Aktuelles aus der AK Gmunden: Im Dauereinsatz gegen Unterentlohnung - Dr. Martin Kamrat, LL.M.

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Ihr Gesprächspartner:

Dr. Martin Kamrat, LL.M.                                          AK-Bezirksstellenleiter

                        Aktuelles aus der AK Gmunden:
                            Im Dauereinsatz gegen
                               Unterentlohnung

                                     Sommergespräch
                            Mittwoch, 5. August 2015, 11:00 Uhr
Beratung und Vertretung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten sind
das Kerngeschäft der AK Gmunden. Tausende Arbeitnehmer/-innen aus dem Be-
zirk suchen Rat und Hilfe in der Bezirksstelle. Dabei geht es hauptsächlich um
offene Löhne und Gehälter, aber auch um Sonderzahlungen, Überstunden und
Abfertigungen. Hauptthema in der Beratung und Vertretung ist ungebrochen
Unterentlohnung.

Dauerproblem Unterentlohnung
In den Kollektivverträgen, die zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern/-innen
ausgehandelt werden und in der Regel für eine gesamte Branche gelten, sind alle
wichtigen wechselseitigen Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis
geregelt. Das sind vor allem Bestimmungen zu Entlohnung (Mindestgehälter bzw.
Mindestlöhne), Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) und Arbeitszeit.

Die Einstufung der Arbeitnehmer/-innen in den Lohn- und Gehaltsordnungen der
Kollektivverträge erfolgt nach bestimmten Kriterien : Ausbildung, Vordienstzeiten
etc.. Ausschlaggebend ist aber die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Diese wiederum
ist in den Kollektivverträgen genau beschrieben.

Immer wieder kommt es aber vor, dass die Einstufung bzw. Bezahlung nicht den
in den Kollektivverträgen vorgesehenen Lohn- und Gehaltsstufen entspricht oder
dass erbrachte Leistungen und Ansprüche, wie Überstunden oder Zulagen, einfach
nicht bezahlt werden. In der Arbeiterkammer Gmunden ist Unterentlohnung ein
Dauerthema.

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Beispiele aus der Praxis:

Durch falsche Abmeldung flog Unterentlohnung auf
Ein Arbeitnehmer aus Scharnstein war bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt und
wurde von dieser an eine Firma in seinem Wohnort überlassen. Dann wollte ihn
sein Arbeitgeber in Kirchdorf einsetzen, obwohl er bereits bei seiner Einstellung
bekanntgegeben hatte, dass er kein Auto hat. Als der Mann darauf hinwies, dass er
in Kirchdorf erst um 8 Uhr morgens anfangen könne, weil er auf öffentliche Ver-
kehrsmittel angewiesen sei, wurde er gefeuert. Als Abmeldegrund gab die Firma
bei der Gebietskrankenkasse aber „unberechtigter vorzeitiger Austritt“ an.

Daraufhin wandte sich der Arbeitnehmer an die AK Gmunden um Hilfe. Dort
wurde nicht nur festgestellt, dass er keineswegs „unberechtigt ausgetreten“ war,
sondern auch systematisch zu wenig Lohn bekommen hatte. Die AK setzte durch,
dass die Firma nicht nur die Abmeldung korrigierte und ihm eine Kündigungsent-
schädigung zahlen musste, sondern auch die Lohndifferenz für die falsche Einstu-
fung. In Summe bekam der Mann 1.755 Euro nachgezahlt.

Jahrelang falsch eingestuft Großteil der Ansprüche verfallen
Eine Handelsangestellte hatte bereits fünf Jahre lang in einem Geschäft im Salz-
kammergut gearbeitet, als sie in die AK Gmunden kam, um die Höhe ihre Ent-
lohnung überprüfen zu lassen. Mit ihrer Vermutung, sie sei unterentlohnt, lag sie
völlig richtig. Die Rechtsexperten der AK Gmunden stellten fest, dass sie seit Be-
ginn des Arbeitsverhältnisses fälschlicherweise in der Beschäftigungsgruppe II laut
Handelskollektivvertrag eingestuft war, obwohl ihr eine Entlohnung nach Be-
schäftigungsgruppe III zugestanden wäre. Das macht eine Lohndifferenz von mo-
natlich mehr als 230 Euro brutto aus!

Nachdem die AK den Unternehmer aufgefordert hatte, die Einstufung zu korrigie-
ren und die Differenz nachzuzahlen, verwies dieser auf die einjährige Verfallsfrist
im Kollektivvertrag. Das heißt, die Ansprüche können nur ein Jahr lang rückwir-
kend geltend gemacht werden. Die Arbeitnehmerin wollte daraufhin nicht länger
dort arbeiten und einigte sich in einem Vergleich mit dem Unternehmer auf eine
einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses und eine Nachzahlung von

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2.700 Euro. Die tatsächliche Unterentlohnung über die gesamte Beschäftigungszeit
machte ein Vielfaches dieser Summe aus, war aber aufgrund der Verfallsfrist nicht
mehr einklagbar.

AK fordert Abschaffung der Verfallsfristen
Dieses Beispiel zeigt recht deutlich, wie heikel das Thema Verfallsfristen ist. Kurze
Verfallsfristen führen dazu, dass Beschäftigte Geld verlieren, obwohl sie dafür ge-
arbeitet haben und ihnen die AK zu ihrem Recht verhilft. Fälle, in denen Men-
schen jahrelang unterentlohnt werden, aber aufgrund der kollektivvertraglichen
Bestimmungen nur drei Monate nachbezahlt bekommen, sind keine Seltenheit.
Die AK fordert daher die Abschaffung dieser Verfallsfristen. Damit käme die im
ABGB festgesetzte dreijährige Verjährungsfrist zum Tragen.

Die Forderung nach Abschaffung der Verfallsfristen ist Teil einer Parlamentari-
schen Bürgerinitiative der AK Oberösterreich. Diese beinhaltet zusätzlich noch die
Forderung nach einer Informationspflicht bei Unterentlohnung.

Erste Erfolge für AK-Bürgerinitiative
Die Initiative der AK brachte nun erste Erfolge: Arbeitnehmer/-innen müssen nun
informiert werden, wenn es infolge einer Betriebsprüfung durch die Gebietskran-
kenkasse oder das Finanzamt zu einer Strafanzeige wegen Unterentlohnung
kommt. Zudem machen sich Arbeitgeber seit 1.1.2015 nach dem neuen Lohn- und
Sozialdumping Bekämpfungsgesetz (LSDBG) strafbar, wenn sie ihren Beschäftig-
ten nicht zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehen-
de Entgelt leisten, also den Lohn oder das Gehalt inklusive Überstunden, Zulagen,
Zuschlägen, Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.

Die AK wird die Umsetzung des neuen Gesetzes genau überwachen und sich dafür
einsetzen, dass den von Lohn- und Sozialdumping betroffenen Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmern das vorenthaltene Entgelt nachgezahlt wird.

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AK-Tipps
     Lohnabrechnungen kontrollieren lassen! Die Praxis lehrt: Nie darauf ver-
      trauen, dass die Lohnabrechnung stimmt. Es können sich bei einer Über-
      prüfung (große) Nachzahlungen ergeben.

     Infos einholen! Viele Arbeitnehmer/-innen kommen erst nach Ende des
      Arbeitsverhältnisses zur Arbeiterkammer. Es empfiehlt sich aber, gleich zu
      Beginn eines Arbeitsverhältnisses Informationen einzuholen, ob man rich-
      tig eingestuft ist – so kann manche böse Überraschung verhindert werden.

     Arbeitszeiten genau aufzeichnen! Es kann nicht oft genug und deutlich
      genug gesagt werden: Alle Arbeitszeiten minutiös aufzeichnen und wenn
      möglich von Arbeitskollegen/-innen bestätigen lassen. Denn damit hat
      man im Falle des Falles ein Beweismittel in der Hand, um Forderungen
      durchsetzen zu können.

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AK Gmunden Serviceangebot

Öffnungszeiten
Montag bis Donnerstag:       7.30 Uhr bis 16.00 Uhr
Freitag:                     7.30 Uhr bis 13.30 Uhr

Beratung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten
   Persönlich: während der Öffnungszeiten.
    Um Wartezeiten zu vermeiden, wird um Terminvereinbarung unter der Telefon-
    nummer 050/6906-4412gebeten.

   Telefonisch: während der Öffnungszeiten und am Dienstag zusätzlich bis 19.00
    Uhr unter der Telefonnummer 050/6906-1

Bildungsberatung
   Persönlich: jeden zweiten Mittwoch
    zwischen 15 und 17 Uhr
    nach vorheriger Terminvereinbarung
    unter der Telefonnummer 050/6906-4412.

Unsere Adresse
Herakhstraße 15b, 4810 Gmunden
Tel: 050/6906 - 4412
Fax: 050/6906 - 4499
E-Mail: gmunden@akooe.at
Homepage: ooe.arbeiterkammer.at/gmunden

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