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Hans Eisenmann-Forum 11. Agrarwissenschaftliches Symposium 29. Oktober 2020 Digitale Landwirtschaft - Vernetzung und Interaktion Tagungsband
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Impressum Herausgeber: World Agricultural Systems Center Hans Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften der Technischen Universität München Liesel-Beckmann-Str. 2 85354 Freising Tel: +49.8161.71.3464 Fax: +49.8161.71.2899 E-Mail: Hans-Eisenmann-Forum@tum.de Internet: www.hef.tum.de Redaktion: Claudia R. Luksch Grafik Titelseite: Ediundsepp 1
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Vorwort In den Agrarwissenschaften verbinden sich unterschiedlichsten Disziplinen zu einer komplexen Systemwissenschaft. Zukunftsweisende Schlüsseltechnologien sind dabei Digitalisierung und das Daten- und Informationsmanagement. Neue digitale Methoden helfen bei der Erfassung, dem Verständnis und dem Management komplexer Systeme. Intelligente „off-road“- Fahrzeugsteuerungen und Roboter haben längst einen bedeutsamen Platz in der praktischen Landwirtschaft erobert. Die Zusammenführung der immensen Datenströme in intelligenten Datenbanken und ihre Auswertung wird nicht nur produktionstechnische Aspekte grundlegend ändern, sondern auch die Wahrnehmung der Landwirtschaft in Politik und Gesellschaft. Im Rahmen des eintägigen Symposiums in Weihenstephan wollen wir Schlaglichter auf aktuelle Forschungsthemen in diesem Bereich werfen mit einem Fokus auf den Aspekt der Vernetzung verschiedener Technologien. Ihr Team des Hans Eisenmann-Forums Das Hans Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften verbindet die agrarwissenschaftlich orientierten Professuren der Technischen Universität München. Schwerpunkte sind die Vernetzung der agrarwissenschaftlichen Forschung, die Initiierung gemeinsamer Forschungsvorhaben, die Vermittlung fachlicher Expertise und die Förderung des Wissenstransfers durch Vortragsveranstaltungen und Symposien für Wissenschaftler, Studierende, Praktiker und Experten der Agrarwirtschaft. www.hef.tum.de 2
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Programm Begrüßung Claudia Luksch (Geschäftsführende Referentin) 09:00 Moderation Tobias Hildebrandt (Bayerischer Rundfunk) Vorträge 09:15 – 10:00 Prof. Dr. Cornelia Weltzien TU Berlin, Leibniz Institut für Agrartechnik und Bioökonomie Wird die Digitalisierung den Weg zu einer umweltgesteuerten Landwirtschaft weisen? 10:05 – 10:35 Prof. Dr. Anne-Kathrin Mahlein Georg-August-Universität Göttingen Von Daten zur Information zur Entscheidung – Einsatz digitaler Technologien zum Monitoring von Pflanzen 10:40 – 11:10 Prof. Dr. Chris McCool Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn Robotics and Vision for Precision Agriculture 11:15 – 11:30 Kaffeepause 11:35 – 12:05 Prof. Dr. Andreas Knopp Universität der Bundeswehr, München Verstärkung aus dem All – Satellitenkommunikation für die digitale Landwirtschaft 12:10 – 12:40 Prof. Dr. Ribana Roscher Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Mit maschinellem Lernen zu neuen Möglichkeiten in der Landwirtschaft 3
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion 12:40 – 13:30 Mittagspause 13:30 – 14:30 Posterpräsentationen 14:35 – 15:05 Dr. Dimitrios Paraforos Universität Hohenheim Ifaros Projekt – wie genau sollte Precision Farming sein? 15:10 – 15:40 Prof. Dr. Thomas H. Kolbe Technische Universität München Die Forschungsdateninfrastruktur des Hans Eisenmann-Forums (HEF) für die Agrarwissenschaften der TUM 15:45 – 16:05 Kaffeepause 16:10 – 16:55 Prof. Dr. Senthold Asseng University of Florida/Technische Universität München Future Farming 17:00 – 17:40 Podiumsdiskussion mit allen ReferentInnen und Referenten Schlussworte ca. 17:45 4
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................................................................. 2 Programm .......................................................................................................................................................................... 3 Manuskripte zu den Vorträgen ......................................................................................................................................... 6 Von Daten zur Information zur Entscheidung – Einsatz digitaler Technologien zum Monitoring von Pflanzen ......... 7 Robotics and Vision for Precision Agriculture ............................................................................................................ 11 Verstärkung aus dem All – Satellitenkommunikation für die digitale Landwirtschaft .............................................. 14 Mit maschinellem Lernen zu neuen Möglichkeiten in der Landwirtschaft................................................................ 21 iFAROS project – How precise should Precision Farming be?.................................................................................... 24 Die Forschungsdateninfrastruktur des Hans Eisenmann-Forums (HEF) für die Agrarwissenschaften der TUM ....... 28 Future Farming ........................................................................................................................................................... 29 Manuskripte zu den Postern ........................................................................................................................................... 32 Experimentierfeld „DigiMilch“: Digitalisierung der Prozesskette Milcherzeugung. .................................................. 33 Digimilch - Demonstrationsprojekt 1: Wirtschaftsdüngermanagement.................................................................... 35 DigiMilch - Demonstrationsprojekt 2: Sensorgestützte Ertragsermittlung ............................................................... 37 DigiMilch - Demonstrationsprojekt 3: Fütterungsmanagment .................................................................................. 39 DigiMilch - Demonstrationsprojekt 4: Vernetzte Stalltechnik ................................................................................... 41 DigiMilch - Demonstrationsprojekt 5: Vernetzte tierindividuelle Sensorsysteme .................................................... 43 Entwicklung eines Monitoringsystems zur Ermittlung einer beginnenden Hitzebelastung bei Milchkühen mit Weidehaltung ............................................................................................................................................................. 45 Automatische Lahmheitserkennung anhand von Leistungs- und Verhaltensparametern ........................................ 48 Small field robots for small-scale farmers? ................................................................................................................ 50 Digitale Technologien für eine gesellschaftlich akzeptierte Landwirtschaft? ............................................................ 52 AKUSIO - Acoustic Sensor Data Fusion for Networked and Automated Biodiversity Monitoring ............................. 54 Ein Offenes und Standardisiertes Internet der Dinge für eine Digitale und Kooperative Agrarwissenschaftliche Forschung ................................................................................................................................................................... 57 Digitalization in Agriculture: New Research Area or Buzz-Word Trend? A Literature Analysis ................................ 59 5
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Manuskripte zu den Vorträgen 6
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Anne-Katrin Mahlein Institut für Zuckerrübenforschung Holtenser Landstrasse 77 37079 Göttingen mahlein@ifz-goettingen.de Von Daten zur Information zur Entscheidung – Einsatz digitaler Technologien zum Monitoring von Pflanzen Digitale Technologien halten zunehmend Einzug in die Landwirtschaft. Sie zeigen bereits heute ein großes Potenzial für die effiziente Verwaltung von Anwendungen im Feld. Innovationen und die enormen Fortschritte in den Bereichen Sensor- und Kameratechnik, Plattformen und maschinelles Lernen sind positiv zu bewerten. Intensive Forschung durch verschiedene Institutionen und technische Entwicklung unterstützen die Umsetzung in der Landwirtschaft. Die Einbindung von Expertenwissen in die Auswertung von Sensordaten und von Ergebnissen des maschinellen Lernens ist dabei unerlässlich, um das Potenzial digitaler Technologien gezielt nutzen zu können. Im Bereich der Pflanzenwissenschaften geht es dabei um die Erkennung von Krankheiten und Stressursachen, aber auch um Parameter wie Bestandsentwicklung und Ertragsbildung. Diverse optische Technologien und deren Einsatzmöglichkeiten zur Erkennung von Pflanzenstress (biotischen und abiotischen) erfahren zurzeit ein großes Interesse der Landwirte und Agribusiness-Unternehmen sowie in der Gesellschaft. Um diese Technologien effektiv in die landwirtschaftliche Praxis zu integrieren, bedarf es noch einer intensiven Forschung und der Entwicklung von praxistauglichen Routinen. Die Interpretation der Daten im agrarwissenschaftlichen Kontext spielt eine entscheidende Rolle. Wissenschaftliche Studien haben bereits gezeigt, dass optische Sensoren eine akkurate und objektive Bonitur von Pflanzenmerkmalen wie zum Beispiel Krankheiten oder Trockenstress ermöglichen. Die Ergebnisse dieser Studien nun dem Pflanzenbau zugänglich zu machen ist die aktuelle Herausforderung. Optische Sensoren arbeiten nicht-invasiv und können damit über die Vegetationsperiode die Entwicklung an ein und derselben Pflanze oder eines Feldes betrachten. Mit verschiedenen Technologien wie zum Beispiel digitaler Bildverarbeitung (RGB), Chlorophyllfluoreszenz, 3D-Imaging, thermographische (TIR) und hyperspektrale Sensoren (HSI) können relevante Pflanzenparameter charakterisiert werden (Bock et al. 2020). Aktuell wurde z. B. eine Smartphone-Anwendung zur automatischen Erkennung von Zuckerrübenkrankheiten publiziert, bei der mit einer konventionellen Smartphone-Kamera Bilder von Zuckerrübenblättern durch den Landwirt oder Berater aufgenommen und anschließend in einer App ausgewertet werden. So steht innerhalb von Sekunden eine Information zur Krankheitsursache bereit (www.isip.de/isip/servlet/isip-de/apps). Smartphone-Anwendungen dieser Art sind vor allem für die landwirtschaftliche Beratung, Landwirte, aber auch den privaten Gebrauch geeignet. Allerdings müssen 7
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion hier die Krankheitssymptome bereits mit bloßem Auge erkennbar sein. Der Datendurchsatz ist dabei noch begrenzt und die erhobenen Informationen könnten zukünftig in Prognose/Expertensystemen für zeitlich abgestimmte Pflanzenschutzmaßnahmen integriert werden. Eine Bekämpfungsentscheidung erfolgt in der Praxis jedoch nach Schadschwellensystemen, die bisher noch nicht sensortechnologisch definiert werden konnten. Verschiedene Anwendungsfelder mit Drohnen als Plattformen sind aktuell ebenfalls weit verbreitet, zum Beispiel zur Erkennung von Unkräutern anhand von RGB-Bildern oder zum Zahlen von Pflanzenbeständen und ableiten von Ertragsparametern (www.phenoinspect.de) (Chebrolu et al. 2019). Es können nicht nur Einzelpflanzen erfasst und in ihrer Entwicklung beobachtet werden sondern auch einzelne Ähren detektiert werden. Abbildung 1. Drohne mit multispektraler Kamera und Drohne mit hoch aufgelöster RGB-Kamera auf dem digitalen Experimentierfeld FarmerSpace in Göttingen im Einsatz. Auch Wärmebildaufnahmen ermöglichen eine Erkennung von Pflanzenkrankheiten, da die gemessene Temperatur einer Pflanze mit der Wasserbilanz und der Transpiration − beides Parameter, die durch Krankheiten beeinflusst werden − eng korreliert ist. Wärmebildaufnahmen sind zwar einerseits hochempfindlich, aber eine Differenzierung zwischen biotischen (Krankheiten) und abiotischen Auslösern (z. B. Trockenstress) für Temperaturveränderungen bei Pflanzen ist zzt. nur begrenzt möglich. Ähnlich verhält es sich bei der Chlorophyllfluoreszenz, eine ebenfalls hochempfindliche Methode zur Erfassung von Stress ohne die Möglichkeit zur Differenzierung von Ursachen. 8
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Ein großes Potential wird aktuell hyperspektralen Sensoren zugesprochen. Diese Sensoren erfassen die Reflexion von Pflanzen in unterschiedlichen Wellenlängen (Mahlein et al. 2018). Diese Reflexion wird maßgeblich durch pflanzentypische Eigenschaften bestimmt. Der sichtbare Bereich (VIS) von 400-700 nm wird durch den Gehalt an Blattpigmenten beeinflusst. Im Nahinfrarot (NIR) von 700-1000 nm spielen die Struktur des pflanzlichen Gewebes und die Architektur des Bestandes eine entscheidende Rolle (Paulus & Mahlein 2020). Der kurzwellige Infrarotbereich (SWIR) von 1000-2500 nm wird durch den Gehalt an verschiedenen Inhaltstoffen wie Lignin, Cellulose, Aminosäuren und insbesondere durch den Wassergehalt geprägt. Biotischer und abiotischer Stress beeinflussen diese Faktoren in charakteristischer Weise, so dass die Summe der Einflüsse in Ihrer Komplexität zu spezifischen spektralen Mustern führen. Hyperspektrale Fernerkundungsverfahren sind z. B. besonders gut geeignet um Pflanzenkrankheiten zu erkennen, die heterogen im Bestand verbreitet sind und Befallsnester ausbilden. Abbildung 2: Zuckerrübenfeld mit einer Drohne und einer Multispektralkamera aufgenommen. Das Falschfarbenbild visualisiert Werte des Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) dar, welcher mit den Faktoren Vitalität und Biomasse korreliert. Für eine erfolgreiche Implementierung in die landwirtschaftliche Praxis müssen spezifischere, robuste und kostengünstigere Sensoren entwickelt werden. Neben Technologien für die Aufnahmen von Pflanzenbeständen kommt der Auswertung der meist sehr komplexen Daten eine Schlüsselrolle zu – das Überfliegen mit der Drohne alleine reicht nicht aus. Das Datenhandling und die Interpretation der Daten stellt hohe Anforderungen an die Speicher- und Rechenkapazität und es gilt − möglichst in Echtzeit – Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Aktuelle Entwicklungen im Bereich des sogenannten Maschinellen Lernens sind hier vielversprechend, bringen aber eine hohe Komplexität bei der Entwicklung mit sich (Schramowski et al 2020). Eine Plattform um aktuell verfügbare Verfahren und Entwicklungen zu evaluieren wird durch das Experimentierfeld „Farmerspace“ am in Göttingen durch die Projektpartner Institut für Zuckerrübenforschung, Abteilung Agrartechnik Universität Göttingen, IOSB Fraunhofer und Landwirtschaftkammer Niedersachsen etabliert. Zum Thema „Digitaler Pflanzenschutz“ sind Akteure verschiedenster Kategorie vom Hersteller für Anbaugeräte über Prognoseanbieter bis 9
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion hin zu Anbietern von smarten Sensoren eingeladen, gemeinsam mit den Projektpartnern ihre Produkte auf den Projektfeldern zu evaluieren und die Ergebnisse auf Feldtagen zu zeigen. Danksagung FarmerSpace ist eines von bundesweit 14 Projekten, die im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des BMEL gefördert werden. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Literatur Bock, C., J.G.A. Barbedo, E.M. Del Ponte, K.-S. Chiang, D. Bohnenkamp, A.-K. Mahlein (2020). From visual estimates to fully automated sensor-based measurements of plant disease severity: status and challenges for improving accuracy. Phytopathology Research 2 (2020), Article Number 9, 1-36, doi 10.1186/s42483-020-00049-8 Chebrolu, N., P. Lottes, T. Laebe, and C. Stachniss (2019) Robot Localization Based on Aerial Images for Precision Agriculture Tasks in Crop Fields,” in Proc. of the IEEE Intl. Conf. on Robotics & Automation (ICRA) Mahlein, A.-K., M. T. Kuska, J. Behmann, G. Polder, A. Walter (2018) Hyperspectral Sensors and Imaging Technologies in Phytopathology: State of the Art. Annual Review of Phytopathology 56, 535-558 Paulus, S., A.-K. Mahlein (2020) Technical workflows for hyperspectral plant image assessment and processing on the greenhouse and laboratory scale. GigaScience 9, doi: 10.1093/gigascience/giaa090 Schramowski, P., W. Stammer, S. Teso, A. Brugger, F. Herbert, X. Shao, H.-G. Luigs, A.-K. Mahlein, K. Kersting (2020) Making deep neural networks right for the right scientific reasons by interacting with their explanations. Nature Machine Intelligence (2020) 2, 476-486, doi: 10.1038/s42256-020-0212-3; https://rdcu.be/b6dRr 10
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Chris McCool Agriculturel Engineering and Robotics University of Bonn cmccool@uni-bonn.de Robotics and Vision for Precision Agriculture Overview Robotics and autonomous systems offer the potential to revolutionise agricultural practices by enabling plant-specific management. This can only be achieved if they are able to sense and understand the state of each plant in the field. A critical element for unlocking this potential is the robotic vision systems that enable robots and autonomous systems to understand and sense their environment. Advances in robotic vision and machine learning is critical to enabling widespread deployment of robotics in agriculture. However, there is still a considerable gap between farming requirements and available technology due to the large differences between cropping environments. This creates a pressing need for models with greater generalisability. This presentation will discuss some of the advances in robotic vision and present recent methods that have explored the generalizability across fields and how to learn lightweight models that could be deployed in resource limited environments, such as robots. Advances in Robotic Vision Recent advances in machine learning have had considerable impact for robots that are deployed in the real world (agricultural robotics). In [1], we proposed a system, termed DeepFruits, that was capable of detecting fruits in a range of different environments. This approach explored the use of using the Faster-RCNN framework [4] to perform fruit detection as well as exploring how to combine multi-modal, color (RGB) and near-infrared (NIR), to improve detection performance. It was demonstrated that this approach could yield improvements in the detection accuracy and was quicker to deploy to new environments compared to prior approaches [2]. This is because the detection approach underlying DeepFruits only requires the labelling of a bounding box, whereas, prior approaches required pixel-level annotations. The generalizability of this approach was demonstrated on seven fruit. Building on the advances from DeepFruits we then explored how to estimate finer-grained phenotypic information. An approach such as DeepFruits can be used as the basis for building correlations to predict the yield. This is important but coarse information, however, even finer-grained phenotypic information could be obtained if we could use this approach to estimate the number of fruit and their current state (e.g. ripeness). In [3], we presented an approach to do this by exploiting video sequences. Using the video sequence enabled us to perform tracking-via-detection and thus 11
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion perform fruit counting. Furthermore, we introduced a parallel structure to the Faster-RCNN framework [4] to estimate the ripeness of the detected fruit. This allowed us to, in a single network, both detect and estimate the ripeness of sweet pepper in the field. Generalizabiliy Across Fields For the widespread deployment of robotics to become a reality, the algorithms need to have high accuracy in a range of cropping environments. Despite the advances presented in the prior work, there is still a considerable gap between farming requirements and the capability of current technology to be deployed in a variety of different cropping environments. To address, this we have been exploring ways to improve generalizability of our models. In [5], we explored the issue of generalisability by exploring the ability of our algorithms to deal with different cultivar (subspecies) and deployed in different environments (field vs glasshouse). Using data collected in both the northern and southern hemisphere we were able to have a range of datasets that allowed us to investigate the impact of varying domains, cultivar, cameras, and geographic locations; this data has been released and we hope that it stimulates greater research in this area. Using this data, we were able to highlight the importance of using a variety of data to train our models. Additionally, it was found that multi-task learning could greatly enhance the generalizability of our models. We extended the DeepFruits architecture, based on Faster-RCNN, to include instance-based semantic segmentation using the Mask-RCNN framework [6]. Using this to drive multi-task learning it was found that we could increase the detection performance across datasets from 0.323 to 0.700, for the F1 score. This result is important as it indicates that rather than just adding more data it is possible to improve generalizability by presenting different tasks to the learning algorithm. Lightweight Models for Resource Limited Environments (Robots) The algorithms that we have described all rely on deep learning but, a problem with deep learning is that these models can be computationally expensive to deploy. As an example, even the relatively small Inception-v3 model consists of 25M parameters while the commonly used VGG network has 180M. Deploying some of these advanced models requires considerable computing infrastructure which is not always possible on a robot which has limited space and energy. To overcome some of the above issues, in [7] explored a novel approach to training deep convolutional neural networks (DCNNs) that allowed us to trade off complexity and accuracy. This led to the development of lightweight models suitable for robotic platforms. The approach consists of three stages. First, we adapt a pre-trained model to the task at hand. This provides state-of-the-art performance but at the cost of high computational complexity. Second, we use the adapted model and employ model compression techniques to learn a lightweight DCNN that is less accurate but has considerably fewer parameters. Third, we combine several of these lightweight models to provide improved performance. The combination is performed using a mixture approach [8]. Using this approach for the task of weed 12
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion segmentation, we were able to improve the accuracy from 85.9%, using a traditional approach, to 93.9% by adapting a complicated pre-trained DCNN (Inception-v3). However, this adapted model could not run in real-time (0.12 fps). Employing the proposed approach, we were able to learn a mixture of lightweight models that could achieve accuracies over 90% while running in real-time (> 1fps). Literature [1] Inkyu Sa, Zongyuan Ge, Feras Dayoub, Ben Upcroft, Tristan Perez, Chris McCool, "DeepFruits: A fruit detection system using deep neural networks", Sensors, 2016. [2] Chris McCool, Inkyu Sa, Feras Dayoub, Christopher Lehnert, Tristan Perez, Ben Upcroft, "Visual detection of occluded crop: For automated harvesting", IEEE International Conference on Robotics and Automation (ICRA), 2016. [3] Michael Halstead, Christopher McCool, Simon Denman, Tristan Perez, Clinton Fookes, "Fruit quantity and ripeness estimation using a robotic vision system", IEEE Robotics and Automation Letters, 2018 [4] S. Ren, K. He, R. Girshick, J. Sun, "Faster R-CNN: Towards Real-Time Object Detection with Region Proposal Networks", Advances in Neural Information Processing Systems 28, 2015. [5] M. Halstead, S. Denman, C. Fookes, C. McCool, "Fruit Detection in the Wild: The Impact of Varying Conditions and Cultivar", To appear in Digital Image Computing: Techniques and Applications, 2020. [6] K. He, G. Gkioxari, P. Dollár and R. Girshick, "Mask R-CNN", IEEE International Conference on Computer Vision (ICCV), 2017. [7] C. McCool, T. Perez, B. Upcroft, "Mixtures of lightweight deep convolutional neural networks: applied to agricultural robotics", IEEE Robotics and Automation Letters, 2017. [8] ZongYuan Ge, Alex Bewley, Christopher McCool, Peter Corke, Ben Upcroft, Conrad Sanderson, "Fine-grained classification via mixture of deep convolutional neural networks", IEEE Winter Conference on Applications of Computer Vision (WACV), 2016. 13
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Andreas Knopp Universität der Bundewehr Institut für Informationstechnik Werner-Heisenberg-Weg 39 85577 Neubiberg Andreas.knopp@unibw.de Verstärkung aus dem All – Satellitenkommunikation für die digitale Landwirtschaft Kurzzusammenfassung Die Digitalisierung der Landwirtschaft hängt von leistungsfähigen Kommunikationsnetzen für die Anbindung von Sensoren und Effektoren an das “Internet der Dinge” ab. In vielen landwirtschaftlich bedeutenden Regionen stehen moderne Mobilfunknetze aber bisher nicht zur Verfügung. Satellitendienste sind eine etablierte und zuverlässige technische Lösung für die Anbindung entlegener Regionen. Innovative Satellitendienste im Kontext des “Internet der Dinge” können bestehende Angebote ergänzen und unerschlossener Gebiete in Netz bringen. Einführung Die Nutzung von digitalen Mehrwertdiensten für die Landwirtschaft, subsummiert unter modernen Begriffen wie „Smart Farming“ oder „Precision Agriculture“, ist in vielen Bereichen bereits etabliert und gewinnt weiter an Bedeutung. Viele oder sogar die meisten der heutigen Services nutzen bereits Satellitendaten, insbesondere Erdbeobachtungsdaten und Satellitennavigationsdaten. Das breite Angebote an satellitenbasierten Mehrwertdiensten illustriert Abbildung 1. Ein prominentes Beispiel ist das Copernicus Programm der Europäischen Kommission, welches optische Satellitenbilder, Aufnahmen im nahen Infrarot und Radardaten bereitstellt und von vielen Landwirten genutzt wird, um beispielsweise das Pflanzenwachstum zu kontrollieren und den Düngemitteleinsatz sowie die Bewässerung von Feldern zu optimieren. Satellitennavigationssysteme sind bei der Automatisierung von Erntemaschinen im Einsatz; zunehmend wird die Erdbeobachtung per Satellit auch in der Waldwirtschaft verwendet. Im 10. Agrarwissenschaftlichen Symposium des Hans Eisenmann Forums 2019 wurde bereits über die Möglichkeiten der Erdbeobachtung für die Digitalisierung der Landwirtschaft berichtet. Dabei wurden auch neue Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) für die Datenauswertung vorgestellt (Körner, 2019). Der vorliegende Beitrag erweitert das Spektrum nunmehr um Technologien aus den Bereichen der Satelliten- und Weltraumkommunikation mit besonderem Fokus auf das Internet der Dinge (engl. Internet of Things, kurz: IoT), da die Anbindung von Maschinen und Sensoren mithilfe von IoT-spezifischer Funktechnologie neue Möglichkeiten der Steigerung von Produktivität und Effizienz 14
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion bietet. Abbildung 1: Die wichtigsten Satellitendienste und Infrastrukturelemente mit Relevanz für die Landwirtschaft. Ausgewählte Zahlen und Fakten zum Internet der Dinge Man darf heute davon ausgehen, dass die Relevanz von IoT Dienstleistungen in allen Lebensbereichen dramatisch zunehmen wird. Inzwischen wird vorhergesagt, dass bereits bis zum Jahr 2025 die Anzahl vernetzter Endgeräte auf ca. 25 Mrd steigen wird (Ericsson, 2020). Während 78% der IoT Anwendungen weiterhin im Bereich des sog. short range IoT gesehen werden, einem Segment, das schon heute verschiedene Funktechnologien wie „Bluetooth“ oder „Zigbee“ mit einer typischen Reichweite bis zu 100 Metern zusammenfasst, sollen ca. 22% (5.5 Mrd) der IoT Verbindungen zukünftig auf sog. wide area Anwendungen entfallen. Diese Gruppe der wide area Verbindungen beschreibt eher großflächig verteilte und zu vernetzende Endgeräte. Sie wird weiter unterteilt in die drei Kategorien massive IoT zur Abgrenzung von broadband IoT und critical IoT Applikationen. In der Klasse der massive IoT Anwendungen werden große Zahlen preisgünstiger Endgeräte mit geringer Komplexität und langer Batterielebensdauer gesehen, deren Datendurchsatz und Sendehäufigkeit eher gering bleiben. Im Gegensatz dazu sind beim broadband IoT die Datenratenanforderungen deutlich höher, während zugleich geringer Latenzzeiten benötigt werden. Schließlich bilden die critical IoT Anwendungen eine eigene Klasse besonders zeitkritischer Applikationen mit höchsten Zuverlässigkeits- und Latenzvorgaben, bspw. im Bereich des autonomen Fahrens. Etwa 95% aller wide area IoT Verbindungen wird nach heutiger Prognose über zellulare Netze, d.h. die Mobilfunknetze, realisiert werden (Ericsson, 2020). Während für die überwiegende Anzahl von massive IoT Funktionen (ca. 52% aller wide area Verbindungen) dabei schon 2G und 3G Netze ausreichend sind, kann der Großteil der broadband IoT Anwendungen (ca. 34% aller wide area Verbindungen) mit 4G Netzen sichergestellt werden. Die critical IoT Anwendungen erfordern dagegen zwingend 5G Serviceelemente und werden im 5G Standard einen eigenen Platz 15
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion finden. Rechnerisch verbleiben 5% der wide area Verbindungen, die als non-cellular IoT nicht mit zellularen Netzen realisiert werden (ca. 275 Mio). Die Masse nicht-zellularen IoTs entfällt dabei auf die „Low Power Wide Area“ (LPWAN) Technologien, also eigene Übertragungsstandards außerhalb von 5G, mit denen räumlich begrenzte IoT Netze mit besonders geringer Bandbreite und Sendeleistung aufgebaut werden können. Die bekanntesten LPWAN Technologien bzw. (Quasi-) Standards sind heute LoRa und SigFox. Besonders LoRa hat mit mehr als 140 Netzen in 161 Ländern (Stand September 2020) großen Erfolg. Die hinter dem Standard stehende LoRa Allianz bezeichnet sich nicht ohne Grund selbst als die am schnellsten wachsende Gemeinschaft für die großflächige Verbreitung leistungsfähiger IoT Netze mit mehr als 500 Mitgliedsfirmen weltweit (LoRa Alliance, 2020). Angesichts extrem attraktiver Preismodelle für die Geräte und Services, die heute auch viele kostenfreie Elemente beinhalten, sowie einer schnell wachsenden Gemeinschaft von „open source“ Entwicklern und Anwendern gehen Experten davon aus, dass die Schätzung von 275 Mio non-cellular IoT Verbindungen bis 2025 eher konservativ sein dürfte, ebenso wie der geschätzte Anteil von nur 5% an allen wide area IoT Anwendungen. Praktische Bedeutung auch hierzulande haben LoRa Netze sowie auch andere LPWAN Technologien im Bereich der „Smart City“ Services städtischer Energieversorgungs- und Transportunternehmen, aber auch in der Vernetzung großer Industrie- und Fertigungsanlagen („Industrie 4.0“). Die großen deutschen Mobilfunkunternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung von LPWAN Systemen an und planen, eigene Sendemasten neben 5G freiwillig auch um LPWAN Elemente zu erweitern. Satelliten im Internet der Dinge Da also eine Vielzahl von IoT Endgeräte in abgelegenen und infrastrukturell wenig erschlossenen Gebieten Verwendung finden wird, ist auch das Interesse der Satellitenbetreiber an diesem Marktsegment geweckt (ESOA - EMEA Satellite Operators Association, 2020). Typische Beispiele für die avisierten Anwendungen sind Sensoren in der Öl- und Gasindustrie, der Wasserwirtschaft, der weltweiten Bahn- und Seelogistik oder eben der Umwelttechnik und Landwirtschaft. Darüber hinaus sollen mit neuen „Satelliten-Megakonstellationen“ in niedrigen Erdorbits auch latenzkritische Anwendungen unterstützt werden, insbesondere in den Bereichen autonomes Fahren und Fliegen. Solche Megakonstellationen werden heute vermehrt von privaten Initiativen vorangetrieben; zu den bekanntesten und wirtschaftlich aussichtsreicheren Beispielen gehören nach dem Stand der öffentlich verfügbaren Informationen wohl das „Starlink“-System des Technologie-Entrepreneurs Elon Musk oder das „Kuiper Projekt“ des Amazon-Gründers Jeff Bezos. In Abhängigkeit der Marktanforderungen und der Anwendungsszenarien setzen satellitenbasierte Angebote heute sowohl auf zellulare (5G) Technologien als auch auf nicht zellulare LPWAN Dienste. Entscheidend sind in den meisten Fällen die Latenzanforderungen der angestrebten Anwendung, der Bedarf an Integration in vorhandene Netze, Beschränkungen für die Bauform und Größe der Antennen sowie die benötigte Datenrate und Sendewiederholrate. Vor allem die Megakonstellationen setzen häufig auf den 5G Standard, um damit terrestrische Mobilfunknetze zu erweitern und zu verdichten und eine hohe Bandbreite von autonomen Mobilitätsanwendungen zu ermöglichen. Vorteilhaft an dieser Strategie ist außerdem die Verfügbarkeit einer breiten Palette terrestrischer Endgeräte und damit eine breite Kundenbasis. Alternativ zu den Weltraum-Entrepreneuren bieten auch die traditionellen 16
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Satellitenbetreiber inzwischen eigene Produkte zur Integration ihrer Satelliten in terrestrische Netze an. Neben 5G spielen hier auch LPWAN Systeme und Kleinsatellitenkonstellationen (sog. Micro- oder Nano-Satellites) eine Rolle, ebenso wie immer wieder neue Startup-Firmen, die satellitenbasierte IoT-Dienstleistungen entwickeln. Hinzu kommen derzeit mehr als 150 angekündigte Satellitenkonstellationen weltweit mit über 25.000 Satelliten, von denen allein 20 gezielt den IoT Markt adressieren (NSR - Northern Sky Research, 2019). Auch wenn die tatsächliche Angebotsvielfalt und Realisierungsquote aufgrund der finanziellen und regulatorischen Hürden wohl deutlich geringer bleiben dürften, unterstreichen diese Zahlen das kommerzielle Interesse an der Raumfahrt für IoT. Die unterschiedlichen Herkunftsländer dieser Unternehmen, bspw. Hiber (Niederlande), Myriota (Australien) oder Swarm (USA), spiegeln den globalen Technologiewettlauf anschaulich wider. Deutschland hat zwar noch kein äquivalentes Unternehmen im Markt, es existieren aber durchaus vielversprechende Initiativen und die verschiedenen jüngst initiierten Innovationsprogramme in Bayern und im Bund werden hoffentlich ihren Beitrag im wiederkehrenden „Wettlauf um den Weltraum“ leisten. Dem Vorteil günstiger Latenzbedingungen aufgrund des vglw. geringen Abstandes der Satelliten von der Erdoberfläche, der in der Regel 1.000 km nicht überschreitet, steht bei Megakonstellationen der Nachteil gegenüber, dass für permanente Netzverfügbarkeit sehr viele Satelliten benötigt werden. Je nach Höhe der Flugbahn, der gewünschten Netzverfügbarkeit, der Anzahl unterstützter Nutzer oder des Datenratenbedarfs werden Satellitenkonstellationen mit knapp unter hundert bis hin zu mehreren tausend Einzelsatelliten geplant, die in der Regel in einer Formation geflogen werden. Typische Konstellation wie das bereits genannte Starlink-System planen mit 600-800 Einzelsatelliten mit etwas mehr als 500 km Flugbahnhöhe. Trotz der damit verbundenen Möglichkeiten einer Serienfertigung in Verbindung mit einem hohen Grad an Automatisierung im Flugbetrieb benötigten solche Konstellationen Milliardeninvestitionen. Eine heute preisgünstigere Alternative bildet die Klasse der geostationären Satelliten, die mit ca. 36.000 km Bahnabstand über dem Äquator dieselbe Winkelgeschwindigkeit wie die Erde haben. Damit nehmen geostationäre Satelliten aus Sicht des Beobachters auf der Erde eine scheinbar unveränderliche Position ein. Solche Satelliten werden seit den 1960er Jahren insbesondere für die Verbreitung von Rundfunk genutzt und können mit fest installierten Antennen empfangen werden. Ein moderner geostationärer Satellit kann heute in einem definierten Bereich der Erdoberfläche eine Netzstruktur aufbauen, die nach Art und Nutzungsmöglichkeiten mit einem Mobilfunknetz vergleichbar ist. Jedoch gibt es den wichtigen und physikalisch unumstößlichen Unterschied, dass durch die langen Signalwege die Latenz der Signale etwa eine Größenordnung höher ist als bei 4G und etwa zwei Größenordnungen höher als bei 5G. Diesem Nachteil steht wiederum der Vorteil gegenüber, dass die Installations- und Betriebskosten eines geostationären Satelliten um mindestens eine Größenordnung geringer sind als bei einer Konstellation im niedrigen Erdorbit. Dafür wird zwar auch nur ein Teil der Erde versorgt, bspw. ein Land oder Kontinent, dies entspricht nicht selten aber auch exakt dem Bedarf, nicht nur in der Landwirtschaft. IoT für geostationäre Satelliten ist derzeit noch ein Nischenthema, das aber zunehmend auf wissenschaftliches und kommerzielles Interesse stößt (Knopp, 2020). Aus Sicht der Hersteller von IoT Produkten scheiden geostationäre Satelliten nicht in erster Linie wegen der unvermeidbaren Latenz aus, denn ein großer Teil der massive IoT Anwendungen hat keine Echtzeitanforderungen. Das Problem ist vielmehr die geringe erreichbare Datenrate bei 17
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion kleinen Antennengrößen am Boden in Verbindung mit technischen Randbedingungen klassischer IoT- Übertragungsverfahren. Zur Illustration und groben Orientierung zeigt Abbildung 2 einige Antennenbeispiele und die Größenordnung der erreichbaren Datenrate bei Nutzung typischer geostationärer Satelliten und Sendefrequenzen um 10 GHz. Angenommen ist ferner freie Sicht zum Satelliten. Abbildung 2: Antennengrößen und Datenraten-Regime bei Nutzung geostationärer Satelliten. Um sehr kleine IoT-Sender realisieren zu können, bleibt die Datenrate auf einige 10 bis 100 Bit/sec beschränkt, sodass die Übermittlung eines Telegramms mit einigen Kilobyte Dateninhalt, bspw. eines Temperaturwertes oder einer Koordinate, mehrere Sekunden in Anspruch nehmen wird. Zwar ist dies von der Anwendungsseite her meistens unproblematisch, aber solche langen Telegramme stellen höchste Anforderungen an die Synchronisation, d.h. an die Fähigkeit des Empfängers, das Telegramm auch über längere Zeit fehlerfrei detektieren zu können. Soll der Empfang zugleich bei sehr niedrigen Sendeleistungen möglich sein, eine bei batteriebetriebenen Geräten unabdingbare Anforderung, müssen bereits im technischen Entwurf des Übertragungsverfahrens Vorkehrungen getroffen werden. Von den bisher diskutierten IoT Übertragungsverfahren kommt daher keines für die geostationäre Satellitenübertragung infrage, da alle mindestens einige Kilobit kontinuierliche Datenrate benötigen, um vom Empfänger fehlerfrei detektiert zu werden. So konnte mit einem LoRa Einzelsender bspw. eine erfolgreiche Übertragung über geostationäre Satelliten demonstriert werden, dabei kam aber eine für IoT recht große Antennen (die zweite Antenne von rechts in Abbildung 2) zum Einsatz, um eine Kilobitrate zu erreichen. Zu beachten ist ferner, dass bei LoRa und anderen LPWAN-Signalen die Kollision von Telegrammen verschiedener Sender am Eingang des Empfängers schnell zur Überlastung des Systems führt. Gerade beim Einsatz von Satelliten, die einen großen Bereich der Erde und damit viele potenzielle Sender erfassen, ist das problematisch. Die genannten Nachteile bekannter LPWAN Verfahren haben schließlich zur Entwicklung optimierter LPWAN Signalformen für geostationäre Satelliten geführt (Hofmann & Knopp, 2020). Weitere Impulse zur Verbesserung kommen aus dem Bereich der Codierungstheorie, insbesondere für sehr kurze Telegramme und geringe Sendeleistungen (Kramer, Liva, Donev, & Coskun, 2020). 18
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Satellitenkommunikation – neue Optionen für die Landwirtschaft Abbildung 3: Hybride Vernetzungsoptionen unter Nutzung von Satellitenverbindungen (der Satellit kann ein Einzelsatellit sein oder stellvertretend für eine Konstellation stehen). Kommunikationssatelliten können nicht nur im Internet der Dinge einen Beitrag zur Digitalisierung der Landwirtschaft leisten. Auch bei der Breitbandversorgung oder der Anbindung von Mobilfunksendeanlagen können sie Ausbaulücken schließen und vorhandene Netze bis in abgelegene Regionen hinein erweitern. Abbildung 3 illustriert hierzu diverse Vernetzungsoptionen. Mithilfe einer lokalen Basisstation werden Maschinen und IoT Geräte heute terrestrisch vernetzt. Die Basisstation kann dabei über einen Internetzugang verfügen, sei es per Erdkabel oder auch über ein Satellitenterminal, oder sie kann autark agieren in Form eines sog. „ad-hoc“ Netzes. Durch die kurzen Signalwege können sehr strikte Latenzanforderungen zwischen den Maschinen eingehalten werden, wenn der genutzte Standard dies unterstützt. Handelt es sich um eine 5G Basisstation, sind sogar innerhalb des Netzes höchste Latenzanforderungen erfüllbar, da wichtige Operationen und Entscheidungen direkt in Computern an der Basisstation erfolgen (sog. „Edge-Computing“). Auch eine Lösung als „Campusnetz“ ist denkbar, bei der kleine private 5G Netze oder auch andere Funknetze wie industrielle WLAN Netze ohne einen großen Mobilfunkanbieter lokal begrenzt zum Einsatz kommen. Campusnetze können dann wiederum auch per Satellit ans Internet angebunden werden, um latenzunkritische Massendaten wie bspw. Kartendaten oder Datenbankinformationen zu erhalten oder gesammelte Daten im Internet zur Verfügung zu stellen. Bleiben die Funktionen auf massive IoT Anwendungen beschränkt, könnte eine solche Architektur prinzipiell auch ein LoRa Netzwerk abbilden. Entfällt dabei sogar die Latenzkritikalität, bspw. für solche Sensoren im Feld, die nur sehr selten einzelne Datenwerte senden, könnte auf eine Basisstationskomponente vollständig verzichtet werden, weil die wide area IoT Sender mithilfe einer der vorgenannten Technologien direkt zum Satelliten senden (direct access). Die Daten können dabei theoretisch direkt zum eigenen Hof 19
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion gesendet werden, in den meisten Fällen wird diese Lösung aber nicht wirtschaftlich sein, weil die Satellitenressource hohe Kosten in der Anmietung verursacht und daher – gerade bei geringen Datenraten – als „shared medium“ mit anderen Nutzer geteilt werden muss. In diesem Fall wird üblicherweise eine größere Bodenstation die Daten sammeln und als Gateway zum Internet fungieren. Solche Gateways existieren bereits als sog. „Teleports“ für eine Vielzahl von Satellitendiensten, bspw. zur Anbindung entlegener Orte an das breitbandige Internet. In ähnlicher Weise könnten Teleports auch Dienstleistungen für satellitenbasiertes IoT erbringen und gleichzeitig als Schnittstelle für Unternehmen und Startups dienen, die mit IoT Daten digitale Mehrwertdienste und Datenauswertung für die Nutzer anbieten wollen. Gerade wenn IoT Sensordaten verschiedener privater und öffentlicher Nutzer miteinander sowie mit Bild- und Erdbeobachtungsdaten verschnitten werden, ergeben sich neue Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns. Alle Nutzer profitieren so auch von den Sensoren der jeweils anderen Nutzer und neue Impulse für den ökologischen Landbau und den Umweltschutz werden möglich. Dieses Konzept einer offenen globalen „Community“ wird beispielsweise bereits erfolgreich bei privaten Wetterstationen eingesetzt und führt zu präziseren Wettervorhersagen. Ein weiteres Beispiel ist das flächendeckende Monitoring der Luftqualität. Fazit Moderne Kommunikationssatelliten können leistungsfähige terrestrische Funk- und Glasfasernetze nicht ersetzen, aber sehr gut ergänzen. Mit Satelliten können Ausbaulücken dort geschlossen und unterversorgte Gebiete dort angebunden werden, wo der terrestrische Ausbau unwirtschaftlich ist. Es stehen diverse Lösungen für das landwirtschaftliche Internet der Dinge zur Verfügung, um latenzunkritische Sensoren und Aktoren infrastrukturlos per Satellit zu vernetzen. Neue Servicemodelle erweitern zudem das Angebot. Literatur Ericsson. (01. June 2020). Ericsson Mobility Report. Von https://www.ericsson.com: https://www.ericsson.com/49da93/assets/local/mobility-report/documents/2020/june2020-ericsson- mobility-report.pdf abgerufen ESOA - EMEA Satellite Operators Association. (September 2020). Internet of Things (IoT) and the Role of Satellites. Von www.esoa.net. Abgerufen Hofmann, C., & Knopp, A. (24. June 2020). Tests zur IoT Konnektivität per Satellit: LoRaWAN und Alternativen. 8. Arbeitsgruppentreffen "Raumfahrtdienstleistungen und -technologien". Freising: DLR innospace2agriculture und Technische Universität München, World Agricultural Systems Center, Hans Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften. Körner, M. (2019). Digital Farming: Potenzial der Fernerkundung und Erdbeobachtung für die Landwirtschaft. 10. Agrarwissenschaftliches Symposium (S. 29-33). Freising: World Agricultural Systems Center, Hans Eisenmann- Forum für Agrarwissenschaften der Technischen Universität München. Kramer, G., Liva, G., Donev, D., & Coskun, M. C. (April 2020). EFFICIENT CODING AND MODULATION FOR SATELLITE. New Horizons in Space Technology, S. 91-104. doi:ISSN 2700-0176 LoRa Alliance. (September 2020). https://lora-alliance.org/. NSR - Northern Sky Research. (June 2019). https://www.nsr.com/research/satellite-constellations-a-critical- assessment-2nd-edition/. 20
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Ribana Roscher Rheini. Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn JProf. Remote Sensing Nussallee 15, Bonn Ribana.roscher@uni-bonn.de Mit maschinellem Lernen zu neuen Möglichkeiten in der Landwirtschaft Einleitung Maschinelles Lernen, vor allem deep learning und neuronale Netze haben in verschiedenen Bereichen der Photogrammetrie und Fernerkundung zu erheblichen Fortschritten geführt. In Kombination mit verbesserten Sensoren mit wachsender räumlicher, spektraler und temporaler Auflösung bieten diese Methoden ein hohes Potential um Aufgaben anzugehen, deren Lösung bisher eine große Herausforderung war. Bereits jetzt konnte gezeigt werden, dass deep neural networks für viele Anwendungen eine höhere Genauigkeit im Vergleich zu klassischen maschinellen Lernverfahren erreichen können, aber auch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen führen können, die dem Anwender in der Entscheidungsfindung unterstützen. Darüber hinaus bieten automatische Verfahren den Vorteil, dass sie objektivere und umfassendere Schätzungen liefern können als manuelle Messungen. Im vorliegenden Beitrag werden diverse Anwendungen aus der Landwirtschaft vorgestellt, die verschiedene Aufgaben des maschinellen Lernens darstellen, die für den Nutzer relevant sind. Zum einen werden Arbeiten vorgestellt, die relevante Objekte in Bildern mit einer hohen Effizient schätzen, aber auch Vorhersagen zur Krankheitsausbreitung und Wachstum treffen können. 1. Anwendungsbeispiele 1.1. Detektion von Weinbeeren Im Gegensatz zu anderen Nutzpflanzen, fokussiert sich der Weinbau nicht auf die Ertragssteigerung sondern auf das Erreichen eines bestimmten Ertrags. Da die Qualität des Weines mit zunehmendem Ertrag fällt, ist eine Vorhersage des zu erwartenden Ertrags notwendig um rechtzeitig mit einer Ausdünnung zu reagieren. Maschinelle Lernverfahren können hier eine Ernteschätzung erreichen indem zum Beispiel Weinbeeren gezählt und deren Größe abgeleitet werden. Zabawa et al. (2020) stellt ein Verfahren zur semantischen Instanzsegmentierung vor, welches mit convolutional neural networks Beeren zählt und effizienter ist als gängige Verfahren aus dem Computer Vision Bereich. Ein Beispiel der detektierten Beeren im Bild ist in Abb. 1 dargestellt. Die Idee bei diesem Ansatz ist, die aufwendige Instanzsegmentierung, die meist durch einen zweistufigen Ansatz mit semantischer Segmentierung und Objektdetektion umgesetzt wird, in eine einstufige semantische Segmentierung umzuformulieren. 21
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion Abb. 1: Detektierte Beeren und deren Kontur zur Unterscheidung von aneinandergrenzenden Beeren dargestellt in grün. 1.2. Abschätzung der verdeckten Beeren Da ein wesentlicher Teil der Beeren in der Regel von Blättern verdeckt ist, würde eine Ernteabschätzung basierend auf den im Bild sichtbaren Beeren eine ungenaue Schätzung liefern. Um dies entgegenzuwirken, können maschinelle Lernverfahren eingesetzt werden um eine wahrscheinliche Schätzung der verdeckten Beeren zu liefern. Solche Schätzungen können zum Beispiel mit sogenannten generative adversarial networks (Goodfellow et al., 2014) umgesetzt werden. Diese Verfahren sind in der Lage realistische Bilder in der Art zu erzeugen, dass sie kaum von realen Bildern unterschieden werden können. Sie lernen aus existierenden Bildpaaren (Bilder mit verdeckten Beeren und Bilder ohne verdeckte Beeren) ein Modell, welches in der Lage ist ein wahrscheinliches Szenario zu erzeugen wie ein gegebenes Bild ohne verdeckende Blätter aussieht. Der Vorteil dieses Verfahren ist, dass keine weitere Information darüber gegeben werden muss, wo Verdeckungen auftreten. Abb. 2 zeigt ein Beispiel, wie aus einem gegebenen Bild mit verdeckten Beeren ein zugehöriges Bild ohne Verdeckungen erzeugt wird. In Verbindung mit dem Detektionsverfahren in 2.1. kann daraus eine Schätzung für die Anzahl und Größe der Beeren durchgeführt werden. Abb. 2: Links: Bilder mit verdeckten Beeren und zugehörige Maske mit detektierten Beeren; Mitte: Szenario mit manuell entfernten Beeren; Rechts: Schätzung der verdeckten Beeren und der dazugehörigen Maske. 22
Agrarwissenschaftliches Symposium des Hans Eisenmann-Forums 2020 Vernetzung und Interaktion 1.3. Abschätzung der Ausbreitung von Krankheiten auf Gersteblättern Eine frühzeitige Erkennung von Krankheiten, im besten Falle bevor wir es mit dem menschlichen Auge wahrnehmen können, ist eine wichtige Grundlage um ein umfassendes Pflanzenmonitoring zu ermöglichen. Spezielle Sensoren wie multispektrale und hyperspektrale Sensoren liefern neben den üblichen spektralen Informationen Rot, Grün und Blau auch spektrale Reflektanzen im nahen Infrarot und Kurzwelleninfrarot. Aktuelle Verfahren des maschinellen Lernens bieten auch für die Zeitreihenanalyse viele Möglichkeiten um objektiv und automatisch relevante Größen wie die Ausbreitung von Krankheiten vorherzusagen. Abb. 3 zeigt einen Ausschnitt eines Gerstenblatts, welches mit Falschem Mehltau infiziert wurde. Die Vorhersage der Ausbreitung der Krankheit wurde mit einem cycle-consistent adversarial network umgesetzt (Förster et al., 2019). Erste Ergebnisse zeigen, dass diese Verfahren in der Lage sind räumlich, zeitlich und spektral sinnvolle Ergebnisse liefern und somit Potential liefern ins Feld übertragen zu werden. Abb. 3: Vorhersage der Ausbreitung von Falschen Mehltau auf hyperspektralen Bildern von Gerstenblättern (Darstellung in RGB). Basierend auf einem hyperspektralen Bildausschnitt (Tag 4 nach dem Inokulieren) wird über die Zeit eine Vorhersage getätigt. Obere Reihe: Schätzung; Untere Reihe: Referenz. Zusammenfassung Die Verbindung von hochwertigen Sensordaten und effizienten und leistungsfähigen Verfahren des maschinellen Lernens bieten für die Landwirtschaft viele Möglichkeiten. Diese reichen von der Detektion von Objekten für die Ernteabschätzung bis zur Schätzung und Vorhersage der Ausbreitung von Krankheiten. Obwohl für viele Verfahren und Anwendungen der Schritt vom Labor ins Feld noch unternommen werden muss, ist der aktuelle Fortschritt in der Forschung vielversprechend und bietet sehr viel Potential für die Praxis. Literatur Förster, A., Behley, J., Behmann, J., & Roscher, R. (2019). Hyperspectral plant disease forecasting using generative adversarial networks. In IEEE International Geoscience and Remote Sensing Symposium (pp. 1793-1796). Goodfellow, I., Pouget-Abadie, J., Mirza, M., Xu, B., Warde-Farley, D., Ozair, S., Courville, A. & Bengio, Y. (2014). Generative adversarial nets. In Advances in neural information processing systems (pp. 2672-2680). Zabawa, L., Kicherer, A., Klingbeil, L., Töpfer, R., Kuhlmann, H., & Roscher, R. (2020). Counting of grapevine berries in images via semantic segmentation using convolutional neural networks. ISPRS Journal of Photogrammetry and Remote Sensing, 164, 73-83. 23
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