eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht vor allem aus
folgenden Gründen:
– Die römisch-katholische Kirche unterscheidet nicht nach Staatsangehörigkeiten, son-
  dern kennt nur Katholiken. Deshalb soll das Stimm- und Wahlrecht im Bereich der
  Kantonalkirche und den Kirchgemeinden nicht länger an das Schweizer Bürgerrecht
  gebunden bleiben.
– Wer Kirchensteuern zahlt, soll auch über deren Verwendung mitreden können.
– Alle engagierten Katholiken sollen in Kirchenräte gewählt werden können, für welche
  die Suche nach Mitgliedern immer schwieriger wird. Dasselbe gilt für Pfarrer und wei-
  tere in der Seelsorge tätige Personen, die immer öfter über kein Schweizer Bürgerrecht
  verfügen, aber Wesentliches zum kirchlichen Leben beitragen.
– Die aktive Mitwirkung in der Kirche ruft nach einer gleichberechtigten Mitwirkung in
  den Kirchgemeinden und in der Kantonskirche.

Der Kantonskirchenrat und der Kantonale Kirchenvorstand empfehlen, der Änderung
des Wahl- und Abstimmungsgesetzes der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz
zur Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht
vom 23. Oktober 2020 zuzustimmen und ein «JA» in die Urne zu legen.

Einsiedeln, 7. April 2021   Im Namen des Kantonskirchenrates:
                            Der Präsident: Johannes Schwimmer
                            Der Sekretär: Dr. Linus Bruhin

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Inhaltsverzeichnis

A. Ausgangslage...........................................................................................5

B. Gründe für die Vorlage gemäss dem Kantonalen
   Kirchenvorstand und dem Kantonskirchenrat...........................................6

C. Gründe für die Vorlage aus Sicht der Kirche.............................................9

D. Finanzielle Auswirkungen........................................................................11

E. Abstimmungsempfehlung des Referendumskomitees............................11

F. Abstimmungsempfehlung des Kantonskirchenrates
   und des Kantonalen Kirchenvorstandes.................................................13

G. Abstimmungsfrage..................................................................................14

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A. Ausgangslage

Rechtliche Grundlage

Jede Person, die ihren Wohnsitz im Kanton Schwyz hat, der römisch-katholischen Kirche
angehört und nicht ausdrücklich ihren Austritt oder ihre Nichtzugehörigkeit erklärt hat, ist
Mitglied der Kantonalkirche und der Kirchgemeinde ihres Wohnsitzes. Sie ist aktuell
stimm- und wahlberechtigt, sofern sie es auch nach kantonalem Recht ist. Das bedeutet,
dass die Schweizer Bürger, die das 18. Altersjahr erreicht haben, in der Römisch-katho-
lischen Kantonalkirche Schwyz mitbestimmen und wählen können. Die Verfassung der
Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz sieht vor, dass die Einführung eines
Stimm- und Wahlrechts auch für Ausländerinnen und Ausländer auf dem Gesetzesweg
geregelt werden kann.

Die Möglichkeit für die Erweiterung des Mitbestimmungsrechts auf Katholiken ohne
Schweizer Bürgerrecht besteht unverändert seit der ersten Regelung der Römisch-ka-
tholischen Kantonalkirche mit dem Organisationsstatut vom 8. April 1998. In der Refe-
rendumsabstimmung vom 24. November 2002 wurde der Vorschlag abgelehnt, dieses
Recht nur auf schriftliches Ersuchen hin zu gewähren. Ebenso wurde mit der Ablehnung
der damaligen Vorlage für ein neues Organisationsstatut in der Abstimmung vom 24.
September 2006 auch die Bestimmung abgelehnt, dass die einzelnen Kirchgemeinden
diese Einführung ihrer Stufe hätten beschliessen können. Unterstützt wurde hingegen
weiterhin die Möglichkeit das Stimm- und Wahlrecht auf Gesetzesstufe einzuführen. Die-
se Regelung wurde unverändert in die heute geltende Verfassung übernommen, die an
der Volksabstimmung vom 14. Juni 2015 deutlich angenommen wurde.

Entstehungsgeschichte der Vorlage

Am 25. Mai 2018 reichten neun Motionäre die Motion «Schaffung eines Stimmrechtes für
katholische Ausländerinnen und Ausländer für die katholische Kirche im Kanton Schwyz»
ein. Diese Motion wurde an der Session des Kantonkirchenrates vom 24. Mai 2019 ein-
stimmig, bei drei Enthaltungen angenommen. Damit wurde der Kantonale Kirchenvor-
stand beauftragt, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten. Dieser unterbreitete den
Entwurf seines Vorschlages am 10. März 2020 den Kirchgemeinden sowie weiteren Inte-
ressierten zur Vernehmlassung. Der Entwurf fand eine grossmehrheitliche und klare Zu-
stimmung. Am 20. Mai 2020 verabschiedete der Kantonale Kirchenvorstand seinen
Bericht und Antrag zuhanden des Kantonskirchenrates. Die an der Session des Kan-
tonskirchenrates vom 19. Juni 2020 gewählte vorberatende Kommission des Kantonskir-
chenrates beantragte nach ihrer Beratung der Vorlage dem Kantonskirchenrat einstimmig,
dem Antrag des Kantonalen Kirchenvorstandes zuzustimmen.

Einstimmige Zustimmung des Kantonskirchenrates

An der Session vom 23. Oktober 2020 stimmte der Kantonskirchenrat, Parlament der
Kantonalkirche, mit 72 Ja-Stimmen gegen 0 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen dem An-

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trag zu, § 3 des Wahl- und Abstimmungsgesetzes der Römisch-katholischen Kantonal-
kirche Schwyz vom 21. September 2001 (WAG, RSKK 110) um einen neuen Absatz 2 wie
folgt zu ergänzen: «Ein Mitglied der Kantonalkirche und der Kirchgemeinde seines Wohn-
sitzes ohne Schweizer Bürgerrecht, welches das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, ist
stimm- und wahlberechtigt, sobald es die Niederlassungsbewilligung C erhalten hat.»

Erfolgreich ergriffenes Referendum

Der Beschluss des Kantonskirchenrats unterlag dem fakultativen Referendum gemäss
§ 16 Abs. 2 der Verfassung der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz (RKKV,
SRSZ 160.210.1 und RSKK 100). Er wurde im Amtsblatt des Kantons Schwyz Nr. 44 vom
30. Oktober 2020 auf Seite 2720 publiziert. Mehr als 700 Stimmberechtigte haben unter
der Führung von Bernhard Diethelm, Kirchenschreiber der Kirchgemeinde Wägital, das
Referendum erfolgreich ergriffen. Der Kantonale Kirchenvorstand hat die Volksabstim-
mung über die Vorlage auf den 27. Juni 2021 festgesetzt.

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B. Gründe für die Vorlage gemäss dem Kantonalen Kirchen-
vorstand und dem Kantonskirchenrat

Es geht um die gleichwertige Mitwirkung der Getauften in den Kirchgemeinden
und in der Kantonalkirche, nicht um die Staatsbürgerschaft

Nach Ansicht des Kantonalen Kirchenvorstandes und des Kantonskirchenrates geht es
in der Kirche um die gleichberechtigte Mitwirkung aller katholisch Getauften, und nicht
um die nationale Herkunft. Viele deutsche, österreichische, italienische, portugiesische,
spanische, kroatische etc., Katholiken nehmen in ihrer Pfarrei und Kirchgemeinde aktiv
am kirchlichen Leben teil. Die meisten Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht im Kan-
ton Schwyz stammen aus Europa. Sie sind mit unseren Gepflogenheiten vertraut und in
der Lage, die mit dem Stimm- und Wahlrecht in den staatskirchenrechtlichen Belangen
verbundene Verantwortung gleich wie die Katholiken mit Schweizer Bürgerrecht wahrzu-
nehmen. Der Wunsch, sich aktiv und gleichberechtigt am kirchlichen Leben zu beteili-
gen, soll nicht mehr an den Erwerb des allgemeinen nationalen Stimm- und Wahlrechts
über die Einbürgerung gebunden werden. Damit wird der weitgehenden Entflechtung
von Kirche und Staat Rechnung getragen.

Die vorgeschlagene Regelung ist neu und durchdacht

Bisher wurden die Versuche zur Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken
ohne Schweizer Bürgerrecht abgelehnt: Die abgelehnte Vorlage im Jahr 2002 band das
Stimm- und Wahlrecht an ein schriftliches Ersuchen durch die interessierten Gläubigen.
Im Jahr 2006 scheiterte indirekt mit der Ablehnung des revidierten Organisationsstatutes
der Vorschlag, den einzelnen Kirchgemeinden die Kompetenz für eine Einführung des
Stimm- und Wahlrechtes für Katholiken ohne Bürgerrecht zu erteilen. Konsequenterwei-
se schlagen jetzt der Kantonale Kirchenvorstand und der Kantonskirchenrat eine einheit-
liche Regelung für alle Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht auf Stufe Kantonalkirche
und Kirchgemeinden vor. Unverändert gilt das Erfordernis der Niederlassungsbewilli-
gung C. Für den Erhalt dieser Bewilligung müssen Personen aus dem EU/EFTA-Raum
mindestens fünf Jahre und Drittstaatenangehörige mindestens zehn Jahre in der Schweiz
gelebt haben. Nach dieser Zeit sind die Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse und der
Sprache ausreichend, und die Integration ist fortgeschritten. Ob das Stimm- und Wahl-
recht schliesslich ausgeübt wird, ist bei allen Katholiken unabhängig der Herkunft weit-
gehend vom Interesse am aktiven Mitwirken im kirchlichen Leben der Gemeinde
abhängig. Die Kantonalkirche orientiert sich damit an vergleichbaren Regelungen in an-
dern Kantonalkirchen. Die Bindung des Stimm- und Wahlrechtes an die Niederlassungs-
bewilligung C führt zu keinen technischen Umsetzungsproblemen. Die kommunalen
Einwohnerämter können auf dieser Basis die Stimmregister der Kirchgemeinden leicht
erstellen.

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Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Stimmberechtigten

Der Anteil der Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht an der katholischen Bevölkerung im
Kanton Schwyz, die das 18. Altersjahr erfüllt hat, liegt bei weniger als 15%. Befürchtun-
gen, dass damit die Katholiken mit Schweizer Herkunft in die Minderheit versetzt werden
könnten, sind deshalb übertrieben. Im Gesetz über die Organisation der Kirchgemeinden
der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz (KGOG, RSKK 310) sind die Kompeten-
zen der Kirchgemeindeversammlungen geregelt. Die Versammlungen müssen ordentlich
angekündigt werden und die Anträge sind zu begründen. Es können an den Kirchgemein-
den keine weitreichenden überraschenden Beschlüsse ohne Ankündigung getroffen wer-
den, sondern höchstens im Rahmen der Beratung des Voranschlages können einzelne
Positionen angepasst werden. Grössere Finanzierungen benötigen aber jeweils einen se-
paraten Ausgabenbeschluss, der entsprechend traktandiert werden muss. Und die Zeiten
für die Gottesdienste etc. werden vom Pfarreiverantwortlichen zusammen mit dem Kir-
chenrat festgelegt, sodass kein direkter Einfluss der Stimmberechtigten besteht.

Die Kirchgemeinden sind für die materiellen Grundlagen zur Erfüllung der örtlichen kirch-
lichen Aufgaben zuständig. Dazu gehören vor allem die Verkündigung des Glaubens, die
Seelsorge, der Gottesdienst, die Glaubensunterweisung und die Hilfstätigkeit (Diakonie),
gegebenenfalls auch die Pflege und Förderung des kirchlichen Brauchtums in der Kirch-
gemeinde, die Beteiligung an gemeinnützigen und caritativen Werken und Aufgaben so-
wie die finanzielle Unterstützung von Werken der Seelsorge, der Hilfstätigkeit sowie der
religiösen Bildung und Kultur, welche den Bereich der Kirchgemeinde überschreiten. Es
geht also nicht um parteipolitisch umstrittene Themen der allgemeinen Politik, die das
gesellschaftliche Leben in allen Dimensionen regelt. Die Evangelisch-reformierte Kanto-
nalkirche Schwyz, welche das Stimm- und (aktive) Wahlrecht in kirchlichen Angelegen-
heiten allen Mitgliedern der Kirchgemeinden, die das 16. Altersjahr zurückgelegt haben,
ohne weitere Voraussetzung einräumt, hat keine negativen Erfahrungen gemacht. Eben-
so sind in den anderen Kantonalkirchen keine negativen Vorkommnisse in Verbindung
mit der Gewährung des Stimm- und Wahlrechtes für Katholiken ohne Schweizer Bürger-
recht bekannt.

Die Integration wird gefördert und die Suche nach Kirchenräten wird breiter
möglich

Die Möglichkeit für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht, in den Kirchgemeinden mit-
zubestimmen, unterstützt die Integration. In den Kirchgemeinden des Kantons Schwyz
sind vermehrt Seelsorgende ohne Schweizer Bürgerrecht tätig; im Dekanat Innerschwyz
verfügen zurzeit elf und im Dekanat Ausserschwyz sechs Pfarrer bzw. Pfarreibeauftragte
nicht über die Schweizer Staatsbürgerschaft. Selbst in den Dekanatsvorständen sind
Seelsorger tätig, die in ihren Kirchgemeinden kein Stimm- und Wahlrecht haben. Für die
betroffenen Geistlichen ist es auch eine Anerkennung, wenn sie in ihrem Bereich die
umfassenden Mitwirkungsrechte erhalten. Pfarrer und Pfarreibeauftragte ohne Schwei-
zer Bürgerrecht sind dann auch in den jeweiligen Kirchenrat als vollwertige Mitglieder
wählbar, genauso wie weitere engagierte Getaufte ohne Bürgerrecht in die Kirchenräte
und in den Kantonskirchenrat gewählt werden können. Das kann die immer schwieriger
werdende Suche nach engagierten Behördenmitgliedern erleichtern.

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Das Stimm- und Wahlrecht hat wenig mit der Anderssprachigenseelsorge zu tun

Die Anderssprachigenseelsorge wird vor allem von den Katholiken beansprucht, die für
den Gottesdienst und die Seelsorge in der örtlichen Pfarrei noch nicht über die genügen-
den Sprachkenntnisse verfügen und sich aktiv um ein kirchliches Leben bemühen. Sie
unterstützt die schrittweise Integration von Katholiken mit einer andern Muttersprache in
die örtliche Pfarrei. Es ist auch verständlich, dass wichtige kirchliche Anlässe, wie Hoch-
zeiten und Taufen, gerne in der Muttersprache und im besonderen kulturellen Rahmen
des Heimatlandes erlebt werden. Insgesamt leistet die Anderssprachigenseelsorge eini-
ges zur Integration von Katholiken aus Ländern mit anderen Muttersprachen.

Die Organisation und Finanzierung der Anderssprachigenseelsorge wird vom Kantona-
len Kirchenvorstand in Zusammenarbeit mit anderen Kantonalkirchen und den entspre-
chenden Missionen geregelt. Das Kirchensteueraufkommen der Katholiken ohne
Bürgerrecht ist deutlich höher als der Aufwand der Kantonalkirche für die Anderssprachi-
genseelsorge.

Das Stimm- und Wahlrecht erhalten Katholiken ohne Bürgerrecht erst mit der Niederlas-
sungsbewilligung C, also erst, wenn sie schon einige Jahre in der Schweiz gelebt haben.

Die Vorlage ist breit abgestützt

Die Vernehmlassung zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne
Schweizer Bürgerrecht vom 10. März 2020, die für jedermann über die Homepage der
Kantonalkirche zugänglich war, nutzten 24 Kirchgemeinden, drei Organisationen und
fünf Einzelpersonen für eine Stellungnahme. 23 Kirchgemeinden stimmten der Vorlage
zu. Nur eine Kirchgemeinde äusserte sich ablehnend. 13 Kirchgemeinden reichten keine
Stellungnahme ein. Die Vorlage fand in der Folge die einstimmige Unterstützung der
vorberatenden Kommission des Kantonskirchenrates sowie die klare Zustimmung des
Kantonskirchenrates. Die Mitglieder des Kantonskirchenrates sind ihren Kirchgemein-
den gewählte Volksvertreter, die im Rahmen der ihnen von der Verfassung der Kantonal-
kirche zugestandenen Kompetenz handelten. Mit dem Zustandekommen des fakultativen
Referendums entscheiden die stimmberechtigten Katholikinnen und Katholiken über die
Vorlage.

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C. Gründe für die Vorlage aus Sicht der Kirche

In der Kirche gibt es keine «Ausländer»

Die römisch-katholische Kirche kennt die Unterscheidung von In- und Ausländern nicht.
Massgebend für die Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche ist das Kirchen-
recht, CIC, c. 205: «Voll in der Gemeinschaft der katholischen Kirche in dieser Welt ste-
hen jene Getauften, die in ihrem sichtbaren Verband mit Christus verbunden sind, und
zwar durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen
Leitung.» Die Kirche besteht aus den Getauften und ihrem Bekenntnis zum Glauben. Die
Staatsbürgerschaft ist kein konstituierendes Element der Kirche.

Der zentrale biblische Begriff der «Gastfreundschaft»

Die Beantwortung der Frage nach einem Stimmrecht für Katholiken aus anderen Län-
dern in der Kirche kann mit dem zentralen biblischen Begriff der «Gastfreundschaft»
beginnen. Gastfreundschaft hat ursprünglich mit der damit verbundenen Freundlichkeit
nicht so viel zu tun. Viel zentraler sagt er etwas aus über das Verhältnis der Menschen
zueinander, nämlich über die Haltung gegenüber dem Pilger und dem Fremdling, die in
der Bibel unendlich oft zum Thema wird. Das ganze Alte Testament, und nicht weniger
das Neue Testament, erinnern beständig an die Verpflichtung, den Fremden bei sich
willkommen zu heissen. Gastfreundschaft ist ein Kennzeichen Jesu Christi selber, in all
den vielen Gastmählern, und sie findet gewiss ihren dichtesten Ausdruck in der eucha-
ristischen Gastfreundschaft, in der es keine Unterschiede des Standes, der Herkunft, der
Nation gibt. Darum gehört Gastfreundschaft, bzw. bereitwillige Aufnahme des «Frem-
den», der in unserer Gemeinschaft volle Aufnahme finden soll, zu den untrüglichen Kenn-
zeichen der christlichen Gemeinde in der Apostelgeschichte und in den Briefen der
Apostel, d.h. im ganzen frühen Christentum, und ebenso in der gesamten christlichen
Antike.

«In der Kirche gibt es keine Fremden!»

In heutiger Terminologie wird man mit allen Päpsten sicher seit dem II. Vaticanum sagen:
«In der Kirche gibt es keine Fremden!» Das ist offenkundig im Gottesdienst: Wenn ein
katholischer Christ aus der «Fremde» in den Gottesdienst kommt, feiert er oder sie als
vollgültiges Mitglied der Eucharistiegemeinschaft den Gottesdienst mit. Ein Christ, der
von aussen kommt, wird ebenso Anspruch haben an der diakonischen Zuwendung, aber
auch an der religiösen Unterweisung und Begleitung wie alle, die schon ihre Jugend hier
verbracht haben. Selbstverständlich werden jene Christen aus andern Ländern oder
Weltgegenden und Kulturen eben «Brüder und Schwestern» genannt. Eigentlich rufen
solche gleichen Rechte von selbst auch nach gleichen oder doch analogen Pflichten,
nämlich mitzutragen am Gemeindeleben. Es ist dann nur ein kleiner Schritt, festzustel-
len, dass der «Fremde» auch eine Mitsprache an der materiellen und spirituellen Gestal-
tung des Gemeindelebens und -aufbaus haben soll.

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Die Feststellung wird vermehrt gemacht werden müssen, dass auch unsere Schweizer
Kirche – und das gilt praktisch für alle Kantone – immer deutlicher eine Migrationskirche
wird. Es kann eigentlich nie mehr von einer rein «schweizerischen Kirchgemeinde» aus-
gegangen werden. Dies ist nicht nur eine zahlenmässige Frage, sondern noch mehr eine
«qualitative», d.h. die vielen Vertreter anders gearteter Kirchen haben etwas beizusteu-
ern und einzubringen und sollen nicht als «quantité négligeable» bloss mitgenommen
und toleriert werden.

Das heisst bei Weitem nicht, dass unsere schweizerische Eigenart im Katholisch-sein
aufgegeben werden muss. Aber es ist gut daran getan, vom Reichtum Anderer zu profi-
tieren. Die Schweiz hat dieses Modell schon viel länger und in manchen andern Berei-
chen praktiziert, indem Migranten sehr Vieles, was wir als «gut schweizerisch» betrachten
mitgeprägt und mitgeformt haben.

Die Kirche wirkt integrierend

Die Migranten in unseren Kirchgemeinden sollen gerade auch von unserer Eigenart einer
demokratisch seit Jahrhunderten stark mitgeprägten Kirche profitieren können, sie ken-
nenlernen können, und in sie einwachsen können. Das soll nicht erst mit dem definitiven
Erwerb des Bürgerrechts erfolgen, der sich, wie die Erfahrung zeigt, oft sehr spät erfolgt
oder erfolgen kann. Darum wäre es ein verantwortliches Handeln, gerade der Kirchge-
meinden, wenn die «Migranten» nach und nach in die Entscheidungsprozesse und an die
Partizipation innerhalb der Kirche, der Kirchgemeinde hineinwachsen könnten. Wenn
von einem Vorliegen der Niederlassungsbewilligung C ausgegangen wird, kann eine sehr
starke Integration bereits angenommen werden. Eigentlich eine ideale Ausgangslage,
gerade diese Mitchristen in unsere Entscheidungen und die aktive Gestaltung des Ge-
meindelebens mit einzubeziehen.

Die volle Gastfreundschaft als christliches Grunddatum und als Grunderfordernis würde
in unserer schweizerischen Wirklichkeit noch einmal viel glaubhafter und anziehender
wirken, wenn, wer ernsthaft am Gemeindeleben mitwirken will, dies auch aufgrund eines
mit den andern Katholiken geteilten Rechtes wahrmachen kann.

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D. Finanzielle Auswirkungen

Die Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht
bringt keine nennenswerten personellen oder finanziellen Folgen mit sich. Lediglich wer-
den bei Abstimmungen und Wahlen an der Urne mehr Stimmrechtsausweise zu drucken
und zu versenden sein.

E. Abstimmungsempfehlung des Referendumskomitees

Das Referendumskomitee hat den nachfolgenden Text zuhanden der vorliegenden Ab-
stimmungsbotschaft verfasst:

Nein zum Ausländerstimm- und Ausländerwahlrecht!

• Weil die Kirchgemeinden selber über das Ausländerstimmrecht befinden sollen!
  Der Kantonskirchenrat masst sich an, das Ausländerstimmrecht nicht nur auf Stufe
  Kantonalkirche, sondern auch auf Stufe der Kirchgemeinden einzuführen. Damit be-
  stimmt der Kantonskirchenrat, wer in einer Kirchgemeinde stimm- und wahlberech-
  tigt ist. Dies sollte jede Kirchgemeinde selber bestimmen dürfen. Immerhin fallen die
  meisten Wahl- und Abstimmungsentscheide bei den Kirchgemeinden und nicht bei
  der Kantonalkirche an.

• Weil 5 Jahre Aufenthalt nicht genügen!
  Eine Niederlassungsbewilligung kann unter Umständen bereits nach einem Aufent-
  halt von 5 Jahren erteilt werden. Wir zweifeln daran, dass für einen Ausländer nach
  einer so kurzen Aufenthaltsdauer die Interessen einer Kirchgemeinde im Vorder-
  grund stehen. Auch zweifeln wir daran, dass nach einem Aufenthalt von 5 bis 10
  Jahren bereits eine genügende Integration stattgefunden hat.

• Weil sich zuerst integrieren soll, wer mitbestimmen will!
  In der Schweiz ist es nicht allzu schwer, sich einbürgern zu lassen. Wer mitbestim-
  men will, soll zuerst Schweizer werden. Erst dann ist es klar, dass jemand die
  örtlichen Gepflogenheiten und Bräuche kennt. Und erst dann soll das Stimmrecht
  erteilt werden, so wie dies auch auf Stufe Gemeinde, Bezirk, Kanton und Bund der
  Fall ist.

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• Weil wir keine Rosinenpickerei wollen!
  Die Kantonalkirche leistet sich eine Anderssprachigen-Seelsorge für Fr. 450 000.– pro
  Jahr. Wenn Ausländer inskünftig schon mitbestimmen sollen, sollen sie zuerst auch
  bei uns mitmachen und an unseren Gottesdiensten teilnehmen und nicht einen
  Sonderzug fahren.

• Weil es in den Kirchgemeinden halt eben doch Ausländer gibt!
  Auch wenn es für die Kirche keine Ausländer gibt, ändert dies nichts an der
  Tatsache, dass es in den Kirchgemeinden halt eben doch Ausländer gibt. Es geht
  vorliegend gar nicht um eine kirchliche Frage, sondern um eine staatspolitische
  Frage.

• Weil wir uns nicht überstimmen lassen wollen!
  Kirchgemeindeversammlungen sind bisweilen schlecht besucht. Es besteht die
  Gefahr, dass sich stimmberechtigte Ausländer mobilisieren, um an einer Versamm-
  lung einen unliebsamen Entscheid zu erwirken.

• Weil: Wehret den Anfängen!
  Was kommt als nächstes? Das Ausländerstimmrecht auf politischer Ebene? Mit einem
  wuchtigen Nein können wir solche Forderungen im Keime ersticken!

Referendumskomitee «Nein zum Stimm- und Wahlrecht
für Ausländerinnen und Ausländer in der Römisch-katholischen Kantonalkirche
Schwyz»

Der Text auf dieser Doppelseite stammt vom Referendumskomitee.
Es ist für den Inhalt und die Wortwahl verantwortlich.

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F. Abstimmungsempfehlung des Kantonskirchenrates und
des Kantonalen Kirchenvorstandes

In der Kirche gibt es keine Ausländer, sondern nur Mitchristen

Die römisch-katholische Kirche kennt keinen Status als «Ausländer», sondern es geht
um Getaufte, um Katholiken, um Gläubige. Diese sollen nach einer genügenden Integra-
tion sowie Vertrautheit mit den hiesigen Sitten und Gebräuchen auch eine aktive Mitver-
antwortung übernehmen können. Das geschieht in der Form der Erteilung des Stimm- und
Wahlrechts, unabhängig vom Schweizer Bürgerrecht. Dafür muss als zwingende Voraus-
setzung die Niederlassungsbewilligung C vorliegen, wie auch die Zugehörigkeit zur rö-
misch-katholischen Kirche und das Erreichen des 18. Altersjahrs nötig sind.
Es geht um die Kirche, nicht um die Nationalität. Die Vorlage bringt nicht die Einführung
eines allgemeinen Ausländerstimmrechts im Kanton Schwyz mit sich, wie es auch nicht
um ein Stimmrecht für Muslime, Juden, Buddhisten, Hindus etc. geht.

Es hat sich andernorts auch bewährt

Ein solcher Miteinbezug der Gläubigen in die Entscheidfindung in den Kirchgemeinden
und in der Kantonalkirche hat sich in vielen anderen Kantonen sowie in der Evange-
lisch-reformierten Kantonalkirche Schwyz bewährt. Er hat keine negativen Begleiter-
scheinungen, sondern wirkt vielmehr integrierend.

Und die Katholiken im Kanton Schwyz stammen in der Regel aus Europa und haben
damit einen ähnlichen kulturellen Hintergrund. Sie sollen im Bereich der Kirche eine Mit-
sprachemöglichkeit haben.

Klare Zustimmung in der Vernehmlassung und einstimmiger Beschluss des
Parlaments

Der Kantonskirchenrat als Parlament der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz
hat nach einer eindeutig zustimmenden Vernehmlassung am 23. Oktober 2020 die Ein-
führung eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht mit
72 Ja gegen 0 Nein und 4 Enthaltungen einstimmig beschlossen. Dadurch soll §3 des
Wahl- und Abstimmungsgesetzes der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz
vom 21. September 2001 (WAG, RSKK 110) um einen neuen Absatz 2 ergänzt werden:

«Ein Mitglied der Kantonalkirche und der Kirchgemeinde seines Wohnsitzes ohne
Schweizer Bürgerrecht, welches das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, ist stimm- und
wahlberechtigt, sobald es die Niederlassungsbewilligung C erhalten hat.»

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G. Abstimmungsfrage

«Wollen Sie den Beschluss des Kantonskirchenrates vom 23. Oktober 2020 über
die Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer
Bürgerrecht in der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz annehmen?»

Der Kantonskirchenrat und der Kantonale Kirchenvorstand empfehlen, der Einführung
eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht in der Rö-
misch-katholischen Kantonalkirche Schwyz zuzustimmen und ein «JA» in die Urne zu
legen.

Für weitere Informationen wird auf die Internetseite www.sz.kath.ch verwiesen.
Auch steht das Sekretariat der Kantonalkirche, Postfach 137, 8808 Freienbach
E-Mail: sekretariat@sz.kath.ch zur Verfügung.

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Triner AG | Schwyz
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