AKTUELLE STUDIEN RUND UM DAS THEMENFELD GESUNDHEIT UND MEDIEN' - JFF - Institut für Medienpädagogik

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AKTUELLE STUDIEN
      RU N D U M DAS T HE M E NFELD
      ‚G E S U N D HE I T U N D M E D I EN ‘

      Begüm Güngör                                    Zeit verbringen als die Befragten zwischen
                                                      50 und 65 Jahren (63 %), nutzen auch Perso-
                                                      nen mit einem hohen Bildungsabschluss (90 %)
                                                      im Vergleich zu Personen mit einem niedrigen
       S C H ALT MAL AB,                              oder mittleren Bildungstitel (66 %) stärker das
       D E U TS C H L AND!                            Internet. Singles bewegen sich ebenfalls länger
       T K-ST U D I E ZUR                             im Internet als Personen in einer festen Part-
      ­D I G I TAL KOMP ETENZ 2021                    nerschaft (52 % > 27 %; bei einer Nutzungszeit
                                                      von mehr als zwei Stunden am Tag).  
      Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die    Im Berufsalltag ist das Internet ein fester Be-
      Gesundheit und das Wohlbefinden stehen im       standteil. Zwischen den Altersgruppen wer-
      Fokus der Studie der Techniker K
                                     ­ rankenkasse.   den jedoch deutliche Unterschiede im Nut-
      Hierfür wurden im Oktober 2020 1.250            zungsverhalten sichtbar. Insbesondere die
      deutschsprachige Personen ab 18 Jahren te-      jüngeren Befragten (18 bis 29 Jahre) nutzen
      lefonisch befragt (bevölkerungsrepräsenta-      vermehrt das Internet (96 %). Die Möglichkei-
      tiv). Untersucht wurden die Fähigkeiten und     ten der digitalen Kommunikation schätzen die
      Fertigkeiten, die Menschen für einen Umgang     unter 33-Jährigen ebenso positiver ein (85 %)
      mit digitalen Technologien benötigen, mit dem   als die Befragten ab 50 Jahren (61 %). Außer-
      Ziel, die Digitalkompetenz in Deutschland zu    dem geben die jüngeren Befragten mehrheit-
      beschreiben und gesundheitsrelevante Verhal-    lich an, dass sie durch die Digitalisierung eine
      tensweise nachzuzeichnen. Dabei wird zwi-       Beschleunigung am Arbeitsplatz wahrnehmen
      schen privater und beruflicher Internetnut-     (18 bis 29 Jahre: 68 %; 30 bis 39 Jahre: 74 %).
      zung differenziert.                             Im Gegensatz dazu berichten die älteren Be-
      Bei der privaten Internetnutzung zeigt sich,    fragten (50 bis 65 Jahre), dass sie von flexib-
      dass eher Männer (83 %) mehrmals am Tag         len Arbeitszeiten, die durch die Digitalisierung
      bzw. fast immer online sind. Demgegenüber       von Arbeitsabläufen ermöglicht werden, nicht
      berichten nur 69 Prozent der Frauen von einer   profitieren (60 %).
      intensiven Nutzung. Die Häufigkeit der Inter-   Bezüglich eines bewussten Umgangs mit dem
      netnutzung hängt zudem vom Alter, dem Bil-      Internet bemühen sich 87 Prozent, weniger
      dungsstand und Familienstand ab. Während        Zeit online zu verbringen. Dennoch geben 60
      die 18 bis 33-Jährigen (92 %) online häufiger   Prozent an, dass sie dann doch länger online

118                                                                         www.merz-zeitschrift.de
sind. Als ‚Zeitfresser‘ erweisen sich hier On-    heitszustand, der Lebenszufriedenheit sowie
line-Spiele (81 %) und Soziale Medien (72 %).     der Selbsteinschätzung zum Umgang mit dem
Auch das Alter spielt eine Rolle – eine bewuss-   Internet herausgearbeitet werden. So fühlen
te Auszeit fällt den 18- bis 33-Jährigen am       sich zufriedene und gesunde Menschen siche-
schwersten (76 %).                                rer im Umgang mit dem Internet als Menschen,
Am sichersten im Umgang mit dem Internet          die einen schlechten Zustand attestieren.
fühlen sich die Menschen, die eigentlich im-
                                                  Techniker Krankenkasse (Hrsg.) (2021)
mer online sind (83 %). Sie sind auch diejeni-
                                                  Schalt mal ab, Deutschland! TK-Studie zur
gen, die viel von sich und ihren Daten im In-     Digitalkompetenz 2021. www.tk.de/resource/
ternet preisgeben (88 %). Der Vergleich der       blob/2099616/630d3a2e429edc359f15fd8225dcd45c/
                                                  studie-schalt-mal-ab-2021-data.pdf
demografischen Merkmale zeigt, dass auch ein
junges Alter (18 bis 29 Jahre: 96 %; 30 bis 39
Jahre: 97 %) und ein hoher Bildungsabschluss      COPSY- ST U D I E
(94 %) mit der Wahrnehmung eines sicheren         CHILD PU BLI C H E ALT H
Internetumgangs einhergehen. Auch die Preis-
gabe von Daten kann bei den Altersgruppen         Die Covid-19-Pandemie prägt seit mehr als ei-
der 18 bis 29-Jährigen (50 %) sowie der 30 bis    nem Jahr das öffentliche und private Leben.
39-Jährigen (55 %) eher beobachtet werden als     Besonders zu Beginn der Pandemie waren
bei Personen ab 40 Jahren. Zusätzlich geben       nicht nur die Auswirkungen des Krankheits-
Männer (51 %) eher Auskunft über ihre Daten       verlaufes, sondern ebenso die Auswirkungen
als Frauen (37 %).                                der bundesweiten Einschränkungen nicht ab-
Die Studienergebnisse machen auch sichtbar,       sehbar. Vor allem Kinder und Jugendliche
dass eine lange Internetnutzung mit einem         nahmen zu dieser Zeit eine deutliche Verän-
schlechteren Gesundheitszustand einhergeht.       derung ihres (Schul-)Alltags war. Wie sich
21 Prozent der Vielsurfer*innen (mehr als fünf    diese Entwicklungen auf die psychische Ge-
Stunden am Tag) schätzen ihren allgemeinen        sundheit und Lebensqualität von Kindern
Gesundheitszustand weniger gut bzw. schlecht      und Jugendlichen ausgewirkt haben und wel-
ein. Des Weiteren berichten viele Befragte im     che Belastungen verspürt wurden, untersucht
Rahmen ihrer privaten Nutzung über körper-        die COPSY-Studie (Corona und Psyche). Die
liche Beschwerden, wie Muskelverspannun-          COPSY-Studie ist die erste deutschlandweite
gen. Vielsurfer*inner erwähnen verstärkt psy-     repräsentative Studie zu diesem Thema. Die
chische Problemen wie Depression (40 %) oder      Ergebnisse der ersten Erhebung (Mai bis Juni
Nervosität (38 %). Im Vergleich dazu wirkt sich   2020) sind in Ravens-Sieberer et al. (2021a)
die berufliche Nutzung nicht so deutlich auf      dokumentiert. Eine Folgebefragung fand von
die Gesundheit aus.                               Dezember 2020 bis Januar 2021 statt. Erste
Anhand der erhobenen Daten konnte zudem           Ergebnisse hierzu wurden in Ravens-Sieberer
ein Zusammenhang zwischen dem Gesund-             et al. (2021b) veröffentlicht.

2022/06 Gesundheit und Medien                                                                      129
Mit einem Blick auf die Ergebnisse wird deut-    Eine besonders starke Belastung empfanden
     lich, dass Kinder und Jugendliche eine starke    Kindern und Jugendliche, deren Eltern einen
     Belastung durch die Corona-bedingten Verän-      geringen Bildungsstand aufweisen, deren El-
     derungen verspürt haben. Während sich bei        tern psychische Beschwerden haben, Kinder
     der ersten Befragung mehr als zwei Drittel der   und Jugendliche mit Migrationshintergrund
     Kinder und Jugendlichen im Allgemeinen be-       sowie jene, die im beengten Wohnverhältnis-
     lastet fühlten, verweist die zweite Erhebung     sen leben. Diese Merkmale zählen daher als Ri-
     auf einen erneuten Anstieg der Belastung         sikofaktoren. Ein gutes Familienklima sowie
     (82,6 %). Für die Kinder und Jugendlichen        eine starke soziale Unterstützung wirken sich
     dienten bei der ersten Erhebung insbesondere     hingegen positiv auf die Lebenszufriedenheit
     der wenige Kontakt zu den Freunden (82,8 %),     und mentale Gesundheit von Kindern und Ju-
     die Anstrengung des Homeschoolings (64,4 %)      gendlichen aus.
     und der häufigere Streit innerhalb der Familie   Die Befragungswellen der COPSY-Studie wur-
     (27,6 %) als Belastungsquellen, die durch Da-    den vom Universitätsklinikum Hamburg-Ep-
     ten der zweiten Welle noch bekräftigt wurden.    pendorf (UKE) in Zusammenarbeit mit der
     Auch die Messung der Lebensqualität an-          Infratest dimap Gesellschaft für Trend- und
     hand des KIDSCREEN-10-Index zeigt eine           Wahlforschung mbH bundesweit durchge-
     Verschlechterung der Situation für Kinder        führt. Insgesamt wurden für die erste Erhe-
     und Jugendliche. So berichten bei der ers-       bung 1.586 Eltern und 1.040 Kinder und Ju-
     ten Erhebung zwei Fünftel und bei der zwei-      gendliche zwischen 11 und 17 Jahren und für
     ten Erhebung fast die Hälfte der Kinder und      die zweite Erhebung 1.625 Eltern und 1.077
     Jugendlichen von einer geminderten gesund-       Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17
     heitsbezogenen Lebensqualität (vor Corona:       Jahren befragt.
     15,3 %). Zusätzlich kann die Verschärfung
                                                      Ravens-Sieberer, Ulrike/ Kaman, Anne/Otto, Christiane/
     von psychischen Auffälligkeiten (vor Corona:
                                                      Adedeji, Adekunle/ Napp, Ann-Kathrin/ Becker, Marcia/
     17,6 %; Welle 1: 30,4 %; Welle 2: 30,9 %) und    Blanck-Stellmacher, Ulrike/ Löffler, Constanze/Schlack,
     ein erhöhtes Aufkommen von Symptomen ei-         Robert/ Hölling, Heike/ Devine, Janine/ Erhart, Michael/
                                                      Hurrelmann, Klaus (2021a). Seelische Gesundheit und
     ner Angststörung (vor Corona: 14,9 %; Wel-       psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen in der
     le 1: 24,1 %; Welle 2: 30,1 %) beobachtet wer-   ersten Welle der COVID-19-Pandemie. Ergebnisse der COPSY-
                                                      Studie. In: Bundesgesundheitsblatt, 64, S. 1512–1521.
     den. Zudem muss in Folge der ersten Erhebung
                                                      DOI: 10.1007/s00103-021-03291-3.
     von einer Verschlechterung des Gesundheits-
                                                      Ravens-Sieberer, Ulrike/ Kaman, Anne/ Erhart, Michael/Otto,
     verhaltens von Kindern und Jugendlichen          Christiane/ Devine, Janine/ Löffler, Constanze/ Hurrelmann,
     gesprochen werden. Neben einem erhöhten          Klaus/ Bullinger, Monika/ Barkmann, Claus/Siegel, Nico A./
                                                      Simon, Anja M./ Wieler, Lothar H./Schlack, Robert/ Hölling,
     Medienkonsum (69,9 %) sank die sportliche        Heike (2021b). Quality of life and mental health in children
     Betätigung (19,3 %) bei Zunahme einer unge-      and adolescents during the first year of the COVID-19
                                                      pandemic: results of a two-wave nationwide population-based
     sunden Ernährung (26,3 %).
                                                      study. In: European Child + Adolescent Psychiatry.
                                                      DOI: 10.1007/s00787-021-01889-1.

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 3                                                                                www.merz-zeitschrift.de
E XP E RT I S E                                  Im Rahmen der Recherche wurden im ersten
VON FO O DWATCH ZU                               Schritt die 20 wichtigsten und beliebtesten In-
J U N KF LU E N C ER*IN NEN                      fluencer*innen von Kinder und Jugendlichen
                                                 identifiziert. Im zweiten Schritt wurden die
Das Ernährungsverhalten einer erwachsenen        fünf auffälligsten Influencer*innen tiefer ana-
Person wird maßgeblich von Kindheitserfah-       lysiert. Hierfür wurden 2020 alle Kanäle der
rungen geprägt. Entsprechend hoch ist das        Influencer*innen über mehrere Wochen hin-
Bestreben von Lebensmittelkonzernen, Men-        weg beobachtet.
schen frühzeitig an ihre Produkte zu binden,
                                                 Rücker, Martin/foodwatch e. V. (Hrsg.) (2020). Junkfluencer.
um einen lebenslangen Konsum zu ermögli-
                                                 Wie McDonald‘s, Coca-Cola & Co. in sozialen Medien Kinder
chen. Dabei machen sich Unternehmen im-          mit Junkfood ködern. www.foodwatch.org/fileadmin/-
mer mehr die Vorbildfunktion von Influen-        DE/ Themen/ Kinderernaehrung/ Influencer/ Webversion_
                                                 Junkfluencer_Report_2021.pdf
cer*innen zunutze, um ihre Lebensmittel an
junge Zielgruppen möglichst glaubwürdig zu
vermarkten.                                      N ET Z WE RK SE RI OU S
Die Expertise von foodwatch ‚Junkfluencer –      GAME S U ND G AM I F I CAT I ON
Wie McDonald’s, Coca-Cola & Co. in sozialen      FOR H EALT H
Medien Kinder mit Junkfood ködern‘ beleuch-
tet, wie die Lebensmittelindustrie reichwei-     Am 2. September 2021 ist das Netzwerk Se-
tenstarke Influencer*innen nutzt, um insbe-      rious Games and Gamification for Health
sondere ungesunde Produkte an Kinder und         (­https://serious-gamification4health.net/) of-
Jugendliche zu vermarkten.                       fiziell gestartet. Ziel dieser Initiative ist es, die
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine Viel-    verschiedenen Perspektiven auf diese beiden
zahl an internationalen sowie nationalen Un-     Themenfelder zu bündeln, Forschungslücken
ternehmen durch Influencer*innen, wie z. B.      zu identifizieren, sich auszutauschen und ge-
Dagi Bee, Julia Beautx, Laser Luca, Simon        gebenenfalls gemeinsame Projekte zu starten.
Desue und Viktoria und Sarina, Kinder und        Hervorgegangen ist das Netzwerk aus einer
Jugendliche mit ungesunden Lebensmitteln         Community Working Group des Hochschulfo-
erreichen. Neben erkennbaren und direkten        rums Digitalisierung. Interessierte sind herz-
Produktplatzierungen werden ungesunde Pro-       lich willkommen und können über info@seri-
dukte auch ohne sichtbare Werbemarkierung        ous-gamification4health.net Kontakt zu den
platziert oder gar eigene Lebensmittel der In-   Koordinator*innen aufnehmen oder dem Netz-
fluencer*innen beworben. Kinder und Jugend-      werk auf Twitter folgen (@NetGamification).
liche sehen sich hierbei direkt mit Kaufan-
reizen durch ihre Lieblingsinfluencer*innen
konfrontiert.

2022/06 Gesundheit und Medien                                                                                   21
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quenzen über einen Zeitraum von mindestens
                                                           12 Monaten einher. Sichtbar werden auch Be-
     P RO B L E M ATIS CHE UN D                            einträchtigungen im persönlichen oder schu-
     PAT H O LOGIS CHE MEDIEN-                             lischen Bereich. Eine riskante Mediennutzung
     N U T Z U N G WÄHREND DER                             weist ebenso negative Folgen aufgrund einer
     KRI S E . E R GEBNIS S E EINER                        zeitintensiven Nutzung auf, jedoch treten in
     L ÄN G S S CHNIT TSTUDIE                              diesem Fall die genannten Konsequenzen nicht
                                                           im gleichen Maßen ein. Eine riskante Nutzung
     DAK Gesundheit/ UKE Hamburg (2021). Mediensucht
     während der Corona-Pandemie. Ergebnisse der
                                                           kann jedoch auch bei Kinder und Jugendli-
     Längsschnittstudie von 2019 bis 2021 zu Gaming und    chen in eine pathologische Nutzung überge-
     Social Media mit dem UKE Hamburg. www.dak.de/dak/
                                                           hen. Das problematische Gaming-Verhalten
     bundesthemen/mediensucht-steigt-in-corona-pandemie-
     stark-an-2508248.html                                 wurde anhand der ‚Gaming Disorder Scale for
                                                           Adolescents‘ und die problematische Nutzung
     Die Ergebnisse der gemeinsamen Längs-                 von Social-Media anhand der ‚Social Media
     schnittuntersuchung         der    DAK-Gesundheit     Disorder Scale‘ erhoben, die die Kriterien der
     und des Universitätsklinikums Hamburg-Ep-             ICD-11 widerspiegeln.
     pendorf (UKE) zeigen, dass die Mediensucht            Während der Corona-Pandemie nutzten Kin-
     bei Kindern und Jugendlichen zwischen zehn            der und Jugendliche die digitalen Medien
     und 17 Jahren während der Corona-Pandemie             nicht nur für schulische Aktivitäten, sondern
     stark angestiegen ist. Im Kontext von digitalen       verlagerten auch einen großen Teil ihrer Frei-
     Spielen (‚Gaming‘) und sozialen Medien (‚So-          zeit in digitale Räume. So stieg die Nutzungs-
     cial-Media‘) wurde untersucht, inwieweit die          zeit digitaler Spiele unter der Woche zwischen
     Auswirkungen der Corona-Pandemie zum ris-             September 2019 und Mai 2021 insgesamt um
     kanten oder pathologischen Nutzungsverhal-            31,3 Prozent an (2019: 83 Minuten pro Tag vs.
     ten bei Kinder und Jugendlichen (N = 1218)            2021: 109 Minuten pro Tag). Die Nutzungs-
     geführt haben und welche elterlichen Regeln           zeiten am Wochenende stiegen insgesamt um
     vorhanden sind. Hierfür wurden Daten an vier          12,9 Prozent an (2019: 155 Minuten pro Tag
     Zeitpunkten erhoben: September 2019, April            vs. 2021: 175 Minuten pro Tag). Zwischen-
     2020, November 2020 und Mai 2021.                     zeitlich betrug die Nutzungsdauer von digi-
     Um eine pathologische und riskante Gaming-            talen Spielen unter der Woche 132 Minuten
     und Social-Media-Nutzung messen zu können,            (April 2020) und am Wochenende 195 Minu-
     wurde die Internationale Klassifikation der           ten (November 2020). Die Nutzung von sozia-
     Krankheiten (ICD-11) der WHO angewandt.               len Medien erhöhte sich unter der Woche von
     Nach der ICD-11 Vorgabe geht eine patho-              116 Minuten pro Tag im September 2019 auf
     logische Mediennutzung mit Kontrollverlus-            139 Minuten pro Tag im Mai 2021 (insgesamt
     ten, Verschiebung der Priorisierungen und             +19,8 %). Die Nutzung erreichte mit 189 Minu-
     der weiteren Nutzung trotz negativer Konse-           ten pro Tag im April 2020 den Höchststand. Im

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5                                                                               www.merz-zeitschrift.de
September 2019 verbrachten die Kinder und         zum September 2019 keine geschlechtsspezi-
Jugendlichen am Wochenende 182 Minuten            fische Unterscheidung aufweist, zeigt sich bei
pro Tag auf diversen Social-Media-Plattfor-       der pathologischen Nutzung unverändert eine
men. Im April 2021 erreichte die Nutzungs-        etwas stärkere Prävalenz bei Jungen (3,1 %) als
dauer einen Höchststand von 235 Minuten,          bei den Mädchen (1,5 %). Für die Social-Me-
und lag im Mai 2021 bei 196 Minuten pro Tag.      dia-Nutzung lässt sich feststellen, dass die jün-
Die genauere Betrachtung des Nutzungsver-         gere Altersgruppe (10 bis 14 Jahren) eher von
haltens verdeutlicht zudem, dass die Dauer        einer problematischen Nutzung betroffen ist
der täglichen Nutzung mit der Verschärfung        als die Älteren (15 bis 19 Jahre).
des problematischen Verhaltens verbunden          Bemerkenswert ist der Befund, dass trotz des
ist. Kinder und Jugendliche, die eine patho-      gestiegenen problematischen, insbesondere
logische Nutzung aufweisen, waren deutlich        pathologischen, Nutzungsverhaltens der Kin-
länger online als Kinder und Jugendliche, die     der und Jugendlichen während des gesamten
Online-Spiele (241 Minuten pro Tag vs. 123        Untersuchungszeitraums keine Veränderung
Minuten pro Tag) und Social-Media (252 Mi-        der elterlichen Medienregeln zu beobachten
nuten pro Tag vs. 156 Minuten pro Tag) unauf-     war. Trotz der gegenwärtigen Reduktion der
fällig nutzen.                                    Nutzungszeiten nach dem starken Anstieg
Im Vergleich zwischen September 2019 und          im Frühjahr 2020, muss resümiert werden,
Mai 2021 weisen die Prävalenzen der Nut-          dass die Nutzungsdauer im Kontext von On-
zungsmuster für das Gaming-Verhalten in der       line-Spielen und der Social-Media-Nutzung
Hochrechnung zwar einen minimalen Rück-           noch nicht wieder das Vorkrisenniveau er-
gang der riskanten Nutzung (-8 %), dafür aber     reicht hat. In diesem Sinne ist eine elterliche
einen deutlichen Zuwachs der pathologischen       Mediation weiterhin von großer Bedeutung,
Nutzung auf (+51,8 %). Unverändert bleibt,        um riskantes oder pathologischen Nutzungs-
dass Jungen eher vom riskanten und patho-         verhalten wahrzunehmen, dementsprechend
logischen Verhalten betroffen sind als Mäd-       zu handeln und die Gesundheit von Kinder
chen. Zudem kann bei der Altersgruppe der         und Jugendlichen zu fördern.
10- bis 14-Jährigen im Vergleich zu den 15-
bis 19-Jährigen vermehrt ein problematisches      DIGITAL WOH LF Ü H LEN –
Nutzungsverhalten beobachtet werden.              WIS SEN, WAS U NS G U T T U T
Im selben Zeitraum hat sich die riskante und
                                                  Rack, Stefanie/ Fächner, Stefanie (2021). Ommm Online – Wie
pathologische Nutzung von sozialen Medien         wir unser digitales Wohlbefinden steigern. Arbeitsmaterial
stark erhöht. Die Anzahl der Kinder und Ju-       für den Unterricht, Heft 5. www.klicksafe.de/materialien/
                                                  ommm-online-wie-wir-unser-digitales-wohlbefinden-steigern/
gendlichen, die soziale Medien riskant oder pa-
thologisch nutzen, ist hochgerechnet um 26,8
Prozent bzw. 43,7 Prozent gestiegen. Während      Das Phänomen, länger online zu sein als ur-
ein riskantes Nutzungsmuster im Vergleich         sprünglich geplant, kennen wahrscheinlich die

2022/06 Gesundheit und Medien                                                                                   263
meisten. Selbst trotz bester Vorsätze misslingt    Orientierungshilfe und Vergleichsmaßstab. Di-
     vielen eine kontrollierte und selbstregulierte     rekte digitale Vergleiche mit der Peergroup, die
     Mediennutzung.                                     Bewertung des eigenen Online-Auftritts oder
     Die Fragen, welche Strategien direkt von An-       die Orientierung an dem scheinbar perfekten
     bietern sozialer Dienste ausgehen, um die On-      und erfolgreichen Leben von Influencer*in-
     line-Zeit zu verlängern und welche Anzie-          nen können jedoch das Wohlbefinden nega-
     hungskraft soziale Medien per se ausstrahlen,      tiv beeinflussen. Weitere Risikofaktoren sind
     stehen im Mittelpunkt der neuesten Ausga-          die Konfrontation mit Hate Speech oder Fake
     be der klicksafe-Reihe ‚Mobile Medien – Neue       News.
     Herausforderungen‘.    Das     Unterrichtsmate-    Mit dem Material stellen klicksafe und Han-
     rial ‚Ommm online – Wie wir unser digitales        dysektor wertvolle Tipps und Unterrichtsma-
     Wohlbefinden steigern‘, das in Kooperation mit     terialien bereit, die zu einer Auseinanderset-
     Handysektor erstellt wurde, gibt Lehrkräften       zung mit dem eigenen Wohlbefinden anregen.
     und Jugendlichen eine Vielzahl von Werkzeu-        Den Kern bilden Übungen zur Reflexion der
     gen an die Hand, um den eigenen Medienum-          eigenen Online-Nutzung sowie Informationen
     gang besser regulieren zu können und dadurch       zu Funktionsweisen von Social-Media-Diens-
     auch das digitale Wohlbefinden wiederzuer-         ten und Einstellungsmöglichkeiten am eigenen
     langen bzw. zu steigern.                           Gerät oder in verschiedenen App-Anwendun-
     Bei den bevorzugt genutzten Social-Me-             gen. Darüber hinaus finden sich im Material
     dia-Diensten fallen eine Reihe von Funktionen      viele ermutigende Anregungen, wie jugendli-
     auf, die die zeitliche Bindung an die sozialen     che Nutzer*innen selbst aktiv werden können.
     Netzwerke verlängern. Eine solche Strategie ist    Bei allen Ratschlägen werden immer auch die
     als ‚Nudging‘ (Stupsen) bekannt. Hierzu zählen     positiven Möglichkeiten der digitalen Welt he-
     beispielsweise die Autoplay-Funktion, Fortset-     rausgestellt und stetig betont, dass der Spaß
     zungs-Stories auf Instagram, personalisierte       am Digitalen an erster Stelle steht. Das Heft
     Inhaltsvorschläge sowie klassische Push-Be-        stellt insgesamt eine überzeugende Verknüp-
     nachrichtigungen. Die Funktionen aktivieren        fung von Information, Aufklärung und Refle-
     u. a. das Belohnungssystem im Gehirn, wo-          xion dar und bietet Anregungen, sich mit dem
     durch das Glückshormon Dopamin freigesetzt         eigenen digitalen Wohlbefinden auseinander-
     werden kann. Je häufiger die Nutzung statt-        zusetzen und dieses positiv zu beeinflussen.
     findet, desto größer ist das Risiko, eine Abhän-
     gigkeit zu entwickeln und dadurch das digitale     Begüm Güngör ist studentische ­Mitarbeiterin
     Wohlbefinden zu schwächen.                         am Leibniz-Institut für Medienforschung |
     Ein weiterer Aspekt, der das digitale Wohl-        Hans-Bredow-Institut (HBI) und studiert
     befinden beeinflusst, ist der digitale Ver-        ­Soziologie (M.A.) in Göttingen.
     gleich. Für Jugendliche dienen die Soci-
     al-Media-Dienste     als     Informationsquelle,

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