AKTUELLE STUDIEN RUND UM DAS THEMENFELD GESUNDHEIT UND MEDIEN' - JFF - Institut für Medienpädagogik
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AKTUELLE STUDIEN RU N D U M DAS T HE M E NFELD ‚G E S U N D HE I T U N D M E D I EN ‘ Begüm Güngör Zeit verbringen als die Befragten zwischen 50 und 65 Jahren (63 %), nutzen auch Perso- nen mit einem hohen Bildungsabschluss (90 %) im Vergleich zu Personen mit einem niedrigen S C H ALT MAL AB, oder mittleren Bildungstitel (66 %) stärker das D E U TS C H L AND! Internet. Singles bewegen sich ebenfalls länger T K-ST U D I E ZUR im Internet als Personen in einer festen Part- D I G I TAL KOMP ETENZ 2021 nerschaft (52 % > 27 %; bei einer Nutzungszeit von mehr als zwei Stunden am Tag). Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Im Berufsalltag ist das Internet ein fester Be- Gesundheit und das Wohlbefinden stehen im standteil. Zwischen den Altersgruppen wer- Fokus der Studie der Techniker K rankenkasse. den jedoch deutliche Unterschiede im Nut- Hierfür wurden im Oktober 2020 1.250 zungsverhalten sichtbar. Insbesondere die deutschsprachige Personen ab 18 Jahren te- jüngeren Befragten (18 bis 29 Jahre) nutzen lefonisch befragt (bevölkerungsrepräsenta- vermehrt das Internet (96 %). Die Möglichkei- tiv). Untersucht wurden die Fähigkeiten und ten der digitalen Kommunikation schätzen die Fertigkeiten, die Menschen für einen Umgang unter 33-Jährigen ebenso positiver ein (85 %) mit digitalen Technologien benötigen, mit dem als die Befragten ab 50 Jahren (61 %). Außer- Ziel, die Digitalkompetenz in Deutschland zu dem geben die jüngeren Befragten mehrheit- beschreiben und gesundheitsrelevante Verhal- lich an, dass sie durch die Digitalisierung eine tensweise nachzuzeichnen. Dabei wird zwi- Beschleunigung am Arbeitsplatz wahrnehmen schen privater und beruflicher Internetnut- (18 bis 29 Jahre: 68 %; 30 bis 39 Jahre: 74 %). zung differenziert. Im Gegensatz dazu berichten die älteren Be- Bei der privaten Internetnutzung zeigt sich, fragten (50 bis 65 Jahre), dass sie von flexib- dass eher Männer (83 %) mehrmals am Tag len Arbeitszeiten, die durch die Digitalisierung bzw. fast immer online sind. Demgegenüber von Arbeitsabläufen ermöglicht werden, nicht berichten nur 69 Prozent der Frauen von einer profitieren (60 %). intensiven Nutzung. Die Häufigkeit der Inter- Bezüglich eines bewussten Umgangs mit dem netnutzung hängt zudem vom Alter, dem Bil- Internet bemühen sich 87 Prozent, weniger dungsstand und Familienstand ab. Während Zeit online zu verbringen. Dennoch geben 60 die 18 bis 33-Jährigen (92 %) online häufiger Prozent an, dass sie dann doch länger online 118 www.merz-zeitschrift.de
sind. Als ‚Zeitfresser‘ erweisen sich hier On- heitszustand, der Lebenszufriedenheit sowie line-Spiele (81 %) und Soziale Medien (72 %). der Selbsteinschätzung zum Umgang mit dem Auch das Alter spielt eine Rolle – eine bewuss- Internet herausgearbeitet werden. So fühlen te Auszeit fällt den 18- bis 33-Jährigen am sich zufriedene und gesunde Menschen siche- schwersten (76 %). rer im Umgang mit dem Internet als Menschen, Am sichersten im Umgang mit dem Internet die einen schlechten Zustand attestieren. fühlen sich die Menschen, die eigentlich im- Techniker Krankenkasse (Hrsg.) (2021) mer online sind (83 %). Sie sind auch diejeni- Schalt mal ab, Deutschland! TK-Studie zur gen, die viel von sich und ihren Daten im In- Digitalkompetenz 2021. www.tk.de/resource/ ternet preisgeben (88 %). Der Vergleich der blob/2099616/630d3a2e429edc359f15fd8225dcd45c/ studie-schalt-mal-ab-2021-data.pdf demografischen Merkmale zeigt, dass auch ein junges Alter (18 bis 29 Jahre: 96 %; 30 bis 39 Jahre: 97 %) und ein hoher Bildungsabschluss COPSY- ST U D I E (94 %) mit der Wahrnehmung eines sicheren CHILD PU BLI C H E ALT H Internetumgangs einhergehen. Auch die Preis- gabe von Daten kann bei den Altersgruppen Die Covid-19-Pandemie prägt seit mehr als ei- der 18 bis 29-Jährigen (50 %) sowie der 30 bis nem Jahr das öffentliche und private Leben. 39-Jährigen (55 %) eher beobachtet werden als Besonders zu Beginn der Pandemie waren bei Personen ab 40 Jahren. Zusätzlich geben nicht nur die Auswirkungen des Krankheits- Männer (51 %) eher Auskunft über ihre Daten verlaufes, sondern ebenso die Auswirkungen als Frauen (37 %). der bundesweiten Einschränkungen nicht ab- Die Studienergebnisse machen auch sichtbar, sehbar. Vor allem Kinder und Jugendliche dass eine lange Internetnutzung mit einem nahmen zu dieser Zeit eine deutliche Verän- schlechteren Gesundheitszustand einhergeht. derung ihres (Schul-)Alltags war. Wie sich 21 Prozent der Vielsurfer*innen (mehr als fünf diese Entwicklungen auf die psychische Ge- Stunden am Tag) schätzen ihren allgemeinen sundheit und Lebensqualität von Kindern Gesundheitszustand weniger gut bzw. schlecht und Jugendlichen ausgewirkt haben und wel- ein. Des Weiteren berichten viele Befragte im che Belastungen verspürt wurden, untersucht Rahmen ihrer privaten Nutzung über körper- die COPSY-Studie (Corona und Psyche). Die liche Beschwerden, wie Muskelverspannun- COPSY-Studie ist die erste deutschlandweite gen. Vielsurfer*inner erwähnen verstärkt psy- repräsentative Studie zu diesem Thema. Die chische Problemen wie Depression (40 %) oder Ergebnisse der ersten Erhebung (Mai bis Juni Nervosität (38 %). Im Vergleich dazu wirkt sich 2020) sind in Ravens-Sieberer et al. (2021a) die berufliche Nutzung nicht so deutlich auf dokumentiert. Eine Folgebefragung fand von die Gesundheit aus. Dezember 2020 bis Januar 2021 statt. Erste Anhand der erhobenen Daten konnte zudem Ergebnisse hierzu wurden in Ravens-Sieberer ein Zusammenhang zwischen dem Gesund- et al. (2021b) veröffentlicht. 2022/06 Gesundheit und Medien 129
Mit einem Blick auf die Ergebnisse wird deut- Eine besonders starke Belastung empfanden lich, dass Kinder und Jugendliche eine starke Kindern und Jugendliche, deren Eltern einen Belastung durch die Corona-bedingten Verän- geringen Bildungsstand aufweisen, deren El- derungen verspürt haben. Während sich bei tern psychische Beschwerden haben, Kinder der ersten Befragung mehr als zwei Drittel der und Jugendliche mit Migrationshintergrund Kinder und Jugendlichen im Allgemeinen be- sowie jene, die im beengten Wohnverhältnis- lastet fühlten, verweist die zweite Erhebung sen leben. Diese Merkmale zählen daher als Ri- auf einen erneuten Anstieg der Belastung sikofaktoren. Ein gutes Familienklima sowie (82,6 %). Für die Kinder und Jugendlichen eine starke soziale Unterstützung wirken sich dienten bei der ersten Erhebung insbesondere hingegen positiv auf die Lebenszufriedenheit der wenige Kontakt zu den Freunden (82,8 %), und mentale Gesundheit von Kindern und Ju- die Anstrengung des Homeschoolings (64,4 %) gendlichen aus. und der häufigere Streit innerhalb der Familie Die Befragungswellen der COPSY-Studie wur- (27,6 %) als Belastungsquellen, die durch Da- den vom Universitätsklinikum Hamburg-Ep- ten der zweiten Welle noch bekräftigt wurden. pendorf (UKE) in Zusammenarbeit mit der Auch die Messung der Lebensqualität an- Infratest dimap Gesellschaft für Trend- und hand des KIDSCREEN-10-Index zeigt eine Wahlforschung mbH bundesweit durchge- Verschlechterung der Situation für Kinder führt. Insgesamt wurden für die erste Erhe- und Jugendliche. So berichten bei der ers- bung 1.586 Eltern und 1.040 Kinder und Ju- ten Erhebung zwei Fünftel und bei der zwei- gendliche zwischen 11 und 17 Jahren und für ten Erhebung fast die Hälfte der Kinder und die zweite Erhebung 1.625 Eltern und 1.077 Jugendlichen von einer geminderten gesund- Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 heitsbezogenen Lebensqualität (vor Corona: Jahren befragt. 15,3 %). Zusätzlich kann die Verschärfung Ravens-Sieberer, Ulrike/ Kaman, Anne/Otto, Christiane/ von psychischen Auffälligkeiten (vor Corona: Adedeji, Adekunle/ Napp, Ann-Kathrin/ Becker, Marcia/ 17,6 %; Welle 1: 30,4 %; Welle 2: 30,9 %) und Blanck-Stellmacher, Ulrike/ Löffler, Constanze/Schlack, ein erhöhtes Aufkommen von Symptomen ei- Robert/ Hölling, Heike/ Devine, Janine/ Erhart, Michael/ Hurrelmann, Klaus (2021a). Seelische Gesundheit und ner Angststörung (vor Corona: 14,9 %; Wel- psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen in der le 1: 24,1 %; Welle 2: 30,1 %) beobachtet wer- ersten Welle der COVID-19-Pandemie. Ergebnisse der COPSY- Studie. In: Bundesgesundheitsblatt, 64, S. 1512–1521. den. Zudem muss in Folge der ersten Erhebung DOI: 10.1007/s00103-021-03291-3. von einer Verschlechterung des Gesundheits- Ravens-Sieberer, Ulrike/ Kaman, Anne/ Erhart, Michael/Otto, verhaltens von Kindern und Jugendlichen Christiane/ Devine, Janine/ Löffler, Constanze/ Hurrelmann, gesprochen werden. Neben einem erhöhten Klaus/ Bullinger, Monika/ Barkmann, Claus/Siegel, Nico A./ Simon, Anja M./ Wieler, Lothar H./Schlack, Robert/ Hölling, Medienkonsum (69,9 %) sank die sportliche Heike (2021b). Quality of life and mental health in children Betätigung (19,3 %) bei Zunahme einer unge- and adolescents during the first year of the COVID-19 pandemic: results of a two-wave nationwide population-based sunden Ernährung (26,3 %). study. In: European Child + Adolescent Psychiatry. DOI: 10.1007/s00787-021-01889-1. 20 3 www.merz-zeitschrift.de
E XP E RT I S E Im Rahmen der Recherche wurden im ersten VON FO O DWATCH ZU Schritt die 20 wichtigsten und beliebtesten In- J U N KF LU E N C ER*IN NEN fluencer*innen von Kinder und Jugendlichen identifiziert. Im zweiten Schritt wurden die Das Ernährungsverhalten einer erwachsenen fünf auffälligsten Influencer*innen tiefer ana- Person wird maßgeblich von Kindheitserfah- lysiert. Hierfür wurden 2020 alle Kanäle der rungen geprägt. Entsprechend hoch ist das Influencer*innen über mehrere Wochen hin- Bestreben von Lebensmittelkonzernen, Men- weg beobachtet. schen frühzeitig an ihre Produkte zu binden, Rücker, Martin/foodwatch e. V. (Hrsg.) (2020). Junkfluencer. um einen lebenslangen Konsum zu ermögli- Wie McDonald‘s, Coca-Cola & Co. in sozialen Medien Kinder chen. Dabei machen sich Unternehmen im- mit Junkfood ködern. www.foodwatch.org/fileadmin/- mer mehr die Vorbildfunktion von Influen- DE/ Themen/ Kinderernaehrung/ Influencer/ Webversion_ Junkfluencer_Report_2021.pdf cer*innen zunutze, um ihre Lebensmittel an junge Zielgruppen möglichst glaubwürdig zu vermarkten. N ET Z WE RK SE RI OU S Die Expertise von foodwatch ‚Junkfluencer – GAME S U ND G AM I F I CAT I ON Wie McDonald’s, Coca-Cola & Co. in sozialen FOR H EALT H Medien Kinder mit Junkfood ködern‘ beleuch- tet, wie die Lebensmittelindustrie reichwei- Am 2. September 2021 ist das Netzwerk Se- tenstarke Influencer*innen nutzt, um insbe- rious Games and Gamification for Health sondere ungesunde Produkte an Kinder und (https://serious-gamification4health.net/) of- Jugendliche zu vermarkten. fiziell gestartet. Ziel dieser Initiative ist es, die Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine Viel- verschiedenen Perspektiven auf diese beiden zahl an internationalen sowie nationalen Un- Themenfelder zu bündeln, Forschungslücken ternehmen durch Influencer*innen, wie z. B. zu identifizieren, sich auszutauschen und ge- Dagi Bee, Julia Beautx, Laser Luca, Simon gebenenfalls gemeinsame Projekte zu starten. Desue und Viktoria und Sarina, Kinder und Hervorgegangen ist das Netzwerk aus einer Jugendliche mit ungesunden Lebensmitteln Community Working Group des Hochschulfo- erreichen. Neben erkennbaren und direkten rums Digitalisierung. Interessierte sind herz- Produktplatzierungen werden ungesunde Pro- lich willkommen und können über info@seri- dukte auch ohne sichtbare Werbemarkierung ous-gamification4health.net Kontakt zu den platziert oder gar eigene Lebensmittel der In- Koordinator*innen aufnehmen oder dem Netz- fluencer*innen beworben. Kinder und Jugend- werk auf Twitter folgen (@NetGamification). liche sehen sich hierbei direkt mit Kaufan- reizen durch ihre Lieblingsinfluencer*innen konfrontiert. 2022/06 Gesundheit und Medien 21 4
quenzen über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten einher. Sichtbar werden auch Be- P RO B L E M ATIS CHE UN D einträchtigungen im persönlichen oder schu- PAT H O LOGIS CHE MEDIEN- lischen Bereich. Eine riskante Mediennutzung N U T Z U N G WÄHREND DER weist ebenso negative Folgen aufgrund einer KRI S E . E R GEBNIS S E EINER zeitintensiven Nutzung auf, jedoch treten in L ÄN G S S CHNIT TSTUDIE diesem Fall die genannten Konsequenzen nicht im gleichen Maßen ein. Eine riskante Nutzung DAK Gesundheit/ UKE Hamburg (2021). Mediensucht während der Corona-Pandemie. Ergebnisse der kann jedoch auch bei Kinder und Jugendli- Längsschnittstudie von 2019 bis 2021 zu Gaming und chen in eine pathologische Nutzung überge- Social Media mit dem UKE Hamburg. www.dak.de/dak/ hen. Das problematische Gaming-Verhalten bundesthemen/mediensucht-steigt-in-corona-pandemie- stark-an-2508248.html wurde anhand der ‚Gaming Disorder Scale for Adolescents‘ und die problematische Nutzung Die Ergebnisse der gemeinsamen Längs- von Social-Media anhand der ‚Social Media schnittuntersuchung der DAK-Gesundheit Disorder Scale‘ erhoben, die die Kriterien der und des Universitätsklinikums Hamburg-Ep- ICD-11 widerspiegeln. pendorf (UKE) zeigen, dass die Mediensucht Während der Corona-Pandemie nutzten Kin- bei Kindern und Jugendlichen zwischen zehn der und Jugendliche die digitalen Medien und 17 Jahren während der Corona-Pandemie nicht nur für schulische Aktivitäten, sondern stark angestiegen ist. Im Kontext von digitalen verlagerten auch einen großen Teil ihrer Frei- Spielen (‚Gaming‘) und sozialen Medien (‚So- zeit in digitale Räume. So stieg die Nutzungs- cial-Media‘) wurde untersucht, inwieweit die zeit digitaler Spiele unter der Woche zwischen Auswirkungen der Corona-Pandemie zum ris- September 2019 und Mai 2021 insgesamt um kanten oder pathologischen Nutzungsverhal- 31,3 Prozent an (2019: 83 Minuten pro Tag vs. ten bei Kinder und Jugendlichen (N = 1218) 2021: 109 Minuten pro Tag). Die Nutzungs- geführt haben und welche elterlichen Regeln zeiten am Wochenende stiegen insgesamt um vorhanden sind. Hierfür wurden Daten an vier 12,9 Prozent an (2019: 155 Minuten pro Tag Zeitpunkten erhoben: September 2019, April vs. 2021: 175 Minuten pro Tag). Zwischen- 2020, November 2020 und Mai 2021. zeitlich betrug die Nutzungsdauer von digi- Um eine pathologische und riskante Gaming- talen Spielen unter der Woche 132 Minuten und Social-Media-Nutzung messen zu können, (April 2020) und am Wochenende 195 Minu- wurde die Internationale Klassifikation der ten (November 2020). Die Nutzung von sozia- Krankheiten (ICD-11) der WHO angewandt. len Medien erhöhte sich unter der Woche von Nach der ICD-11 Vorgabe geht eine patho- 116 Minuten pro Tag im September 2019 auf logische Mediennutzung mit Kontrollverlus- 139 Minuten pro Tag im Mai 2021 (insgesamt ten, Verschiebung der Priorisierungen und +19,8 %). Die Nutzung erreichte mit 189 Minu- der weiteren Nutzung trotz negativer Konse- ten pro Tag im April 2020 den Höchststand. Im 22 5 www.merz-zeitschrift.de
September 2019 verbrachten die Kinder und zum September 2019 keine geschlechtsspezi- Jugendlichen am Wochenende 182 Minuten fische Unterscheidung aufweist, zeigt sich bei pro Tag auf diversen Social-Media-Plattfor- der pathologischen Nutzung unverändert eine men. Im April 2021 erreichte die Nutzungs- etwas stärkere Prävalenz bei Jungen (3,1 %) als dauer einen Höchststand von 235 Minuten, bei den Mädchen (1,5 %). Für die Social-Me- und lag im Mai 2021 bei 196 Minuten pro Tag. dia-Nutzung lässt sich feststellen, dass die jün- Die genauere Betrachtung des Nutzungsver- gere Altersgruppe (10 bis 14 Jahren) eher von haltens verdeutlicht zudem, dass die Dauer einer problematischen Nutzung betroffen ist der täglichen Nutzung mit der Verschärfung als die Älteren (15 bis 19 Jahre). des problematischen Verhaltens verbunden Bemerkenswert ist der Befund, dass trotz des ist. Kinder und Jugendliche, die eine patho- gestiegenen problematischen, insbesondere logische Nutzung aufweisen, waren deutlich pathologischen, Nutzungsverhaltens der Kin- länger online als Kinder und Jugendliche, die der und Jugendlichen während des gesamten Online-Spiele (241 Minuten pro Tag vs. 123 Untersuchungszeitraums keine Veränderung Minuten pro Tag) und Social-Media (252 Mi- der elterlichen Medienregeln zu beobachten nuten pro Tag vs. 156 Minuten pro Tag) unauf- war. Trotz der gegenwärtigen Reduktion der fällig nutzen. Nutzungszeiten nach dem starken Anstieg Im Vergleich zwischen September 2019 und im Frühjahr 2020, muss resümiert werden, Mai 2021 weisen die Prävalenzen der Nut- dass die Nutzungsdauer im Kontext von On- zungsmuster für das Gaming-Verhalten in der line-Spielen und der Social-Media-Nutzung Hochrechnung zwar einen minimalen Rück- noch nicht wieder das Vorkrisenniveau er- gang der riskanten Nutzung (-8 %), dafür aber reicht hat. In diesem Sinne ist eine elterliche einen deutlichen Zuwachs der pathologischen Mediation weiterhin von großer Bedeutung, Nutzung auf (+51,8 %). Unverändert bleibt, um riskantes oder pathologischen Nutzungs- dass Jungen eher vom riskanten und patho- verhalten wahrzunehmen, dementsprechend logischen Verhalten betroffen sind als Mäd- zu handeln und die Gesundheit von Kinder chen. Zudem kann bei der Altersgruppe der und Jugendlichen zu fördern. 10- bis 14-Jährigen im Vergleich zu den 15- bis 19-Jährigen vermehrt ein problematisches DIGITAL WOH LF Ü H LEN – Nutzungsverhalten beobachtet werden. WIS SEN, WAS U NS G U T T U T Im selben Zeitraum hat sich die riskante und Rack, Stefanie/ Fächner, Stefanie (2021). Ommm Online – Wie pathologische Nutzung von sozialen Medien wir unser digitales Wohlbefinden steigern. Arbeitsmaterial stark erhöht. Die Anzahl der Kinder und Ju- für den Unterricht, Heft 5. www.klicksafe.de/materialien/ ommm-online-wie-wir-unser-digitales-wohlbefinden-steigern/ gendlichen, die soziale Medien riskant oder pa- thologisch nutzen, ist hochgerechnet um 26,8 Prozent bzw. 43,7 Prozent gestiegen. Während Das Phänomen, länger online zu sein als ur- ein riskantes Nutzungsmuster im Vergleich sprünglich geplant, kennen wahrscheinlich die 2022/06 Gesundheit und Medien 263
meisten. Selbst trotz bester Vorsätze misslingt Orientierungshilfe und Vergleichsmaßstab. Di- vielen eine kontrollierte und selbstregulierte rekte digitale Vergleiche mit der Peergroup, die Mediennutzung. Bewertung des eigenen Online-Auftritts oder Die Fragen, welche Strategien direkt von An- die Orientierung an dem scheinbar perfekten bietern sozialer Dienste ausgehen, um die On- und erfolgreichen Leben von Influencer*in- line-Zeit zu verlängern und welche Anzie- nen können jedoch das Wohlbefinden nega- hungskraft soziale Medien per se ausstrahlen, tiv beeinflussen. Weitere Risikofaktoren sind stehen im Mittelpunkt der neuesten Ausga- die Konfrontation mit Hate Speech oder Fake be der klicksafe-Reihe ‚Mobile Medien – Neue News. Herausforderungen‘. Das Unterrichtsmate- Mit dem Material stellen klicksafe und Han- rial ‚Ommm online – Wie wir unser digitales dysektor wertvolle Tipps und Unterrichtsma- Wohlbefinden steigern‘, das in Kooperation mit terialien bereit, die zu einer Auseinanderset- Handysektor erstellt wurde, gibt Lehrkräften zung mit dem eigenen Wohlbefinden anregen. und Jugendlichen eine Vielzahl von Werkzeu- Den Kern bilden Übungen zur Reflexion der gen an die Hand, um den eigenen Medienum- eigenen Online-Nutzung sowie Informationen gang besser regulieren zu können und dadurch zu Funktionsweisen von Social-Media-Diens- auch das digitale Wohlbefinden wiederzuer- ten und Einstellungsmöglichkeiten am eigenen langen bzw. zu steigern. Gerät oder in verschiedenen App-Anwendun- Bei den bevorzugt genutzten Social-Me- gen. Darüber hinaus finden sich im Material dia-Diensten fallen eine Reihe von Funktionen viele ermutigende Anregungen, wie jugendli- auf, die die zeitliche Bindung an die sozialen che Nutzer*innen selbst aktiv werden können. Netzwerke verlängern. Eine solche Strategie ist Bei allen Ratschlägen werden immer auch die als ‚Nudging‘ (Stupsen) bekannt. Hierzu zählen positiven Möglichkeiten der digitalen Welt he- beispielsweise die Autoplay-Funktion, Fortset- rausgestellt und stetig betont, dass der Spaß zungs-Stories auf Instagram, personalisierte am Digitalen an erster Stelle steht. Das Heft Inhaltsvorschläge sowie klassische Push-Be- stellt insgesamt eine überzeugende Verknüp- nachrichtigungen. Die Funktionen aktivieren fung von Information, Aufklärung und Refle- u. a. das Belohnungssystem im Gehirn, wo- xion dar und bietet Anregungen, sich mit dem durch das Glückshormon Dopamin freigesetzt eigenen digitalen Wohlbefinden auseinander- werden kann. Je häufiger die Nutzung statt- zusetzen und dieses positiv zu beeinflussen. findet, desto größer ist das Risiko, eine Abhän- gigkeit zu entwickeln und dadurch das digitale Begüm Güngör ist studentische Mitarbeiterin Wohlbefinden zu schwächen. am Leibniz-Institut für Medienforschung | Ein weiterer Aspekt, der das digitale Wohl- Hans-Bredow-Institut (HBI) und studiert befinden beeinflusst, ist der digitale Ver- Soziologie (M.A.) in Göttingen. gleich. Für Jugendliche dienen die Soci- al-Media-Dienste als Informationsquelle, 24 7 www.merz-zeitschrift.de
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