ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters

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EY Center for Board Matters

ARUG II
Neuregelungen zur Organvergütung
und Related Party Transactions
ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters
4
     1   	Überblick zur zweiten Aktionärs-
           rechterichtlinie

8

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     2     Organvergütung

           2.1 Einleitung

10     2.2 Vergütungssystem
     		Gestaltung
     		    Votum der Hauptversammlung
           Offenlegungspflicht
     		    Festsetzung der Vergütung entlang des Vergütungssystems

19    2.3 Vergütungsbericht
     		Erstellung
          Prüfung des Berichts durch den Abschlussprüfer
          Beschlussfassung der Hauptversammlung
          Offenlegungspflicht

26
     3   	Related Party Transactions — Zustimmungs- und
           Publizitätspflichten für Transaktionen mit nahestehenden
           Personen und Unternehmen
27         3.1 Einleitung

28         3.2 Transaktionen mit nahestehenden Parteien

31         3.3 Zustimmung des Aufsichtsrats

34         3.4 Veröffentlichung

39         Ansprechpartner
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EY Center for Board Matters

ARUG II
Neuregelungen zur Organvergütung
und Related Party Transactions
ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters
1
4

Überblick zur
zweiten Aktionärs-
rechterichtlinie
Die zweite EU-Aktionärsrechterichtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 (ARRL) soll die Mitwirkung
der Aktionäre bei börsennotierten Gesellschaften verbessern und der Er-
leichterung der grenzüberschreitenden Information und Ausübung von
Aktionärsrechten dienen. Die Bundesregierung hat am 20. März 2019
den Regierungsentwurf (RegE) des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten
Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vorgelegt, der – nach Beratung im
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz – dem Deutschen Bundestag
am 14. November 2019 zur zweiten und dritten Beratung vorgelegt und
verabschiedet wurde. Das ARUG II tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft.

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters
1. Überblick zur zweiten Aktionärsrechterichtlinie                                                                             5

Abbildung 1
Entwicklung der zweiten ARRL
und des ARUG II
                                                      2020
                                                        1. Januar 2020
                                                        Inkraftreten ARUG II

                                                        29. November 2019
                                                        Verabschiedung durch den Bundesrat

                                                        14. November 2019
                                                        Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag

                          2019
                                                        13. November 2019
                                                        Beschlussempfehlung des Ausschusses für
                                                        Recht und Verbraucherschutz

                                     10. Juni 2019
  EU-Vorgabe Inkraftreten des ARUG II
                                                        20. März 2019
                                                        Regierungsentwurf zum ARUG II

                                           2018
                                                        11. Oktober 2018
                                                        Referententwurf zum ARUG II

                                      17. Mai 2017
                  Veröffentlichung der EU-
                                                      2017
                      Richtlinie 2017/828

                                                      2016

                                                      2015
                                       8. Juli 2015
 1. Lesung im Europäischen Parlament

   Annahme durch die EU-Kommission
                                      9. April 2014
                                                      2014
          zur Änderung der Richtlinie
       2007/36 EG im Hinblick auf die
          Förderung der langfristigen
            Mitwirkung der Aktionäre
                                                      2009
                                                        30. Juli 2009
                                                        ARUG

              EU-Gesetzgebung                           Nationale Gesetzgebung
                                                        ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
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Mit dem ARUG II setzt der deutsche Gesetzgeber die euro-
päischen Vorgaben der ARRL um, die sich im Wesentlichen
auf vier Kernbereiche konzentrieren:
                                                                                                                   Wesentliche
                                                                                                                   Transaktionen
                                                                                                                   S. 28
Abbildung 2
Regelungsbereiche des ARUG II                                                                                      Nahestehende
                                                                                                                   Parteien
                                                                                                                   S. 28
        Gestaltung
                 S. 10                                                                                              Zustimmungs-
                                                                                                                    pflichten
    Votum der HV                                                                                                   S. 31
                 S. 12

                                            Vergütungs-                       R E L AT E D                         Veröffentlichung
      Offenlegung                                                              PA R T Y                            S. 34
                                              system                        TRANSACTIONS
                 S. 13
                                                                             Geschäfte
      Festsetzung                                                           mit nahestehenden
                 S. 14                                                      Unternehmen und
                                                                                 Personen
                                                       S AY O N PAY

                                                 Organvergütung
        Erstellung
                 S. 19

              Prüfung
                 S. 22

                                                                            ARUG II
                                            Vergütungs-
Beschlussfassung                              bericht
          der HV
                 S. 23

      Offenlegung
                 S. 23

            Transparenzpflichten zu Mitwirkung,                                          KNOW YOUR SHAREHOLDER
       Anlageverhalten und Geschäftsmodell von                                           Maßnahmen zur Verbesserung
institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern                                           der Identifikation und Information
                       und Stimmrechtsberatern                                           von Aktionären

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters
1. Überblick zur zweiten Aktionärsrechterichtlinie                                                                                       7

Von gesteigerter Bedeutung und erhöhter Relevanz für
die betriebliche Praxis sind insbesondere die beiden Kern-
bereiche „Say on Pay“ und „Related Party Transactions“,
die im Rahmen dieser Praxisbroschüre detailliert dar-
gestellt werden.

Anwendungsbereich
Die Regelungen des ARUG II gelten für börsennotierte
Gesellschaften. Entsprechend sind die Rechtsformen Aktien-
gesellschaft (AG), Societas Europaea (SE) und Kommandit-
gesellschaft auf Aktien (KGaA) betroffen, sofern sie börsen-
notiert i. S. d. § 3 II AktG sind. Erfasst werden daher Gesell-
schaften, deren Aktien nach §§ 32 ff. BörsG zum Handel
im regulierten Markt zugelassen sind.

                                                                  ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
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Organvergütung

2.1 Einleitung
Die ARRL, die in nationales Recht zu               tungssystem ist der Hauptversamm-
transformieren ist, enthält eine Reihe             lung bei jeder wesentlichen Änderung,
von Mitspracherechten der Aktionäre                mindestens jedoch alle vier Jahre, zur
zur Vergütung der Vorstands- und                   Billigung vorzulegen. Innerhalb dieses
Aufsichtsratsmitglieder. So sollen                 Rahmens beschließt der Aufsichtsrat
Aktionäre im Rahmen der Hauptver-                  dann die konkrete Vergütung der ein-
sammlung das Recht erhalten, eine                  zelnen Vorstandsmitglieder.
Abstimmung mit verbindlichem oder
empfehlendem Charakter über ein vom                Über die im letzten Geschäftsjahr ge-
Aufsichtsrat entwickeltes Vergütungs-              währte Vorstandsvergütung (sowie
system für den Vorstand („Say on                   auch über die Aufsichtsratsvergütung)
Pay“) durchzuführen.                               müssen Vorstand und Aufsichtsrat
                                                   künftig jährlich einen Vergütungs-
Im ARUG II hat sich der deutsche Ge-               bericht erstellen, der durch den Ab-
setzgeber für ein beratendes Votum                 schlussprüfer formal zu prüfen ist. Der
der Hauptversammlung über das                      Gesetzgeber verpflichtet die Unterneh-
Vergütungssystem des Vorstands ent-                men zudem, ihr Vergütungssystem,
schieden, sodass die Kompetenz zur                 den zugehörigen Hauptversammlungs-
Festsetzung und Entwicklung eines ent-             beschluss, den Vergütungsbericht und
sprechenden Systems weiterhin dem                  den Vermerk des Abschlussprüfers
Aufsichtsrat obliegt — nicht zuletzt, um           zu veröffentlichen.
bei mitbestimmten Überwachungs-
gremien den Einfluss der Arbeitnehmer-
vertreter auf die Vorstandsvergütung
weiterhin sicherzustellen.

Der Aufsichtsrat einer börsennotierten
Gesellschaft muss ein klares und ver-
ständliches Vergütungssystem für
den Vorstand festlegen. Dieses Vergü-

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
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2. Organvergütung                                                                                                                         9

                                                    Abbildung 3
                                                    ARUG II — aktienrechtliche Normen zur Organvergütung

                                                                                     Organvergütung

                                                           Vorstandsvergütung                           Aufsichtsratsvergütung

                                                                      § 87a                              § 113 III i. V. m. § 87a I
                                                                  Vergütungssystem                            Vergütungssystem

                                                                      § 120a                          § 113 III i. V. m. § 120a II–III
                                                       Votum der HV zum Vergütungssystem             Votum der HV zum Vergütungssystem
                                                           und zum Vergütungsbericht                     und zum Vergütungsbericht

                                                                                             § 162
                                                                                     Vergütungsbericht

 EXKURS

 Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex
 Im Mai 2019 hat die Regierungs-           In der vorliegenden Broschüre wird die           Bezogen auf die Vorstandsvergü-
 kommission DCGK eine vollständige         am 9. Mai 2019 beschlossene Fassung              tung sind der Grundsatz Nr. 23 sowie
 Neufassung des DCGK beschlossen,          des Kodex zugrunde gelegt. Neben der             die Empfehlungen G.1–G.16 DCGK
 die erst nach Inkrafttreten des ARUG II   bekannten Logik mit Empfehlungen                 maßgeblich.
 im Bundesanzeiger veröffentlicht wird     und Anregungen aus früheren Versio-
 und den bis dahin gültigen Kodex          nen enthält der neue Kodex zusätzlich
 in der Fassung vom 7. Februar 2017        kurze, prägnante Grundsätze mit den
 ablöst.                                   wesentlichen gesetzlichen Prinzipien.

                                                                   ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
ARUG II Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions - EY Center for Board Matters
10                                                                                                                     2. Organvergütung

                                                                                              RECHTSGRUNDLAGEN

                                                                                              Bisherige Rechtsgrundlagen
                                                                                              § 87 AktG

                                                                                              Neue Rechtsgrundlagen
                                                                                              § 87 AktG / § 87a AktG /
                                                                                              § 120a AktG

2.2 Das Vergütungssystem
 Gestaltung                                        Bisherige Regelungen                      Inhaltliche Anforderungen
                                                   Bislang war der regulatorische Aus-       Die inhaltlichen Mindestangaben zum
                                                   gangspunkt für die Ausgestaltung der      Vergütungssystem ergeben sich aus
                                                   Vorstandsvergütung § 87 AktG, der         dem ausführlichen Anforderungskata-
                                                   die wesentlichen Grundsätze für die       log des § 87a I Satz 2 AktG. Es müssen
                                                   Vorstandsvergütung enthält. Der Auf-      nur Angaben zu Elementen des Ver-
                                                   sichtsrat hat bei der Festsetzung der     gütungssystems gemacht werden, die
                                                   Vergütung zu berücksichtigen, dass die    tatsächlich im Vergütungssystem
                                                   Gesamtbezüge jedes einzelnen Vor-         vorgesehen sind.
                                                   standsmitglieds in einem angemesse-
                                                   nen Verhältnis zu dessen Aufgaben und
                                                   Leistungen sowie zur Lage der Gesell-     Anforderungskatalog § 87a I
                                                   schaft stehen und die übliche Vergü-      Satz 2 AktG
                                                   tung nicht ohne besondere Gründe
                                                   übersteigen. Bei der Vergütungsstruk-     Forderung nach Angaben (sofern Be-
                                                   tur war zudem bis dato auf eine „nach-    standteil des Vergütungssystems):
                                                   haltige Unternehmensentwicklung“
                                                   zu achten.                                • konkrete Festlegung einer
                                                                                               Maximalvergütung der Vorstands-
                                                   Neuerungen des ARUG II                      mitglieder
                                                   Das ARUG II fordert von den börsen-
                                                   notierten Gesellschaften nun die          • feste und variable Vergütungs-
                                                   Gestaltung eines klaren und verständ-       bestandteile und ihr jeweils relativer
                                                   lichen Systems zur Vergütung der            Anteil an der Vergütung
                                                   Vorstandsmitglieder durch den Auf-
                                                   sichtsrat. Das System soll für einen      • alle finanziellen und nichtfinanziellen
                                                   mit der Materie befassten Personen-         Leistungskriterien für die Gewährung
                                                   kreis verständlich und adressaten-          variabler Vergütungsbestandteile
                                                   gerecht aufbereitet sein, z. B. auch
                                                   in Form von Schaubildern und Bei-         • im Falle von aktienbasierter Vergü-
                                                   spielen. Eine Darstellung in reiner         tung: Angaben zu Fristen und Bedin-
                                                   Textform ist unter Berücksichtigung         gungen für das Halten von Aktien
                                                   der Anforderungen des § 87a AktG            nach dem Erwerb
                                                   ebenfalls möglich. Auf zu umfassende
                                                   Ausführungen und unklare oder tech-       • Aufschubzeiten für die Auszahlung
                                                   nische Begriffe soll weitestgehend          von Vergütungsbestandteilen,
                                                   verzichtet werden. Künftig ist die Ver-     Möglichkeit zur Rückforderung der
                                                   gütung des Vorstands auf die „nach-         variablen Vergütung
                                                   haltige und langfristige Entwicklung
                                                   der Gesellschaft“ auszurichten, wo-       • im Falle vergütungsbezogener
                                                   nach bei der Wahl der Vergütungs-           Rechtsgeschäfte: Regelungen zur
                                                   anreize auch soziale und ökologische        Laufzeit, Vertragsbeendigung, Kündi-
                                                   Aspekte verfolgt werden sollen.             gungsfristen, Entlassungsentschädi-
                                                                                               gungen, Ruhegehalts- und Vorruhe-
                                                                                               standsregelungen

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                                    11

Forderung nach umfangreichen Er-                   Empfehlungen des DCGK                              • wann und in welcher Form die einzel-
läuterungen (sofern Bestandteil des                Gemäß der Kodex-Empfehlung G.1                       nen Vorstandsmitglieder über die
Vergütungssystems):                                soll der Aufsichtsrat bei der Ausgestal-             variable Vergütung verfügen können.
                                                   tung des Vergütungssystems insbe-
• Beitrag der (aktienbasierten) Ver-               sondere festlegen,                                        In seiner finalen Fassung des
  gütung zur Förderung der Geschäfts-                                                                        ARUG II hat der Gesetzgeber die
  strategie und zur langfristigen Ent-             • wie für die einzelnen Vorstands-                        Empfehlung des DCGK zur Fest-
  wicklung der Gesellschaft                          mitglieder die Zielgesamtvergütung                      legung einer Maximalvergütung
                                                     (Summe aller Vergütungselemente                         für Vorstandsmitglieder auf Ge-
• Beitrag der Leistungskriterien der                 bei 100-prozentiger Zielerreichung)                     setzesebene gehoben, sodass
  variablen Vergütung zur Strategie                  und die Maximalgesamtvergütung                          diese Regelung fortan zwingen-
  und zur langfristigen Entwicklung                  (Aufwandshöchstbetrag aus der                           der Natur ist und im Rahmen der
  der Gesellschaft und Methoden zur                  Summe aller Vergütungselemente                          Vergütungsstruktur Berücksich-
  Feststellung der Erreichung der                    für das betreffende Geschäftsjahr)                      tigung finden muss. In der kon-
  Leistungskriterien                                 bestimmt werden,                                        kreten Ausgestaltung ist der Auf-
                                                                                                             sichtsrat allerdings frei. So kann
• Berücksichtigung der Vergütungs-                 • welchen relativen Anteil die fixe                       er selbst bestimmen, ob er die
  und Beschäftigungsbedingungen                      Vergütung, die kurzfristige und die                     Maximalvergütung für jedes Mit-
  der Arbeitnehmer bei der Festset-                  langfristige variable Vergütung                         glied individuell festlegt oder für
  zung des Vergütungssystems (ein-                   jeweils an der Zielgesamtvergütung                      den Vorstand als Ganzes. Glei-
  schließlich Erläuterung, welcher                   haben,                                                  ches gilt für eine ganzheitliche
  Kreis von Arbeitnehmern einbezo-                                                                           oder getrennte Festlegung für
  gen wurde)                                       • welche finanziellen und nicht-                          variable und fixe Vergütungs-
                                                     finanziellen Leistungskriterien der                     bestandteile. In jedem Fall hat
• Verfahren zur Fest- und Um-                        variablen Vergütung zugrunde                            die Maximalvergütung konkrete
  setzung sowie zur Überprüfung                      gelegt werden und welcher Zu-                           Zahlen zu beinhalten.
  des Vergütungssystems                              sammenhang zwischen dem Errei-
                                                     chen der Leistungskriterien und
                                                     der Auszahlung der variablen Ver-
                                                     gütung besteht sowie

Abbildung 4
Anforderungen an das Vorstandsvergütungssystem

                   1                                  2                                     3                                      4

Gestaltung eines Vergütungssystems        Votum der HV (Say on Pay)                   Offenlegung                      Festsetzung der Vergütung
• Aufsichtsrat erstellt Vergütungs-   • Votum der HV über Vergütungs-    • Offenlegungspflicht für Vergütungs-     • Festsetzung der Vergütung
  system                                system                             system und HV-Beschluss auf der           anhand des anzuwendenden Ver-
• inhaltliche Mindestangaben gemäß      • bei wesentlichen Änderungen      Internetseite der Gesellschaft für        gütungssystems
  Katalog aus § 87a I Satz 2 AktG       • mindestens alle 4 Jahre          mindestens 10 Jahre
                                                                         • Bezugnahme auf die Internetseite
                                                                           der Gesellschaft in der Erklärung zur
                                                                           Unternehmensführung

              § 87a I AktG                      § 120a I AktG             § 120a II AktG, § 289f II 1a HGB                   § 87a II AktG

                                                                         ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
12                                                                                                                    2. Organvergütung

 Votum der Hauptversammlung                        Der Aufsichtsrat hat das Vergütungs-       Rechtsfolgen
                                                   system bei jeder wesentlichen Ände-        Billigt die Hauptversammlung das Ver-
                                                   rung, mindestens jedoch alle vier Jahre,   gütungssystem nicht, ist der Aufsichts-
                                                   zur Beschlussfassung der Hauptver-         rat gem. § 120a III AktG verpflichtet,
                                                   sammlung vorzulegen. Zulässig ist          spätestens in der nächsten ordentlichen
                                                   auch, dass der Aufsichtsrat ein bereits    Hauptversammlung ein überprüftes
                                                   geltendes Vergütungssystem erneut          Vergütungssystem zum Beschluss vor-
                                                   zur Abstimmung stellt. Die Hauptver-       zulegen. Dabei müssen alle wesentli-
                                                   sammlung hat das Recht, dem Vergü-         chen Änderungen erläutert werden und
                                                   tungssystem zuzustimmen, es abzu-          es ist darzustellen, inwieweit die Ab-
                                                   lehnen oder sich kritisch zu äußern. Es    stimmung und Äußerungen der Aktio-
                                                   steht der Hauptversammlung aber nicht      näre bei dem überprüften Vergütungs-
                                                   zu, ein eigenes Vergütungssystem zu        system berücksichtigt wurden. Der
                                                   entwickeln und zur Abstimmung zu           Aufsichtsrat kann bei der Überprüfung
                                                   stellen. Die Beschlussfassung begrün-      des Vergütungssystems zu der Ein-
                                                   det folglich keine Rechte und Pflichten,   schätzung gelangen, dass er an dem be-
                                                   sondern hat lediglich einen beratenden     stehenden Vergütungssystem festhält.
                                                   Charakter. Der Beschluss ist nicht nach
                                                   § 243 AktG anfechtbar.                         Die erstmalige Beschlussfassung
                                                                                                  über das Vergütungssystem für
                                                         Die Hauptversammlung kann ge-            den Vorstand (und den Aufsichts-
                                                         mäß § 87 IV AktG mithilfe eines          rat) hat bis zum Ablauf der ersten
                                                         Antrags zur Ergänzung der Tages-         ordentlichen Hauptversammlung,
                                                         ordnung die vom Aufsichtsrat im          die auf den 31. Dezember 2020
                                                         Vergütungssystem für den Vor-            folgt, zu erfolgen.
                                                         stand festgelegte Maximalver-
                                                         gütung herabsetzen. Dazu ist
                                                         eine einfache Stimmenmehrheit
                                                         ausreichend. Die inhaltliche Aus-
                                                         gestaltung der Maximalvergütung
                                                         obliegt dem Aufsichtsrat.

                                                         Ein Herabsetzungsbeschluss der
                                                         Hauptversammlung nach § 87
                                                         IV AktG ist für den Aufsichtsrat
                                                         bindend und betrifft das konkrete
                                                         Vergütungssystem, in dem die
                                                         Maximalvergütung festgelegt
                                                         wurde, nicht künftige Vergütungs-
                                                         systeme.

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                                         13

Abbildung 5
Vergütungssystem und Votum der Hauptversammlung

                                                                                                                 Die Anwendung eines Vergütungs-
          Gestaltung des Vergütungssystems durch
                                                                                                                 systems ohne vorherige Vorlage an die
                      den Aufsichtsrat                                                                           Hauptversammlung ist unzulässig.

         bei jeder wesentlichen Änderung bzw. mindestens alle 4 Jahre
                                                                                         Wiedervorlage bei der                      Überprüfung des
                  Votum der Hauptversammlung                                             nächsten ordentlichen                  Vergütungssystems durch
                                                                                          Hauptversammlung                          den Aufsichtsrat

              Billigung                                                                   Missbilligung

      Festsetzung* der Vorstandsvergütung                    Festsetzung der Vorstandsvergütung                  Festsetzung* der Vorstandsvergütung
                   anhand des                                          anhand des letzten                              anhand des vorgelegten
         gebilligten Vergütungssystems                          gebilligten Vergütungssystems                      missbilligten Vergütungssystems

*Bei erstmaliger Festsetzung spätestens 2 Monate nach Beschluss der Hauptversammlung.

                                                        Offenlegungspflicht                               Der Beschluss der Hauptversamm-
                                                                                                          lung und das abstrakte Vergütungs-
                                                                                                          system sind unverzüglich auf der
                                                                                                          Internetseite der Gesellschaft für die
                                                                                                          Dauer der Gültigkeit des Vergütungs-
                                                                                                          systems, mindestens jedoch für zehn
                                                                                                          Jahre, zu veröffentlichen. Die Unter-
                                                                                                          lagen müssen dabei vollständig sein;
                                                                                                          die Veröffentlichung von Auszügen
                                                                                                          und Zusammenfassungen reicht nicht
                                                                                                          aus. Für den nach § 87 IV AktG
                                                                                                          gefassten Beschluss der Hauptver-
                                                                                                          sammlung zur Herabsetzung der Ma-
                                                                                                          ximalvergütung des Vorstands gelten
                                                                                                          die allgemeinen Vorschriften des
                                                                                                          Aktienrechts zur Bekanntmachung.

                                                                                ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
14                                                                                                                        2. Organvergütung

 Festsetzung der Vergütung                         Die konkrete Vorstandsvergütung muss         konkrete Zielgesamtvergütung und
 auf der Basis des Vergütungs-                     auf der Basis eines der Hauptversamm-        eine Maximalgesamtvergütung für das
 systems                                           lung vorgelegten (nicht notwendig ge-        bevorstehende Geschäftsjahr festlegen.
                                                   billigten) Vergütungssystems festge-         Die Ziel- und die Maximalvergütung
                                                   setzt werden. In der Regel wird dies das     sollen dabei im Vergleich zur Vergütung
                                                   zuletzt vorgelegte Vergütungssystem          der weiteren Führungskräfte und der Mit-
                                                   sein. Rechtlich zulässig ist es aber auch,   arbeiter des Unternehmens insgesamt
                                                   wenn der Aufsichtsrat die Vergütung          so bemessen sein, dass sie der Öffent-
                                                   auf der Basis eines Vergütungssystems        lichkeit erklärt werden können. Ziel-
                                                   festsetzt, das in einer früheren Haupt-      und Maximalvergütung sollen in einem
                                                   versammlung vorgelegt wurde. Unzu-           angemessenen Verhältnis zu den Auf-
                                                   lässig ist jedoch das Festsetzen einer       gaben und Leistungen der Vorstands-
                                                   Vergütung auf der Basis eines Vergü-         mitglieder und zur Lage des Unterneh-
                                                   tungssystems, das wesentlich über-           mens stehen. Die übliche Vergütung
                                                   arbeitet und der nächsten ordentlichen       soll nicht ohne besondere Gründe über-
                                                   Hauptversammlung noch nicht zur Ab-          stiegen werden. Bei der Bestimmung
                                                   stimmung vorgelegt wurde.                    der Zielgesamtvergütung soll der Auf-
                                                                                                sichtsrat eine geeignete Vergleichs-
                                                   Im Sinne des § 87a II AktG angewendet        gruppe anderer Unternehmen heran-
                                                   werden soll das erste Vergütungssys-         ziehen und deren Zusammensetzung
                                                   tem gemäß den Übergangsvorschriften          offenlegen. In diesem Zusammenhang
                                                   spätestens nach Ablauf von zwei Mona-        führt der Rechtsausschuss zu § 87 I
                                                   ten nach dessen Billigung durch die          AktG in seiner Begründung aus, dass
                                                   Hauptversammlung. Bis zu diesem Zeit-        nicht nur börsennotierte Gesellschaften
                                                   punkt kann den Vorstandsmitgliedern          vergleichsweise heranzuziehen sind,
                                                   eine Vergütung nach der bestehenden          sondern auch nicht börsennotierte
                                                   Vergütungspraxis gewährt werden; die         Gesellschaften vergleichbarer Größe,
                                                   vor diesem Zeitpunkt geschlossenen           Komplexität und Branche. Zudem soll
                                                   Verträge bleiben unberührt. Das gilt         das Verhältnis der Vergütung zur Ver-
                                                   auch im Falle eines Herabsetzungs-           gütung der obersten Führungsebene
                                                   beschlusses für die Maximalvergütung         und der Belegschaft insgesamt, auch
                                                   der Vorstandsmitglieder.                     bezüglich der zeitlichen Entwicklung,
                                                                                                berücksichtigt werden.
                                                   Ausnahmeregelungen
                                                   Der Aufsichtsrat kann gemäß § 87a II         Für die Festsetzung der variablen Ver-
                                                   Satz 2 AktG vorübergehend vom vor-           gütung empfiehlt der Kodex Folgendes:
                                                   gelegten Vergütungssystem abweichen,
                                                   wenn dies im Interesse des langfristigen     1.   Der Anteil der langfristigen variab-
                                                   Wohlergehens der Gesellschaft notwen-             len Vergütung soll denjenigen der
                                                   dig ist. Denkbar wäre dies z. B. bei au-          kurzfristigen variablen Vergütung
                                                   ßergewöhnlichen Umständen, wie einer              übersteigen.
                                                   Finanzkrise oder einer Unternehmens-
                                                   krise, die besondere Maßnahmen er-           2.   Die Leistungskriterien sollen —
                                                   fordert. Unternehmen können aller-                neben operativen Kriterien — vor
                                                   dings nur von dem vorgelegten Vergü-              allem an strategischen Zielsetzun-
                                                   tungssystem abweichen, wenn sie den               gen orientiert sein.
                                                   Ausnahmetatbestand in ihrem Vergü-
                                                   tungssystem in Umrissen berücksichtigt       3.   Die gewährte langfristige Vergü-
                                                   und die Bestandteile des Vergütungs-              tung soll dem Vorstand überwie-
                                                   systems benannt haben, von denen ab-              gend in Aktien der Gesellschaft
                                                   gewichen werden kann.                             angelegt oder von der Gesellschaft
                                                                                                     entsprechend aktienbasiert ge-
                                                   Empfehlungen des DCGK                             währt werden und einer vierjähri-
                                                   Der Kodex gibt einige Hinweise in Bezug           gen Vergütungssperre unterliegen.
                                                   auf die Festsetzung der konkreten Ziel-
                                                   und Gesamtvergütung. Auf der Grund-          4.   Außergewöhnlichen Entwicklungen
                                                   lage des klar verständlichen Vergü-               soll in einem angemessenen Rah-
                                                   tungssystems soll der Aufsichtsrat für            men Rechnung getragen werden
                                                   jedes Vorstandsmitglied individuell eine          und in begründeten Fällen soll die

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                                      15

     variable Vergütung nicht ausge-                 Zum oben genannten Punkt 3 ist aller-                dem Hintergrund der aktienrechtlichen
     zahlt oder zurückgefordert werden               dings festzuhalten, dass eine Messung                Anforderung an eine Mehrjährigkeit pro-
     können (sog. Clawback).                         der Leistung über ein Jahr trotz einer               blematisch erscheint.
                                                     anschließenden vierjährigen Sperre vor

Abbildung 6
Ausgewählte DCGK-Grundsätze, Empfehlungen, Anregungen zur Organvergütung

G R U N D S ÄT Z E

 Grundsatz 8, Satz 4: Votum der HV über Vergütungssystem und -bericht           Grundsatz 24: Vergütung des Aufsichtsrats

 Grundsatz 23: Vergütung des Vorstands                                          Grundsatz 25: Erstellung eines jährlichen Vergütungsberichts

EMPFEHLUNGEN

 G.1: Festlegung des Vergütungssystems                                          G.12–G.13: Leistungen bei Vertragsbeendigung
 Im Vergütungssystem soll festgelegt werden,                                    • Auszahlung noch offener variabler Vergütungen nach den
 • welcher Zusammenhang zwischen der Erreichung der Leistungskriterien            vertraglichen Regeln
   und der variablen Vergütung besteht und                                      • Abfindung nicht höher als zwei Jahresvergütungen
 • in welcher Form und wann über die gewährte variable Vergütung
   verfügt werden kann

 G.2–G.5: Festlegung der konkreten Gesamtvergütung                              G.15–G.16: Sonstige Regelungen
 • Peergroup-Vergleich mit anderen Unternehmen                                  • Anrechnung der AR-Vergütung von konzerninternen Mandaten auf
 • Berücksichtigung des Verhältnisses der Vorstandsvergütung zu der               die Vorstandsvergütung
   Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft insgesamt           • AR soll über Anrechnung der Vergütung konzernexterner AR-Mandate
 • Sicherstellung der Unabhängigkeit des Vergütungsexperten                       entscheiden

 G.6–G.11: Festlegung der Höhe der variablen Vergütungsbestandteile             G.17: Vergütung des Aufsichtsrats
 • Anteil der langfristen variablen Vergütung soll kurzfristigen                • Berücksichtigung des höheren Aufwands für (stellv.) AR-Vorsitzende
   Anteil übersteigen
 • Orientierung der Leistungskriterien an operativen, primär aber an
   strategischen Zielen
 • Ausschluss nachträglicher Änderungen der Ziele oder Vergleichsparameter
 • Gewährung der langfristigen variablen Vergütung überwiegend in Aktien;
   vierjährige Vergütungssperre

ANREGUNGEN

 Anregung G.14: Leistungen bei Vertragsbeendigung                               Anregung G.18: Vergütung des Aufsichtsrats
 • keine Zusagen für Leistungen aus Anlass der vorzeitigen Beendigung           • AR-Vergütung sollte in einer Festvergütung bestehen

     DCGK-Anforderungen mit über das ARUG II hinausgehenden Regelungen oder strukturellen Vorgaben zur Festsetzung der Vergütung

     Zur Ausgestaltung der langfristigen variablen                               • Die Empfehlung des DCGK deckt sich nicht mit den
     Vergütung gibt es gemäß DCGK folgende Handlungs-                              aktienrechtlichen Anforderungen gemäß § 87 AktG,
     optionen:                                                                     die eine mehrjährige Bemessung erfordert. Eine DCGK-
                                                                                   konforme Ausgestaltung erfordert demnach eine sorg-
  • Die strategische Zielsetzung wird in Form von Meilen-                          fältige Begründung, warum die Mehrjährigkeit und
    steinen und Initiativen in einzelne Jahre gegliedert,                          der langfristige Unternehmenserfolg trotzdem unter-
    wodurch der Bemessungszeitraum im Regelfall auf ledig-                         stützt werden.
    lich ein Jahr begrenzt wird. Nach diesem Jahr wird ein
    Nettobetrag ausbezahlt, aus dem das Vorstandsmitglied                        • Abweichungen von den Empfehlungen des DCGK
    Aktien erwirbt, oder die Gesellschaft vergibt direkt                           müssen jährlich offengelegt und begründet werden.
    Aktien im dem Nettobetrag entsprechenden Wert, über                            Eine aktienrechtskonforme Vorstandsvergütung würde
    die nach vier Jahren verfügt werden kann.                                      beispielsweise bei einer mehrjährigen Leistungsbe-
                                                                                   messung die Gesellschaft zu einer Abweichungs-
  • Die aktienbasierte Gewährung kann entweder in Form                             erklärung verpflichten.
    von echten oder virtuellen Aktien erfolgen.

                                                                               ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
16                                                                                                                         2. Organvergütung

     Illustrative Checkliste zum Vergütungssystem

     1. Ausgestaltung des Vergütungssystems                                 2. Beschlussfassung

     F   rechtzeitige Auseinandersetzung mit den neuen                      F   Identifikation von Investoren und Stakeholdern
         regulatorischen Anforderungen des ARUG II                              mit wesentlichem Einfluss auf die Abstimmungs-
                                                                                ergebnisse der Hauptversammlung
     F   Auseinandersetzung mit den neuen DCGK-Grund-
         sätzen und -Empfehlungen                                           F   rechtzeitiges Anstoßen des Investoren-/Stakeholder-
                                                                                Dialogs und Ermittlung der Erwartungshaltungen
     F   Analyse des bestehenden Vergütungssystems
         zu regulatorischen Anforderungen gemäß ARUG II                     F   Auseinandersetzung mit der Kritik am Vergütungs-
         und DCGK                                                               system und ggf. Umsetzung

     F   Abgleich des Vergütungssystems mit den Zielen
         und Vorgaben der relevanten Entscheidungsträger
         und anderer Stakeholder wie zum Beispiel Stimm-                    3. Veröffentlichung
         rechtsberater (Abstimmungsrichtlinien von institutio-
         nellen Investoren, Leitlinien zur Vorstandsvergütung)              F   Entwurf einer Darstellung zur Veröffentlichung auf
                                                                                der Internetseite
     F   Formulieren relevanter Ziele für die variable
         Vorstandsvergütung                                                 F   Prüfung der veröffentlichten Angaben auf
                                                                                Vollständigkeit
     F   ggf. Bestellung eines unabhängigen
         Vergütungsberaters

     F   Festlegung und Erläuterung des bei der Festsetzung
         des Vergütungssystems einzubeziehenden Arbeit-
         nehmerkreis sowie der Berücksichtigung der Vergü-
         tungs- und Beschäftigungsbedingungen

     F   Berücksichtigung denkbarer Sondersituationen
         für Abweichungen von der Vergütung bei der Ent-
         wicklung des Vergütungssystems

     F   Einbeziehung der Anforderungen an die
         Berichterstattung

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                     17

 EXKURS

 Vergütungssystem für den Aufsichtsrat
                                                                                           RECHTSGRUNDLAGEN

                                                                                           § 113 III Satz 1 und 2 AktG
 Pflicht zur Beschlussfassung              Für die Beschlussfassung gelten die             i. V. m. §§ 87a I Satz 2, 120a II
 über die Vergütung                        allgemeinen Regeln des Aktienrechts.            und III AktG
 Das ARUG II führt ebenfalls neue          Billigt die Hauptversammlung das
 Regelungen für die Aufsichtsratsver-      vorgelegte Vergütungssystem nicht,
 gütung ein. In Deutschland ist die        besteht die Pflicht, ein überprüftes
 Hauptversammlung bereits für die          Vergütungssystem spätestens bei der
 Entscheidung über die Aufsichtsrats-      nächsten ordentlichen Hauptversamm-          Veröffentlichung
 vergütung zuständig. Sie kann sie ent-    lung vorzulegen. Anders als bei der          Der Beschluss der Hauptversamm-
 weder in der Satzung festlegen oder       Vorstandsvergütung hat die Hauptver-         lung betreffend das Vergütungssys-
 durch einen Beschluss der Hauptver-       sammlung das Recht, einen Gegenan-           tem und das System selbst unterlie-
 sammlung bewilligen lassen. Diese         trag zum Vergütungssystem zu stellen.        gen der Publizitätspflicht. Sie sind
 Regelungen bleiben unverändert.           Die Aktionäre haben so die Möglichkeit,      auf der Internetseite der Gesellschaft
                                           ein anderes als das von Vorstand und         zu veröffentlichen und für die Dauer
 Neu ist, dass für den Aufsichtsrat        Aufsichtsrat vorgeschlagene Vergü-           der Gültigkeit des Vergütungssys-
 nun die Pflicht besteht, der Hauptver-    tungssystem zu beschließen.                  tems, mindestens jedoch für zehn
 sammlung die Aufsichtsratsvergütung                                                    Jahre kostenfrei öffentlich zugäng-
 mindestens alle vier Jahre zum Be-                                                     lich zu halten.
 schluss vorzulegen. Die Hauptver-
 sammlung beschließt dabei einheitlich         Eine Festlegung der Maximalver-          Empfehlungen des DCGK
                                               gütung für Aufsichtsratsmitglieder       Nach G.17 und G.18 des DCGK soll
 1.    das abstrakte Vergütungs-               im Rahmen des Vergütungssystems          der höhere zeitliche Aufwand für be-
       system und                              ist nicht vorzunehmen. Die Rege-         sondere Funktionen (z. B. Aufsichts-
                                               lung des § 87a I Nr. 1 AktG betrifft     ratsvorsitz oder Mitgliedschaft in
 2.    die konkrete Vergütung.                 ausdrücklich nur den Vorstand.           einem Ausschuss) bei der Vergütung
                                                                                        angemessen berücksichtigt werden.
 In dem Beschluss zur Aufsichtsrats-                                                    Zudem soll die Aufsichtsratsvergü-
 vergütung sind die für die Vorstands-                                                  tung in einer Festvergütung erfolgen;
 vergütung erforderlichen inhaltlichen     Mehrheitserfordernisse                       sollte dennoch erfolgsorientiert ver-
 Ausführungen (siehe vorangehenden         Für die Mehrheitserfordernisse sieht         gütet werden, so soll sich diese Ver-
 Abschnitt) sinngemäß und in klar          das ARUG II keine besonderen Regelun-        gütung an der langfristigen Entwick-
 verständlicher Form wiederzugeben.        gen vor. Ein einfacher Mehrheitsbe-          lung der Gesellschaft orientieren.
 Der Gesetzgeber sieht vor, dass für       schluss ist ausreichend. Dasselbe gilt
 den Aufsichtsrat ebenfalls ein abstrak-   für die bloße Bestätigung einer beste-
 tes Vergütungssystem ausgestaltet         henden Satzungsregelung zur Auf-
 wird, aus dem anschließend die kon-       sichtsratsvergütung. Sieht die Haupt-
 krete Vergütung festgesetzt wird.         versammlung eine Änderung der
 Zulässig ist auch, dass ein bereits       Regelung zur Aufsichtsratsvergütung in
 geltendes Vergütungssystem erneut         der Satzung vor, ist eine Dreiviertel-
 zur Abstimmung gestellt wird.             mehrheit erforderlich.

                                                                ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
18                                                                                                                       2. Organvergütung

Ausgewählte Praxisfragen
Was geschieht bei Missbilligung des Vergütungssystems                       Das rechtskräftige Vergütungssystem wurde vom Auf-
durch die Hauptversammlung?                                                 sichtsrat optimiert. Darf das neue System unmittelbar an-
                                                                            gewendet werden, wenn die nächste ordentliche Haupt-
Für den Fall der Ablehnung des Vergütungssystems sieht                      versammlung beispielsweise erst in acht Monaten
§ 120a III AktG vor, dass das vorgelegte Vergütungssystem                   stattfindet?
überprüft werden muss. Der Aufsichtsrat muss spätestens in
der nächsten ordentlichen Hauptversammlung ein überprüf-                    Nein. Während die Billigung der Hauptversammlung einen
tes Vergütungssystem zum Beschluss vorlegen.                                beratenden Charakter hat, ist die Vorlage zur Abstimmung
                                                                            vor der Einführung eines wesentlich geänderten Systems
Bis dahin können generell das jeweils letzte, gebilligte und                gem. § 120a I Satz 1 AktG verpflichtend.
angewendete Vergütungssystem oder das neue, der Haupt-
versammlung vorlegte, aber abgelehnte Vergütungssystem
zur Anwendung kommen. Eine außerordentliche Hauptver-                       Wann ist eine Anfechtung des Beschlusses über das Ver-
sammlung zum Zwecke einer erneuten Abstimmung vor                           gütungssystem des Aufsichtsrats zulässig?
der nächsten ordentlichen Hauptversammlung muss nicht
zwingend einberufen werden.                                                 Ein Beschluss kann nicht wegen Verstößen gegen die Pflicht
                                                                            zur Aufnahme klarer und verständlicher Angaben zum Ver-
Sollte das erste Vergütungssystem nach Inkrafttreten des                    gütungssystem angefochten werden. Dies ist gemäß § 113 III
ARUG II in der ordentlichen Hauptversammlung 2021 nicht                     Satz 5 AktG ausgeschlossen. Für das Vergütungssystem des
gebilligt werden, so wird die „gängige Vergütungspraxis“                    Vorstands gilt dies nach § 120a I Satz 3 AktG gleichermaßen.
weiter angewendet, bis ein billigender Beschluss in der                     Selbst ein völliges Fehlen der Angaben zum Vergütungssys-
nächsten ordentlichen Hauptversammlung gefasst wird.                        tem führt nicht zur Anfechtbarkeit des Hauptversammlungs-
                                                                            beschlusses. Dagegen kann der Beschluss aus anderen Grün-
Bei mehreren aufeinanderfolgenden Ablehnungen besteht —                     den — etwa wegen Rechtsverletzungen im Zusammenhang
neben dem Festhalten an einem nicht gebilligten System —                    mit der Vergütungsfestsetzung oder aus formalen Gründen —
die Möglichkeit, das zuletzt gebilligte Vergütungssystem                    angefochten werden.
weiterhin anzuwenden. Alternativ könnte der Aufsichtsrat
das abgelehnte Vergütungssystem übergangsweise bis zur
Fertigstellung einer überarbeiteten Fassung zur Anwendung                   In welchen Fällen darf der Aufsichtsrat bei der fest-
bringen. Diese Handlungsoptionen sind allerdings proble-                    gesetzten Vergütung vom beschlossenen Vergütungs-
matisch, da keine den Anforderungen der Praxis vollständig                  system abweichen?
gerecht wird. Sofern ein Vergütungssystem abgelehnt
wird, ist die Rückkehr zu einem früheren Vergütungssystem                   Der Aufsichtsrat darf gemäß § 87a II Satz 2 AktG aus-
nicht sinnvoll, da dann den Gründen, die zu ebendiesen                      nahmsweise und vorübergehend von dem anzuwendenden
Änderungen des Systems geführt haben, nicht Rechnung                        Vergütungssystem abweichen, wenn dies im Interesse des
getragen wird.                                                              langfristigen Wohlergehens des Unternehmens erforderlich
                                                                            ist, das Vergütungssystem eine Abweichung vorsieht und es
                                                                            das Verfahren des Abweichens sowie die Bestandteile,
                                                                            von denen abgewichen werden kann, benennt.

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                                     19

*    Sätze 5–8 werden aufgehoben                                                              RECHTSGRUNDLAGEN
**   wird aufgehoben
*** § 314 I Nr. 6a Sätze 5–8 werden gestrichen; Abs. 3 Satz 1 wird aufgehoben                 Bisherige Rechtsgrundlagen
                                                                                              § 285 Nr. 9a Sätze 1–8 HGB* / § 286 V HGB** /
                                                                                              § 289a II HGB** / § 314 I Nr. 6a Sätze 1–8
                                                                                              und III Satz 1 HGB*** / § 315a II Satz 1 HGB**

                                                                                              Neue Rechtsgrundlagen
                                                                                              § 162 AktG / § 120a IV und
                                                                                              V AktG

2.3 Der Vergütungsbericht
    Erstellung                                         Bisherige Regelungen                              Gesellschaften aufgehoben. Bei dem
                                                       Bislang erfolgte die Angabe der Ge-               aktienrechtlichen Vergütungsbericht
                                                       samtbezüge von Geschäftsführungs-                 nach dem ARUG II handelt es sich
                                                       und Aufsichtsorganen bei kapital-                 um einen von der handelsrechtlichen
                                                       und haftungsbeschränkten Personen-                Rechnungslegung losgelösten Bericht.
                                                       gesellschaften im (Konzern-)Anhang.
                                                       Darüber hinaus mussten börsenno-                       Der Vergütungsbericht ist ein
                                                       tierte Aktiengesellschaften die Bezüge                 einheitlicher Bericht, der die An-
                                                       jedes einzelnen Vorstandsmitglieds                     gaben sowohl zur Vorstands- als
                                                       unter Namensnennung individualisiert                   auch zur Aufsichtsratsvergütung
                                                       im (Konzern-)Anhang angeben. Diese                     enthalten muss. Eine für jedes
                                                       individualisierten Angaben konnten                     Organ gesonderte Berichterstat-
                                                       unterbleiben, wenn die Hauptver-                       tung ist nicht zulässig. Der Be-
                                                       sammlung dies mit einer Dreiviertel-                   richt ist von Vorstand und Auf-
                                                       mehrheit des bei der Beschlussfassung                  sichtsrat gemeinsam zu erstellen.
                                                       vertretenen Grundkapitals beschlossen
                                                       hat (sog. Opt-out-Klausel). Schließlich                Hinsichtlich der Verständlichkeit
                                                       musste eine börsennotierte Gesell-                     und des Adressatenkreises gelten
                                                       schaft im (Konzern-)Lagebericht über                   für den Vergütungsbericht die
                                                       die Grundzüge des Vergütungssystems                    gleichen Anforderungen wie für
                                                       für die im (Konzern-)Anhang genann-                    das Vergütungssystem. Der Be-
                                                       ten Gesamtbezüge von Vorstand und                      richt muss für einen durchschnitt-
                                                       Aufsichtsrat berichten.                                lichen Aktionär klar und verständ-
                                                                                                              lich sein; langatmige Erläuterun-
                                                       Neuerungen des ARUG II                                 gen und technische Begriffe
                                                       Das ARUG II führt einen Bericht über                   sollen vermieden und stattdessen
                                                       die im letzten Geschäftsjahr jedem ge-                 Beispiele und Schaubilder ver-
                                                       genwärtigen und früheren Mitglied                      wendet werden.
                                                       des Vorstands oder Aufsichtsrats von
                                                       der Gesellschaft oder einem Konzern-
                                                       unternehmen gewährte und geschul-
                                                       dete Vergütung ein (sog. Vergütungs-
                                                       bericht). Damit übernimmt das
                                                       ARUG II eine bereits in vielen Unter-
                                                       nehmen etablierte Praxis. Der Bericht
                                                       ist jährlich von Aufsichtsrat und vom
                                                       Vorstand einer börsennotierten
                                                       Gesellschaft aufzustellen. Zur Vermei-
                                                       dung von Redundanzen wurden die
                                                       bislang im HGB verorteten Angabe-
                                                       pflichten zur individualisierten Vor-
                                                       standsvergütung (§§ 285 Nr. 9a Sätze
                                                       5–8 und 314 I Nr. 6a Sätze 5–8 HGB)
                                                       und der Grundzüge des Vergütungs-
                                                       systems von börsennotierten

                                                                                ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
20                                                                                                                                                2. Organvergütung

Abbildung 7
Vergütungsbericht

                  1                                          2                                        3                                          4

              Erstellung                                  Prüfung                               Votum der HV                                Offenlegung

• Vergütungsbericht für Vorstand            • formale Prüfung, ob die Angaben        • jährlicher Beschluss der Hauptver-      • Offenlegungspflicht auf der
  und Aufsichtsrat unter Namensnen-           nach § 162 II AktG gemacht wurden        sammlung über den vom Abschluss-          Internetseite der Gesellschaft für
  nung nach den inhaltlichen Mind-          • ggf. freiwillige inhaltliche Prüfung     prüfer geprüften Vergütungsbericht        den Vergütungsbericht und den
  estangaben und den Vorgaben zum                                                                                                Vermerk des Abschlussprüfers,
  Informations- und Datenschutz                                                                                                  mindestens für 10 Jahre
                                                                                                                               • Bezugnahme auf die Internetseite
                                                                                                                                 der Gesellschaft in der Erklärung zur
                                                                                                                                 Unternehmensführung

      § 162 I–II und V-VI AktG                        § 162 III AktG                           § 120a IV AktG                    § 162 IV AktG, § 289f II 1a HGB

Inhaltliche Anforderungen                                • Erläuterung, wie der Hauptversamm-                    • Leistungen, die einem früheren
Die Anforderungen an die inhaltliche                       lungsbeschluss nach § 120a IV AktG                      Vorstandsmitglied, das seine Tätig-
Ausgestaltung des Vergütungsberichts                       oder die Erörterung nach § 120a V                       keit im Laufe des letzten Geschäfts-
ähneln denjenigen an das Vergütungs-                       AktG berücksichtigt wurden (vgl. auch                   jahres beendet hat, in diesem Zu-
system. Unter Nennung der Namen der                        nachfolgenden Abschnitt zur Beschluss-                  sammenhang zugesagt und im Laufe
Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder                     fassung der Hauptversammlung)                           des letzten Geschäftsjahres ge-
sind gem. § 162 I AktG folgende quanti-                                                                            währt wurden
tative und qualitative Angaben zu ge-                    • Erläuterung, wie die festgelegte
währter und geschuldeter Vergütung*                        Maximalvergütung der Vorstands-                             Die geforderten Angaben im
zu machen:                                                 mitglieder eingehalten wurde                                Vergütungsbericht sind umfang-
                                                                                                                       reicher und detaillierter als die
• alle festen und variablen Ver-                         Zusätzlich sind im Rahmen der Ver-                            bisherigen Angaben zur individu-
  gütungsbestandteile sowie deren                        gütung jedes einzelnen Vorstands-                             alisierten Vorstandsvergütung
  relativer Anteil                                       mitglieds gem. § 162 II AktG folgende                         im (Konzern-)Anhang und in den
                                                         Angaben in den Vergütungsbericht                              Grundzügen des Vergütungssys-
• eine vergleichende Darstellung der                     aufzunehmen:                                                  tems im (Konzern-)Lagebericht.
  jährlichen Veränderung der Vergü-
  tung, der Ertragsentwicklung der                       • von einem Dritten im Hinblick auf                           Auch ist die bislang lediglich im
  Gesellschaft und der über die letzten                    die Tätigkeit als Vorstandsmitglied                         DCGK kodifizierte Offenlegung
  fünf Geschäftsjahre durchschnittli-                      zugesagte oder im Geschäftsjahr                             der individuellen Vergütung
  chen Vergütung von Arbeitnehmern                         gewährte Leistungen                                         des Aufsichtsrats und von deren
                                                                                                                       Einzelbestandteilen nun durch
• Anzahl der gewährten und zuge-                         • zugesagte Leistungen für den Fall                           das ARUG II verpflichtend.
  sagten Aktien/Aktienoptionen inklu-                      der vorzeitigen Beendigung seiner
  sive ihrer Ausübungsbedingungen                          Tätigkeit, inkl. vereinbarter Änderun-                      Börsennotierte Gesellschaften
                                                           gen dieser Zusagen im letzten                               sollten sich frühzeitig mit den
• ob und wie von Rückforderung von                         Geschäftsjahr                                               Neuerungen zur Vergütungs-
  variablen Vergütungsbestandteilen                                                                                    berichterstattung auseinander-
  Gebrauch gemacht wurde                                 • zugesagte Leistungen für den Fall der                       setzen und diese bereits bei der
                                                           regulären Beendigung seiner Tätig-                          Ausgestaltung des Vergütungs-
• etwaige Abweichungen vom Ver-                            keit mit ihrem Barwert und dem von                          systems berücksichtigen.
  gütungssystem des Vorstands, ein-                        der Gesellschaft während des letzten
  schließlich einer Erläuterung der                        Geschäftsjahrs hierfür aufgewandten                         Zudem hat die EU-Kommission
  Notwendigkeit und der Bestandteile,                      oder zurückgestellten Betrag, inkl.                         im März 2019 unverbindliche Leit-
  von denen abgewichen wurde                               vereinbarter Änderungen dieser                              linien für den Vergütungsbericht
                                                           Zusagen im letzten Geschäftsjahr

* Gemäß der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, wird gewährte Vergütung als faktischer Zufluss des
   Vergütungsbestandteils definiert. Geschuldete Vergütung erfasst alle rechtlich bestehenden Verbindlichkeiten über Vergütungsbestandteile, die fällig sind aber
   noch nicht erfüllt wurden. Die Überführung dieser Definitionen auf die im HGB verwendeten Termini erscheint nicht eindeutig zu sein.

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                     21

Abbildung 8
Vergütungsbericht: Dos & Don‘ts

                          DOS                                                             DON‘TS
 • klar verständliche Erläuterungen durch Verwendung             • langatmige Erläuterungen und Verwendung von
   von Beispielen und Schaubildern                                 technischen Begriffen
 • Angaben im Vergütungsbericht beziehen sich auf die im         • keine Angaben zur tatsächlich gewährten oder ge-
   letzten Geschäftsjahr gewährte, geschuldete und                 schuldeten Vergütung gemäß Kriterienkatalog nach
   zugesagte Vergütung von gegenwärtigen oder früheren             § 162 II Satz 2 AktG
   Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats               • Veröffentlichung personenbezogener Angaben, die
 • Angaben gemäß Kriterienkatalog nach § 162 II Satz 2             sich auf die Familiensituation einzelner Vorstands- oder
   AktG müssen unter Namensnennung der einzelnen                   Aufsichtsratsmitglieder beziehen
   Mitglieder erfolgen                                           • Veröffentlichung personenbezogener Angaben von
                                                                   früheren Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern in
                                                                   Vergütungsberichten, die zehn Jahre nach Ablauf des
                                                                   Geschäftsjahres, in dem das jeweilige Mitglied aus-
                                                                   geschieden ist, erstellt werden
                                                                 • Veröffentlichung von Angaben, die nach vernünftiger
                                                                   kaufmännischer Beurteilung geeignet sind, der Gesell-
                                                                   schaft einen erheblichen Schaden zuzufügen

     börsennotierter Gesellschaften        Datenschutz
     veröffentlicht. Darin finden sich     Zum Schutz personenbezogener
     z. B. Tabellen für eine standardi-    Daten gibt es drei wesentliche Regelun-
     sierte Aufbereitung der erforder-     gen in § 162 V AktG:
     lichen Angaben zur Vergütung.
     Da die Mustertabellen des DCGK        1. Der Vergütungsbericht darf
     im Wesentlichen die Anforderun-          keine Daten enthalten, die sich
     gen des ARUG II erfüllen, sind sie       auf die Familiensituation einzelner
     in der überarbeiteten Version            Vorstands- oder Aufsichtsrats-
     nicht mehr enthalten und dem-            mitglieder beziehen.
     entsprechend auch nicht mehr zur
     Berichterstattung anwendbar.          2. Personenbezogene Daten sind
                                              nach Ablauf des Veröffentlichungs-
                                              zeitraums des Vergütungsberichts
Ausnahmeregelungen                            von zehn Jahren aus den auf der
Die Angaben sind nur zu machen, so-           Internetseite veröffentlichten Ver-
fern tatsächlich berichtspflichtige Tat-      gütungsberichten zu entfernen.
bestände vorliegen. Eine Ausnahme der
Veröffentlichungspflicht besteht gemäß     3. Personenbezogene Angaben zu
der Schutzklausel in § 162 VI Satz 1          ehemaligen Organmitgliedern sind
AktG bei Informationen, die dazu ge-          in allen Vergütungsberichten zu un-
eignet sind, der Gesellschaft einen           terlassen, die nach Ablauf von zehn
nicht unerheblichen Nachteil zuzufü-          Jahren nach Ende des Geschäfts-
gen. Dies könnte etwa bei Informatio-         jahres, in dem das jeweilige Mit-
nen, welche die Geschäftsposition der         glied seine Tätigkeit beendet hat,
Gesellschaft schwer schaden können,           zu erstellen sind.
der Fall sein.

Sofern die Gründe für die Nichtauf-
nahme im Bericht entfallen, sind die
Angaben im darauffolgenden Bericht
aufzunehmen.

                                                                ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
22                                                                                                                    2. Organvergütung

  rüfung des Berichts durch
 P                                                 Der Abschlussprüfer hat den Vergü-            Demgegenüber ist die durch
 den Abschlussprüfer                               tungsbericht formal zu prüfen und             das ARUG II vorgesehene aktien-
                                                   einen Vermerk zu erstellen. Dabei wird        rechtliche Prüfung eine lediglich
                                                   lediglich festgestellt, ob die inhaltlichen   formale Prüfung und damit an-
                                                   Angaben zum Vergütungsbericht voll-           ders als bisher keine inhaltliche
                                                   ständig gemacht wurden. Eine materiell-       Prüfung des Vergütungsberichts
                                                   inhaltliche Prüfung der Angaben im            durch den Abschlussprüfer.
                                                   Vergütungsbericht, wie sie vor dem
                                                   ARUG II als Bestandteil der handels-          Dieser Lücke in der Prüfungs-
                                                   rechtlichen Abschlussprüfung installiert      intensität kann eine Gesellschaft,
                                                   war, entfällt.                                auch gegenüber ihren Aktionä-
                                                                                                 ren, mit einer freiwilligen Prüfung
                                                         Beachtenswert ist die Senkung          der inhaltlichen Richtigkeit des
                                                          der Prüfungsintensität für die         Vergütungsberichts durch den
                                                          Vergütungsangaben durch das            Abschlussprüfer begegnen.
                                                         ARUG II. Bislang unterlagen die
                                                         Vergütungsangaben — sowohl die
                                                         (Konzern-) Anhangangaben als
                                                         auch die Informationen im Lage-
                                                         bericht — einer inhaltlichen Prü-
                                                         fung durch den Abschlussprüfer.

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                                                  23

  eschlussfassung der Haupt-
 B                                                        Die Hauptversammlung beschließt jähr-                         Der Vergütungsbericht ist
 versammlung                                              lich über die Billigung des im Einklang                        erstmals für das nach dem
                                                          mit § 162 AktG erstellten und bereits                          31. Dezember 2020 beginnende
                                                          geprüften Vergütungsberichts für Vor-                          Geschäftsjahr zu erstellen. Die
                                                          stand und Aufsichtsrat. Eine Ausnah-                           erstmalige Beschlussfassung
                                                          meregelung gilt für kleine und mittel-                         über die Billigung des einheitli-
                                                          große börsennotierte Gesellschaften                            chen Vergütungsberichts für
                                                          i. S. d. § 267 I und II HGB. Eine Be-                          Vorstand und Aufsichtsrat hat
                                                          schlussfassung der Hauptversammlung                            bis zum Ablauf der ersten ordent-
                                                          über die Billigung des Vergütungsbe-                           lichen Hauptversammlung, die
                                                          richts ist für diese verzichtbar, sofern                       auf den 31. Dezember 2021
                                                          der Bericht des letzten Geschäftsjahres                        folgt, zu erfolgen.
                                                          zumindest als eigener Tagesordnungs-
                                                          punkt in der Hauptversammlung zur Er-
                                                          örterung vorgelegt wird.

Abbildung 9
Zeitplan zur Umsetzung (Geschäftsjahr = Kalenderjahr)

                                                                                                                                              HV-Votum über
                                                                                                                                             Vergütungsbericht
  Inkraftreten
    ARUG II
                                                                                    Erstmalige                                                Veröffentlichung
                                                                                  Festsetzung der                                          Vergütungsbericht und
                                                                                    Vergütung                                               Vermerk des Prüfers
                                             31.12.2020

                                                                                                      31.12.2021

2020                                                      2021    HV          +2 Monate                            2022
                                                                                                                                    HV
               Erstellung Vergütungssystem

                                                                            HV-Votum über                            Erstellung Vergütungsbericht
                                                                           Vergütungssystem

                                                                         mindestens alle 4 Jahre,                    Prüfung Vergütungsbericht
                                                                          Bestätigung möglich

                                                                       Veröffentlichung Vergütungs-
                                                                         system und HV-Beschluss

 Offenlegungspflicht                                      Der Vergütungsbericht und der Ver-                       ständige oder nicht rechtzeitige Ver-
                                                          merk des Abschlussprüfers sind auf der                   öffentlichung des Vergütungsberichts
                                                          Internetseite der Gesellschaft für die                   oder des Vermerks des Abschlussprü-
                                                          Dauer von zehn Jahren zu veröffentli-                    fers konstituiert gemäß § 405 I Nr. 5
                                                          chen. Eine fehlende, inkorrekte, unvoll-                 und 6 AktG eine Ordnungswidrigkeit.

                                                                                  ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
24                                                                                                                        2. Organvergütung

     Illustrative Checkliste zum Vergütungsbericht

     1. Ausgestaltung                                                       3. Prüfung

     F   rechtzeitiges Auseinandersetzen mit den                            F   formale Prüfung des Vergütungsberichts durch
         neuen regulatorischen Anforderungen an die                             den Abschlussprüfer und beifügen des Vermerks im
         Berichterstattung                                                      Vergütungsbericht

     F   Definition des Pflichtinhalts und ggf. zusätzliche,                F   ggf. freiwillige inhaltliche Prüfung des Vergütungsbe-
         ergänzende Erläuterungen                                               richts durch den Abschlussprüfer

     F   Erstellung von Vorlagen für die Berichtselemente

     F   Bestimmung der Informationsquellen und der                         4. Veröffentlichung
         zuständigen Abteilungen
                                                                            F   Entwurf einer Darstellung zur Veröffentlichung
     F   Definition und Integration der neuen Berichts-                         auf der Internetseite
         prozesse in das bestehende Berichtswesen
                                                                            F   Revision der veröffentlichten, schutzbe-
                                                                                dürftigen Personendaten von Vorstands- und
                                                                                Aufsichtsratsmitgliedern
     2. Beschlussfassung

     F   Ermittlung der Erwartungshaltung der Stakeholder

     F   Berücksichtigung möglicher Unzufriedenheit
         der Aktionäre mit der praktischen Umsetzung des
         Vergütungssystems

ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
2. Organvergütung                                                                                                                       25

Ausgewählte Praxisfragen
Welche rechtlichen oder sonstigen Folgen treten bei               Ist die Opt-out-Klausel weiterhin anwendbar?
Missbilligung des Vergütungsberichts durch die Haupt-
versammlung ein?                                                  Die bislang gesetzlich gewährte Möglichkeit, sich von den
                                                                  Angabepflichten der individualisierten Vorstandsbezüge für
Der Hauptversammlungsbeschluss begründet — ebenso                 höchstens fünf Jahre durch einen entsprechenden Beschluss
wie derjenige zum Vergütungssystem — keine Rechte und             der Hauptversammlung befreien zu lassen, ist durch das
Pflichten. Bei Missbilligung des Vergütungsberichts treten        ARUG II ersatzlos gestrichen worden.
auch keine mittelbaren Rechtsfolgen ein; der Bericht muss
im Falle einer Ablehnung — anders als das Vergütungssystem
— nicht überarbeitet werden. Gemäß § 162 I Nr. 6 AktG ist         Wann führen Angaben im Vergütungsbericht zu „nicht
lediglich im nächstfolgenden Vergütungsbericht anzugeben,         unerheblichen Nachteilen“ bei der Gesellschaft?
inwiefern der letzte Beschluss der Hauptversammlung be-
rücksichtigt wurde. Der Beschluss der Hauptversammlung            Der Begriff des „nicht unerheblichen Nachteils“ ist keine
ist daher rechtlich ohne Folgen.                                  absolute Größe, sondern spiegelt das Ergebnis nach einer
                                                                  Abwägung von Vor- und Nachteilen wider. Überprüft werden
In der Praxis kann ein ablehnender Beschluss jedoch               muss also, ob trotz drohender Nachteilszuführung bei der
andere Folgen mit sich bringen. Lehnen die Aktionäre den          Aufnahme bestimmter Angaben im Vergütungsbericht die
Vergütungsbericht und das Vergütungssystem ab, so kann            Vorteile für das Unternehmen bei Angabe im Ergebnis min-
dies ein klares Indiz dafür sein, dass generelle Unzufrieden-     destens überwiegen. Die vernachlässigten Angaben müssen
heit mit dem Vergütungssystem in den Unternehmensstruk-           dann aber im Vergütungsbericht des Folgejahres bzw. sobald
turen herrscht und entsprechende Änderungen vorgenom-             die Gründe entfallen sind, nachgeholt werden.
men werden müssen. Billigt die Hauptversammlung das
Vergütungssystem und lehnt es lediglich den Vergütungs-
bericht ab, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Aktionäre mit   Wie kann garantiert werden, dass der Vergütungsbericht
der praktischen Anwendung des gebilligten Vergütungssys-          inhaltlich vollständig ist?
tems nicht zufrieden sind oder sie nicht die gewünschte
Transparenz erfahren.                                             Dem Aufsichtsrat wird die Aufgabe der Selbstprüfung auf-
                                                                  erlegt. Damit die Aktionäre einer börsennotierten Gesell-
                                                                  schaft dem neuen Vergütungsbericht nicht misstrauen, da
Wann ist der Vergütungsbericht zu erstellen?                      er als Instrument der positiven Selbstdarstellung entfremdet
                                                                  werden kann, kann sich eine freiwillige materielle Prüfung
Der Vergütungsbericht ist innerhalb des auf den Berichts-         durch den Abschlussprüfer zum Zwecke der Risikominderung
zeitraum folgenden Geschäftsjahres zu erstellen. Dieser           als sinnvoll erweisen.
Zeitraum wird indes durch die Anforderungen des § 120a IV
AktG begrenzt, wonach die Hauptversammlung über die
Billigung des geprüften Vergütungsberichts für das voraus-
gegangene Geschäftsjahr zu beschließen hat. Somit verkürzt
sich der Erstellungszeitraum des Vergütungsberichts in Ab-
hängigkeit vom Termin der ordentlichen Hauptversammlung
auf maximal acht Monate des folgenden Geschäftsjahres
(§ 175 I Satz 2 AktG).

                                                                  ARUG II — Neuregelungen zur Organvergütung und Related Party Transactions
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