ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters
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4 1 Überblick zur zweiten Aktionärs- rechterichtlinie 8 8 2 Organvergütung 2.1 Einleitung 10 2.2 Vergütungssystem Gestaltung Votum der Hauptversammlung Offenlegungspflicht Festsetzung der Vergütung entlang des Vergütungssystems 19 2.3 Vergütungsbericht Erstellung Prüfung des Berichts durch den Abschlussprüfer Beschlussfassung der Hauptversammlung Offenlegungspflicht 26 3 Related Party Transactions — Zustimmungs- und Publizitätspflichten für Transaktionen mit nahestehenden Personen und Unternehmen 27 3.1 Einleitung 28 3.2 Transaktionen mit nahestehenden Parteien 31 3.3 Zustimmung des Aufsichtsrats 34 3.4 Veröffentlichung 39 Ansprechpartner
1 4 Überblick zur zweiten Aktionärs- rechterichtlinie Die zweite EU-Aktionärsrechterichtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 (ARRL) soll die Mitwirkung der Aktionäre bei börsennotierten Gesellschaften verbessern und der Er- leichterung der grenzüberschreitenden Information und Ausübung von Aktionärsrechten dienen. Die Bundesregierung hat am 20. März 2019 den Regierungsentwurf (RegE) des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vorgelegt, der – nach Beratung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz – dem Deutschen Bundestag am 14. November 2019 zur zweiten und dritten Beratung vorgelegt und verabschiedet wurde. Das ARUG II tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
1. Überblick zur zweiten Aktionärsrechterichtlinie 5 Abbildung 1 Entwicklung der zweiten ARRL und des ARUG II 2020 1. Januar 2020 Inkraftreten ARUG II 29. November 2019 Verabschiedung durch den Bundesrat 14. November 2019 Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag 2019 13. November 2019 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz 10. Juni 2019 EU-Vorgabe Inkraftreten des ARUG II 20. März 2019 Regierungsentwurf zum ARUG II 2018 11. Oktober 2018 Referententwurf zum ARUG II 17. Mai 2017 Veröffentlichung der EU- 2017 Richtlinie 2017/828 2016 2015 8. Juli 2015 1. Lesung im Europäischen Parlament Annahme durch die EU-Kommission 9. April 2014 2014 zur Änderung der Richtlinie 2007/36 EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre 2009 30. Juli 2009 ARUG EU-Gesetzgebung Nationale Gesetzgebung ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
6 1. Überblick zur zweiten Aktionärsrechterichtlinie Mit dem ARUG II setzt der deutsche Gesetzgeber die euro- päischen Vorgaben der ARRL um, die sich im Wesentlichen auf vier Kernbereiche konzentrieren: Wesentliche Transaktionen S. 28 Abbildung 2 Regelungsbereiche des ARUG II Nahestehende Parteien S. 28 Gestaltung S. 10 Zustimmungs- pflichten Votum der HV S. 31 S. 12 Vergütungs- R E L AT E D Veröffentlichung Offenlegung PA R T Y S. 34 system TRANSACTIONS S. 13 Geschäfte Festsetzung mit nahestehenden S. 14 Unternehmen und Personen S AY O N PAY Organvergütung Erstellung S. 19 Prüfung S. 22 ARUG II Vergütungs- Beschlussfassung bericht der HV S. 23 Offenlegung S. 23 Transparenzpflichten zu Mitwirkung, KNOW YOUR SHAREHOLDER Anlageverhalten und Geschäftsmodell von Maßnahmen zur Verbesserung institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern der Identifikation und Information und Stimmrechtsberatern von Aktionären ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
1. Überblick zur zweiten Aktionärsrechterichtlinie 7 Von gesteigerter Bedeutung und erhöhter Relevanz für die betriebliche Praxis sind insbesondere die beiden Kern- bereiche „Say on Pay“ und „Related Party Transactions“, die im Rahmen dieser Praxisbroschüre detailliert dar- gestellt werden. Anwendungsbereich Die Regelungen des ARUG II gelten für börsennotierte Gesellschaften. Entsprechend sind die Rechtsformen Aktien- gesellschaft (AG), Societas Europaea (SE) und Kommandit- gesellschaft auf Aktien (KGaA) betroffen, sofern sie börsen- notiert i. S. d. § 3 II AktG sind. Erfasst werden daher Gesell- schaften, deren Aktien nach §§ 32 ff. BörsG zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2 8 Organvergütung 2.1 Einleitung Die ARRL, die in nationales Recht zu tungssystem ist der Hauptversamm- transformieren ist, enthält eine Reihe lung bei jeder wesentlichen Änderung, von Mitspracherechten der Aktionäre mindestens jedoch alle vier Jahre, zur zur Vergütung der Vorstands- und Billigung vorzulegen. Innerhalb dieses Aufsichtsratsmitglieder. So sollen Rahmens beschließt der Aufsichtsrat Aktionäre im Rahmen der Hauptver- dann die konkrete Vergütung der ein- sammlung das Recht erhalten, eine zelnen Vorstandsmitglieder. Abstimmung mit verbindlichem oder empfehlendem Charakter über ein vom Über die im letzten Geschäftsjahr ge- Aufsichtsrat entwickeltes Vergütungs- währte Vorstandsvergütung (sowie system für den Vorstand („Say on auch über die Aufsichtsratsvergütung) Pay“) durchzuführen. müssen Vorstand und Aufsichtsrat künftig jährlich einen Vergütungs- Im ARUG II hat sich der deutsche Ge- bericht erstellen, der durch den Ab- setzgeber für ein beratendes Votum schlussprüfer formal zu prüfen ist. Der der Hauptversammlung über das Gesetzgeber verpflichtet die Unterneh- Vergütungssystem des Vorstands ent- men zudem, ihr Vergütungssystem, schieden, sodass die Kompetenz zur den zugehörigen Hauptversammlungs- Festsetzung und Entwicklung eines ent- beschluss, den Vergütungsbericht und sprechenden Systems weiterhin dem den Vermerk des Abschlussprüfers Aufsichtsrat obliegt — nicht zuletzt, um zu veröffentlichen. bei mitbestimmten Überwachungs- gremien den Einfluss der Arbeitnehmer- vertreter auf die Vorstandsvergütung weiterhin sicherzustellen. Der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft muss ein klares und ver- ständliches Vergütungssystem für den Vorstand festlegen. Dieses Vergü- ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 9 Abbildung 3 ARUG II — aktienrechtliche Normen zur Organvergütung Organvergütung Vorstandsvergütung Aufsichtsratsvergütung § 87a § 113 III i. V. m. § 87a I Vergütungssystem Vergütungssystem § 120a § 113 III i. V. m. § 120a II–III Votum der HV zum Vergütungssystem Votum der HV zum Vergütungssystem und zum Vergütungsbericht und zum Vergütungsbericht § 162 Vergütungsbericht EXKURS Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex Im Mai 2019 hat die Regierungs- In der vorliegenden Broschüre wird die Bezogen auf die Vorstandsvergü- kommission DCGK eine vollständige am 9. Mai 2019 beschlossene Fassung tung sind der Grundsatz Nr. 23 sowie Neufassung des DCGK beschlossen, des Kodex zugrunde gelegt. Neben der die Empfehlungen G.1–G.16 DCGK die erst nach Inkrafttreten des ARUG II bekannten Logik mit Empfehlungen maßgeblich. im Bundesanzeiger veröffentlicht wird und Anregungen aus früheren Versio- und den bis dahin gültigen Kodex nen enthält der neue Kodex zusätzlich in der Fassung vom 7. Februar 2017 kurze, prägnante Grundsätze mit den ablöst. wesentlichen gesetzlichen Prinzipien. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
10 2. Organvergütung RECHTSGRUNDLAGEN Bisherige Rechtsgrundlagen § 87 AktG Neue Rechtsgrundlagen § 87 AktG / § 87a AktG / § 120a AktG 2.2 Das Vergütungssystem Gestaltung Bisherige Regelungen Inhaltliche Anforderungen Bislang war der regulatorische Aus- Die inhaltlichen Mindestangaben zum gangspunkt für die Ausgestaltung der Vergütungssystem ergeben sich aus Vorstandsvergütung § 87 AktG, der dem ausführlichen Anforderungskata- die wesentlichen Grundsätze für die log des § 87a I Satz 2 AktG. Es müssen Vorstandsvergütung enthält. Der Auf- nur Angaben zu Elementen des Ver- sichtsrat hat bei der Festsetzung der gütungssystems gemacht werden, die Vergütung zu berücksichtigen, dass die tatsächlich im Vergütungssystem Gesamtbezüge jedes einzelnen Vor- vorgesehen sind. standsmitglieds in einem angemesse- nen Verhältnis zu dessen Aufgaben und Leistungen sowie zur Lage der Gesell- Anforderungskatalog § 87a I schaft stehen und die übliche Vergü- Satz 2 AktG tung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. Bei der Vergütungsstruk- Forderung nach Angaben (sofern Be- tur war zudem bis dato auf eine „nach- standteil des Vergütungssystems): haltige Unternehmensentwicklung“ zu achten. • konkrete Festlegung einer Maximalvergütung der Vorstands- Neuerungen des ARUG II mitglieder Das ARUG II fordert von den börsen- notierten Gesellschaften nun die • feste und variable Vergütungs- Gestaltung eines klaren und verständ- bestandteile und ihr jeweils relativer lichen Systems zur Vergütung der Anteil an der Vergütung Vorstandsmitglieder durch den Auf- sichtsrat. Das System soll für einen • alle finanziellen und nichtfinanziellen mit der Materie befassten Personen- Leistungskriterien für die Gewährung kreis verständlich und adressaten- variabler Vergütungsbestandteile gerecht aufbereitet sein, z. B. auch in Form von Schaubildern und Bei- • im Falle von aktienbasierter Vergü- spielen. Eine Darstellung in reiner tung: Angaben zu Fristen und Bedin- Textform ist unter Berücksichtigung gungen für das Halten von Aktien der Anforderungen des § 87a AktG nach dem Erwerb ebenfalls möglich. Auf zu umfassende Ausführungen und unklare oder tech- • Aufschubzeiten für die Auszahlung nische Begriffe soll weitestgehend von Vergütungsbestandteilen, verzichtet werden. Künftig ist die Ver- Möglichkeit zur Rückforderung der gütung des Vorstands auf die „nach- variablen Vergütung haltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft“ auszurichten, wo- • im Falle vergütungsbezogener nach bei der Wahl der Vergütungs- Rechtsgeschäfte: Regelungen zur anreize auch soziale und ökologische Laufzeit, Vertragsbeendigung, Kündi- Aspekte verfolgt werden sollen. gungsfristen, Entlassungsentschädi- gungen, Ruhegehalts- und Vorruhe- standsregelungen ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 11 Forderung nach umfangreichen Er- Empfehlungen des DCGK • wann und in welcher Form die einzel- läuterungen (sofern Bestandteil des Gemäß der Kodex-Empfehlung G.1 nen Vorstandsmitglieder über die Vergütungssystems): soll der Aufsichtsrat bei der Ausgestal- variable Vergütung verfügen können. tung des Vergütungssystems insbe- • Beitrag der (aktienbasierten) Ver- sondere festlegen, In seiner finalen Fassung des gütung zur Förderung der Geschäfts- ARUG II hat der Gesetzgeber die strategie und zur langfristigen Ent- • wie für die einzelnen Vorstands- Empfehlung des DCGK zur Fest- wicklung der Gesellschaft mitglieder die Zielgesamtvergütung legung einer Maximalvergütung (Summe aller Vergütungselemente für Vorstandsmitglieder auf Ge- • Beitrag der Leistungskriterien der bei 100-prozentiger Zielerreichung) setzesebene gehoben, sodass variablen Vergütung zur Strategie und die Maximalgesamtvergütung diese Regelung fortan zwingen- und zur langfristigen Entwicklung (Aufwandshöchstbetrag aus der der Natur ist und im Rahmen der der Gesellschaft und Methoden zur Summe aller Vergütungselemente Vergütungsstruktur Berücksich- Feststellung der Erreichung der für das betreffende Geschäftsjahr) tigung finden muss. In der kon- Leistungskriterien bestimmt werden, kreten Ausgestaltung ist der Auf- sichtsrat allerdings frei. So kann • Berücksichtigung der Vergütungs- • welchen relativen Anteil die fixe er selbst bestimmen, ob er die und Beschäftigungsbedingungen Vergütung, die kurzfristige und die Maximalvergütung für jedes Mit- der Arbeitnehmer bei der Festset- langfristige variable Vergütung glied individuell festlegt oder für zung des Vergütungssystems (ein- jeweils an der Zielgesamtvergütung den Vorstand als Ganzes. Glei- schließlich Erläuterung, welcher haben, ches gilt für eine ganzheitliche Kreis von Arbeitnehmern einbezo- oder getrennte Festlegung für gen wurde) • welche finanziellen und nicht- variable und fixe Vergütungs- finanziellen Leistungskriterien der bestandteile. In jedem Fall hat • Verfahren zur Fest- und Um- variablen Vergütung zugrunde die Maximalvergütung konkrete setzung sowie zur Überprüfung gelegt werden und welcher Zu- Zahlen zu beinhalten. des Vergütungssystems sammenhang zwischen dem Errei- chen der Leistungskriterien und der Auszahlung der variablen Ver- gütung besteht sowie Abbildung 4 Anforderungen an das Vorstandsvergütungssystem 1 2 3 4 Gestaltung eines Vergütungssystems Votum der HV (Say on Pay) Offenlegung Festsetzung der Vergütung • Aufsichtsrat erstellt Vergütungs- • Votum der HV über Vergütungs- • Offenlegungspflicht für Vergütungs- • Festsetzung der Vergütung system system system und HV-Beschluss auf der anhand des anzuwendenden Ver- • inhaltliche Mindestangaben gemäß • bei wesentlichen Änderungen Internetseite der Gesellschaft für gütungssystems Katalog aus § 87a I Satz 2 AktG • mindestens alle 4 Jahre mindestens 10 Jahre • Bezugnahme auf die Internetseite der Gesellschaft in der Erklärung zur Unternehmensführung § 87a I AktG § 120a I AktG § 120a II AktG, § 289f II 1a HGB § 87a II AktG ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
12 2. Organvergütung Votum der Hauptversammlung Der Aufsichtsrat hat das Vergütungs- Rechtsfolgen system bei jeder wesentlichen Ände- Billigt die Hauptversammlung das Ver- rung, mindestens jedoch alle vier Jahre, gütungssystem nicht, ist der Aufsichts- zur Beschlussfassung der Hauptver- rat gem. § 120a III AktG verpflichtet, sammlung vorzulegen. Zulässig ist spätestens in der nächsten ordentlichen auch, dass der Aufsichtsrat ein bereits Hauptversammlung ein überprüftes geltendes Vergütungssystem erneut Vergütungssystem zum Beschluss vor- zur Abstimmung stellt. Die Hauptver- zulegen. Dabei müssen alle wesentli- sammlung hat das Recht, dem Vergü- chen Änderungen erläutert werden und tungssystem zuzustimmen, es abzu- es ist darzustellen, inwieweit die Ab- lehnen oder sich kritisch zu äußern. Es stimmung und Äußerungen der Aktio- steht der Hauptversammlung aber nicht näre bei dem überprüften Vergütungs- zu, ein eigenes Vergütungssystem zu system berücksichtigt wurden. Der entwickeln und zur Abstimmung zu Aufsichtsrat kann bei der Überprüfung stellen. Die Beschlussfassung begrün- des Vergütungssystems zu der Ein- det folglich keine Rechte und Pflichten, schätzung gelangen, dass er an dem be- sondern hat lediglich einen beratenden stehenden Vergütungssystem festhält. Charakter. Der Beschluss ist nicht nach § 243 AktG anfechtbar. Die erstmalige Beschlussfassung über das Vergütungssystem für Die Hauptversammlung kann ge- den Vorstand (und den Aufsichts- mäß § 87 IV AktG mithilfe eines rat) hat bis zum Ablauf der ersten Antrags zur Ergänzung der Tages- ordentlichen Hauptversammlung, ordnung die vom Aufsichtsrat im die auf den 31. Dezember 2020 Vergütungssystem für den Vor- folgt, zu erfolgen. stand festgelegte Maximalver- gütung herabsetzen. Dazu ist eine einfache Stimmenmehrheit ausreichend. Die inhaltliche Aus- gestaltung der Maximalvergütung obliegt dem Aufsichtsrat. Ein Herabsetzungsbeschluss der Hauptversammlung nach § 87 IV AktG ist für den Aufsichtsrat bindend und betrifft das konkrete Vergütungssystem, in dem die Maximalvergütung festgelegt wurde, nicht künftige Vergütungs- systeme. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 13 Abbildung 5 Vergütungssystem und Votum der Hauptversammlung Die Anwendung eines Vergütungs- Gestaltung des Vergütungssystems durch systems ohne vorherige Vorlage an die den Aufsichtsrat Hauptversammlung ist unzulässig. bei jeder wesentlichen Änderung bzw. mindestens alle 4 Jahre Wiedervorlage bei der Überprüfung des Votum der Hauptversammlung nächsten ordentlichen Vergütungssystems durch Hauptversammlung den Aufsichtsrat Billigung Missbilligung Festsetzung* der Vorstandsvergütung Festsetzung der Vorstandsvergütung Festsetzung* der Vorstandsvergütung anhand des anhand des letzten anhand des vorgelegten gebilligten Vergütungssystems gebilligten Vergütungssystems missbilligten Vergütungssystems *Bei erstmaliger Festsetzung spätestens 2 Monate nach Beschluss der Hauptversammlung. Offenlegungspflicht Der Beschluss der Hauptversamm- lung und das abstrakte Vergütungs- system sind unverzüglich auf der Internetseite der Gesellschaft für die Dauer der Gültigkeit des Vergütungs- systems, mindestens jedoch für zehn Jahre, zu veröffentlichen. Die Unter- lagen müssen dabei vollständig sein; die Veröffentlichung von Auszügen und Zusammenfassungen reicht nicht aus. Für den nach § 87 IV AktG gefassten Beschluss der Hauptver- sammlung zur Herabsetzung der Ma- ximalvergütung des Vorstands gelten die allgemeinen Vorschriften des Aktienrechts zur Bekanntmachung. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
14 2. Organvergütung Festsetzung der Vergütung Die konkrete Vorstandsvergütung muss konkrete Zielgesamtvergütung und auf der Basis des Vergütungs- auf der Basis eines der Hauptversamm- eine Maximalgesamtvergütung für das systems lung vorgelegten (nicht notwendig ge- bevorstehende Geschäftsjahr festlegen. billigten) Vergütungssystems festge- Die Ziel- und die Maximalvergütung setzt werden. In der Regel wird dies das sollen dabei im Vergleich zur Vergütung zuletzt vorgelegte Vergütungssystem der weiteren Führungskräfte und der Mit- sein. Rechtlich zulässig ist es aber auch, arbeiter des Unternehmens insgesamt wenn der Aufsichtsrat die Vergütung so bemessen sein, dass sie der Öffent- auf der Basis eines Vergütungssystems lichkeit erklärt werden können. Ziel- festsetzt, das in einer früheren Haupt- und Maximalvergütung sollen in einem versammlung vorgelegt wurde. Unzu- angemessenen Verhältnis zu den Auf- lässig ist jedoch das Festsetzen einer gaben und Leistungen der Vorstands- Vergütung auf der Basis eines Vergü- mitglieder und zur Lage des Unterneh- tungssystems, das wesentlich über- mens stehen. Die übliche Vergütung arbeitet und der nächsten ordentlichen soll nicht ohne besondere Gründe über- Hauptversammlung noch nicht zur Ab- stiegen werden. Bei der Bestimmung stimmung vorgelegt wurde. der Zielgesamtvergütung soll der Auf- sichtsrat eine geeignete Vergleichs- Im Sinne des § 87a II AktG angewendet gruppe anderer Unternehmen heran- werden soll das erste Vergütungssys- ziehen und deren Zusammensetzung tem gemäß den Übergangsvorschriften offenlegen. In diesem Zusammenhang spätestens nach Ablauf von zwei Mona- führt der Rechtsausschuss zu § 87 I ten nach dessen Billigung durch die AktG in seiner Begründung aus, dass Hauptversammlung. Bis zu diesem Zeit- nicht nur börsennotierte Gesellschaften punkt kann den Vorstandsmitgliedern vergleichsweise heranzuziehen sind, eine Vergütung nach der bestehenden sondern auch nicht börsennotierte Vergütungspraxis gewährt werden; die Gesellschaften vergleichbarer Größe, vor diesem Zeitpunkt geschlossenen Komplexität und Branche. Zudem soll Verträge bleiben unberührt. Das gilt das Verhältnis der Vergütung zur Ver- auch im Falle eines Herabsetzungs- gütung der obersten Führungsebene beschlusses für die Maximalvergütung und der Belegschaft insgesamt, auch der Vorstandsmitglieder. bezüglich der zeitlichen Entwicklung, berücksichtigt werden. Ausnahmeregelungen Der Aufsichtsrat kann gemäß § 87a II Für die Festsetzung der variablen Ver- Satz 2 AktG vorübergehend vom vor- gütung empfiehlt der Kodex Folgendes: gelegten Vergütungssystem abweichen, wenn dies im Interesse des langfristigen 1. Der Anteil der langfristigen variab- Wohlergehens der Gesellschaft notwen- len Vergütung soll denjenigen der dig ist. Denkbar wäre dies z. B. bei au- kurzfristigen variablen Vergütung ßergewöhnlichen Umständen, wie einer übersteigen. Finanzkrise oder einer Unternehmens- krise, die besondere Maßnahmen er- 2. Die Leistungskriterien sollen — fordert. Unternehmen können aller- neben operativen Kriterien — vor dings nur von dem vorgelegten Vergü- allem an strategischen Zielsetzun- tungssystem abweichen, wenn sie den gen orientiert sein. Ausnahmetatbestand in ihrem Vergü- tungssystem in Umrissen berücksichtigt 3. Die gewährte langfristige Vergü- und die Bestandteile des Vergütungs- tung soll dem Vorstand überwie- systems benannt haben, von denen ab- gend in Aktien der Gesellschaft gewichen werden kann. angelegt oder von der Gesellschaft entsprechend aktienbasiert ge- Empfehlungen des DCGK währt werden und einer vierjähri- Der Kodex gibt einige Hinweise in Bezug gen Vergütungssperre unterliegen. auf die Festsetzung der konkreten Ziel- und Gesamtvergütung. Auf der Grund- 4. Außergewöhnlichen Entwicklungen lage des klar verständlichen Vergü- soll in einem angemessenen Rah- tungssystems soll der Aufsichtsrat für men Rechnung getragen werden jedes Vorstandsmitglied individuell eine und in begründeten Fällen soll die ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 15 variable Vergütung nicht ausge- Zum oben genannten Punkt 3 ist aller- dem Hintergrund der aktienrechtlichen zahlt oder zurückgefordert werden dings festzuhalten, dass eine Messung Anforderung an eine Mehrjährigkeit pro- können (sog. Clawback). der Leistung über ein Jahr trotz einer blematisch erscheint. anschließenden vierjährigen Sperre vor Abbildung 6 Ausgewählte DCGK-Grundsätze, Empfehlungen, Anregungen zur Organvergütung G R U N D S ÄT Z E Grundsatz 8, Satz 4: Votum der HV über Vergütungssystem und -bericht Grundsatz 24: Vergütung des Aufsichtsrats Grundsatz 23: Vergütung des Vorstands Grundsatz 25: Erstellung eines jährlichen Vergütungsberichts EMPFEHLUNGEN G.1: Festlegung des Vergütungssystems G.12–G.13: Leistungen bei Vertragsbeendigung Im Vergütungssystem soll festgelegt werden, • Auszahlung noch offener variabler Vergütungen nach den • welcher Zusammenhang zwischen der Erreichung der Leistungskriterien vertraglichen Regeln und der variablen Vergütung besteht und • Abfindung nicht höher als zwei Jahresvergütungen • in welcher Form und wann über die gewährte variable Vergütung verfügt werden kann G.2–G.5: Festlegung der konkreten Gesamtvergütung G.15–G.16: Sonstige Regelungen • Peergroup-Vergleich mit anderen Unternehmen • Anrechnung der AR-Vergütung von konzerninternen Mandaten auf • Berücksichtigung des Verhältnisses der Vorstandsvergütung zu der die Vorstandsvergütung Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft insgesamt • AR soll über Anrechnung der Vergütung konzernexterner AR-Mandate • Sicherstellung der Unabhängigkeit des Vergütungsexperten entscheiden G.6–G.11: Festlegung der Höhe der variablen Vergütungsbestandteile G.17: Vergütung des Aufsichtsrats • Anteil der langfristen variablen Vergütung soll kurzfristigen • Berücksichtigung des höheren Aufwands für (stellv.) AR-Vorsitzende Anteil übersteigen • Orientierung der Leistungskriterien an operativen, primär aber an strategischen Zielen • Ausschluss nachträglicher Änderungen der Ziele oder Vergleichsparameter • Gewährung der langfristigen variablen Vergütung überwiegend in Aktien; vierjährige Vergütungssperre ANREGUNGEN Anregung G.14: Leistungen bei Vertragsbeendigung Anregung G.18: Vergütung des Aufsichtsrats • keine Zusagen für Leistungen aus Anlass der vorzeitigen Beendigung • AR-Vergütung sollte in einer Festvergütung bestehen DCGK-Anforderungen mit über das ARUG II hinausgehenden Regelungen oder strukturellen Vorgaben zur Festsetzung der Vergütung Zur Ausgestaltung der langfristigen variablen • Die Empfehlung des DCGK deckt sich nicht mit den Vergütung gibt es gemäß DCGK folgende Handlungs- aktienrechtlichen Anforderungen gemäß § 87 AktG, optionen: die eine mehrjährige Bemessung erfordert. Eine DCGK- konforme Ausgestaltung erfordert demnach eine sorg- • Die strategische Zielsetzung wird in Form von Meilen- fältige Begründung, warum die Mehrjährigkeit und steinen und Initiativen in einzelne Jahre gegliedert, der langfristige Unternehmenserfolg trotzdem unter- wodurch der Bemessungszeitraum im Regelfall auf ledig- stützt werden. lich ein Jahr begrenzt wird. Nach diesem Jahr wird ein Nettobetrag ausbezahlt, aus dem das Vorstandsmitglied • Abweichungen von den Empfehlungen des DCGK Aktien erwirbt, oder die Gesellschaft vergibt direkt müssen jährlich offengelegt und begründet werden. Aktien im dem Nettobetrag entsprechenden Wert, über Eine aktienrechtskonforme Vorstandsvergütung würde die nach vier Jahren verfügt werden kann. beispielsweise bei einer mehrjährigen Leistungsbe- messung die Gesellschaft zu einer Abweichungs- • Die aktienbasierte Gewährung kann entweder in Form erklärung verpflichten. von echten oder virtuellen Aktien erfolgen. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
16 2. Organvergütung Illustrative Checkliste zum Vergütungssystem 1. Ausgestaltung des Vergütungssystems 2. Beschlussfassung F rechtzeitige Auseinandersetzung mit den neuen F Identifikation von Investoren und Stakeholdern regulatorischen Anforderungen des ARUG II mit wesentlichem Einfluss auf die Abstimmungs- ergebnisse der Hauptversammlung F Auseinandersetzung mit den neuen DCGK-Grund- sätzen und -Empfehlungen F rechtzeitiges Anstoßen des Investoren-/Stakeholder- Dialogs und Ermittlung der Erwartungshaltungen F Analyse des bestehenden Vergütungssystems zu regulatorischen Anforderungen gemäß ARUG II F Auseinandersetzung mit der Kritik am Vergütungs- und DCGK system und ggf. Umsetzung F Abgleich des Vergütungssystems mit den Zielen und Vorgaben der relevanten Entscheidungsträger und anderer Stakeholder wie zum Beispiel Stimm- 3. Veröffentlichung rechtsberater (Abstimmungsrichtlinien von institutio- nellen Investoren, Leitlinien zur Vorstandsvergütung) F Entwurf einer Darstellung zur Veröffentlichung auf der Internetseite F Formulieren relevanter Ziele für die variable Vorstandsvergütung F Prüfung der veröffentlichten Angaben auf Vollständigkeit F ggf. Bestellung eines unabhängigen Vergütungsberaters F Festlegung und Erläuterung des bei der Festsetzung des Vergütungssystems einzubeziehenden Arbeit- nehmerkreis sowie der Berücksichtigung der Vergü- tungs- und Beschäftigungsbedingungen F Berücksichtigung denkbarer Sondersituationen für Abweichungen von der Vergütung bei der Ent- wicklung des Vergütungssystems F Einbeziehung der Anforderungen an die Berichterstattung ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 17 EXKURS Vergütungssystem für den Aufsichtsrat RECHTSGRUNDLAGEN § 113 III Satz 1 und 2 AktG Pflicht zur Beschlussfassung Für die Beschlussfassung gelten die i. V. m. §§ 87a I Satz 2, 120a II über die Vergütung allgemeinen Regeln des Aktienrechts. und III AktG Das ARUG II führt ebenfalls neue Billigt die Hauptversammlung das Regelungen für die Aufsichtsratsver- vorgelegte Vergütungssystem nicht, gütung ein. In Deutschland ist die besteht die Pflicht, ein überprüftes Hauptversammlung bereits für die Vergütungssystem spätestens bei der Entscheidung über die Aufsichtsrats- nächsten ordentlichen Hauptversamm- Veröffentlichung vergütung zuständig. Sie kann sie ent- lung vorzulegen. Anders als bei der Der Beschluss der Hauptversamm- weder in der Satzung festlegen oder Vorstandsvergütung hat die Hauptver- lung betreffend das Vergütungssys- durch einen Beschluss der Hauptver- sammlung das Recht, einen Gegenan- tem und das System selbst unterlie- sammlung bewilligen lassen. Diese trag zum Vergütungssystem zu stellen. gen der Publizitätspflicht. Sie sind Regelungen bleiben unverändert. Die Aktionäre haben so die Möglichkeit, auf der Internetseite der Gesellschaft ein anderes als das von Vorstand und zu veröffentlichen und für die Dauer Neu ist, dass für den Aufsichtsrat Aufsichtsrat vorgeschlagene Vergü- der Gültigkeit des Vergütungssys- nun die Pflicht besteht, der Hauptver- tungssystem zu beschließen. tems, mindestens jedoch für zehn sammlung die Aufsichtsratsvergütung Jahre kostenfrei öffentlich zugäng- mindestens alle vier Jahre zum Be- lich zu halten. schluss vorzulegen. Die Hauptver- sammlung beschließt dabei einheitlich Eine Festlegung der Maximalver- Empfehlungen des DCGK gütung für Aufsichtsratsmitglieder Nach G.17 und G.18 des DCGK soll 1. das abstrakte Vergütungs- im Rahmen des Vergütungssystems der höhere zeitliche Aufwand für be- system und ist nicht vorzunehmen. Die Rege- sondere Funktionen (z. B. Aufsichts- lung des § 87a I Nr. 1 AktG betrifft ratsvorsitz oder Mitgliedschaft in 2. die konkrete Vergütung. ausdrücklich nur den Vorstand. einem Ausschuss) bei der Vergütung angemessen berücksichtigt werden. In dem Beschluss zur Aufsichtsrats- Zudem soll die Aufsichtsratsvergü- vergütung sind die für die Vorstands- tung in einer Festvergütung erfolgen; vergütung erforderlichen inhaltlichen Mehrheitserfordernisse sollte dennoch erfolgsorientiert ver- Ausführungen (siehe vorangehenden Für die Mehrheitserfordernisse sieht gütet werden, so soll sich diese Ver- Abschnitt) sinngemäß und in klar das ARUG II keine besonderen Regelun- gütung an der langfristigen Entwick- verständlicher Form wiederzugeben. gen vor. Ein einfacher Mehrheitsbe- lung der Gesellschaft orientieren. Der Gesetzgeber sieht vor, dass für schluss ist ausreichend. Dasselbe gilt den Aufsichtsrat ebenfalls ein abstrak- für die bloße Bestätigung einer beste- tes Vergütungssystem ausgestaltet henden Satzungsregelung zur Auf- wird, aus dem anschließend die kon- sichtsratsvergütung. Sieht die Haupt- krete Vergütung festgesetzt wird. versammlung eine Änderung der Zulässig ist auch, dass ein bereits Regelung zur Aufsichtsratsvergütung in geltendes Vergütungssystem erneut der Satzung vor, ist eine Dreiviertel- zur Abstimmung gestellt wird. mehrheit erforderlich. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
18 2. Organvergütung Ausgewählte Praxisfragen Was geschieht bei Missbilligung des Vergütungssystems Das rechtskräftige Vergütungssystem wurde vom Auf- durch die Hauptversammlung? sichtsrat optimiert. Darf das neue System unmittelbar an- gewendet werden, wenn die nächste ordentliche Haupt- Für den Fall der Ablehnung des Vergütungssystems sieht versammlung beispielsweise erst in acht Monaten § 120a III AktG vor, dass das vorgelegte Vergütungssystem stattfindet? überprüft werden muss. Der Aufsichtsrat muss spätestens in der nächsten ordentlichen Hauptversammlung ein überprüf- Nein. Während die Billigung der Hauptversammlung einen tes Vergütungssystem zum Beschluss vorlegen. beratenden Charakter hat, ist die Vorlage zur Abstimmung vor der Einführung eines wesentlich geänderten Systems Bis dahin können generell das jeweils letzte, gebilligte und gem. § 120a I Satz 1 AktG verpflichtend. angewendete Vergütungssystem oder das neue, der Haupt- versammlung vorlegte, aber abgelehnte Vergütungssystem zur Anwendung kommen. Eine außerordentliche Hauptver- Wann ist eine Anfechtung des Beschlusses über das Ver- sammlung zum Zwecke einer erneuten Abstimmung vor gütungssystem des Aufsichtsrats zulässig? der nächsten ordentlichen Hauptversammlung muss nicht zwingend einberufen werden. Ein Beschluss kann nicht wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Aufnahme klarer und verständlicher Angaben zum Ver- Sollte das erste Vergütungssystem nach Inkrafttreten des gütungssystem angefochten werden. Dies ist gemäß § 113 III ARUG II in der ordentlichen Hauptversammlung 2021 nicht Satz 5 AktG ausgeschlossen. Für das Vergütungssystem des gebilligt werden, so wird die „gängige Vergütungspraxis“ Vorstands gilt dies nach § 120a I Satz 3 AktG gleichermaßen. weiter angewendet, bis ein billigender Beschluss in der Selbst ein völliges Fehlen der Angaben zum Vergütungssys- nächsten ordentlichen Hauptversammlung gefasst wird. tem führt nicht zur Anfechtbarkeit des Hauptversammlungs- beschlusses. Dagegen kann der Beschluss aus anderen Grün- Bei mehreren aufeinanderfolgenden Ablehnungen besteht — den — etwa wegen Rechtsverletzungen im Zusammenhang neben dem Festhalten an einem nicht gebilligten System — mit der Vergütungsfestsetzung oder aus formalen Gründen — die Möglichkeit, das zuletzt gebilligte Vergütungssystem angefochten werden. weiterhin anzuwenden. Alternativ könnte der Aufsichtsrat das abgelehnte Vergütungssystem übergangsweise bis zur Fertigstellung einer überarbeiteten Fassung zur Anwendung In welchen Fällen darf der Aufsichtsrat bei der fest- bringen. Diese Handlungsoptionen sind allerdings proble- gesetzten Vergütung vom beschlossenen Vergütungs- matisch, da keine den Anforderungen der Praxis vollständig system abweichen? gerecht wird. Sofern ein Vergütungssystem abgelehnt wird, ist die Rückkehr zu einem früheren Vergütungssystem Der Aufsichtsrat darf gemäß § 87a II Satz 2 AktG aus- nicht sinnvoll, da dann den Gründen, die zu ebendiesen nahmsweise und vorübergehend von dem anzuwendenden Änderungen des Systems geführt haben, nicht Rechnung Vergütungssystem abweichen, wenn dies im Interesse des getragen wird. langfristigen Wohlergehens des Unternehmens erforderlich ist, das Vergütungssystem eine Abweichung vorsieht und es das Verfahren des Abweichens sowie die Bestandteile, von denen abgewichen werden kann, benennt. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 19 * Sätze 5–8 werden aufgehoben RECHTSGRUNDLAGEN ** wird aufgehoben *** § 314 I Nr. 6a Sätze 5–8 werden gestrichen; Abs. 3 Satz 1 wird aufgehoben Bisherige Rechtsgrundlagen § 285 Nr. 9a Sätze 1–8 HGB* / § 286 V HGB** / § 289a II HGB** / § 314 I Nr. 6a Sätze 1–8 und III Satz 1 HGB*** / § 315a II Satz 1 HGB** Neue Rechtsgrundlagen § 162 AktG / § 120a IV und V AktG 2.3 Der Vergütungsbericht Erstellung Bisherige Regelungen Gesellschaften aufgehoben. Bei dem Bislang erfolgte die Angabe der Ge- aktienrechtlichen Vergütungsbericht samtbezüge von Geschäftsführungs- nach dem ARUG II handelt es sich und Aufsichtsorganen bei kapital- um einen von der handelsrechtlichen und haftungsbeschränkten Personen- Rechnungslegung losgelösten Bericht. gesellschaften im (Konzern-)Anhang. Darüber hinaus mussten börsenno- Der Vergütungsbericht ist ein tierte Aktiengesellschaften die Bezüge einheitlicher Bericht, der die An- jedes einzelnen Vorstandsmitglieds gaben sowohl zur Vorstands- als unter Namensnennung individualisiert auch zur Aufsichtsratsvergütung im (Konzern-)Anhang angeben. Diese enthalten muss. Eine für jedes individualisierten Angaben konnten Organ gesonderte Berichterstat- unterbleiben, wenn die Hauptver- tung ist nicht zulässig. Der Be- sammlung dies mit einer Dreiviertel- richt ist von Vorstand und Auf- mehrheit des bei der Beschlussfassung sichtsrat gemeinsam zu erstellen. vertretenen Grundkapitals beschlossen hat (sog. Opt-out-Klausel). Schließlich Hinsichtlich der Verständlichkeit musste eine börsennotierte Gesell- und des Adressatenkreises gelten schaft im (Konzern-)Lagebericht über für den Vergütungsbericht die die Grundzüge des Vergütungssystems gleichen Anforderungen wie für für die im (Konzern-)Anhang genann- das Vergütungssystem. Der Be- ten Gesamtbezüge von Vorstand und richt muss für einen durchschnitt- Aufsichtsrat berichten. lichen Aktionär klar und verständ- lich sein; langatmige Erläuterun- Neuerungen des ARUG II gen und technische Begriffe Das ARUG II führt einen Bericht über sollen vermieden und stattdessen die im letzten Geschäftsjahr jedem ge- Beispiele und Schaubilder ver- genwärtigen und früheren Mitglied wendet werden. des Vorstands oder Aufsichtsrats von der Gesellschaft oder einem Konzern- unternehmen gewährte und geschul- dete Vergütung ein (sog. Vergütungs- bericht). Damit übernimmt das ARUG II eine bereits in vielen Unter- nehmen etablierte Praxis. Der Bericht ist jährlich von Aufsichtsrat und vom Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft aufzustellen. Zur Vermei- dung von Redundanzen wurden die bislang im HGB verorteten Angabe- pflichten zur individualisierten Vor- standsvergütung (§§ 285 Nr. 9a Sätze 5–8 und 314 I Nr. 6a Sätze 5–8 HGB) und der Grundzüge des Vergütungs- systems von börsennotierten ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
20 2. Organvergütung Abbildung 7 Vergütungsbericht 1 2 3 4 Erstellung Prüfung Votum der HV Offenlegung • Vergütungsbericht für Vorstand • formale Prüfung, ob die Angaben • jährlicher Beschluss der Hauptver- • Offenlegungspflicht auf der und Aufsichtsrat unter Namensnen- nach § 162 II AktG gemacht wurden sammlung über den vom Abschluss- Internetseite der Gesellschaft für nung nach den inhaltlichen Mind- • ggf. freiwillige inhaltliche Prüfung prüfer geprüften Vergütungsbericht den Vergütungsbericht und den estangaben und den Vorgaben zum Vermerk des Abschlussprüfers, Informations- und Datenschutz mindestens für 10 Jahre • Bezugnahme auf die Internetseite der Gesellschaft in der Erklärung zur Unternehmensführung § 162 I–II und V-VI AktG § 162 III AktG § 120a IV AktG § 162 IV AktG, § 289f II 1a HGB Inhaltliche Anforderungen • Erläuterung, wie der Hauptversamm- • Leistungen, die einem früheren Die Anforderungen an die inhaltliche lungsbeschluss nach § 120a IV AktG Vorstandsmitglied, das seine Tätig- Ausgestaltung des Vergütungsberichts oder die Erörterung nach § 120a V keit im Laufe des letzten Geschäfts- ähneln denjenigen an das Vergütungs- AktG berücksichtigt wurden (vgl. auch jahres beendet hat, in diesem Zu- system. Unter Nennung der Namen der nachfolgenden Abschnitt zur Beschluss- sammenhang zugesagt und im Laufe Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder fassung der Hauptversammlung) des letzten Geschäftsjahres ge- sind gem. § 162 I AktG folgende quanti- währt wurden tative und qualitative Angaben zu ge- • Erläuterung, wie die festgelegte währter und geschuldeter Vergütung* Maximalvergütung der Vorstands- Die geforderten Angaben im zu machen: mitglieder eingehalten wurde Vergütungsbericht sind umfang- reicher und detaillierter als die • alle festen und variablen Ver- Zusätzlich sind im Rahmen der Ver- bisherigen Angaben zur individu- gütungsbestandteile sowie deren gütung jedes einzelnen Vorstands- alisierten Vorstandsvergütung relativer Anteil mitglieds gem. § 162 II AktG folgende im (Konzern-)Anhang und in den Angaben in den Vergütungsbericht Grundzügen des Vergütungssys- • eine vergleichende Darstellung der aufzunehmen: tems im (Konzern-)Lagebericht. jährlichen Veränderung der Vergü- tung, der Ertragsentwicklung der • von einem Dritten im Hinblick auf Auch ist die bislang lediglich im Gesellschaft und der über die letzten die Tätigkeit als Vorstandsmitglied DCGK kodifizierte Offenlegung fünf Geschäftsjahre durchschnittli- zugesagte oder im Geschäftsjahr der individuellen Vergütung chen Vergütung von Arbeitnehmern gewährte Leistungen des Aufsichtsrats und von deren Einzelbestandteilen nun durch • Anzahl der gewährten und zuge- • zugesagte Leistungen für den Fall das ARUG II verpflichtend. sagten Aktien/Aktienoptionen inklu- der vorzeitigen Beendigung seiner sive ihrer Ausübungsbedingungen Tätigkeit, inkl. vereinbarter Änderun- Börsennotierte Gesellschaften gen dieser Zusagen im letzten sollten sich frühzeitig mit den • ob und wie von Rückforderung von Geschäftsjahr Neuerungen zur Vergütungs- variablen Vergütungsbestandteilen berichterstattung auseinander- Gebrauch gemacht wurde • zugesagte Leistungen für den Fall der setzen und diese bereits bei der regulären Beendigung seiner Tätig- Ausgestaltung des Vergütungs- • etwaige Abweichungen vom Ver- keit mit ihrem Barwert und dem von systems berücksichtigen. gütungssystem des Vorstands, ein- der Gesellschaft während des letzten schließlich einer Erläuterung der Geschäftsjahrs hierfür aufgewandten Zudem hat die EU-Kommission Notwendigkeit und der Bestandteile, oder zurückgestellten Betrag, inkl. im März 2019 unverbindliche Leit- von denen abgewichen wurde vereinbarter Änderungen dieser linien für den Vergütungsbericht Zusagen im letzten Geschäftsjahr * Gemäß der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, wird gewährte Vergütung als faktischer Zufluss des Vergütungsbestandteils definiert. Geschuldete Vergütung erfasst alle rechtlich bestehenden Verbindlichkeiten über Vergütungsbestandteile, die fällig sind aber noch nicht erfüllt wurden. Die Überführung dieser Definitionen auf die im HGB verwendeten Termini erscheint nicht eindeutig zu sein. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 21 Abbildung 8 Vergütungsbericht: Dos & Don‘ts DOS DON‘TS • klar verständliche Erläuterungen durch Verwendung • langatmige Erläuterungen und Verwendung von von Beispielen und Schaubildern technischen Begriffen • Angaben im Vergütungsbericht beziehen sich auf die im • keine Angaben zur tatsächlich gewährten oder ge- letzten Geschäftsjahr gewährte, geschuldete und schuldeten Vergütung gemäß Kriterienkatalog nach zugesagte Vergütung von gegenwärtigen oder früheren § 162 II Satz 2 AktG Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats • Veröffentlichung personenbezogener Angaben, die • Angaben gemäß Kriterienkatalog nach § 162 II Satz 2 sich auf die Familiensituation einzelner Vorstands- oder AktG müssen unter Namensnennung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder beziehen Mitglieder erfolgen • Veröffentlichung personenbezogener Angaben von früheren Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern in Vergütungsberichten, die zehn Jahre nach Ablauf des Geschäftsjahres, in dem das jeweilige Mitglied aus- geschieden ist, erstellt werden • Veröffentlichung von Angaben, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet sind, der Gesell- schaft einen erheblichen Schaden zuzufügen börsennotierter Gesellschaften Datenschutz veröffentlicht. Darin finden sich Zum Schutz personenbezogener z. B. Tabellen für eine standardi- Daten gibt es drei wesentliche Regelun- sierte Aufbereitung der erforder- gen in § 162 V AktG: lichen Angaben zur Vergütung. Da die Mustertabellen des DCGK 1. Der Vergütungsbericht darf im Wesentlichen die Anforderun- keine Daten enthalten, die sich gen des ARUG II erfüllen, sind sie auf die Familiensituation einzelner in der überarbeiteten Version Vorstands- oder Aufsichtsrats- nicht mehr enthalten und dem- mitglieder beziehen. entsprechend auch nicht mehr zur Berichterstattung anwendbar. 2. Personenbezogene Daten sind nach Ablauf des Veröffentlichungs- zeitraums des Vergütungsberichts Ausnahmeregelungen von zehn Jahren aus den auf der Die Angaben sind nur zu machen, so- Internetseite veröffentlichten Ver- fern tatsächlich berichtspflichtige Tat- gütungsberichten zu entfernen. bestände vorliegen. Eine Ausnahme der Veröffentlichungspflicht besteht gemäß 3. Personenbezogene Angaben zu der Schutzklausel in § 162 VI Satz 1 ehemaligen Organmitgliedern sind AktG bei Informationen, die dazu ge- in allen Vergütungsberichten zu un- eignet sind, der Gesellschaft einen terlassen, die nach Ablauf von zehn nicht unerheblichen Nachteil zuzufü- Jahren nach Ende des Geschäfts- gen. Dies könnte etwa bei Informatio- jahres, in dem das jeweilige Mit- nen, welche die Geschäftsposition der glied seine Tätigkeit beendet hat, Gesellschaft schwer schaden können, zu erstellen sind. der Fall sein. Sofern die Gründe für die Nichtauf- nahme im Bericht entfallen, sind die Angaben im darauffolgenden Bericht aufzunehmen. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
22 2. Organvergütung rüfung des Berichts durch P Der Abschlussprüfer hat den Vergü- Demgegenüber ist die durch den Abschlussprüfer tungsbericht formal zu prüfen und das ARUG II vorgesehene aktien- einen Vermerk zu erstellen. Dabei wird rechtliche Prüfung eine lediglich lediglich festgestellt, ob die inhaltlichen formale Prüfung und damit an- Angaben zum Vergütungsbericht voll- ders als bisher keine inhaltliche ständig gemacht wurden. Eine materiell- Prüfung des Vergütungsberichts inhaltliche Prüfung der Angaben im durch den Abschlussprüfer. Vergütungsbericht, wie sie vor dem ARUG II als Bestandteil der handels- Dieser Lücke in der Prüfungs- rechtlichen Abschlussprüfung installiert intensität kann eine Gesellschaft, war, entfällt. auch gegenüber ihren Aktionä- ren, mit einer freiwilligen Prüfung Beachtenswert ist die Senkung der inhaltlichen Richtigkeit des der Prüfungsintensität für die Vergütungsberichts durch den Vergütungsangaben durch das Abschlussprüfer begegnen. ARUG II. Bislang unterlagen die Vergütungsangaben — sowohl die (Konzern-) Anhangangaben als auch die Informationen im Lage- bericht — einer inhaltlichen Prü- fung durch den Abschlussprüfer. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 23 eschlussfassung der Haupt- B Die Hauptversammlung beschließt jähr- Der Vergütungsbericht ist versammlung lich über die Billigung des im Einklang erstmals für das nach dem mit § 162 AktG erstellten und bereits 31. Dezember 2020 beginnende geprüften Vergütungsberichts für Vor- Geschäftsjahr zu erstellen. Die stand und Aufsichtsrat. Eine Ausnah- erstmalige Beschlussfassung meregelung gilt für kleine und mittel- über die Billigung des einheitli- große börsennotierte Gesellschaften chen Vergütungsberichts für i. S. d. § 267 I und II HGB. Eine Be- Vorstand und Aufsichtsrat hat schlussfassung der Hauptversammlung bis zum Ablauf der ersten ordent- über die Billigung des Vergütungsbe- lichen Hauptversammlung, die richts ist für diese verzichtbar, sofern auf den 31. Dezember 2021 der Bericht des letzten Geschäftsjahres folgt, zu erfolgen. zumindest als eigener Tagesordnungs- punkt in der Hauptversammlung zur Er- örterung vorgelegt wird. Abbildung 9 Zeitplan zur Umsetzung (Geschäftsjahr = Kalenderjahr) HV-Votum über Vergütungsbericht Inkraftreten ARUG II Erstmalige Veröffentlichung Festsetzung der Vergütungsbericht und Vergütung Vermerk des Prüfers 31.12.2020 31.12.2021 2020 2021 HV +2 Monate 2022 HV Erstellung Vergütungssystem HV-Votum über Erstellung Vergütungsbericht Vergütungssystem mindestens alle 4 Jahre, Prüfung Vergütungsbericht Bestätigung möglich Veröffentlichung Vergütungs- system und HV-Beschluss Offenlegungspflicht Der Vergütungsbericht und der Ver- ständige oder nicht rechtzeitige Ver- merk des Abschlussprüfers sind auf der öffentlichung des Vergütungsberichts Internetseite der Gesellschaft für die oder des Vermerks des Abschlussprü- Dauer von zehn Jahren zu veröffentli- fers konstituiert gemäß § 405 I Nr. 5 chen. Eine fehlende, inkorrekte, unvoll- und 6 AktG eine Ordnungswidrigkeit. ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
24 2. Organvergütung Illustrative Checkliste zum Vergütungsbericht 1. Ausgestaltung 3. Prüfung F rechtzeitiges Auseinandersetzen mit den F formale Prüfung des Vergütungsberichts durch neuen regulatorischen Anforderungen an die den Abschlussprüfer und beifügen des Vermerks im Berichterstattung Vergütungsbericht F Definition des Pflichtinhalts und ggf. zusätzliche, F ggf. freiwillige inhaltliche Prüfung des Vergütungsbe- ergänzende Erläuterungen richts durch den Abschlussprüfer F Erstellung von Vorlagen für die Berichtselemente F Bestimmung der Informationsquellen und der 4. Veröffentlichung zuständigen Abteilungen F Entwurf einer Darstellung zur Veröffentlichung F Definition und Integration der neuen Berichts- auf der Internetseite prozesse in das bestehende Berichtswesen F Revision der veröffentlichten, schutzbe- dürftigen Personendaten von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern 2. Beschlussfassung F Ermittlung der Erwartungshaltung der Stakeholder F Berücksichtigung möglicher Unzufriedenheit der Aktionäre mit der praktischen Umsetzung des Vergütungssystems ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung 25 Ausgewählte Praxisfragen Welche rechtlichen oder sonstigen Folgen treten bei Ist die Opt-out-Klausel weiterhin anwendbar? Missbilligung des Vergütungsberichts durch die Haupt- versammlung ein? Die bislang gesetzlich gewährte Möglichkeit, sich von den Angabepflichten der individualisierten Vorstandsbezüge für Der Hauptversammlungsbeschluss begründet — ebenso höchstens fünf Jahre durch einen entsprechenden Beschluss wie derjenige zum Vergütungssystem — keine Rechte und der Hauptversammlung befreien zu lassen, ist durch das Pflichten. Bei Missbilligung des Vergütungsberichts treten ARUG II ersatzlos gestrichen worden. auch keine mittelbaren Rechtsfolgen ein; der Bericht muss im Falle einer Ablehnung — anders als das Vergütungssystem — nicht überarbeitet werden. Gemäß § 162 I Nr. 6 AktG ist Wann führen Angaben im Vergütungsbericht zu „nicht lediglich im nächstfolgenden Vergütungsbericht anzugeben, unerheblichen Nachteilen“ bei der Gesellschaft? inwiefern der letzte Beschluss der Hauptversammlung be- rücksichtigt wurde. Der Beschluss der Hauptversammlung Der Begriff des „nicht unerheblichen Nachteils“ ist keine ist daher rechtlich ohne Folgen. absolute Größe, sondern spiegelt das Ergebnis nach einer Abwägung von Vor- und Nachteilen wider. Überprüft werden In der Praxis kann ein ablehnender Beschluss jedoch muss also, ob trotz drohender Nachteilszuführung bei der andere Folgen mit sich bringen. Lehnen die Aktionäre den Aufnahme bestimmter Angaben im Vergütungsbericht die Vergütungsbericht und das Vergütungssystem ab, so kann Vorteile für das Unternehmen bei Angabe im Ergebnis min- dies ein klares Indiz dafür sein, dass generelle Unzufrieden- destens überwiegen. Die vernachlässigten Angaben müssen heit mit dem Vergütungssystem in den Unternehmensstruk- dann aber im Vergütungsbericht des Folgejahres bzw. sobald turen herrscht und entsprechende Änderungen vorgenom- die Gründe entfallen sind, nachgeholt werden. men werden müssen. Billigt die Hauptversammlung das Vergütungssystem und lehnt es lediglich den Vergütungs- bericht ab, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Aktionäre mit Wie kann garantiert werden, dass der Vergütungsbericht der praktischen Anwendung des gebilligten Vergütungssys- inhaltlich vollständig ist? tems nicht zufrieden sind oder sie nicht die gewünschte Transparenz erfahren. Dem Aufsichtsrat wird die Aufgabe der Selbstprüfung auf- erlegt. Damit die Aktionäre einer börsennotierten Gesell- schaft dem neuen Vergütungsbericht nicht misstrauen, da Wann ist der Vergütungsbericht zu erstellen? er als Instrument der positiven Selbstdarstellung entfremdet werden kann, kann sich eine freiwillige materielle Prüfung Der Vergütungsbericht ist innerhalb des auf den Berichts- durch den Abschlussprüfer zum Zwecke der Risikominderung zeitraum folgenden Geschäftsjahres zu erstellen. Dieser als sinnvoll erweisen. Zeitraum wird indes durch die Anforderungen des § 120a IV AktG begrenzt, wonach die Hauptversammlung über die Billigung des geprüften Vergütungsberichts für das voraus- gegangene Geschäftsjahr zu beschließen hat. Somit verkürzt sich der Erstellungszeitraum des Vergütungsberichts in Ab- hängigkeit vom Termin der ordentlichen Hauptversammlung auf maximal acht Monate des folgenden Geschäftsjahres (§ 175 I Satz 2 AktG). ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
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