Antrag - wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.

 
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Deutscher Bundestag                                                            Drucksache 19/26188
19. Wahlperiode                                                                             27.01.2021

                                                                                                         Vorabfassung - wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.
Antrag
der Abgeordneten Daniela Kluckert, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, Renata Alt,
Christine Aschenberg-Dugnus, Nicole Bauer, Jens Beeck, Dr. Jens Brandenburg
(Rhein-Neckar), Mario Brandenburg, Dr. Marco Buschmann, Britta Katharina
Dassler, Dr. Marcus Faber, Daniel Föst, Otto Fricke, Thomas Hacker, Reginald
Hanke, Peter Heidt, Katrin Helling-Plahr, Markus Herbrand, Torsten Herbst, Katja
Hessel, Dr. Gero Hocker, Manuel Höferlin, Reinhard Houben, Olaf in der Beek,
Dr. Christian Jung, Pascal Kober, Carina Konrad, Konstantin Kuhle, Ulrich Lechte,
Michael Georg Link, Till Mansmann, Alexander Müller, Frank Müller-Rosentritt,
Dr. Martin Neumann, Hagen Reinhold, Frank Schäffler, Dr. Wieland Schinnenburg,
Matthias Seestern-Pauly, Judith Skudelny, Hermann Otto Solms, Dr. Marie-Agnes
Strack-Zimmermann, Benjamin Strasser, Katja Suding, Linda Teuteberg, Stephan
Thomae, Manfred Todtenhausen, Dr. Andrew Ullmann, Gerald Ullrich, Johannes
Vogel (Olpe), Nicole Westig und der Fraktion der FDP

Regeln für den Schnellstart ins Gigabitzeitalter

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels und auch das digitale Arbeiten
im Home-Office, setzen verlässliches Internet mit lückenloser Netzabdeckung
und hohen Übertragungsraten voraus. Die Corona-Pandemie sowie die dadurch
steigende Anzahl an Menschen, die digital von zu Hause aus arbeiten, zeigt dabei
auf ein Neues, dass beides in Deutschland nicht in ausreichendem Maße vorhan-
den ist (Quelle: https://www.tlz.de/regionen/weimar/nicht-ueberall-reicht-daten-
strom-fuer-homeoffice-id228714067.html). Wie sehr Deutschland beim Ausbau
einer modernen digitalen Infrastruktur hinterherhinkt, verdeutlicht ein Blick auf
den internationalen Vergleich. Im November 2020 lag Deutschland im Global
Speedtest Index mit einer durchschnittlichen Downloadgeschwindigkeit
von 118.04 Mbit/s bei stationären Breitbandverbindungen international nur auf
Platz 32 und damit weit hinter den EU-Partnerländern Frankreich (177.25 Mbit/s,
Platz 9) und Rumänien (188.08 Mbit/s, Platz 7). Einer der Gründe für dieses ver-
hältnismäßig schlechte Abschneiden, ist der schleppende Glasfaserausbau. Eine
Kleine Anfrage der FDP- Bundestagsfraktion (BT-Drucksache: 19/19984) zeigte,
dass derzeit lediglich 11,8 % der Haushalte in Deutschland über gigabitfähige
Glasfaseranschlüsse verfügen und von den rund 11.000 Gemeinden in Deutsch-
land bisher nur 0,7 % vollständig an Glasfaser angeschlossen sind. Diese Zahlen
sind ein alarmierendes Signal, denn der schleppende Glasfaserausbau und die un-
zureichende digitale Infrastruktur gefährden nicht nur die globale Wettbewerbs-
fähigkeit des Standortes Deutschland und erschweren das Heben der Potenziale
Drucksache 19/26188                                   –2–                Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

der Digitalisierung, sie beschränken auch die Möglichkeiten zur gesellschaftli-

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chen Teilhabe und vergrößern das Stadt-Land-Gefälle.
Das zeigt wie enorm der Handlungs- und Problemlösungsbedarf sowohl auf eu-
ropäischer als auch auf nationaler Ebene bleibt. In einem ersten Schritt zur Be-
wältigung dieser Herausforderungen trat am 20.12.2019 der Europäischen Kodex
für die elektronische Kommunikation (EKEK, Richtlinie (EU) 2018/1972) in
Kraft. Mit diesem Anstoß für einen digitalen europäischen Ordnungsrahmen wur-
den auch entsprechende Änderungen des nationalen Telekommunikationsgeset-
zes (TKG) durch die Bundesregierung bis Ende 2020 fällig. Obwohl Deutschland
weiterhin immensen Nachholbedarf beim Glasfaserausbau aufweist, wurde der
Gesetzentwurf zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (TKMoG-E)
erst am 16.12.2020 vom Bundeskabinett beschlossen. Die Frist für die Umsetzung
des EKEK in nationales Recht bis zum 21.12.2020 konnte somit von der Bundes-
regierung nicht eingehalten werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung
kommt jedoch – angesichts des massiven Rückstands beim Glasfaserausbau –
nicht nur viel zu spät, sondern ist zudem in Teilen unausgegoren und nicht weit-
reichend genug. Zwar enthält der TKMoG-E neben Erleichterungen beim Gi-
gabit- und 5G-Ausbau auch Möglichkeiten zur Ausweitung des Einsatzes innova-
tiver kostengünstiger und schneller Verlegetechniken, wie dem Micro- oder
Nano-Trenching - große Fragen bleiben aber auch hier unbeantwortet.
Da eine Beschleunigung des Glasfaserausbaus unerlässlich für den Erhalt der
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und für das Entstehen digitaler Innovationen
ist, muss die Bundesregierung zügig die Lücken des Gesetzentwurfs schließen
und um ambitionierte Maßnahmen ergänzen. Das Gesetz wird nur dann eine po-
sitive Hebelwirkung zugunsten eines schnellen Breitbandausbaus und eines aus-
gewogenen Wettbewerbs entwickeln, wenn Rechtsbegriffe und rechtliche Krite-
rien klar definiert sind. So fehlt es im aktuellen Entwurf mithin unter anderem an
Rechtssicherheit bezogen auf den Anspruch auf „schnelles Internet“. Konkreti-
sierte, klare Ausführungen zur rechtlichen Durchsetzbarkeit und eine Präzisierung
der Mindestbandbreite sind sowohl für die Unternehmen als auch die Bürgerinnen
und Bürger essentiell. Unbestimmte Rechtsbegriffe und Lücken im Gesetzent-
wurf münden sonst in Planungs- und Rechtsunsicherheit, treiben die Kosten in die
Höhe und verzögern so den dringend notwendigen Ausbau der digitalen Infra-
struktur in Deutschland.
Damit der Glasfaserausbau in Deutschland endlich Fahrt aufnehmen kann,
braucht es jedoch mehr als das bloße Schließen der Lücken im Gesetzestext. Da-
mit der Ausbau einer flächendeckenden, verlässlichen und leistungsfähigen digi-
talen Infrastruktur noch zügiger vorankommt, müssen auch zusätzliche, ambitio-
nierte Maßnahmen ihren Beitrag leisten und durch das Telekommunikationsrecht
umgesetzt werden. Für eine Beschleunigung des Glasfaserausbaus und einen ziel-
gerichteten, effizienten Einsatz von (Förder-)Mitteln, braucht es eine Entbürokra-
tisierung des Breitbandausbaus. Es gilt sicherzustellen, dass Fördergelder auch in
den entsprechenden Ausbauprojekten ankommen und nicht in sogenannten Bera-
tungsleistungen versickern. Mit der Vergabe von Gigabit-Gutscheinen, kann ein
nachfrageorientiertes Fördersystem geschaffen werden, welches Endkunden bei
der Finanzierung der Anschlussgebühren und somit beim Breitbandausbau unter-
stützt (vgl. Antrag der FDP-Bundestagsfraktion BT-Drucksache 19/14048).
Durch diese unbürokratische und nachfrageorientierte Förderung können Steuer-
mittel des Bundes kosteneffizient und ökonomisch dort eingesetzt werden wo der
höchste Bedarf besteht.
Um eine bessere Breitbandversorgung des ländlichen Raums zu gewährleisten
und um das Stadt-Land-Gefälle zu verringern, ist die Ausschreibung des Glasfa-
serausbaus zudem in sogenannten Regions-Clustern vorzunehmen. In diesen
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Clustern werden die für die Telekommunikationsunternehmen attraktiven und un-

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attraktiven Gebiete zusammengefasst, damit auch der ländliche Raum schnell, ef-
fizient und zielgerichtet mit leistungsstarken Internetverbindungen versorgt wird.
Eine dringend benötigte Reform des TKG muss zwingend auch die Interessen der
Nutzerinnen und Nutzer ins Zentrum stellen. Sowohl in Fragen des Verbraucher-
rechts und der zur Verfügung zu stellenden Mindestbandbreite als auch beim
Schutz der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist die Novellierung
des TKG als Impuls für die Abschaffung der anlasslosten Vorratsdatenspeiche-
rung von Telekommunikationsverbindungsdaten zu nutzen. Im Interesse der Nut-
zerinnen und Nutzer ist ebenso, dass zwingende Zusammendenken von Glasfaser-
und Mobilfunkausbau, denn ohne flächendeckende Glasfaserinfrastruktur ist
schnelles mobiles Netz nicht denkbar.
Damit Deutschland durch seine mangelhafte digitale Infrastruktur nicht weiter ab-
gehängt wird und um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sowie die indi-
viduellen Chancen der Bürgerinnen und Bürger zu sichern, braucht Deutschland
schnellstmöglich eine zukunftsfähige Gigabit-Infrastruktur. Neue Konzepte und
das Setzen auf Innovationen sind essentiell für den zügigen und flächendeckenden
Aufbau eines Glasfasernetzes und Deutschlands Schnellstart ins Gigabitzeitalter.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
1. durch die Definition einer ambitionierten Zielmarke für die zu erreichende
   flächendeckende Datenübertragungsrate für eine Beschleunigung des Glasfa-
   serausbau zu sorgen.
             a.   die Zielmarke so zu definieren, dass sie sich aus dem Durch-
                  schnittswert jener fünf OECD-Mitgliedstaaten zusammensetzt,
                  welche in der OECD-Breitbandstatistik die höchsten durch-
                  schnittlichen Datenübertragungsgeschwindigkeiten aufwei-
                  sen. Dieser Durchschnittswert ist einem regelmäßigen Turnus
                  von zwei Jahren zu erheben und als kurzfristig zu errei-
                  chende Zielmarke festzulegen.
             b. sicherzustellen, dass das Erreichen dieser ambitionierten Ziel-
                marke durch unbürokratische und nachfrageorientierte Modelle
                (wie etwa Gigabit-Gutscheine) gewährleistet wird, um dem
                Nachholbedarf Deutschlands im Bereich der digitalen Infra-
                struktur gerecht zu werden und eine Verfehlung der Ziele zu ver-
                meiden.
2. innovative und alternative Verlegetechniken, wie beispielsweise das Micro-
   oder Nano-Trenching, explizit zu fördern und Standards einzuführen, um für
   einen schnelleren Glasfaserausbau in der Fläche zu sorgen und um Glasfaser
   bis zur Haustür als Standard zu etablieren.
3. die aktuellen Leerrohrbestimmungen und den Mitverlegungsanspruch von
   Telekommunikationsunternehmen dahingehend zu modifizieren, dass das
   wettbewerbsfördernde Potenzial von Open-Access-Modellen genutzt wird
   ohne den Glasfaserausbau zu bremsen.
4. die noch fehlenden rechtlichen Kriterien zur Definition des Rechtsanspruchs
   auf schnelles Internet zu ergänzen, um insbesondere in der Frage des An-
   spruchsgegners Rechtssicherheit zu erzielen.
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5. alle unbestimmten Rechtsbegriffe, wie etwa hinsichtlich der Bedeutung der

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   Begrifflichkeiten "schnelles Internet" oder "durchgehende Konnektivi-
   tät", mithilfe von klaren Definitionen zu vermeiden, um so für Planungs- und
   Rechtssicherheit zu sorgen.
6. die Verpflichtung von Erbringern öffentlich zugänglicher Telekommunikati-
   onsdienste zur Speicherung von Verkehrsdaten (§113a und §113b TKG) so-
   wie die dazugehörigen Begleitregelungen in den §§ 113c bis § 113g
   TKG aufzuheben. Bezüglich weiterer Folgeänderungen, insbesondere in der
   Strafprozessordnung und im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz,
   im Zuge der Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunika-
   tionsverbindungsdaten wird auf den Gesetzentwurf der Fraktion der Freien
   Demokraten mit BT-Drucksache 19/204 verwiesen.
7. durch Gigabit-Gutscheine die Versorgung von kleinen und mittleren Unter-
   nehmen sowie Privathaushalten und nichtkommerziellen Organisationen mit
   schnellem Internet zu fördern und ein nachfrageorientiertes Vergabesystem
   zu etablieren.
            a.   das System der Gigabit-Gutscheine so auszugestalten, dass sich
                 insbesondere kleine und mittlere Unternehmen nach dem "First-
                 Come-First-Serve"-Prinzip unbürokratisch um eine Teilfinan-
                 zierung der Einrichtung eines Glasfaseranschlusses bewerben
                 können.
            b. das nachfrageorientierte Verteilungssystem so auszugestalten,
               dass die Last der Bedarfsermittlung von den Kommunen genom-
               men wird.
            c.   das System so zu strukturieren, dass die Gesamtzahl der Gut-
                 scheine budgetabhängig begrenzt wird, jedoch durch wiederkeh-
                 rende Vergaberunden - in Abhängigkeit von den zur Verfügung
                 stehenden Haushaltspositionen - angepasst werden kann.
            d. das nachfrageorientierte System der Gigabit-Gutscheine aus der
               vorhandenen Bundesbreitbandförderung, beispielsweise aus den
               Digitalfonds, zu speisen und vorerst keine neuen Fördermittel
               aufzulegen.
8. die Attraktivität des Glasfaserausbaus in ländlichen Regionen zu erhöhen und
   diesen zu beschleunigen, indem der Ausbau von Regionen mit Förderbedarf
   beim Glasfaserausbau gebündelt in sogenannten Regions-Clustern ausge-
   schrieben wird.
9. ein Gigabit-Grundbuch einzurichten, in dem alle (teil-)staatlichen und priva-
   ten Institutionen ihre Netzinfrastruktur verpflichtend eintragen müssen, um
   eine transparente Übersicht über die mit Breitband unterversorgten Gebiete
   zu erhalten und die Fördermittel zum Glasfaserausbau zielgerichtet einzuset-
   zen. Hierzu ist eine vollständige bundesweite Erfassung des Glasfaser-, Ka-
   bel- und Mobilfunknetzes unerlässlich.
10. den Glasfaserausbau konsequent durch die Veräußerungen der direkten und
    indirekten Beteiligung des Bundes, wie zum Beispiel an der Telekom AG und
    der Deutschen Post AG, finanziell zu fördern.
11. auf die Aufnahme von verpflichtendem lokalem Roaming in das TKG zu ver-
    zichten, um eine Minderung der Investitionsanreize für Unternehmen und
    mögliche negative Auswirkungen auf die Rechtssicherheit zu vermeiden.
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12. die Novelle des TKG so zu gestalten, dass die lückenlose und leistungsfähige

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    Internetversorgung sowohl über stationäre Anschlüsse als auch über Mobil-
    funk gewährleistet wird.
            a.   die Regelungen zur Frequenzvergabe ausdrücklich für alterna-
                 tive Verfahren als gleichberechtigte Option zur Versteigerung
                 zu öffnen.
            b. die Fälligkeit der Entgelte für die Frequenznutzung frühestens
               auf den Zeitpunkt der Verfügbarkeit festzulegen ("pay as
               available").
            c.   gesetzlich eindeutig festzulegen, dass bei der Vergabe von Mo-
                 bilfunkfrequenzen für den Endkundenmarkt eine Diensteanbie-
                 terverpflichtung aufzuerlegen ist.

Berlin, den 26. Januar 2021

Christian Lindner und Fraktion
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